Dakishimete da yo - onegai von Melora (抱きしめて だ よ - おねがい) ================================================================================ Kapitel 3: Perfidious plans Part 1 ---------------------------------- Naru löste sich von ihrem Gegenüber, nahm die Arme um seinen Hals jedoch nicht weg, sie schaute ihm ins Gesicht, nun etwas lächelnd. „Zeigst du mir deine Wohnung? Ich würde sie gerne mal sehen.“ Riina begann zu husten, sie konnte nicht mehr, es war einfach viel zu haarsträubend, aber Narus Worte hatten geklungen, als wolle sie aus ganz bestimmten Gründen seine Wohnung kennen lernen, ihr Blick dabei war wirklich eindeutig, sie hatte es auf den Mann abgesehen... Oh Gott, das konnte sie doch nicht ernst meinen!? War sie betrunken? Naru wollte Hiroya betrügen, so klang es für die Rothaarige. „Ich weiß nicht, Hiroya würde das bestimmt nicht sonderlich gefallen, wenn du dir die Wohnung eines anderen Mannes zeigen lässt.“ „Allerdings, das gehört sich nämlich nicht!“ hörte man eine Stimme hinter einem Busch, weshalb Naru zusammenfuhr und den Kopf etwas nach hinten drehte. „Riina, was machst du da, schnüffelst du mir nach?“ Naru warf ihrer Freundin Halbmondaugen zu. „Du brauchst gar nicht so zu gucken, Naru! Was zum Teufel knutschst du hier mit meinem Exfreund?“ Die Hellbraunhaarige seufzte, während sich Riinas sogenannter Exfreund fast einen halben Meter weit weg von ihrer besten Freundin setzte, er war doch jetzt nicht etwa schon wieder schuld an allem? Juro blickte unschuldig zu Riina auf. „Bist du etwa eifersüchtig?“ Etwas schuldbewusst sah er schon irgendwie aus. „Ach du meine Güte, ganz bestimmt nicht, mach dich gefälligst nicht an Frauen ran, die halb verheiratet sind! Du kannst deine Pfoten wohl immer noch nicht bei dir behalten, wie?!“ „Halb verheiratet? Halb getrennt, passt wohl wesentlich besser“, klärte Naru ihre Freundin auf und schüttelte den Kopf. „Hiroya ist nicht dein Tatsuji, Hiroya ist - ein Vollidiot! Ich überlege ernsthaft, ob ich mit so einem jemals glücklich sein werde! Lass deinen Frust woanders raus! Oder besser noch, geh zu Tatsuji und tu endlich, wonach du im Grunde nur verlangst, Feigling.“ Sie war wütend, dass sich ihre Freundin in diese Sache so einmischte, als könnte sie ihr Befehle erteilen, das lief so nicht, deswegen wurde sie auch ein wenig gemein. Riina hatte jetzt einen empörten Gesichtsausdruck inne. Wieso musste Naru nun so etwas vor Juro sagen? „Tatsuji? Wer ist das, Riina? Was hast du mit dem?“ „Nichts habe ich mit dem.“ „Das ist ihr Problem.“ Juro blickte zur Seite zu Naru und nickte. „Ach, so ist das.“ „Ja, sie ist zu ängstlich und bringt es nicht fertig, ihm zu sagen, dass sie ihn liebt.“ Naru sagte es nicht nur, um Riina zu ärgern, sondern auch, um Juro die Augen zu öffnen, er sollte endlich kapieren, dass Riina nun mal nichts mehr von ihm wollte. Eigentlich hatte Juro sich um Riinas und Hiroyas Willen zurückgehalten, aber wenn er das Ganze von allen Seiten beleuchtete, wurde ihm immer klarer, dass es falsch war. Naru zu lieben, war kein Fehler, genauso wie es Schicksal war, dass Riina erfahren hatte, dass er sie betrogen hatte. Trotzdem fühlte er sich von seiner Exfreundin jetzt total verunsichert, immerhin war ja Hiroya sein Freund, was sie ihm wieder klargemacht hatte. „Tja, wohl ängstlicher und vorsichtiger als du, Naru.“ „Du musst sie nicht vor mir warnen, Riina.“ Er ahnte Derartiges, immerhin war sie ja Jurastudentin, Naru liebte einen Kriminalisten. Er fürchtete, dass die Sache endete, bevor sie begonnen hatte. Wenn nicht Riina, würde vielleicht Hiroya dafür sorgen. „Ich warne sie nicht vor dir, Juro, ich find’s nur nicht okay, was sie tut.“ „Halt den Ball flach, Riina, was du nicht okay findest, steht nicht zur Debatte! Es steht ja auch nicht zur Debatte, was ich an Hiroya nicht in Ordnung finde, das kümmert ihn einen Scheiß, also habe ich kein schlechtes Gewissen.“ Genau das versuchte Naru ihre Freundin ja einzureden. „Deswegen musst du doch nicht gleich ans Fremdgehen denken.“ Ja, sie dachte wirklich daran, allerdings nicht an das, was Riina so fremdgehen nannte. Bei Riina tat man es schon, wenn man jemanden küsste, demnach hätte Naru Hiroya ja schon betrogen, aber es kümmerte sie wirklich kein bisschen. „Und ich denke nicht, dass wir dieses Gespräch weiterführen müssen.“ Die Hellbraunhaarige würde sowieso tun, was sie wollte, das lag klar auf der Hand. „Komm, Juro, du wolltest mir deine Wohnung zeigen.“ Sie stand auf, nahm seinen Arm und zog ihn etwas mit sich. „Ähm, Naru, ich halte das ja irgendwie für keine gute Idee.“ „Ach, nein? Das bereden wir weit weg von deiner Exfreundin.“ Riina wurde stehen gelassen, sie konnte es nicht glauben, war ihre Meinung denn jetzt überhaupt nichts mehr wert? Nachdem Carpano sich wie so oft in Luft aufgelöst hatte und der Sender zu allem Überfluss von ihm aktiviert worden war, hatte Cencibel gedacht, dass er wohl Hilfe benötigte, er war kein Mensch, der bei einer Kleinigkeit das Knöpfchen drückte. Aber nicht nur Cencibel, auch Kir, die als erstes dieses Signal empfing. Jedes Mal brach sie in Panik aus, sie wusste immerhin, wie viel ihr Freund immer riskierte. So auch dieses Mal, sie hatte völlig aufgelöst ihre Freundin angerufen, um ihr Bescheid zu sagen, weil sie in solchen Fällen einfach die beste Lösung war, immerhin war sie Ärztin und wusste sehr viel mehr über die Behandlung von Verletzungen, die er natürlich wieder hatte, wenn das Signal ertönte. Sie selbst wäre auch viel zu panisch und unruhig. Kir hatte jedes Mal aufs neue Angst um ihn, Panik davor, ihn für immer zu verlieren – denjenigen, der Licht in das Dunkel ihres Lebens gebracht hatte. Was war es da für ein Schock für beide Frauen gewesen, als es sich nicht um Carpano gehandelt hatte, sondern um eine andere schwer verletzte Person. Und wieso war Carpano weggewesen? Diese Frage quälte die Braunhaarige mittlerweile seit Stunden. Sie hatte ihn auf dem Handy angerufen, er war nicht rangegangen. Wahrscheinlich konnte er nicht, weil er entweder ebenfalls verletzt worden war, oder man ihn nicht ließ. Was war nur passiert? Nicht nur, dass ein sehr enger Freund von Yuichi, der natürlich genauso wie dieser selbst ein Verräter war, verletzt worden war, sondern auch die Ungewissheit über Yuichis Verbleib, trieben die Nachrichtenmoderatorin fast in den Wahnsinn. Alleine, dass Yuichi von Jamies Zustand wissen musste, würde ihn doch hierher treiben, das ließ nur einen Schluss zu: Er konnte nicht, auch wenn er wollte, was unter normalen Umständen das Erste gewesen wäre, was er getan hätte. Er würde vielmehr Helios retten, statt sich selbst, was, wenn es tatsächlich so war? Vielleicht war er ja gerade in irgendeiner Gasse und kämpfte nun selbst mit dem Tod, genauso wie sein Freund es schon die ganze Nacht getan hatte... Im Moment schienen die Organisationsmitglieder ja wieder verstärkt Krieg in den eigenen Reihen zu führen. Es war schon lange Vergangenheit, dass sie wie Pech und Schwefel zusammen gehalten hatten, um unerkannt zu bleiben. Der Boss hätte es wohl gerne, wenn Gin, Kir, Cognac, Carpano und Vermouth eine kleine Gruppe geworden wären, aber Gin schien am wenigsten reinzupassen. Dass er ausgerechnet denen nichts tun durfte, ging ihm derweil doch ziemlich gegen den Strich. Was sie da eigentlich sollte, hatte Kir noch nicht ganz begriffen. Welche Rolle würde man ihr wohl zuteilen? Fünftes Rad am Wagen? Die Schwarzhaarige grinste vor sich hin. Die Tür hinter ihr wurde geöffnet, sie blickte sich nicht um, immerhin wusste sie, wer gekommen war. „Du bist echt spät, Mutter, dabei hattest du mir versprochen, nicht so spät nach Hause zu kommen.