Frei sein von Tonksi ================================================================================ Kapitel 1: Kann ich frei sein? ------------------------------ Gefühlsleere, eisblauen Augen starrten das Feuer an, das schon seit Stunden loderte. Es waren Augen, die schon alles durchgemacht hatten. Schmerz, Verzweiflung, Angst, Einsamkeit, Grauen, Hass, Tod ... doch was mussten diese wunderschön eisblauen leuchtenden Augen noch durchmachen. Ich führte meine Hand zu meiner Wange und schmiegte mein Gesicht an diese. Als würde ich mich nach einer Berührung sehnen. Mein Blick war immer noch auf den lodernden Haufen gerichtet, ein leerer, gefühlsloser Blick. Ich schloss kurz die Augen und ließ meine Hand wieder sinken. Wie tief war ich bereits gesunken. Ich drehte mich auf dem Absatz herum, streifte mir mit einer Hand meine braun schimmernden Haare nach oben und setzte mir den Motorradhelm auf. Er glänzte silbrig, als ich auf das schwarze Motorrad stieg das neben mir stand und den Motor anwarf. Mein letzter Blick galt dem Feuerhaufen, bevor ich gen Sonnenuntergang fuhr und am Horizont verschwand. Der Wind, den ich spürte und das Gefühl endlich frei zu sein, alles hinter mir gelassen zu haben, es war nur Schein. Ein Betrug, doch was sollte ich dagegen machen. Ich hätte mich von der einen Sekunde auf die andere einfach umbringen können, doch hätte dies meine Probleme gelöst? Mein Schmerz und die Verzweiflung wären geblieben, lediglich das Gefühl, dass ich nichts mehr falsch machen könnte, wäre da und erfüllt. Auf dem riesigen Parkplatz am Ende der Stadt, den ich die ganze Zeit angesteuert hatte, bremste ich ab und drehte das Fahrzeug um neunzig Grad. Ich schlidderte ein paar Meter, wirbelte etwas Staub auf, bevor ich endlich zum stehen kam. Ich musste fast meine gesamte Kraft aufbringen um das Motorrad abzustützen, bevor ich es abstellen konnte. Ich öffnete meinen Helm und zog ihn von meinem Kopf, wobei das lange braune Haar, welches ich die ganze Fahrt über unter dem Helm verborgen hielt, herausfiel und im Licht schimmerte. "Da bist du ja Yoe!" Ein Mann stand mir gegenüber, seine Haut war kreidebleich und sein langes rabenschwarzes Haar hing ihm im Gesicht. "Ja hier bin ich Juan!" Ich ging zu ihm und öffnete die schwere Lederjacke. "Wieder eine kleine Spazierfahrt?" Ich schüttelte den Kopf. "Ein Auftrag!" "Mord?" Ich schüttelte erneut den Kopf. "Kein solcher Auftrag, ich hatte noch etwas zu erledigen. Ein Auftrag von mir!" Er schwieg, da er nicht weiter in meine Privatsphäre eingreifen wollte. "Du weißt dass wir uns heute mit dem Boss treffen. Komm ja pünktlich!" Ich nickte. "Ich weiß wie er reagiert, wenn ich zu spät komme. Aber ich werde noch etwas meine Zeit totschlagen. Mit dir ist es immer so langweilig!" Ich drehte mich herum, legte meinen Kopf nach hinten und lächelte Juan an. "War nicht so gemeint!" Ich schwang mich auf mein Motorrad und legte den Helm in den Koffer, den Juan für mich hinten am Motorrad angebracht hatte. "Bis nachher dann. Eine Stunde?" Juan nickte und zog mit seinen Lippen eine Zigarette aus einer grau-schwarzen Schachtel. "Komm lieber etwas früher!" Er zündete sich den Klimmstängel an und ging den Weg entlang, der zurück in die Stadt führte. Ich jedoch wendete mein Fahrzeug und fuhr Richtung Wald. Den Helm wollte ich einmal nicht aufsetzen. Das Gefühl frei zu sein! Das war es was ich suchte. Der Wind wehte meine Haare nach hinten und blies durch meine Klamotten. Es war das Gefühl frei zu sein, so frei wie der Wind, einfach tun und lassen zu können was ich wollte. Ich schloss für einen kurzen Augenblick meine Augen, doch dies sollte mir zum Verhängnis werden. Als ich sie wieder öffnete bemerkte ich, dass ich auf die andere Fahrbahn geraten war und ein LKW direkt auf mich zufuhr. Ich riss den Lenker herum, doch es war bereits zu spät. Der Lastkraftwagen erfasste das Hinterrad meiner Maschine und schleuderte mich zur Seite. Als ich bemerkte, dass die Maschine sich überschlagen würde, ließ ich sie sofort los. Ich knallte mit dem Rücken auf den Asphalt und meine Maschine schlidderte mehrere Meter über die Straße, bevor sie in einem Graben neben mir landete. Der Schmerz der meinen Körper durchfuhr und das schmerzhafte Stechen in meinem Rücken waren beide unerträglich. Ich krümmte mich, wobei das Stechen zunahm. Ich sah zum Himmel und dachte mir, dass ich es endlich geschafft hatte. Ich hatte das Gefühl kennen gelernt frei zu sein. Doch jetzt, hatte ich es so leicht wieder weggeschmissen. Ich schloss meine Augen, da ich nicht mehr die Kraft dazu hatte sie offen zu halten. Kapitel 2: Das Krankenhaus -------------------------- Ich hörte Stimmen, Sirenen, was war passiert? Ich öffnete meine Augen langsam wieder. Mein Helm lag ein Stück neben mir und ich hatte eine Halskrause um. So fühlte es sich auf jeden fall an. Ich spürte einen Ruck, dann einen Stich und unendlich viel Schmerz. Die Sanitäter hatten mich auf eine Trage geschnallt und trugen mich zum Krankenwagen. Als ich meinen Kopf zur Seite legen wollte, stellte ich fest dass es nicht ging. Ich schaute zur Seite, ohne meinen Kopf zu bewegen und sah was ich durch mein "frei sein" angerichtet hatte. Ich hatte jemandem die Chance genommen, noch einmal im Leben frei zu sein. Die Fahrerkabine des Fahrzeugs hatte, den Spuren auf der Straße nach zu urteilen, eine Drehung gemacht und schlidderte waagerecht zur Straße ein Stück weiter, bevor der gesamte LKW zu Seite gekippt war. So lag er nun da, zur Seite gekippt, der Fahrer lag vor dem Fahrzeug auf der Straße und die Windschutzscheibe war zerbrochen. Eine riesige Blutlache hatte sich um den Fahrer des LKW´s gebildet die schon getrocknet war. Zwei Sanitäter legten ein weißes Tuch über die Leiche des Fahrers und wandten sich dann an Leute, die um die Unfallstelle standen. Es waren wahrscheinlich alles Augenzeugen, die aus den Fahrzeugen der entgegenkommenden und auch aus den Fahrzeugen auf meiner Straßenseite, ausgestiegen waren und mit Entsetzen den Schauplatz überflogen. Als ich ein mir, so dachte ich, bekanntes Gesicht sah. Konnte ich nicht mehr schnell genug realisieren wer es war, denn ich wurde von den Sanitätern in den Krankenwagen geschoben und sah jetzt nur noch Geräte neben mir. Ich schloss die Augen und wartete, bis der Wagen ans Krankenhaus herangefahren war. Nach einigen Untersuchungen, Einspritzungen von Medikamenten und einer ausführlichen Befragung hatte ich endlich meine Ruhe. Ich lag im Bett, hatte diesen komischen Krankenhauskittel um und zitterte am ganzen Leib. Die Medikamente nahmen mir zum Großteil die Schmerzen, hatten jedoch eine dumme Nebenwirkung. Die Kälte. Ich schlang die Decke um mich, um wenigstens meine Körperwärme dazu zu nutzen, um mich wieder etwas aufzuwärmen. