Jäger der Finsternis von Traumfaengero_- ================================================================================ Kapitel 1 --------- Jäger der Finsternis Kapitel 1 Wie viele Nächte zuvor trieb ihn schon der pure Hunger aus seinem finsteren, feuchten Versteck. Es war ein Hunger, wie ihn kein sterbliches Wesen nachfühlen konnte. Er hatte sich tief in seinen Magen hinein gefressen und verlangte ständig neues, frisches Blut. Wenn es etwas gab, dass ihn in den Wahnsinn treiben konnte, dann war es dieser Hunger. Es war ein unstillbarer Hunger, einer, den man nie wieder loswurde. Seine spitzen tödlichen Zähne drückten sich schmerzhaft in seine Unterlippe, ohne dass er es bewusst merken. Es war wieder einmal an der Zeit. Er konnte sie riechen, bis hier her. Er konnte sie hören, auch über diese Entfernung hinweg. Leicht süßlich war der Duft, vermischt mit dem Gestank irgendeiner Droge. Er tippte auf Marihuana. Geräuschlos pirschte er sich durch die vielen kleinen Seitengassen, immer den Geräuschen hinterher. Dem Geräusch ihres schlagenden Herzens. Dem Geräusch ihres Atems. Sie würden ihn genau zu seiner Beute führen. Wie besessen rannte er in der Dunkelheit nur diesem einen Willen folgend. Immer von diesem stechenden Hunger angetrieben. Seine braunen Augen hatten sie schon längst entdeckt, als er katzengleich um die Ecke huschte. Nur schon bei ihrem Anblick verzehrte er sich nach ihr – ihrem Blut. Tief seufzend ließ sie eine Zigarette zu Boden fallen und drückte sie unter ihrem schwarzen spitzen Schuh aus. Sie trug einen kurzen dunklen Rock und ein eng geschnittenes Top, ohne BH. Augen und Lippen waren schwarz geschminkt, das Gesicht mit weißem Puder übertüncht. Ihre langen schwarzgefärbten Haare hatte sie mit einer einfachen Spange zusammen genommen und legten so ihren Hals frei. Ein schmerzhafter Fehler. Denn das steigerte sein Verlangen nur noch mehr und ohne jegliche Rücksicht packte er zu. Seine länglichen Hände griffen nach ihrer Schulter und eine vergrub sich in ihrem Haar. Schmerzhaft riss er ihren Kopf zur Seite und vergrub seine spitzen Zähne in ihrer weißen Haut. Die junge Frau war nicht einmal mehr zu einem letzten Schrei in der Lage und bevor sie überhaupt verstand erschlaffte ihr ganzer Körper. Nur noch das begierige Schlürfen des Angreifers war zu hören. Sein Hunger war vorerst gestillt. Genüsslich schloss er die Augen und verharrte einen toten Herzschlag so. Die junge Frau lag in seinen Armen wie ein kleines Kind, dem Tode geweiht. Die letzten Züge konnte er auskosten und das würde er auch tun. Ihr süßliches Blut war einfach wie berauschend, was nicht nur an ihrem Drogen Konsum lag. Sanft zog er seine Zähne wieder aus ihrem Hals und leckte über die Wunde, die er gerissen hatte. Es war das letzte bisschen Blut, das noch in ihr war, aber es sollte ihm für heute reichen. Diese Frau hatte schon mehr als genug für ihn getan. Sie hatte ihr Leben geopfert. Ein leicht trauriges Lächeln lag auf seinen Lippen, als er sie achtlos zu Boden fallen ließ. Es war ihm egal, von wem oder wann sie gefunden wurde. Er würde eh tief unter der Erde ruhen und auf die nächste Nacht warten. Solange, bis er dem Hunger nicht mehr standhalten konnte und von neuem auf Jagd ging. Ein neues Opfer suchen würde. Vollgefressen zog er sich wieder zurück in die Schatten, aus denen er gekommen war. Die Nacht war noch jung, was sollte er jetzt noch tun? Hunger hatte er jedenfalls nicht mehr. Und einfach töten, nur so aus Spaß, konnte er nicht. Denn aus genau diesem Grund war er seit 27 Jahren zu diesem Schicksal verflucht. Einfach, weil ein Vampir sich nicht mehr beherrschen konnte, und sieben Leute nach einander umgebracht hatte. Mit seinem Bruder war er damals dabei gewesen, aber nur er war der einzige, der als Vampir weiter existieren musste. Es war nicht schön, mitten in der Nacht wieder zu sich zu kommen, umgeben von Leichen, die du einmal gut gekannt hattest. Er wusste selbst nicht mehr, wann und wie er eigentlich begriffen hatte, was er nun war. Ob es die Sonne gewesen war, die seine Haut verbrannte hatte oder der plötzliche Durst auf Blut. Er strich mit einer Hand über die kalten Steine der Wand, die sich zu beiden Seiten diese Gasse in die Dunkelheit hinein zog. Mit der Zunge leckte er noch die letzten Tropfen Blut von seinen vollen Lippen. Selbst jetzt noch trieb ihn der pure Überlebenswille, den sonst nur lebende Wesen in sich trugen. Gelangweilt strich er sich einige seiner dunkelbraunen Haarsträhnen aus den Augen und blickte stur nach vorne. Seine Jeans war längst ausgefranst und an vielen Stellen zerrissen und auch das dunkelblaue Hemd, das er trug, hatte schon bessere Tage hinter sich. Erst jetzt viel ihm so richtig auf, dass er barfuss durch die Gegend lief. Überrascht schaute er auf seine Füße hinunter und legte den Kopf leicht schräg. Seit wann trug er den keine Schuhe mehr? Seufzend wurde ihm einmal mehr bewusst, dass sich mit dem Vampirdasein auch viele Empfindungen geändert hatten. Kälte nahm er schon längst nicht mehr wahr und auch so manches anderer störte ihn nicht mehr. Früher hatte er sich immer über Regen aufgeregte, heute begrüßte er ihn sogar. Dann suchten seine Opfer immer wieder an den gleichen Stellen Zuflucht. Womit sie ihr Todesurteil schon unterschrieben. Mit einem zögerlichen Lächeln dachte er an das kleine Mädchen, das er erst vor ein paar Nächten ausgesaugt hatte. Mit einer einfachen Geste hatte er ihr den Kopf abgerissen und ihr das Herz geraubt. Wenigstens konnte sie so nicht zu einem Vampir werden, dass hatte er ihr erspart. Wenn er so darüber nachdachte, waren durch seine Hand zwar schon viele gestorben, aber noch nie einer zu einem Vampir geworden. Leise seufzte er, während er um die nächste Ecke bog. Wieder eine dieser endlos langen Gassen, die im nichts verliefen. Wie lange mochte er jetzt schon hier entlang gegeistert sein? Nicht lang genug, entschied er, denn der Morgen war noch immer nicht näher gerückt. Deprimiert suchte sein Blick den Boden ab, ohne auf etwas zu hoffen. Plötzlich stutzte er. Was war das für ein Geruch? Er lag wie bittersüßliches Gift in der Luft und erhob sich sogar über den Gestank der Gosse. Es war Blut, aber von was für einem Wesen? Angst und Neugier kämpften in dem jungen Vampir, denn etwas sagte ihm, er sollte nicht weiter gehen. Er schluckte noch einmal, bevor er sich dafür entschied, nicht auf seine Angst zu hören. Irgendwo am Ende dieser Gasse musste es sein. Innerlich zitternd lauschte er in die Dunkelheit und hörte dieses stille, schwerer Röcheln. Angespannt setzte er einen Fuß vor den anderen und richtete den Blick immer in diese Richtung, in der er ihn vermutete. Sein Instinkt sagte ihm, dass es kein Mensch war, sondern ein Wesen, dass auch zu den nächtlichen Jägern gehörte. Gleichwohl stärker als er. Langsam erhob sich aus der Dunkelheit eine Silhouette, die sich eindeutig gegen die Wand lehnte. Mit einer Hand dagegen gestützt, bewegte sie sich nur sehr langsam weiter. Außer dem schweren Röcheln drang noch ein Geräusch an sein Ohr, das ihn erschaudern ließ. Es war das Geräusch von tropfendem Blut. Er kannte es nur zu gut und auch der starke Geruch lag zu deutlich in der Luft. Plötzlich leuchteten zwei goldene Augen in der Dunkelheit auf und fixierten ihn. Sie gehörten zu der Silhouette, die sich fortwährend auf ihn zu bewegte. Nur langsam wurden klare Umrisse sichtbar. „Wer bist du!“ Die tiefe Stimme durchbrach die Stille und jagte dem jungen Vampir einen Angstschauer über den Rücken. Mit jedem Schritt, den der Fremde auf ihn zuging, wich er weiter zurück. „Dummes Kind! Du kannst nicht vor mir fliehen, nicht so ein Schwächling wie du!“ Mit einem Mal packte der weit erfahrenere Vampir zu und zog den Kleinen an sich heran. Die goldenen Augen leuchteten finster auf und die weißen unendlich langen Haare fielen nach vorne über die Schultern. Der Vampir besaß ein leicht feminines Gesicht, längliche Augen und schmale Lippen, über die die weißen tödlichen Zähne ragten. Ein teuflisches Lächeln legte sich auf die Lippen des Weißhaarigen, als er bemerkte, wie der Jüngere zitterte. Der schwarze Mantel, den er trug, streifte den Boden und obwohl kein Wind wehte, blähte er sich leicht auf. „Ich habe dir eine Frage gestellt und ich warte nur ungern auf Antworten.“ Wie ein leises Donnergrollen klang seine Stimme, doch ihm war schon klar, dass er jetzt nichts erwarten konnte. Er war dem Blick des Kleineren gefolgt, und nun wurde sein Lächeln süffisant. Ein starkes Zittern ergriff den abgemagerten Körper des jungen Vampirs, als sein Blick auf die Kehle des anderen fiel. Dunkles, fast schwarzes Blut floss zäh aus einer tiefen Wunde heraus. Diese zog sich von einer Seite bis hinüber unter das linke Ohr und gab doch nichts frei. Langsam tropfte es auf das aus dunkelvioletten Fäden gewebte Hemd, und zog sich vom Kragen abwärts. „Was ist?“ Ohne große Vorsicht strich er mit seiner linken Hand über die tiefe Wunde und lächelte dabei finster vor sich hin. „Sag nicht, dass dich so eine Kleinigkeit schon umbringen würde. Dann solltest du nämlich lieber schnell von hier verschwinden.“ Seine rechte Hand ließ wieder den Arm des jungen Vampirs los und demonstrativ leckte er über die Blutbeschmierten Finger. „Hier ist kein Platz für Schwächlinge!“ Mit einer schnellen Bewegung drehte er sich um und blickte die Gasse hinunter. Jeder seiner Muskeln spannte sich an, ohne dass er es bewusst merkte. In seinen Ohren hallten ihre vielen Schritte wider, das Geräusch ihrer schlagenden Herzen und das hektische Atmen. Seine braunen Augen suchten verängstigt die kleine Gasse ab, auch er konnte gewisse Geräusche vernehmen, aber er war sich nicht sicher, was sie zu bedeuten hatten. Die Angst steckte in jeder Faser seines Körpers. Wer auch immer dieser Vampir war, er besaß Kräfte, die der Dunkelhaarige sich nicht einmal ausmalen konnte. Diese goldenen Augen, sie waren so tief und doch verrieten sie weder Gefühle noch Gedanken. Diese Stimme, wie konnte er eigentlich sprechen, immerhin mussten bei dieser Wunde doch auch seine Stimmbänder durchtrennt sein? Der Weißhaarige zuckte nicht einmal mit der Wimper, als plötzlich ein ganzes Dutzend Männer um die Ecke stürmten. Nichts weiter als ein diabolisches Lächeln verriet, dass er ihre Anwesenheit bemerkt hatte. „Ihr habt aber ganz schön lange gebraucht. Dafür, dass ihr MICH umbringen wollt, und nicht ich EUCH, lasst ihr euch aber ganz schön Zeit.“ Langsam richtete er sich zu voller Gestalt auf und griff mit seiner linken Hand an seine blutende Kehle. „Habe ich schon erwähnt, dass mein eigenes Blut wie eine Säure wirkt? Es zerstört alle lebenden Organismen, wenn es mit ihnen in Berührung kommt.“ Seine Bewegungen waren so schnell, dass nicht einmal der junge Vampir ihm mit seinen braunen Augen folgen konnte. In wenigen Sekundenbruchteilen hatte er in die Leiber seiner Verfolger tiefe Wunden geschlagen, die sich augenblicklich bläulich verfärbten und leicht schämig wurden. Die Männer schrieen auf und wanden sich unter Schmerzen. Doch das tiefe Lachen des Weißhaarigen übertönte ihr Geschrei bei weitem und genüsslich leckte er über seine mit ihrem Blut beschmierten Finger. „Ich habe euch doch gesagt, dass ihr euch nicht mit einem Vampir wie mir einlassen sollt. Aber wenn ihr alle nicht hören wollt, kann ich auch nichts dafür.“ Sein schwarzer Mantel wehte leicht in einem aufkommenden Windzug. Ruhig stand er hinter den sterbenden Männern und verschränkte lässig seine Arme vor der Brust. „Sie sind nichts weiter als Gesindel, genau wie du!“ Seine goldenen Augen richteten sich auf seinen Gegenüber, der völlig perplex mit Angstgeweiteten Augen auf das Szenario starrte. „Du wärst für sie ein gefundenes Fressen gewesen, aber nun enden sie selbst als eines.“ Mit einer Handbewegung deutete er auf die sich nun noch kaum mehr rührenden Männer zu seinen Füßen und lächelte wissend. „Ja meine Kleinen, heute ist wieder Fütterungszeit.“ Der unfreiwillige Zeuge beobachtete erstaunt, wie sich plötzlich schwarze Punkte um die Füße des mächtigen Vampirs sammelten. Es wurden immer mehr und langsam breiteten sie sich in Richtung der Toten aus. Wie ein Meer aus schwarzen Wattebäuschen schwirrten sie über den Boden und machten sich über die frischen Leichen her. Lautlos zerlegten sie das sterbende Gewebe, denn biologisch waren sie immer noch am Leben. Schnell hatten sie das warme Fleisch von den Knochen genagt und machten sich über ihre Lieblingsspeise her, das Knochenmark. Sie brachen mühelos die harte Schale auseinander und machten sich über dessen weichen Inhalt her. „Sie sind ganz nützlich, wenn du Leichen schnell verschwinden lassen willst.“ Luzifer lächelte und blickte fast schon mütterlich auf das Gewusel zu seinen Füßen herunter. „Wie ich sehe, hast du überhaupt keine Ahnung. Aber egal. Das einzige, was du über diese kleinen Monster wissen musst, ist, dass sie dir, ohne dass du es weißt, schon oft geholfen haben. Immer wenn du aus deinem dreckigen Loch herauskommst und deine Opfer suchst, immer wenn du nur noch blutleere Leichen zurück lässt, dann kommen sie und löschen deine Spuren aus.“ Langsam hob er den Blick und schaute den jungen Vampir tief in die Augen. Er konnte dessen Angst deutlich spüren. Plötzlich stutzte der erfahrene Blutsauger. Konnte es etwa sein, dass der Kleine vor ihm, genau wie viele andere Vampire seiner Art, von einem Virus befallen war? Tja, dann wäre es sein Todesurteil. „Sag mal Kleiner, kann es sein, dass dir manchmal unerwartet schwindlig wird?“ Überrascht über diese Frage schaute der junge Vampir auf. Er zitterte am ganzen Leibe und hatte bisher entsetzt dem Gewusel zu seinen Füßen zugeschaut. Stumm nickte er, denn im Moment war er nicht zu einer richtigen Antwort fähig. Langsam öffnete er den Mund, doch anstatt etwas zu sagen schluckte er seine Worte wieder herunter. Unsicher huschte sein Blick zurück zur Erde. Luzifer dachte über diese Antwort nach. Er war eindeutig davon infiziert, aber irgendwie sah er zu gesund dafür aus. Er hatte seinen Blick ebenfalls auf das schwarze Getümmel gerichtet und ging nun in die Hocke. „Na, meine Kleinen, hat es euch geschmeckt?“ Er lachte laut, als die kleinen dunklen Wattekugeln um seine Handgelenke wuselten und zärtlich in seine Finger bissen. „Doch der beste Leckerbissen kommt noch. Irgendwann dürft ihn euch auch an Redford laben!“ Das Gewusel um ihn herum betrachtend dachte er über seine eigenen Worte nach. Der junge Vampir war eindeutig vom Virus zerfressen, aber gleichzeitig schien er gesund wie nie zu sein. Es gab wohl nur eine Möglichkeit, die Wahrheit herauszufinden. Mit einer einfachen Geste seiner rechten Hand trieb er die schwarzen Minidämonen auseinander. „Wie heißt du?“ Langsam erhob sich der Blutsauger und richtete auch seinen Blick auf den Jungen. Doch dieser wich nur noch ein Stück weiter von ihm fort und senkte sofort den Kopf. Luzifer beobachtete das merkwürdige Verhalten des Jungen skeptisch, er hatte schon eine schlechte Vorahnung, was in diesem vor sich ging. „Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich höchst ungern auf Antworten warte!“ Verärgert zog er seine Augenbauen zusammen und fixierte mit seinen goldenen Augen den um so vieles Jüngeren. Angst stieg in dem unerfahrenen Blutsauger auf, schnürte ihm die Kehle zu und ließ ihn noch einmal erschaudern. Dieser wütende Blick, das würde nicht gut enden. Panisch drehte er sich um und rannte so schnell er konnte die Gasse zurück. Sein Herz schlug bis zum Halse, als er augenblicklich um die nächste Ecke bog und weiter hastete. Selbst mit seinen geringen Vampirkräften war er so schnell, dass alles um ihn herum zu verschwimmen schien. Plötzlich packte ihn der Weißhaarige am Arm und zog ihn bei voller Geschwindigkeit zurück. Schreiend gab dessen Kugelgelenk nach und die gesamte Schulter brach mit einem Knacken aus. Tränen sammelten sich in den Augenwinkeln des Kleineren und liefen über seine geröteten Wangen. Vorsichtig versuchte er sein Gleichgewicht wieder zu finden, ohne seinen linken Arm dabei zu bewegen. Nur den entsetzlichen Gedanken, dass sein Angreifer eben noch ein ganzes Stück hinter ihm gewesen war, konnte er nicht begreifen. Leise wimmern blickte er auf. Luzifer lächelte den jungen Vampir nur diabolisch an. „Hör zu, Kleiner, ich habe dir auch schon einmal gesagt, dass du mir nicht entkommst. Warum glaubst du es mir nicht einfach?“ Er drückte den ausgerenkten Arm noch ein Stück weiter auf den Rücken und lauschte den Schmerzensschreien. Wenige Herzschläger später ließ er den Jungen einfach zu Boden fallen. „Vielleicht bist du jetzt ja etwas gesprächiger! Wie ich schon sagte, ich habe nicht viel Geduld zum Warten!“ Langsam beugte sich der Weißhaarige vor und ging schließlich in die Hocke. Seine Haare fielen über die Schultern und strichen leicht den Jüngeren. „Also noch mal von vorne. Wer bist du?“ Diesmal würde er keine Rücksicht auf den Gemütszustand des anderen nehmen. Vorhin hatte er noch mal ein Auge zugedrückt, aber jetzt reichte es ihm. Außerdem fand er den Kleinen doch recht interessant. Zitternd lag der junge Vampir auf dem kalten Steinboden. Er wusste genau, dass an dieser Stelle alles vorbei sein konnte. Der Schmerz seiner Schulter ließ kaum noch einen klaren Gedanken zu und so entschied er sich, einfach das zu tun, was von ihm verlangt wurde. „Ich bin ein Vampir.“ Seine Stimme war ein Flüstern, bebend und die Angst nicht mehr versteckend. Luzifer lachte leise. Als ob er das nicht schon gewusst hätte. „Das weiß ich doch!“ Langsam strich er mit seinen Fingern über die Stirn des Kleineren. Seine goldenen Augen ruhten auf ihm und mit einem Lächeln zog er dessen Kinn nach oben. „Also, nun möchte ich aber auch etwas erfahren, was ich noch nicht weiß! Wie heißt du?“ Das hätte er sich aber auch denken können. Doch wie sollte er eine Frage beantworten, für die er die Antwort nicht kannte. Als er in die goldenen Augen blickte, bemerkte er zum ersten Mal ihre hypnotische Wirkung. Er achtete nicht mehr auf die Schmerzen und jeglicher Gedanke wurde wie von selbst zur Seite geschoben. Noch bevor er selbst wusste, was geschah, entflohen die Worte seinen Lippen. „Ich habe keinen Namen.“ Seufzend zog er seine Hand wieder zurück, wobei das Kinn des anderen schmerzhaft auf den Boden zurück sank. Elegant erhob sich der weißhaarige Vampir und verschränkte die Arme. „Du hast also keinen Namen! Und warum sagst du mir das nicht gleich?“ Er hatte wirklich noch seine Kräfte einsetzten müssen, um an die gewünschte Antwort zu kommen. Nur allein das ärgerte ihn. Sein kalter Blick lag auf dem Namenlosen, doch innerlich grübelte er fieberhaft darüber nach, ob es sich wirklich lohnen würde. Wenn der Kleine von dem Virus befallen war, wäre er das perfekte Versuchsobjekt. Plötzlich packte er zu und zog den jungen Vampir wieder auf die Füße. Auf dessen Zittern achtete er nicht mehr und griff stattdessen nach seinem Handgelenk. Mit einem schnellen Zug seines Daumennagels riss er die Innenseite auf, unter der die vielen lebenswichtigen Adern flossen. Ein schmerzerfüllter Schrei zerriss die Stille, doch da er ihn immer noch am Kragen fest hielt, war es ihm egal. Noch einmal strich er mit seinem Finger über die Wunde, die nun frisch blutete, und ließ den Jungen unerwartet zu Boden stürzen. Ein gehässiges Lächeln lag auf seinen Lippen, während er die Blutbeschmierten Finger zu diesen führte. Kurz legte er mit seiner Zunge das Blut ab und blickte selbstsicher auf den Kleineren hinunter. Er hatte den letzten Beweis gefunden. Der Schwächling vor ihm war wirklich krank. Genüsslich beugte er sich zu ihm herab und vergrub seine rechte Hand in dessen dunklen Haaren. So zog er den Kopf zurück, um ihm direkt in die Augen sehen zu können. „Ich mache dir einen Vorschlag.“ Bei seinen Worten legte er die freie Hand an dessen ungeschützten Hals und stieß sacht seine scharfen Nägel in die weiche Haut. „Entweder töte ich dich hier auf der Stelle, qualvoll und langsam, oder du schwörst mir, dich widerstandslos in meine Dienste zu stellen!“ Ein diabolisches Lächeln lag auf seinen Lippen. Der Kleine zitterte wie Espenlaub und schon jetzt stand fest, für was er sich entscheiden würde. Denn so dumm war der unerfahrene Vampir auch nicht, das er sich die Qual nicht ausmalen konnte. Zufrieden ließ er sein Opfer frei, als dieses die gewünschte Antwort gab. Nun hatte er seit langem wieder ein vernünftiges Versuchskaninchen. Kapitel 2 --------- Kapitel 2 Angst durchzog ihn, ließ ihn zittern, sich widerstandslos auf die Beine ziehen. Der Schmerz auf seiner Stirn vertrieb die restlichen Gedanken, frisches dunkles Blut lief seine Wangen herunter, war zuvor seine Schläfen entlang geflossen und ihm teils in die Augen getropft. Halb ohnmächtig wurde er von einer starken Hand mitgezogen. Das Bild der kalten Steinwände verschwamm vor seinen Augen, wurde zu einem einstimmigen Schwarz, bis er sie schlussendlich ganz schloss. Die Kälte, die tief in seinem Herzen geruht hatte, breitete sich mit jedem Schritt weiter aus, wurde von Angst und Unsicherheit unterstützt. Seine rechte Schulter schmerzte immer noch unerträglich, sein Arm hing schwer herab. Der metallene Geschmack von Blut begann seinen Gaumen zu betäuben und den jungen Vampir würgte leicht. Ihm war schlecht, eine schreckliche Übelkeit ergriff ihn, doch gleichzeitig fühlte er sich zu schwach, um sich ihr hinzugeben. Erbärmlich, das war sein einziger Gedanke. Es war so typisch, so erwartet, dass es schon fast wieder unreal wirkte. Der Kleine stellte aber auch wirklich jeden Vorwurf zur Schau, den diesen Gossenkindern nur vorgeworfen werden konnte. Er schüttelte den Kopf. Was hatte ihn nur dazu getrieben, seinem Verlangen nachzugeben. Ungerührt zerrte er den jungen Vampir mit sich, konnte ein stilles Lächeln nicht verhindern, als er bemerkte, wie dieser die Augen schloss. Das war nun eben der Preis dafür, und wenn er das schon nicht aushielt, war er sowieso verloren. Denn das, was ihn erwarten würde, war hiermit nicht zu vergleichen. Unsanft zog er den Dunkelhaarigen in seine Arme und hob dessen Kinn an. Das Blut war mittlerweile von der Stirn bis zum Hals herunter gelaufen. Schnell beugte er sich zu ihm herab und küsste flüchtig den roten Saft aus einem der Augenwinkel. Erschrocken zuckte er unter dieser Berührung zusammen. Alles war so schwer, dass er nicht einmal mehr dazu im Stande war, seine Augen zu öffnen. Er war sich sicher, nur wieder in diese tiefen, von kühlem Ernst beherrschten Augen zu blicken. Langsam verschwammen die Geräusche um ihn herum in einem einzigen undefinierbarem Brummen. Alle seine Sinne schienen sich aufzulösen, bis er nichts weiter als dem dumpfen Schmerz spürte, der in jeder Faser seines Körpers steckte. Ob er ging oder stand bekam er schon gar nicht mehr mit. Den stetigen Zug, mit dem er von seinem jetzigen Herren mitgezerrt wurde, war wie eine ferne Erinnerung verblasst. Das kühle Blut auf seiner Haut, den feuchten Boden unter seinen Füßen, all das existierte nicht. Nicht in diesem Augenblick. Mit einem ernsten Blick quittierte Luzifer, wie der Junge in seinen Armen zusammen sank. Erschöpfung und Schmerz hatten diesem die letzte Kraft geraubt. Nun gut, bevor er hier noch bis zum Morgengrauen durch die Straßen wanderte, entschloss er sich für die schnellste Möglichkeit. Sein Griff wurde fester, während sich eine tiefe Dunkelheit um die beiden herum ausbreitete. Immerhin war er einer der mächtigsten Vampire, und schon im nächsten Herzschlag waren sie verschwunden. --- Warmes Licht flutete die Eingangshalle, zog lange Schatten in den Ecke und an den Wänden entlang. Der breite Gang glich eher einer Halle, mit dem nach oben hin geöffneten zweiten Stockwerk, das durch eine einfache Treppe mit dem Erdgeschoss verbunden war. Überall an den Wänden hingen alte Kerzenhalter, in denen die flackernden roten Wachskerzen brannten. Das Geräusch von wild klopfenden Herzen, rasendem Atem und erschrockenen Bewegungen drang an seine Ohren. Verwundert blickte er den Gang hinunter und überlegte, was geschehen sein könnte. Sanft setzte er den jungen Vampir an der Treppe ab, lehnte ihn an die Wand und richtete sich wieder auf. Sein Verdacht würde sich höchstwahrscheinlich eh bestätigen. Es ärgerte ihn, dass er hier anscheinend sagen konnte, was er wollte. Es hörte ja eh keiner auf ihn. Seine weißen Haare wurden bei seinem fließenden Gang nach hinten gestreift, sein schwarzer Mantel fiel zu Boden. Innerlich hoffte er, sich dieses Mal noch beherrschen zu können. Immerhin waren es nichts weiter als verletzliche schwache Menschen, mit denen er sich herumschlagen musste. Lautlos schritt er den bordeauxfarbig tapezierten Flur entlang passiert einige Türen, bis er schließlich in einem abzweigenden Gang zum stehen kam. Er konnte die Angst deutlich spüren, die die junge Frau zum Zittern brachte. Wütend stieß er die schwere Holztür auf und betrat den weiten Raum. Sein Blick schweifte durch die kleine Küche, strich den hölzernen Tisch, die Öfen und Becken an den Wänden und der Mitte. Sie waren durch hölzerne Arbeitsflächen von einander getrennt, wurden von mit stählernen Töpfen bestellten Regalen überthront, und verbargen geräumige Schublanden unter sich. Er wusste, dass sie hier waren. Ihr Duft erfüllte die gesamte Luft, das Klopfen ihrer Herzen, das Rauschen ihres Blutes hallten in ihm schallend nach. Geschmeidig bewegte er sich über die kühlen Kacheln des Bodens und strich mit der Hand an einer Platte entlang. Dieser Raum war für ihn klein, doch für andere war er groß wie eine halbe Wohnung. Seine goldenen Augen richteten sich auf die Rothaarige, die sich zitternd hinter der Einrichtung in der Mitte versteckte. Ihre langen Haare bedeckten den nackten Rücken, ihr blaues Kleid war bis zu den Hüften herunter geschoben. Schwarze Strähnen verbargen ihr Gesicht und die Brust. Ungläubig blinzelte er, bevor ein tiefes Knurren seiner Kehle entfloh. Das durfte doch jetzt nicht wahr sein. Wütend packte er zu, zog die Rothaarige an ihrem Schopf zurück und funkelte sie an. „Wie oft habe ich es dir jetzt schon gesagt?“ Ängstlich starrten ihn die grauen Augen an, schmerzlich verzog sich ihr Mund. Ein entsetzter Schrei entfloh der Schwarzhaarigen, die bis her sicher in den Armen ihrer Geliebten verborgen war. „Bitte nicht, Herr, es war nicht ihre Schuld!“ Auch sie war nur noch zur Hälfte bekleidet und deutlich waren rötliche Verfärbungen an ihrem Hals zu erkennen. Bei andern auch als Knutschflecken bekannt. „Ach ja...“ Nun fixierte er das andere Mädchen mit einem eiskalten Blick. Er ließ die Rothaarige los, holte aus und hallend knallte er dem jungen Mädchen eine. „Es war also nicht ihre Schuld?“ Zitternd war die Geschlagene zu Boden gesunken, spürte die Gänsehaut, die sich auf ihrem Oberkörper ausbreitete, als ihre nackte Haut die kalten Fliesen berührte. Noch bevor er weiter sprechen konnte, war Viktoria vor die Schwarzhaarige gerutscht, hatte die Arme weit ausgebreitet und blickte ihn flehentlich an. Sie verwehrte ihm die Möglichkeit ihrer Freundin noch mehr Leid zuzufügen. Langsam ließ er sich zu ihr auf den Boden sinken, sah ihr tief in die grünen Augen und hob ihr Kinn an. „Du willst sie also beschützen...“ Ein höhnisches Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Aber du weiß doch am besten, dass man mit einem Vampir wie mir nicht spielen soll.“ Sanft strich er ihren Hals entlang über ihr Schlusselbein und legte dann seine kühle Hand auf ihre rechte Brust. Erschrocken weiteten sich ihre Augen, spürte, wie die Angst ihr die Kehle zuschnürte. „Ich bitte dich, du sitzt hier halb nackt und flehst mich um Vergebung an.“ Den Rest des Satzes ließ er unausgesprochen, hörte dabei, wie die Schwarzhaarige ungläubig nach Luft rang. Auch sie hatte die Zweideutigkeit herausgehört. Plötzlich wurde Viktoria nach hinten gezogen. Sanft hatten sich die schlanken Arme ihrer Freundin um ihren Bauch gelegt und sie in ihre Arme gezogen. Die grauen Augen blickten entschuldigend, flehend und doch nichts bereuend zu dem Vampir auf. Sie hatte ihren Kopf auf die Schulter Viktorias gelegt und hielt sie immer noch besitzergreifend fest. Seufzend richtete sich Luzifer wieder auf. Seine goldenen Augen hatten die beiden beobachtet und nun war ihm die Lust daran vergangen. „Du solltest es dir wirklich zu Herzen nehmen, Viktoria. Ich kann nicht dafür garantieren, dass du noch lange selbiges besitzt.“ Es war nicht das erste Mal, dass er die junge Küchenhilfe hier erwischte. Doch dass sie nun mit Bianca am Gange war, verwundert ihn doch. Es war weniger der Grund, dass Bianca eine junge Frau war, als die Tatsache, dass die beiden sich noch vor wenigen Stunden am liebsten gegenseitig massakriert hätten. Noch einmal funkelte er die beiden wütend an, bevor er sich elegant abwand. In der Tür verharrte er noch ein letztes Mal, doch sein Blick fiel nicht mehr zurück. „Kümmert euch um das bisschen Elend auf der Treppe. Ich werde mich zurückziehen!