“ Sie sagte es nicht wütend, sondern mehr in einem nebensächlichen Ton, als sei es gar nicht so schlimm gewesen, allerdings ließ sie sich nicht nehmen, ihre Mutter an ein gebrochenes Versprechen zu erinnern. Vermouth seufzte genervt – was wurde das? Bevormundung etwa? Sie konnte das nicht leiden. „Hat sich eben so ergeben, ich denke nicht, dass ich dich fragen muss, ob ich mit meinem Lover unterwegs sein darf.“ Etwas bissig war die Schauspielerin schon, sie machte ihren Standpunkt klar und zeigte ihrer Adoptiv-Tochter, dass sie zu diesem Thema nichts hören wollte. „Also, was du so treibst, Vermouth, ist wirklich interessant. Der Kleine hat Mist gemacht, er wurde von Onkelchen erwischt, bin mal gespannt, wie er sich rausredet.“ „Ich hab’s geahnt, dass das irgendwann passiert, gut, dass ich den Boss darum gebeten hatte, dir den Fall zuzuteilen, wer weiß, was sonst passiert wäre? Vielleicht will er dem verrückten Môri auch alles erzählen... Stell dir das doch nur mal vor...“ Etwas bedrückt klang sie, was auch Syrah auffiel. „Der Klang deiner Stimme hat nichts mit Cognac zu tun, oder doch? Nicht viel eher mit dem kleinen Kind, das bei Môri wohnt?“ Dass Syrah noch immer nicht mitbekommen hatte, worum es ging, ließ der Blonden ein Lachen entkommen. „Du hast das Kind noch nicht durchschaut – du musst dich mehr anstrengen, er ist was ganz Besonderes, du wirst mir nur beipflichten können. Natürlich werden wir nicht verraten, weshalb der schlafende Kogorô so eine Karriere hinlegen konnte, verstanden?!“ Syrahs Blick ging nun doch zur Seite, wo ihre Mutter noch stand. „Das solltest du mir vielleicht erklären! Hat dir dieser Verräter Cognac wieder Hirngespinste eingepflanzt?“ Sie war der festen Überzeugung, dass der Kerl Schuld daran hatte, wenn sie auf solche hirnrissigen Gedanken kam. „Cognac weiß davon nichts“, meinte Vermouth, was sollte das eigentlich heißen? Dass sie sich zu irgendwas verleiten ließ? „Aber er hat dich sicher auf diese Ideen gebracht. Das ist gefährlich, was du da planst, du planst die Organisation zu linken, so was wird mit dem Tod bestraft, egal, wer du bist.“ „Von Gin vielleicht.“ Verblüfft über die Worte schaute Syrah ihre Mutter an, sie hatte die Worte genaustens verstanden, verstand aber wiederum nicht, wie sie darauf kam. „Ich dachte, er steht auf dich.“ „Selbst wenn er das täte, Syrah, er steht am meisten auf Sherry, will sie am liebsten aber umbringen, was denkst du, was er dann gerne mit mir machen würde?“ Sie zeigte ein schadenfrohes Lächeln, was so wirkte, als würde sie sich selbst veralbern. „Ich kann den Kerl nicht leiden, er nimmt sich zu wichtig.“ „Ist er auch, jedoch nur, weil er nie aufmuckt. Wen er töten soll, ist ihm eigentlich ziemlich egal, er würde selbst seinen Partner Vodka umlegen. Gin ist wichtig für die Drecksarbeit!“ Sie war froh, dass Derartiges wenigstens nicht an ihr hängen blieb. Sie war für die ganz trickreichen Morde da, für stinknormale Sachen, wie Gin sie immer verübte, griff der Boss doch gar nicht auf sein Schätzchen zurück. Was sie hinter seinem Rücken so trieb, ließ sie jetzt natürlich außen vor. „So? Und du denkst, der Boss würde nicht?“ „Das Schlimmste, was dann passieren könnte, ist dass er mich irgendwo einsperrt, damit mir nicht doch noch was passiert. Ist er nicht liebenswürdig? So richtig zum gern haben.“ „Warum wirst du sarkastisch...? Er hat mehr Macht als Cognac, du solltest den Typen sausen lassen und dich an den Boss halten, er hat die Entscheidungsgewalt. Ich kann das einfach nicht verstehen. Der Typ vergöttert dich, während dich Cognac andauernd betrügt.“ Sie schüttelte verständnislos den Kopf. „Was denn? Hält es dich davon ab, Teran zu lieben, weil er dich betrügt?“ Es war nicht an der Tagesordnung, dass sie Leuten verriet, was sie wirklich für Cognac empfand, das war nur ein weiterer kluger Schachzug in ihrem eigenen Spiel. Sie kannte Syrahs Schwächen und nutzte sie aus. „Willst du mir weismachen, du liebst Cognac?“ Ja, genau das, damit sie ihn wenigstens zufrieden ließ, aus Rücksicht auf ihre Mutter. „Tja, eine lockere Beziehung kann ich mir kaum noch vorstellen. Erstens frisst er mir förmlich aus der Hand und er lässt mich wenigstens in Ruhe, wenn ich mal mit einem anderen Mann zusammen ausgehen will. Was denkst du, was Calvados war? Nur ein Test, wie Cognac darauf reagieren würde. Er hätte ihn töten können, das hätte mir aber nur gezeigt, dass er genauso ein schlichter Mann ist, wie der Boss, aber er hat ihm nicht einmal ein Haar gekrümmt und das obwohl ich mir vollkommen sicher bin, dass er rasend eifersüchtig war.“ Seitdem war er auch ein wenig braver geworden, er hatte ihr schon lange nicht mehr gebeichtet fremdgegangen zu sein. Die Angst, die ihn wohl damals beschlichen hatte, war mit ein Grund dafür. „Ich habe die Zügel in der Hand. Wenn ich etwas will, kriege ich das auch, you know, Syrah?!“ Sie schwang die Haare nach hinten, was typisch für die arrogante Frau war, die sie innerhalb der Organisation eben war. „Du bist verrückt, du willst doch echt Macho-Cognac erziehen, zu was eigentlich? Zu deinem Schoßhund?“ „Nein, so was steht Gin viel mehr, leider funktioniert das bei ihm nur nicht. Er ist das, was ich gewöhnlich Scheißkerl nenne. Er verprügelt Frauen, besäuft sich und hat keinerlei Manieren, auch wenn er es in meiner Nähe immer versucht.“ Sie verzog leicht angewidert das Gesicht. Das sah schon mehr nach Chris Vineyard aus, als nach Vermouth, der es total egal zu sein schien, welche Mistkerle sie sich angelte. „Außerdem, Cognac hat Stil, wenn er jemanden quält.“ Trotzdem stand sie total darauf, einen bösen Mann an ihrer Seite zu haben, was sie Syrah jetzt einfach mal einredete, nämlich, dass Cognac kein Engelchen war. Gut, er war keines, aber im gewissen Sinne war er nicht boshaft, alles andere als das. „Ach ja, tut Cognac das? Der sieht doch so harmlos aus.“ „Alles nur Show, du hast ihn noch nicht in Rage erlebt, Syrah. Am meisten macht es mich an, wenn ich wieder Ärger hatte und er aufräumen geht. Da ist er ganz besonders schlimm drauf, am besten habe ich noch einen Kratzer und es gibt sehr viel Ärger.“ Man merkte, wie viel sie sich darauf einbildete, ihm so wichtig zu sein. „Du kannst dich ja mal mit Jami über den so harmlosen Cognac unterhalten.