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und durchsuchte das Zimmer mit meinen Blicken. Neben mir auf einem Stuhl lagen mein Helm, der ziemlich zerkratzt aussah, meine Jacke und auch die Hose die ich immer zum Fahren trug. Die Kleidung war etwas ramponiert, von Kratzern übersäht und zum Teil auch aufgerissen. Außer einem Tisch, zwei Stühlen, einer Gardarobe und einem Fernseher der sich etwas erhöht an der Wand befand, war sonst nichts im Zimmer. Ein Einzelzimmer, warum lag ich in einem Einzelzimmer? Ich fuhr mir mit der Hand durch die Haare und seufzte hörbar. "Naja ist ja besser so!" Ich setzte mich auf, als jemand das Zimmer betrat. Da ich die Tür von meinem Bett aus nicht sehen konnte, wusste ich nicht wer es war. Erst als Juan an mein Bett trat, wusste ich wer es gewesen war, der mein Zimmer betreten hatte. Er legte seinen Mantel über einen Stuhl und meinte seufzend: "Was stellst du nur an? Immer Ärger hat man mit dir! Was glaubst du wie der Chef mich zusammengeschissen hat, nur weil du nicht da warst!" Er streifte seine langen Haare aus dem Gesicht. "Du bist sein bester "Mann" und das weißt du!" Ich nickte leicht. "Ja ich weiß es, aber ich mache es nicht zum Spaß, ich will etwas erreichen!" "Und das wäre?" Juan sah mich fragend an. "Ein Geheimnis!" Ich lächelte und legte mich wieder zurück. Wir redeten hauptsächlich über das Treffen gestern und wie man mich doch vermisst hatte. Nach einer Stunde verließ Juan mich wieder, da er einige Leute beschatten musste. Ich drehte mich zur Seite und schlief aus Langweile ein. Als ich nach einigen Stunden erwachte schmerzte mein Rückrad und ich probierte mich zu drehen. Doch was dabei rauskam war eher eine Zuckung und ein schmerzverzehrtes Gesicht. Nach einer Woche Bettruhe im Krankenhaus entließen sie mich schließlich. Von der Polizei und den restlichen Strapazen, wegen des Unfalls blieb ich jedoch nicht verschont. Ich durfte einen großen Betrag zahlen, da ich die Ursache für den Unfall gewesen war. Als wenn meine Schmerzen und die Woche Krankenhaus nicht Strafe genug gewesen wären. In der ganzen Zeit dachte ich nicht daran, mich noch einmal frei fühlen zu wollen. Eher überlegte ich mir, wie ich meinen Chef besänftigen könnte, da er wahrscheinlich doch recht sauer sein würde. Als ich zwei Tage später, in einer neuen schwarzblauen Motorradkluft eingewickelt bei meinem "Chef" erschien, grinste der nur etwas. "Da ist sie ja, der Schatz unserer Organisation!" Ich legte meinen neuen grau-blauen Helm neben mich auf den Stuhl und meinte nur mit kühler Stimme: "Tu nicht so, ich weiß was alle hier über mich denken und du weißt es auch!" Er meinte, nun wieder etwas ernster: "Einen Auftragskiller wie dich findet man selten, vor allem in Gestalt einer Frau!" Ich hob den Blick und sah ihn aus leeren, funkelnden Augen an: "Dürfen Frauen nicht töten? Ich habe viel durchgemacht und um endlich frei zu sein, muss ich von dir loskommen!" Er sah mich mit einem leicht traurigen Blick an, der aber keinesfalls seine ernste Miene nur etwas netter aussehen ließ. "Ich weiß, aber dazu fehlt dir noch zu viel Geld!" Ich stand auf, nahm meine Sachen und verabschiedete mich unhöflich, durch das Heben meiner Hand, bei ihm. Danach verließ ich sofort den Raum. Alle in der Organisation konnten es nicht glauben, dass ich nach dem Unfall immer noch Motorrad fuhr. Doch es war meine Art zu fliehen. Vor was? Vor meinem Leben, meinem Dasein, meinen Problemen und mir selbst. Im Hof angekommen schwang ich mich auf meine Maschine und wollte gerade losfahren als sich eine Hand auf meine Schulter legte. "Pass auf dich auf!" Es war Juan er stand neben mir, eingehüllt in einen schwarzen Mantel und seine Haare zurückgebunden. Ich nickte leicht: "Keine sorge!" und fuhr davon. Er stand jedoch nur da und sah mir nach "Du hast gut Reden, um dich mach ich mir immer Sorgen. Mein kleiner Unglücksrabe!" Kapitel 3: Mein Schicksal ------------------------- Flashback "Yoe... Yoe Kidano... schau dass du dein kleines Hinterteil hier herschwingst" brüllte meine Mutter. Ich rannte so schnell ich konnte aus dem Haus. Ich wollte nicht mitgehen, nicht mit ihm. Sein ernstes Gesicht, die giftgrünen Augen und dieses Lächeln. Es verriet mir, dass er kein guter Mensch war. Ich wollte hier bleiben. Hier! Im Wald, weit weg von aller Zivilisation und alleine mit meinen Eltern und meinem 6 Jahre älterem Bruder. Etwas packte mich am Arm und zerrte mich zurück. "Willst du mir helfen Yoe, dann komm endlich mit!" Meine Mutter war mir hinterher gekommen und hatte mich am Arm gepackt. Ihr Blick enthielt nichts mehr liebenswertes, tröstendes, die Stärke die ich sonst von ihr kannte, sondern nur die Begierde wieder "normal" leben zu können. Von anderen respektiert zu werden und wieder zur Zivilisation zurück zu kehren. Sie zerrte mich ins Haus und schleuderte mich gegen den Mann, der mit einem kleinen Lächeln im Gesicht, mitten im Raum stand. Er streifte seine braunen Haare nach hinten und seine blonden Strähnen glänzend wie reines Gold. "Na meine Kleine, du kommst doch sicher freiwillig mit mir!" "Nein!" brüllte ich aus ganzer Kraft. "Lasst mich in Ruhe, ich will hier nicht weg!" Er streichelte mir über mein seidig glänzendes Haar und lächelte immer noch. "Du weißt dass ich dich eben für eine schöne Summe gekauft habe!" Ich schüttelte energisch den Kopf. Ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Wie konnte das sein. Eine Mutter verkaufte ihre einzige leibliche Tochter. Mein Bruder war der Sohn meines Vaters und seiner ehemalige Frau. Meine Mutter senkte den Blick und setzte sich auf einen Stuhl. Rajin war hinter sie getreten und legte ihr die Hand auf die Schulter. Tränen liefen ihr über die Wangen und sie vergrub ihr Gesicht in den Händen. Der Mann packte mich unsanft am Arm und zerrte mich gen Tür. "Jetzt könnt ihr wieder leben wie ihr wollt!" Und verließ mit mir das Haus. In mir loderte unvorstellbare Wut, wie konnte meine Mutter mir so etwas nur antun. Doch gleichzeitig war eine Trauer in mir, die vielleicht noch viel größer war als die Wut. Ich würde meinen Bruder und meine Mutter nie wiedersehen. Das war alles was ich dachte, als ich in die schwarze Limousine gestoßen wurde und wegfuhr. Wohin wir fuhren wusste ich nicht, doch eines wusste ich... es würde mir nicht gefallen. Flashback Ende Genau wie früher, wusste ich nicht wohin ich nun fahren sollte. Doch ich fuhr einfach. Nach wenigen Minuten gelangte ich wieder zurück in die Stadt, dieser Ausflug auf die Highways hatte richtig gut getan. An einem Eiscafe angekommen, stieg ich von meinem Fahrzeug und legte meinen Helm ab. Als meine Haare herausfielen, bemerkte ich viele Blicke, die auf mich gerichtet waren. Ich öffnete meine Jacke und legte sie zu meinem Helm. Schloss meine Maschine ab und setzte mich an einen der wenigen leeren Tische, außerhalb des Cafes. Ich legte meine Beine übereinander und wartete. Der Wind heute war wiedereinmal sehr stark, genau wie in den letzten Tagen. Ich lehnte mich zurück und sah einen jungen Kellner auf mich zulaufen. Ohne auch nur ein kleines Lächeln aufzulegen, bestellte ich einen Erdbeerbecher. Der Kellern kritzelte meine Bestellung auf einen Zettel und verschwand kurz darauf wieder im Cafe. Ich schloss meine Augen und genoss die Sonne auf meiner Haut, sie war angenehm warm. Jedoch nur durch diesen Wind, wie ich ihn liebte. Kapitel 4: Bruder ----------------- Schon nach wenigen Minuten kam meine Bestellung und ich ließ den Löffel in das Vanilleeis gleiten. Nach wenigen Löffeln schon, stand ein etwas älterer Mann neben mir und lächelte mich an: "grüß Gott junge Dame, dürfte ich mich zu euch setzen" "Tut euch keinen Zwang an" mit einer Handbewegung deutete ich auf den Stuhl mir gegenüber. Auf diesen der Mann sich zugleich auch setzte. "Warum seit ihr hier her gekommen?" fragte ich den Mann kühl, das Eis von meinem Löffel schleckend. "Zu euch, weil ihr jemandem ..." er stockte kurz, fuhr dann aber doch fort ".. der mir sehr wichtig war ... und ist ... ähnlich seht!" Ich musterte ihn mit einem fragenden Blick und ließ kurz von meinem Eis ab. "Ach und wer soll diese Person gewesen sein." Er senkte seinen Blick, wobei sein dunkelblondes Haar nach vorne fiel, es ging ihm bis knapp über die Schultern und war leicht gelockt. "Ach, ich sollte mir keine Hoffnungen machen" Ich legte meinen Löffel beiseite und meinte: "Na wenn ihr euch keine Hoffnungen macht, dann könnt ihr ja auch wieder verschwinden!" In meiner Stimme war etwas kaltes, herzloses, das seit meiner Kindheit da gewesen war. "Meine Schwester" murmelte er kaum hörbar. Ich lächelte leicht: "Doch nicht aufgegeben! Und wie heißt sie?" "Yoe!" sein Blick war auf den Tisch gerichtet und leicht verzweifelt. "Ich habe sie seit 16 Jahren nicht mehr gesehen, aber so wie ihr ... so könnte sie aussehen! Aber ich sagte doch ich mache mir keine Hoffnungen sie wieder zu finden!" Ich ließ meine Hände sinken: "Jetzt sagt doch so etwas nicht, ihr werdet sie sicher bald wieder sehen!" Und lächelte ihn an. Man sah mir nicht an, dass ich auf meinen Namen etwas geschockt und gleichzeitig wissensbegierig reagiert hatte. "Wie habt ihr sie denn verloren?" fragte ich, mein Blick immer noch kühl, doch man merkte mir jetzt schon an, dass ich neugierig geworden war. Er seufzte: "Meine Mutter hatte sie verkauft! Wir waren finanziell am Ende und sie war verzweifelt. Meine arme Yoe." Ich stand abrupt auf und knallte meine Handflächen auf den Tisch. "Was glaubst du wie verzweifelt ich war. Allein mit diesem Mann, ganz alleine in einer fremden Stadt, umgeben von Fremden! Mir ging es nicht viel besser als euch!" Aus weit aufgerissenen und verwirrten Augen sah er mich an: "Y.. Yoe?" fragte er stotternd. Ich wurde ruhiger und setzte mich wieder. Durch meinen Aufschrei sah mehr als die Hälfte der Leute, die um das Cafe saßen oder standen zu mir. "Ja?!" "Du ... bist du .. es wirklich.. Yoe!" Ich nickte leicht. "Wenn dein Name Rajin ist!" Er sah mich an und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus: "Ja ich bin Rajin... ich kann es nicht glauben ich habe dich endlich wiedergefunden!" Abrupt stand er auf, umging den Tisch und legte mir seine Arme um den Hals. Mein Blick war unverändert, doch mein Gesichtausdruck wirkte etwas fröhlicher als sonst. Ich lehnte meinen Kopf gegen seinen Arm. Leise, den Blick auf den Tisch gerichtet meinte ich: "Adresse, Job, Telefonnummer, Vergangenheit, Frau ... ich will alles wissen. Damit ich dich nie wieder verliere!" Ich legte meine Hände auf seinen Arm, um ihn festzuhalten. Er legte seinen Kopf auf den Meinen. "Ich erzähle dir alles was du wissen willst!" Er löste sich von mir und setzte sich wieder, mir gegenüber. Nach zwei Stunden wusste ich im Groben wie sein Leben bis jetzt verlaufen war, seitdem ich verkauft wurde. Er hatte mit zwanzig geheiratet, eine Kindergärtnerin. Ihr Name war angeblich Lian. Kinder hatte er noch keine, aber sie wollten welche. Er war von Beruf Anwalt, wohnte zirka siebzig Kilometer von meinem Heim entfernt. Durch einen Unfall, als er sechzehn war, ist er nun auf einem Auge fast blind. Was ich noch durch das Gespräch erfuhr, war dass meine Mutter seit bereits zehn Jahren tot war. Nach dem Gespräch, fuhren wir zu seinem Haus. Er wollte mich seiner Frau vorstellen. Er war überglücklich mich wieder gefunden zu haben, ich auch. Doch irgendetwas in mir, ließ meine Gefühle nicht nach außen. Ich wirkte immer noch abweisend, kühl und herzlos. Bei seiner Wohnung angekommen, war ich etwas aufgeregt. Wie wohl meine Schwägerin war? Rajin sperrte gut gelaunt und grinsend die Tür auf und trat in die Wohnung. Er blieb plötzlich stehen und starrte in die Wohnung, ließ den Schlüssel fallen, der mit einem dumpfen Knall und einem Scheppern auf dem Boden aufkam. Als ich hinter ihn trat, sah ich den Grund. Seine Augen weiteten sich und er rannte, auf die in der Wohnung liegende Leiche seiner Frau zu. Ihr blasser, regungsloser Körper lag in einer richtigen Lache aus Blut und Scherben. Ein kleines Loch war im Fenster zu erkennen und ich wusste wie sie gestorben war. Ich blickte auf die Leiche, mein Gesichtsausdruck änderte sich kein bisschen. Ich hatte schon viele Tote gesehen, obwohl diese Frau meine Schwägerin war, empfand ich nichts. Hass, auf den Mörder, Trauer, um die Frau, Mitgefühl, für meinen Bruder. Nichts.... Ich trat an meinen Bruder heran, der neben seiner Frau kniete und ihren Oberkörper umarmte. "Nein, Lian! Wer hat dir das angetan?!" Ich legte meine linke Hand auf seine Schulter. Als ich in die Augen der Leiche blickte, erkannte ich sie wieder. Irgendwo hatte ich sie schon einmal gesehen. Ich wusste es, es war die Frau die durch Juan beschattet werden sollte. Die Organisation war dafür zuständig, dass