“ Ein finsteres Lächeln lag auf seinen Lippen. Nun konnte er erneut die Ruhe genießen, die ihm seit Kindestagen die Dunkelheit beschert hatte. Schon bei diesem Gedanken spürte er, wie sich seine Muskeln entspannte, sein Herz kräftiger, aber in einem viel langsameren Rhythmus zu schlagen begann und seine Sinne wie von einem leichten Nebel belegt wurden. Auch er musste sich gelegentlich die Zeit gönnen, seinen Körper zu schonen, sich zu ordnen und seine Kraft wieder zu finden. Ungerührt war er die Gänge entlang geschritten, hatte er eine große Tür passiert und die dahinterliegende Treppe hinter sich gelassen. Nun war er in seinem privaten Domizil angelangt. Seine goldenen Augen huschten über den schwarzen Sarg, der hinter einer der fünf Türen verborgen lag. Doch diese war offen, ließ zu, dass er den matten Schimmer der Holzstruktur mustern konnte, die silbernen Beschläge und die vielen gelöschten Kerzen an den Wänden. Es war ein wirklich edler Sarg, doch er suchte ihn nur noch selten zum Schlafen auf. Mit den Jahrhunderten hatte er seine Angewohnheiten geändert, bevorzugte er ein ganz gewöhnliches Bett, dass auch noch andere Vorteile hatte. Ein lüsternes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Ja, es hatte noch andere, wichtige Vorteile. Doch heute würde er wieder dort nächtigen. Die tiefe unstörbare Ruhe, er verlangte einfach nach ihr, der Schutz, den ihm nur sein Sarg bieten konnte. Doch noch war es nicht soweit, der Morgen war fern und an diesem waren auch keine wichtigen Verpflichtungen zu erledigen, die er nicht verschieben konnte. Der Kleine hatte sich vollgefressen, er würde den nächsten Tag durchschlafen und auch seine Verfassung versprach nicht gerade, dass er frühzeitig erwachte. Eines musste er Viktoria doch lassen, es war wohl der einzige Grund, dass er ihr noch nicht ihren hübschen Hals zerbissen hatte. Dieses Mädchen verstand es, mit Vampiren umzugehen. Sie kannte keine falsche Angst oder gar unpassende Vergebung. Die junge Frau hatte keinen Laut von sich gegeben, als er eben kurz davor war, ihr die Kehle durchzureißen. Andererseits konnte er sich vor Wut kaum beherrschen, hatte er ihr doch schon so oft verboten, sich in gewissen Räumen gewisser Beschäftigungen hinzugeben. Bianca dagegen war eine ganz andere Frau. Wenn er so darüber nachdachte, musste er sich eingestehen, dass er sie zwar hübsch aber nicht attraktiv fand. Sie war ihm zu schüchtern, auch wenn sie einen starken Charakter besaß. Das die beiden nun doch eine engere menschliche Verbindung eingehen wollten, wunderte ihn langsam nicht mehr. Die beiden waren wie für einander bestimmt. Der arme Redfort. Nicht nur, dass er jetzt gerade wohl dabei war, sich durch ein Labyrinth von Dunkelheit und Angst zu schlagen, nein, wenn er jemals erfahren würde, wer dieses Haus so alles bewohnte,… Leise schüttelte er den Kopf. War die Kirche doch so gegen gleichgeschlechtliche körperliche Verbindungen. Und natürlich gegen Vampire. Seine Hand fasste so stark nach dem Türgriff, dass dieser beinahe seine geschwungene Form verlor, als das schallende Lachen in hundert Fassetten von den Wänden zurück geworfen wurde. Tränen aus rotem Blut stiegen dem jungaussehendem Mann in die Augen und färbten den weißen Hof der goldenen Iris rot, trübten den Glanz in ein mattes Glimmen. Wie lange mochte es nun schon her sein, dass er sich den Zorn diese Kindskopfes auf sich gezogen hatte? Jahrzehnte? Sein Lachen verstarb nicht, sein Griff wurde fester und das Metal unter seinen Fingern gab nach. Die Zeit verging, während sich das ganze Gewölbe mit dem widerhallenden Gelächter füllte. Wie lange er dort stand und einfach nur lachte, wusste er nicht mehr. Er wischte sich die Tränen von den Wangen und sog erschöpft die Luft ein. Es war nur eine von vielen Angewohnheiten, die er besaß. Mit geröteten Wangen stieß er die Tür auf, strich kurz mit den Fingerkuppen über den Knauf und gab ihm seine normale Form zurück. Nur allein schon der Gedanke, warum der Priester ihn so hasste, löste in ihm ungeahnte Freude aus. Es war selten, dass der alte Vampir so lachte, doch bei diesem Thema konnte er sich nicht mehr beherrschen. Es war ihm egal, ob seine Stimme auch die sich über ihm befindenden Etagen zum Beben gebracht hatte. Er trat in den großen Raum ein, blickte die kleine Treppe hinunter, auf der er sich nun befand und lächelte vergnügt. Er war wieder zu Hause, dass spürte er. Langsam schritt er die wenigen Stufen hinab und wandte sich gleich einem schmalen, aber langen Tisch in der Mitte des Raumes zu. Hier war die Decke wirklich ein Gewölbe, ausgehöhlt mit langen, sich nach oben ziehenden Säulen, die sich in den vielen Deckenkuppeln trafen. Unzählige Geräte seltsamster Art standen dort, aber auch Mikroskope, Bunsenbrenner, kleine Glassschälchen, Pinzetten, Pipetten, Reagenzgläser in ihren Ständern, und und und. Es war ein Sammelsurium ohne Gleichen. Natürlich, ein wissenschaftliches Institut war noch berauschender ausgestattet, aber das hier war schon atemberaubend. Seine Augen waren zwar meist so scharf, dass er auf die Mikroskope verzichtete, doch alles konnte er nicht sehen. Zufrieden trat er an den Tisch, warf einen Blick in ein eines der Schälchen und nickte bestätigend. Es gab so viel, dass man mit dem Blut eines Vampirs anstellen konnte, … Ein glücklicher Seufzer entfloh ihm, als er darüber nachdachte. Nur allein schon die Tatsache, wie es sich in Verbindung mit natürlichem, menschlichen oder pflanzlichen Blut verhielt, war erstaunlich. Dazu kam es auch noch darauf an, von welcher Art Vampir es stammte, wie alt er war und manchmal sogar, welchem Geschlecht er angehörte. Menschliches Blut dagegen war immer gleich. Nur wenn es von Krankheiten zersetzte war, konnte das Ergebnis schwanken. Adis zum Beispiel war eine Krankheit, die dem Weißhaarigen besonders gefiel. Sie kam gleich nach Krebs, zwei Dinge, vor denen sich Mensche besonders fürchteten. Er beugte sich über eines der Mikroskope und schaltete das Licht ein. Leicht angewidert verzog er den Mund. Na toll, damit hatte er nun ganz und gar nicht gerechnet. Von den Fleischzellen war nichts weiter als eine leicht bitter riechende Flüssigkeit übrig geblieben, in der nur noch vereinzelt einige winzige Stücke schwammen. Verdammt, dabei hatte er nun schon die extra junges Blut genommen. Er richtete sich wieder auf, spreizte die Finger der rechten Hand, die er mit der Innenseite noch oben hielt. Ein aufgeschlagenes Buch erhob sich von einem weit außen stehenden Pult und legte sich in seine fordernde Hand. Seine goldenen Augen huschten über die Notizen auf den beiden offenen Seiten und grübelnd zog er die Stirn in Falten. „Türken!“ Brummte er verärgert und zog einen Stift wie aus dem Nichts hervor. Schnell glitt die Feder über das raue Papier und er fügte seine ernüchternde Feststellung hinzu. Türkische Vampire besaßen nun allen Anscheins nach ein Blut, dass in welcher Konsistenz, welchen Alters auch immer, höchst zersetzend wirkte. Mürrisch schlug er das Buch zu und legte es neben sich auf den Tisch. Das konnte doch wirklich nicht angehen, er warf erneut einen Blick in das Mikroskop und knirschte mit den scharfen Zähnen. Anscheinend gab es in dieser Richtung wirklich nichts Neues mehr. Europäer und die anliegenden Länder würde ihm nichts weiter wissenswertes in dieser Hinsicht bieten können. Nun gut, wenn auch dieser Versuch fehlgeschlagen war, konnte er sich seinem anderen Experiment widmen. Denn immerhin veränderte sich der menschliche Körper ja, wenn er zum Vampir wurde. Wie weit konnte man mit dieser Mutation andere Dinge beeinflussen? Lächelnd trat er vor ein brutkastenähnliches Glassgefäß. Bis her war er ziemlich zufrieden mit dem Verlauf, dem Wachstum seines Experimentes. Es gab so viele ethnische Gründe, diese Sünde nicht zu begehen, aber keiner von ihnen störte Luzifer im Geringsten. In einer leicht gelblichen Flüssigkeit schwamm ein erst drei Monate alter Fetus. So alt war bisher noch keines der Experimente geworden. Ein kaltes Funkeln lag in seinen Augen, als er auf das kleine heranwachsende Leben schaute. Seit Jahren versuchte er schon in der Eizelle die Mutation zu beginnen. Bisher hatte er zwar noch kein Leben hervorbringen können, aber so manche interessante Entdeckung gemacht. Er war sich sicher, dass auch dieser Fetus nicht mehr lange leben würde, geschweige denn jemals lebensfähig sein würde. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis auch dieser sterben würde. Das Geheimnis lag tief in der DNS des Menschen versteckt und auch, wenn er es kannte, konnte er doch nichts dagegen tun. Ängstlich kauerten die beiden jungen Frauen am Boden der Küche. Auch nachdem Luzifer verschwunden war, beherrschte sie die Angst so erdrückend, dass sie es nicht fertig brachten, sich zu erheben. Bianca hatte ihre Arme immer noch fest um ihre Freundin geschlungen und diese ihrerseits sich eng an sie geschmiegt. Bis durch die kalten Kacheln drang das Lachen des Vampirs hinauf und ließ das Blut der beiden gefrieren. Vorsichtig blickte Viktoria in die grauen Augen ihrer Freundin und lächelte. Sie lebten und dass war doch mehr, als sie zu Anfang erwartet hatte. „Vielleicht sollten wir uns einen andern Platz suchen!“ Sie zwinkerte der Schwarzhaarigen zu und löste sich aus deren Umklammerung. Sanft zog sie den weichen Stoff des Kleides wieder empor und strich Bianca die Ärmel über ihre Arme. Nickend beugte sie sich vor, genoss die zärtliche Berührung und schloss die Augen, während Viktoria ihr die Haare nach vorne strich, um den Reisverschluss zu schließen. Es war ärgerlich, dass ihr Herr schon so früh zurück gekommen war, doch ändern konnte niemand etwas daran. Nun war es an Bianca, das blaue Kleid der jungen Frau wieder so zu richten, wie es zu Beginn ihres leidenschaftlichen, so abrupt unterbrochnen Spieles gewesen war. Dieser Aufgabe kam sie ebenso behutsam nach, wie es Viktoria zuvor bei ihr getan hatte. Leicht spiegelte sich die Trauer in ihren grauen Augen und ein wenig mürrisch lächelte sie. „Dann wollen wir doch mal sehen, wer dieses bisschen Elend ist.“ Sie zog sich an der Platte hoch und streckte der Rothaarigen ihre Hand entgegen. Als auch diese wieder auf ihren Beinen stand, schritten die beiden stumm aus der Küche. Keine von ihnen wagte es, noch einmal zurück zuschauen. Das mächtige Herzklopfen wollte sich immer noch nicht beruhigen und innerlich betete Bianca, dass die feinen Ohren Luzifers nicht darauf achteten. Die Stille, die sich um die zwei gelegt hatte, ließ ein unwohles Gefühl an die Stelle treten, an der eben noch die bloße Angst gestanden hatte. Schnell hatten sie die Eingangshalle erreicht und verwundet blickten sie im Schein der Kerzen auf den jungen Vampir herunter. Viktoria kicherte, als sie sich zu dem Dunkelblonden herunter beugte. „Na, das ist ja mal was Neues. Der Kleine ist völlig fertig mit der Welt.“ Ihre rechte Hand hob sein Kinn an, ließ es dann wieder sinken und strich ihm einige kleine Locken aus dem Gesicht. „Schlecht sieht er ja nicht aus.“ Musste die junge Frau zugeben. Amüsiert legte Bianca ihre Hände auf die Hüften der jungen Frau, sie hatte sich hinter diese gestellt und beugte sich nun über sie. Leise flüsterte sie ihr ins Ohr. „Muss ich jetzt eifersüchtig werden? Außerdem ist er doch noch ein halbes Kind!“ Sie konnte nicht anders, schmiegte sich an den warmen Körper und schloss die Augen. Die Rothaarige grinste, so etwas konnte nur von Bianca kommen. Vorsichtig richtete sie sich auf, griff nach ihren Händen und zog sie fest an sich. Dabei legte sie ihren Kopf an den ihrer Freundin und küsste flüchtig ihre Wange. „Nein, brauchst du nicht. Ich hab es nicht so mit Vampiren, und schon gar nicht mit Kindern!“ Beide hatten schnell erkannt, wie jung der namenlose Vampir war. Winzige, kleine Dinge waren es gewesen, die es ihnen verraten hatten. Es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder von einander lösten und Viktoria lächelte die Schwarzhaarige vielsagend an. „Nachdem wir diesen Kleinen hier ins Bett gebracht haben, können wir uns ja einen andern Platz suchen, und da weiter machen, wo wir eben aufgehört haben!“ Kapitel 3 --------- Sodalle, da du die einzige bist, die mir hier ein liebes Kommi hinterläst, ist dieses Kapitel auf eine Weise auch nur für dich, liebe Jenki. ^.^ Übrigens, wegen dir mache ich mittlerweile unmengen von Absätzen. Das macht mir echt Angst.... *lol* Kapitel 3 Regen. In Strömen ergoss er sich über die Straßen, überzog die fahlen Lichter mit einen unheimlichen Schleier. Zwischen den ungleichen Kopfsteinen entstanden rasch Pfützen und tränkten die kleinen Gassen mit ganzen Meeren. Eine kühle Briese strich um die Häuser und ließ ihn kurz aufschauen. War da ein Geräusch gewesen? Unsicher funkelten zwei violette Augen in die Dunkelheit. War da nicht ein Herzschlag gewesen? In solchen Dingen täuschte er sich doch nie. Langsam ließ er seinen Blick wandern, suchte in all den kleinen Verstecken in diesen Straßenschluchten. Wenn hier jemand war, würde er ihn finden, dass war klar. Doch da war niemand. Ungeduldig tauchte er mit seinen Sinnen in die Dunkelheit, er wusste, was er gehört hatte. Es war ein vertrauter Herzschlag gewesen... doch wem auch immer er gehört hatte, dieser jemand war verschwunden. Verärgert krallten sich die Fingernägel in sein eigenes Fleisch, die vollen Lippen verzogen sich zu einem spitzen Knurren. Blut sammelte sich in seinen Handflächen, kühl legte es sich um seine Finger, rann in die geballten Fäuste und tropfte heraus. Wer es auch immer gewesen war, dieser Fremde war ihm entkommen. Etwas, dass ihm überhaupt nicht gefiel. Wut machte sich in ihm breit, die violetten Augen flammten unter seinem Zorn auf, funkelten wie Rubine im Mondschein und durchbrachen die Finsternis. Immer wieder hallte das Geräusch in seinen Ohren wider. Dieser eine Herzschlag. Er jagte nun schon zu lange, um sich so etwas entgehen zu lassen. Nur langsam drang in sein Bewusstsein, was er da gerade tat. Ohne sich auch nur im Ansatz zu beruhigen blickte er auf die kräftigen Hände herunter, die blutig rot schimmerten. Konnte er den nicht einmal darauf Acht geben? Ein schiefes Lächeln zog sich über die verstimmten Züge. Nein, und das wusste er. Ein eiskaltes Gefühl ergriff seine schwarze Seele. Ein bekannter Duft legte sich in seine Nase. Oh ja, jetzt wusste er, wer dieser „Fremde“ gewesen war. Tief sog er die Luft in seine toten Lungen, schloss genüsslich die glühenden Augen und spürte das Lachen, das sich unaufhaltsam heraufdrängte, seinen Lippen, seiner Kehle entfliehen wollte. Wie Feuer brannte es in seinen Adern, diese Lust. Schallend brach seine Stimme die Stille, donnerte von den Wänden wider und erhob sich über das Rauschen des Regens. In schierer Vorfreude zog sich sein Magen zusammen, breitete sich ein gieriges Grinsen auf seinem Mund aus. Er zitterte. In besinnungsloser Begierde starrte er auf seine Hände. Er konnte sie nicht ruhig halten. Ein schweres Keuchen presste die ungebrauchte Luft aus den Flügeln seiner Lunge, erfüllt von Erregung und Bosheit. Sein eigenes Blut glänzte auf ihnen und noch einmal schloss er die Augen. Behutsam legte er den Kopf in den Nacken, sog den Geruch tief ein und verlor sich in dieser völligen Versuchung. Er konnte ihn riechen, über den Regen hinweg, über sein eigenes Blut hinweg, ja sogar über Luzifers Blut. Keuchend lehnte er sich an die feuchte Wand, eng pressten sich seine Arme um den Brustkorb und vergruben sich die blutverschmierten Nägel im Stoff der schwarzen Jacke. TÖTEN! Er wollte töten! Oh ja, und das würde er auch. Er kannte den einzigen Ort, an dem sich sein Opfer zu verstecken wagte. Was für ein Fehler! Gierig leckte er sich über die Lippen. Er konnte das Beben nicht mehr kontrollieren, die geballte Lust, das Verlangen nach dem bitteren metallenen Geschmack. Mit einem Schrei stieß er sich ab, tauchte ein in die Bewegung, für kein menschliches Auge sichtbar. Der kühle Regen fiel zu langsam vom Himmel, als dass er ihn zu treffen vermochte. Gefangen in diesem Rausch preschte er durch die Nacht, raste an den Sterblichen vorbei, ohne sie auch nur zu bemerken. Vor seinen Augen verschwammen die Bilder, Farben und Formen gingen in einander über, doch verstärkten sie sein Verlangen nur noch. Wie ein Süchtiger spürte er den stechenden Schmerz, der langsam immer schneller werdend durch seinen Körper raste. Genau wie er durch diese Gassen. Er brauchte nicht sehen, er nahm in diesem Augenblick die Welt anders wahr. Er sah sie. Tief bohrten sich seine Nägel in das harte Holz, schlug sein Leib gegen die gewaltige Tür, an der er nun angekommen war. Ein lüsternes Knurren entkam seiner Kehle, schmerzlich schüttelte er den Kopf, so dass seine schwarzen Haare in wilden Strähnen um ihn peitschten. Der Regen klatschte in seiner Macht über ihm ein, brach mit all seinem Wasser über dem Mann zusammen und ergoss sich auf ihn. Doch die violetten Augen schlossen sich nicht, die Nägel brachen tiefe Stücke aus dem Holz, auch wenn das Wasser in Strömen sein Kinn herab rann. Kurz spreizte er die Finger, bleckte die weißen Zähne, bis auf die Haut war er nass. Doch jetzt würde er sich holen, wonach er begehrte. Mit einem höhnischen Lachen zog er die Flügeltür vor sich auf, spürte den kalten Regen, der ihm den Rücken herab lief. Knarrend flogen die Türhälften auf, gaben langsam den Blick auf den großen Raum frei, den sie bisher verborgen hatten. Wie tragisch. Wie verführerisch. Wie lüstern! Sein verzückter Blick fiel auf das breite metallene Kreuz, an dem die hölzerne Statur eines ausgedörrten Mannes hing. Durch seine Handflächen und seine Füße waren stählerne Nägel geschlagen. Mit einem verdorbenen Lächeln betrat er den geweihten Ort und ließ seine violetten Augen über die leeren Sitzbänke schweifen. Hinter ihm fiel die Tür wieder ins Schloss. Langsam bewegte er sich den Mittelgang entlang. Es war nur eine Kleine, zu den anschließenden Gebäuden dazugehörige. Eine würde kommen, dass war so sicher wie das Amen in der Kirche. Höhnisch glitt sein Blick zurück auf das glänzende Kreuz. Überall waren Kerzen angezündet, sie warfen lange Schatten, die Säulen, die alles in drei Schiffe teilten, prangten wie Götzen über den Bänken. Er hörte ihre Schritte. „Ist da wer?“ Jung, sie würde wohl kaum 17 Jahr alt sein. Ein lustiges Grollen entlockte diese Frage dem Schwarzhaarigen. Der Tod, meine Liebe! Sie wurde immer schneller, schien leicht um Atem zu ringen. Sommersprossen. Rötlich braun schmiegten sie sich auf ihre zarten Wangen, gekrönt von lebendigen grünen Augen. Schielfgrün! Doch wie Feuer lugten die roten Locken unter der weißen Haube hervor. Ihre vollen weichen Brüste drückten sich unter dem schwarzen Wollgewand hervor, durch den schnellen Lauf hob und senkte sich die Brust stärker als sonst. Die zarten Hände hatten sich schützend um das kleine Kreuz geschlossen, sich ineinander verschränkt und verwundert schaute sie sich um. Sie stand genau unter der Kanzel, blickte die Reihen hinunter zur Eingangstür. Niemand. Aber sie hatte doch etwas gehört. „Ist wirklich keiner da?“ Ängstlich hallte ihre helle Stimme von den hohen Gewölben wider. „Hallo?“ In ihrem Blick lag die pure Angst, sie spürte ihn, sah die Wasserspuren auf dem kalten Boden. Ihre Hände verkrampften sich, über ihre roten, vollen Lippen floss ein Gebet. Wie ein Schatten selbst tauchte er aus der Dunkelheit auf, griff nach ihrem Genick und zog sie zu sich heran. Ein spitzer Schrei erfüllte die Luft, panisch versuchte sie sich zu wehren, doch sein Griff war zu hart. In seinen Augen lag die sehnsüchtige Lust, mit einem verspielten Lächeln strich er ihr über die vollen Brüste und seine Worte legten sich bebend in ihre Ohren. „Wo ist er? Wo ist euer Pater Redfort?“ Unter seiner Berührung verkrampfte sie, auch wenn noch immer der dicke wollene Stoff ihren schlanken Körper verbarg. Sie verstand seine Worte, doch wusste sie keine Antwort, schloss ihre Augen und murmelte zitternd ihr Gebet weiter. „Ich kann ihn riechen, den Gestank dieses Mannes. Er haftet an dir, wie das Blut an einem Metzger.“ Genüsslich griff er nach ihren Haube, riss sie in einer Bewegung herunter und betrachtete die vollen rötlichen Locken. „Bete zu deinem Gott, aber er wird dich nicht beschützen.“ Er sog tief den sanften Geruch in sich auf, der von ihren feuerroten Haaren ausging. „Er kann dich nicht beschützen... nicht vor mir!“ Mit einer kräftigen Geste zerrte er sie mit sich, drückte den schlanken Köper an die dicke Säule unter der Kanzel. Gierig glühen seine Augen, er konnte sich kaum noch beherrschen. Ihr Zittern brachte sein Blut nur noch mehr in Wallungen, die feuchte Kühle des Regens auf seiner Haut völlig vergessend. Er liebte es, wenn seine Beute sich ängstigte, versuchte, noch in den letzten Minuten ihres Lebens sich zu wehren. Genüsslich legten sich seine kräftigen Hände um ihre Brüste, drückten sie leicht und tief beugte er sich zu ihr herunter. „Bitte...“ Flehend blickte sie aus halb geschlossenen Augen zu ihm auf. Ihre roten Locken umrahmten ihr angstverzerrtes Gesicht wie ein Feuerkranz, das Grün ihrer Augen leuchtete, erfüllt von Gefühlen, die ihren Peiniger nur noch mehr verzehrten. Der sanfte Druck sorgte für ein unbekanntes Kribbeln in ihren Brüsten, bei den leichten Bewegungen schlich sie eine heimliche Röte auf ihre Wangen. „Ich weiß es doch nicht...“ Er hörte einfach nicht auf, ein Keuchen entkam ihren Lippen, als sie spürte, wie er seine Hand zwischen ihre Oberschenkel drückte. Noch immer verdeckte der raue Stoff ihren Körper, doch das Kribbeln in ihrem Unterleib ließ sie erschaudern. Seine lüsternen Worte hallten in ihren Ohren wider, sanft drückte er ihre zarten Oberschenkel auseinander, sich selbst nur noch schwer beherrschend. Tief sog er die Luft ein, stieß sie zitternd wieder aus und in seinen Augen glomm der Wahnsinn auf. Gleichmäßig rieb er den schweren Stoff gegen ihren Scharm, erkannte die Erregung, die in ihrem jugendlichen Körper aufstieg. Sie war eine Frau, nein, ein Mädchen. Wie er diese jungen Novizinnen kannte, hatte sie noch nie in ihrem Leben solche Erfahrungen gehabt. Lächeln löste er seine linke Hand von ihrer Brust und griff tief unten nach ihrem Kleid. Langsam, jeden Atemzug der Rothaarigen genießend zog er den Stoff an ihrem nackten Beinen empor und löste auch seine zweite Hand, um mit seinen kalten Fingern über ihre Haut zu streichen. Nicht mehr feucht, aber von einer toten Kälte erfüllt, hinterließen sie eine Gänsehaut auf ihren Schenkeln. „Nein....“ Keuchend zog sie dieses Wort in die Länge, versuchte vergebens, ihre Oberschenken wieder zusammen zu pressen. Die grünen Augen hatte sie fest verschlossen, ihre zarten Finger hatten sich tief in seinen Mantel vergraben. Immer dichter hatte er sie an die Wand gedrängt, nun konnte sie kaum aufrecht stehen. Tränen sammelten sich in ihren Augenwinkeln, dunkel rot waren ihre Wangen gefärbt und ein erregtes Zittern erschütterte den jungen Körper. Sie verstand nicht wirklich, was hier mit ihr geschah. Mit einem einzigen Ruck zog er sie hoch. Ängstlich klammerte sie sich noch fester an ihn, als sie den Boden nicht mehr unter ihren Füßen spürte. Mit einem Schluchzen hörte sie den weißen Stoff zerreißen, der das einzige geblieben war, dass ihre Weiblichkeit vor ihm verbarg. Unterdrückt schreiend verkrampfte sie sich, versuchte sie, ihre Oberschenkel zusammen zu pressen, sich von ihm weg zu drücken, als sie seine kühlen Finger tief zwischen ihren Beinen spürte. Seine Lippen saugten an ihrem Hals und innerlich ergriff sie das Gefühl völliger Hilflosigkeit. Ihr Glauben an den Herrn war bisher unerschütterlich, doch selbst ihr war bewusst, was ihr dieser Mann antat. Wie konnte der Herr zulassen, dass sie vor seinen Augen vergewaltigt wurde? Immer unerträglicher wurde diese Anspannung in ihm. Auch dieses Spiel vermochte sie nicht zu lösen. Es war ganz egal. Ungerührt zeriss er den restlichen Stoff ihres Gewandes, legte ihre weiche Haut frei, ihren ganzen Körper und presste seine Lippen auf ihren um Hilfe schreienden Mund. Nur noch das Kreuz lag zwischen den vollen Brüsten, deren Knospen sich hart in die Luft drückten. Seine scharfen Zähne zerbissen ihre Lippen, saugten das warme Blut und tief drang er in sie ein. Es war nichts. Wie ein Tropfen auf heißem Stein. Mit einem gewaltigen Schrei löste er seine Lippen, bäumte sich auf und gab seiner Gier endlich nach. Die weißen Zähne blitzten im Kerzenschein auf. Die schwarzen Haare glänzten wie ein feingewebtes Tuch aus reiner Seide, von Hunderten kleiner Wassertropfen begleitet. Sie schrie. Blut lief über ihren Hals. Seine Nägel verkrampften sich tief in das junge Fleisch ihrer Hüften, die er dicht an seine gedrückt hielt. Kalter Schweiß rann über ihre Haut. Niemand... Niemand!!!! Einfach niemand!!!! Der Druck seiner Kiefer wurde immer kräftiger, tief sog er das Blut auf, spürte, wie es warm seine Kehle herunter rann. Jeder Muskel war bis zum Zerreißen gespannt, sein Blick neblig verschleiert. Wie fiebrig glühten seine Wangen, lag er an sie gedrängt, nichts mehr wahr nehmend. Kein Gedanke hallte noch in ihm wider. Feuer gleich legte sich ihr Blut in seinen Mund, rann schmerzhaft seine Kehle entlang und füllte seinen Magen brennend aus. Gequält verzog er das Gesicht, sog noch einmal ihr frisches Blut in sich auf und erstarrte. „BASTARD!!!!!!!!!!!!!“ Mit einem schmerzverzerrten Schrei stieß er den geschundenen Leib des jungen Mädchens von sich, riss dabei Fleisch und Sehnen aus ihrem Hals. Keuchend stand er da, blickte auf den regungslosen Körper hinab und wischte sich Blut und Speichel von den Lippen. In seiner Gier hatte er nicht mehr klar denken können, mit der Heimtücke des Priesters nicht gerechnet. Langsam schloss er seinen Gürtel, richtete seine Kleider und Hass loderte in seinen Augen auf. Doch je länger er hier bleiben würde, desto schlimmer würde es werden. Schon jetzt wurde das leichte Zittern sichtbar, konnte er seine Hände nicht mehr ruhig halten. Ihr nackter Körper lag unter der Kanzel, nur wenige Meter von ihm entfernt. Er konnte nicht sagen, ob sie tot war. Bewusstlos auf jeden Fall. „Nein.“ Verzweifelt klammerte er sich an den kühlen Stein der Säule, an den er vor wenigen Sekunden noch den Leib seines Opfers gepresst hatte. Wie von schwerem Metall gesponnen zogen ihn die Wasser feuchten Stoffe hinunter. Dunkelheit sammelte sich um den langsam in sich zusammen sinkenden Vampir. „REDFORT!!!“ Seine Stimme donnerte von den Wänden der Kirche wieder. Es war ein Schrei aus tiefstem Herzen. Überrascht schaute der Weißhaarige auf. Er war bis eben noch in einige Aufzeichnungen vertieft gewesen, die er über die Zeit der Jahrhunderte angesammelt hatte. Die dritte Tür führte zu einer schier unendlichen Bibliothek. Er verengte die Augen, als er den Neuankömmling spürte. Seine schlanken Finger fuhren die Musterung des Deckblattes nach, dass in Silber und Rot auf einem flächigen Schwarz ruhte, und den Einband eines Notizbuches von Luzifer darstellte. Ungeduldig legte er das dünne Buch wieder auf den niedrigen Tisch neben dem Ledersessel, in dem er nun schon seit dem verlassen seines Labors Zuflucht gefunden hatte. Mit einer schnellen Bewegung erhob er sich und kaum einen Herzschlag später stand er in der geräumigen in gedämpftes Kerzenlicht getauchten Eingangshalle. „Du?“ Warm und spöttisch entflohen dieses Wort seinem Mund und um seine Lippen spielte ein süffisantes Lächeln. „Hast du dich schon wieder an Mädchen vergriffen, von denen du lieber die Finger hättest lassen sollen, Lupin?“ Langsam schritt er auf den auf dem Boden knienden Mann zu, ihn keinen toten Herzschlag lang aus den Augen lassend. Er brauchte keine Antwort, seine Erfahrung über den Vampir genügte schon. Wie wahr seine Worte waren, hatte er sofort bemerkt, war auf den Lippen des Schwarzhaarigen doch noch ein wenig verschmiertes Blut. „War es wieder eine Novizin?“ Seine ernsten Augen verloren sich fast in dem verschwommenen Violet. Oh ja, er konnte ihren feinen Duft noch riechen. Dieser umgab den Vampir wie ein leises Andenken, strafend und tadelnd, dem, was er getan hatte. Doch noch bevor sich der Angesprochene gegen diese Anschuldigungen verteidigen konnte, legten sich die zu einem gehässigen Lächeln verzogenen Lippen auf die seinen und brachen jeden Widerstand. Nur kurz, flüchtig wie der Flügelschlag eines Schmetterlings und doch so deutlich und schmerzhaft, wie glühendes Metall. Die scharfen Zähne zerrissen die gut durchblutete Haut der Lippen, gierig sog er das glänzend feuchte Rot und leckte es in einer flüchtigen Bewegung von ihnen herunter. Dabei bohrten sich seine goldenen Augen eisigkalt in die seines ehemaligen Schülers. Zufrieden erhob sich der Weißhaarige und strich kurz über einen seiner Ärmel. Der lila Stoff war immer noch von kaltem Blut durchtränkt und so schien es sinnlos, die kleine Falte herauszustreichen. „Du bist dumm.“ Seine tiefe Stimme legte sich in die fassungslose Stille, die in der großen Eingangshalle widerhallte. „Ich weiß, dass du einer der besten Jäger bist, die ich kenne.“ Mit einem Funkeln in der goldenen Iris blickte er auf Lupin herunter. „Immerhin bist du mein Schüler gewesen, da ist diese Tatsache nicht weiter verwunderlich.“ Wieder legte er eine Pause ein, schritt dabei auf den immer noch am Boden knieenden Vampir zu und verharrte für wenige Momente. „Aber dass du immer wieder auf diesen selben Trick hereinfällst, ist das Verwunderliche! Als wäre es nicht genug, dass du dir schon die letzten 15 Male Mund und Kehle verbrannt hättest, nein, du hast es wieder gemacht.“ Es brannte immer noch. Ebenso quoll weiterhin das Blut aus der zerbissenen Unterlippe. Verwirrt, aber nicht eingeschüchtert blickte er zu seinem Freund auf. Seine Worte hallten nur stumpf in ihm wider, er kannte sie längst... Was sollte es schon sein, ein stummes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Er hatte nicht einmal gesehen, wie der Weißhaarige zugebissen hatte. Erbärmlich, mehr viel ihm zu sich selbst nicht ein. War er so mitgenommen? „Du solltest aufpassen!“ Lächelnd leckte er sich das Blut von seinen Lippen. Etwas an Luzifer verriet seine Freude mehr, als das stetige Lächeln, zufrieden und selig über die Schmach des anderen. „Sie war keine normale Novizin. Sie hatte Gottes Segen!“ Seine linke Hand vergrub sich in dem immer noch feuchten Hemd und mit einem Ruck zog er ihn zu sich empor. Seine Bewegungen absichtlich vor Lupin verschleiernd, der ihn erschrocken anstarrte. „Und du, mein Lieber, wirst gleich auch noch dass letzte Bisschen Freude an diesem Dasein verlieren, ....“ Kapitel 4 --------- Da werde ich ja ganz rot! ^//^ Danke, danke für dieses Lob. Da muss ich doch gleich mal wieder ein neues Kapitelchen für dich hoch laden. Ich freue mich ja schon jetzt sooooooooo darauf, was du dazu sagst! Na ja, die Handlung, sie ist wenig vorhanden, meiner Meinung nach, aber egal. ^^ Ach ja, ich weiß nicht, ob ich dein Kommentar falsch verstanden habe, Jenki, aber bevor hier noch Missverständnisse passieren. Lupin, der Vampir, der die arme Novizin gebissen hat, ist aus der Kirche gelohen und zu seinem alten Meister Luzifer, dem Forscher *lol*. Redfort tauscht erst in diesem Kapitel auf. ~.