“ Kenichi wusste das besonders gut, ja, er kannte Cognac von seiner üblen Seite, was auch so geplant gewesen war. Was Jami wusste, wusste meistens jeder, wenn Vermouth es ihm erlaubt hatte. Dass er wegen Vermouth austickte, das hatte sie ihm verboten, rumzuerzählen, alles andere durfte er breittreten, damit auch die meisten sich vor Cognac fürchteten. Allerdings hatte es einen üblen Beigeschmack. Vermouth hatte damit dafür gesorgt, dass sich die meisten Cognac nur in Gruppen näherten, was es zu ihrer Pflicht machte, ihn beschützen zu lassen. Dass sie daran im Grunde nur zum Teil Schuld hatte und nicht komplett, wusste sie nicht. Sie wusste nicht, dass Chardonnays Bande mit Pinot befreundet war und deswegen auf Cognac losging, das war ihr leider entgangen. Jedoch hatte sie dadurch auch erfahren, wie tapfer und stark Cognac war. Wenn Yuichi von ihm redete, hatte sie mehr das Gefühl, es handelte sich um ein wehrloses, kleines Kind, aber er schaute immer nach vorn, bisher jedenfalls... Er gab niemals auf, egal wie schwarz der Himmel mal wieder wurde. Er murrte kein bisschen, wenn ihn wieder jemand verletzt hatte, er versuchte es sogar, vor ihr zu verstecken, er hielt wirklich um einiges mehr aus, als sie gedacht hatte. „Teran hat mir erzählt, dass er mit dieser Kimi zusammen war, die vor kurzem ums Leben gebracht wurde. Wusstest du das?“ „Nein, ich frage ihn bestimmt nicht nach all seinen Exfreundinnen aus, was hat Teran dir so gesagt?“ Natürlich war sie neugierig geworden. „Dass sie ein süßes Ding war, und er es schade findet, dass sie tot ist.“ Syrah knirschte kurz mit den Zähnen, sie war doch sehr eifersüchtig zumindest für den Moment. „Ach, ist das was Besonderes? Solche Anfälle hat er doch ständig bei irgendwelchen Frauen, ich dachte, du bist das gewohnt.“ „Bin ich auch. Und Cognac war wohl zu Schulzeiten mit ihr zusammen, damals soll er auch schon so ein Weiberheld gewesen sein, sie hat sich gedemütigt gefühlt und ihm mit einer handfesten Backpfeife den Laufpass gegeben, angeblich haben die sich so zerstritten, dass sie sich gehasst haben.“ „Gut möglich, er lässt sich nicht gerne verprügeln.“ Nein, niemals hatte er seine Exfreundin gehasst, das konnte er laut ihres Wissenstandes doch gar nicht. Das musste man Syrah aber ja nicht gleich erzählen. „Im Übrigen, nimmst du alles auf, was im Hause Môri passiert?“ „Ja, mache ich, weil ich mich nicht stundenlang dahin setze, ich habe auch andere Pflichten.“ „Denk aber daran, wichtige Aufnahmen zu vernichten, es ist besser deine Speicherkarte namens Hirn zu benutzen, weil da nämlich niemals jemand rankann.“ Es war ihrer Mutter wohl wahrlich wichtig, dass die Organisation von diesem Kind ferngehalten wurde, aber was hatte es damit auf sich? Ihre Mutter wurde doch nicht gefühlsduselig wegen einem kleinen Kind, oder? Das konnte nicht der Grund sein, selbst wenn sie kleine Kinder wohl mochte, weil sie selbst keine hatte. „Warum darf das keiner erfahren? Ich will das jetzt wissen, ansonsten cancel ich den Job.“ Sie mischte Japanisch mit Englisch, so wie ihre Mutter es immer tat und warf ihr einen überlegenen Blick zu. Syrah versuchte sie zu erpressen, was auch der Blondine schnell klar war. „Du wirst es bitter bereuen, wenn du das Kind unserem Boss auslieferst. Du weißt doch, er neigt dazu, sich in kleine Wunder zu verlieben.“ So wie in Ryochi Akaja vor Jahren, sie hatte es nicht vergessen, kein Wunder, man erinnerte sie ständig an ihre Fehler. „Er ist zu gerecht, um so zu enden. Er wird später eher mal ein gefragter Privatdetektiv, oder Kriminalist, die Polizei will ihn unbedingt haben.“ Syrah begann zu lachen. „Denkst du wirklich, dass mein Herz so leicht zu erweichen ist, Vermouth? Du solltest mich besser kennen. Wieso sollte ich es bereuen? Willst du mir vielleicht sogar drohen?“ Sie wüsste wirklich nicht, was sie da bereuen müsste, außer dass ihre Mutter anscheinend dieses Kind mochte, aber das konnte nicht alles sein, das passte nicht zu dieser Frau. „Weil du dich hassen würdest, wenn ich dir später sage, wer er ist.“ Das machte Syrah nachdenklich, allerdings sah es wirklich nicht so aus, als würde sie ihre Mutter umstimmen können, Erpressung war vielleicht auch der falsche Weg. „Nur noch etwas Geduld, liebe Syrah, du wirst schon noch herausbekommen, was ich meine, ich muss es dir nicht auf die Nase binden. Du bist auf dem rechten Pfad.“ „Ich bin nicht lieb“, meinte die Schwarzhaarige mit den kurzen Haaren trotzig und drehte den Kopf weg. ‚Allerdings, alles andere als das bist du.’ Kogorô hatte sich vorgenommen, dem Knirps was zu erzählen, wenn der Fall besprochen war, das Angebot von so viel Moneten gab es schließlich nicht jeden Tag, er hatte längst entschieden, den Fall zu übernehmen. Dass das alles womöglich eine Falle sein könnte oder Derartiges, auf so was würde der geldgierige Môri niemals kommen. „Also, worum geht es?“ wollte er ruhig und nun gefasst wissen. Der Anrufer hatte schon gedacht, die Freude würde nie mehr vorübergehen, irgendwie machte ihn das auch wütend und er hätte beinahe wieder aufgelegt. Dem Kerl schien es nur um Geld zu gehen, nichts weiter, hoffentlich war er es dann auch wert. Er hatte keine Lust seine Zeit zu verplempern. „Sie schauen Nachrichten, Môri-san?“ „Ja, also?“ „Kimi.“ Stutzig schaute Kogorô vor sich. Um diese Sängerin ging es also. Sein erster Gedanke, als man von ihrem TOD berichtet hatte, war gewesen: ‚Gott sei Dank ist es nicht Yokô.’ Noch dasselbe im Moment denkend, nickte er zu sich selbst. „Es geht also um Kimi. Die Polizei ist an dem Fall dran.“ „Die Polizei vermutet alles mögliche, nur keinen Mord, aber es war einer.“ Nun klang der Mann aufgewühlt, Kogorô würde versuchen ihn zu beruhigen. „Ganz ruhig! Wieso denken Sie denn so etwas?“ Es war seltsam, zumal wirklich alles, laut der Nachrichtensprecherin, darauf schließen ließ, dass es ein tragischer Unfall gewesen war. „Weil sie mir versprochen hatte in ihrem Zustand kein Auto mehr zu fahren. Wir hatten getrunken, ziemlich viel, zu viel! Und sie war ganz schön daneben danach! Ich wollte sie nicht gehen lassen, sie versprach mit der Bahn zu fahren... Wieso?“ Er zögerte, seine Stimme zitterte. „Was hatte sie in einem Auto verloren? Wir hatten viel zu viel getrunken, sie wäre in dem Zustand niemals gefahren... Das hat sie mir doch versprochen!“ Nun klang seine Stimme mehr nachdenklich, beinahe apathisch. Kogorô hatte ihm genau zugehört, er schien die junge Frau sehr gut zu kennen. „Und nur deswegen? Wer sollte sie denn ermorden?“ „Sie wurde ermordet, ich beauftrage Sie hiermit damit, herauszufinden, von wem!“ Ach, das wusste er nicht? Kogorô musste auf einmal lachen, es war nicht nett von ihm, aber er lachte. „Was macht Sie so sicher, dass Sie nicht Ihr Geld verschwenden?“ Schweigen herrschte, keine Antwort kam, was Kogorô nun doch seltsam fand, genauso wie Conan, er fand das gesamte Telefonat irgendwie seltsam. „Ich weiß das einfach und SIE ist keine Geldverschwendung.“ Conan hätte gerne selbst mit dem Mann geredet, was sich hier abspielte, dem war Kogorô ja anscheinend nicht gewachsen. „Na gut, ist ja ein nettes Sümmchen, aber seien Sie bloß nicht enttäuscht, wenn wir dasselbe herausbekommen, wie die Polizei, die schließlich nicht dumm ist.“ „Dumm vielleicht nicht, aber unwissend.“ „Ach nicht dumm, sondern unwissend?“ Was war das denn für ein schräger Vogel? Die Polizei beschäftigte sich doch tagtäglich mit Mord, wieso sollten sie sich irren? Conans Pupillen wurden kleiner, er hatte ein schreckliches Gefühl. Von was redete der Kerl da? Er hätte sich so gerne dazwischen geworfen und das Gespräch weitergeführt, aber dann würde sein Onkel ihn wohl ermorden. Wenn er sich nicht total verkalkulierte, dann redete man gerade mit seinem Onkel über die Schwarze Organisation, oder war er mittlerweile dermaßen gestört durch die Verhältnisse, die ihn umgaben, dass er Gespenster sah? „Da war ein Profi am Werk. Haben Sie Angst um ihren Ruf?