sie jetzt tot war. Meine rechte Hand ballte ich zur Faust und ich schaute zu Boden. Mein Bruder setzte sich auf und sah, mit Tränen in den Augen und einem schon fast schmerzverzehrten Gesicht zu mir auf. Ich konnte nicht anders, ich kniete mich nieder und umarmte ihn. Er krallte sich in meine Schultern und brüllte laut: "NEIN!" Ich drückte ihn an mich, dann hörte ich ein Knarren. Als ich mich zur Tür herumdrehte war es bereits zu spät, ich fühlte einen harten Schlag, einen kurzen Schmerz. Und mir wurde von einer Sekunde auf die andere schwarz vor Augen. Meine Arme lösten sich von Rajin und die Welt um mich herum verschwand. Schreie, Poltern, Knallen, ... Ich sah nur noch Rajin`s Gesicht, seine Augen, wie sie mich geschockt, ängstlich und hilfesuchend anstarrten. Auf seinen Wangen waren rote Blutspritzer zu erkennen, dann wurde es dunkel und ich spürte nichts mehr. Nicht einmal mehr wie ich auf den harten Boden fiel und dort regungslos liegen blieb. Kapitel 5: Nichts ist unendlich ------------------------------- Ein stechender Geruch und mit einem Mal war ich wach. Ich richtete mich auf und hielt mir die Nase zu, ein leicht modernder, fischiger "Duft" lag in der Luft. Nicht das mein Kopf schon genug pochte, dieser Geruch lies es noch schlimmer werden. Ich wusste nicht wo ich war, oder was geschehen war, doch als ich mir mit der Hand durchs Haar fuhr und eine Beule spürte, die sehr schmerzte fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich war bei Rajin.... Der Schlag .. ich musste ohnmächtig geworden sein. Wo war ich? Ich sah mich um. Es sah nach einem Lagerhaus aus, doch sicher war ich mir nicht. Ich rieb mir den Kopf und durchforstete den Raum nach einer Tür, die ich schließlich auch fand. Sie war hinter einem, an der Wand hängenden Laken, versteckt. Als ich nach dem Türknauf griff bemerkte ich, dass dieser nicht vorhanden war. Da es keine weitere Möglichkeit gab diesen Raum zu verlassen, ließ ich mich auf eine Art Hocker sinken und betrachtete den gesamten Raum. An den Wänden hingen viele weiße Laken, sie schienen benutzt, sie waren mit Farbe bekleckert und hatten Löcher. In einer Ecke standen mehrere Farbeimer. Der gesamte Raum war aus Holz, der Boden, die Wände und auch die Decke. Bis auf ein mattes Fenster an der Decke und der knauflosen Tür, hatte der Raum keine weiteren Ausgänge durch die Licht hätte dringen können. Nach weniger als einer Stunde, so schätzte ich, öffnete sich die Tür und ein großgewachsener, blonder Mann betrat den kleinen Raum, in dem ich mich befand. Als er das Laken beiseite schob, konnte ich hinter ihm zwei weitere Gesellen entdecken. Diese waren beide kleiner als er. Ein etwas griesgrämiger, kräftig gebauter, rothaariger Mann und ein ebenfalls blonder, schmächtiger Kerl. Der blonde Riese kam auf mich zu und sah zu mir herab: "Yoe, was hast du nur wieder angestellt?" Ich sah ihn leicht fragend an und blinzelte. Er bemerkte dass ich nicht verstand und bat mich ihm zu folgen. Ich stand auf, blickte zu den zwei anderen Männern die in der Tür standen und folgte dann dem blonden Riesen. Dadurch bestätigte sich meine Vermutung, wir waren in einem Lagerhaus, doch nicht sehr lange, denn die Herren führten mich ins Freie und zu einem PKW. Der mir leicht bekannt vorkam. Ich stieg ein und wir fuhren zusammen den Hafen entlang. Ich fragte mich woher ich diese drei Typen kannte, sie waren mir irgendwie bekannt, doch warum. Als wir an unserem Ziel ankamen, wusste ich es. Wir hielten vor der Organisation der weinenden Rose. Meine Organisation. Seit ich 5 war, lebte ich hier, es war wie mein verhasstes Zuhause. Der Rothaarige ergriff meinen Arm, half mir beim Aussteigen und führte mich in das Gebäude der Organisation. Er führte mich direkt zum Chef. Was die anderen beiden taten, wusste ich nicht, da sie nicht in das Gebäude mitgekommen waren. "Yoe, Yoe, Yoe! Warum musst du immer etwas anstellen... warum warst du in der Wohnung?!" "Mein Bruder wollte mir seine Frau vorstellen... meine Schwägerin!" Ich sah meinen Boss aus leeren, ausdruckslosen Augen an. "Oh Kidanos Frau! Warum müsst ihr euch unbedingt jetzt wiedertreffen, hättet ihr nicht etwas warten können? Dann hätten wir ihn noch umgebracht und ihr hättet euch nie wieder gesehen!" Als er diesen Satz beendete deute er mit einer Handbewegung an, dass der Rothaarige den Raum verlassen sollte, was dieser auch tat. Er ließ meinen Arm los und ging. Ich sah meinen Chef jedoch nur aus weit geöffneten, hasserfüllten Augen an. "Was .. was hast du da gesagt Seichiro?" "Nenn mich nicht Seichiro!" fuhr mein Chef mich an. "Was habt ihr mit meinem Bruder gemacht! Wo ist Rajin?" ich stürmte auf seinen Schreibtisch zu und schlug meine Handflächen auf diesen. "Noch nichts!" meinte er wieder etwas ruhig, wobei er das Wort "noch" zu stark betonte, für meinen Geschmack. "Wenn ihr ihm auch nur ein Haar krümmt!" "Ja was dann Yoe?" Ich sah ihm tief in die grünen Augen und senkte den Kopf. Ja was dann? Ich konnte nicht gehen, er würde mich irgendwie wiederbekommen. Ich gehörte ihm... und das schon seit 16 Jahren. "Was willst du?" Seichiro lächelte. "Die doppelte Summe, oder ich töte ihn!" Ich ballte meine Hände zu Fäusten: "20.000.000 Dollar, wie soll ich bitteschön so viel Geld zusammentreiben?" "Deine Sache, nicht meine!" Ich richtete mich auf. "Lass ihn gehen, ich besorge die 20 Millionen aber erst, wenn du ihn gehen gelassen hast!" "Unter einer Bedingung" Ich seufzte und fragte leise: "und die wäre?" "Du darfst ihn bis dahin nicht mehr sehen!" Ein stechender Schmerz war zu spüren, als ich meine Fingernägel in meine Hände krallte und leise murmelte: "In ... in Ordnung!" Seichiro lächelte, als mein Blut auf den Boden tropfte und meinte dann noch: "O.k. jetzt geh, mach was du willst! Aber wenn ich dich in seiner Nähe sehe, wird er sterben!" Ich nickte leicht und drehte mich herum. "Und nenn mich nie wieder Seichiro!" Ich wusste, dass nur seine engsten Vertrauten ihn so nennen durften, doch die Wut war mit mir durchgegangen. Ich schwieg und verließ den Raum. Nachdem ich die Türe hinter mir geschlossen hatte, lehnte ich mich dagegen und rutschte an ihr herunter. "Rajin....." Kapitel 6: Alltägliches Leben ----------------------------- Ein kühler Lufthauch, die warmen Sonnenstrahlen, die meine Haut bräunten. Ich legte mir meinen Arm auf die Augen, so dass mich die Sonne nicht blenden konnte. Das Rauschen in meinen Ohren, die Möwen und dieses wunderschöne Gefühl, endlich mal wieder alleine zu sein. Ich setzte mich auf und blickte auf das, im Licht der untergehenden Sonne, blau schimmernde Meer. "Ich vermisse ihn... jetzt ist es bereits ein Jahr her, dass ich Rajin getroffen hab!" Ich senkte den Blick und fuhr mit der Hand durch den heißen Sand. "Ich will ihn wiedersehen, doch bis jetzt hab ich nicht mal die Hälfte der Summe zusammen!" Ich umarmte mich selber und streichelte sanft über meine weiche, etwas warme, bräunliche Haut. Nach wenigen Minuten des Überlegens stand ich auf und legte mir meine Jacke um. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter, ich zuckte zusammen, dann eine Stimme die leise sprach: "Mach dir nicht so viele Sorgen Yoe, du schaffst das schon!" Ich lehnte mich gegen Juan: "Ich fühl mich so schwach. Sonst hatte ich noch nie das Gefühl zu verlieren. Doch jetzt ist es so stark. Ich glaube ich komme gegen Seichiro nicht an!" "Doch das wirst du, du wirst es schaffen, glaub mir!" Seine Arme schlangen sich um meinen Oberkörper und hielten mich fest. Ich drückte mich gegen ihn, schloss die Augen und drückte mich im nächsten Moment von ihm weg, so dass er mich loslassen musste. "Ich werde nicht schwach sein!" Er lächelte mich an und ich verschwand mit meinen Kleidern auf dem Arm, hinter einem Baum. Als ich kurz darauf in meinen normalen Klamotten hinter dem Baum hervor trat, war Juan verschwunden. Ich streifte meine Haare zurück und verstaute meinen Bikini in dem Koffer des Motorrads, nachdem ich meinen Helm herausgeholt hatte. Fünf Minuten später befand ich mich schon auf der Autobahn in Richtung Organisation. Ich hielt vor dem Gebäude der weinenden Rose und zog meinen Helm aus. In diesem Moment wehte ein heftiger Windstoß meine Haare zurück, ich schüttelte meinen Kopf leicht. Dann erblickte ich Seichiro der oben an seinem Fenster stand und mich beobachtete. Er grinste leicht und sein Blick sagte, dass ich unterlegen war, doch ich hielt ihm Stand. Nach weniger als einer Minute, mir kam es jedoch vor wie eine Ewigkeit, drehte er sich herum und ging weiter in den Raum, so dass ich ihn nicht mehr sehen konnte. Ich atmete erleichtert aus und sperrte mein Motorrad ab, bevor ich das Gebäude betrat. Das eben, es war wie die Szenen im Buch oder im Film, die die Spannung steigen ließen. Dort jedoch schaut es so aus als wären beide Seiten gleich stark, was hier keines Falls so war. Es war bereits mitten in der Nacht, als ich mich erschöpft auf mein Bett fallen ließ. Wieder mal war ein anstrengender Tag vorbei und der Morgige, würde nicht viel einfacher verlaufen. Ich hatte wieder einen Auftrag bekommen, diesmal war es ein Journalist, der morgen zu einer Pressekonferenz gehen sollte. Ich drehte mich auf den Bauch und wackelte mit den Beinen. Journalisten, Politiker, Kindergärtnerinnen, Lehrer, was kommt denn als nächstes? Hunde die einem von uns mal hinterher gelaufen sind?! Ich seufzte kurz, schloss meine Augen und bemerkte wie müde ich war. Ich stand noch ein letztes Mal auf um mich umzuziehen, bevor ich mich entgültig schlafen legte. Am darauffolgenden Tag, war ich total in Schwarz gekleidet, was normal war, wenn ich einen Mord vor mir hatte. Ich öffnete den Schrank, holte eine kleine Waffe heraus und schnallte mir eine kugelsichere Weste um. Dann zog ich meine Motorradkluft darüber und verschwand in der Garage der Organisation. Dort angekommen sah ich Juan. Sein Blick war leer und auf den Boden gerichtet. Was war mit ihm? Ich ging auf ihn zu, doch er beachtete mich nicht und lief einfach an mir vorbei. Ich sah ihm enttäuscht, geschockt und vielleicht auch traurig nach. Leise murmelte ich: "Juan!" Doch er ging weiter, mit diesem leeren Blick und stieg in einen unauffälligen, dunkelblauen Golf. Ich senkte den Blick und stieg in meinen Auftragswagen. Dabei handelte es sich um einen silbernen, VW. Nach mindestens einer Stunde kam ich endlich an meinem Ziel an. Es war ein großes Glasgebäude, Sitz einer berühmten Firma, von der ich den Namen jedoch nicht wusste. Ich stieg aus und betrat das Gebäude durch die Vordertür, wie alle anderen auch, ohne den Wagen abzuschließen. Ich durchquerte den riesigen Empfangsraum und ging einige Treppen hinauf, bevor ich in den Saal gelangte in dem die Pressekonferenz stattfinden sollte. Es war noch niemand da, da ich wie immer zwei Stunden zu früh war. Kurz blickte ich mich um, um einen geeigneten Ort zu finden, von dem aus ich den Reporter ermorden konnte. Ich erblickte eine kleine Platte, die über der Tür befestigt war. Geschickt kletterte ich an einer Statue neben der Tür hinauf, zu der Platte und kroch auf diese. Von dort aus konnte ich den ganzen Saal überblicken. Selbst vorne das Potest, hinter dem der Politiker nachher stehen würde, war in meinem Blickfeld. Ich schaute mich etwas um, damit ich meinen Fluchtweg planen konnte. Der Luftschacht über mir war genau dafür geschaffen. Mit einem heftigen Tritt, trat ich das Gitter ein, das klirrend in das Innere des Luftschachts fiel. Ich drehte mich auf den Bauch und holte meine Waffe heraus. Ich zielte auf einige Gegenstände und stellte sicher, dass die Waffe bequem anlag. Nach gut ein an halb Stunden, füllte sich der Raum mit Reportern. Ich erblickte mein Opfer sofort und ließ es nicht mehr aus den Augen. Als es langsam ruhiger wurde, visierte ich ihn an. Es war ein eher kleinerer Mann, mit kurzen schwarzen Haaren. Er stach nicht besonders heraus, aber ich hatte ihn auf einem Foto gesehen, das ich von meinem Chef bekommen hatte. Meine Lippen bewegten sich stumm und beteten für den armen Kerl. Sobald der Politiker den Raum betrat, schloss sich mein Finger fester um den Abzug, nur noch wenige Sekunden wartete ich auf den Richtigen Augenblick, bevor ich schließlich abdrückte. Ein Ruck, Blut, Schreie. Alles geschah auf einmal, plötzlich herrschte in dem großen Saal das reinste Chaos. Der Reporter lag tot auf dem Boden, die Blutlache unter ihm wurde von Sekunde zu Sekunde größer. Dunkelrotes Blut lief durch die Rillen des Bodens und verbreitete sich schnell. Dutzende von Bodyguards kamen hereingestürmt und stellten sich schützend um den Politiker, Reporter schmissen sich auf den Boden, sich den Kopf haltend. Ich sprang mit einem Satz in den offenen Luftschacht, den ich direkt hinter mir wieder schloss. "Es tut mir leid!" murmelte ich nur als ich langsam den Luftschacht entlang kroch. Nach ungefähr einer halben Stunde war ich auf dem Dach, blickte über die gesamte Stadt, öffnete meine Haare, die ich erst vorhin zusammengebunden hatte und ließ meine Hände in