~ Allerdings ist er hier noch eher auf Sparflamme... Dann Wünsche ich noch viel Spaß, Jenki! ^o^ Kapitel 4 Noch bevor sich der Regen in seiner vollen Macht über der Stadt ergossen hatte, legte sich eine Tod verratende Stille in die Räume und Gänge der Villa. Die noch nicht ganz herabgebrannten Kerzen waren erloschen und die Vorhänge gänzlich geschossen. Der schwarze Mantel lag achtlos vergessen auf dem steinernen Boden, um sich herum seine Lache aus Wasser verbreitend. Das Hemd zierte nicht weit davon entfernt mit einer nicht minder kleineren Flut die kalten Steine, sich in der Gesellschaft noch anderer Kleidungsstücke befindend. Sie lagen verstreut im ganzen Raum, zeugten nur von einem allzu bekannten Geschehen, doch verschwiegen sie das übrige. Erst der langsam verblassende feuchte Schimmer an den Wänden, die Abdrücke und Schlieren mit ihrem rötlichen Glanz erzählten von der Brutalität. Eine todesgleiche Stille erfüllte die Luft, abgestorben und alt war diese, für menschliche Lungen kaum zum Leben genügend. Sie ließ das Bild erstarren, hielt es in diesem Augenblick fest und fügte eine kalte Leere in den fast von jeglichen Gegenständen freien Raum. Nur matt leuchteten die silbernen Beschläge des schwarzen Sarges auf, der völlig verloren, tief versunken in dieses leblose Bild zurück gedrängt an der Wand stand. Er stand auf seinem festen Unterbau, stabil und schon fast zu robust für die feine Maserung des schwarzen Ebenholzes. Auch auf ihr waren die langsam trocknenden Spritzer und Flecken deutlich zu sehen. In einem kleinen Rinnsal zog sich das Blut an einer der Seiten hinunter und versank in dem kaltem Bett seiner selbst auf dem Steinboden. Ein finsteres Lächeln zog sich über die schmalen Lippen. Auf ihnen glänzte noch ein schwacher Schein der blutigen Ereignisse. In den goldenen Augen lag die Anzüglichkeit der Stille, das, was sie verschleierte, stumm und blind in sich verschluckte und ein Bild des Grauens heraufbeschwor. In ihnen brach sich des Funkeln der roten Flüssigkeit, die in fortwährender Bewegung an die gläsernen Ränder ihres Gefängnisses schwappte. Wie flüssige Rubine schwamm sie träge in dem kristallenem Glas, ohne Bedeutung, ohne Sinn, einfach nur zum Genuss. Behutsam setzte er das Glas an die Lippen, sog unbewusst dabei den schweren Geruch ein und ließ den roten Saft langsam über seinen Gaumen laufen. Er hielt ihn noch einen Moment gefangen, bevor er ihn tief hinunter seine Kehle stürzte. Wieder huschte sein Blick zu dem schwarzen Sarg. Jetzt musste er sich doch eine andere Schlafstätte suchen. Ein süffisant makaberes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Es war schon lange her, das er sich so gut amüsiert hatte. Zufrieden lehnte er in der Tür, betrachtete die Überbleibsel dieser Orgie und zum ersten Mal seit Tagen spürte er diese Ausgeglichenheit in sich. Wieder nahm er einen Schluck aus dem dünnen Glas. Kurz fuhren seine Augen die Konturen nach, das Glockenkelch artige Glas, der zierliche Stiel und schließlich der Runde sich nach außen hin erstreckende Fuß. Es schien ein Glas wie jedes andere, eines von Tausenden zu erhaschenden Gläsern, die in jedem guten Haus zu finden waren. Doch da war noch etwas anderes. Etwas, dass sich in den klaren Formen widerspiegelte, sich scheinbar tief in das Glas selbst eingeprägt zu haben schien. Da war dieses gewisse Etwas! Mit einem verhaltenem Lächeln erinnerte er sich an das, was in seinen Gedanken immer wieder zurückehrend von diesem Etwas zeugte. Dieser Moment, in dem nicht der dunkle rote Wein hineingeflossen war. Der leere Herzschlag in dem er mit seinen von Gier und Sehnsucht gefüllten Augen etwas anderes hatte hinein laufen sehen. Es war an der zierlichen gläsernen Wand herab gelaufen, hatte sich tief in den Kelch hinein geschmiegt und war stetig schwappend immer höher gestiegen. Fahles Licht hatte sich in den flüssigen Robinen gebrochen, sich mit den Lichtsplittern des Glases in einen wahren Kronenschein gehüllt. Blut! Es war Blut gewesen. .... Es war immer Blut. Ganz egal, um was es sich auch immer drehte, den im Entergebnis ging es bei ihnen doch nur um Blut. Aber um was für Blut! Er leckte sich in stillem Gedenken über die feuchten Lippen. Oh ja, es war wahrhaft königlich gewesen. Dianas Blut hatte einst einmal Licht in sich brechen lassen. Viktoria... Er konnte noch jetzt den rauen und doch so bitter süßen Geruch vernehmen. England hatte schon herrliche Königinnen gehabt. Regentinnen. Wenn er da jetzt an Camilla dachte. Etwas in ihm zog sich zusammen. Noch schlimmer, an ihren Mann! Ungewollt entfloh Luzifer ein tiefes Grollen. Letztendlich war es ihm egal, ob seine Opfer männlich oder weiblich waren. Er hatte da schon so manchen vorzüglichen Jüngling vernascht, aber .... Das konnte er sich nicht weiter ausmalen. Genauso schlimm war dieser Bush. George W. Bush. Angewidert schloss er die Augen, lehnte sich gänzlich zurück und ließ seinen Kopf an den Türrahmen stoßen. Nein. Nicht einmal wenn er ein Jahr nichts mehr getrunken hätte, würde er einen dieser MÄNNER berühren. Da gab es noch mehr dieser .... Bastarde! Gerhard Schröder... so hieß er doch? Unsicher blinzelte er. Nicht nur hier in Europa, auch dort hinten, da in diesem Wüstenkaff.... Hm, nein, er konnte sich nicht mehr an die Führer erinnern, nicht mehr an ihre Namen und nicht mehr an ihre Gesichter. Sie mussten in der letzten Zeit, die vergangenen drei bis vier Jahre, ständig im Fernsehen gewesen sein.... Seufzend stieß er sich ab. Dieser Irakkrieg. Überflüssig, Verschwendung von Leben, mehr war es in seinen Augen bisher nicht gewesen. Allerdings musste er sagen, hatte er sich auch in den letzten Jahren nicht mehr viel mit der Außenpolitik beschäftigt. Eigentlich stand ihm so ein Urteil gar nicht zu, er hatte kein Recht darauf, ohne zu wissen, so etwas zu behaupten. Na ja, es waren seine Gedanken, Alexa hatte ihre eigenen und ihre Meinung kannte er. Langsam führten ihn seine Schritte zu dem offen stehendem Sarg und sein Blick huschte hinein. Lupin war völlig fertig. Er lag regungslos in einem tiefschwarzen Schlaf gefangen in der Ruhestätte, die Luzifer sich eigentlich für diese Nacht gesucht hatte. Auf dem kräftigen Körper waren blutige Striemen gezogen, erst kürzlich von scharfen Fingernägeln gerissen. Überall auf der nackten Haut waren sie, die Beweise dieses kleinen erregenden Spieles. Mit einem Lächeln auf den Lippen ließ er den Decken zurück auf die hölzerne Ruhestätte gleiten und versank für einen toten Herzschlag lang in den Erinnerungen des eben Geschehenen. Es machte ihm doch immer wieder Spaß, den temperamentvollen Vampir zu verführen, ihm seine Grenzen ständig aufs Neue zu zeigen und dabei ausnahmslos all seine Macht gebrauchen zu können. Das konnte er sowieso viel zu selten. Es war schon schlimm, ein so mächtiger Vampir ging am Ende kläglich zu Grunde, seine Sinne und Fähigkeiten verkümmerten, nur weil er sie nicht oft genug einsetzen konnte. Wann in Teufelsnamen war den der letzte Krieg gewesen? Gedankenverloren nahm er einen weiteren Schluck Wein und lauschte in die Stille. Es musste 500 oder 600 Jahre her sein. Oder länger? Hm, grübeln wand er sich ab und verließ den Raum. Er konnte nicht mehr sagen, wann er gewesen war, dieser Vampirkrieg! Sollten die Menschen doch ruhig glauben, dass dieser Krieg im Irak, die ganzen Foltereien in diesem berüchtigtem Gefängnis schlimm wären. Da konnte er doch nur lachen. Ein Krieg unter Vampiren war mit das Grausamste, was es auf dieser Welt gab! Bedrückt stellte er das Glas neben sein Experiment, seine goldenen Augen ruhten auf dem Fetus. Er hatte nur schleierhaft mitbekommen, dass er sich wieder in sein Labor begeben hatte. Seine Gedanken hingen immer noch in diesem Kampf fest. Er war so unvorstellbar für Menschen, den einen Toten zu töten ohne ihn zu töten, .... Ein Spiel mit dem Schmerz.... Mehr noch, ein Spiel in aller höchster masochistischer Manier, nur noch vom puren Sadismus darin übertroffen. Blutige Bilder huschten vor seinen geistigen Augen im Wechsel vorbei, längst vergessene Gefühle stiegen ihn ihm auf. Vampire gierten nicht nach dem Tod, sie verkörperten den Tod!!! Ein Satz mit dem kaum noch einer etwas anzufangen wusste. Denn das, was er jetzt empfand, war schlimmer, als alles Menschen Gedenken. Seine goldenen Augen quollen leicht aus den Höhlen hervor, von einem blutigen Rot überschwemmt. Seine Hände verkrampften sich, ballten sich zu Fäusten und schlugen die scharfen Nägel gnadenlos in sein eignes Fleisch. Dröhnend donnerte sein lebloser Herzschlag in ihm wider, zog ein stechender Schmerz seine Innereien zusammen. Wie brennendes Feuer pulsierte das Blut in seinen Adern, raste mit atemberaubender Geschwindigkeit durch seinen Körper und wurde schmerzlich in jedes Organ gepresst. Die glühenden Augen brachten die Luft in Bewegung, die Magie, die in ihm versiegelt war, sprengte ihr Gefängnis, die weißen Haare erhoben sich in einem aufkommendem Zug. Krampfhaft öffnete sich sein Mund, die glänzenden Zähne schienen mit einem matten Schimmer behaftet. Immer länger wurden die vier Eckzähne, bis sich ein gewaltiger Schrei aus seiner Kehle entriss und mit einem explosionsartigem Magiestoß alles um den Vampir herum hinweg fegte. Blutige Tränen rannen, die Haut unter sich verbrennend, die Wangen herunter. Alle Muskeln spannten sich, nahmen das Doppelte zu und die kräftigen Nägel bohrten sich durch die Handflächen. Seine Augen spiegelten die abgrundtiefe verzehrende Gier nach dem Kampf wieder. Eine ungenutzte Macht zu besitzen, befriedigte nicht. Die Anspannung legte sich mit Schmerz und beißender Freude in seinen Körper, drang nicht wirklich in seinen Verstand vor und hallte hohl in einer Leere nach, die sich in seine verschwimmenden Gefühle mischte. Er wollte es spüren, diese verletzenden Wunden, die sie damals in seinen Leib geschlagen hatte. Die helle Haut spannte sich über die quellenden Sehnen und Muskeln, zerriss an einigen Stellen und legte das feurigrote Fleisch darunter frei. Mit ihren scharfen Zähnen hatte sie seine Zunge zerbissen, ihre Nägel hatten sich tief in die Fasern seiner Arme geschnitten und sie durchtrennt. Er wollte es wieder spüren. Ihre Kälte auf seiner Haut, das glühende Blut dieser Königin, dass seine Hände verzehrte, wenn er sie in ihren Bauch bohrte und ihr die Gedärme zu zerreißen drohte. Ihre sinnliche Stimme, die sich höhnisch in seinen Ohren brach, sich siegessicher, ihn auf den schlammigen Boden drückend den eigenen Bauch aufgerissen, den Kopf nur noch von ihrer Wirbelsäule auf den Schultern gehalten. Nichts von dem, was ihn umgab, nahm er in diesem Moment wahr, sah nur die verheißungsvollen Augen vor sich aufglimmen, tief in seine Erinnerungen eingegraben. Da war nur noch das, was einst gewesen, das, was ihn nun selbst gefangen nahm in einem Rausch der sich nicht mit der Gier nach Blut messen musste. Dieser heiße Wahn, der ihn gänzlich ausfüllte, alle klaren Gedanken verdrängte und nur noch einen tiefen Schlund hinterließ. Er sah ihren schlanken Körper sich windend auf der Erde, unter schieren Qualen die aufgebrochenen Rippen wieder zusammen pressend. Die dunkelbraunen Haare im Schlamm wie ein Schleier um sie liegend, die helle zarte Haut mit feuchter Erde verschmiert. Noch in diesem Augenblick vergruben sich ihre langen Reißzähne in seinem Fleisch, der Glanz des Mondes brach sich in seinen einst einmal weißen Strähnen, nun vom Ringen dreckig zerzaust. Er konnte sie nicht abschütteln, ihre mittlerweile Fleischlosen Finger gruben sich mit den fünf Zentimeter langen Nägeln tief in seinen Leib, zerrissen Sehnen und Stoff, der nur noch selten die kämpfenden Körper verdeckte. Ihre Kehlen zerfleischt, die Bäusche aufgerissen und die Gesichter fast bis zur Unkenntlichkeit verkratzt, die offenen Wunden mit Dreck verschmiert, standen sie nur wenige Meter von sich entfernt, und mit dem Blecken ihrer teils gesplitterten Zähne griffen sie erneut an. Knochen brachen, schwarzes Blut spritzte, tropfte auf den nassen Boden und mischte sich mit dem der anderen. Hunderte. Tausende. Ihre Schreie erfüllten die dunkle Nacht, ihre Stimmen, heiser und keuchend, nur noch Erinnerungen, die Stimmbänder längst vom Gegner zerfetzt. Ihre Leiber schlugen gegeneinander, Zähne und Klauen gruben sich in totes Fleisch, heißes Blut floss. Sämtliche Knochen gebrochen, nichts weiter als wankende bestialisch zerfleischte Leichen. Sie griffen erneut an... Sie waren nichts weiter als Knochendurchzogene Fleischreste, aber ihr Kampf hörte erst auf, wenn ihre Leiber in Stücke zerrissen, ihre Seelen erblindet und aller Lebensfluss versiegt war. Das war der Kampf der Toten! Das war ein Vampirkrieg! Ohne es zu begreifen schlug er tiefe Furchen in den Stein, verzweifelt nach Erlösung suchend, doch nichts konnte dieses Verlangen stillen. Unter seiner Stimme bebte der Boden, doch er selbst konnte sie nicht vernehmen. Brennend drang seine Seele wie kochende Säure in seinen Körper ein, schien alles darin aufzulösen und in eine brodelnde zähne Masse zu verwandeln. Dieser verzehrende Schmerz nur dadurch getilgt, sich darin zu verlieren, ihn anderen zuzufügen und selbst auf masochistischste Weise darunter zu leiden. Eine Freude, die die wenigsten Vampire noch verstanden. Zitternd sank er an der Wand hinunter, seine Klauen rissen tiefe Furchen in das Gestein und krampfhaft zog er sich zusammen. Zitternd und von Kälteschauern ergriffen. Seine glühenden Augen erkannten nicht, was sie sahen. Tief sog er die modrige Luft in seine brennenden Lungen, versuchte seinen Herzschlag wieder zu beruhigen. Nur dumpf drang in sein Bewusstsein ein, was hier gerade passierte. Er hatte sich diesem Gefühl, dieser unstillbaren Sucht hingegeben. Keuchend kniff er die goldenen Augen zusammen und lauschte auf seinen bebenden Puls. Die geröteten Wangen waren immer noch von dem glühendem Blut zerfurcht und seine Hände hatte er selbst durchbohrt. Die aufkommende Stille begann seine aufgewühlte Seele zu erdrücken und legte eiserne Ringe um seinen Körper. Er hatte wirklich.... Erschöpft sank er zusammen, gab dem nächsten berauschendem Gefühl nach und ließ sich in eine schwarze Unendlichkeit versinken, die in vollends gefangen nahm. Seine saphirgrünen Augen lagen verklärt auf ihrem geschundenen Leib. Die unendlich erscheinende Leere seiner Seele ließ das klägliche Pochen seines Herzens dröhnend in seinem Kopf widerhallen. Es war seine Schuld. Blut lief über seine Lippen, die Linke tief im schwarzen Überwurf vergraben, den wollenden Stoff fest auf seine aufgerissene Wunde pressend. Er hätte es wissen müssen. Das, was ihr zugestoßen war, konnte er nicht entschuldigen, niemand konnte das! Langsam ließ er sich neben sie auf die Knie sinken, mit der Rechten leicht einige Strähnen des Feuerroten Haares aus dem bleichen Gesicht streichend. Er zitterte. Ihr Hals war auf der rechten Seite schwer verletzt, die Abdrücke der mächtigen Kiefer nur noch undeutlich zu erkennen. Nur ihr silbernes Kreuz lag noch auf ihrer Brust. Vorsichtig drückte er seine Finger gegen ihre noch unverletzte Arterie und spürte die Angst in sich immer stärker werden. Sie durfte nicht. Und sie war nicht. Erschrocken weiteten sich seine Augen, ein leises Prusten entkam ihrer Kehle. Entsetzt zog er seine Hand zurück, gefesselt hing sein Blick an ihrer Wunde. Die dunkelnden Ränder zogen sich zusammen, verloren ihre schwärzliche Farbe und fügten sich wieder zusammen. Sehnen und Fleisch breitete sich unter einer neu gespannten Haut aus. Er konnte förmlich sehen, wie sich immer mehr Blut durch ihre Adern presste, freudig durch ihren jungen Körper schwemmte und ihr eine lebendige Farbe schenkte. Was...? Konnte es angehen, dass..... ? Er schluckte. Ihre Brust hob und senkte sich in einem immer deutlicherem Rhythmus. Unbewusst erhob er sich, ließ den Blick um sich schweifen und blieb schließlich unter der Kanzel hängen, wo das schwarze Gewand der Novizin zerrissen auf dem Boden lag. Mit schweren Schritten bewegte er sich dorthin, griff danach und drehte sich wieder zu der jungen Frau um. Dem jungen Mädchen.... Vorsichtig, als er wieder neben ihr kniete, schlang er den wollenden Stoff um ihren zitternden Leib und wartete. Es gab nur eine Erklärung für das hier! Der Regen prasselte gegen die bunten Glasfenster und wie eine leise Melodie zog sich dieses Geräusch durch die kleine Kirche. Die Kerzen waren fast alle ausgebrannt, das spärliche Licht zog sich über den kalten Boden und erhellte die ersten Reihen und den Altarplatz, aber erreichte die Kanzel und alles unter ihr nicht mehr. Lang zogen sich die Schatten und eine erdrückende Stille legte sich in die aufflammende Dunkelheit. Seine Augen fuhren die Konturen ihres Halses immer wieder nach. Er war vollständig verheilt. Es dauerte. Er wartete. Kerze um Kerze erlosch. Schließlich umgab ihn nur noch die ungebrochene Finsternis. Das Rauschen des Regens, sein Prasseln an die Scheiben erfüllte die kalte Luft. Und ihr Atem. Nur ganz leise. Kaum zu vernehmen, aber er war zu hören. Immer wieder strich er sich durch die blonden Haare, die in Strähnen bis zu seinen Schultern fielen. Er hatte sich ein wenig beruhigt, seine eigenen Atemzüge waren langsamer und tiefer geworden. Doch der Schmerz seiner Wunde raubte von Minute zu Minute mehr lebendige Farbe aus seinem Gesicht, von seiner Haut. Sein Blut war längst durch den schwarzen Stoff gesickert und feucht glänzte die grobgewebte Wolle. Er konnte es nicht sehen, die Dunkelheit verschluckte sie. Doch er konnte es spüren, fühlte deutlich wie sich das kühle Blut an seine Haut schmiegte, seine Finger verschmierte, während er weiterhin den Stoff gegen die offene Wunde drückte. Er hatte eine tiefe Verletzung an der linken Seite seines Bauches. Nur knapp war er dem finsteren Labyrinth aus Gängen der Katakomben entkommen, in das ihn Luzifer verschleppt hatte. Sein Dolch war es gewesen, der zum Dank die Kehle des Vampirs geteilt hatte. Stumm floss ein Gebet über seine aufgeschürften Lippen, seine Brüder hatten es nicht überlebt. Die Äbtissin hatte ihm berichtet, dass keiner von ihnen zurück gekehrt war. Keiner! Eine Träne suchte sich ihren Weg durch Blut und Schweiß, rann langsam seine Wange herunter und stürzte Richtung Boden. Doch sie verlor sich irgendwo in den Fasern des Stoffes, erreichte nie ihr ersehntes Ziel. Dieser Bastard! Er spürte eine verbotene Freude, bei dem Gedanken an den endgültigen Tod des Vampirs. Rache, dass wollte er. Wie viele mussten schon sterben, um die Gelüste dieses Monsters zu stillen? Wie viele waren schon seinen Launen zum Opfer gefallen? Er war ein Vampir, er kannte keine Gnade, er kannte... Verzweifelt biss sich der Oberpriester auf die Unterlippe. Du sollst nicht lügen! Ich habe gelogen, in diesem Augenblick. Er konnte das nicht sagen, Luzifer kannte Gnade! Er kannte Liebe! Seine Hand verkrampfte sich über der blutenden Wunde und innerlich niedergeschlagen kniff er die Augen zusammen. Er jagte diesen Vampir seit so langer Zeit, wenn jemand die Wahrheit kannte, dann er! „Vergib mir, Herr, aber auch die Wesen, die sich von die abgewandt haben, die, die ich in deinem Namen aus dieser, deiner, Welt tilge, haben die Gefühle, die du ihnen gabst, nicht vergessen! Vergib mir!“ Seine Stimme war nur ein dumpfes Flüstern. Es hallte von den hohen Wänden nicht wider, verlor sich in der Stille, die mit dem Prasseln des Regens erfüllt war. Verzweifelung und Zorn kämpften in seinen Gefühlen, bis ihn etwas zurück rief. Ein leises Keuchen, eine schwache Bewegung. Die saphirgrünen Augen huschten zu dem jungen Mädchen und obwohl er in dieser Nacht mit ihnen ihr Gesicht nicht erkennen konnte, wusste er, dass sie zu sich kam. Er konnte förmlich die leichte Regung ihrer Mundwinkel sehen, das Zucken ihrer Lider und das wage Kräuseln ihrer Stirn. Es war ihm, als spürte er, wie ihre Hände vorsichtig mit den Fingerkuppen den Stoff fühlten, der sie vor der Kälte des Bodens beschützen wollte. „Der Herr war bei dir!“ Ruhig legten sich diese Worte in die Dunkelheit. Er wusste nicht, was er ihr sonst sagen sollte, um ihre Angst zu lindern. Diese Erfahrung musste schrecklich gewesen sein. Er hörte, wie sie erschrocken die Luft anhielt und langsam wieder ausstieß. Das Geräusch des bewegten Stoffes drang an seine Ohren und vorsichtig streckte er seine rechte Hand nach ihr aus. „Es ist weg.“ Kurz zuckte sie unter seiner Berührung zusammen, doch schnell begriff sie, wer da neben ihr saß. Ihre linke Hand bahnte sich einen Weg aus dem Gewühl des Gewandes und griff nach seiner. Ihre Angst verschwand, als sie die seine ergriffen hatte, doch Verwunderung und Verirrung verklärten ihren Blick in dieser Lichtlosigkeit. Mit ihrer Rechten strich sie langsam über ihren Hals, er war verheilt. „Pater, was ist hier geschehen?“ Behutsam legten sich seine Finger um ihre Hand und hielten sie schützend fest. Als wäre es eine sichere Brücke in dieser Finsternis, die sie verband. „Ich weiß nicht, ob es der richtige Augenblick ist, und ich weiß auch nicht, ob es die richtige Antwort ist.“ Er wählte seine Worte sorgsam aus, wusste nicht recht, wie er seine Gedanken erklären sollte. Er musste sich auf sein Gefühl verlassen, doch dass schien gerade ihn zu verlassen. Auffordernd drückte sie seine Hand, so gut es ging, und lauschte. „Du bist hier im Heiligtum Gottes auf dieser Welt, du hast dir deinen Weg gesucht und willst dem des Herren folgen. Er hielt sein schützende Hand über dich, nahm all den Schmerz und die Schande von dir, die dir seine verstoßenen Kinder antaten.“ Die raue Stimme legte sich in ihre Ohren, die Worte drangen nur langsam zu ihr durch. Es dauerte, bis sie ihre Bedeutung verstanden hatte. Den Mann neben ihr hatte sie erst einmal zuvor in ihrem Leben gesehen, sie wusste nur sehr wenig über ihn selbst, von seinen Taten hatte sie gehört. Bedächtig erhob sie sich, schlang ihre zerrissene Kluft um sich und half dem Blonden aufzustehen. Sie stützte ihn, als wüsste sie von der blutigen Wunde an seinem Bauch und während sie ihn aus dem Finsteren der Kirche in einen Gang zum Kloster führte, brach ihre flüsternde Stimme die Stille des Regens. „Pater, ich werde keine Nonne werden. Ich werde dem „Orden des Flammenden Schwertes“ beitreten und ihn jagen, bis ans Ende der Welt!“ Kapitel 5 --------- Sodalle, da wäre dann auch das nächste Kapite. ^^ Nachdem mir eben Animexx lles gelöscht hat, weil e auf der Seite der Fanfic-verwalung einen Doji öffnen wollte... So, dann nochmal. Daaaaaaaaaaaaaaaaaaaaanke!!!!! *euch beide knuddel* Jetzt gehören dir aber nur noch 50% des kapitels Jenki! Der Rest geht an Ayesha!!! *lol* Hm, wa den Namenlosen angeht, dass kommt ja jetzt da unten. Mit dem Krieg hab ich aber ne Frage an euch. Einen richtigen Krieg werde ich NICHT einbauen. Ih kann ihn aber als Erinnerungen mit in die Geschichte infliesen lasen. Würde das dann noch ehr ausbauen, als im letztn Kapitel. oer ich schreibe euch ein eigenständige kapitel dazu als extra... uind die dritte Möglichkeit ist, ich mache nur eigen Kurzgeschichte mit Luzifer, Lupin und ...(streng geheimen Personen) draus! ^^ Ok, es kommen wohl keine Personen vor, die eh in der Geschichte vorkommen werden! ^^ Sorry für das ganze Gelaber! Wollte ich aber nicht doppelt schreiben! ^^ Grüßlie und viel Spaß!!! ______________________________________ Kapitel 5 Es war nicht der Schmerz, nicht die Angst, die bis tief in die Schwärze des traumlosen Schlafes vordrang, sondern die Stille! Er hörte sie so deutlich, dass seine Ohren zu schmerzen begannen. Sie drang wie ein kaltes Messer in sein Bewusstsein ein, trieb die Trägheit aus allen Sinnen und zwang ihn dazu, sich wieder mit der Wirklichkeit auseinander zusetzten. Das Wasser, das in leisen Tropfen von der Decke stürzte, das Scharren ihrer kleinen Füße, ihre aufdringlichen hellen Stimmen. Das zähe Plätschern mit dem sich der gärende Strom an ihm vorbei zog, das leise Dröhnen der aufgeschreckt tuschelnden Stimmen. All das fehlte. Noch bevor er es verstand, hatten seine Instinkte sich schon daran gewöhnt. Wie ein Reflex spannten sich seine Muskeln. Keuchend stieß er die Luft aus. Sein rechter Arm schien wie von Eis gefroren, schmerzend, gelähmt und trotzdem hörte er das Blut in den Adern pochen. Sein Rachen brannte, seine Sinne schienen sich zu drehen und alles wollte wieder in dieser traumlosen Tiefe versinken. Wimmernd, tastete sich seine Hand vor, unterbewusst sich noch an das erinnernd, was diesen Schmerz ausgelöst hatte. Seine braunen Augen waren immer noch fest geschlossen, als sich seine linke Hand ohne Gnade um die ausgekugelte Schulter schlang. Die länglichen Finger vergruben sich im schmerzenden Fleisch um den Knochen und mit nur einer Bewegung riss er ihn nach vorne. Das Krachen hallte tausendfach in seinen Ohren wider. Taub von Schmerz und Überspannung verschwamm die lähmende Qual aus dem Gelenk und ließ den jungen Blutsauger einen Herzschlag lang aufatmen. Mit einem flüchtigen Blinzeln öffnete er die großen Augen und suchte nach dem Grund der Stille. Während er sich über die blutbeschmierten Fingerkuppen leckte, wanderte sein Blick durch den engen Raum. Kalter Stein zog sich bis zur Decke hinauf, er schien schon in diesem einfachen Grau gewachsen zu sein. Kein Tisch, kein Stuhl war noch zu finden. Es wirkte eher wie ein Gefängnis, als wie ein Zimmer. Unsicher betrachtete er den schwarzen Vorhang, der eindeutig ein Fenster hinter sich verbarg. Er war das einzige dunkle im ganzen Raum, denn selbst die Tür, dem Fenster gegenüber, war von innen mit diesem schmutzig wirkendem Grau getüncht. Er spürte deutlich den Tag hinter dem Glas lauern. Was war eigentlich geschehen? Seine Erinnerungen reichten nicht so weit, wie er sie gerne hätte. Nur dunkel konnte er sich noch an die Worte des Weißhaarigen entsinnen, sah nichts weiter als diese vernichtenden, alles in ihren Bann ziehenden goldleuchtenden Augen. Vorsichtig erhob er sich von seinem Lager. Besser als die alte Matratze in den wassergefüllten Katakomben war sie auch nicht. Hart und tief war die Liege und die Unterlage nicht besonders weich. Das konnte auch die leichte Decke nicht wirklich verhindern, die nun zu Boden viel. Nacken und Rücken schmerzten, wie nach einer Nacht, die bis weit in den Morgen gedauert hatte, und mit viel zu viel Alkohol begleitet wurde. Sein Kopf dröhnte unter jedem Gedanken und langsam verschwommen ihm die wenigen Konturen vor den Augen in diesem sumpfigen Grau. 28 Jahre war es jetzt schon her, dass er das letzte Mal betrunken gewesen war. 28 Jahre!!! Er konnte es nicht wirklich glauben. Diese Zeit schien nicht wirklich vorhanden gewesen zu sein. Nur das eine Jahr, in dem er noch ein Mensch gewesen war, brach immer wieder aus seinen Erinnerungen hervor. Er ließ es langsam noch einmal vor seinem inneren Auge vorbeiziehen. Er verharrte einige Augenblicke, bis er sich schließlich aus dieser Trance löste und gänzlich erhob. Er trug immer noch sein dunkelblaues Hemd und die zerschlissene Hose. Wo war er eigentlich? Vorsichtig schlich er sich zur Tür. Auch wenn dieses Gefängnis gerade mal, wenn überhaupt, vier Meter lang war und nicht mehr als zwei ein halb in der Breite maß. Seine Hände legten sich auf das gestrichene Holz und bedächtig zog er die Tür auf. Sie besaß keinen Griff, keinen Knauf, nicht einmal ein Schloss! Sein Blick viel einen hellen Flur entlang. Kerzen loderten in silbernen Leuchtern von den Wänden und schienen bis in den letzten Winkel vorzudringen. Verwundert huschten seinen Augen zurück in diesen Raum. Er konnte die Lichtquelle, die jenes widerwärtige Grau zum Leuchten brachte, nicht entdecken, und doch war sie vorhanden. Es schien ihm so unwirklich, als er die Tür hinter sich zufallen ließ und sich mit vorsichtigen Schritten in eine Richtung bewegte. Es war, als würde er mit dem Verlassen seines „Gefängnisses“ in eine andere Welt treten. Mit kräftigen dunklen Rottönen waren die Wände bestrichen, schwarze Bordüren zierten die Gänge und der Boden war mit kalten Fliesen aus einer unbekannten, dunklen Farbe bedeckt. Wie hinter einem Schleier verzogen, drangen die Bilder in sein entrücktes Bewusstsein vor. Die Farbe der Tapeten erinnerte in an Blut und ließen den unwiderstehlichen Wunsch auf den metallenen Geschmack in ihm aufsteigen. Seine rechte Hand strich über die leicht rauen Fasern während er den Gang entlang schritt. Unsicher suchten seine braunen Augen nach etwas, dass ihm verriet, wie es weiter gehen sollte. Verloren in diesem Labyrinth, von seinem Orientierungssinn verlassen und das immer stärker werdende Verlangen nach Blut stürzten die junge Seele langsam in einen kalten Abgrund. Sie tauchte so plötzlich wie ein Schmetterling im gleißenden Sonnenschein vor ihm auf. Ihre Umrisse waren verschwommen, ihr ganzes Sein für einen Augenblick wie ein Wunder und unbeschreiblich. Nur in Bruchteilen wurden die schwarzen leicht lockigen Haare, die vollen roten Lippen und die bräunliche Haut zu scharfen, deutlichen und bekannten Merkmalen. Der blaue Stoff ihres Kleides, das mit einem schwarzen Band unter ihren Brüsten zusammengeschnürt war, sie so noch etwas mehr zur Geltung brachte, fiel in leichten Rüschen zu beiden Seiten herab. An den Ärmeln und am Saum des Kleides lugten weiße Spitzen hervor, die sich wie neckisch unter dem fliesenden Stoff schmiegten. Mit einem breiten Gürtel aus schwarzem Leder war die Taille deutlich hervorgehoben und darunter bauschte sich das Kleid noch einmal leicht auf. Wie von einer starken Hand gedrückt taumelte er zurück und sog hörbar die Luft ein. Das eigene Blut rauschte in seinen Ohren, und mit einem Mal schmeckte er den metallenen Geschmack, den er sich bei ihrem roten Saft nur zu genau ausmalen konnte. Seine verklärten Augen suchten nach ihrem Gesicht, etwas in ihm wollte sie warnen, vor ihm zu flüchten und doch fühlte er sich zu ihr hingezogen. In ihren schlanken Armen, deren Ärmel nur bis zu den Ellbogen reichten, lagen sicher geborgen einige weiße säuberlich gefaltete Laken. Ihre grauen Augen bohrten sich mit einem gnadenlosen Blick in die seinen und ohne sich auch nur ihm geringsten ablenken zu lassen, schritt sie weiter auf ihn zu. Er schluckte, wich erneut vor ihr zurück, doch seine Augen konnten sich nicht von ihren lösen. Es war das erste Mal seit Ewigkeiten, dass er wieder einer Frau gegenüber stand. Aber schmerzlichst meldete sich auch sein Instinkt wieder zu Wort und deutlich brannte sich das Verlangen nach ihrem Blut in seine Innereien. Warum musste er nur so einem Wesen begegnen? Sie war ein Mensch, dass war so sicher, wie nichts anderes auf der Welt. Aber wer war sie? Ohne die frischen Laken auch nur ins Schwanken zu bringen griff sie nach seinem Arm. Ihre schlanken Finger schlangen sich kräftig und ohne die Absicht, ihn wieder loszulassen, darum und so zog ihn die schwarze Schönheit im Vorbeigehen mit sich. „Ich hätte nicht gedacht, dass du so schnell wieder zu dir kommst. Und schon gar nicht am Tag.