Jäger der Finsternis von Traumfaengero_- ================================================================================ Kapitel 1 --------- Jäger der Finsternis Kapitel 1 Wie viele Nächte zuvor trieb ihn schon der pure Hunger aus seinem finsteren, feuchten Versteck. Es war ein Hunger, wie ihn kein sterbliches Wesen nachfühlen konnte. Er hatte sich tief in seinen Magen hinein gefressen und verlangte ständig neues, frisches Blut. Wenn es etwas gab, dass ihn in den Wahnsinn treiben konnte, dann war es dieser Hunger. Es war ein unstillbarer Hunger, einer, den man nie wieder loswurde. Seine spitzen tödlichen Zähne drückten sich schmerzhaft in seine Unterlippe, ohne dass er es bewusst merken. Es war wieder einmal an der Zeit. Er konnte sie riechen, bis hier her. Er konnte sie hören, auch über diese Entfernung hinweg. Leicht süßlich war der Duft, vermischt mit dem Gestank irgendeiner Droge. Er tippte auf Marihuana. Geräuschlos pirschte er sich durch die vielen kleinen Seitengassen, immer den Geräuschen hinterher. Dem Geräusch ihres schlagenden Herzens. Dem Geräusch ihres Atems. Sie würden ihn genau zu seiner Beute führen. Wie besessen rannte er in der Dunkelheit nur diesem einen Willen folgend. Immer von diesem stechenden Hunger angetrieben. Seine braunen Augen hatten sie schon längst entdeckt, als er katzengleich um die Ecke huschte. Nur schon bei ihrem Anblick verzehrte er sich nach ihr – ihrem Blut. Tief seufzend ließ sie eine Zigarette zu Boden fallen und drückte sie unter ihrem schwarzen spitzen Schuh aus. Sie trug einen kurzen dunklen Rock und ein eng geschnittenes Top, ohne BH. Augen und Lippen waren schwarz geschminkt, das Gesicht mit weißem Puder übertüncht. Ihre langen schwarzgefärbten Haare hatte sie mit einer einfachen Spange zusammen genommen und legten so ihren Hals frei. Ein schmerzhafter Fehler. Denn das steigerte sein Verlangen nur noch mehr und ohne jegliche Rücksicht packte er zu. Seine länglichen Hände griffen nach ihrer Schulter und eine vergrub sich in ihrem Haar. Schmerzhaft riss er ihren Kopf zur Seite und vergrub seine spitzen Zähne in ihrer weißen Haut. Die junge Frau war nicht einmal mehr zu einem letzten Schrei in der Lage und bevor sie überhaupt verstand erschlaffte ihr ganzer Körper. Nur noch das begierige Schlürfen des Angreifers war zu hören. Sein Hunger war vorerst gestillt. Genüsslich schloss er die Augen und verharrte einen toten Herzschlag so. Die junge Frau lag in seinen Armen wie ein kleines Kind, dem Tode geweiht. Die letzten Züge konnte er auskosten und das würde er auch tun. Ihr süßliches Blut war einfach wie berauschend, was nicht nur an ihrem Drogen Konsum lag. Sanft zog er seine Zähne wieder aus ihrem Hals und leckte über die Wunde, die er gerissen hatte. Es war das letzte bisschen Blut, das noch in ihr war, aber es sollte ihm für heute reichen. Diese Frau hatte schon mehr als genug für ihn getan. Sie hatte ihr Leben geopfert. Ein leicht trauriges Lächeln lag auf seinen Lippen, als er sie achtlos zu Boden fallen ließ. Es war ihm egal, von wem oder wann sie gefunden wurde. Er würde eh tief unter der Erde ruhen und auf die nächste Nacht warten. Solange, bis er dem Hunger nicht mehr standhalten konnte und von neuem auf Jagd ging. Ein neues Opfer suchen würde. Vollgefressen zog er sich wieder zurück in die Schatten, aus denen er gekommen war. Die Nacht war noch jung, was sollte er jetzt noch tun? Hunger