Fugitive Runner von Tyra-Leonar ================================================================================ Kapitel 1: Intro ---------------- Wie jeden Tag gehe ich mit meinem Hund gassi. Mein Hund, Lina, also eher meine Hündin, ist voll cool. Sie ist mein Bodyguard, meine beste Freundin und ersetzt mir sogar meine Mutter, falls diese mal nicht da ist. Mit Lina laufe ich durch die dunkelsten Gassen, erforsche die tiefsten Höhlen und mache noch so einiges dummes und unüberlegtes. Mein Name lautet Noamee, aber alle nennen mich nur "Amee". Ist auch besser so. Wie würdet ihr euch fühlen, wenn ständig jemand "No! Amee!" sagen würde: "Nein! Amee!" Auch egal, ich mag meinen Namen und wenn Lina dabei ist, wagt es eh keiner mir gegenüber frech zu werden. Nicht das ihr meint, ich könnte mich nicht wehren oder das ich Lina nur benutze. Nein! Ich nutze meine Freunde nicht aus und die wehrlose Jungfrau bin ich schon lange nicht. Ich bin nicht brutal oder gewalttätig, sondern nur ein wenig taff. Aber meine Taffheit sollte mich in ernste Schwierigkeiten bringen. Wie schon gesagt laufe ich gerade mit Lina. Ohne Leine versteht sich. Dafür sehe ich sie nicht so gut mit ihrem schwarzen Fell. Lina reicht mit ihrem Kopf bis an meine Hüften und ihre spitzen, aufgestellten Ohren setzten sogar noch eins drauf. Es ist Winter und somit wird es auch relativ früh dunkel. Ein Blick auf meine Uhr verrät mir, dass es gerade mal viertel nach fünf ist. Fazit: Noch massig Zeit. Wie immer laufe ich die Runde über den Ackerweg, über den Trampelpfad und zurück in den Ort. Es ist sehr selten, dass auf dem betonierten Ackerweg einmal ein Auto fährt. Und doch passiert es in letzter Zeit immer öfter. "Lina! Lina! Nicht so weit! Komm her Große." Folgsam kommt Lina angelaufen. Als sie bei mir ankommt spitz sie die Ohren und lauscht. Langsam dreht sie diese und knurrt dann leicht. "Lina? Lina, was ist denn?" Der Hund geht einen Schritt zur Seite und knurrt lauter. Verdutzt folge ich ihrem Blick und erkenne, was sie schon weit vor mir erkannt hat. Wieder einmal rauscht ein Auto den Weg entlang. In einem Mordstempo schießt er an mir vorbei und biegt, wie alle Autos bisher, den zweiten Weg links ab. "Ob das nicht ungemütlich ist über den holprigen Pfad zu fahren?" Lina schnieft nur zur Antwort und schaut mich unwissend an. Ich belasse es dabei und gehe weiter. Ungewollt folge ich dem Auto und biege ebenfalls die zweite links ab. Ich gehe dort immer lang. Langsam wurde es kühl und ich sah meinen Atem vor mir in weißen kleinen Wölkchen aufsteigen. Lina erging es nicht besser. Normalerweise war ihr Maul geöffnet um mehr Luft herein zu lassen. Jetzt war er geschlossen damit nicht zu viel kalte Luft sie von innen heraus abkühlte. Linas Leine rutschte mir von der Schulter doch fing ich sie schnell wieder auf, damit sie nicht schmutzig wurde. Wir kamen an den Schrebergärten vorbei und Lina lieg unruhig von einer Seite zur anderen. Nicht weiter verwunderlich, hätte ich gewusst wonach sie schnüffelte. Lina hatte meinem Vater gehört bevor er gestorben war. Die schwarze Hündin war ein echter Polizeihund gewesen. Sie war auf alles abgerichtet und nun roch sie die Drogen. Hätte ich das alles vorher gewusst, währe ich nie diesen Weg gegangen. Tja, so ging ich weiter und dachte nur, dass sie nach anderen Hunden schnüffelt. Wir ließen die Strebergärten hinter uns und ka-men wieder auf einen asphaltierten Weg. Noch einmal schaute ich auf die Uhr. "Wie die Zeit vergeht. Jetzt ist es schon 17:45 Uhr." Lina niest. Ein Grashalm war wohl noch nass und sie hatte den Wassertropfen in die Nase bekommen. "Gesundheit. Das hast du nun von deinem vielen Schnüffeln!" Lina wedelt nur mit dem Schwanz und schaut mich an, als sollte ich ihr nicht böse sein. Was ich eh nie wirklich sein könnte. Wir erreichen den Abzweig, dessen einer Weg weiter hinten zu einem großen Bauernhof