“ Sie achtete nicht darauf, dass der junge Vampir ins Stolpern kam, verzweifelt versuchte, weiterhin aufrecht zu laufen, und sich nur mit Mühe und Not von diesem Schock erholte. „Immerhin hast du doch wirklich drei Tage durchgepennt. Na ja, der Herr hat dich aber auch ganz schön zugerichtet.“ ‚Was?’ Er konnte nicht einmal dieses Wort aussprechen. Als würde jemand seine Kehle mit aller Gewalt zusammen pressen, einen eisernen viel zu kleinen Ring darum legen, so kam es ihm vor. Mit schmerzhaft pochendem Herzen stolperte er hinter ihr her, versuchte mit seinem linken Arm die Balance nicht gänzlich zu verlieren und starrte entsetzt auf. Noch nie war es ihm unter gekommen, dass er so einfach überwältigt wurde, ... von einem Menschen. Er spürte die Wärme ihrer Hand, doch sein Gehirn schien wie ausgeschaltet. Dumpf drang ihre Stimme bis zu ihm vor, rau und tief und doch mit diesem freundlichen, aber herablassend sanften Ton. Drei Tage? Sie stieß die Tür auf, an der die beiden nun angekommen waren. Das warme Licht von Kerzen drang in ihre weit offenen Pupillen und brachte sie kurz zum Innehalten. Erst jetzt löste sich ihre Hand von seinem Arm und ohne eine Erklärung trat sie auf einen großen Schrank zu. Mit der nun freien Hand öffnete sie die hölzernen Türen und legte die sauberen Laken in eines der vielen Regale. Sie blickte sich beim Schließen kurz um und schweifte dann wieder zu ihrem neu erkorenen Opfer zurück. Dabei trat sie auf den einzigen Tisch zu, der in der Mitte des Raumes stand. Unsicher schlossen sich seine Finger um die Kante der Tür und so verharrte er an der Stelle, an der sie ihn für unwichtig erklärt hatte. Jede ihrer Bewegungen schienen ihn zu verhöhnen und die grauen Augen, die kurz zu ihm zurück blickten lachten ihn leuchten an. Die Hitze, die sich auf seine Wangen legte, konnte er nicht einordnen. Sein schmerzhaft schlagendes Herz schien die Antwort schreiend durch jede Arterie, jede Ader bis hin in jedes Organ zu verkünden. Der helle Raum war mit vier an die Wände gerückten Schränken ausgestattet, der Tisch in der Mitte um den kein Stuhl stand und eine große mit schweren Wollvorhängen verdeckte Fensterfront. Das Blau war leichter, sanfter und freundlicher als das ihres Kleides. Nur einen Atemzug lag blickte sie auf den Tisch, bevor sie sich dazu entschloss, doch ihrem ersten Entschluss zu folgen. Sie ging auf einen der mahagonifarbenen Schränke zu und holte zwei weiße Handtücher hervor. Seufzend schaute sie zurück und ein teuflisches Lächeln huschte auf ihre vollen Lippen. „Hej, was ist? Sag mir nicht, du hast Angst, Kleiner!“ Den Blick leicht gesenkt und doch hocherhobener Haltung lenkte sie ihren Weg auf den nun ganz verwirrten Vampir zu. Ihre Brust deutlich nach vorne präsentierend drückte sie ihm die Handtücher in die Arme. Das gefährliche Funkeln ihrer grauen Augen signalisierte die Leidenschaft, die ihm auf unwirkliche Weise Angst einjagte. „Keinen Durst?“ Mit einer fliesenden Bewegung strich sie den Hals freilegend ihre Haare zurück. „Na komm, du wirst doch sicher nichts gegen eine leichte Stärkung haben!“ Ihre tiefe Stimme brachte die Luft leise zum Flirren, selbst da sie nur gehaucht war. Sanft drängte sie ihre weiblichen Formen an seinen Körper und legte den Kopf schräg. „Komm…!“ Flüsternd zog sie sein Gesicht näher an ihre pochende Ader. Schmiegte sich wie eine junge Katze an ihn und sanft berührten ihre Lippen seine Wangen. Unsicher verkrampften sich seine Finger im weichen Weiß der Handtücher. Was wollte sie? Nicht eine Sekunde lang glaubte er daran, dass sie ihm wirklich ihr Blut anbot. Langsam trübte sich das Bild vor seinen Augen, Hitze stieg in ihm auf und leise keuchend schloss er seine Lider. Er wollte ausweichen, wollte zurück treten, doch da legten sich ihre warmen Hände an sein Gesicht und zogen ihn zu ihr herunter. In seinen Ohren dröhnte der Rhythmus ihres Blutes wider, er konnte ihre Herzschläge mitzählen. Der liebliche Duft von Nelken stieg ihm in die Nase, ließ ihn in eine andere Zeit tauchen, an das denken, was einst einmal gewesen war. Ohne es zu wollen, öffneten sich seine Lippen. Die weißen, scharfen Zähne kamen zum Vorschein, um sich vorsichtig in ihre Haut zu drücken. Erschrocken spannten sich seine Muskeln, biss er sich auf seine eigene Unterlippe, als er den schmerzhaften Schlag in seinen Magen spürte. Verwirrt stolperte er zurück, seine aufgerissenen Augen sahen nur noch die verschwimmende Schwärze. Gnadenlos drang in sein Bewusstsein ein, wie der Boden unter seinen Füßen verschwand und er hart mit der Schulter gegen die Tür schlug. Erst als ein unterdrückter Schrei seiner Kehle entfloh brach ein stechender Schmerz durch seinen ganzen Leib. Blutige Tränen sammelten sich in seinen Augenwinkeln, die Ellenboden aufgerissen, der Hals verrenkt. Sein Herz schwieg in der Stille, die sich leer in allem von ihm ausbreitete. Ungerührt betrachtete sie den auf dem Boden liegenden Vampir. Ihre grauen Augen funkelten und mit einem Mal breitete sich ein gehässiges Lächeln auf ihren Lippen aus. „Glaubst du wirklich, ich würde zulassen, dass so ein minderwertiges Etwas von meinem Blut trink?“ Ihr Lachen hallte durch den Flur, ihre schlanken Finger strichen wenige Falten aus ihrem Kleid. „Bitte, was willst du. Du bist nichts weiter als ein Kind!“ Ihre höhnischen Augen suchten nach jemandem, schweiften von ihm weg und wie ein Schleier legte sich eine Wärme in ihre Züge. Sie hatte es gewusst, hatte es gespürt. Ihre Arme griffen danach, die schlanken Finger zogen an dem blauen Stoff, schlossen sich um die Taille. Die gierigen Lippen suchten nach dem fordernden Mund und vertieften sich in einen innigen Kuss. Zwei starke Arme schlangen sich um den Körper des Schwarzhaarigen, drücken sie an sich und erwiderten die leidenschaftliche Begrüßung. Die Handtücher immer noch fest an sich gepresst rappelte sich der junge Blutsauger auf. Er hatte sich nicht gegen das Verlangen wehren können, auch wenn sein Verstand es ihm von Anfang an prophezeit hatte. Verwundert starrte er zu den beiden auf, die sich in ihrer Zärtlichkeit zu verlieren schienen. Unbegründete Angst stieg in ihm auf, während er dem Spiel der Feuerroten Haare folgte. Verlegen senkte er seinen Blick, die ohnehin schon mit einem Schimmer überzogenen Wangen verdeutlichten seine Gefühle noch. Mussten die beiden Frauen jetzt echt hier herum knutschen? „Geht es wieder?“ Fragend strich die Schwarzhaarige über die gerötete Wange ihrer Freundin. „Ich glaube, ich habe etwas überreagiert, Viktoria.“ Sie küsste die Stelle, an der ihre Hand mit aller Kraft zugeschlagen hatte. Das Lächeln ihrer Freundin verscheuchte die Besorgnis aus ihrem Blick und zufrieden schmiegte sie sich an diese. Viktoria trug ein ebenfalls blaues Kleid. Doch ihres war auf merkwürdige Weise anders geschnitten. Eine Korsage drückte die großen Brüste nach oben und zog sich bis zu den Hüften herunter. Davon abgehend legte sich der weiche Stoff um ihre schlanken Beine, spielte mit den weißen Rüschen darunter und verlor sich an ihren Knöcheln. Brüste und Arme waren mit straffgezogenem Stoff bedeckt, der sich nur bis vor die Ellenbogen legte. Langsam strich sie ihr durch die schwarzen Haare und ließ ihre geschickten Finger über ihren Rücken gleiten. Das leise Schnurren bestätigte sie und war gleichzeitig eine Aufforderung weiter zu gehen. Das Säuseln an ihrem Ohr ließ einen rötlichen Schimmer auf ihre Wangen schleichen und legte etwas Lüsternes in ihren Blick. Die grünen Augen huschten kurz zu dem jungen Vampir, der verlegen und verschüchtert auf dem Boden kauerte, die weißen Handtücher immer noch fest umklammert. Von ihre Lippen flohen Worte, die auch die Schwarzhaarige aufschauen ließen und ein hinterhältiges und provozierendes Lächeln um ihre Mundwinkel erweckte. Wie von einer unsichtbaren Macht auseinander getrieben, lösten sich die schlanken Körper von einander und die Schwarzhaarige verschwand wieder in dem Raum, den sie vor wenigen Augenblicken noch betreten hatte. Ihre Finger schlossen sich zärtlich um seine Arme und zogen den jungen Blutsauger an ihre Brust. Die tiefen Augen drangen in die seinen, verschleierten gänzlich seine Gedanken, und warm drückte sich der weibliche Leib an seinen. Bevor er noch einen Ton des Protestes von sich geben konnten, legten sich die glühenden Lippen auf den stummen Mund und ohne Widerstand zu finden bahnte sich ihre Zunge zu ihm hindurch. Erschrocken zuckte er zusammen, als sich auch noch von hinten jemand an ihn drückte und zwei suchende Hände um seine Brustkorb wanderten. Hilflos stürzte er innerlich in einen Abgrund, der noch tiefer schien, als alles, was bisher geschehen war. Die Wärme, die ihn plötzlich umgab erfüllte seinen ganzen kalten Leib und wehrlos ergab er sich in die übermächtigen Handlungen der beiden Schönheiten. Schmerzhaft schlug sein Herz, stechend, die Rippen bis zum Äußersten belastend. Er brauchte keine Luft, doch je länger die warmen Lippen seinen Mund verschlossen, desto stärker wurde der Drang danach. Er wollte sie von sich stoßen. Er wollte sich ihrer Umarmung entziehen. Vergeblich! Leicht drückten sich Zähne in sein Genick. Tränen von rotem Blut sammelten sich und liefen über die hochroten Wangen. Er bemerkte nicht, wie sie ihn mit sich zogen, er immer weiter von dem gerissen wurde, was ihm bekannt schien. Ihr Verstand meldete sich schon längst nicht mehr. Sie wusste, dass das Wasser still vor sich hin dampfte. Sie konnte vor ihren geschlossenen Lidern förmlich die weißen Schwaden sehen, die den ganzen Raum ausfüllten, sich auf den Spiegel legten und ihn mit einem feuchten Schleier überzog. Mit einer Hand stieß sie die Tür auf, spürte die schwüle Hitze, die ihr entgegen schlug. Ihre Hände strichen über die Brust des Jungen, waren unter das Hemd gewandert. Die schwarzen Haare hingen in wilden Strähnen um ihren Rücken. Mit verklärtem Blick schaute sie über sein Schulter und blickte in die verschleierten Augen ihrer Freundin. Mit einem hingebungsvollen Seufzend antwortete sie, als die kräftigen Hände der Rothaarigen über ihre Hüften strichen und sich aufwärts bewegten. Sanft zog sie den Reisverschluss herunter und streifte genießend den weichen Stoff von der glühenden Haut. Wie in einer Trance gefangen schlangen sich ihre Arme um den Oberkörper des jungen Vampirs, berührten ihre Lippen immer wieder dessen Hals und Mund. Dieser wehrte sich nicht gegen ihre Bestimmtheit. War ihr ausgeliefert. Wie bewusst es ihr doch war. Scharf zog sie die Luft ein, als die flinken Hände Biancas nun ihrerseits das Kleid herunterstrichen. Sie hatte die Augen geschlossen und ihre Zähne vergruben sich in seinem Hals. Sie ahnte, dass seine Hilflosigkeit noch einen anderen Grund hatte. Seine Stimme war versiegt, seine spärlichen Versuche, sich gegen sie zu wehren längst vergessen. Ihre Wangen waren vor Erregung tief gefärbt, die Sinne längst nur noch auf eines ausgerichtet. Nichts konnte verhindern, dass die Männlichkeit tief in seiner Seele die Instinkte des Vampirdaseins überlagerte. Auch ein Vampir war ein Tier! Auch er war ein Lebewesen! Wie ein Schrei hallte das Reisen das Stoffes in ihren Ohren wider. Seine Erregung genau so deutlich wie ihr Verlangen. Sie trugen weder Büstenhalte noch die spitzenbesetzten Tangas. Ihre markelose Haut schmiegte sich nun an seine breite Brust. Sein zerrissenes Hemd fiel zu Boden, legte sich auf die mit einem feuchten Schleier überzogenen Fliesen. Sie streifte sich die Schuhe ab und mit einem teuflischen Lächeln wanderten ihre Hände zu seiner Hose. Die Angst in seinen Augen verdeutlichte ihre Vermutung. Es würde eh geschehen. Niemand konnte die beiden Frauen jetzt noch in ihrem Verlangen davon abbringen! Mit einem Mal schloss sich heißes Wasser um die verschlungenen Körper. Dampfend von weißen Schaumkronen überzogen schmiegte es sich um sie und erfüllte die ohnehin schon erhitzten Leiber mit einer Welle der wässrigen Glut. Er schnappte nach Luft, als die Wassermassen über ihm zusammen brachen, spürte, wie sich sein Mund damit füllte und versuchte sich wieder vom Grund abzustoßen. Kräftige Hände zogen ihn zurück nach oben, und doch knöpfte jemand seine Hose auf. Er wollte schreien, doch erneut pressten sich fordernde Lippen auf seine und etwas zog in tief ins Wasser. Seine Hände griffen nach ihren Oberarmen, wollten sie von sich drücken, doch da schlangen sich ihre Beine um seine Hüften. Die Schwarzhaarige löste sich von ihm, gab seinen Rücken wieder frei und suchte sich ein neues Ziel. Sie wussten, er würde sich nicht wehren. Sie wussten, er würde ihnen nicht das geben, was sie wollten. Sie drückte ihn gegen die kalte Wand des Beckens, klammerte sich am Rand fest und begann ihren Leib rhythmisch zu bewegen. Bianca schmiegte sich an sie und ihre Hände legten sich um ihre weichen Brüste. Ihre heiseren Stimmen erfüllten die Luft, sich gegenseitig abwechselnd, verwöhnend. Sie gaben ihn nicht frei, ließen ihm nicht einmal die Zeit nach Luft zu schnappen und zogen ihre Fingernägel über seine Haut. Ihre Forderungen wurden stärker, unbeherrschter, bis sie sich nahmen, was sie wollten. Ein Schrei zerriss ihr Stöhnen, als sich die Rothaarige aufdrängte, ihn gänzlich in sich aufnahm und bis zum Äußersten reizte. Sie spürte, wie er unter ihr verkrampfte, sein pochendes Herz mit einem Mal zum Schweigen kam, und alles an ihm inne zu halten schien. Sie bäumte sich auf, konnte der Anspannung nicht mehr stand halten, die sie zu verzehren drohte. Nur der gnadenlose Biss Biancas hielt sie noch zurück. Es war soweit. Mit einem gellenden Schrei gruben sich ihre Fingernägel in seine Schulter, seine Hände an ihre Hüften. Zum ersten Mal presste er ihren Leib dicht an seinen, wollte sie nicht gewähren lassen und war ihr doch wieder ausgeliefert. Schmerzhaft, bis zum Zerreisen gespannt zeichneten sich seine Muskeln unter seiner Haut ab. Sie konnte fühlen, wie er sich in sie ergoss. Mit geschlossenen Augen verharrte sie, qualvolle, Herzschlaglose Sekundenbruchteile. Kaum das die Erlösung sich in ihr ausbreitete, verloren sich ihre Gedanken schon erneut. Sie löste sich von ihm, spürte, wie kraftlos er zusammen sank. Lächeln zog sie ihn noch einmal zu sich heran und zwang ihm einen andauernden Kuss auf. Sie hatte bekommen, was sie wollte. Doch noch war nichts zuende. Unbeachtet ließ sie gänzlich von ihm ab und gab nun ihrerseits die Zärtlichkeiten weiter. Das heiße Wasser schmiegte sich an ihre Haut und wurde doch plötzlich verdrängt. Mit offenen Armen empfing sie den eigentlichen Grund ihrer Begierde und war nur all zu bereit, auch deren Verlangen zu stillen. Ihre Hände strichen den Rücken der Schwarzhaarigen entlang, ihr Mund wurde längst von süchtigen Lippen eingefordert. Die schlanken Finger zogen die Wirbelsäule nach, gingen immer tiefer. Langsam schob sie die junge Frau weiter nach oben, hatte den Kuss gelöst und nun spielte ihr Mund mit den weichen Brüsten. Ihre Zunge leckte spielerisch über die Brustwarzen und biss zärtlich hinein. Ein leiser Aufschrei verlor sich in heiserem Stöhnen. Ihre Augen geschlossen ergab sie sich in die Verführung ihrer Freundin. Die schwarzen Haare klebten nass am Rücken, die Hände auf den Schulter der anderen abgestützt. Die Oberschenkel hatte sie fest um den Oberkörper ihrer Freundin geschlungen, sich leicht an ihr reibend. Heißer Dampf stieg von ihren Körpern in die Luft, legte sich mit der Feuchtigkeit auf den Boden und die Wände. Ihre Stimmen in heiserer Erregung überschlagend brachen sich in der Stille. Das immer klarer werdende Wasser schmiegte sich an sie, spielte mit und schwappte in weichen Wellen an den Rand. Nichts hielt das brennende Verlangen in ihren Herzen noch zurück. Die kalten Fliesen im Rücken, die Beine breit gespreizt ergab sie sich in völliger Hingabe ihrer Freundin. Die schwarzen Haare in wilden Strähnen verklebt, um die Füße noch immer das glühende Wasser spürend. Ohne zu zögern hatte sie den schlanken Körper über den Rand des im Boden eingelassenen Beckens gehoben und strich mit ihren geübten Fingern über die weiche Haut. Ihre Lippen entlockten ihrem willigen Opfer Klänge, die verschwommen im Raum widerhallten. Immer verzehrender wurde die Sucht in ihren fleischlichen Körpern, brach ihren Verstand, ihren Willen in Tausende kleinster Splitter und ließ sie völlig in diesem Verlangen untergehen. Wie im Fieberwahn glühten die Leiber, erhitzt, von Wasser und Schweiß überzogen. Kapitel 6 --------- Sodalle, ihr wolltet es ja unbedingt, jetzt hab ich mich doch dazu entschieden, das neue Kapitel hoch zuladen. Und da ihr ja nun zu dritt seid, hab ich das Kapitel etwas länger gemacht, als die anderen waren. Aber es sind nur ca. 500 Worte! XD Jetzt gehört jedem von euch 33,3% !!! Mit besten Ostergrüßen! ^^ Euer Traumfänger! Und nun viel Spaß! Kapitel 6 Ein Lächeln zog sich über die bisher leicht verstimmten Züge. Ein unheilvolles Lächeln war es, das sich so plötzlich über diese Lippen schlich. Seine Lippen. Er war also wirklich noch Jungfrau gewesen! Schade, es hätte ihm ehrlich Spaß gemacht, diesen Bastard zu vernaschen. Aber nun hatte es ja schon seine Bedienstete übernommen. Viktoria hatte ihn entjungfert, ihn vergewaltigt, ihn... nein, da gab es nichts weiter. Sie hatte ihn vergewaltigt. Zufrieden blickte er auf den Fetus herunter, der wie durch ein Wunder alles überlebt hatte. Vieles war hier zerstört worden, nur durch eine einzige Sekunde, in der er nicht aufgepasst hatte. Einige seiner Experimente waren hinüber. Na ja, seine geschmeidigen Finger strichen über das dicke Glas, das dieses bisschen Leben beschützt hatte. Wie er es doch hasste. Wie er dieses Lächeln doch hasste! „Was ist?“ Die violetten Augen beobachteten ihn aus gebührender Entfernung. „Konntest du mal wieder nicht Drumherum kommen und mithören?“ Lupin lehnte sich zurück, er saß auf einem an die Wand gerückten Tisch. Ohne zu fragen hatte er die darauf stehenden Sachen zur Seite geräumt und ließ nun die Beine baumeln. Die schwarze Lederhose hatte mittlerweile an einigen Stellen Risse und auch das Hemd war nicht verschont geblieben. Die wirren dunklen Strähnen fielen über seine Schultern und auch, als er sich zurück gelehnte hatte, blieben sie dort. „Tja, nicht jeder ist so wie du!“ Lächelnd drehte er sich zu dem zweiten Blutsauger um und strich sich leicht durch die weißen Haare. Er tat es nur, weil es eine Geste war, die sein Gegenüber auf den Tod nicht ausstehen konnte. Wieder strich er durch die langen Strähnen und zwirbelte sie um seinen rechten Zeigefinger. „Ich kann nun mal nicht so wie du leidenschaftliches Stöhnen einfach ignorieren, es ausblenden, ja fast auslöschen.“ In seiner Stimme lag dieser provozierende Ton, heiser, erregt. Er hätte nicht hinhören sollen! Die eingebildete, nicht existente Hitze breitete sich wie Gift in seiner Seele aus. „Ich kann eben nicht weg hören, wenn sich zweie derart lieben, oder sollte ich lieber sagen, wenn Viktoria wieder über alles mögliche herfällt?“ Lupin schaute entsetzt auf. Er hatte ihn gehört, diesen Tonfall. Warum war er nicht gleich wieder verschwunden? Er hatte es doch gewusst, als er die flüsternden Worte der beiden Frauen hörte. Er hatte doch gewusst, dass dieser Bastard aussichtslos vernascht werden würde, wie es dann weiter gehen würde, wie es... ... ihm dann gehen würde? ... ergehen würde? „Du hörst immer zu! Beschäftige dich lieber mit deinen Experimenten, notgeiler Vampir!“ Wütend verschränkte er die Arme vor der Brust, zog die Beine zu sich an und fixierte den anderen mit seinen Blicken. Er versuchte den aufkommenden Schmerz, der sich rasend durch seine Muskeln zog, nicht wahrzunehmen. Alles tat ihm noch weh. Luzifer war auch alles andere als zärtlich gewesen. Alles!!! Nur eben das nicht! War es Angst? Er war auch nach siebenhundert Jahren seinem Meister chancenlos unterlegen. Erst vor drei Nächten hatte er es zu spüren bekommen und spürte es immer noch. „Lupin, Lupin, deine Gedanken sind ziemlich wirr. Kannst du nicht mal mehr in vernünftigen Formen denken?“ Lächeln schritt er auf den sich zurück gezogenen Vampir zu. Er liebte es einfach und die Erregung war viel zu stark in ihm geworden, als dass er sie und seine Vorlieben ignorieren, ja gar übergehen würde. Immer noch war nur wenige Stockwerke über ihnen Viktoria damit beschäftigt, ihre Befriedigung an Bianca weiter zu geben. Das heisere Keuchen, das Stöhnen und Schreien hallte in seinen Ohren wider, vermischte sich mit den Gedanken seines ehemaligen Schülers und forderte ihn gänzlich dazu auf, erneut seinen Trieben nachzugeben. Wenn ihm nicht schnell etwas einfiel, und zwar ohne dass es Luzifer hören konnte, war es aus. „Ja, es ist Angst!“ Beantwortete er die Frage, die er sich selbst gestellt hatte und deutlich in den goldenen Augen zu erkennen war. „Und ganz anscheinend verhindert sie mit dem unbewusste Gedanken, dass ich dir eh ausgeliefert bin, dass ich MEINE Gedanken vor dir verschließen kann!“ Ein leichtes Zittern ergriff den schmerzenden Körper. Er musste etwas finden, dass den Weißhaarigen mehr interessierte, als ihn. Als seinen Körper. Immer näher war er ihm gekommen. Nichts hatte sich bisher in den Verstand des schwarzhaarigen Jägers geschlichen, das ihn auch nur Ansatz halber interessieren würde, mehr als die Angst, die er so in ihm auslöste. „Ich weiß...“ Lächeln drückte er die Knie herunter und blickte tief in die violetten Augen. Er musste wohl doch ein wenig nachhelfen. Denn immerhin konnte er auch nicht leugnen, dass er einen gewisse Vorliebe für das lustvolle Keuchen des Schwarzhaarigen entwickelt hatte. Wie von selbst tauchten die hypnotischen Augen in den Blick des anderen ein, der sich verzweifelt dagegen zu wehren versuchte. Zufrieden leckte er sich über die Lippen, nicht mehr lange und das Spiel konnte von vorne beginnen. REDFORT!!!! Wie eine Explosion erschien es in den Köpfen der beiden, brach mit dem Namen auch das Bild des blonden Priesters hervor. Verwundert starrte Luzifer auf sein Opfer herunter. Er hatte sich auf den Tisch gezogen und die Arme des anderen gegen die Wand gedrückt. Seine eigenen Knie links und rechts neben den Oberschenkeln Lupins auf der Tischplatte abgestützt und war schon kurz davor, zu beginnen, wonach es ihn jetzt beliebte. „Dich kann man nicht mal vergewaltigen, wenn man dazu Lust hat, was!“ Wütend verstärkte sich sein Griff um die Handgelenke und die goldenen Augen funkelten boshaft auf. „Kannst du dich nicht einmal einfach in dein Schicksal ergeben? Nein, jetzt kommst du mir auch noch mit diesem Typen an!“ Ein tiefes Knurren verriet, dass zwar die sexuelle Lust in dem unberechenbaren Vampir vergangen war, aber auch das nicht unbedingt erfreuliche Aussichten mit sich brachte. Langsam sackte er noch tiefer in sich zusammen. Die Hypnose vernebelte weiterhin seine Gedanken und machte es schwer, wirklich zu verstehen, was passierte. Er verzog das Gesicht, als er den Schmerz an seinen Handgelenken spürte. Irgendwie war er nicht wirklich weiter gekommen. Die Frage war nur, ob ein exstatischer oder ein wütender Luzifer schmerzhafter für ihn war! „Hej, ich hab es schon gehasst, bevor du mich gebissen hast! Und danach erstrecht!“ Langsam blickte er aus verklärten Augen auf. Vielleicht konnte er ... „Lass es einfach! Nur schon, weil ich es eh mitbekomme!“ Ein finsteres Lächeln zog sich über die Lippen des mächtigen Vampirs. Er wollte spielen und er würde spielen! „Gut, du willst also weiterhin versuchen, mir etwas anderes anzubieten als dich!“ Er beugte sich tief zu ihm herunter, küsste flüchtig den Hals seines ausgewählten Opfers und begann zu flüstern. „Es gibt einen guten Grund, warum Redfort mich seit so langer Zeit jagt. Nur mich!“ Er ließ sich auf den Schoß des anderen sinken und zog langsam die Arme wieder herunter. „Du bist nur ein widerwärtiges Biest, das ich erschaffen habe, und damit bist du nichts weiter als ein unwichtiges Ziel, mit dem er mir vielleicht ein wenig die Freude an meinem Dasein nehmen kann.“ Lächeln löste er den Griff um die Gelenke und hob leicht dessen Kinn an. Er konnte immer noch deutlich erkennen, wie die hypnotische Wirkung seines Blickes die Aufnahmefähigkeit seines „Schülers“ schwächte. „Du bist für ihn nichts wert. Du hast eine Nonne getötet. Nein, nicht einmal, du hast ihm eine neue Waffe gegeben. Ich habe mich nur einmal in den letzten Jahrhunderten nicht beherrschen können, und zwar vor drei Nächten.“ In seinen Augen funkelte die Erregung wieder auf. Doch diesmal war es eine andere, eine, die nicht auf fleischliche Lust zurückzuführen war. „Vampire sind der Tod, Lupin, sie verkörpern ihn! Ein Vampir, so wie er in seiner reinen Ursprungsform geboren war, giert nach dem Kampf. Etwas, dass du nicht verstehst. Du gierst nur nach Blut, so wie sie alle. Nicht nach dem Scherz, der uns sagt, dass wir existieren!“ Seine Hand vergrub sich in den Schwarzen Haaren und riss den Kopf des Schwarzhaarigen zurück. „Wir sind Masochisten, damit wir die Jahrhunderte überleben können. Aber wir sind auch Sadisten, damit wir nicht am Schmerz zugrunde gehen. An dem Schmerz, den wir denen zufügen, die uns das Gleiche antun. Den Schmerz, den wir eigentlich nicht fühlen, weil wir NICHTS fühlen, NICHTS empfinden! Lupin, wir sind TOT!“ Seine eindringliche Stimme brachte den Jüngeren zum Beben, alles an ihm begann zu zittern, als hätte ihn die Kälte ergriffen. Die Worte, selbst da er sie so jetzt nicht verstand, brannten sich in seinen Verstand ein, als hätte Luzifer sie mit einem glühenden Eisen eingeprägt. „Du bist schwach, deine Seele kennt nicht das Gefühl, selbst auf dem Schlachtfeld hast du es nicht begriffen. Du hasst es, wenn ich mich an dir vergreife, weil es in diesen Augenblicken in dir erwacht. Dieser sadistische Masochismus, dieser masochistische Sadismus! Es ist nicht die Tatsache, was ich mir dir mache, sonder das Gefühl, das du es geniest! Du verzehrst dich danach, in dem Augenblick, in dem es kein zurück mehr gibt. Du flehst mich an, nicht aufzuhören und wehrst dich, um den Schmerz intensiver zu empfinden.“ Lupin hatte die Augen geschlossen, ergab sich in die Verlorenheit, in den Nebel, in den die Stimme seines Meisters in stürzte. Obwohl er seit siebenhundert Jahren ein eigenständiger Vampir war, ja eigentlich schon länger, konnte er sich nicht dagegen wehren, wieder in diese Rolle gezwungen zu werden. „Nein...“ Er kannte die Macht, mit der Luzifer seine Opfer umgarnte. Dieser Vampir wusste wie kein anderer mit seinem hypnotischen Blick zu verführen, mit seiner Stimme willig zu machen. Fast jeder Vampir besaß diese Fähigkeiten, aber niemand verstand sie so zu benutzen. Keuchend sank er nach vorne, als der Griff um seine Haare sich löste. Zitternd vergruben sich seine Hände im Hemd des Weißhaarigen und vorsichtig legte er seinen Kopf darauf. Leer, und doch nicht. Wie von Watte ausgefüllt, wie von Nebel eingeschlossen... Mit einem Lächeln quittierte er die Reaktion seines Schülers. Er hatte nie einen gewollt, doch dann ergab es sich. Lupin war einfach in seinem Leben aufgetaucht und so hatte er begonnen, mit ihm zu spielen. Sein ganzes menschliches Leben hatte er zerstört, alles auf ihn gehetzt, bis niemand mehr mit dem 26 Jährigen etwas zu tun haben wollte. Für ihn hatte er die Hölle zur Erde geholt und dem jungen Mann alles genommen, wofür es sich lohnen würde, zu leben. Und schließlich auch das! Normalerweise sah er den Blutsauger als gleichgesinnt, gleichmächtig, ja, wie einen guten Freund an. Zärtlich strich er die schwarzen Strähnen zurück und küsste die weiche Haut des Halses. Es war genug! Er sollte ihn zurück hohlen, zurück aus dieser Trance. Es war immer noch so heiß. Kochend, als wollte es seine Haut verbrennen. Nur langsam bahnte sich in seinen Verstand der Ton der schwappenden Stille. Dieses Geräusch von Wasser aus dessen Tiefe Luft aufsteigt. Luft? Nein, es war nicht die Luft, sonder die Bewegung. Jemand war dort. Brachte das Wasser in Bewegung, weil er selbst in Bewegung war. Aber wo war er? Er selbst? Hände griffen nach seinen Armen, schlossen sich darum und drückten ihn zu Boden. Er spürte den Druck und es war fast so, als wäre er ihm vertraut. Aus der Dunkelheit flammte ein verschwommenes Bild auf, gepaart mit Schmerz und Hilflosigkeit. Mit Angst. Seine leeren Augen starrten sie an, seine Hände schlangen sich um ihre Oberarme und mit seinen angezogenen Beinen stieß er sich vom Grund ab. Wasser, es umgab ihn, umgab sie, ließ die feinen Strähnen roten Haares wie ein Feuer vor seinen Augen tanzen. Mit einem Donnern hallte das aufbrechen der Oberfläche in seinen Ohren wider. Die Lider wieder fest geschlossen, die Lippen aufeinander gepresst und den schreienden Schmerz seiner Muskeln verdrängend. Es fiel über seine Haut, tropfte von seinen Haaren und rann über seine Brust. Er hatte festen Boden unter den Füßen, zumindest für diesen Augenblick. Sein Herz schlug in einem hektischen Rhythmus, seine feuchtgefüllten Lungen sogen die Luft auf und stießen sie unverbraucht wieder aus. Wie ein Hund schüttelte er den Kopf, in Tausenden von Tropfen peitschte das Wasser die umstehende Luft und spritzte auf ihre Haut. Sie ließ ihn los, wollte zurückweichen, doch seine Hände hielten sie fest. Da war er wieder, dieser leere Blick. Sie hatte ihn eben schon gesehen. Dort unten auf dem Grund des Beckens. Sie kannte ja nicht einmal seinen Namen. „Es ist gut, du kannst mich wieder los lassen.“ Ihre ruhige Stimme drang langsam zu ihm durch, das Wasser rann über die immer noch glühende Haut und die nassen Haare klebten in roten Strähnen in ihrem Gesicht, auf den Schultern und dem Rücken. Sie spürte, wie die Tropfen sich ihren Weg zurück in die schwappenden Wellen bahnten, immer abwärst an ihrem schlanken Körper entlang. Es dauerte, bis sich auch der Griff des jungen Vampirs löste. Mit einem Lächeln nickte sie zum Dank und nun nahm sie sich die Zeit, ihn noch einmal eingehend zu betrachten. Sie kannte jeden Quadratzentimeter von ihm, jede Strähne seines Haares... Doch es waren eher die roten Striemen auf seinen Schultern, die ihren Blick erneut auf sich zogen. Sie hatte ihn entjungfert! Mehr noch, sie hatte ihn vergewaltigt! Innerlich stieg in ihr der Gedanke auf, zu warten, wann ihm diese Tatsache bewusst werden würde. Immerhin war er ein Vampir. Ihrer Erfahrung nach, nahmen sie es doch ziemlich übel, wenn man sie „missbrauchte“! Die Zweideutigkeit dieses Wortes lag ihr auf der Zunge und nur langsam fand ihr Blick den Weg zu seinen Augen zurück. Erstaunt schaute sie ihn zwei völlig leere glanzlose Steine. Ein schwerer Schleier schien sich über sie gelegt zu haben. Ja, vorhin hatte sie noch das Gefühl, als wären es keine Augen, sondern leuchtende, lebende Edelsteine. Luzifer mochte anders darüber denken, aber sie hatte selten so schöne Augen gesehen. „Es tut mir leid.