hatte er jedenfalls nicht mehr. Und einfach töten, nur so aus Spaß, konnte er nicht. Denn aus genau diesem Grund war er seit 27 Jahren zu diesem Schicksal verflucht. Einfach, weil ein Vampir sich nicht mehr beherrschen konnte, und sieben Leute nach einander umgebracht hatte. Mit seinem Bruder war er damals dabei gewesen, aber nur er war der einzige, der als Vampir weiter existieren musste. Es war nicht schön, mitten in der Nacht wieder zu sich zu kommen, umgeben von Leichen, die du einmal gut gekannt hattest. Er wusste selbst nicht mehr, wann und wie er eigentlich begriffen hatte, was er nun war. Ob es die Sonne gewesen war, die seine Haut verbrannte hatte oder der plötzliche Durst auf Blut. Er strich mit einer Hand über die kalten Steine der Wand, die sich zu beiden Seiten diese Gasse in die Dunkelheit hinein zog. Mit der Zunge leckte er noch die letzten Tropfen Blut von seinen vollen Lippen. Selbst jetzt noch trieb ihn der pure Überlebenswille, den sonst nur lebende Wesen in sich trugen. Gelangweilt strich er sich einige seiner dunkelbraunen Haarsträhnen aus den Augen und blickte stur nach vorne. Seine Jeans war längst ausgefranst und an vielen Stellen zerrissen und auch das dunkelblaue Hemd, das er trug, hatte schon bessere Tage hinter sich. Erst jetzt viel ihm so richtig auf, dass er barfuss durch die Gegend lief. Überrascht schaute er auf seine Füße hinunter und legte den Kopf leicht schräg. Seit wann trug er den keine Schuhe mehr? Seufzend wurde ihm einmal mehr bewusst, dass sich mit dem Vampirdasein auch viele Empfindungen geändert hatten. Kälte nahm er schon längst nicht mehr wahr und auch so manches anderer störte ihn nicht mehr. Früher hatte er sich immer über Regen aufgeregte, heute begrüßte er ihn sogar. Dann suchten seine Opfer immer wieder an den gleichen Stellen Zuflucht. Womit sie ihr Todesurteil schon unterschrieben. Mit einem zögerlichen Lächeln dachte er an das kleine Mädchen, das er erst vor ein paar Nächten ausgesaugt hatte. Mit einer einfachen Geste hatte er ihr den Kopf abgerissen und ihr das Herz geraubt. Wenigstens konnte sie so nicht zu einem Vampir werden, dass hatte er ihr erspart. Wenn er so darüber nachdachte, waren durch seine Hand zwar schon viele gestorben, aber noch nie einer zu einem Vampir geworden. Leise seufzte er, während er um die nächste Ecke bog. Wieder eine dieser endlos langen Gassen, die im nichts verliefen. Wie lange mochte er jetzt schon hier entlang gegeistert sein? Nicht lang genug, entschied er, denn der Morgen war noch immer nicht näher gerückt. Deprimiert suchte sein Blick den Boden ab, ohne auf etwas zu hoffen. Plötzlich stutzte er. Was war das für ein Geruch? Er lag wie bittersüßliches Gift in der Luft und erhob sich sogar über den Gestank der Gosse. Es war Blut, aber von was für einem Wesen? Angst und Neugier kämpften in dem jungen Vampir, denn etwas sagte ihm, er sollte nicht weiter gehen. Er schluckte noch einmal, bevor er sich dafür entschied, nicht auf seine Angst zu hören. Irgendwo am Ende dieser Gasse musste es sein. Innerlich zitternd lauschte er in die Dunkelheit und hörte dieses stille, schwerer Röcheln. Angespannt setzte er einen Fuß vor den anderen und richtete den Blick immer in diese Richtung, in der er ihn vermutete. Sein Instinkt sagte ihm, dass es kein Mensch war, sondern ein Wesen, dass auch zu den nächtlichen Jägern gehörte. Gleichwohl stärker als er. Langsam erhob