gehört. Ob es wirklich so etwas war, wusste ich nicht genau, aber hier in der Gegend konnte man davon ausgehen. Ein Auto kam mir entgegen und fuhr in die Abzweigung. "Merkwürdig! Komm Lina, wir schauen mal was da los ist." Ich bog um die Ecke und schlich an der Ecke entlang um nicht entdeckt zu werden. Ich war noch nie diesen Weg gegangen. Als die Straße plötzlich abbog schaute ich mich verwundert um. Hinter dem Bauernhof war noch einer. Aber gleich um die Ecke standen mehrere Autos. Lina und ich lugten um die Ecke und versuchten das Gespräch zu belauschen. Ich glaube sie hatte damals mehr verstanden als ich. Die Männer hatten ihre Autos wahllos geparkt und standen in einem Kreis. Der eine hielt mehrere Tüten mit weißem Inhalt in der Hand. Er war der einzige der redete. Die anderen schwiegen und schauten interessiert auf die Tüten. Lina zog scharf die Luft ein, sie hatte Witterung aufgenommen. Sie versteifte sich und stellte ihre Rute in die waagrechte. Langsam ging sie weiter runter und spannte alle Muskeln in ihrem Körper an, nur noch auf das Kommando wartend. Die Männer bemerkten uns nicht. Doch nickten sie und nahmen die Tüten auf. Der Sprecher aus der Gruppe kniete sich im Auto auf den Sitz und griff auf die Rückbank. Er brachte noch mehr von dem Zeug zum Vorschein. Lina wurde immer ungeduldiger. Leise knurrte sie und gab mir mehrere Warnsignale, die ich vor lauter Beobachtung nicht bemerkte. Einzeln stiegen die Männer ein. Alle kamen auch wieder heraus als sie ihre Ware sicher verstaut hatten. Doch einer startete den Motor. "Oh oh" Das Scheinwerferlicht sprang automatisch an und leuchtete mir voll in die Augen. Ich nahm schützen den Arm hoch. Das war ein Fehler. Ich wurde bemerkt. "Da! Da ist die Göre wieder! Schnappt sie!" Jetzt viel mir alles ein. Endlich wusste ich was diese Leute dort machten und wer sie waren. Die gehörten alle einer Mafia an. Ich drehte mich auf dem Absatz um und rannte. Ich rannte wie ich noch nie gerannt war. Ich lief den ganzen Weg zurück. Als ich bei der Brücke ankam warf ich mich über die Brüstung. Ich landete im Bach und eilte unter den steinernen Bogen. Lina war mir immer dicht auf den Fersen. Auch sie drückte sich fest gegen den kalten Stein. Ich war schneller als diese Kerle. Keuchend kamen sie bei der Brücke an und schauten sich um. Doch für sie war ich nicht zu sehen. Ich schloss fest die Augen und betete, dass sie nicht unter der Brücke nachschauen würden. Ich hatte Glück. Noch jemand ging mit seinem Hund spazieren. Die Mafialeute hielten ihn für mich und rannten davon. Stoßweise atmend glitt ich an der Wand hinunter und verbarg das Gesicht in den Händen. "Oh Gott! Die hätten mich umgebracht..." Ich begann heftig zu weinen, doch Lina setze sich neben mich und rieb ihren Kopf an meiner Schulter. Sie musste wohl verstanden haben um was es hier ging. Getröstet nahm ich die Hände herunter und schniefte vor mich hin. Ich wartete sehr lange. Deswegen hatte ich auch Zeit genug um meine Lage genauer zu betrachten. Ich saß in dem Versteck von Drogenabhängigen. Überall lagen Spritzen und kleine Papierbriefchen, die aufgefaltet worden waren. "Oh Gott! Das wird ja immer schlimmer!" Meine Sachen waren komplett nass und mit Schlamm beschmutzt. Lina hatte sich sauber geleckt und glänzte wieder als wäre nichts geschehen. Die Sonne ging unter und der Rest der Brücke verlor sich im Schwarzen der Nacht. Niemand lief mehr über die Brücke und um 19 Uhr entschied ich mich nach Hause zu laufen. Ich kletterte wieder die Brüstung hoch und schaute mich sichernd um. "Was die wohl mit dem anderen gemacht haben, der auch Spazieren war? Armer Kerl" Noch einmal blickte ich über meine Schulter und dann rannte ich los. Quer durch das Feld mit den Apfelbäumen. Die Dellen im Boden bereiteten mir keine Probleme. Das komische war, dass diese Dellen mir immer nur Probleme bereiten wenn ich gehe. Wenn