“ Zögerlich streckte sie ihre Hand aus, strich sanft über die gerötete Wange das Jungen und lächelte traurig. Sie hatte nicht gedacht, dass er so reagieren würde. Doch höchstwahrscheinlich war es nicht nur das, was ihm eben zugestoßen war, sondern noch etwas, aus seiner Sicht, völlig banales. Ihre Worte hallten stumm in seinen Ohren wider. Er sah nicht wirklich, was sich da vor seinen Augen tat. Die unzähligen Wassertropfen rannen über die weiche Haut, er musste ihnen nicht folgen um zu wissen, wie ihr Weg aus den feuchten Haaren über die Brüste verlief. Es tat ihr leid? Sie hatte ihm mit das Schrecklichste angetan, was man einem Menschen nur antun konnte. Mensch? Er? Wie in Resignation versunken ließ er seinen Kopf hängen, reagierte nicht auf ihre flüchtige Berührung. Spürte nicht die Wärme ihrer Hände, als diese sich um sein Gesicht schlossen. Da war nur eine abgrundtiefe Leere in ihm. Die Worte der Rothaarigen verklangen ungehört, er verstand nicht, was sie wollte. Ihre weichen Brüste schmiegten sich an seine Brust, sie hatte ihre Haare zurück gestreift und nun lag ihr Hals frei. Nur langsam drang zu ihm durch, dass sie es wollte. Sie wollte, dass er sie biss! Wie von Eisen schwer schienen sich sein Muskeln zu spannen, als er sein Hände hob. Vorsichtig, als wäre der schlanke Körper aus zerbrechlichem Glas, legte er sie auf ihre rechte Schulter und an die linke Seite ihrer Hüfte. Die Augen geschlossen, das verschwommene Bild nicht mehr ertragend, vergruben sich sein Zähne in ihrem Fleisch. Immer tiefer drückte er sie hinein, schmeckte das warme Blut, das sofort aus der Wunde quoll. Es füllte seinen Gaumen, seinen Mund, bis es von selbst sein Kehle herunter rann. Seine Lippen schlossen sich fest um die feuchte, leicht aufgequollene Haut. Er konnte das bittere Beben seiner Seele bis in die letzte tote Zelle spüren. Sanft verstärkte sich sein Griff, der metallene Geschmack ließ langsam das Gefühl einer Existenz in seine Adern zurück fließen. Er war kein Mensch, die Vergewaltigung hatte seinem Körper kaum etwas getan, nichts weiter als ihm etwas seiner Kraft beraubt. Langsam wurde ihm bewusst, was diese Leere wirklich in ihm ausgelöst hatte. Der Schmerz, das Unwohlsein, der bittere Geschmack der Verzweifelung war alles nur der Streich seiner noch immer zu menschlichen Psyche gewesen. Vorsichtig begann er zu schlucken, er presste das Blut leicht aus dieser Wunde indem er saugte, den Druck der Lippen verstärkte. Bis er ihr Leben spürte! Wie aus einer Trance gerissen löste er den Biss, zog die scharfen Zähne behutsam aus ihrem Fleisch und leckte noch einmal über die gerötete Stelle. Das sollte genügen, damit nicht noch mehr Blut aus der Wunde floss, außerdem müsste sie so auch erheblich schneller wieder heilen. Er drückte sie ein Stück von sich und schaute ihr in die Augen. Ihr Blick war merkwürdig entrückt, wie von einer innerlichen Träumerei der Wirklichkeit entrissen. „Alles okay? Hab ich dir wehgetan?“ Seine Stimme schallte in ihren Gedanken wider, zeriss sie und ließ den Blick zurück in die Realität finden. „Ob du mir wehgetan hast? Das ist doch nicht dein Ernst, oder?“ Es war mehr Spott als Unglaube, der sich in ihre Worte mischte. Der Kleine da vor ihr konnte das einfach nicht ernst gemeint haben. Doch an seinem nun völlig verwundertem Gesichtsausdruck wurde sie einem besserem belehrt. Belustigt schüttelte sie den Kopf. Immer noch irritiert fuhren ihre Finger die Stelle nach, wo seine Zähne eingedrungen waren. „Nein, eben nicht. Ich habe ja nicht einmal mitbekommen, dass du mich gebissen hast. Du warst so vorsichtig, dass ich schon dachte, du tust es gar nicht mehr!“ Es war schon fast zu einer alltäglichen Gewohnheit geworden. Luzifer war nicht gerade ein Vampir, der etwas gegen das Teilen hatte und so kam es nicht selten vor, dass Bianca und sie wie eine lebende Blutbank fungieren durften. Beschweren gab es da nicht, höchstens noch die Hoffnung, halbwegs heil aus der Geschichte wieder herauszukommen. Sie drehte sich um, schritt durch das Wasser auf den Rand zu und zog sich an ihm hoch. In Perlen lief es ihren Rücken herunter und tropfte von ihren Oberschenkeln herab. Sie setzte sich, ließ ihre Beine durch das Wasser kreisen und beobachtete die aufkommenden Wellen. Bianca hinter ihr hatte sich vor den Spiegel gestellt und kämmte ihre schwarzen Haare. Sie hielt nichts von dieser Aktion, dass wusste Viktoria so genau. Ihre Freundin konnte nicht einmal Männer ab, von ihnen berührt oder gebissen zu werden, war ihr mehr als nur zu wider. Sie schaute auf, betrachtete den jungen Vampir und lächelte. „Wie heißt du eigentlich?“ Unsicher folgten seine braunen Augen ihren Bewegungen. Da war so vieles an ihr, dass ihn auch noch jetzt vor Schwarm erröten ließ. Es war schon verrückt, immerhin konnte er nicht sagen, dass er ihren Körper nicht kannte, denn auch wenn er es eben, ... vorhin??? Erst jetzt wurde ihm klar, dass auch hier sein Zeitgefühl versagte. „Ähm, weißt du, den hab ich irgendwie vergessen...“ Er spürte, wie seine Wangen nur noch intensiver durchblutet wurden, mit jedem Wort an Röte gewannen. Wieder kam ihm in den Sinn, dass es schon ewig her war, dass er sich überhaupt mit einer Frau unterhielt. Ein oder zwei Mal war er dann doch einem weiblichen Vampir begegnet, doch mehr als ein paar Worte waren nie zu Stande gekommen. Sie waren Einzelgänger, scheuten den Kontakt mit ihrer Art, ohne zu wissen, warum. Lachend strich sie sich durch die Haare. „Das kann doch nicht dein Ernst sein. Ich meine, man kann doch nicht so einfach seinen Namen vergessen. Und so alt bist du nun auch wieder nicht. Bestimmt kein halbes Jahrhundert.“ Ihre grünen Augen huschten zurück zu ihm und ließen ihn nicht einen Wimpernschlag außer Acht. Da war wieder dieses absolut untypische Verhalten, nicht nur das er rot wie eine Stellwand wurde, nein, er wich ihrem Blick auch noch aus. Was sollte das? Ihnen war ja von Anfang an klar gewesen, dass sie es hier mit einem jungen Vampir zu tun hatten, aber das es so schlimm sein würde, hätte sie nicht gedacht! Na gut, dann eben anders, wenn er schon nicht wusste, was er tun sollte, würde sie den Part eben übernehmen. Ohne noch einmal etwas zu sagen stand sie auf und zog sich gänzlich aus dem Wasser. Den unsicheren Blick des Blutsaugers auf ihrer Haut spürend, trat sie auf den Schrank zu, vor dem Bianca stand und durch den Spiegel hin die merkwürdige Szene beobachtete. Ihre Finger fuhren durch die fast vollständig trockenen Haare, die weiche Bürste strich die letzten Knoten heraus und nun fielen sie in weichen Wellen an ihren Schultern herunter. Wie eine schwarze Woge schmiegten sie sich an ihre Haut und lockten noch einmal Viktorias Aufmerksamkeit auf sich. Deren warme Fingerkuppen strichen zärtlich einige Strähnen beiseite und küssten die nun frei gewordenen Stellen. „Du bist dir also sicher?“ Ihre tiefe Stimme war ein Flüstern, nur für die Rothaarige gedacht. Nichts weiter als ein leises zustimmendes Lächeln beantwortete ihre Frage. Manchmal war es wirklich schwierig mit ihr zusammen zu sein. Ständig war es eine neue Zerreißprobe, ihre ganze Beziehung war nichts weiter als eine auf dürren Stelzen aufgebaute Hoffung. Kurz schweifte sie noch einmal zu dem Namenlosen ab, dessen verwirrter Blick auf ihnen ruhte, und wandte sich dann wieder ihrer Geliebten zu. Diese hatte sie leicht zur Seite gedrückt und den sich unter dem Spiegel befindlichen Schrank gehockt. Ihre nassen Haare klebten frech auf ihrem Rücken, ließen immer noch Wassertropfen über die weiche Haut laufen und schienen zu locken. Mit einem hinterhältigen Lächeln beugte sich Bianca zu dieser herunter und ihre Finger strichen ganz langsam und genüsslich die Wirbelsäule der Rothaarigen nach. Ein kleines protestierendes Lachen bestätigte sie nur noch und so zog sie ihren Weg ein zweites Mal nach. Dabei stürzten die feinen Haarsträhnen über ihre Schultern und streichelten sanft die noch feuchte Haut. „Hej, jetzt reicht es aber!“ Lachend drehte sie sich wieder um und hob den Blick zu ihrer Gespielen auf. In ihrer rechten Hand hielt sie eine gläserne Flasche und da sie sich mit der anderen abstützen musste, um nicht auf dem feuchten Boden auszurutschen, konnte sie sich nicht einmal wehren. Doch noch bevor ein weiteres Wort über ihre Lippen kam, spürte sie einen weichen Mund der sich auf ihren drückte und eine fordernde Zunge, die erneut um Einlass bat. Innerlich wollte sie die junge Frau von sich stoßen, doch gleichzeitig war es dieses Gefühl, das sie davon abhielt. Noch einmal zögernd öffneten sich ihre Lippen, ließen die fremde Zunge ein und stupste diese sofort an. Ein schmunzeln huschte in ihren Kuss, als sie zur Antwort leicht zurück gedrängt wurde und ihr der Platz in ihrem eigenen Mund geraubt wurde. Warm und feucht spürte sie die andere Zunge an ihrer, schmiegte sich vergnügt und genießend an, um sich gleichzeitig in den grauen Augen ihrer Geliebten zu verlieren. Aber irgendwann war immer einmal Schluss und dieser Augenblick musste jetzt sein. Sie hatte sich eben schon lange genug mit Bianca vergnügt und obendrein mussten sie ja auch noch einiges an Arbeit verrichten, die sich nicht von alleine tat. Unsicher folgten seine Augen den beiden, spürte er die glühende Hitze, als die jungen Frauen erneut in einem Kuss versanken und sich ihrer Liebe ausgiebig hingaben. Ohne es bewusst zu merken, drehte er sich um, schloss die Augen, um in einem tiefen Atemzug die Ruhe wieder zu gewinnen. Er konnte ja schließlich hier nicht schon wieder im Boden versinken. „Hej, hörst du mir eigentlich zu? Ich hab gesagt, du sollst her kommen!“ Die kräftige Stimme riss ihn aus seinem verzweifelten Versuch, ließ ihn erschrocken zusammen fahren und in der Drehung das Gleichgewicht verlieren. Er sah das Wasser auf sich zukommen, spürte, wie der Druck seiner Füße auf dem Boden verloren ging und sein gesamter Körper zur Seite gezogen wurde. Brechend schlug das klare Nass über ihm zusammen, brachte ihn automatisch dazu, die erschrockenen Augen zu schließen und einen unpassenden Schrei über seine Lippen entfliehen zu lassen. Kalt und ein wenig seifig drang das Wasser in seinen Mund, plötzlich ganz anders, als noch vor wenigen Momenten, in denen er schon einmal von ihm probiert hatte. Unerwartet riss er die Augen wieder auf, spürte einen innerlichen Impuls und bevor er noch verstand, was wirklich geschah, hatte er sich im Wasser gedreht. Seine Hände legten sich auf den gefliesten Boden und stießen ihn nach vorne ab. Nur wenige Zentimeter vor der Wand kam er wieder aus dem Wasser, die Arme automatisch nach vorne gestreckt, sodass sich seine Finger sofort um den Rand des Beckens schlossen. Seine braunen Augen schauten zu ihr auf, ein leicht verärgertes Zucken zeigte sich um seine Mundwinkel, als er ihr Lachen hörte und die sich anbahnenden Tränen in ihren halb geschlossenen Augen erkannte. Was war denn jetzt schon wieder so lustig? Ein unbewusstes Knurren entkam seiner Kehle und mit einer Bewegung zog er sich aus der Flut. „Ist irgendwas?“ Tiefer, mit einer Spur herausfordernder Selbstsicherheit kniete er auf dem Rand hatte seine Hände dicht neben sie gestützt und sich weit zur ihr vorgebeugt. Die scharfen Eckzähne wurden deutlich sichtbar, als sich ein strenges Lächeln auf seinen Lippen ausbreitete und er sie kurzerhand nach hinten drückte. Vorsichtig strichen seine Finger über die Stelle an ihrem Hals, in der sich vor nicht all zu langer seine Zähne vergraben hatten. Ihre grünen Augen weiteten sich erschrocken, als er so plötzlich vor ihr aus dem Wasser auftauchte. Sie erkannte das Zucken und hörte beunruhigt das leise Knurren, als er sich auf den Boden zog. Ganz anscheinend hatte er doch noch einen gewissen Instinkt als Vampir, der ihm nicht ganz in seiner Naivität verloren gegangen war. Oder besser, der in dieser Naivität überhaupt entstanden war. So gesehen musste er als Mensch wirklich zu denen gehört haben, die absolut herzensgut waren. Sonst hätte er sich das alles hier wohl nicht so lange gefallen lassen. Aber sonderlich beeindruckt war sie nicht davon. Immerhin hatte es schon mit durchaus anderen Vampiren zu tun gehabt. Wenn sie wollte, konnte sie das bisschen Selbstsicherheit zerschlagen wie eine kleine Glasfigur. Ehrlicherweise musste sie sich aber dennoch gestehen, dass ihr dieser plötzliche Wandel sehr wohl gefiel. Sie stellte die kleine Flasche neben sich auf den Boden und schaute tief in seine mittlerweile wieder so lebendigen Augen. Sie schienen förmlich zu leuchten, beinahe wie phosphorzierende Edelsteine. „Ich fand es einfach amüsant, wie du dich erschrocken hast, als ich dich gerufen habe.“ Das aufkommende Lachen verwunderte sie nun doch. Was sollte das? Hatte sie ihn so falsch eingeschätzt? Er war doch ein einfach gestricktes Wesen, da war sie sich so sicher wie der Liebe Biancas zu ihr! Aber als sich seine Hände um ihre Schultern legten, die Haare von ihrem Hals gestrichen, da wurde sie doch unsicherer. Gebieterisch erhob sich ihre Stimme über seinen Atem und klang leicht von den Wänden wider. „Hör auf, oder du wirst er erheblich bereuen!“ Erschrocken blinzelte er sie an, starte auf die warme Haut des Halses, vor dem seine gebleckten Zähne nur Zentimeter entfernt waren und spürte auch den festen Griff seiner Hände. Verwirrt zog er sich zurück, ließ sie los und fragend suchte er nach einer Antwort in ihren Augen. Was hatte er getan? Er konnte sich nur noch daran erinnern, dass er ins Wasser gestürzt war! Wie kam er jetzt hier her? Kapitel 7 --------- Kapitel 7 Vieles hatte sich seit dieser einen Nacht geändert. Ja, nicht nur sie, sondern die Nacht selbst hatte ihr ein anderes Gesicht offenbart. Ein Gesicht, das sie nun mit kalten Augen aus einer zerschlissenen, verfaulenden Fratze anstarrte und mit verkümmerten Händen der Dunkelheit nach ihr griff. Der Schmerz in ihrem Unterleib war noch verklungen, bevor sie die Augen ein weiteres Mal geöffnet hatte. Schande und Demut waren verschlungen von dem heimlich Kuss des Herrn, doch nicht die Erinnerung! Hässlich fraß sie sich in die nun nicht mehr kindliche Seele, hatte das zarte, feingeformte Gesicht mit dem Wissen der Erfahrung entstellt und aus dem freundlichen Wesen eine vorsichtige Frau gemacht. Wie geschworen, hatte sie das Kleid der Novizin abgelegt und trug nun aus weichem Wollstoff ein schwarzes Gewand, das sich verspielt um ihre Formen legte, Hüften und Brüste mehr betonte, als ihr lieb war, und auch die Sommersprossen erhielten nichts Kindliches mehr an ihr. Ein breiter Gürtel schmiegte sich um ihre Taille, nicht zur Zierde, an ihm war ein silberner Dolch befestigt, der in einem einfachen schwarzen Verschluss in ihrem Kleid verloren ging. Doch nicht nur dieser zeigte die Veränderung, ein gut versteckter Pflock ruhte an ihrer linken Seite dem Dolch gegenüber. Noch vor wenigen Tagen hätte sie niemals gedacht, dass sich außer einer silbernen Perlenkette mit einem reich verziertem Kreuz solche Dinge an ihrer Kleidung zu etwas wichtigem und allgegenwärtigen verwandeln würden. Sie hatte noch lange nicht alles gelernt, war noch ganz am Anfang, aber alles, was sie hörte, was ihr gezeigt wurde, nahm sie in ihrem Bestreben nach schmerzhafter Rache auf, ohne die Absicht, es jemals wieder zu vergessen. Was sie genau antrieb, wusste sie nicht. Was es der Hass, der durch diese abartige Schändung ihres Körpers in ihr aufgestiegen war? Oder kam genauso die Rache und der Wunsch der Vergeltung in ihr auf? War das nicht das selbe? Mit gefalteten Händen kniete sie vor dem hölzernen Kreuz vom Dämmerlicht umschlungen und in eine andere Wirklichkeit gezogen. Sie wusste in diesem Augenblick nur eines. Es war nicht der Wunsch, andere vor diesem Schicksal zu bewahren, sondern gänzlich der eigene getriebene Wille aus tiefster Persönlichkeit. Nur was es genau war, dass sie zu diesem Handeln brachte, konnte sie nicht sagen. Es würde noch dauern, bis sie die endgültige Weihe ablegen konnte, das Gelübde, um ihren Dienest dem Herren auf eine Weise zu erbringen, wie sie kaum einer kannte. In diesem fortschreitendem Nachmittag gefangen, nur noch an den eigenen Gedanken befindend und existierend war weder Zeit noch Welt um sie herum existent. Ihre Gedanken waren sprunghaft, während sie seit Stunden auf den Knien stumm stille Gebete sprach und doch nicht hörte, was ihre innerliche Stimme sagte. Ihre Augen geschlossen, das Licht der Gegenwart verdrängend und nichts mehr wahr nehmend. Noch immer sah sie sein Gesicht, konnte jede einzelne Schattenbildung in seinen Augen zeichnen, jeden Ton und jede Strähne seines seidig schwarzen Haares zählen. Es war seine Stimme, die immer und immer wieder, unaufhörlich in ihr widerhallend nach dem Pater fragte. Was hatte dieser Vampir mit ihm zu schaffen? Das fahle Licht schmiegte sich mit einem bitteren Nachgeschmack auf seine Haut. Es war das gleiche, dass er damals erblickt hatte, nachdem Luzifer in verlassen hatte. In der Nacht, in der sein Hass geboren wurde, aus der Schade war er auferstanden und schwor ihm den Tod! Wie gut konnte er sie doch verstehen! Doch was er nicht verstand, was die simple und völlig einfache Tatsache, dass sich immer alles wiederholte. Das, was die junge Frau in seine Arme getrieben hatte, war schon damals für das Unglaubliche verantwortlich gewesen, das ihn zum Vampirjäger gemacht hatte. Er wusste nicht, ob sein ehemaliger Lehrmeister das gleiche Schicksal durchlitten hatte. Wie oft war ihm diese Frage schon gekommen, welche Person hatte Luzifer sein Leben geraubt? Er wusste mehr über diesen Vampir, als sonst ein sterbliches Wesen, nicht einmal Lupin kannte den Weißhaarigen so gut wie er. Und dabei schien die Zeit doch viel kürzer, waren es nur Augenblicke, die sie sich immer gegenüberstanden. Augenblicke, die länger waren als die Ewigkeit. Diese Stadt war nicht nur einfach eine Stadt wie jede andere. Unter ihren Füßen, dort, wo selbst die Abwässer nicht mehr ihre Kanäle zogen, dort begann das wahre Herz, die eigentliche Seele dieser Gemeinschaft. Unsicher lag seine Hand noch immer auf der linken Seite seiner Hüfte, dort wo die scharfen Krallen ihr Opfer gesucht hatten. Dort würde sich eine weitere Narbe aus der Wunde bilden, seinen einstmals so athletischen Körper weiter verunstalten. Unter der schwarzen Robe versteckte er mehr Narben, als ein Jahrealter Holzpfahl, der sich der sicheren Hand eines Schwertmeisters zur Übung unterwerfen musste. Harte Krallen und scharfe Zähne hatten sich in das blutige Fleisch gebohrt, die Knochen waren schon etliche Male von starken Armen und erfahrenen Händen gebrochen worden, die Gelenke mit der selben Sicherheit ausgekugelt und überspannt. „Ich habe dir die Macht gegeben, dich von deiner Sünde reinzuwaschen! Ich gab dir einen Hauch meiner Macht, damit ein so erbärmliches Wesen wie du, mich töten kann! Komm und hole mich!“ Erschrocken zuckte sie zusammen, als der Schatten über ihr sich zu regen begann und plötzlich die Stimme erhob. Ihre verwirrten Augen starrten auf und doch verstand die junge Frau die Bedeutung dieser Worte nicht. Meinte er sie damit? „Was...?“ Unsicher legte sie eine unsichtbares Kreuz über ihrer Brust und erhob sich bedächtig. Leicht deutete die Rothaarige eine Verbeugung an und schaute dann wieder in die saphirgrünen Augen. „Der Herr würde niemals diese Worte sprechen und ich glaube nicht, dass es eure sind. Wer also hat sie gesprochen?“ Ein kaltes Kribbeln erfasste ihre Beine und zeigte ihr deutlich, wie weit die Zeit vorgerückt war und wankend versuchte sie das Gleichgewicht zu behalten. Die Schwärze vor ihren Augen ließ sie ängstlich zurückweichen, bevor sich warme Hände um sie schlossen. „Dein Kreislauf ist es nicht gewohnt, solange in solch einer Position zu ruhen...“ Weich schmiegten sich diese Worte in ihre Ohren und verdrängten für Herzschläge die vampirische Stimme. Langsam öffneten sich ihre klaren Augen und sie blickte zu ihm auf. „Wer hat dies gesagt? Das, was ihr eben zu mir sagtet, Pater, als ich vor dem Kreuz kniete!“ Seufzend drückte er den zitternden Leib an sich, ihre Muskeln zuckten, die Kälte und Feuchtigkeit des Kreuzganges hatte ihr viel Kraft abverlangt. Doch auch das konnte er verstehen, war es ihm vor Jahrzehnten ja nicht anders ergangen. Ebenso sicher war er sich, dass sie durch ihren Blick hindurch noch immer Lupins Gesicht sehen konnte und seine Stimme immer wieder die Worte wiederholte, die er ihr in dieser verhängnisvollen Nacht zugeflüstert hatte. „Jeder Vampir, so alt er auch sein mag, hat einen Meister, einen Schöpfer. Bis hin zum Urvater ist es bekannt, das Geheimnis des ersten Vampirs wir unter den ältesten und mächtigsten geschützt. Und so hat auch der Vampir, der dich angefallen hat, einen Namen und einen Meister. Lupin, wie der lateinische Wolf.“ Er schwieg und Beklemmnis legte sich um seinen Hals, als er ihr Nicken beobachtete. In ihren Augen war so deutlich zu erkennen, dass sie verstand, wieso es gerade dieser Name war. „Sein Meister, Graf Luzifer, hat diese Worte an mich gerichtet!“ Erschrocken klammerten sich ihre Hände fester in den groben Stoff der schwarzen Robe und deutlich rasten ihre Gedanken in ihrem Kopf. ... dich von dieser Sünde reinzuwaschen? Welcher Sünde? Was war dem Pater wiederfahren, dass es eine Sünde war? Was hatte dieser getan? ... gab dir einen Hauch meiner Macht? Welches dunkle Geheimnis trug dieser Mann in sich? In welcher Beziehung stand er wirklich zu diesen Vampiren? Warte, wenn Lupin, der Vampir, der sich ihrem Hass sicher sein konnte, die Schöpfung Luzifers war, und dieser diese Worte an den Mann gerichtet hatte, der jetzt vor ihr stand, dann... dann... Alles überschlug sich und plötzlich schloss sie nur noch die Augen und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Noch immer waren ihre Knie zu weich, um von alleine Halt zu bieten. Aber würde er ihr Antwort geben? Doch in all dieser Verlorenheit, in der seine Worte mit der Stimme Lupins verschwommen glaubte sie eine Antwort zu sehen. Wenn es wirklich das was, was in einem Hauch von Gedanken zu erscheinen schien, würde sich ein kalter Stein um ihr Herz schmiegen. Wenn es diese Sünde war, die auch ihrem Körper widerfahren war, wenn es die gleiche Art des Hasses aus tiefstem Herzen geboren war, wie weit lag dann ihr Leben von dem Mann entfernt, der sie nun in den Armen hielt? Gab es wirklich ein Leben nach dem Tod? Wenn ja, dann würde sie es verabscheuen! Wenn es wirklich das war, was ihr zugedacht würde, wäre die ewige Verdammnis ein besseres Schicksal. Wenn wirklich alles in dieser kalten Nacht gefangen ihr Herz verschlingen sollte, dann würde sie lieber den ewigen Tod wählen. „Lass mich sterben... bitte.“ Ihre zitternde Stimme schlang sich auf zu den hohen Mauern ihres Gefängnisses. Ungehört und doch vernommen, verklangen sie in der Schwärze, die sich seit Urzeiten in diesem Verließ erstreckte und die schwere von Sauerstoff verlassene Luft durchtränkte. Tränen hatten ihre helle Haut zerfurcht und die einst so strahlenden blonden Strähnen hingen in verdrecktem Grau von ihren Schultern herunter. Sie wollte nicht mehr leben, hatte alles bereits aufgegeben und sah nur noch das Elend, was sich erbarmungslos vor ihr erstreckte. Sie wollte nicht mehr hier in der Finsternis gefangen sein. „Lass mich endlich sterben...“ Ungerührt blickten ihre grünen Augen zu ihm herunter, während sie sich langsam aufrichtete. Ihre rechte Hand schloss sich dabei sorgsam um die kleine, gläserne Flache und ein herablassendes Lächeln schmiegte sich in ihre Züge. Er hatte es wirklich nicht verstanden. „Jedes Wesen hat angeborene Instinkte, der Verstand und die Psyche würden gar nicht überleben können, wenn es sie nicht gäbe. Auch bei Vampiren gibt es sie, nur sind sie erheblich stärker und vor allem tödlicher als bei einem normalen Lebewesen.“ Bianca schaute zu ihrer Geliebten herab, die noch immer halbwegs in der Hocke saß. Ihre Hand strich liebevoll die feuchte Schulter des auskühlenden Körpers. Und so gab sie das Wort an Viktoria weiter. Diese nickte und stieß sich gänzlich vom Boden ab, sodass nun beide Frauen nebeneinander standen und wie unüberwindbar vor dem jungen Vampir aufragten. „Du brauchst diese Instinkte, um überhaupt deinen Blutdurst zu stillen, du hättest mich eben nicht gebissen, wenn sie nicht immer aus deinem Unterbewusstsein in dein Handeln eingreifen würden. Ebenso ist es oft der Fall, wenn diese nicht richtig beherrscht werden, dass sie wie Impulse schubartig in Erscheinung treten und so wie eben die eigentliche Seite und der tierische Teil des Charakterzuges der Vampire zum Vorschein kommt.“ Verschüchtert und verwirrt starte er zu den beiden auf, die ihn wie ein kleines Kind längst völlig kontrollierten. Nur allein der scharfe Tonfall in Viktorias Stimme hatte diesen Überlebenstrieb zuschmettert und ihn nun zurück geholt. Verschwommene Bilder stiegen vor seinen Augen in seiner Erinnerung auf, verblassende Stimmen schwirrten in seinem Kopf. Was war eben geschehen? Er verstand es nicht, das zu ordnen, was sich vor ihm auftat und so ließ er sich in die Verlorenheit zurück sinken, die er schon die ganze Zeit über ersehnte. Seine braunen Augen verloren ihren Glanz und in sich gekehrt vergaß er auch noch die Umgebung. Lächelnd legten sich Biancas Lippen auf die ihrer geliebten Freundin und wusste noch im selben Herzschlag, dass sie sich in wenigen Momenten wieder nach dem Leben trachten würden. Es war schon eine merkwürdige Beziehung, die sie da führten, doch sie war auch auf ihre Weise unvergesslich. Der nun zaghaft und schmunzelnd erwiderte Kuss wurde schon kurz darauf gelöst und nun wendeten sich die beiden wieder ihrem Opfer zu. Der Kleine brauchte mehr, als nur ein paar teils aufschwemmende Instinkte, um hier zu überleben. Doch als erstes brauchte er mal ein trockenes Plätzchen. Ihr ernsthafter Blick drang in die grünen Augen ein und mit einem deutlichen Wink schickte sie die Rothaarige dorthin, wo sie eben noch ihre Haare getrocknet hatte. Ihre Gespielen würde sicher nicht widerstehen können und den jungen Vampir nach allen Regeln der Kunst ein weiteres mal verführen. Nur widerspenstig mit stummem Protest gab die andere ihr die gläserne Flasche und zog sich zurück. Das weiße Handtuch, das sich wohlig um den Körper der Schwarzhaarigen schlang, war Reiz genug um zu bleiben. Verwundert folgte er dem Spiel der beiden, ohne es zu begreifen. Noch immer war er in der Nacht gefangen, die er sich selbst geschaffen hatte und schloss seine Seele weit weg vom Hier und Jetzt. Erst als eine warme Hand sich auf seine Stirn legte und sein Kopf zurück gedrückt wurde, löste sich die innerliche Starre auf. Unsicher, was er tun sollte, gab er der leichten Kraft nach und legte den Kopf in den Nacken, um nach oben sehen zu können. Da war sie, die schwarze Schönheit, die ihm vorhin so brutal ihr Knie in den Magen gerammt hatte. Nun war ihr Blick nicht mehr herablassend oder provozierend, nein, jetzt lag beinahe etwas Mütterliches in ihren grauen Augen. Verwundert ließ er geschehen, was sie mit ihm machte und folgte ihrem Wink zurück zum Wasser. Ja, er wirkte wirklich wie ein kleines Kind, ihre zarten Hände fuhren durch seine Haare und genießend schloss er die müden Augen. Draußen herrschte immer noch der Tag und ob er nun wollte oder nicht, es zehrte mehr an seinen Kräften, als er erwartet hatte. Der beruhigende Rhythmus ihrer Hände, die sanft mit dem weißen Schaum spielten, verstärkten das Gefühl der trunkenen Trägheit noch und so brach auch der letzte Widerstand, der sich hätte aufbauen können. Noch immer war er wie berauscht von der einschläfernden Wirkung und so folgte sein Blick nur uninteressiert den Dingen, die sich nun vor ihm auftaten. Nur eine leichte Feuchtigkeit lag noch in den dunkelbraunen Strähnen und als das Brummen der unzähligen Stimmen und Herzschläge an seine Ohren drang, begriff er es nicht einmal. Warm schmiegte sich der weiche Stoff auf seine Haut, der grüne Pullover und die schwarze Jeans ergänzten sich wirklich gut und doch würdigte er sie keines Blickes. Alles in ihm war kurz vor dem Stillstand und ging nur noch um zu überleben, nicht um etwas zu erreichen. Das Bianca oder Viktoria mit ihm sprachen, hörte er zwar oder dachte es zumindest, aber ihre Worte verklangen, bevor sie seinen Verstand wirklich erreicht hatten. Der starke Geruch von Fett schlug ihm ins Gesicht und nicht nur der. Gewürze, Blut und frisches Fleisch, wie unwichtig. Er spürte nicht einmal das geringste Aufbegehren seiner vampirischen Seite, so berauscht war er noch immer von der eigenen Trunkenheit. Dort musste die Küche sein, von da kam auch der scharfe Geruch, den er so deutlich in alle Bestandteile aufzulösen wusste. Die große Schwingtür wurde mit Wucht geöffnet, die beiden Frauen machten überrascht einen Satz zurück, während seine Augen ungerührt der Bewegung der Tür folgte. Hart legte sich das aufschwingende Holz in seine ausgestreckte Hand und wurde so gnadenlos gestoppt. Ein leerer Blick, in dem sich doch leicht eine wissende Freude abzeichnete, traft die beiden Schönheiten, die ihn heute schon so oft gedemütigt hatten. Er sollte sich überlegen, ob er nicht doch einmal... Lächelnd blickte er auf das junge Mädchen herunter, die erschrocken zu ihm aufstarrte, als wäre ein ausgeklügelter Plan so eben von einer absoluten Nichtigkeit aufgehalten worden. Viktoria wollte gerade ansetzen und die so offensichtliche Tat, dieser übliche Angriff auf sie zur Rechenschaft ziehen, als sich die jugendliche Stimme erhob und ihr einen Strich durch die Rechnung machte. „Wenn du jemanden nicht töten willst, lass es sein. Mit 13 Jahren solltest du eigentlich wissen, dass so eine Aktion mehr als nur bescheuert ist!