sich aus der Dunkelheit eine Silhouette, die sich eindeutig gegen die Wand lehnte. Mit einer Hand dagegen gestützt, bewegte sie sich nur sehr langsam weiter. Außer dem schweren Röcheln drang noch ein Geräusch an sein Ohr, das ihn erschaudern ließ. Es war das Geräusch von tropfendem Blut. Er kannte es nur zu gut und auch der starke Geruch lag zu deutlich in der Luft. Plötzlich leuchteten zwei goldene Augen in der Dunkelheit auf und fixierten ihn. Sie gehörten zu der Silhouette, die sich fortwährend auf ihn zu bewegte. Nur langsam wurden klare Umrisse sichtbar. „Wer bist du!“ Die tiefe Stimme durchbrach die Stille und jagte dem jungen Vampir einen Angstschauer über den Rücken. Mit jedem Schritt, den der Fremde auf ihn zuging, wich er weiter zurück. „Dummes Kind! Du kannst nicht vor mir fliehen, nicht so ein Schwächling wie du!“ Mit einem Mal packte der weit erfahrenere Vampir zu und zog den Kleinen an sich heran. Die goldenen Augen leuchteten finster auf und die weißen unendlich langen Haare fielen nach vorne über die Schultern. Der Vampir besaß ein leicht feminines Gesicht, längliche Augen und schmale Lippen, über die die weißen tödlichen Zähne ragten. Ein teuflisches Lächeln legte sich auf die Lippen des Weißhaarigen, als er bemerkte, wie der Jüngere zitterte. Der schwarze Mantel, den er trug, streifte den Boden und obwohl kein Wind wehte, blähte er sich leicht auf. „Ich habe dir eine Frage gestellt und ich warte nur ungern auf Antworten.“ Wie ein leises Donnergrollen klang seine Stimme, doch ihm war schon klar, dass er jetzt nichts erwarten konnte. Er war dem Blick des Kleineren gefolgt, und nun wurde sein Lächeln süffisant. Ein starkes Zittern ergriff den abgemagerten Körper des jungen Vampirs, als sein Blick auf die Kehle des anderen fiel. Dunkles, fast schwarzes Blut floss zäh aus einer tiefen Wunde heraus. Diese zog sich von einer Seite bis hinüber unter das linke Ohr und gab doch nichts frei. Langsam tropfte es auf das aus dunkelvioletten Fäden gewebte Hemd, und zog sich vom Kragen abwärts. „Was ist?“ Ohne große Vorsicht strich er mit seiner linken Hand über die tiefe Wunde und lächelte dabei finster vor sich hin. „Sag nicht, dass dich so eine Kleinigkeit schon umbringen würde. Dann solltest du nämlich lieber schnell von hier verschwinden.“ Seine rechte Hand ließ wieder den Arm des jungen Vampirs los und demonstrativ leckte er über die Blutbeschmierten Finger. „Hier ist kein Platz für Schwächlinge!“ Mit einer schnellen Bewegung drehte er sich um und blickte die Gasse hinunter. Jeder seiner Muskeln spannte sich an, ohne dass er es bewusst merkte. In seinen Ohren hallten ihre vielen Schritte wider, das Geräusch ihrer schlagenden Herzen und das hektische Atmen. Seine braunen Augen suchten verängstigt die kleine Gasse ab, auch er konnte gewisse Geräusche vernehmen, aber er war sich nicht sicher, was sie zu bedeuten hatten. Die Angst steckte in jeder Faser seines Körpers. Wer auch immer dieser Vampir war, er besaß Kräfte, die der Dunkelhaarige sich nicht einmal ausmalen konnte. Diese goldenen Augen, sie waren so tief und doch verrieten sie weder Gefühle noch Gedanken. Diese Stimme, wie konnte er eigentlich sprechen, immerhin mussten bei dieser Wunde doch auch seine Stimmbänder durchtrennt sein? Der Weißhaarige zuckte nicht einmal mit der Wimper, als plötzlich ein ganzes Dutzend Männer um die Ecke stürmten. Nichts weiter als ein diabolisches Lächeln verriet, dass er ihre Anwesenheit bemerkt hatte. „Ihr habt aber ganz schön lange gebraucht. Dafür, dass ihr MICH umbringen wollt, und nicht ich EUCH, lasst ihr euch aber ganz schön Zeit.