ich renne klappt alles so perfekt, dass man glauben könnte, ich sei von einem anderen Stern. Schwärmerei über mich selbst mal beiseite. Ich rannte durch den Ort und direkt nach Hause. Als ich das Straßenschild erreichte stoppte ich. Von hier konnte man schon unser Tor sehen aber..... dort standen die Autos dieser Mafiakerle. Ich verdrückte mich hinter der Mauer und linste dahinter hervor. Tatsache, ich erkannte diese Autos wieder. Was wollten diese Kerle nur hier? Ich beobachtete weiter die Autos bis einige schwarz gekleidete Männer aus dem Hof kamen. Das Atmen fiel mir schwer. Kamen die etwa aus meinem Haus? Die Motoren wurden angeschaltet und schon ging es in rasanter Fahrt los. Ich zog schnell den Kopf zurück und suchte nach einer Möglichkeit um mich zu verstecken. Mein Blick wanderte nach oben. Die Autos kamen immer näher und schon quietschten die Reifen, als das Lenkrad herumgerissen und die Handbremse angezogen wurde. Warum hatten die es so eilig? Ich schaute hinter meinem Versteck hervor und blickte den Autos nach. Ich war über die Mauer gesprungen, hinter der ich mich versteckt hatte und war auf dem Rasen gelandet. "Oh Gott. Noch ein paar solcher Dinger und ich krieg nen Herzkasper." Lina sprang wieder zurück auf den Gehweg und winselte, auch sie ahnte dass etwas passiert sein musste. Ich lief ihr hinterher und durch unser Tor. Die Tür unseres Hauses stand sperrangelweit offen. Ich schaute mich schnell im Haus um doch fand ich nicht das, was ich suchte. Meine Mum war weg. "Ob sie sie mitgenommen haben?" Mein Herz raste. Was sollte ich jetzt tun? Was konnte ein 14 jähriges Mädchen alleine schon groß tun? Okay, ich war schon fast 15, aber was macht das für einen Unterschied?!!! Hier warten konnte ich nicht. Die Gangster kamen zurück, das war Sicher. Aber wohin dann? Verwandte und Bekannte konnte ich da nicht mit hinein ziehen. "Mal überlegen..." Ich ging in meinem Zimmer auf und ab und überlegt krampfhaft wie ich mich in Sicherheit bringen konnte. "Ach Lina, das denken hilft auch nichts. Ich zermartere mir schon das Hirn und höre Stimmen." Ein Grinsen huschte über mein Gesicht. Ich wollte meine Traurigkeit und meine Verzweiflung nicht zeigen. "Stimmen?!" Langsam ging ich zur Treppe. Die schwarz gekleideten Männer waren wieder da. Mir entwich alle Luft aus den Lungen und ich taumelte zurück. In meinem Kopf raste es: "Ausweg, Ausweg, Ausweg" Mein Blick fiel auf die Balkontür. Mein Vater und ich hatten einen Teil der Brüstung abgebaut, da wir den Balkon restaurieren wollten. Ich zog den Hebel zum öffnen der Tür ein Stück herunter. Dann zwängte ich mich durch den kleinen Spalt und lockte Lina hinterher. Vorsichtig zog ich die Tür zu und der Hebel schnallte zurück. Die Stimmen stoppten. "Oh je, die haben das Schnallen gehört." Schritte auf der Treppe. Mit Anlauf sprang ich auf das Dach der Garage, Lina mir immer hinterher. Ich sprang auf die Mauer, die unser und des Nachbarsgrundstück trennte. Ich lief auf den Steinen entlang und ließ mich in die Hecke fallen. Lina war schlauer gewesen als ich. Sie war gleich von der Mauer herunter gesprungen. Nun saß ich erst einmal fest. Die Baumwipfel beruhigten sich wieder und ich hielt den Atem an. Die Balkontür wurde geöffnet. Leute traten auf den Balkon heraus und schauten sich um. Ich konnte sie zwischen den Zweigen sehen. Ich schloss die Augen und hielt weiter den Atem an. "Hier ist nichts! Musst dich verhört haben!" "Da war aber was, sucht weiter!" "DA! Im Gebüsch! Die schon wieder" Diese Männer waren mir unheimlich. Nicht nur, dass sie wussten wo ich wohnte, sie schienen auch ein Gespür für rasende Herzen zu besitzen. Ich blieb wo ich war, vielleicht hatten sie mich ja nicht wirklich gesehen, nur gedacht eben. Genau wie in den Killerfilmen, bitte. Ich flehte zu Gott, was ich nie zuvor getan hatte. Es raschelte. Kurz blieben die Männer stehen. Dann gingen sie