“ Überrascht beobachtete die Rothaarige, was hier vor sich ging. Sie hätte den Jungen nicht so eingeschätzt, dass er überhaupt was von sich gab. Das er die Tür schon einfach so aufgehalten hatte, brachte sie ja schon ins Trudeln. Allerdings schien die Kleine sich wieder gefasst zu haben und holte gleich zur nächsten Konterattacke aus. „Töten? Ich glaub, du hast nen Knall. Nur weil ich hier mal zufällig aus der Tür komme, wenn ihr dahinter steht, kann ich doch nichts dafür. Das ist dann wohl euer Problem und nicht meines!“ Ein teuflisches Lächeln zog sich über seine Lippen und unerwartet löste sich seine Hand von der Tür, die nur deswegen noch immer offen geblieben war. Schnell strichen seine kühlen Finger einige Haarsträhnen hinter ihr linkes Ohr und vergruben sich im nächsten Herzschlag fest in ihrem blonden Schopf. Während sich seine scharfen Zähne deutlich über seine Lippen abzeichneten beugte er sich weit zu ihr vor und küsste sie sacht zwischen die Schlüsselbeine. „Dein Herzschlag ist leider etwas zu schnell und was auch immer du mir vorwerfen magst, deine offensichtliche Lüge wird ja förmlich von deinem eigenen Blut verdeutlicht. Wenn du nicht zu lügen weißt, lass es lieber!“ Ein leises Räuspern, bestimmt und scharf löste den festen Griff der vorwitzigen Hand schnell wieder und der junge Vampir zog in der Bewegung noch die Tür wieder zurück, die sich gegen seinen Ellenbogen gestützt hatte, als sie nicht mehr von den unbeirrten Fingern gehalten wurde. Er trug immer noch dieses in sich gefangene Lächeln auf den Lippen und sah aus merkwürdig verklärten Augen zu der Rothaarigen auf. „Dein Blut war mehr als nur redlich, ich giere im Moment nach nichts mehr.“ Mit einem amüsierten Funkeln in den braunen Augen bemerkte er die schiere Überraschung, die seine Worte bei den beiden Frauen ausgelöst hatte, doch eher interessierte ihn der nun so unregelmäßige Herzschlag der 13 Jährigen, die erschrocken neben ihm stand. So huschte sein Blick wieder zurück zu ihr und er stellte belustigt fest, dass sie einige Schritte zurück gewichen war. Das Entsetzten lag deutlich in ihren Gesichtszügen und ihre rechte Hand war zitternd dort auf die Haut gepresst, wo eben seine Lippen diese berührt hatten. „Was ist, Angst?“ Höhnisch schwang die tiefe Stimme in der Luft und wartete doch auf keine Antwort. Ihr Herz schlug schnell, viel zu kräftig pumpte es ihr heißes Blut durch die Adern und zog so einen roten Schimmer über ihre Wangen, wobei die Augen ängstlich weit geöffnet waren. Da brauchet er keine Bestätigung mehr. „Uj, er hat ja doch mehr Rückrat, als ich dachte.“ Luzifer hob nur munter eine Augenbraue und warf den plötzlich so freudigen Vampir einen zweifelnden Blick zu. Es war wirklich nicht Lupins Art, sich darüber Gedanken zu machen. „Nun, wir können ihn ja ganz einfach wieder auf den Boden der Tatsachen zurück hohlen.“ Nun war er es, der einen skeptischen Blick erntete und belustigt wendete er sich dem nur um Zentimeter Kleineren zu. Es war schon erstaunlich, was für Ideen der Schwarzhaarige manchmal hatte. Das ausgerechnet er der Meinung war, dass vor der Küchentür nicht der richtige Ort sei, um seine Macht ein weiteres Mal zu demonstrieren, war beinahe schon lächerlich. „Na komm schon, oder willst du dir das etwa entgehen lassen?“ Sacht strich seine Hand den Arm seines ehemaligen Schülers, in dessen Augen noch immer eine gewisse Unlust zu lesen war. Nun, verständlich war es ja, immerhin hatte er sich einmal mehr genommen, wonach ihm der Sinn gestanden hatte. So ein Pech aber auch. Ja, so ein Pech für den Jüngeren, der noch bis zum Schuss versucht hatte, ihn davon abzuhalten. Doch Luzifer war niemand, der so schnell die Lust an der Umsetzung eines Gedankens verlor und so musste Lupin erneut der aufschäumenden Gier des Älteren unterliegen. Ein unterdrücktes Knurren floh von den schmalen Lippen, als er die heimlichen Boten der nur für einen Augenblick gestillten Lust erkannte. Was sollte dass nur werden? Jeder Muskel tat dem Schwarzhaarigen weh, seine Schritten waren nur noch mechanische Gewohnheit und seine innerliche Ruhe war bis ins Tiefste mit einer kalten Leere ausgefüllt. Was für einen Spaß konnte man eigentlich an der ... An dieser Stelle musste er seine eigenen Gedanken unterbrechen, denn er war vor wenigen Nächten nicht anders verfahren, nur dass er nicht ganz so gierig war, wie der heimtückische Vampir vor ihm. Seine violetten Augen folgten den Schritten des Weißhaarigen, er war mittlerweile stehen geblieben. Auf eine Konfrontation mit dem Hauspersonal und der gebieterischen Persönlichkeit des Grafen hatte er wirklich keine Lust. Es war schon zu viel geschehen, als dass er sich darauf ein weiteres Mal einlassen würde. Und mit Bianca und Viktoria wollte er auch kein Plauderstündchen halten. Vor allem, da erstere ihn auch nicht sonderlich ausstehen konnte. Nun, sie hasste Männer ebenso wie Vampire und er war beides, ein männlicher Vampir. So lehnte er sich nur mit verschränkten Armen an die Wand und beobachtete das Spiel, dass sich vor ihm entwickelte. Mal sehen, wie es aus ging. Nicht allein, weil er nicht wusste, wer der junge Vampir war, der die kleine Ive da so einfach ängstigte und erniedrigte. Luzifer hatte schnell alles Interesse an seinem bisherigen Gespielen verloren. Er gehörte in eine Kategorie, die im Gunde alle Fassetten überspannte und von jedem etwas in sich beherbergte. So richteten sich seine goldenen Augen auf die Kleine, die sich erschrocken und ängstlich zurück in den Türrahmen drängte und immer noch die eine Hand zwischen die Schlüsselbeine presste. Doch anstatt sie anzusprechen galten seine Worte der Rothaarigen. „Wie ich sehe, hast du es immer noch nicht geschafft, die einfachsten Aufgaben zu erledigen. Du siehst doch, wie leicht es ist, sie zu zügeln, wo liegt dein Problem?“ Er lächelte versonnen, nur das Funkeln in den Augen verriet die tödliche Wolllust, die sich in seiner Seele ausbreitete. „Oder liegt es vielleicht einfach nur daran, dass du zu oft abgelenkt bist?“ Mit einem Mal hob er den Kopf und fixierte Bianca. Das Lächeln entstellte sich zu einem falschen Grinsen, als seine Hand hervorschnellte und nach ihren schwarzen Haaren griff. Schmerzhaft riss er sie zurück, dass sie das Gleichgewicht verlor und in seine Arme stolperte. „Vielleicht sollte ich mein Personal einmal wieder etwas ausmustern. Ich habe so das Gefühl, es würde dir erheblich leichter fallen, dich auf deine Arbeiten zu konzentrieren, wenn du nicht immer von gewissen Dingen abgelenkt werden würdest!“ Seine kräftigen, plötzlich fünf Zentimeter langen Fingernägel legten sich an den Hals der Schwarzhaarigen und drückten sich leicht in die helle Haut. Ein erschrockener Schrei entfloh der bisher stummen Viktoria, als sie das ganze Ausmaß seiner Worte begriff. Kreidebleich wich sie zurück nur um erneut einen Schritt auf ihn zuzutreten. Mit zitternden Knien sank sie vor ihm auf den Boden und war doch zu entsetzt um einen Ton über ihre vollen Lippen zu bringen. Ja, es war wirklich selten, die sonst so schöne und vor allem stolze Viktoria so verzweifelt und verstört zu sehen. Sie saß mit wirren Strähnen, die in ihr bleiches Gesicht fielen, auf dem kalten Boden vor der immer noch offenen Küchentür. Die ersten Schaulustigen hatten sich heimlich in den Hintergrund gedrängt und schwer kam der fetthaltige Gestank des Kochens aus der Küche herausgeschwappt. Die violetten Augen leuchteten vor Schadenfreude und genüsslich lächelnd leckte sich Lupin über die Lippen. Es war doch immer wieder faszinierend, wie der doch so feminin aussehende Vampir alles in Angst und Schrecken versetzte. Nicht einmal zwei Minuten hatte er gebraucht und schon war die Erste ängstlich flehend vor ihm auf die Knie gefallen. Sein totes Herz machte einen Sprung, als ihm langsam schwante, wie dass alles weiter gehen könnte. „Wie ich sehe, scheinst du begriffen zu haben, warum es allgemein nicht gerade angebracht ist, sich gegen meinen Willen zu stellen.“ Das süffisante Lächeln, das sich über seine Lippen gezogen hatte, war nicht nur von einem gnadenlosen Schein durchzogen, ebenso spiegelte es die kaltherzige Boshaftigkeit in seinen Augen wider. Langsam drückten sich die weißlichen Nägel immer tiefer in die helle Haut und brachten die ersten roten Tropfen zum Vorschein. Er spürte, wie der junge Körper sich ängstlich angespannt hatte und mit einem leichten Zittern kalter Schweiß über die Haut lief. Beiden Frauen war die Ausweglosigkeit ihrer Situation klar, sie hatten weder etwas anzubieten noch eine andere Möglichkeit sich daraus zu befreien. Ihre einzige Hoffnung lag in der Gnade Luzifers, die er Viktoria gegenüber bringen konnte. Seiner Kehle entfloh ein kicherndes Lachen, als er die zitternden Hände sah, die sich steif in den Stoff des bläulichschwarzen Kleides krampften, bevor sie sich wieder lösten und flach auf den steinernen Boden gepresst wurden. Tief beugte sich die Rothaarige, Strähnen ihres Haares stürzten über die bedeckten Schultern, und die ersten Tränen rannen über die bleichen Wangen. Erst als sie auf ihrem Gesicht die Kälte des Steines spüren konnte, verharrte sie in dieser Position, doch kein Ton schaffte es, über ihre trockene Kehle. Sie war wie zugeschnürt, ihr Herz pochte in einem Rhythmus, der ihr Blut mit Hochdruck durch die Adern presste und ihren Atem stoßweise und flach nach Luft schnappen ließ. Tief sog er die Luft ein, sein Herz schlug schnell, viel zu schnell. Der Geruch lag süßlich scharf in ihr und noch einmal füllten sich seine Lungenflügel mit der unsichtbaren Wichtigkeit. Er verstand nicht mehr, was da vor sich ging, auch die Anwesenheit eines so mächtigen Vampirs, seines Herrn, drang nicht in sein Bewusstsein ein. Ganz von dieser Frau fasziniert, stand er da, die braunen Augen weit aufgerissen, nur sie sehend, von ihrer Schönheit und Angst gefangen. Er kannte sie als Göttin, stark und unerschütterlich mächtig, sie hatte ihn beherrscht, ihm ihren Willen aufgezwungen und mit ihm gespielt, wie es ihr beliebte. Doch nun kniete sie angstdurchzogen auf dem Boden und ihr Herz flehte in allerhöchster Not um das Leben ihrer Geliebten. Sie war hilflos, machtlos gezwungen, sich zu unterwerfen. Tränen benetzten den Boden, der vollständig von ihrem roten Haar versteckt wurde. Aber er konnte sie hören, die kleinen Tropfen, die Richtung Erde stürzten und auf dem Stein aufschlugen, zerplatzten und ruhen blieben. Das sollte sie sein? Diese Königin? Diese Herrscherin? Diese Beherrscherin? Langsam blinzelte er, versuchte sich aus dem Rausch zu befreien, doch auch hier unterlag er ihr. Ein Atemzug nach dem anderen, ein Herzschlag folgte dem nächsten. Er hörte ihr Blut, ihren Atem, ihre Tränen, ihr Herz.... Keuchend wich er zurück, immer stärker wurde das Verlangen, die tierische Bosheit, die aus seinem menschlichen Sein entstanden war, ergriff gänzlich seinen restlichen Verstand und drängte alles in die Verlorenheit, was noch dagegen ankämpfte. Er wollte sich in diesen roten Haaren verlieren, ihren Kopf rücksichtslos zurückreisen und seine Zähne mit einem freudigen Knurren ihn ihrem Hals versenken. Seine Nägel sollten ihre Haut zerreisen, sie aufschlitzen und entstellen. Kapitel 8 --------- Kapitel 8 Nein, er konnte nicht mehr. Aber er durfte nicht... Rote Tränen liefen über seine glühenden Wangen, stoßweise und abgehackt sog er die Luft ein, überladen von ihrem süßen Schweißgeruch und den fettigen Dämpfen der Küche. Hilflos drückte er seine rechte Hand zwischen die mächtigen Kiefer, die scharfen Zähne hatten sich tief in sein Fleisch gerammt. Nein, er durfte ihr nichts tun! Er wich immer weiter zurück, stieß mit seinem Rücken an jemanden, der sich hinter der Schwelle zur Küche gestellt hatte. Weit aufgerissen starrten seine Augen auf ihren Nacken, der sich nackt preisgab, das Licht schimmerte in ihren roten Haaren und sowohl der blutige Geruch aus den Schalen mit rohem Fleisch, wie auch das Glitzern und Funkeln der Strähnen ließ diesen unersättlichen Hunger aufsteigen, diese unerschütterliche, unaufhörliche Gier nach Blut. Er durfte nicht! Lupin konnte sich ein Lachen kaum noch verkneifen. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Der Kleine konnte sich kaum noch beherrschen, machte ihm die niedergeworfene Gestalt Viktorias so begierig, dass er sich selbst nötigen musste. Blut tropfte längst aus den Wunden der rechten Hand, in die sich dessen weiße Zähne geschlagen hatten. War es wirklich möglich, dass der kleine Vampir so schwächlich war, dass er nichts mehr um sich herum mitbekam? Immerhin stand sein neuer Meister vor ihm, eine Tatsache, die der Junge gar nicht erst wahrnahm! Und es war ebenso eine Tatsache, dass Luzifer ein solches Ignorieren bis aufs Äußerste unerträglich fand. Etwas, dass nicht gut ausgehen konnte. Wusste Lupin doch mit am besten, was passieren konnte, wenn Luzifer unausstehlich wurde, weil er etwas unerträglich fand. So hatte sich auch ein gewisser Schalk in die violetten Augen geschlichen, die von ferne beobachteten und auf deren dazugehörigen Lippen sich ein Lächeln breit machte, das verkniffen das Lachen unterdrückte. Wer hätte gedacht, dass es heute doch noch so amüsant werden könnte. Wie schwarzes Gift war das Gefühl der Zufriedenheit, der trunkenen Überheblichkeit in ihm aufgestiegen und vernebelte seine Sinne. Es war einfach nur berauschend, Seele und Stolz zu brechen, Herzen langsam zu zerfleischen und sich an ihrer Qual gütlich zu tun. Das Gold seiner Iris funkelte lüstern auf, als sich ihre roten Haare in einer Flut über den kalten Boden ergossen und sich das Licht blutigglitzernd darin brach. Es war ein mehr als ekstatischer Anblick, die sonst so herrschsüchtige Frau ängstlich flehend um das Leben ihrer Seelenverbundenen kämpfen zu sehen, indem sie sich selbst bis aufs Letzte demütigte. Er wusste genau, wie schwer ihrem Stolz diese völlige Aufgabe fiel, wie tief er damit bis in ihr Herz einen kalten Schmerz trieb. Es gab immerhin nicht viel, dass sie so sehr verletzten würde, wie der Verlust Biancas. Bis heute hatte er ihre Verbindung nicht begriffen, zwei Frauen, die selbst immer die Oberhand gewinnen wollen, die eine Hintertrieben, die andere offen kämpferisch. Oft genug hatte er ihre aufgebrachten Stimmen gehört, die voller Wut, ja, beinahe voller Hass gegeneinander getränkt waren und die Wunden und Spuren ihrer brutalen Auseinandersetzungen noch lange gesehen. Doch in diesem Augenblick spürte er den jungen Körper in seinen Armen starr, ein leichter Duft von Angst lag in der Luft, der sich deutlich mit dem Geruch des parfümierten Shampoos und des Duschgels mischte. Das sonst so laute Herz schlug nur in kleinen, krampfhaften Schlägen, die tiefen Lungen wurden nur mit dem Nötigsten an Luft gefüllt. Flach und unkontrolliert, verkrampft waren die Atemzüge, das Blut zirkulierte nicht mehr richtig in den vielen, unzähligen Adern. Wangen und Arme waren kreide bleich, die gesamte Haut von einer unnatürlichen Weiße überzogen. Die schwarzen Haare rundeten das helle Gesicht beinahe zu einem Schneewittchenbildnis ab, wäre da nicht das fehlende Rot der vollen Lippen. Die schwarzen Haare fiel leicht über seine Schultern, als Lupins Kopf sacht zur Seite neigte. Warum sollte er nicht dem Ganzen zu einer leicht anderen Wendung verhelfen? Es war für ihn ein Leichtes, den sowieso schon angestachelten Vampir dazu zu bringen, ihn weiter aufzuhetzen. In nur einem Gedanken stand er hinter dem Jungen und kurz schlossen sich die glühenden, violetten Augen. Luzifer hatte zumindest bisher noch kein Interesse an dem Neuankömmling gezeigt und auch dessen Ignorieren toleriert. Dann wollte er dem Ganzen mal einen Strich durch die Rechung machen. „Was ist? Warum hältst du dich zurück? Du hast es bisher nie in deinem Leben getan, warum also jetzt? Nimm dir, wonach du begehrst. Was ist schon dabei? Nichts sage ich dir!“ Seine Stimme war ein tiefes Flüstern, berauschend und eindringlich. Er war nicht so gut wie sein Meister, doch auch er verstand es, anderen seinen Willen aufzuzwängen, und sie zu Dingen zu überreden, gegen die sie sich bisher gewehrt hatten, denn alles in ihnen warnte sie vor der damit folgenden Gefahr. Nun konnte er deutlich die Anspannung sehen, die den jungen Vampir ergriff. Sein totes Herz schlug mit einem Mal überdeutlich und seine Lungen begannen sich tief mit Luft zu füllen. Ja, er hatte ihn gleich so weit! „Es ist dein Verlangen, es ist dein Instinkt. Hunger, er will gestillt werden. Dein Hunger. Sie ist nichts weiter als ein Spielzeug. Sie ist ein Mensch! Menschen sind nur unsere Beute, sehe sie wie wilde Tiere, sie haben keinen anderen Existenzgrund als uns zu dienen, unser Mahl zu sein!“ „Nun, dein Anblick ist wirklich königlich. Die Angst, mit der ihr die Luft sättigt, macht sie beinahe schneidend schwer. Aber ich sehe nur allein in dieser, nun, wie soll ich es nennen?“ Höhnisch durchbrach die widerwärtig klingende Stimme die Stille, welche nur von den Geräuschen der Herzen erfüllt wurde. „Ich glaube, völlige Demütigung ist eine gute Beschreibung.“ Kurz senkte er seinen Kopf weiter herab und seine feuchte Zunge leckte spielerisch über die langsam trocknenden Spuren roten Blutes, die aus den kleinen Wunden an Biancas Hals getropft waren. Noch immer waren seine Nägel in ihrer Haut versänkt und kurz stieß sie einen hohen Schrei aus, als sich selbige noch ein wenig tiefer bis in ihr Fleisch bohrten. „Wie schon gesagt, ich sehe nur allein in dieser völligen Demütigung noch immer keine Begründung, das Spiel hier und jetzt zu beenden, zu deinen Gunsten! Warum also sollte ich?“ Er wusste genau, dass sie nichts hatte, was er nicht schon besaß. Es gab keine Antwort, die ihn hätte milde stellen können, gab keinen Grund, die Schwarzhaarige am Leben zu lassen. Eine Tatsache, die den beiden Frauen ebenso klar war, wie ihm. Er liebte dieses Spiel, konnte nie genug davon bekommen, sie immer und immer wieder von Neuem in diese Unterwürfigkeit zu zwingen und dabei bis in den letzten Winkel ihrer Seele Schmerz und Angst zu jagen. „Du bist ja so still, Viktoria! Willst du denn gar keinen Vorschlag machen?“ Er hörte ihr Herz einen Schlag aussetzen, sanft küssten seine Lippen die schneeweiße, kalte Haut und mit einem diabolischen Lächeln sprach er aus, was die beiden seit Jahren zu tiefst fürchteten. „Nun, dann habe ich auch keine weitere Verwendung für sie!“ Die tiefe Stimme klang in seinen Ohren wider, versprach, was er längst haben wollte. Ja, warum eigentlich nicht? Seine braunen Augen schlossen sich, bevor sie mit einem vampirischen Glanz wieder auf die Rothaarige starrten. Da war er wieder, dieser unstillbare Hunger. Schmerzhaft zog sich sein Magen zusammen, all seine Eingeweide schienen wie brennend in seinem Leib zu wabern, sich selbst zu umschlingen und in einem fort nur um Blut zu winseln. Ein Zittern ergriff seinen Körper und behutsam löste sich seine rechte Hand aus den scharfen Fangzähnen. Ja, Menschen waren nur ihre Beute. Wofür sonst waren sie gut? Sie zerstörten, raubten und mordeten, nicht aus einem Überlebenstrieb, sonder aus eigenem Interesse und Vorteil. Wie erbärmlich sie doch waren, und dann so verletzlich. Warum nicht? Warum sollten sie nicht einfach nur Beute sein? Die mächtigen Kiefer knirschten, als sich die gelbenweißen Zähne aufeinander pressten. Luzifers Worte verklangen, bevor sie ihn erreichten, auch die Angst der Schwarzhaarigen drang nicht in sein Bewusstsein ein. Nur allein die Stimme, die hinter ihm an seinem Ohr säuselte, verschaffte sich Gehör. Sein Blut begann förmlich zu kochen, heiß schien es ihm, quetschte es sich durch seine Adern. Ja, warum sollte er nicht? In einem Sekundenbruchteil spannten sich alle Muskeln in dem jungen Körper an, er schnellte vor, wie ein zu früh abgeschossener Pfeil, der doch genau sein Ziel fixiert hatte. Seine Augen waren nur auf den unbedeckten Nacken der Rothaarigen gerichtet, wie phosphorzierend glänzten sie in dem sonst so verzerrten Gesicht. Er hatte diesen der Welt völlig entrückten Blick. Ein brutaler Schmerz zog sich durch seinen Unterleib. Schreiend schien alles in ihm zu gefrieren, seine Muskeln hielten noch in dem Augenblick ihrer Existenz auf mit der Zeit zu gehen, in dem sein Bewusstsein in der Nacht versank. Er spürte nur noch die kalte Taubheit, die alles ausfüllte. Sein Blut erstarrte, die Lunge presste sich zusammen und ein riesiges Loch klaffte auf seiner Bauchdecke. Eingeweide stürzten zu Boden, als sich die Hand wieder aus dem weichen Fleisch löste und noch einmal flackerten die braunen Augen auf. Das glühende Gold, in das er starrte, war von einem blutigen Rot durchzogen. Er hatte Angst. Angst vor dem Hier und Jetzt, Angst vor dem Kommenden, Angst vor dem Sein. Stumm löste sich ein Schrei von den leicht geöffneten Lippen, doch kein Laut entwich. Der Oberkörper verlor den Halt, langsam, wie in Zeitlupe, stürzte er vor, kippte einfach nach vorne und hart schlug sein Kopf auf den kalten Fliesen auf. Blut sammelte sich um den jungen Leib, der wie gefangen nicht auch nur eine Faser zu bewegen schien. Schwarze Dunkelheit umschloss ihn, doch noch immer klang eine Stimme in seinem leeren Kopf wieder, eine kalte, herablassende Stimme. Er hörte keine Worte, es war nur ein Lachen, gehässig, herabwürdigend. Ja, er war nichts, ein Niemand. Das musste er verstehen. Seine Existenz spielte keine Rolle. Er hatte nicht die Möglichkeit, sich zu nehmen, was er wollte, denn er besaß nicht das Recht dazu. So ein gottverlassener Bastard wie er konnte von nichts anderem als der Gnade anderer leben, wenn sie ihn nicht mehr wollten, nun, dann war es vorbei. Der Schnitt in seinem Hals, der den Kopf fast gänzlich vom Rumpf trennte, sorgte für ein müdes Zucken der Reflexe. Er war tot. Ja, das war er. Langsam fuhr eine glühende Scheide durch seine Lunge, stach zwischen die sich treffenden Rippen und nachdem sie in eben diesem gnadenlosen Sein wieder aus seinem Brustkorb gezogen worden war, griffen zwei große, feingliedrige Hände in die Wunde, nein, er wusste, was jetzt kam. Er schloss die eh schon blinden Augen und wartete. Die Finger griffen in sein Brustbein, der Knochen war mit einem scharfen Schnitt geteilt und nun war klar, was folgte. Mit einem Ruck wurden die Hände wieder zurück gerissen, die Rippen weit ausgebrochen und der gesamte Oberkörper verlor seine menschliche Form. Kein Ton war zu hören, der auf Schmerzen schloss. Nur das leise Krachen der Knochen gab sich zu behaupten. Er hatte es ja verdient. Ein kaltes Zucken kündigte den Schnitt des Dolches an, der sich an den großen Muskel gesetzt hatte. Ein Muskel, der dafür bestimmt war, das Leben zu bewahren. Er presste und quoll auf, presste wieder, nur um erneut sich aufzublähen. Ja, er sorgte für ein stetiges Pulsieren im Körper. Nun war er freigelegt. Der kurze Schnitt war kaum noch zu begreifen, so schnell war er auch wieder beendet worden. Der Muskel fehlte. Er fehlte. Er hatte kein Herz mehr. Da war sie wieder, diese Stimme. Leise lachte sie, machte sich über ihn lustig, sagte ihm, wie dumm er doch sei. Nein, er wollte nicht. Der Luftzug auf seinem Gesicht machte klar, wie brennen der Gegenstand war, der nun über ihm schwebte. Halt, war er nicht auf den Bauch gefallen? Ja, was war mit seinem aufgeschlitzten Bauch? Nichts! Er war offen. Seine Gedärme lagen noch immer verstreut in dem Nichts aus Schwärze, das ihn umgab. Er hatte es nicht anders verdient. Er hatte ja nicht einmal einen Namen. Nun gut, er musste sein Schicksal annehmen. Er konnte auch nichts anderes tun. Er hatte nie etwas tun können. Ein glühender Eisenstab wurde in seine rechte Augenhöhle gepresst. Nun, was sollte es. Er brauchte seine Augen nicht mehr, auf das eine konnte er verzichten. Er hatte eh nie etwas besäßen. All das, was mit ihm geschah, war egal. Die ausgerissenen Fingernägel, die zerschmetterten Knochen und das verbrannte Fleisch. Nun, jetzt hatte er kein Auge mehr. Brauchte er ja auch nicht. Nicht hier, nicht er. Er war ein Nichts, ein Nichts............ „Ein Nichts. “ Raunte es aus der Tiefe zu ihm empor. Er spürte das Vibrieren der Erde, den Geruch des getränkten Bodens unter ihm. Die hunderttausend Paar Füße, die auf ihm stampften, die Körper, die die Luft erhitzten. Das Gebrüll. „Nichtssssssssssssss.........!“ Raunte es aus der Tiefe zu ihm empor. „Ihr seid alle nichts!“ Ja, die feste Erde unter ihm, dass wusste er. Von dort, aus ihr kam diese Stimme. Aber warum sich Gedanken machen, sie hatte Recht. Er war nichts, sie waren nichts, niemand war jemand. Sie alle waren nichts. Sie alle, die Kämpfen, die Liebenden, die Hassenden. Sie alle waren nichts. Nun, er war nicht einmal mehr Dreck, kein Vieh, kein Abschaum, er war ganz einfach nichts. Er hatte kein Recht auf eine Existenz. Er war niemand, er war nichts. Er hatte es nicht verdient, jemand zu sein, warum auch? Er hatte nichts, besaß nichts, war nichts. Er war nichts. Golden glitzerte aus der Tiefe ein Augenpaar und die höhnische Stimme erklang von neuem. „Du bist nichts, Namenloser...“ Er hatte nicht einmal einen Namen. Es gab Wesen auf dieser Welt, die hatten einen Namen, aber nicht das Recht, hier zu sein, wie dann er? Er hatte nicht einmal einen Namen. Er hatte kein Recht. Er würde es niemals haben. Warum wollte er die Augen öffnen? Ja, warum? Doch noch bevor er sich diese Frage stellte, tat er, was irgendetwas in ihm wollte. Oder war nicht einmal er das, der diesen Wunsch hegte. Hatte ihn ein anderer für ihn? Hatte er ihn, für einen anderen, wegen eines anderen? Schwarz, wie das, was er zuvor gesehen hatte. Ach ja, er hatte keine Augen. Wie sollte er sehen ohne sie. Dann sah er halt nicht. So einfach. Er musste ja nicht, nur weil er wollte. Er konnte nicht. Er war ein Nichts... Kämpfer erhoben sich aus Blut und Schlamm, sie waren nichts weiter als die Marionetten eines Unbekannten, er konnte sie fühlen, ihre Anwesenheit, ihr Leiden, ihr sinnloses Streben nach Erfüllung. Sie waren ebenso wenig Nichts wie er. Die Leiber erhoben sich zum Kampf, preschen aufeinander zu und ihre schlammigen Krallen zerrissen das modderige Fleisch, aus dem ihre Körper bestanden. Sie hatten keinen Sinn in ihrer Existenz, ihnen fehlte genau wie ihm ein Grund hier zu sein, ohne dass es ein anderer wollte. Sie lebten nur, weil ein Unbekannter ihr Sein zu seinem Zwecke, zur Belustigung seiner selbst, gebrauchen konnte, wäre es nicht so, ihr Leben zerfiele in Asche und Staub. Mit jedem dieser Gedanken wurde ihm bewusster, wie widersinnig das Denken an sich war. Es brachte ihm ja nichts, er konnte aus den gewonnenen Erkenntnissen keine Folgen leiten und diese zu einem Tun vollenden. Immerhin war alles, was er tat, dachte oder konnte nur davon abhängig, welche Laune ihm dieses Mal einen gütigen Wurf gestattete. Was also trieb ihn an, sich in dieser ausweglosen Situation mit ihr selbst zu beschäftigen? Nun, wäre sein Gedanke richtig, so basierte dieser Wunsch nur auf dem Befehl eines anderen. Und wenn er sich irrte, brachte es ihm auch nichts, denn mit seinem aufgerissenen Brustkorb, dem ausgenommenem Bauch und den weggebrannten Augen war er so unfähig zu agieren, dass selbst sein jetziges, kaum vorhandenes Gewicht nicht von den doppelt gebrochenen Armen getragen werden konnte. Also, war auch so der Gedanke an das Tun mit dem Denken zu Grabe getragen! Es blieb ihm nichts weiter, als an diesem Punkt in aller Einstimmigkeit zu akzeptieren, dass sein Sein sinnlos und ohnegleichen nur einer einzigen Belustigung zu diensten war. Was also brachte nun sein Leben? In diesem Gedanken gefangen, beschloss er die besiegelte Sinnlosigkeit zu Nutzen und sich der gleichen hinzugeben. Sollte es eh keinen Unterschied geben, konnte er auch tun und lassen, was er wollte. Also denken! Denn mehr war ihm nicht geblieben. Mehr konnte er eh nicht tun. Die ausgebrannten Augen schweiften blind über das Schlachtfeld vor ihm. Er spürte die Mächte, die hier aufeinander prallten und leise erhob sich die Frage, ob nicht auch er nur ein Teil dieses ganzen, monströsen Theaterstückes war, in dem sich zwei Könige eine Schlacht rein aus gelangweilter Freude hingaben. Eine unerhebliche Frage, denn niemand würde sie beantworten. Seine Situation brachte keine genügende Antwort, die als aus seinen eigenen Entschlüsse gefasste Meinung heranreifte. So blieb ihm nur das lauschen. Lauschen in die Nacht, die Finsternis und das Gewahrwerden aller Kleinigkeiten, die ihm die Zeit vertrieben und nichts weiter als überflüssige Streiche eines Windhauches waren. Kalte Brutalität und heiß glühende Leidenschaft prallten aufeinander und zerbarsten im nächsten toten Herzschlag wieder. Niemand konnte sie aufhalten, niemand sie lenken. Es gab keinen Sinn oder einen festen Grund, der ihr Hier sein bekräftigte. Allein eine kleine Freude, die Macht ihrer Existenz gab ihnen die Möglichkeit sich in diesem Spiel zu vertiefen und in aller Herrlichkeit dabei zu schwelgen. Sie lachte, starrte ihn aus ihren großen Augen an, glotze mit euphorischer Genugtuung auf die tiefen Wunden, die ihre Klauen geschlagen hatten. Es bedurfte keiner Worte, es bedurfte keiner Antwort, die mehr als ein erneuter Angriff war. Nun zerrissen seine Zähne ihr Fleisch, während sie sich schreibend versuchte zu befreien. Entsetzt und von wahnsinniger Gier erfüllt gaffte sie auf ihren Arm, dem ein tiefes Stück Fleisch fehlte. Das hieß Rache. Rache. Rache und noch einmal nichts weiter als Rache. Seine Stimme kreischte auf, als sie ihn zu Boden geworfen, ihre Beine sich um seine Hüften geschlungen hatten und sich nun ihre Hände immer und immer wieder in seinen Rücken bohrten. Er wandte und drehte sich, irgendwie musste er ihrer Gefangenschaft entkommen... Doch was bleibt zurück, wenn ein solcher Kampf sich dem Ende neigt? Wer überlebt das erbarmungslose Zermürben der Mühlsteine des Todes? Wer hat noch die Kraft dem Tode aufrecht entgegen zu treten und sich mit einem höhnischen Lachen in sein Schicksal zu ergeben? Niemand! Einfach Niemand! Sie stehen da, starren mit einem von Wahnsinn durchtränkten Blick auf das Schlachtfeld um sich herum. Alles haben sie zu Tode getrieben, alles! Der Gestank von Blut verpestet die Luft, tief ist es in die Erde gesickert, dieses schwarze, abscheuliche Zeug. Gedärme liegen verstreut auf dem Boden, Fliegen sammeln sich auf ihnen und die einzige Regung ist das Getümmel der Würmer. Assgeier ziehen in weiter Ferne über das Land. Sie warten nur noch darauf, bis die zwei letzten Könige die Schlachtbank verlassen. Ihre Körper sind bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Niemand würde erraten, wer sich hinter den wandelnden Fleischgebilden verbirgt und ein krächzendes Lachen entkommt den längst zerfetzten Kehlen. Sie haben gewonnen. Sie haben gesiegt. Es ist ihr Sieg. Der Tod streift über das Feld, sammelt ein, was noch eines Funken Lebens hätte fähig sein können und mit einem kalten Blähen des Windes zerstreut sich auch der Glaube an die Wirklichkeit. Wie lange die Wunden wohl zum Heilen brauchen? Ein paar Stunden nur? Mehr wohl nicht. Dafür aber hat sich der Tod eine Masse geholt, dass ein ganzes Land damit hätte gegründet werden können. Leben war hier nichts mehr wert. Gold funkelt auf aus schwarzem Fleisch. Andere würden sagen, sie sind wahnsinnig. Seufzend lässt er die Hände sinken. Sie haben es wieder getan. So wie schon einmal. Nur von Wahnsinn ist nichts in ihren Augen zu lesen, dass weiß er. Sie ist seine Gefährtin, der andere nur ihr Untergebener. Aber sie sind Vampire. Sie beide tragen uraltes Blut in ihren Adern. Immer und immer wieder werden sie es tun. Nur wann? Und vor allem wo? Seufzend sinkt er auf den Stuhl zurück. Ihre Wunden werden in nur ein paar Stunden heilen. Abertausende sind für sie in den Krieg gezogen. Abertausende für ihn. Ein einziges Ziel haben sie beide verfolgt und es bekommen. Nun stehen sie da, in ihrem Sieg, dem Land aus Maden und verfaulendem Fleisch. Nur ein paar Stunden, und alles wird beim Alten sein. Das klägliche Ende eines wochenlangen Krieges. Gefangen in dem ewigen Kampf, in dem die toten Körper bis zur völligen Vernichtung gegen sich antreten... und in ein paar Stunden ist alles davon vernichtet. Lächelnd beugt er sich vor, streicht dem Unbekannten durch das Haar. „Es ist Zeit, dass du aufwachst. Er ist wirklich grausam, du hättest es niemals sehen sollen.