“ Môri fühlte sich von diesem Mann veralbert, er war doch kein kompletter Vollidiot, er schielte zu Conan, mit seinem Glücksbringer konnte ihm ja eigentlich gar nichts passieren. „Na gut, ich gebe Ihnen meine Bankverbindung für die Bezahlung.“ „Nein, ich bin nicht so für Bankverbindungen... Ich würde gerne eine Übergabe organisieren. Ich will unerkannt bleiben.“ „Wieso wollen Sie denn bitte unerkannt bleiben?“ Der kleine Detektiv bekam es mit der Angst zu tun. Eine Falle, es war eine Falle, checkte das sein Onkel denn nicht bei all der Geldgier, die in ihm herrschte? Geld, damit köderte die Organisation doch so ziemlich jeden, Menschen, die nicht so viel Geld hatten, ließen sich doch ständig auf solche Sachen ein, er selbst hätte so etwas niemals für so viel Geld getan, aber wohl auch nur, weil er selbst reich genug war, dass er dies nicht nötig hatte. „Fragen Sie sich denn nicht, weshalb jemand so viel Geld für eine SÄNGERIN übrig hat? Denken Sie scharf nach, dann kommen Sie sicher drauf.“ Kogorô dachte darüber nach und kam letztendlich nur auf eines: Kimi hatte einen geheimen Lover, der selbst total berühmt war, was auch sonst? Er wollte nicht, dass etwas darüber herauskam. „Verstehe.“ Was hatte man seinem Onkel weisgemacht? Conan wollte es wissen, sofort! „Und wo soll die Übergabe dann stattfinden?“ Es durfte nicht wahr sein, Conan fragte sich, wie man bitte so dämlich und leichtfertig sein konnte, er regte sich jedenfalls tierisch über Rans Vater auf. Dass er WIRKLICH doof war, das hatte er ja vermehrt bemerkt. Wie so einer bei der Polizei hatte sein können, fragte er sich heute noch. „Heute Abend gegen zehn Uhr – Haido-Chô S-Bahnhof. Natürlich bekommen Sie nur eine Anzahlung, den Rest bei Ausführung meiner Forderung. Ich hinterlasse das Geld in der Männertoilette, dort fällt’s nicht so auf.“ Obwohl sich der Mann sehr bemühte, bemerkte man, dass er aus dem Westen kam, Conan hatte einfach die Lautsprechertaste gedrückt, um wenigstens den Rest mitzubekommen. Er fand seine Aussprache klang der von Heiji sehr ähnlich. Er kam aus Kansai, eindeutig. Aber von der Sorte gab es so einige derzeit. Viel sagte das auf seine wahre Identität nicht aus. „Gut, dann um zehn Uhr am S-Bahnhof von Haido-Chô.“ Conan verzog das Gesicht. Nur ein Idiot würde sich auf so etwas einlassen. In Haido-Chô war mal jemand auf der Toilette umgebracht worden. Wieso war Kogorô nicht misstrauischer? „Gut, bis dann, wir hören voneinander.“ Die Fangschaltung des Telefons sagte an, dass die Nummer aus einer Nachbarstadt kam. Die Person befand sich gerade leider zu weit weg, er hätte zu gern gewusst, wo derjenige sich befand. Es war eine Telefonzelle, das sagte Conan die Nummer auf dem Display. Eine Telefonzelle, die sich wohl in Haido-Chô selbst befand. Es war aufgelegt worden und Kogorô bemühte sich, seinen Herzschlag zu beruhigen. „Oh Gott, ich bin so schon reich... Jetzt brauche ich nur noch diesen Fall lösen und ich kann mich pensionieren lassen!“ Ein riesengroßer Tropfen lief über Conans Schläfe, dieser verdammte Volltrottel... „Beruhig dich, Onkel!“ Er sagte diesmal nicht Onkelchen, sondern Onkel in ganz trockenem Ton. Nicht kindlich oder Dergleichen. „Das könnte eine Falle sein! Welcher Verrückte würde auch statt der Polizei zu vertrauen, einen Privatdetektiv auf so was ansetzen?“ Er wollte Kogorô daran hindern, diesen Fall zu übernehmen, weshalb er ihm ins Gewissen redete. „Mir ist herzlich egal, dass du mir gleich sagst, er ist ein Star! Na und? Es könnte auch nur jemand sein, der dir eine Falle stellen will, vielleicht hat derjenige auch einfach in der Sängerin ein Opfer gefunden, um DICH in eine Falle zu locken, noch nie daran gedacht?“ Er schon, immerhin war es nicht das erste Mal, dass man Kogorô Môri verdächtigte, etwas über die Organisation zu wissen. Er war schon einmal fast zum Opfer geworden, Conan konnte sich gut vorstellen, dass man ihn, trotz der Aktionen des FBIs noch verdächtigte. „Nun hör mir mal zu, du Nervenzwerg!“ erhob Kogorô seine Stimme, stampfte auf Conan zu und zog ihn am Hemd zu sich hoch. „Ich werde mir das Geld nicht durch die Lappen gehen lassen! Er klang nicht wie ein Betrüger, sondern mehr wie ein Mann, der seine Freundin verloren hat, was er bestimmt ist!“ „Ja, oder ein total fauler Trick! Es gibt solche Menschen!“ Conan schaute Kogorô direkt in die Augen. Eines musste der Privatdetektiv zugeben, es war wirkliche Sorge und Aufrichtigkeit in das Gesicht des Jungen getreten, was ihn aber auch total erwachsen rüberkommen ließ. „Wer zum Teufel bist du? Kein Kind kann so schlau sein, wie du!“ „Ich bin Conan Edogawa“, einerseits nervös, aber auch nun wieder wie von einem kleinen Kind stammend, klang der Junge. „Warum hast du die Fälle gelöst?!“ Er schüttelte den kleinen Conan regelrecht durch. „Was für einen Zweck hatte das? Auf meine Berühmtheit kannst du es wohl kaum abgesehen haben, Knirps!“ Allerdings, er hatte nie gewollt, dass Rans Vater durch ihn so berühmt wurde, so selbstlos war er dann doch nicht, er hatte es ja schließlich nur getan, um wenigstens weiter der Detektiv, der er einst gewesen war, sein zu können. Was für Ausreden konnte es nun noch geben? Außer vielleicht eines. „Ich konnte nicht zusehen, wie du dich zum Affen machst.“ Es war so ehrlich gekommen, wie es klang, und es klang sehr böse nach Shinichi, der sich immer über Rans Vater lustig gemacht hatte... „Und wie du die Falschen in den Knast bringst, ich wollte nur Gerechtigkeit, ich - ich möchte nämlich zur Polizei gehen.“ Damit rettete er sich wahrlich nicht, nein, Kogorô würde ihn dermaßen verprügeln, dass er tagelang nicht mehr sitzen können würde, da war sich Shinichi sicher, für seine freche Art von Ehrlichkeit würde er sein blaues Wunder erleben. „So ist das also?!“ Kogorôs Augenbraue zuckte, doch anders wie Conan erwartete, ließ er diesen wieder auf den Boden zurück, er seufzte schwer. Was für ein beschissener Tag. Er wusste selbst, wie mies er als Ermittler war. Wäre er ein guter Detektiv hätte ihm kein Kind helfen müssen, doch das hatte es, es tat weh. Ausgerechnet ein kleines Kind war schlauer als er. „Onkelchen?“ fragte Conan besorgt, er mochte es nicht, wenn Kogorô so betrübt war, er gefiel ihm als irrer und versauter, Frauen nachhechelnder Hengst doch viel mehr. Dann war er wenigstens unbeschwert. Es kam selten vor, dass Rans Vater so deprimiert war wie jetzt, aber es war nicht das erste Mal, dass ihn etwas getroffen hatte. ‚Wenn du wüsstest, wer ich bin, würdest du mir eine Rakete unter dem Hintern zünden und mich auf den Mond schießen, nicht wahr?’ „Onkel Kogorô?“ Auch beim zweiten Versuch kam keine Antwort, der Angesprochene stand nur fest entschlossen auf. „Du bleibst hier!“ „Was?“ „Du bleibst hier, ich werde alleine gehen.