“ Langsam richtete er sich zu voller Gestalt auf und griff mit seiner linken Hand an seine blutende Kehle. „Habe ich schon erwähnt, dass mein eigenes Blut wie eine Säure wirkt? Es zerstört alle lebenden Organismen, wenn es mit ihnen in Berührung kommt.“ Seine Bewegungen waren so schnell, dass nicht einmal der junge Vampir ihm mit seinen braunen Augen folgen konnte. In wenigen Sekundenbruchteilen hatte er in die Leiber seiner Verfolger tiefe Wunden geschlagen, die sich augenblicklich bläulich verfärbten und leicht schämig wurden. Die Männer schrieen auf und wanden sich unter Schmerzen. Doch das tiefe Lachen des Weißhaarigen übertönte ihr Geschrei bei weitem und genüsslich leckte er über seine mit ihrem Blut beschmierten Finger. „Ich habe euch doch gesagt, dass ihr euch nicht mit einem Vampir wie mir einlassen sollt. Aber wenn ihr alle nicht hören wollt, kann ich auch nichts dafür.“ Sein schwarzer Mantel wehte leicht in einem aufkommenden Windzug. Ruhig stand er hinter den sterbenden Männern und verschränkte lässig seine Arme vor der Brust. „Sie sind nichts weiter als Gesindel, genau wie du!“ Seine goldenen Augen richteten sich auf seinen Gegenüber, der völlig perplex mit Angstgeweiteten Augen auf das Szenario starrte. „Du wärst für sie ein gefundenes Fressen gewesen, aber nun enden sie selbst als eines.“ Mit einer Handbewegung deutete er auf die sich nun noch kaum mehr rührenden Männer zu seinen Füßen und lächelte wissend. „Ja meine Kleinen, heute ist wieder Fütterungszeit.“ Der unfreiwillige Zeuge beobachtete erstaunt, wie sich plötzlich schwarze Punkte um die Füße des mächtigen Vampirs sammelten. Es wurden immer mehr und langsam breiteten sie sich in Richtung der Toten aus. Wie ein Meer aus schwarzen Wattebäuschen schwirrten sie über den Boden und machten sich über die frischen Leichen her. Lautlos zerlegten sie das sterbende Gewebe, denn biologisch waren sie immer noch am Leben. Schnell hatten sie das warme Fleisch von den Knochen genagt und machten sich über ihre Lieblingsspeise her, das Knochenmark. Sie brachen mühelos die harte Schale auseinander und machten sich über dessen weichen Inhalt her. „Sie sind ganz nützlich, wenn du Leichen schnell verschwinden lassen willst.“ Luzifer lächelte und blickte fast schon mütterlich auf das Gewusel zu seinen Füßen herunter. „Wie ich sehe, hast du überhaupt keine Ahnung. Aber egal. Das einzige, was du über diese kleinen Monster wissen musst, ist, dass sie dir, ohne dass du es weißt, schon oft geholfen haben. Immer wenn du aus deinem dreckigen Loch herauskommst und deine Opfer suchst, immer wenn du nur noch blutleere Leichen zurück lässt, dann kommen sie und löschen deine Spuren aus.“ Langsam hob er den Blick und schaute den jungen Vampir tief in die Augen. Er konnte dessen Angst deutlich spüren. Plötzlich stutzte der erfahrene Blutsauger. Konnte es etwa sein, dass der Kleine vor ihm, genau wie viele andere Vampire seiner Art, von einem Virus befallen war? Tja, dann wäre es sein Todesurteil. „Sag mal Kleiner, kann es sein, dass dir manchmal unerwartet schwindlig wird?