weiter auf die Hecke zu, einer schnappte sogar einen einfachen Besenstil als Waffe. Der Vorderste schob die störenden Zweige beiseite. Jetzt war es aus. Ich schloss die Augen. Sie hatten mich. Wieder raschelte es, dieses Mal heftiger. Lina sprang an mir vorbei und biss dem Mann, der die Zweige wegschieben wollte, in den Arm. "Mistvieh! Helft mir doch!" Der Mann mit dem Besenstiel kam dem anderen zur Hilfe und schlug nach meinem Hund. Anfangs traf er nicht. Doch dann schlug Holz auf Fell und die darunter liegenden Knochen. Jaulend fiel Lina zu Boden. "Der hat bestimmt die Tollwut!" Der gebissene Mann untersuchte seinen Arm und achtete nicht mehr auf das Tier. Ich musste Lina helfen und so schaue ich mich verzweifelt nach etwas um, dass mir behilflich sein konnte. An der Mauer lehnte noch ein Besenstiel ohne Besen. Denn ergriff ich und sprang dann aus der Hecke. Die Männer staunten nicht schlecht als sie mich breiten Beinen da so stehen sahen. Ich kam mir ja selber lächerlich vor. Immerhin waren sie stärker als ich und was noch viel schlimmer war, sie waren in der Überzahl. Egal, Lina hatte mir geholfen, jetzt stand es an mir ihr zu helfen. Ich griff, mit beiden Händen um das Holz geschlossen, an. Natürlich, wie konnte es anders sein, kam es nicht wie gewollt. Ich schlug nach dem gebissenen Mann und verfehlte ihn. Durch den Schwung stürzte ich und rammte dem anderen Mann mit dem Stab in die Magengrube. Dieser fiel gekrümmt zu Boden. Ich freute mich, zumindest einer k.o. Nur für wie lange? Mein Gesicht war schmutzig, aber es störte mich nicht. Lina war gleich neben mir und versuchte aufzustehen. Auch ich stand wieder auf. Doch ihre vier Beine schienen mehr zu zittern als meine zwei. Die Männer besaßen nun einen gehörigen Respekt und wurden vorsichtiger. "Ich mach euch alle!" In mir brodelte es, ich musste überleben. Komme was da wolle. Und, was ich jetzt noch nicht wusste.... ich würde überleben. Lina und ich bildeten ein unschlagbares Duo und so waren die Männer schnell in die Flucht geschlagen, fürs Erste. Noch einmal eilte ich in mein Zimmer und packte alles nötige zusammen. Klamotten, Besteck, Essen, ein Taschenmesser, ein Skalpell und anderes Kleinkram kamen alles in eine Tasche. Ich glaube wenn ich gekonnt hätte, hätte ich das ganze Haus mitgenommen. Ich wusste ja nicht, was in Zukunft auf mich zukommen würde. Zur Wärmung nahm ich nur eine dünne Decke mit. Schlafsack und Bettdecke waren zu schwer und zu unförmig zum tragen. Auf der Türschwelle blieb ich stehen. Mein Rucksack war voll gestopft, sodass ich an dem Türpfosten streifte. Mein Blick wanderte über meine Sachen, über mein Bett, meinen Computer, meinen Schrank mit den Klamotten darin, über meinen Fernseher, über meine Bücher, über den Wandspiegel und über meine Bilder an der Wand. Ich war noch nicht mal gegangen und schon vermisste ich mein zu Hause schrecklich. Was ja auch verständlich ist, denn... ich kam ja vielleicht nie wieder hier her. Das ist wie wenn man sich abnabelt und irgendwohin zieht. Weit, weit weg. Lina bellte unten kurz und riss mich aus der Starre. Stimmt ja, ich hatte ihr Futter vergessen. Ich schnappte mir unten in der Küche noch eine Wasserflasche, Geld und Trockenfutter für Lina. Jetzt war mein Rucksack noch voller als vorher und sah merkwürdig klobig aus. Die Haustür ließ ich offen, hatte ja eh keinen Sinn. Langsam ging ich durch das Tor und schloss es hinter mir ohne mich umzudrehen. Ich senkte den Kopf, die Klinke immer noch in der Hand. Nie wieder, dachte ich. Nie wieder hierher, nie wieder Ich.... nie wieder. Dann sah ich wieder auf. Meine Augen funkelten und in ihnen brannte ein Feuer, dass alles verschlingen konnte. Ich ließ die Klinke los und ging die Straße hinunter. Hauptsache, nie mehr hierher. Ich grinste und fing an zu rennen, Lina ganz nah an meiner Seite. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)