die Jackentaschen gleiten. "Und wieder ein Opfer, das auf meine Rechnung geht! Wenn ich so weitermache, bekomme ich das Blut nie von meinen Händen ab!" Ich senkte meinen Kopf und verließ das Gebäude, über eine alte und rostige Feuerleiter. Wenige Minuten später saß ich bereits in meinem VW, der Blick starr nach vorne gerichtet und mein Gesichtsausdruck leer und keine Gefühle zeigend, wie immer. Nicht eine Träne vergoss ich für das Opfer und doch tat es mir innerlich immer wieder weh, jemanden sterben zu sehen. Einen kurzen Seufzer konnte man vernehmen, doch das war alles was über meine Lippen kam, als ich über eine lange Brücke "nach Hause" fuhr. Kapitel 7: Ein fiebriger Entschluss ----------------------------------- Am nächsten Morgen erwachte ich mit erhöhter Körpertemperatur und gewaltigen Rückenschmerzen. Ich rieb mir den Kopf und bewegte mich Richtung Bad, als mir urplötzlich schwindlig wurde und ich zur Seite kippte. Ich konnte mich gerade noch an der Kommode festhalten, bevor ich ganz zu Boden fiel. Eine Weile blieb ich so stehen und kurz darauf war das Schwindelgefühl bereits verflogen. Ich richtete mich auf und setzte meinen Weg, Richtung Bad fort. Im Bad erledigte ich erst einmal mein tägliches Geschäft und griff dann nach dem Thermometer, da meine Temperatur anscheinend kein bisschen gefallen war. Als ein piependes Geräusch von ihm ausging, konnte ich auf dem Display 42 lesen. Ich hatte Fieber und zwar nicht gerade niedriges. Bevor ich mich wieder zurück ins Bett beförderte, nahm ich noch einen kalten Waschlappen mit, der mich wenigstens etwas kühlen sollte. Kurz darauf war ich schon am Telefon und teilte Seichiro und Juan mit das ich krank sei und heute keine Aufträge annehmen könne. Als ich den Hörer beiseite legte, rollte ich mich auf dem Bett ein und schlief einen Moment später bereits tief und fest. Ein Poltern an der Tür und langsam öffneten sich meine Augen wieder. Ich hatte bereits drei Stunden geschlafen, als jemand an der Tür klopfte. Ein weiteres Poltern, das diesmal eher nach einem Klopfen klang. Und ich quälte mich zur Tür. Die Augen noch halb geschlossen, Haare durcheinander, ein hochroter Kopf und in einem weißen Bademantel eingewickelt öffnete ich die Tür. Juan stand davor. Wie immer wirkte er fast tot, sein bleiches Gesicht und die schwarzen Haare ließen ihn kein bisschen fröhlich wirken. Er streifte seine Haare zurück und legte den Kopf schief: "Schaust echt nicht gut aus!" Kaum zu hören murmelte ich vor mich hin: "Du hast gestern auch nicht besonders gut ausgesehen!" Juan trat neben mich, musterte mich erst etwas und nahm mich dann auf den Arm. "Sag mal warum läufst du hier rum, du solltest im Bett liegen!" Er trug mich zum Bett, legte mich behutsam wieder hinein und setzte sich neben mich. "Ich weiß nicht woher, aber irgendwie bin ich krank geworden!" "Wird doch jeder einmal!" Er lächelte mich an, ich würde sagen es sollte warm wirken aber das tat es nicht. Mir eine Strähne aus dem Gesicht streichelnd, stand er wieder auf und ging mit dem, schon etwas wärmeren Waschlappen, wieder ins Bad. Nicht länger als eine Minute verbrachte er dort, als er wieder mit einem kühlen Lappen herauskam und mir diesen auf die Stirn legte. "Wie sieht es mit Fieber aus?" "42" murmelte ich und keuchte. "Meine Güte du solltest dich heute echt nicht mehr bewegen! Weißt du was?! Ich habe heute frei, ich kümmere mich um dich!" Ich hob die Hand als wollte ich dagegen protestieren, ließ sie jedoch schnell wieder sinken weil mir die Kraft fehlte. "Komm schon ist doch nichts Schlimmes dran, wenn ich dich ein bisschen gesund pflege!" "Du steckst dich ... doch zum Schluss noch an ... Juan!" "Ach Quatsch ich hab ein gutes Immunsystem!" wehrte er ab. Ich sagte nichts mehr, sondern schwieg einfach. Juan verbrachte den Rest des Tages damit, mich zu pflegen, mir Tee zu machen oder einfach bei mir zu sitzen. Wir redeten auch etwas, so weit dies von meiner Seite aus ging, über die Dinge die letztens so passiert waren. Doch den Vorfall gestern, erwähnte weder er noch ich. Erst spät abends, knapp 23.00 Uhr durfte es gewesen sein. Legte er sich zu mir und meinte leise, dass er bei mir bleiben würde, damit mir nichts passiere. Ich weigerte mich nicht, sondern kuschelte mich im Gegensatz noch an ihn. Als er mich umarmte schloss ich die Augen, denn dieses Gefühl das mich umgab war wunderschön. Ich fragte mich einen Moment was es sein könnte, als ich auf Liebe schloss, zwang ich mich dazu es zu verdrängen. Ich blieb nur an ihn gekuschelt liegen und fragte nach einer Weile: "Was war gestern eigentlich los? Du warst so abwesend!" "Ich äh...!" Ihm gefiel die Frage anscheinend nicht, denn er stotterte nur und bekam keinen wirklichen Satz heraus. Als ich mich zu ihm umdrehte, drehte er den Kopf weg, als könne er mir nicht in die Augen sehen. Ich legte ihm meine Hände auf die Brust. "Red mit mir Juan, bitte. Du bist der Einzige dem ich vertraue, du solltest mir auch vertrauen." Als er den Kopf senkte sah er mir wieder in die Augen. Es war ein etwas trauriger Blick, der nicht durch seine Bleichheit oder die schwarzen Haare verändert wurde, er war wirklich traurig. "Gestern... hab ich einen Auftrag bekommen!" Ich hörte ihm interessiert zu und rieb meine Hände etwas gegen seine Brust, um ihn zu beruhigen. "Ich soll Rajin töten." In diesem Moment blieb mir das Herz stehen, meine Hände ruhten auf seiner Brust und ich starrte ihn nur an. Und wieder wendete er seinen Blick von mir ab. "Aber ... wa... warum Rajin?" Ich konnte es nicht fassen. "Weil .. er ist mit einer Reporterin verlobt. Sie spioniert uns die ganze Zeit hinterher ... Erst wollte er, dass ich sie umlege, aber er meinte wenn Lian ... so heißt sie ... irgendwann auf dich stößt und merkt, dass ihr Geschwister seid.. dann würde sie euch sicher zusammenführen wollen und naja ich weiß nicht an was Seichiro gedacht hat, aber es war als wolle er dich für sich alleine haben und hat deswegen beschlossen, dass ich Rajin umlegen soll!" Ich ließ meine Kopf auf seine Brust sinken: "Rajin..." Juan streichelte mir sacht über den Rücken: "Ich werde ihn nicht umbringen! Das macht dich nur traurig!" "Aber Juan, dann ... nein du ... wenn du ihn nicht tötest... wirst du sterben..." Ich drückte mich leicht an ihn. Ich hatte Angst ihn zu verlieren, ich hatte Angst Rajin zu verlieren. Was sollte ich nur machen, ich war in einer Zwickmühle... kurzerhand entschloss ich etwas, das wahrscheinlich mein ganzes Leben geändert hatte. Ein Entschluss, der