“ Die Entschlossenheit in Kogorôs Stimme verängstigte den Jungen mit den blauen Augen. Wenn er doch etwas mehr wie Heiji gewesen wäre, in der Lage gegen diese Organsation zu bestehen, aber er tappte ja sogar im Dunklen, wie die meisten, die man einfach so ermordete. Wer wirklich Bescheid wusste, war vorsichtig, oder nicht? Aber selbst bei Heiji war der eigentlich 18-jährige nicht so sicher. Wäre er sich da sicher gewesen, hätte er den Detektiv aus Osaka mehr in diesen Fall mit einbezogen. Heiji brachte sich sonst vielleicht noch mit seiner eigenen Dummheit um die Ecke. Er hatte es ja schon einmal geschafft, sich selbst anzuschießen. So jemanden würde er bestimmt nicht zu nahe an diese Organisation ranlassen, Heiji war auch zum Glück mehr in Osaka und bekam die Hälfte so auch gar nicht wirklich mit, das machte es ihm leichter, ihm Dinge zu verschweigen. Dafür hatte er – Conan Edogawa, auch Shinichi Kudô genannt – Rans Vater in diesen Mist hineingeritten, weil er zu unvorsichtig gewesen war. Dass jetzt irgendwer hier anrief, um ihm eine Falle zu stellen, war ganz alleine die Schuld von dem ach so tollen Detektiv Shinichi Kudô. Betäuben, genau, er würde ihn betäuben... Und überhaupt, er hatte jetzt wieder die Chance bekommen, nahe an die Leute in Schwarz ranzukommen. Das konnte er doch nicht jemandem wie Kogorô überlassen. Ein arglistiges Grinsen war auf Conans Gesicht erschienen. „Willst du jetzt das tun, was du immer tust, um mich schlafen zu schicken?“ Verdammt, seit wann war der Kerl denn so schnell in Sachen Denken? Conan war das Grinsen mit einem Schlag vergangen. Rans Vater stellte seine Frage in einem so spöttischen Ton, das gefiel ihm gar nicht. Er richtete das Narkosechronometer auf den Erwachsenen, mit ernstem Blick im Gesicht. „Tut mir Leid, aber du hast wohl Recht.“ Gegen Ende des Satzes drückte er ab und Kogorô sprang mit einem Satz zurück. „Was ist das?“ Nichts passierte – das Gesicht des Kindes wurde kreidebleich. Die Narkosepfeile waren leer... Das hatte er nicht bedacht. Es sah ganz danach aus, als würde er ihn damit wohl nicht aufhalten können. „Huh? Funktioniert nicht?“ Nachdem der Privatdetektiv jetzt seinen Schreck überwunden hatte, erhob er sich vom Boden, wischte sich Schweiß vom Kinn und stürzte auf den Jungen zu. Er packte ihn am Handgelenk und zog ihn hoch, was ihm leicht fiel, immerhin war er ein Kind, welches zappelte und zu schreien begann. „Lass los!“ „Gib das her!“ Der Schwarzhaarige wendete Gewalt an und befreite Conan von seiner Armbanduhr, als er dies geschafft hatte, ließ er den Jungen fallen, der auf dem Allerwertesten landete. „Interessant! Damit kann man Leute zum Schlafen bringen, ja?“ Woher er das wohl hatte? Trieb sich der Knirps nicht oft bei diesem Professor Agasa rum? Ja, wahrscheinlich steckten sie unter einer Decke. Syrah, die von ihrem Platz aufgestanden war, blickte zur Überwachungsanlage, während ihre Mutter nur ein kleines amüsiertes Lachen von sich gab. Die Schwarzhaarige wüsste nur zu gerne, was jetzt wieder lustig war. „Mit einer Armbanduhr?“ fragte sie sich allerdings selbst und setzte sich wieder auf den Drehstuhl. „Der ist ja richtig ausgerüstet.“ „Mit dem Ding hat er auf Gin geschossen... War einen Versuch wert, hat nur leider nicht so gut funktioniert und jetzt ging ihm wohl die Munition aus, wie ironisch, ausgerechnet jetzt.“ Sie fragte sich, wie er wohl das nächste Mal angriff, wenn er auf Gin traf, wenn ihn da nicht gleich die Angst lähmen würde und er gar nichts mehr fertig brachte, so dass man ihn retten müsste. „Ein Betäubungspfeil? Dazu bräuchte man schon jede Menge von dem Zeug, um Gin kleinzukriegen, das ist ja lachhaft.“ „Vielleicht, aber er hat es geschafft, ihn solange zu beschäftigen, dass sie fliehen konnte.“ Die Blondine hatte nun die Augen geschlossen, was Syrah aus den Augenwinkeln heraus beobachtete. „Das einzige Problem ist seine Größe, in dem Zustand wird er wohl nicht sehr viel gegen uns ausrichten können, ich brauche noch Zeit, er braucht noch Zeit, es sei denn, ich beschaffe ihm die richtige Unterstützung.“ Etwas Heimtückisches war in die hellblauen Augen der Frau getreten, die wohl gerade Pläne machte. Aber wovon sprach sie denn so geheimnisvoll? Das Ich war klar, aber wer um alles in der Welt war er? Syrah seufzte. „Wer ist er?“ „Das würdest du gerne wissen, was?“ Sie lächelte kühl und wollte sich über die Jüngere wohl ein wenig lustig machen, weil man ihr längst nicht alles auf die Nase band. Sie würde sich hüten von ihren Plänen zu erzählen. Sie würde es sowieso niemandem sagen können, schon gar nicht ihrer Vertrauensperson. Sêiichî wusste wirklich viel über sie, doch nicht das. Vielleicht irgendwann, jedoch nicht zur gegebenen Zeit. Er würde nur wütend werden. Sie musste zugeben, dass es ein Verrat ihm gegenüber war, aber auch ihre Liebe zu ihm konnte sie nicht davon abhalten, zu tun, was in ihrer Macht stand. Und Macht, die hatte sie, besonders über Männer und derjenige, den sie benutzte, war eben einer, das ließ sich nicht leugnen. Sêiichî hatte seit langem den Verdacht, dass er am Leben war und sich bloß versteckte, irgendwann würde er wohl zurückkehren – aber erst, wenn alles ausgestanden war, zuvor konnte sie ihn nicht freilassen... Wahrscheinlich würde am Ende ihre Intrige ans Tageslicht kommen und Sêiichî ihr eine Weile sehr, sehr böse sein. „Du möchtest es mir wohl nicht sagen, was?“ „Streng deinen Grips doch selbst an, du kannst ja noch etwas dein Privatkino genießen, sei doch ehrlich, du findest dieses Kind interessant.“ „Allerdings, ohne diese schreckliche Brille würde er fast als Chibi-Shinichi durchgehen.“ Ein Lächeln war erschienen, eines, welches man so selten auf dem Gesicht der schwarzhaarigen Killerin sah, ein sanftmütiges Lächeln. Vermouth gab ein arrogantes Lachen von sich, eines, das sagte: Ich weiß mehr als du, du glaubst ja gar nicht, wie nahe dran du wirklich bist. „Ich wüsste zu gerne, wo mein Cousin steckt.“ Die Schwarzhaarige schien etwas besorgt zu sein. Eines konnte sich die Schauspielerin vollkommen sicher sein, wenn Syrah erfuhr, dass Conan in Wirklichkeit Shinichi war, würde sie alles daran setzen, dass ihm nichts zustieß und zur Verräterin mutieren. „Eines jedoch finde ich seltsam. Shinichi verschwindet und dieser Conan greift in das Geschehen ein. Geradezu, als wäre er eine Art Ersatz, und er scheint auch genauso clever zu sein, nur jünger.“ Sie dachte es doch schon, wieso konnte sie das letzte Teil des Puzzles also nicht einsetzen, es passte doch wie angegossen? „Tja, Syrah, find’s raus.“ Die Blondine würde es ihr ganz bestimmt nicht sagen, es war doch so leicht. „Wahrscheinlich ist er auch mit mir verwandt. Ist das vielleicht der Grund, weshalb ich es bereuen würde, ihn an unsere Organisation zu verraten?“ Dachte Vermouth das wirklich? Sie hatte doch überhaupt keinen Bezug zu diesem Kind. „Stell nicht so viele Fragen, eine Antwort bekommst du ja sowieso nicht. Und jetzt habe ich etwas vor.“ Sie ging Richtung Badezimmer. „Hoffentlich nichts, was mit Cognac zu tun hat“, seufzte Syrah, nachdem die Badezimmertür zugefallen war. Die Sakedose in der Hand des Schwarzhaarigen wurde schon seit Minuten angestarrt, er hatte sie zwar geöffnet aber noch nicht daraus getrunken. Sein Blick ging zu Boden, allerdings wirkte es, als wolle der Mann durch diesen hindurch sehen. Seine Frisur sah aus, als hätte er seine Haare Tage lang nicht mehr gekämmt, rasiert war er ebenfalls nicht, hinzu kam noch dieser müde Blick, und unter der Dusche war er auch nicht gewesen. Wenn Chris ihn so gesehen hätte, wäre er vor Scham im Boden versunken, wahrscheinlich würde er aber nicht mal wahrnehmen, wenn sie plötzlich vor ihm stand, er war viel zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt. Schon seit einiger Zeit saß er auf dieser Bank im Park – ziellos umher gelaufen war er, weil er es im Krankenhaus nicht mehr ausgehalten hatte, er brauchte mal frische Luft. Und überhaupt verhielt sich der Mann total untypisch. Normalerweise brachte ihn nichts auf dieser Welt in seinem momentanen Aussehen nach draußen. Der junge Mann, der auf ihn zusteuerte, hätte ihn beinahe nicht erkannt. So hatte er Sêiichî noch nie gesehen, er hatte ein ungutes Gefühl dabei, ihn so zu sehen. Seine Augen waren rot, wohl vom Schlafmangel, dann diese zerrupften Haare und er war nicht rasiert. Etwas total Schlimmes war geschehen, das stimmte, aber woher wusste er das schon wieder? „Hey, Sêi-chan, was machst du hier draußen? Hast du dich nicht reingetraut?