“ Vorsichtig erhebt er sich aus dem Stuhl, schreitet durch das Trugbild der Vergangenheit und bleibt nichts als eine vage Vermutung. „Du dummer, kleiner Vampir. Das hier ist alles Jahrhunderte her. Wach endlich wieder auf.“ Schreiend riss er die Augen auf, starrte an die graue Decke und schnappte entsetz nach Luft. Keuchend spürte er, wie verspannt seine Muskeln waren und von irgendwoher eine Stimme. Sie sprach auf ihn ein und wie mechanisch drehte er seinen Kopf zu ihr. Die braunen Augen blinzelten. „Du... du bist doch diese Bianca, oder?“ Kurz schüttelte er den Kopf, als könnte er damit der Verwirrung darin eine Ordnung geben und starrte dann auf seinen Bauch. Ein weißer Verband war um ihn gezogen, wie ein Kind fuhr er mit den Fingern der rechten Hand darüber. Was war hier um Himmelswillen los? Verwirrt schaute er wieder zu der Schwarzhaarigen und nur sehr bedächtig sickerte in seinen Verstand, dass er sehen konnte. Sein Kopf saß noch auf seinen Schultern, ja alles, bis auf die Wunde am Bauch war noch heil. Hatte er das etwa alles geträumt? Und wer war dieser Mann gewesen? Er hatte diese Stimme, so einfühlsam und weich, dass sie bis in seine Seele vorgedrungen war. Er ließ sich zurück sinken und schloss noch einmal die Augen. „Entschuldigung...“ Nuschelte er und konnte sich nicht wirklich daran erinnern, was geschehen war, weder in seinem Traum noch vor der Küchentür. Momentan war es das Gefühl eines kleinen, verwirrten Kindes, das nicht wusste, aber meinte, etwas Böses getan zu haben. „Ich wollte euch nicht verärgern, niemanden...“ Ein Schmerz zuckte kurz durch die Wunde an seinem Bauch und er verzog grimmig das Gesicht. Überrascht saß sie da, starrte auf die bleiche Haut und fragte sich ununterbrochen, was hier vor sich ging. Er war ein kleines Kind. Mehr nicht. Wie ein Schlag traf sie diese Gewissheit. Was hatte sie nur getan und was er gestern getan hatte, war sicher auch nicht sein Wunsch gewesen. Noch einmal zögerte sie, streckte dann aber doch ihre Hand aus und fuhr ihm durch die leicht schweißfeuchten Haare. „Es ist schon gut, du musst dich nicht entschuldigen.“ Ohne es zu bemerken, fing sie an zu lächeln, strich immer und immer wieder durch seine kleinen Locken wie bei einem Kind. Müde dreht er den Kopf zu ihr und blinzelte sie erneut an. „Wirklich?“ Seine Stimme war leise, genauso vage, wie jede seiner Bewegungen. Bianca nickte. Vielleicht war es wirklich nur diese Gewissheit, aber sie konnte sich einfach nicht dagegen wehren. Auch sie war nur eine Frau und dieser namenlose Vampir schrie beinahe danach beschützt zu werden. Vorsichtig strich sie sich die Haare zurück und setzte sich auf die Stuhlkante. Er beobachtete sie dabei neugierig und ebenso unsicher, wie er es schon beim ersten Mal getan hatte. Nur fehlte ihm momentan dieser verführte Blick, dieses Leuchten in den Augen, das deutlich von Überlebenstrieben zeugte, wie es immer von neuem zu Tage kam. „Ich werde dich sicher nicht wieder schlagen.“ Lachte sie leise und beugte sich leicht vor. Noch ein Zögern und auch er schob sich vom Kissen hoch, die scharfen Zähne nur leicht gebleckt, bis sie seinen Atem auf der Haut spüren konnte. Er hatte seine Augen geschlossen, als sich seine Zähne vorsichtig in ihren Hals drückten und er sanft zubiss. Jetzt wurde ihr auch Viktorias komische Haltung klar. Sie hatte so Traum versunken im Wasser gestanden. Sie hatte es selbst noch nie erlebt, aber der Biss des jungen Mannes war kaum zu spüren. Wenn sie sich nicht darauf konzentrierte, nicht seinen flüchtigen Atem auf ihrer Haut spürte und ihn leise hörte, wäre da nichts. Absolut nichts. Vorsichtig legte sie ihre Arme um den kühlen Körper und zog ihn etwas enger an sich. Sie hatte wirklich Rest. Wie ein kleines Kind krallten sich seine Hände in den Stoff ihres Kleides und mit einem monotonen Rhythmus saugte und schluckte er ihr Blut. Was sollte das nur werden? Sie hasste Männer und jetzt war sie dabei, aus ihm ein kleines Kind zu machen... Verwundert hob sie den Kopf, als er seine Zähne aus ihrem Hals zog und noch einmal über die kleine Wunde leckte. Die Lebendigkeit war wieder in seine Augen getreten und ja, sie wirkten wirklich wie lebende Bernsteine. Er schien eine unglaubliche Gabe zu haben, etwas, dass ihr bis dahin noch nie begegnet war. Es machte den Eindruck, als sei es völlig egal, was noch eben passiert war. In dem Augenblick, in dem der sich befand, lebte er, ohne sich Gedanken über das zu machen, was eben noch geschehen war. Er grinste sie an und ohne es verhindern zu können, begann sie zu kichern. Sie wollte nicht wissen, was er eben noch alles gesehen hatte. Sie selbst kannte nur teilweise die Macht Luzifers der sich immer wieder neu dazu entschied, Wahrheit, Vergangenheit und Albträume zu verstricken und einen in diesem Trugbild einzusperren. Kapitel 9 --------- Kapitel 9 Die Sonne schien so warm und hell aus einem azurblauen Himmel, wie sie es seit Wochen nicht mehr gemacht hatte. Die Vögel zwitscherten vergnügt und in den Bäumen und Blumen schien noch einmal ein Frühling erblüht zu sein. Kinder spielten lachend in den Gassen und Hunde bellten schwanzwedelnd den Passanten zu. Er hatte eigentlich kein Aufsehen erregen wollen, aber seine liebste Reiseart war und blieb die Pferdekutsche. Heutzutage musste man diesem Gefährt leider auch zuschreiben, dass es nicht das schnellste war und durch fehlende Wege meist doppelt so langer Stecken bedurfte. Der unglaublich vorsichtige Fahrstil des Kutschers verhinderte dieses nicht gerade. All diese Tatsachen sorgten leider Gottes dafür, dass er nur selten in den Genuss solcher Reisen kam. Eine weitere Freude war auch das verdrießliche Gesicht seines Sekretärs, der weder für Pferde, noch für Kutschen irgendetwas übrig hatte. Ebenso musste er nicht durch grüne Walachei und über holperige Sandwege fahren, schon gar nicht bei den heutigen, sehr bequemen Reisemitteln. Umso glücklicher war sein Sekretär also, wenn er genau bis auf den letzten Meter ausrechnen konnte, wie viel besser doch das Auto oder der Zug waren und er dafür leidvolle Zustimmung bekam. Auch dieses Mal hatte er es wieder versucht, doch war ihm zu seinem unerträglichen Leidwesen der alte Kutschweg zwischen den beiden Städten nicht bekannt gewesen. Und nun durfte er hier in dieser miesen, wackeligen und harten Pferdkutsche sitzen. Mit einem Lächeln auf den schmalen Lippen lehnte er sich bei dem unglücklichen Seufzen seines Gegenübers vor und blickte versonnen auf die kargen Felder, die sich links und rechts des Weges erstreckten. Er lächelte nicht besonders oft, aber die warme Sonne auf den nackten Äckern war wie ein Geschenk Gottes. „Herr Bischof.“ Er hob verwundert den Kopf und stellte fest, dass ihm sein Sekretär nicht mehr gegenüber saß. Er hatte sich bis an das Fenster auf der anderen Seite zurückgezogen und starrte mit gefalteten Händen hinaus. Er war ein junger Mann, schwarze, kurze Haare und ernste graue Augen, die aus einem mageren Gesicht blickten. Er überragte den Bischof sicher bis um zwei Kopfeslängen und kannte wohl die ganze Bibel auswendig. „Ist es nicht auffällig?“ Der Unmut über die Kutsche konnte es nicht wieder sein. So runzelte der Bischof nur die Stirn und lehnte sich zurück. Er wartete auf die nächsten Sätze, so war der Schwarzhaarige immer, fing etwas an und sprach erst Minuten später weiter. Es war beinahe, als wollte er einem erst die Möglichkeit aufzwingen, über alle Auslegungen der Worte nachzudenken. Dabei waren das oft so viele, dass man es selbst in einer Stunde nicht geschafft hätte. Hier wäre die Frage, nach dem was und ehrlicherweise konnte er damit alles meinen. Von dem heute morgen leicht ungewohnten Verhalten des Bruders Lucas bis hin zur Sonne. „Vor etlichen Jahren ward ihr mit der selben Aufgabe betraut wie heute.“ Der Bischof schwieg. Leise schloss er die Augen und nickte nur stumm. Ja, er war vor langer Zeit einmal unterwegs gewesen. Da kannte er Bruder Manuel noch nicht. Und wenn man es genau nahm, wiederholte sich alles. So wie er damals auf der Reise war, um den heutigen Meister zum Schüler zu ernennen, so ernannte er heute eine Schülerin. Seine Stimme war gedämpft und wie immer mit dieser belegten Art gedrückt, als er zu seinem Sekretär sprach. „Bruder Manuel, du magst Recht haben, ohne es wirklich zu wissen. Pater Redfort wurde von mir in diesen Orden aufgenommen, ja, aber nicht nur er. Auch sein Meister wurde durch meinen Segen ernannt.“ Verwirrt starrte der junge Mann zu ihm herüber, in seinen grauen Augen war klar zu erkennen, dass diese Aussage doch völliger Schwachsinn sein musste. Schnell überschlug er noch einmal sein Wissen und schüttelte dann den Kopf. „Euer Hochwürden, ich will nicht unhöflich sein, aber der Pater ist 58 Jahre alt, er wurde mit 19 Jahren in den Orden aufgenommen und sein Meister war damals 62. Wie sollte das gehen?“ Er konnte so auf Anhieb nicht genau das Alter bestimmen, in dem dieser dem Orden beigetreten war, aber auch er konnte auf keinen Fall älter als 30 gewesen sein. „Dann müssten sie ja an die 100 Jahre alt sein!“ protestierte er leicht aufgeregt und seine Augen fixierten den alten Mann vor sich. Dieser kicherte nur. „So schlecht ist die Rechung nicht. Aber glauben sie mir, wenn ich in diesem Alter wäre, würde ich ihnen dann noch wie ein Jungspund auf der Nase herum tanzen?“ --- Mit einem gelangweilten Gähnen lauschte er den Ausführungen der Manager und seine goldenen Augen funkelten hinter der schwarzen Sonnenbrille. Wenn er sich vorstellte, dass er all diese alten Knacker mit Vorliebe durch die dunklen Straßen jagen würde, ihre Hilfeschreie wie Musik in seinen Ohren klängen und ihr Blut seinen Hunger vorzüglich zu stillen wüsste... Ja, so ungerecht konnte das Leben sein. Er fragte sich mittlerweile wirklich, warum er diesen Termin nicht abgesagt hatte. Seine schlanken Finger fuhren suchend über die Stuhllehne und er hörte ihnen mittlerweile kaum noch zu. „Wo ist eigentlich Angelina?“ Er fixierte den gerade Sprechenden und musste innerlich genüsslich darüber lachen, wie genau dieser eben das spüren konnte. Schweiß trat dem beleibten Mann auf die Stirn und er schaute sich Hilfe suchend zu den anderen 8 Männern im Raum um. Sie alle drückten sich eher verlegen in ihren Sessel herum, schoben ihre Akten unruhig auf dem großen Ebenholztisch herum und starrten überall hin, nur nicht zu einem der beiden stehenden. „Ich bin nicht gerade geduldig, wenn es um Antworten geht, also meine Herren?“ In seine Stimme hatte sich ein kalter Unterton eingeschoben und sein rechter Zeigefinger tippte ärgerlich auf die Stuhllehne, sodass ein leises aber eindringliches Geräusch entstand. „Nun ja,... es ist ja nicht so, dass wir Frau Richter nicht hier haben wollten.... nur... also,...“ Er räusperte sich verlegen, suchte nach den richtigen Worten und zog ein weißes Taschentuch aus der Hosentasche. Fahrig mit zitternder Hand wischte er sich damit über die Stirn und starrte zu seinem Nebenmann. „Es ist nur...“ Noch einmal versuchte er sich im Räuspern und schaute mit bleichem Gesicht über den Tisch hinweg. Seine Hände begannen das weise Tuch zu bearbeiten, hin und her zu drehen ohne irgendeine Idee zu bekommen. „Sie ließ sich einfach nur entschuldigen, einen Grund nannte sie nicht...“ stotterte der schlaksige Mann neben ihm und dankbar wich sein Blick zu ihm. Die wenigen blassen Haare hingen leicht wirr nach hinten gekämmt, die kleinen Augen wurden durch dicke Brillengläser stark vergrößert. Vorsichtig strich er sich eine Falte aus dem weißen Hemd, drehte dann seinen goldenen Ehering vor und zurück, um einen Grund zu haben, auf seine Hände zu starren. „Wenn sie darauf bestehen, können wir die Sitzung ja verlegen und warten, bis Frau Richter wieder kann...“ Versuchte er hilflos anzubieten und wagte nur einen kurzen Blick zum Tischende hin. „Ihre Meinung ist ja nicht ... ich meine, sie sollte auch die Möglichkeit haben, etwas sagen zu können.“ Mehr als ein halbwegs zusammenhängendes Stottern entfloh seinen Lippen nicht mehr. „Da haben sie Recht, meine Herren! Meine Meinung sollte auf keinen Fall fehlen!“ Mit einem breiten Lächeln stand sie in der offenen Tür, eine große Stofftasche in der Hand und kurz dem Schwarzgekleideten zunickend. Die blonden Haare fielen in wilden Locken um ihre Schultern und das Gesicht, die vollen Brüste wurden von einem großen, blauen Pullover verdeckt und eine rote Perlenkette schmiegte sich auf den Stoff. Lachend schloss sie die Tür hinter sich und schritt auf den letzten freien Stuhl zu. Mit einer lässigen Handbewegung ließ sie die rote Tasche auf dem Holz zum Ruhen kommen und ohne noch einmal einen weiteren Gedanken an die Tat ihrer „Kollegen“ zu verschwenden, sprach sie gleich weiter. „Graf, ich kann ihnen nur von diesem Geschäft abraten. Sie vertreten hier immerhin eine der Stadtgrößten Niederlassungen. Sie haben sich schon gewehrt an die Börse zu gehen, ihre Konkurrenz geht gerade mit Stock und Traube unter! Eine Fusion wäre ihre Machtaufgabe und ein Eingeständnis, dass kleine Firmen wie wir, nicht im Stande dazu sind uns lange genug auf dem Markt halten zu können!“ Während ihrer Worte gestikulierte sie ausfallend. Die blauen Augen waren auf den Mann neben sich gerichtet, den sie trotz des Stehens nicht überragte. Er hatte nichts erwidert, keine Regung von sich gegeben, seit sie den Raum betreten hatte. Nun begann zum ersten Mal Leben in ihn zurück zu kehren und seine kalte Stimme erhob sich in die Stille, die ihre Worte hinterlassen hatten. „Angelina, Angelina,... Kind, du bist die einzige hier, die mir davon abrät. Warum sollte ich einer so unpünktlichen, kindischen Frau, deren Buchumfang jedem Wahlross den Sieg absprechen würde, mehr glauben, als einem ganzen Konsortium von erfahrenen Männern?“ Er hob den Kopf, die Sonnenbrille verbarg den Blick seiner Augen, doch waren diese ohne Zweifel auf die Blondine neben sich gerichtet. Lachend legten sich die rauen Hände auf den dicken Bauch, der sich unter einem Ziegelsteinroten Rock spannte. „Und die nebenher auch keinerlei Modegeschmack hat!“ Ergänzte der silberhaarige Mann mit einem höhnischen Lächeln. Das nur immer lauter werdende Lachen der jungen Frau brachte ihn zu einem leicht verwunderten Hochziehen einer Augenbraue und abwartend lehnte er sich in den Sessel zurück. Sie schien nicht den Eindruck zu erwecken, sich besonders darüber zu ärgern. Warum sollte sie auch? „Oh Graf Luzifer! Sie sind mir einer. Haben jemals 6 Monate alte Zwillingsföten in ihrem Bauch Platz haben wollen? Ich glaube kaum. Davon einmal abgesehen, dass ab einem gewissen Bauchumfang die Mode seeeehr uninteressant wird. Ständige Rückenschmerzen machen einem das Leben nicht gerade leichter.“ Sie strich noch einmal mit beiden Händen über den Bauch, bevor sie ihren eigenen Stuhl nach vorne zog und sich dann vorsichtig hinein sinken ließ. „Und genau das ist auch der Grund dafür. Ich bin in der 13. Generation auf einer Weinfarm aufgewachsen, da hat man ein gewisses Wissen, das anderen nicht gehört.“ Sie grinste breit, angelte ihre Tasche zu sich her und fischte nach einem Glas Gurken. Sie öffnete es ohne große Anstrengungen und besah sich den Inhalt mit einem begierigen Funkeln in den Augen. „Hm, leider hab ich jetzt keine Marmelade hier…“ Geschickt tauchten Zeige- und Mittelfinger in das saure Wasser des Glases ein und holten eine der kleinen, schrumpeligen Gurken hervor. Die 9 Männer im Raum betrachteten sie mit einer gewissen Missstimmung keiner von ihnen war darüber erfreut, sie heute doch hier zu sehen. Ihr Auftrag war immerhin diese Firma, dieses verdammte Stück Dreck von Wesen, dass sich Graf Luzifer nannte, bis unter den Ruin zu treiben. Wer von ihnen konnte schon sagen, dass sie sehr erfolgreich waren? Keiner! Und das war auch das große, unüberwindbare Problem, dass sich nun da in den zwei Sesseln rekelte. Dieser weißhaarige Nichtsnutz schien dieses fette Wallross ständig zu bevorzugen. Was sollten sie schon dagegen tun? Nun hatten sie ihr extra einen falschen Termin genant und doch war sie mit nur leichter Verspätung hier eingetroffen. Was konnte man denn noch tun? Sie hatten beinahe alles Unauffällige versucht, um sie aus dem Verkehr zu bekommen. Unsummen von Geld hatten sie darin investiert. Keiner konnte sich bisher ihrer Macht entziehen, keiner schaffte es, sein Geschäft lange vor dem Ruin zu retten, wenn sie einen Auftrag hatten. Aber hier geschah gar nichts. Alle ihre Versuche landeten an nur einem einzigen Punkt: Luzifer verachtete sie immer mehr. Teilweise bekamen sie schon den Eindruck, er würde mit ihnen spielen, sie bis auf das Letzte reizen und sein einziges Interesse lag bei dieser kleinen Schlampe! Luzifer lächelte in sich hinein. Sie war einfach genau das, was er von ihr erwartete. Ihr Vater hatte sie gut erzogen, sie in dieses Geschäft von vorne herein eingeweiht. Ihr war alles bekannt, auf den Feldern hatte sie schon gestanden und mit ihren eigenen Händen die Reben gepflückt. Sie war dabei gewesen, als die Ernte eingefahren wurde, wenn der Wein in seiner Form aus den Trauben gepresst und in den Fässern zum ersten Mal zum Ruhen kam. Sie wusste, um was es ging, wenn sie davon sprach. Ihr Wissen war jetzt schon größer, als das so manches anderen erfahrenden Weinbauers. Sie konnte die Weine schon am Geruch erkennen, aus ihrer Farbe konnte sie beinahe die gesamte Herkunft und Geschichte erfahren und ein Schluck reichte, um ihr auch noch das letzte Geheimnis zu entreißen. Leider Teufels waren ihre diese Fähigkeiten zur Zeit etwas abhanden gekommen, welches nur an ihren momentanen Umständen lag. Ihr Bauch wurde von Mal zu Mal größer, sie fuhr schon gar nicht mehr allein Auto. Luzifer wusste genau, wer sie nachher abholen würde. Er konnte den jungen Mann an ihrer Seite einfach nicht einordnen. Er versprühte etwas Lebensfreudiges, das er so nicht von Menschen großartig gewöhnt war. Der junge Franzose traf seine eigenen Entscheidungen. Luzifer lächelte in sich hinein, als der übrig gebliebene Haufen Menschleins am anderen Ende des Tisches versuchte, irgendwie eine standfeste Position zu beziehen. Er ließ sie reden, sich um Kopf und Kragen faseln, bis es ihm reichte. „Meine Herrn, ich habe das Gefühl, wir kommen hier nicht weiter. Sie begreifen einfach nicht, dass ihre Meinung völlig überflüssig geworden ist.“ Stille trat in den Raum. Auf den Gesichtern der männlichen Anwesenheit zeigte sich eine immer heller werdende Farbe, die sich schließlich in ein Weiß ergoss. „Ihnen fehlen einfach zu viele Qualifikationen, um sie weiterhin ernst zu nehmen. Ich hebe diese Versammlung hiermit auf und werde Sie in nächster Zeit über meinen weiteren Fortgang in Kenntnis setzen.“ Es war nur eine einfache Geste mit der er ihnen deutlich zu verstehen gab, dass sie nun gut darin taten, sich so schnell wie möglich zu verziehen. Es dauerte auch nicht lange und schon waren alle 9 Männer aus dem Raum geflüchtet. Luzifer lehnte sich mit einem wahrhaft zufriedenen Grinsen zurück in den Stuhl und schloss die Augen. „Ist diese Ruhe nicht herrlich?“ Fragte er so wie nebenbei gedacht. Die junge Frau hingegen schien weitaus aufgeregter zu sein, als sie preisgab. Er konnte ihren schnellen Herzschlag hören, in seinen Ohren hallte das Geräusch ihres rauschenden Blutes wider und ihr Atem war flacher als noch zuvor. „Angelina?“ Scheins verwundert drehte er seinen Kopf zu ihr und hob mit dem Öffnen eines Auges auch die darüber liegende Augebraue. Angelina saß da, stumm, stumm irgendwie versuchend, diese Situation zu verstehen. Alle 9 Männer waren auf den einfachen Wink hin verschwunden. Was hatte er gesagt? Natürlich hatten sie alle keine Ahnung von dem, was sie da sagten. Aber die Worte Luzifers klangen, als ob er sie eben alle gefeuert hätte. Ihre Augen waren fragend auf ihn gerichtet und eine innere Woge nicht einzuordnender Gefühle überkam sie. „Sie haben sich also entschieden?“ Ihre rechte Hand lag auf den dicken Bauch, die andere war damit beschäftigt über den Stoff zu fahren und Falten herauszustreichen. Doch heute hielt sie seinem Blick nicht lange stand, sie senkte den Kopf und griff nach dem Gurkenglas. Erneut fischte sie nach dem sauren Inhalt und begann eine Gurke nach der anderen zu essen. „Angelina...“ Er beugte sich vor und als er sie berührte, zuckte sie erschrocken zusammen. Ihre großen Augen schienen in einem blau zu leuchten, dass es den Himmel hätte einschüchtern können. Luzifer nickte. Lächelnd griff er nach dem Gurkenglas, musste sich dafür noch weiter nach vorne beugen und nahm es ihr aus der Hand. Das kleine Zucken, der weite Blick, mit dem sie ihn nun betrachtete, sie war durch die Schwangerschaft wirklich empfindlich geworden. Die Nachricht, die sie ganz recht verstanden hatte, gab ihr dann wohl den Rest. Vorsichtig zog er eine Gurke aus dem Glas und begann sie genüsslich zu essen. „Ich mag meine Ländereien und Höfe nicht in den Händen von solchen Idioten sehen. Angelina, Kind, ich weiß, wie viel Arbeit in den nächsten Jahren auf dich zukommen wird, dennoch möchte ich dich bitten, als meine Vertreterin mit allen Vollmachten die Leitung dieses Betriebes zu übernehmen. Natürlich werde ich dich nicht alleine da stehen lassen und mich die nächste Zeit nur noch in der Weltgeschichte herumtreiben. Aber deine sorgenvolle und gütige Hand hat meinem Betrieb schon oft geholfen.“ Sein Lächeln war nicht verschwunden, er schaute sie hinter den getönten Brillengläsern milde an und wartete doch lauernd. Seine Entscheidungen waren meistens nicht ohne Grund und so hatte er von Anfang an beschlossen sie mit dieser Aufgabe zu betreuen. Angelina wusste nicht genau, wie sie reagieren sollte. Vor ihrem inneren Auge sah sie die nächsten Tage, sah sie die Arbeit und vor allem das erstaunte Gesicht ihres Mannes, wenn sie ihm das sagen würde. Er ärgerte sich ja schon darüber, dass sie heute hier war, in ihrem Zustand wollte er sie lieber Zuhause im Bett oder im Wohnzimmer in einem Sessel in drei Decken eingepackt sehen. Sie konnte nicht wirklich auf seine Unterstützung bauen. Er würde eher versuchen, sie von der Arbeit abzuhalten und doch... sie hatte nicht vor, ihren eigenen Weg zu verraten. Sie wusste aber auch, was für Probleme und Aufgaben durch die Schwangerschaft und vor allem danach auf sie zukamen. Wenn sie ihren Mann nicht hinter sich stehen hätte, könnte sie die ganze Sache vergessen. Irgendwann war es auch für sie zuviel. „Ich bin mir sicher, dass er nicht davon begeistert sein wird. Aber genau das muss er.“ Angelina blickte auf und schwieg wieder. Luzifer war ihr Chef und sie wollte diese Arbeit nicht missen, genauso wenig wie ihn. Sie kannte diesen sonderbaren Mann schon seit ihrer Kindheit, er hatte auf sie Acht gegeben und ihre Eltern oft besucht. Er war der beste Freund ihres Vaters und schon immer ein Kunde und Kenner des Weines ihres Gutes gewesen. Falten kräuselten sich auf seiner Stirn. Wie sollte man den diesen verrückten Franzosen dazu bekommen, sie zu unterstützen? Er versuchte ja jetzt schon alles zu sabotieren. „Und wie willst du das machen?“ Das Funkeln in Angelinas Augen hatte deutlich ihr Interesse an diesem Angebot gezeigt. Da musste er nicht nachfragen. Sie würde sicher auch ihren Weg finden, nur wollte er auch, dass sie dabei möglichst wenig Schaden nahm. Er mochte sie, schon als kleines Kind hat sie ihn tief beeindruckt durch ihr Wissen, ihre Schönheit und diese natürliche Lebensfreude, die bis heute nicht gewichen war. „Wenn du ihn davon überzeugt hast, musst du mir unbedingt Bescheid sagen. Ich habe heute leider nicht mehr so viel Zeit dazu, um noch auf in hier zu warten. Ich hoffe, es dauert nicht mehr allzu lange.“ Er lächelte sie an und stand auf. Kurz strich er noch einmal durch ihre Haare und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Es tut mir wirklich leid, dass wir heute nur so wenig Zeit miteinander haben, aber ich hatte geglaubt, du würdest erheblich früher hier sein.“ Die junge Frau lächelte und nickte bestätigend. Sie wusste zwar auch noch nicht genau, wie sie es anstellen sollte, aber irgendwie musste das schon passen. Er war immerhin ihr Ehemann und als ein solcher hatte er sie in ihren Entscheidungen zu stützen und zu unterstützen. Sie tat es ja auch nach allen Kräften bei seinen. Vorsichtig erhob sie sich aus dem Sessel und griff nach dem Deckel des Gurkenglases. Als sie selbiges verschlossen und in ihrer großen Tasche verstaut hatte, schob sie auch den Stuhl zurück. Erstaunt fanden ihre Augen den zur Hilfe angebotenen Arm Luzifers, der Sicherheit und Halt versprach. Mit einem breiten Lächeln hakte sie sich bei ihm unter und schaute aus großen leuchtenden Augen zu ihm auf. „Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er nicht schon seit einer Viertelstunde vor der Tür steht und wartet. So wie ich meinen lieben Mann kenne, ist er doch spätestens eine halbe Stunde nach mir aus dem Haus gegangen.“ Auch der Graf konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und führte sie sicher aus dem großen Raum hinaus. „Wir werden es gleich sehen, wenn jemand wie von einer Schlange gebissen aufspringt, dann ist...“ Er kam mit seinem Satz nicht mehr zu ende, da unterbrach ihn auch schon eine zweite, männliche Stimme. „Liebling, da bist du ja. Geht es dir gut?“ Sie musste lachen, als er ihre Hände nahm und sie vorsichtig aus der Gemeinsamkeit mit Luzifer löste. Der schwarzhaarige schloss sie bedächtig in seine Arme und küsste sie zärtlich. Luzifer beobachtete das ganze mit einem Schmunzeln auf den Lippen. In dieser Beziehung war eindeutig der Franzose der nervenschwache Part. Es erweckte ja schon beinahe den Eindruck, als wäre er selbst schwanger und nicht seine Frau. Der schlanke Mann löste sich nur widerwillig von seiner Geliebten und drehte sich zu deren Arbeitgeber um. In den grauen Augen lag eine unbeugsame Anklage gegen den Mann vor sich. „Nun, Graf Luzifer, ich möchte nicht sagen, dass ich mich über alle Maßen Freue, sie so schnell wieder zu sehen. Vor allem, da ein so kurzes Treffen meist nur bedeutet, dass Angelina wieder einmal mehr Aufgaben bekommen hat. Des weiteren möchte ich sie davon in Kenntnis setzen, dass ich ihre Arbeit bei ihnen nur deswegen dulde, weil ich weiß, dass Angelinas Herz daran hängt.“ Mut besaß dieser schlaksige Mann ja, das musste er ihm immer wieder zu Gute halten. Er kannte keinen Ehemann, der so für seine Frau kämpfte, wie diesen kleinen, sperrigen Franzosen. Darum würde er sich jetzt auch die Freude gönnen, auf das so von Überzeugung geprägte Gesicht das pure Entsetzen zu zaubern. „Wie immer haben sie Recht mein Guter. Ich möchte sie aber dennoch davon in Kenntnis setzen, dass ich sie nur an der Seite meiner stellvertretenden Geschäftsführerin dulde, weil ihr Herz daran hängt.“ Es dauerte keinen Herzschlaglang, bis aus dem Ürbermut erst eine erstaunte Wut und dann ein eiskaltes Entsetzen wurde. In seinen Augen konnte der Vampir genau sehen, sie die Worte „stellvertretende Geschäftsführerin“ immer und immer widerklangen, wie ihm plötzlich ein heiseres „Wie bitte?“ entrann. Angelina hielt sich mit beiden Händen den Bauch, sie hatte genau darauf geachtet, wie sich das Spiel auf den Gesichter verändert hatte. Sie schaute ihrem Ehemann tief in die von Unglauben aufgerissenen Augen und strich ihm dann sanft über die Wange. „Das ist nicht wahr, ... oder Liebling?“ Er schüttelte den Kopf, als wollte er es einfach nicht wahr haben. Sie zog ihn an seinen Händen zu sich und schloss ihn in ihre Arme. Leise flüsterte sie dem jungen Franzosen in das Ohr. „Es ist halb so schlimm wie es klingt. Glaub mir, wenn du mir ein bisschen hilfst, ist es kaum mehr Arbeit.“ Als er sich wieder von ihr wegdrückte, um in ihre Augen zu sehen, da spürte sie plötzlich einen harten Stich in ihrem Herzen. Es stand nicht nur in seinem Gesicht, seiner Haltung, nein, besonders in seinen Augen. Sie waren von Schmerz und Aufgabe gezeichnet. Seufzend ließ er die Schultern hängen und zuckte noch einmal mit ihnen, als wäre es ein missglückter Reflex. Er stand erst nur da, versuchte Worte zu finden und sein Blick wanderte von ihrem Gesicht fort irgendwohin in den Raum. Schließlich brachte er ein klägliches Lächeln zu Stande und sprach mit belegter Stimme. „Du tust es ja eh und bevor du dir noch einen Schaden zufügst, helfe ich dir lieber und lasse dir deinen Sturkopf.