“ Überrascht über diese Frage schaute der junge Vampir auf. Er zitterte am ganzen Leibe und hatte bisher entsetzt dem Gewusel zu seinen Füßen zugeschaut. Stumm nickte er, denn im Moment war er nicht zu einer richtigen Antwort fähig. Langsam öffnete er den Mund, doch anstatt etwas zu sagen schluckte er seine Worte wieder herunter. Unsicher huschte sein Blick zurück zur Erde. Luzifer dachte über diese Antwort nach. Er war eindeutig davon infiziert, aber irgendwie sah er zu gesund dafür aus. Er hatte seinen Blick ebenfalls auf das schwarze Getümmel gerichtet und ging nun in die Hocke. „Na, meine Kleinen, hat es euch geschmeckt?“ Er lachte laut, als die kleinen dunklen Wattekugeln um seine Handgelenke wuselten und zärtlich in seine Finger bissen. „Doch der beste Leckerbissen kommt noch. Irgendwann dürft ihn euch auch an Redford laben!“ Das Gewusel um ihn herum betrachtend dachte er über seine eigenen Worte nach. Der junge Vampir war eindeutig vom Virus zerfressen, aber gleichzeitig schien er gesund wie nie zu sein. Es gab wohl nur eine Möglichkeit, die Wahrheit herauszufinden. Mit einer einfachen Geste seiner rechten Hand trieb er die schwarzen Minidämonen auseinander. „Wie heißt du?“ Langsam erhob sich der Blutsauger und richtete auch seinen Blick auf den Jungen. Doch dieser wich nur noch ein Stück weiter von ihm fort und senkte sofort den Kopf. Luzifer beobachtete das merkwürdige Verhalten des Jungen skeptisch, er hatte schon eine schlechte Vorahnung, was in diesem vor sich ging. „Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich höchst ungern auf Antworten warte!“ Verärgert zog er seine Augenbauen zusammen und fixierte mit seinen goldenen Augen den um so vieles Jüngeren. Angst stieg in dem unerfahrenen Blutsauger auf, schnürte ihm die Kehle zu und ließ ihn noch einmal erschaudern. Dieser wütende Blick, das würde nicht gut enden. Panisch drehte er sich um und rannte so schnell er konnte die Gasse zurück. Sein Herz schlug bis zum Halse, als er augenblicklich um die nächste Ecke bog und weiter hastete. Selbst mit seinen geringen Vampirkräften war er so schnell, dass alles um ihn herum zu verschwimmen schien. Plötzlich packte ihn der Weißhaarige am Arm und zog ihn bei voller Geschwindigkeit zurück. Schreiend gab dessen Kugelgelenk nach und die gesamte Schulter brach mit einem Knacken aus. Tränen sammelten sich in den Augenwinkeln des Kleineren und liefen über seine geröteten Wangen. Vorsichtig versuchte er sein Gleichgewicht wieder zu finden, ohne seinen linken Arm dabei zu bewegen. Nur den entsetzlichen Gedanken, dass sein Angreifer eben noch ein ganzes Stück hinter ihm gewesen war, konnte er nicht begreifen. Leise wimmern blickte er auf. Luzifer lächelte den jungen Vampir nur diabolisch an. „Hör zu, Kleiner, ich habe dir auch schon einmal gesagt, dass du mir nicht entkommst. Warum glaubst du es mir nicht einfach?“ Er drückte den ausgerenkten Arm noch ein Stück weiter auf den Rücken und lauschte den Schmerzensschreien. Wenige Herzschläger später ließ er den Jungen einfach zu Boden fallen. „Vielleicht bist du jetzt ja etwas gesprächiger! Wie ich schon sagte, ich habe nicht viel Geduld zum Warten!“ Langsam beugte sich der Weißhaarige vor und ging schließlich in die Hocke. Seine Haare fielen über die Schultern und strichen leicht den Jüngeren. „Also noch mal von vorne. Wer bist du?