“ Erschrocken wandte der Angesprochene seinen Blick dieser Person zu, die neben ihn getreten war. Yuichi wusste es also auch schon, dass Jamie hier im Krankenhaus lag?? „Ich war schon drinnen, die ganze Nacht, ich brauche mal gescheite Luft! Diese Krankenhausluft macht nur krank.“ Ein schweres Seufzen entkam Yuichi, er zog eine Augenbraue hoch und setzte sich dann neben Sêiichî. „Um die Uhrzeit schon Sake?“ Er fragte es vorsichtig, nicht irgendwie anklagend, selbst wenn er es nicht berauschend fand, dass sein Freund hier saß, um Sake zu trinken. „Nachdem, was passiert ist, kann ich einen Sake ganz gut vertragen.“ Sêiichî nahm jetzt doch einen kräftigen Schluck und räusperte sich dann. „Das bringt dir auch nichts, vielleicht vorübergehend, außerdem weißt du doch, dass du nichts trinken sollst.“ Yuichi nahm ihm die Sakedose aus der Hand. Gut, Sêiichî war ein trockener Alkoholiker, zumindest sagte Chris das so, und Sake nur harmlos, aber Alkohol war eben Alkohol und würde es auch bleiben. „Ich werde nicht wieder anfangen zu trinken, Chris übertreibt.“ Er nahm sich die Sakedose wieder und trank noch einen Schluck, leider waren diese Dinger immer viel zu schnell leer, er warf sie neben sich in den Mülleimer und lehnte sich erschöpft zurück. „Ach, willst du nicht zugeben, dass du ein Alkoholproblem hattest?“ „Ich habe nur ab und zu über den Durst getrunken, das heißt nicht, dass ich süchtig war, mir ging’s einfach schlecht.“ Ja, genau, es war ihm schlecht gegangen, so wie jetzt. „Du sollst nicht wieder damit anfangen.“ „Werde ich schon nicht, es war nur eine Dose Sake.“ Er wusste wirklich nicht, was Yuichis Problem war. Vielleicht übertrieb die Schauspielerin wirklich und Sêiichî konnte damit umgehen. Yuichi hoffte es. „Und wie geht’s Jamie nun? Ich kann da jetzt nämlich nicht reingehen.“ Yuichi wusste, in welch einem Zustand Jamie gewesen war, logisch, dass er sich nun etwas sorgte. Stille herrschte, dann sprang der Kriminalist hastig auf. „Ich wusste es! Ich wusste es!“ „Was?“ Verwirrt blickte Yuichi zum aufgewühlten Sêiichî, der sich über das Gesicht fuhr. „Ich war Alan besuchen, Yuichi, nicht Jamie.“ Es kam sehr leise von ihm, gespenstisch leise, der Wind in den Blättern raschelte und übertönte fast seine Worte. Ein Schweißtropfen lief über Yuichis Schläfe, er hatte Sêiichî die Sache nicht so sagen wollen. „Und wie geht es Alan? Ist er schwer verletzt worden?“ Er senkte den Blick. Alan hatte doch nun wirklich nichts mit der Organisation am Hut. Wieso mussten die immer gleich so maßlos übertreiben? Hoffentlich hatte es den Jungen nicht zu arg erwischt... „Vielleicht stirbt er...“ Irgendwie hatte der um zwei Jahre Ältere so etwas erwartet. „Tut mir Leid.“ Das war alles, was ihm dazu einfiel, er legte seine Hand auf Sêiichîs Schulter und drückte ihn etwas an seine eigene. „Du darfst auf keinen Fall die Hoffnung aufgeben.“ „Das weiß ich, ich habe Angst, weil ich verantwortlich bin.“ „Wieso sollst du verantwortlich sein?“ Yuichi verstand nicht, wie er sich selbst so fertig machen konnte. „Mhm?“ „Er ist meinetwegen bei uns eingestiegen – deswegen trage ich den Großteil der Schuld.“ Man konnte es nicht leugnen, Jamie wäre doch nie auf so etwas gekommen, wenn er, Sêiichî, nicht mit 17 Jahren in diese Organisation eingetreten wäre. „Ohne mich hätte er das nie getan. Er dachte wohl, dass Klein-Sêiichî Hilfe braucht, dabei will ich lieber tot sein, genau, warum ist das nicht mir passiert? Jamie ist jawohl aufgeflogen, sonst wäre Alan das ja nicht passiert. Ich meine, hey, ich hatte Glück... Wieso denn? Jamie ist doch der viel bessere Mensch von uns.“ Ein Seufzen entkam dem Mann mit der schwarzen Lederjacke, er ließ den Kopf nach vorne sinken und hielt ihn mit einer Hand. „Komm runter, Sêiichî Iwamoto!“ Yuichi reagierte ein klein wenig ärgerlich. „Dann versuch ein besserer Mensch zu werden und sei, verdammt noch mal froh, dass du es nicht warst!“ „Ich habe aber keine Kinder, es wäre halb so wild, wenn ich gehe... Aber er? Am besten dran wären sie wohl, wenn sie beide sterben! Wie traurig, nicht? Sie sollen beide überleben, oder keiner von ihnen, das würde keiner von beiden jemals verkraften. Und Jamie hat schon seine Frau verloren, meinst du, er verkraftet, seinen Sohn zu verlieren? Und Alan, er ist ein starker Junge, ja, aber ohne seinen Vater... Er hängt doch so an ihm.“ „Dann wird er sich an dich hängen, Sêiichî.“ Wahrscheinlich hatte Yuichi Recht. Es wäre viel schlimmer, wenn Alan sterben musste und Jamie weiterlebte. Für ihn gab’s nichts Wichtigeres als Alan, wobei Alan ja noch Sêiichî hatte, an den er sich klammern könnte. „Es hätte gar nicht erst passieren dürfen. Ich wollte auf ihn aufpassen. Und Jamie so gut es geht da raushalten, hat wohl nicht so ganz geklappt.“ „Das konntest du nicht, Jamie ist genauso ein Mitglied der Organisation, wie du. Du musstest auch Dinge tun, die du nicht wolltest. Und ich weiß leider auch nicht, wie sie dahinter gekommen sind.“ Was dachte Sêiichî sich überhaupt? Yuichi hatte selbst Heidenangst, ließ sich das nur nicht anmerken. Weniger wegen sich selbst, als wegen Sêiichî. Was wenn sie auch hinter sein Geheimnis kamen? Dann durfte er sich auch noch um den besten Freund seines Bruders sorgen. „Er ist doch sehr viel vorsichtiger, als ich.“ Es stimmte, Sêiichî hatte sich schon oft sehr viel rausgenommen, sehr viel mehr als Jamie. Trotzdem lag er jetzt wohl halbtot oder sogar ganz tot im Krankenhaus, Yuichi wusste ja nicht, wie es ihm ging. „Also, du kannst da reingehen, erkundige dich nach seinem Zustand und schick mir eine SMS. Ich will auch gerne wissen, wie es ihm geht, ich sollte mich aber nicht solange hier aufhalten, sonst kommen bestimmte Leute noch auf Ideen.“ Er verdrehte die Augen, seine Nacht war der Horror gewesen, er war froh, wenn sie ihm nicht auflauerte und hier irgendwo in der Nähe rumlungerte. „Was hast du denn eigentlich angestellt, dass du nicht da reingehen kannst?“ Sêiichîs Worte waren nur geflüstert, er hatte durchaus das Gefühl, dass man sie beobachten könnte. „Tja, es war Valpolicella, die Jamie umbringen wollte, mehr muss ich dir nicht sagen, denke ich. Ich habe natürlich alles dafür getan, ihn zu retten – etwas zu viel, aber was sein muss, das muss eben. Also, Kopf hoch!“ Er stand von seinem Platz auf und gab Sêiichî noch einen Klaps auf die Schulter, welcher hoch sah. „Mhm.