“ Dieses Mal war es wirklich hart für ihn gewesen. Jeder hier wusste genau, wie viel Arbeit die schwangere Angelina hier bewältigte. Stellvertretende Geschäftsführerin waren nicht weniger, sondern erheblich mehr Aufgaben, sie sie irgendwie schaffen musste. Das junge Ehepaar war kurz danach gegangen und die Sekretärin schaute mit einem tadelnden und auch einem bewundernden Blick zu dem Grafen hinüber. Er hatte einmal mehr seinen Kopf durchgesetzt und das in einer Situation, in der er besser noch ein paar Monate gewartet hätte. Luzifer nickte ihr noch einmal zu und ging ebenfalls zum Ausgang des Büros. Es war in warmen braunen und roten Tönen gehalten. Die zwei Türen, hinüber zum großen Besprechungsraum und zum Ausgang lagen sich gegenüber in der Mitte er langen Seiten. Die Sekretärin war mit einer geschickten Konstruktion von Pflanzen, Regalen und Einzugswänden vor ihnen abgeschirmt. Hinter diesem Versteck kamen die Türen und in den Raum hinein erstreckte sich eine gemütliche Zusammenstellung verschiedenen Sitzgelegenheiten. Nun, so sollte es anscheinend sein. Sie zog ein weiteres Fenster auf ihrem Bildschirm auf und trug hinter den Namen der jungen Frau die Worte „stellvertretende Geschäftsführerin“ ein. Kapitel 10 ---------- Kapitel 10 Die Abenddämmerung legte sich langsam über die Stadt, nur das letzte Rot zog noch knapp über den Horizont. Die Lichter würden noch die ganze Nacht hindurch brennen, sie erloschen niemals. Der Himmel hatte seine tiefe Schwärze seit langer, unbeschreiblich langer Zeit verloren. Der schlanke Mann stand mit einem Glas Rotwein in der Hand vor dem großen Fenster seines Büros und blickte mit müden Augen hinaus. Er kannte die Wahrheit über den Himmel und die Nacht. Die Zeit hatte sich geändert, sie hatte die Gesellschaft geändert. Als er noch jung war, Jahrhunderte zuvor, war solch ein Licht stets ein alles verzehrendes Feuer, Menschen schrien und rannten durch die Straßen. Heute war es das Gleiche, er konnte sie aus der Innenstadt her hören. Menschen, die schrien, grölten, sie amüsierten sich. Es hatte sich nur ein einziger wahrer Fakt geändert, nur ein einziger. Sie hatten keine Angst mehr. „Früher war sie tief schwarz. Erinnerst du dich noch?“ Er nahm einen Schluck aus dem Glas und betrachtete die kleinen roten Tropfen, die an der gläsernen Wand nieder rannen. „Früher habe ich immer Angst gehabt und jede Nacht zu dir gebetet.“ Seine goldenen Augen huschten zurück zu dem letzten Streifen Rot am Himmel und er hob das Glas mit einer schnellen Bewegung an, sodass der Inhalt beinahe über den Rand geschwappt wäre. Plötzlich tauchte alles ein in einen blutroten Strudel, in dem sich kleine Luftblasen wie tanzende Blütenblätter in einem unbeschreiblichen Reigen im wilden Frühlingswind tummelten. Er spürte die Erinnerung in sich auftauchen, als das letzte Mal sein Blick von solcher Farbe getrübt gewesen war. „Sag mir, mein alter Freund, warum hast du mir nie geantwortet? Ich habe dich in größter Not angefleht. Ich habe dir mein Leben schenken wollen, meine Mutter hat es getan...“ Deine Nacht ist nicht mehr schwarz! Dachte er in seiner unbestimmten Art. Heute waren sie durcheinander, heute fiel es ihm so schwer, sie zu ordnen. „Sag mir, Gott, wer bist du in deinem Stolz, der du so viele Missgeburten auf die Erde geschickt hast, um sie auszuplündern und sich gegenseitig auszuschlachten.“ Die Lichter der Nacht brannten in seinen Augen, als er das Glas wieder sinken ließ. Er hatte einmal Redfort gegenüber gesagt, dass der Verlust der Schwärze mit den Gefühlen der Menschen und ihrer Moral konträr liefe. Je heller die Nacht wurde, desto finsterer sah es in den Herzen der Menschen aus. Der Priester hatte nicht gelacht, er hatte einfach nur da gesessen, ihn aus seinen tiefen Augen angeblickt und lange geschwiegen. Bis seine raue Stimme plötzlich durch den Raum hallte und sich in den hohen Deckengewölben brach. „Ja, du hast Recht!“ Mehr hatte er nicht geantwortet, doch in seinem Blick lang so viel mehr. Es war ein Wissen, wie er es seit Jahrhunderten nicht mehr bei einem Menschen gesehen hatte. Der Priester war nicht einfach nur ein Gläubiger, nein, er war wie ein schwarze Engel, der in Gottes Namen zur Erde gestürzt war und sein weißes Federkleid gegen einen pechschwarzen Mantel getauscht hatte. Warum mussten diese Menschen immer von Vampirwesen wie ihm verdorben werden? Luzifer selbst war sein Richter gewesen und hatte ihm jede weiße Feder einzeln heraus gerupft. Er konnte sich noch sehr gut an diese Nacht erinnern. Es war nur eine einzige Nacht gewesen. Alles hatte so harmlos angefangen. Er strich durch die Nacht auf der Suche nach Beschäftigung und plötzlich stand der junge Mann vor ihm. Seine Augen brannten lichterloh wie Feuer und sein kräftiger Leib glühte vor innerer Wärme. Niemand hätte ihn in diesem Augenblick noch halten können. Das silberne Kreuz um den Hals des Mannes ließ ihn nicht zögern und mit einem charmanten Lächeln deutete er eine leichte Verbeugung an. „Einen schönen guten Abend wünsche ich, mein Herr.“ Dies waren die ersten Worte, die er an Redfort richtete und es waren noch so viele in dieser Nacht gefolgt. Er hatte dem Jungen die Hölle auf Erden gezeigt und ihm mit aller Macht die Seele aus dem Leib gerissen. Verärgert wischte er den Gedanken fort. Er wollte nicht länger in diesen Erinnerungen schweben. Sie behinderten ihn doch nur. Sein Blick viel aus dem Fenster und er suchte verzweifelt nach einer Ablenkung. Langsam drehte er sich um und ging zu seinem Schreibtisch zurück. Er setze sich in den großen Ebenholzstuhl und griff nach der Zeitung, die er gestern achtlos dort hin geworfen hatte. Als Schlagzeile prangte riesig das Bild eines mit Öl verschmierten Kormorans auf dem Papier und er überflog den Titel. >Ist nun ein großes Tiersterben zu befürchten? Was wird der Konzern BP als nächstes versuchen?< Er schüttelte nur den Kopf. Da zeigte sich doch die „Überlegenheit“ dieser Rasse. Er musste ganz ehrlich gestehen, ihm gefiel die Zeit am besten, in der er ohne Strom und Öl gelebt hatte. In seiner menschlichen Kindheit war er von Nonnen in einem alten Bergkloster aufgezogen worden. Sie hatten dort mit der Natur soweit im Einklang gelebt, wie es für sie möglich war. Doch heute gab es das nicht mehr. Heute brauchte es Heizungen und Fernsehen, ohne Internet und Pc ging die Welt unter und sollte einmal das Auto in der Reparatur sein, konnte man nur noch über diese schlechten Öffentlichen Verkehrsmittel schimpfen. Wenn die wüssten, wie er damals zum Dorf herunter gestiegen war, um seine erste große Liebe zu entjungfern. Das allein war ein Tagesmarsch und er kam erst spät in der Nacht zu ihr, obwohl er im Morgengrauen begonnen hatte. Schlechte Öffentliche Verkehrsmittel, das war ja zum Lachen. Der Mensch war doch nur noch ein verwöhnten Kind in den heutigen Industriestaaten. Er schmiss die Zeitung zurück und sein Blick viel auf einen kleinen Artikel auf der Rückseite. Es ging um die Bildzeitung. Seufzend leerte er sein Glas und griff nach der Flasche. Dieses Mal schenkte er sich den Stil und setzte sie gleich an. In wenigen Zügen hatte er die gesamte Flasche geleert und mit einem traurigen Blick wurde ihm erneut bewusst, dass es längst nicht mehr reichte, um in diesen tranceähnlichen Zustand des Betrunkenseins zu fallen. Er wünschte sich in diesem Augenblick nichts sehnlicher als ein Mensch zu sein, sich hemmungslos zu betrinken und zu vergessen, was für bestialische Monster diese morbide und verrottende Gesellschaft formten. Er wusste nicht, was schlimmer war. Seit Jahrhunderten mit anzusehen, das der Schwachsinn dieser Rasse zunahm oder zu begreifen, das er sich dem nicht entziehen konnte. Er studierte sie, wie andere Armeisen, sezierte und manipulierte sie. Wäre er doch nur nicht so lange schon allein. Wo war sie eigentlich? Eine seltsame Art von Einsamkeit und Sehnsucht überkam ihn. Diese Art, die er sonst nur in ihrer Nähe spürte. „Du bist hier, nicht wahr?“ Seine Stimme war tief und belegt. „Ja.“ Leise trat sie aus dem Schatten heraus. Erst ein paar Herzschläge lang stand sie in diesem Raum und lauschte seinen Gedanken. Sie waren heute so offen und verloren zu gleich. Er war gesättigt von den Jahrhunderten und dem Wissen, das er in all der Zeit gesammelt hatte. Sie sah seine sonst so aufrechte Gestalt in sich gesunken auf dem Stuhl sitzen und spürte genau, wie das Feuer seiner goldenen Augen flackerte. „Ich hätte nicht erwartet, dich so wieder zu finden, mein Freund. Was ist aus dir geworden? Ich dachte, du würdest immer der Luzifer sein, der du warst!“ Ihr blutrotes Kleid streifte den Boden, ihre schwarzen langen Haare wippten leicht bei jeder Bewegung. „Bruder, was ist mit dir?“ Ihre grünen Augen blickten ihn fragend an und sie kannte nur eine Art, ihn aus diesem Loch wieder zu befreien. Doch heute schien er sich viel tiefer zurückgezogen zu haben als jemals zuvor. Was war nur geschehen? „Sprich mit mir.“ Sie raffte ihren Rock zusammen und setzte sich breitbeinig auf seinen Schoß. Ihre Hände griffen nach seinem Gesicht und zogen es nah an das ihre. „Welche Qual hat dich so tief in die Finsternis gestürzt?“ Die goldenen Augen flackerten wirklich. Er schob sie abwehrend ein Stück von sich fort und lehnte sich zurück. „Meine Seele ist längst tot! Ich bin nichts weiter als ein Vampir.“ Er schloss die Augen und sie erkannte, wie sich rotes Blut in den Augenwinkeln sammelte. „Ich habe vor einiger Zeit einen kleinen Welpen zu mir aufgenommen. Er hat keinerlei Ahnung, was es heißt, ein Vampir zu sein. Er ist mit seinem Verstand seit Jahrzehnten immer noch dabei, sich an seine Seele zu klammern. Unser Meister hatte sie uns nach wenigen Wochen ausgetrieben. Wir zwei führen ganze Schlachten, weil wir eine unstillbare Mordlust haben. Erst wenn wir über einem pechschwarzen Meer aus bis zur Unendlichkeit entstellten vampirischen Leichen stehen, spüren wir die Erleichterung. Kein Funken Menschlichkeit steckt in mir. Egal wie ich es auch vortäuschen mag. Angelina ist mehr ein Haustier für mich, als ein Mensch. Ich liebe sie, wie ein Herrchen sein Hündchen liebt! Und wenn dieses Tier einmal ungehorsam wird oder ich ihm überdrüssig, breche ich ihm das Genick.“ Die Schwarzhaarige blickte aus ihren grünen Augen fragend zu ihm herab. Sie verstand nicht so recht, was er ihr da erzählte. Ihre Hände lagen auf seinen Hüften und ihr Kopf legte sich schräg. Die blutroten Lippen verzogen sich zu einem Ausdruck des Unfriedens und so fragte sie mit einfühlsamer Stimme. „Was nun ist dein Problem, wenn du keine Menschlichkeit mehr hast? Warum leidest du dann so?“ Ein Stöhnen entkam Luzifer. „Warum?“ Er stieß sie mit einer einzigen Bewegung von sich und hörte nicht ihren erschreckten Schrei, als sie den Schreibtisch schmerzhaft in ihrem Rücken spürte. Er erhob sich mit einer neuen gewalttätigen Energie. „Warum fragst du mich?“ Er riss dabei die Arme in die Höhe und klagte sie mit seinem Blick wütend an. Immer lauter wurde seine Stimme, als er die nächsten Worte eher rief als sagte. „Weil mein Verstand arbeitet! Weil er Tag und Nacht arbeitet, jede Minute, jede Sekunde, jeden toten Herzschlag lag!“ Er ging mit festen, schnellen Schritten durch den Raum. „Ich sehe seit Jahrhunderten wie sich die menschliche Rasse zu Grunde richtet und ich kann diesem Wahnsinn nicht entkommen! Ich bin geboren in einem Bad aus Blut und wuchs in göttlicher Hand auf. Alles was wir brauchten, hatten wir. Und nun! Sieh dir diese Aßfresser an! Sie sind nichts weiter als dreckige Ausbeuter eines Planeten, der ihnen nicht gehört. Sie brennen das Gras der Steppen ab und begreifen nicht, dass nichts weiter als kahle Erde bleibt. Sie reißen die Wälder ab und erkennen nicht, dass sie sich die Luft zum Atmen nehmen. Sie brechen mit allen Gesetzten und erkennen nicht, wie schnell ihnen der Boden unter den Füßen vom Meer geraubt wird und sie ersaufen wie kleine Katzen.“ Er schlug mit beiden Händen auf die massive Schreibtischplatte, sodass einiges davon herabfiel. Alexandra blickte ihn nur aus ihren tiefen Augen an und schwieg. Ihr rotes Kleid glitzerte im Licht, das durch die Fenster fiel, wie ein aus blutigen Tropfen bestehender Wasserfall. Sie hatte sich an den Schreibtisch gelehnt, stützte sich mit den Armen rückwärts ab und legte nun den Kopf in den Nacken. Ihre schwarzen Haare lagen wie eine Wellenflut auf dem dunklen Holz. „Es ist mein Verstand, der mich in den Wahnsinn treibt. Ich versuche es zu verstehen. Ich suche einen Sinn dahinter. Alles auf dieser Welt hat einen Sinn, selbst wir elenden Blutsauger! Nur dieses...“ Es war nur noch ein lautes Brüllen zu hören und er packte den Tisch an beiden Seiten. Mit einem empörten Quietschen, spürte die Schwarzhaarige ihren Halt weichen und im nächsten Herzschlag krachte der massive Holztisch gegen die nächste Wand. Das Bild darüber stürzte ab, die Kommode ein Stück weiter links wurde eingerissen und splitterte. Verwundert zog sie eine feine Augenbraue in die Höhe. „Du bist sehr unausgeglichen, Bruder!“ Ihre Stimme war leicht monoton und sie setzte sich ungerührt auf den nun frei stehenden Stuhl, der den Anschlag unberührt überlebt hatte. Seine goldenen Augen funkelten sie mit einem fassungslosen Blick an. Sie war einfach eine gefühlskalte Hure! Sie überschlug die Beine in einem eleganten Schwung, der rote Stoff wallte einmal auf und legte sich dann wieder über den weichen Unterrock. Er konnte das angeregte Lächeln auf ihren Lippen sehen. Mit einer langsamen Bewegung ging er auf sie zu. „Sonst habe ich dir diese Gedanken aus dem Leib gevögelt, Luzifer, aber heute bist du wie einer von diesem besessenen, geisteskranken Abschaum, der sich Vampir nennt. Komm her und hör mir zu!“ Sie hob die Hand und griff nach der seinen. Mit einem starken Ruck brachte sie ihn aus dem Gleichgewicht und er landete stolpern auf dem Boden vor ihr. Sie beugte sich leicht zu ihm vor und umschlang wieder sein Gesicht mit ihren Händen. „Diese Menschen sind nur Abschaum! Sie leben nicht mit den Gesetzten dieser Welt zusammen. Ihr Verstand ist nicht ausgebildet, verkrüppelt, so wie ihre Seele. Sie sind praktisch die unvollkommene Vorstufe des eigentlichen Menschen. Wir Vampire sind eine Art evolutionärer Weiterentwicklung. Aber der Mensch an sich ist nur ein verkrüppeltes Wesen, unfähig, dumm und zurück geblieben! Du kannst dir keine Gedanken über den Sinn machen, weil sie nicht im Stande sind, ihrer Lebensform einen Sinn zu geben! Sie werden geboren und sie sterben. Dazwischen zerstören sie nur. Mehr nicht. Das ist der Mensch! So war er schon immer! Erinnere dich! So war er schon immer!“ Luzifer hatte seine Augen geschlossen und lauschte nur der melodischen Stimme seiner Geliebten. Sie war seine Seelenschwester und wahrhaft das einzige Wesen auf dieser gottverlassenen Welt, dass er liebte! Sie waren zusammen aus Blut und Angst entstanden. Ihre Geburt war zur selben Stunde und ihr Meister hatte ihnen das Herz aus der Brust gerissen, bevor sie wussten, was sie nun waren. Sie beide waren durch die Hölle gegangen, ihre „Ausbildung“ war ein ewiger Pfad des Hasses und der Unterwerfung gewesen. Ihr Meister hatte gewusst, wie er ihr Potenzial am besten hatte zur vollen Blüte treiben können. Die Narben, die seine Seele zeichneten, hätten jeden Menschen in ein geistloses, lebensunfähiges Wesen verwandelt. Diese Stimme würde er niemals vergessen. Niemals die Nacht seiner Freiheit. Diese eine Nacht, in der die Stimme seiner Schwester ebenso melodisch und verführerisch seinen Verstand vernebelt hatte. Sie wiegelte ihn gegen seinen eigenen Meister auf und an seiner Seite zerfleischte sie den toten Leib des Vampires. Sie hatte ihm einen Scheiterhaufen gebaut, ihn mit ihren eigenen Klauen zerfetzt und auf Pfählen aufgespießt verbrennen lassen. Ihr kaltes Lachen suchte ihn manchmal mitten am Tage tief in seinem Sarg heim und ließ ihn wie ein kleines Kind vor Angst erstarren. „Luzifer, Geliebter, der Sinn des Menschen liegt darin, diese Welt zu Grunde zu richten. Schon von Beginn an haben sie sich nur für ihr eigenes Überleben interessiert. Erinnere dich an deine menschliche Geburt. Erinnere dich an all die Geschichten. Warum bist gerade du in einem katholischen Bergkloster von Nonnen aufgezogen worden?“ Ihre Stimme trug all das Leid der vergangenen Tage wieder zurück in sein Bewusstsein. Sie ließ ihn absichtlich leiden. Ihr roter Mund verzog sich zu einem liebevollen Lächeln die schwarzen fein geschnittenen Fingernägel fuhren leicht die Konturen seines Gesichtes nach und das Klingen der metallenen Ohrringe schien ihn in eine unheilvolle Trance zu ziehen. Sie hatte ihn wieder in ihrer Gewalt. Einer der grausamsten, unbeugsamsten und wohl stolzesten Vampire dieser Zeit gab sich einer Frau hin … Er saß da, nein, er kniete vor ihr und wollte sie ihm den Kopf von den Schultern schlagen, er hätte sich nicht gewehrt. Seine goldenen Augen starrten sie stumpf an und schienen ohne Leben. Er begriff kaum etwas von dem, was hier geschah. Er sah nur noch sie, seine Schwester, seine Geliebte, seine einzige Hoffnung, seine Göttin, sein absolutes Alles! Sie zog mit der linken Hand ein kleines silbernes Döschen aus den tiefen ihres Kleides und ließ es mit einem leisen Geräusch aufschnappen. „Mach den Mund auf, mein Kleiner.“ Säuselte sie, während sie mit zwei Fingern der rechten Hand etwas daraus hervor nahm. Er tat, wie sie ihm geheißen und mit einem einfühlsamen Blick legte sie ihm eine kleine weiße Tablette auf die Zunge. „Schlaf, schlaf den Schlaf der Ungerechten.“ Sie hob sein Kinn gerade soweit an, dass er von alleine Schlucken musste und ein seltsames Zucken brachte seine Hände zu einer ersten Regung. Die goldenen Augen färbten sich Sekunden schnell schwarz und weiteten sich Angsterfüllt. „Wehre dich nicht dagegen. Das Gift wirkt viel zu schnell dafür. Du wirst gleich nichts mehr spüren.“ Sie setzte sich in ihrem Stuhl auf und betrachtete wie der Vampir vor ihr unter Schmerzen sein Gesicht verzog. Er versuchte sich langsam zu erheben, stürzte nach vorne und fiel direkt vor ihre schwarzen Schuhe. Ein lautloser Schrei löste sich von seinen Lippen und das Licht in seinen Augen erlosch. Mit einem letzten Zucken erschlaffte sein Körper und die Augenlider fielen ihm zu. Sie wartete noch einen Augenblick und lauschte in die Stille des Hauses. Es konnte doch jetzt nicht angehen, dass keiner hier war, oder? „Lupin!“ Ihre Stimme hallte in unüberhörbaren Ton durch den Raum und flutete das ganze Stockwerk. Sie durchdrang das ganze Haus und weit ab von ihrem Zimmer tief unten in der Bibliothek schreckte ein „junger“ Vampir zusammen und seine Gesicht wurde noch etwas bleicher. Ohne noch weiter nachzudenken rannte er aus den Kellergewölben empor, die Treppen und Flure wie ein Irrer überwindend und stand mit einem Mal in der Tür von Luzifers Arbeitszimmer. Sein Blick fiel ungebremst auf die rot gekleidete Dame, zu dessen Füßen sein ehemaliger Lehrmeister lag. „Was...?“ keuchte er und wich vor ihr einen Schritt zurück. „Du?“ Ein Kurren überkam seine Kehle und das Funkeln seiner Augen zeigte seine Abscheu. Doch sie wischte diese alles nur mit einer Handbewegung aus der Luft. „Hör auf, wie ein Straßenköter zu knurren. Immerhin gehorchst du noch annehmbar, wenn man nach dir pfeift.“ Ihre Worte hallten ihm höhnisch entgegen und sie erhob sich mit einer bereitwilligen Geste. „Nun mach dich endlich nützlich und bring ihn zu Bett!“ Lupin stand da und nun trat Verwirrung in jeden seiner Züge. Mit einem Seufzen schritt sie über den am Boden liegenden hinweg und ihre schwarzen Haare wippten leicht von einer zur anderen Seite. Ihre grünen Augen fixierten den jungen Mann in der Tür und sie blieb nur einen Meter vor ihm stehen. „Glaubst du wirklich, ich würde ihm etwas antun?“ Sie lachte wissend und mit einer sanften Handbewegung strich sie über seine Wange. „Wenn wir einmal davon absehen, dass ihr beiden Königreiche gegeneinander in die Schlacht geführt und euch gegenseitig bis zur Unkenntlichkeit zerfleischt habt, dann gehe ich nicht davon aus.“ Er wich ihrer Berührung erst zu spät aus, das seltsame Gefühl ihrer eiskalten Hand auf seiner Haut ließ ihn schaudern. Ihr Lachen mochte zwar auf den ersten Blick freundlich klingen, aber das war sie ganz und gar nicht. „Ich habe nichts weiter getan, als ihm ein starkes Gift zu geben. Er wird ein oder zwei Tage ruhig und traumlos schlafen und dann hoffentlich wieder bei Sinnen sein.“ Ihre Worte ließen ihn stutzen und er schob sich dicht an die Wand gedrückt in das Zimmer hinein. Ihm war so etwas auch schon aufgefallen. Luzifer schien in letzter Zeit sehr... unberechenbar zu sein.Wenn er an den vorletzten Beischlaf mit ihm dachte... Selten hatte er seinen ehemaligen Meister so leidenschaftlich und unkontrolliert erlebt. Noch immer spürte er in einigen Muskeln die Schmerzen. Gedankenverloren hing sein Blick an dem Schreibtisch, der außer einem kleinen Loch in der Wand, die Kommode zerlegt hatte. Er stand schief auf der einen Seite, die Schubladen und Türen waren offen und Blätter, Hefter, Stifte lagen verstreut herum. Er hatte zwar den Schlag gehört, aber ihn nur für eine schlechte Laune Luzifers gehalten. In solchen Situationen hielt man sich besser von ihm fern. „Hoffen wir...“ Knurrte er zu ihr hinüber. Lupin war ein wirklich lustiger Zeitgenosse. Er war so berechenbar. Seine heimliche Liebe zu seinem alten Meister hatte sich längst in eine bekannte Tatsache verwandelt. Dabei konnte er seine Eifersucht ihr gegenüber nicht wirklich kontrollieren. Sein Knurren und sein Hass waren für sie nichts weiter als niedlich. Immerhin war sie ihm um Klassen überlegen. „Ich würde dich nun endlich darum bitten, ihn rüber zu bringen. Seit wann lässt du dir so etwas nehmen?“ Er drehte ihr statt einer Antwort nur der Rücken zu und kniete sich neben den angeblich nur Schlafenden. Er hatte sich durch seine Lebenserfahrung zwar ein großes Wissen angeeignet, aber gegen die beiden war er nur ein dummes Kind. Sie würde ihn schon nicht umbringen. Während er Luzifer vorsichtig in die Höhe hiefte, begriff er erst etwas ganz anderes. Er hatte sie nicht einmal bemerkt. Sie war einfach so in dieses Haus spaziert und erst als sie ihn zu sich rief, erfuhr er von ihrer Anwesenheit. Welch ein verdammter Mist! Er biss sich wütend auf die Unterlippe und knurrte sie mit funkelnden Augen an. Mit einem Lächeln hob die Angeklagte die Hände und säuselte zu ihm hinüber. „Nun, Lupin, irgendwann wirst du vielleicht auch einmal begreifen, dass ich keine Gefahr für dich bin. Ich habe dich immer an seiner Seite geduldet und ich kann mich an so manche Nacht erinnern, in der du dich sehr gerne zu uns ins Bett gelegt hast.“ Ein leises Lachen drang über ihre Lippen. Es hatte nicht lange gedauert und Luzifer lag fest eingeschlagen in die zwei feinen Decken in seinem Bett. Die Vorhänge wurden leise von ihr zugezogen und Lupin saß auf der Matratze und schaute ihr dabei zu. „Du siehst sehr müde aus, Alexandra.“ Brach seine raue Stimme plötzlich die Stille. Sie hielt in einer Hand noch immer den letzten Teil des Vorhangs und schien durch den Spalt hinaus in den Garten zu sehen. „Ich habe euch beide viel zu lange allein gelassen.“ Seine violetten Augen schauten beobachtend auf ihren Rücken und die Schwarzen Haare. „Es waren einige Jahrzehnte.“ Antwortete er ruhig. Als sich die junge Frau mit einem Mal zu ihm umdrehte, schien sie um Jahre älter zu sein. Sie schritt mit schweren Bewegungen auf ihn zu und ließ sich neben ihn auf das Bett sinken. „Lupin, Wolf. Beschützer oder Wächter. Dein Name hat sehr viele Bedeutungen in unserer Kultur. Aber vor dem, was in den letzten Jahrzehnten geschehen zu sein scheint, denke ich, hättest du ihn nicht beschützen können.“ Ihre Stimme wurde mit jedem Wort ein bisschen müder und mit einem Mal sank sie leicht an ihn heran. Ihr Kopf sank auf seine Schulter und sie lächelte ihn aus traurigen Augen heraus an. Er hasste diese Frau und er liebte sie. Sie war der zweite Teil der Seele, die sein Leben verkörperte. Er war Gefangener in seiner Liebe zu Luzifer und diese Frau machte ihn glücklich. Natürlich wusste er, dass sie, nur allein weil sie eine Frau war, nicht seine Konkurrentin darstellte. Doch ebenso war die Gier danach, alleiniger Besitzer all der Liebe zu sein, so stark, dass er sie nicht dulden wollte. Nun legte sich seine kräftige Hand auf ihr zartes Gesicht und er küsste sie auf die Stirn. Wächter. Hallte es dumpf in seinem Kopf nach und er nickte. Er lauschte auf die Geräusche des erwachenden Hauses, auf die Dienstboten, die in viel zu früher Stunde vor der Tür standen, die Stimmen der jungen Mädchen und der Männer, die nach dem ersten Frühstück mit ihrer Arbeit begannen. Das Licht fiel nicht in das Zimmer. Der morgen hinter den Gardinen musste von sehr heller, leuchtender Farbe sein, denn kaum eine schlechte Laune hielt sich lange hier. Sein Blick viel auf die beiden Schlafenden. Er konnte nicht sagen, was in drei Teufels Namen Alexandra die letzten Jahrzehnte getan hatte, doch sie schien all ihre Energie verbraucht zu haben. Sie hatte sich von ihm das rote Kleid öffnen lassen und als der Stoff zu Boden fiel, stand sie völlig nackt vor ihm. Mit einem dankbaren Lächeln schlüpfte sie aus den weichen Stoffschuhen und unter die Decke zu ihrem geliebten Bruder. So weit er wusste, waren sie nicht genetisch verwandt, sondern nur gemeinsam als Vampire geboren worden. Es war irgendwo in Rumänien oder dem, was es damals gewesen war; vor ungefähr 1.250 Jahren. Der Vampir, der später ihr Meister wurde, hatte sie wohl zufällig in Luzifers Arme getrieben und bei dem Versuch, die junge Frau vor dem bösen Wesen zu beschützen, war er ihm auch zum Opfer gefallen. Wenn diese Nacht auch nur doppelt so schlimm war, wie seine Geburtsstunde, dann keimte wahrhaftig Mitleid in ihm auf. Damals gab es ganz andere Bräuche. Die beiden stammten aus noch finstereren Zeiten als er. Er wusste nur, dass sie ihren Meister einige Jahrzehnte nach Lupins Erschaffung umgebracht hatten. Oder war es davor? Nun ja, sie hatten ihren eigenen Meister auf grausame Weise umgebracht. Mehr wusste er nicht. Seine Gedanken schweiften in die Nacht zurück, in der er den beiden zum ersten Mal begegnet war. Es war eine stürmische, dunkle Nacht in Frankreich. Oder dem, was einst einmal Frankreich werden sollte. Er wohnte in einem großen Dorf, irgendwo in diesem Niemandsland ca.1100 nach Christi Geburt. Draußen hörte er ein ungewöhnliches Geräusch. Das Schreien einer Frau. Er hatte nach einer Holzstange gegriffen und sich hinaus in die Nacht begeben. Er folgte dem Schreien gegen die mächtigen Winde, doch als er auf den kargen Ackerfeldern stand und der kalte Herbststurm an seinen Kleidern zerrte, verstummte es. Nur das Tosen des Windes bliebt übrig. Bis er ihn sah! Den Mann, den er nie wieder vergessen sollte. Er rief zu ihm hinüber, ob er auch die Frau gehört habe und sie suche. Der Mann verneinte mit tiefer Stimme. Er hob die Hand und deutete auf etwas, dass hinter dem jungen Mann zu stehen schien. Als er sich umdrehte, blickte er in das Gesicht einer totenbleichen Frau, halb nackt und mit Blut besudelt. Sie riss das Maul auf und scharfe Zähne, wie die eines Wolfes, traten hervor. Er schrie, riss den Stock empor und schlug zu. Während er zurück taumelte, stürzte er direkt in die Arme des Mannes, dessen tiefe Stimme eben noch gegen den starken Wind geklungen hatte. Er wehrte sich nach allen Kräften, schlug und trat, biss und kratzte. Er wandte sich wie ein Fisch in einem Netz und versuchte zu entkommen. Irgendwann, als er mit Erde beschmiert in den Dreck gedrückt und hilflos kämpfend auf dem Boden lag, hielten die beiden inne. Der Mann, dessen Knie hart in seinem Rücken ruhte und ihn so kampfunfähig machte, fing an zu lachen. „Du scheinst nie aufzugeben.“ Mit diesen Worten ließen sie wieder von ihm ab und als er den Kopf hob, hörte er nur noch die tiefe Stimme rufen. „Ich werde dich hohlen, Stück für Stück, bis du von alleine um deinen Tod winselst.“ Als er im Morgengrauen zurück vor seiner Hütte stand, versuchte er erst gar keine Erklärung seiner Frau oder seinen Eltern gegenüber zu finden. Das Dorf begann zu munkeln und kaum einen Tag später lag ein totes Nutztier vor der Schwelle seines Hauses. Tag für Tag wurde es schlimmer. Der unbekannte tauchte immer wieder auf, doch nur in seiner Nähe. Er musste der Teufel sein, so stand es für alle fest, ein Dämon aus der Unterwelt. Die Gerüchte wurden schlimmer, bis... bis irgendwann sein Vater verschwunden war. Seine Mutter folgte nicht lange darauf. Als letzte war es seine Ehefrau, die er tot in seinem Bett wiederfand. Ihre Kehle war aufgerissen, Blut hatte die Stoffe gänzlich rot gefärbt. Er wollte zurück taumeln, aus dem Haus laufen, doch er konnte nicht, zwei starke Hände hatten sich auf seine Schultern gelegt und trieben ihn wieder zurück. „Ich habe dir doch gesagt, dass ich dich hohlen komme!“ In dieser Nacht verlor er den Glauben an Gott und all seine himmlischen Kräfte. Der Mann, der um einiges Älter wirkte, mit seinen leuchtend goldenen Augen schien der Hölle persönlich entstiegen zu sein. Seine weißen Haare waren mit Blut getränkt, all seine Kleider zeugten von dem, was er mit der jungen Frau getan hatte. „Ich habe mich wirklich gut mit ihr amüsiert.“ Erst jetzt begriff das zukünftige Opfer, dass seine Ehefrau nicht nur tot, sondern auch nackt auf dem Bett lag. Erst jetzt wurde ihm der lüsterne Blick des Mannes bewusst, erkannte er die nur flüchtig angezogene Hose und das eben übergeworfene grobe Stoffhemd. Ein Blick in diese Augen reichte und seine Stimme verzagte. Er konnte sich nicht gegen die bestimmenden Bewegungen des anderen wehren. Hilflos ließ er geschehen, was er nicht abwenden konnte. Bis in den grauen Morgen hinein blieb der Vampir und ließ dann sein Opfer verloren zurück. Erst nachdem er dem Wahnsinn nahe und auf der Flucht vor denen, die einst einmal Freunde gewesen waren, beinahe zu Tode gekommen war, tauchten die Vampire wieder auf. Ohne Gnade nahm sich der Vampir ein zweites Mal all das, was ihm gefiel, seine tiefe Stimme erzählte dabei fortwährend von dem, was er mit der toten Ehefrau seines Opfer getrieben hatte. Seine raue Stimme sprach davon, wie er ihn neben sie auf das noch blutfeuchte Bett gedrückt hatte, während er sich nahm, was ihm beliebte. Est im Morgengrauen schenkte er ihm Erlösung. Grausame Erlösung. Er hatte ihm das blutige Handgelenk gegen die Lippen gedrückt und die Zähne des Unbekannten schlugen sich tief in seinen Hals. Immer und immer wieder hatte Lupin um seinen Tod gefleht. Immer und immer wieder in dieser Nacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)