“ Diesmal würde er keine Rücksicht auf den Gemütszustand des anderen nehmen. Vorhin hatte er noch mal ein Auge zugedrückt, aber jetzt reichte es ihm. Außerdem fand er den Kleinen doch recht interessant. Zitternd lag der junge Vampir auf dem kalten Steinboden. Er wusste genau, dass an dieser Stelle alles vorbei sein konnte. Der Schmerz seiner Schulter ließ kaum noch einen klaren Gedanken zu und so entschied er sich, einfach das zu tun, was von ihm verlangt wurde. „Ich bin ein Vampir.“ Seine Stimme war ein Flüstern, bebend und die Angst nicht mehr versteckend. Luzifer lachte leise. Als ob er das nicht schon gewusst hätte. „Das weiß ich doch!“ Langsam strich er mit seinen Fingern über die Stirn des Kleineren. Seine goldenen Augen ruhten auf ihm und mit einem Lächeln zog er dessen Kinn nach oben. „Also, nun möchte ich aber auch etwas erfahren, was ich noch nicht weiß! Wie heißt du?“ Das hätte er sich aber auch denken können. Doch wie sollte er eine Frage beantworten, für die er die Antwort nicht kannte. Als er in die goldenen Augen blickte, bemerkte er zum ersten Mal ihre hypnotische Wirkung. Er achtete nicht mehr auf die Schmerzen und jeglicher Gedanke wurde wie von selbst zur Seite geschoben. Noch bevor er selbst wusste, was geschah, entflohen die Worte seinen Lippen. „Ich habe keinen Namen.“ Seufzend zog er seine Hand wieder zurück, wobei das Kinn des anderen schmerzhaft auf den Boden zurück sank. Elegant erhob sich der weißhaarige Vampir und verschränkte die Arme. „Du hast also keinen Namen! Und warum sagst du mir das nicht gleich?“ Er hatte wirklich noch seine Kräfte einsetzten müssen, um an die gewünschte Antwort zu kommen. Nur allein das ärgerte ihn. Sein kalter Blick lag auf dem Namenlosen, doch innerlich grübelte er fieberhaft darüber nach, ob es sich wirklich lohnen würde. Wenn der Kleine von dem Virus befallen war, wäre er das perfekte Versuchsobjekt. Plötzlich packte er zu und zog den jungen Vampir wieder auf die Füße. Auf dessen Zittern achtete er nicht mehr und griff stattdessen nach seinem Handgelenk. Mit einem schnellen Zug seines Daumennagels riss er die Innenseite auf, unter der die vielen lebenswichtigen Adern flossen. Ein schmerzerfüllter Schrei zerriss die Stille, doch da er ihn immer noch am Kragen fest hielt, war es ihm egal. Noch einmal strich er mit seinem Finger über die Wunde, die nun frisch blutete, und ließ den Jungen unerwartet zu Boden stürzen. Ein gehässiges Lächeln lag auf seinen Lippen, während er die Blutbeschmierten Finger zu diesen führte. Kurz legte er mit seiner Zunge das Blut ab und blickte selbstsicher auf den Kleineren hinunter. Er hatte den letzten Beweis gefunden. Der Schwächling vor ihm war wirklich krank. Genüsslich beugte er sich zu ihm herab und vergrub seine rechte Hand in dessen dunklen Haaren. So zog er den Kopf zurück, um ihm direkt in die Augen sehen zu können. „Ich mache dir einen Vorschlag.“ Bei seinen Worten legte er die freie Hand an dessen ungeschützten Hals und stieß sacht seine scharfen Nägel in die weiche Haut. „Entweder töte ich dich hier auf der Stelle, qualvoll und langsam, oder du schwörst mir, dich widerstandslos in meine Dienste zu stellen!“ Ein diabolisches Lächeln lag auf seinen Lippen. Der Kleine zitterte wie Espenlaub und schon jetzt stand fest, für was er sich entscheiden würde. Denn so dumm war der unerfahrene Vampir auch nicht, das er sich die Qual nicht ausmalen konnte. Zufrieden ließ er sein Opfer frei, als dieses die gewünschte Antwort gab. Nun hatte er seit langem wieder ein vernünftiges Versuchskaninchen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)