von einer Sekunde auf die andere gefasst wurde. Ich wusste nicht was in mich gefahren war, doch ich war felsenfest davon überzeugt, Seichiro zu töten. Bis um 2.00 Uhr lagen wir noch aneinandergekuschelt im Bett, ich in Gedanken, was Juan dachte wusste ich nicht, doch er hielt mich nur fest, es war schon fast so als wolle er mich nie wieder loslassen. Bis wir irgendwann schließlich einschliefen. Kapitel 8: Die Durchführung --------------------------- Am darauffolgenden Tag ging es mir schon um einiges besser. Als ich meine Augen öffnete erblickte ich Juans Gesicht, er war mir so nah, dass ich ihn atmen spürte. Ich streichelte ihm vorsichtig über die Wange und schloss meine Augen wieder ein Stück, ich konnte es nicht glauben. So viele Jahre, ich wollte nie wieder lieben und doch war es wieder geschehen. Behutsam bewegte ich mich von ihm weg und stand auf. Juan blieb liegen, er wirkte wie ein gefallener Engel. Das schwarze Haar, dass vom Rand des Bettes hing, seine blasse Haut, einfach wie er dalag. Ich hätte ihn noch stundenlang anschauen können. Doch ich drehte mich herum, ging ins Bad und machte mich fertig. Wieder zog ich schwarze Klamotten an, holte die Waffe aus dem Schrank, jedoch war eines nicht wie immer... ich ließ meine Weste im Schrank. Ich legte lediglich meine Hand auf diese und murmelte. "Dich brauche ich heute nicht, heute wird sich herausstellen wie gut ich wirklich bin!" Ich schloss den Schrank leise und blickte noch ein letztes Mal zu Juan. Ich wusste nicht, dass es das letzte Mal sein würde, dass ich ihn so sah. Ich lief langsam den Gang entlang. Mich seelisch darauf vorbereitend, was ich vorhatte. Ich war zwar der beste "Mann" der Organisation, doch lange nicht so gut wie Seichiro. Ich streifte meine Haare zurück, holte einen alten, schwarzen Haargummi aus meiner Tasche und band mir die Haare zusammen. Eine einzelne Strähne hing jedoch noch heraus, da diese schon immer zu kurz für den Zopf gewesen war. Ich begegnete an diesem Tag vielen Leuten, die ich schon ewig nicht mehr gesehen hatte. Auch dem ein oder anderen, der mir noch etwas schuldete, doch ich ging einfach an ihnen vorüber und steuerte geradewegs das Zimmer des Chefs an. Auch begegnete ich den drei Kerlen die mich vor einem Jahr aus dem Lagerhaus gebracht hatten. Bis jetzt hatte ich nicht erfahren warum ich ausgerechnet in einem Lagerhaus aufgewacht war. Oder warum ausgerechnet diese drei Typen, sie waren Anfänger, mich aus dem Lager geholt hatten. Ich zuckte innerlich jedoch nur mit den Schultern und ließ mich nicht weiter ablenken. Als ich vor der Türe des Chefs angekommen war hörte ich Stimmen, zwei die mir relativ bekannt vorkamen. Eine, das wusste ich, war von Seichiro... die Andere konnte ich nicht gleich identifizieren doch ich dachte Rajin zu hören. Aber was sollte Rajin bei Seichiro wollen?! Ich war verwirrt, sehr verwirrt sogar. Meine Verwirrung ließ nicht nach, als ich einen dumpfen Schlag hörte. Ich riss die Tür auf, ohne auch nur daran zu denken, anzuklopfen. Mein Herz raste und der Gürtel in dem sich meine Waffe befand spannte sich enger um meine Hüften, als ich ihn mit einer Hand nach unten drückte. Im Zimmer sah ich Rajin, wie er blutend am Boden lag, eine Frau mit kurzen dunkelroten Haaren und Seichiro der mit einem roten Kopf im Zimmer stand. Ich schaute zu Rajin runter, er atmete schwer und hielt sich die Brust. Die Frau stand nur wie geschockt im Raum. Ich rannte zu Rajin, währenddessen erkannte ich, dass sich ein ungeheures Grinsen auf Seichiro´s Gesicht breit machte, er streifte seine Haare zurück und meinte immer noch heimtückisch grinsend: "Und jetzt wird er sterben!" Seine grünen Augen funkelten und man erkannte den giftgrünen Schimmer darin, den ich schon vor 17 Jahren gesehen hatte, als er mich gekauft hatte. Ich umarmte Rajin und drückte ihn an mich, er keuchte jedoch nur: "Yoe, verschwinde schnell! Nimm Lian mit!" Seine Hand erhob sich etwas und deutete auf die Frau, die immer noch wie angewurzelt dastand. Sie weitete die Augen, sah zu Seichiro, als ich aufsprang, sie beim Arm packte und aus dem Raum zerrte. Gleich darauf betrat ich wieder den Raum, sehend wie Seichiro eine Pistole aus seiner Jackentasche zog und auf Rajin zielte. Meine Gedanken waren wild durcheinandergemischt, als ich mich wie aus Reflex zwischen Seichiro und Rajin warf. "Ich sagte, wehe du krümmst ihm ein Haar!" Meine Hand lag auf meiner Waffe, bereit sie jederzeit hervorzuziehen und Seichiro zu töten. Kapitel 9: Der Abschied ----------------------- Wie erstarrt standen wir ein paar Minuten da, bis Seichiro die Waffe sinken ließ. "Du bist wirklich hartnäckig Yoe! Das mag ich so an dir! Aber leider..." Plötzlich war es still, eine Todesstille, wie die Ruhe vor dem Sturm. Dann ein Schuss... Blut... darauffolgende Stille. Ich spürte einen Stich in der Brust, wie ich langsam nach hinten fiel. Kurz verkrampfte ich mich, dann wurde ich ganz locker. Ein grelles Licht, ein dumpfer Aufprall. Dann schloss ich meine Augen. "Yoe!" mein Name, wer hatte ihn gerufen? Ich öffnete langsam meine Augen. Rajin beugte sich über mich. In seinen Augen stand ein Schock, wieder war sein Gesicht bekleckert mit Blut. Seine Hand ruhte auf meinem Bauch, als er sich herumdrehte und zu jemandem anderes blickte. "Rajin... was ist!" Ich sah an mir herab, ich war total vollgekleckert mit Blut, jedoch wurde ich nicht angeschossen. Als ich Rajins Blick folgte, wusste ich woher das Blut gekommen war... und warum ich auf dem Boden lag. Ich sprang auf und rannte zu Juan. Er lag auf dem Boden, eine Schusswunde im Bauch und leise stöhnend. Als ich mich neben ihn kniete, lächelte er leicht. Seine Haut war nun nicht mehr so bleich wie sonst, sondern etwas rötlich. "Yoe!" Er fuhr mir mit der Hand durchs Haar und flüsterte leise, als ich ihn auf meinen Schoß zog: "Ich liebe dich...." Er kuschelte sich noch ein letztes Mal an mich, schloss entgültig die Augen und verstummte. Tränen liefen in meine Augen, wie noch nie zuvor. Ich biss mir leicht auf die Unterlippe und beugte mich zu ihm runter, hauchend: "Ich ... ich dich auch ... Juan... du... du darfst ... du kannst doch jetzt ... nicht einfach sterben!" Ich drückte ihn an mich, den leblosen Körper eines Menschen ... eines Freundes, den ich schon immer geliebt hatte. Er war der Einzige der mein Herz berührte, er war der Einzige der immer bei mir war. Ich legte meine Hand auf seine Wange, streichelte diese sanft mit meinem Daumen und sah ihn nur an, wie er da lag. Wie