“ Klar, wenn Valpolicella der Grund war, verstand er, wieso Yuichi so schnell wie möglich wieder hier weg wollte, immerhin könnte sie so auch herausfinden, dass er Jamie hatte retten lassen. Sêiichîs Beine bebten auf dem Boden noch einen Moment, bevor er sich dazu aufraffen konnte, aufzustehen und zurück an den Ort zu gehen, an dem alles so widerlich weiß war und so steril roch. Er machte am Empfang Halt und blickte die hübsche Frau monoton an, welche ihm gleich zulächelte. „Was kann ich für sie tun?“ „Wo liegt Miyazu Erikawa?“ fragte er total ruhig, sie blickte ihn etwas seltsam an und begann mit einer anderen Station zu telefonieren. Man hatte ihr wohl verordnet, niemanden einfach so zu ihm zu lassen, was er durchaus verstehen konnte. „Setzen Sie sich doch bitte, es kann einen Moment dauern.“ Seufzend drehte er sich herum und setzte sich auf einen Stuhl ganz in der Nähe. Es dauerte knapp zwei Minuten, da kam eine blonde Frau auf ihn zu, die er sofort erkannte. „Ich nehme ihn mit“, meinte sie zu der Frau an der Information, so dass diese nur nickte, aber auch etwas bereute, dass sie sich mit dem Mann nicht länger hatte unterhalten können. „Hast du nicht geschlafen?“ fragte die Frau mit den grünblauen Augen einer Amerikanerin, er nickte nur stumm und wirkte dadurch irgendwie ein klein wenig verstört. Auch ein blinder mit Krückstock hätte erkannt, dass er nicht geschlafen und auch nicht geduscht hatte. Wenn man ihn kannte jedenfalls. „Wie tot ist er schon?“ kam die unvermeidliche Frage, die sich in seinem Inneren breitgemacht hatte, seit von Valpolicella die Rede gewesen war. „So tot ist er gar nicht, eigentlich sogar gar nicht“, erwiderte die 28-jährige vorsichtig, aber auch etwas aufmunternd. „Und zwar, weil er einen Fan hat, dein Onkel ist wie ein Idol für ihn, deswegen hat er sofort sein Blut angeboten, was ihm das Leben gerettet hat. Sie hat zwar mal wieder ordentlich zugelangt, aber den Rest geben konnte sie ihm nicht, weil Yuichi sie etwas verunsichert hat, wie es scheint. Drei Schüsse und er lebt noch, also anders kann es nicht gewesen sein. Ich frage mich jetzt allerdings, wie es weitergehen soll... Sie wollte nicht Helios ermorden, sondern deinen Onkel.“ Sêiichî fasste sich mit Daumen und Zeigefinger zwischen die Augen, er war müde, was man ihm ansehen konnte. „Erstmal muss er wieder gesund werden – Alan liegt übrigens auch hier, er muss auch so schnell wie möglich von hier weg, wenn es ihm besser geht, na ja, wenn.“ Conan hatte noch etwas Zeit bis am Abend, deswegen hatte er sich erst einmal von Kogorô gelöst, indem er ihm vorgegaukelt hatte, es sei okay, wenn er alleine ging. Onkelchen hatte einen Sender, so dass der Junge ihn schnell wiederfinden konnte, falls er schon früher gehen würde, der Professor würde ihn sicher gerne fahren. Zwar war Ai ihm auch teilweise im Weg und er würde ihr wieder nicht verschweigen können, was geschehen war, aber so konnte er wenigstens den Computer nutzen. Die Kleine war noch nicht zurück, was hieß, er konnte hier noch ungestraft nachforschen... Die Plätzchen, die Ran gebacken und hier gelassen hatte, aß er ganz nebenbei, indem er ab und zu zur Seite griff. Er surfte seit einer halben Stunde und hatte endlich mal etwas über Kimi gefunden, was nicht so leicht war, da ihr Name auch ein einfaches japanisches Wort war. Und überhaupt, auf den meisten Seiten fand man nicht besonders viel, was ihre Identität anging, er war durch diese eine Seite also nicht weit gekommen. Man munkelte, dass ihr Name Kimiko war, das einzige, was Conan wirklich sicher sagen konnte, war, dass sie in Tokyo und Kyoto eine Wohnung hatte und wohl auch in Kyoto geboren war. Kyoto... Da fiel ihm ein, dass Ryochi Akaja ja auch von Kyoto nach Tokyo gezogen war. Vielleicht konnte er etwas in Kyoto schnüffeln und herausfinden, wer sie wirklich war. Er kannte sich dort doch viel besser aus und hatte mehr Möglichkeiten, sich dort umzuschauen. Wie sollte er denn nach Kyoto rüberkommen, abhauen vielleicht? Das war eine blöde Idee, zumal er später auf Kogorô ein wenig Acht geben musste. Musste diese Frau denn ausgerechnet aus Kyoto kommen? Wieso war sie nicht aus Tokyo, das hätte die Sache erleichtert. Da alles sehr schnell gehen musste, entschied er, Ryochi einfach anzurufen und ihn zu fragen, ob er ihm helfen konnte. Also griff der Junge zu seinem Handy und suchte die Nummer des Detektiven im Speicher auf. Wenig später hörte er das Klingeln am Ohr und wartete erst einmal ab, bis sich jemand meldete. „Moshi moshi, Akaja desu“, meinte der Mann am Telefon. „Hey, Ryo-kun“, sprach er den viel älteren Mann an, wodurch man merkte, dass sie einen sehr vertrauten Umgang miteinander pflegten. „Ich habe ein Problem, das ich gerne mit dir besprechen will. Bist du gerade im Büro?“ „Ja, bin ich, warum?“ „Kannst du du herkommen? Ich bin bei Professor Agasa! Ich möchte das Ganze ungern am Telefon bereden.“ „Na gut, ich bin gleich bei dir, hier ist eh nicht so viel zu tun.“ Es war einer der Tage, an denen es langweilig war, um genau zu sein, vielleicht handelte es sich um einen Fall... Ryochi war sogar fast sicher, dass es so war, sonst würde Conan ja nicht wollen, dass er extra vorbei kam. „Arigatou, bis gleich.“ „Bis gleich.“ Beide legten auf und Conan widmete sich noch ein wenig dem Internet. Was ihm da im Nachhinein noch einfiel... Aya Ueto... Conan suchte in seinem Handyspeicher und fand ihre Nummer. Sie waren schon seit einigen Jahren gut befreundet, auch sie würde er jetzt mal ausquetschen, hoffentlich war sie nicht am anderen Ende Japans beschäftigt, das würde ihm so jetzt gar nicht in den Kram passen. „Ahhh, da ist sie doch“, meinte er mit einem Grinsen und wählte die Nummer an, es war eine Handynummer. „Moshi Moshi?“ hörte er sie fragen, wohl wusste sie nicht, wem die Handynummer gehörte, was ihn nicht wunderte, da er mit Conans und nicht Shinichis Handy telefonierte. Conan hatte sich Shinichis Stimme mit dem Transposer eingestellt, was ihm immer noch blöd vorkam, dass er sich selbst nachmachen musste – es war so frustrierend. „Hi, Aya-san, hast du kurz Zeit?“ „Ja, ich kriege gleich Besuch, wenn es nicht allzu lange dauert, habe ich Zeit.“ „Du bist zu Hause?“ Der Fakt, dass Aya aus Tokyo war, schloss ja nicht aus, dass sie ganz in der Nähe war. „Ja, also, was gibt’s?“ Dass er eine andere Handynummer hatte, hinterfragte die junge Frau gar nicht erst. „Kennst du Kimi? Ich meine, du bist ja auch Sängerin.“ „Mhm, ja, ich kenne sie wohl.“ Sie hörte sich etwas seltsam an, nachdenklich und irgendwie monoton, was Conan seufzen ließ. „Dann hast du davon gehört, was geschehen ist, nicht wahr?“ „Sie hätte weniger trinken sollen...“ Mehr hatte sie wohl nicht dazu zu sagen, wie es schien, doch dann kam etwas total Unerwartetes. „Ich muss zugeben, ich kannte sie nicht, bevor die Meldung im Fernsehen kam, dass sie an den Klippen verunglückt ist. Ich frage mich sowieso, was sie mit dem Auto dort wollte, aber sie soll ja recht verrückt gewesen sein.“ Verwunderlich war es daher nicht, dass sie gefährliche Dinge gemacht hatte, wie zu nah an die Klippen ranfahren... Der Junge dachte kurz darüber nach, bei ihrem Satz hatte er irgendwie komische Gedanken. Sollte das denn heißen, man kannte sie jetzt nur besonders gut, weil sie tot war? Wie grausam... „Aber, weshalb interessiert sie dich, Shin-chan? Du fragst mich bestimmt nicht nur einfach so über eine Sängerin aus, nicht wahr? Also, was ist im Busch?