ein schlafender Engel, gefallen aber ein Engel. Für eine Weile redete ich es mir ein, er schlief nur... Seine Bleiche war wieder zurückgekehrt, sein langes schwarzes Haar hing quer über meinen Schoß und ein kleines Lächeln war immer noch auf seinem Gesicht. Als wäre er glücklich gestorben. Ich hatte schon viele Menschen sterben gesehen, doch nie hatte es mich so mitgenommen. Langsam beugte ich mich nach vorne und berührte seine Lippen mit den Meinen: "Juan, wie kannst du mich jetzt nur verlassen!" Eine einzige Träne bannte sich den Weg, heraus aus meinen Augen und über meine Wangen. Sie tropfte still nieder auf Juan und lief seine Wange entlang. "Ich liebe dich" flüsterte ich, mit halb geschlossenen Augen. Drückte ihn ein letztes Mal an mich und ließ ihn langsam zu Boden sinken. Während ich aufstand, verfinsterte sich mein Gesichtsausdruck. Rajin war die ganze Zeit neben mir gestanden und hatte Seichiro beobachtet. Dieser lachte nur und meinte breit grinsend: "Oh die arme Yoe hat einen wichtigen Menschen verloren!" Ich zog meine Waffe, zielte auf Seichiro und murmelte: "Du, ... hast es ... gewagt... d...dich .... in meine Angelegenheiten einzumischen!" Er grinste: "Als würdest du abdrücken!" Rajin starrte mich und Seichiro an. "Eines weiß ich, wenn ich jetzt nicht abdrücke... bringst du Rajin auch noch um... und den Verlust eines weiteren Menschen, der mir wichtig ist... überlebe ich nicht!" Blitzschnell zog Seichiro seine Waffe erneut. Schüsse, wieder spritzte Blut. Ich kniff meine Augen zusammen. "YOE!" hörte ich Rajin schreien. Schon im nächsten Moment war er hinter mir und hielt meinen Oberkörper. Ein dumpfes Geräusch, das sich wie das Fallen eines Gegenstandes anhörte. Als ich die Augen öffnete, erkannte ich wie Seichiro in die Knie sank, die Waffe neben ihm auf dem Boden, sich den blutenden Bauch haltend. "Du .. hast... mich getroffen" er nahm seine Hände vom Bauch und starrte diese eine Weile an, bevor er zu mir und Rajin sah. "Yoe du kleines Biest!" Ein kurzes Grinsen huschte über mein Gesicht, als Seichiro kraftlos zu Boden fiel, sich noch kurz krümmte und dann entgültig tot war. Ich ließ meine Waffe fallen und murmelte: "Nie wieder, nie wieder werde ich töten!" Rajin drückte mich leicht an sich. "Yoe! Bin ich froh dich wieder zu haben!" Ich drehte mich herum, umarmte ihn und drückte ihn fest. "Ich lass dich nie wieder los!" Bevor ich etwas dagegen tun konnte, rannten mir etliche Tränen aus den Augen. "Warum weine ich? Ich bin glücklich, dich wieder zu haben ... aber ... Juan... ich hab ihn so einfach verloren, ich konnte gar nichts tun!" Rajin streichelte mir durchs Haar. "Ganz ruhig Yoe, er wird immer bei dir sein, über dich wachend.... Er liebt dich und dass ist jetzt auch nicht anders!" Ich drückte mich immer stärker gegen ihn, schon fast Schutz suchend. "Er hat mich verlassen!" "Um dich zu schützen. Er wollte dich nicht verlieren!" "Und jetzt habe ich ihn verloren... ist das besser?" einen Moment wartete ich dann sagte ich leise: "Er hatte niemanden, außer mich... doch ich habe noch dich! Wenn ich gestorben wäre, hätte er niemanden mehr gehabt!" Ich senkte den Blick: "aber ich vermisse ihn trotzdem!" Rajin hielt mich noch lange fest, bevor ich mich endlich von ihm löste. "Ich ... werde ... es überstehen, denk ich!" Kapitel 10: The End ------------------- Kurz nach Seichiro´s Tod, wurde die Organisation aufgelöst. Die weinende Rose existierte nicht mehr. Ob ich darüber froh sein sollte wusste ich nicht, aber ich war es. Es war endlich soweit, ich und Juan waren endlich frei. Eine Woche nach Juans Tod, fand eine Beerdigung für ihn statt. Ich und Rajin waren leider die Einzigen, die dazu erschienen. Einzelne Tränen kullerten über meine Wangen, während der Sarg in eine Grube hinunter gelassen wurde. Noch nie war er so lange weg gewesen. Ein vielleicht zwei Tage war das Maximum, erst jetzt fiel mir auf, wie sehr ich ihn doch vermisste. Warum hatte ich es all die Jahre nicht gemerkt? Mein Blick war auf den Boden gerichtet, Rajin hatte seine Hand auf meine Schulter gelegt und streichelte sanft darüber. "Er ist endlich frei!" murmelte ich, grinste etwas und sah zu Rajin auf. "Er ist sicher glücklich, endlich frei zu sein... aber ich wünschte mir, dass wir zusammen frei sein könnten... " Rajin legte seinen Kopf auf meine Schulter und murmelte: "Meine Arme Yoe!" Er legte seine Arme um mich und drückte mich leicht. Ein kleiner Seufzer, dann Stille. Noch einige Minuten sah ich einfach auf das Grab, schweigend und an Juan denkend. Dann drehte ich mich leicht zu Rajin. "Lass uns gehen!" Ich legte eine Rose auf den hinabgelassen Sarg, legte mir einen Finger auf die Lippen und dann auf den Sarg. "Ruhe in Frieden, Juan. Wir werden uns bald wiedersehen." Eine letzte Träne tropfte von meinen Augen, auf die Rosenblätter und funkelte leicht. Ein leichtes Kopfschütteln konnte ich nicht unterdrücken, genau wie den Gedanken - sie existiert doch irgendwo noch ... die weinende Rose. Die Zeit verging, mittlerweile war ich zu Rajin und seiner Frau, Lian gezogen. 13 Jahre war der Tod von Juan bereits her. Wir alle waren gealtert, Rajin und Lian waren Eltern, zweier gesunder Kinder und ich Tante. Ich hatte in diesen 13 Jahren einen Platz als Bodyguard bekommen, durfte Politiker und wichtige Personen schützen und verdiente nicht schlecht. Jedoch hatte ich, in diesen 13 Jahren, keinen Menschen mehr gefunden, den ich so liebte wie Juan. Eines Tages, als ich einmal frei hatte. Kam ich an das Glasgebäude, in dem ich vor etlichen Jahren einen Reporter erschossen hatte. Ich ging über die Feuertreppe wieder auf das Dach, setzte mich dort auf den Boden und betrachtete den Himmel. Nach wenigen Minuten stand ich auf, zog den Gürtel meines schwarzen Mantels enger und ließ meine Hände in den Taschen verschwinden. Mein braunes Haar glitzerte im Schein der Sonne und meine eisblauen Augen sahen klar und traurig in den Himmel. Der Himmel war leicht bewölkt und in einer Wolke bildete ich mir ein, Juan´s Umrisse zu erkennen, ich streckte meine Hand nach dieser Wolke aus. Genau in diesem Moment, ein Windstoß, meine Haare wehten zur Seite, mein Blick weiter gen Himmel gerichtet. Der Wind ließ langsam nach und ich hörte, vielleicht hatte ich es mir auch nur eingebildet: "Yoe, ich warte auf dich!" Ich zog meine Hand zurück, legte sie auf meine Brust, sah der Wolke nach und lächelte: "Ich werde kommen, irgendwann!" Hosted by Animexx e.V. 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