“ Es war klar, dass Aya das fragen würde, Conan hatte seine Neugier ja auch nicht getarnt, sondern gleich gezeigt, dass er nur deswegen mit ihr reden wollte. „Na ja, wie soll ich sagen... Ein junger Mann am Telefon möchte, dass wir herausfinden, was hinter dem Unfall noch so stecken könnte, er war etwas komisch, ich möchte wissen, woran ich bin! Er hat uns jede Menge Geld geboten! Ich nehme stark an, dass er prominent ist und einfach mit Geld um sich werfen kann, sonst würde er uns nicht so viel bieten können. Und er wollte keinen Namen sagen... Das ist doch wirklich mysteriös.“ „Oje, sie soll ja viele männliche Freunde gehabt haben. Wenn du also rausfinden willst, wer das ist, dann viel Spaß.“ Aya hatte es sagen müssen, genau das hatte in der Zeitung gestanden. Wie viele arme Männer sie denn jetzt unglücklich gemacht hatte, indem sie einfach so aus dem Leben ausschied. „Einfach nur viele Männer oder haben die auch Namen? Wurden sie namentlich genannt?“ Man merkte deutlich, dass er Detektiv war, er wollte alles wissen, was ihm so in den Sinn kam. „Na ja, nicht wirklich! Aber der Drummer ihrer Band gehörte wohl dazu. Vielleicht solltest du dich mal bei ihm schlau machen.“ Es wäre gut möglich, dass er es gewesen war, der so viel Geld anbot, dass er Kimi gemocht hatte, stand außer Frage. Er hatte nicht umsonst in Interviews immer ganz dicht bei ihr gestanden, es fiel auf, der Presse ganz besonders, die sich jetzt fragte, mit wem die Frau so alles etwas gehabt hatte. Nun ja, Tote konnten sich eben nicht mehr gegen so etwas wehren, jedenfalls war es Gesprächsthema Nummer Eins. „AYA! Hat der auch einen Namen?“ „Shoji Kitami heißt er, er wohnt in Shibuya mit seiner kleinen Schwester!“ Über jeden dieser Band war mehr bekannt, als über deren Sängerin. Da fragte man sich, ob sie nicht vielleicht Probleme gehabt hatte und unerkannt hatte bleiben wollen. Oder eine komische Vergangenheit, seltsam verhalten hatte sie sich doch immer – das sagten alle. „Was?!“ Seine Augen weiteten sich. Kitami... Shibuya... Conan brauchte einen ganzen Moment, er war aufgesprungen und tippte Shoji Kitami schon einmal in einer Datei auf dem Computer ein. „Seine Schwester heißt doch nicht etwa... Miho?“ Das würde aber heißen, dass sie noch verdammt jung war. „Korrekt, Shinichi! Sie heißt Miho Kitami und ist eine Klassenkameradin von dir. Vielleicht kommst du auf dem Weg an Kita ran! Viel Glück, Shinichi!“ „Moment, Aya! Noch nicht auflegen!“ Er war hektisch, der Schock saß so verdammt tief, er konnte nicht fassen, dass Miho einen berühmten Bruder hatte, davon hatte sie ja nie jemandem erzählt. „Was willst du denn noch wissen?“ „Alles! Einfach alles! Sag’ mir alles, was du weißt, ich bitte dich!“ „Ich weiß nur das, was die Presse so berichtet hat, das war’s leider schon. Kita wird dir schon genügend Informationen geben können. Er kann dir sagen, mit wem sie so Kontakt hatte, wer alles zu ihrer Band gehört hat, was die nicht wissen, weiß ich auch nicht. Es ist einfach so.“ Anscheinend war sie wirklich die falsche Person, mit der man darüber reden konnte, aber schlauer war er jetzt trotzdem. All diese Dinge waren nicht auf diesen bescheuerten Webseiten! „Nicht mal ihren richtigen Namen, Aya?“ „Den hat sie wohl lediglich ihren engsten Freunden gesagt... Vielleicht ist es jetzt auch in, dass man seinen Namen nicht preisgibt! Das kann ich auf gewisse Weise verstehen. Ich frage mich, wieso diese Leute prominent werden, wenn sie damit nicht klarkommen, dass man dann in ihrem Privatleben rumschnüffelt! Aber momentan gibt es so einige, die ihre Namen auch einfach so geändert haben, damit man ja nicht rausfindet, wer sie wirklich sind.“ „Schon gut, danke für die Auskunft. Pass etwas auf, dass du nicht noch an die falschen Leute gerätst.“ Shinichi gab es bedrückt von sich, er machte sich so seine Gedanken, wer alles in solche Fälle verwickelt sein konnte... Jeden konnte es treffen. Er hoffte wirklich, dass sich niemand seiner Freunde als Anhängsel dieser Organisation entpuppen würde, aber irgendwie rechnete er mit so etwas schon... Nachdem selbst seine Mutter und Yokô Okino Kontakt zu jemandem gehabt hatten, der zur Organisation gehörte, glaubte er, dass alles möglich war. Diese Kimi war irgendwie genauso komisch wie der Mann am Telefon, geradezu, als wenn sie was zu verbergen hatten. Nun war er noch sicherer, dass die Organisation dahintersteckte. Ob es nun eine Falle oder ein verzweifelter Hilferuf war, das konnte Conan noch nicht so hundertprozentig sagen... Beides war nicht auszuschließen. Sie hatten recht lange telefoniert. Es waren nun schon über zehn Minuten vergangen, was hieß, dass Ryochi bestimmt bald auftauchen würde. Sobald man vom Teufel sprach, hieß es ja immer – da klingelte es schon an der Tür und der Professor öffnete, so dass Conan noch vorm Computer blieb. Ryochi betrat dann wenig später den Raum und linste auf den Personalcomputer. Er sagte erst einmal nichts und beobachtete sowohl Conan, als auch das, was er da wohl betrachtete. „Du bist kein Fan von Kimi, oder?“ Die Frage konnte man leicht deuten, wenn man Detektiv war, so dass auch Conan sofort verstand, was sein Freund da meinte. „Nein, bis vor ein paar Stunden war sie mir noch gar kein Begriff. Aber je mehr ich erfahre, umso weniger kann ich diese Person leiden, irgendwie.“ Er wollte sie nicht verurteilen, aber dieses verdammte Misstrauen gegenüber Leuten, die so viel vor anderen verbargen, konnte er nicht abstellen. „Sie kommt aus Kyoto, Ryo.“ „Das weiß ich schon lange, dass sie aus Kyoto kommt.“ Auch auf die Gefahr hin, dass er den Jungen jetzt total erschrecken würde, hatte er vor, zu verraten, dass er sie besser kannte, als der Kleine vielleicht vermutete. „Oh Gott, ich wusste es! Du hast gegen sie ermittelt, weil sie Dreck am Stecken hat, oder?“ Conan war sich so sicher, dass Ryochi sie nur daher kannte, er konnte ja nicht ahnen, was der wirkliche Grund war. „Sei vorsichtig mit dem, was du sagst, Shinichi Kudô!“ riet ihm der 23-jährige und nahm neben ihm Platz. „Ratespielchen sind unangebracht! Ich habe niemals gegen Kimi ermittelt, nein, sie ging auf die selbe Schule wie ich und mein bester Freund, sie war seine Freundin. So sieht es nämlich aus. Und ob sie wirklich Dreck am Stecken hatte, weiß ich nicht. In der kriminellen Szene bin ich ihr jedenfalls nie begegnet.“ Auch Ryochi hatte schon daran gedacht, dass jemand sie ermordet haben könnte, aber wohl mehr wegen den Dingen, die ihr netter Bruder so betrieb. Wenn jemand Dreck am Stecken hatte, dann Hiroya – ihm traute er alles zu. Nun war der Schülerdetektiv sprichwörtlich baff. Er selbst war mit der Schwester eines Idols in einer Klasse und Ryochi kannte eine Sängerin von früher. Es wurde allmählich leicht schockierend, er bekam Gänsehaut. Irgendwann erzählte ihm noch einer, dass jemand von der Polizei Kontakt zu so etwas hatte... „Du denkst nicht, dass sie Dreck am Stecken hatte, oder?“ „Sie kommt aus einer Familie von Polizisten, Shinichi. Allerdings wurde sie da so ziemlich verstoßen, als sie anfing Musik zu machen. Da ich selbst eine Schwester habe, die ich niemals verstoßen würde, wenn sie tut, was sie möchte, kann ich auch ihren Bruder nicht besonders gut leiden. Er war schon immer so was wie ein harter Kerl, aber mittlerweile scheint ihm der Verstand flöten zu gehen. Er ermittelt auch gegen diese Organisation, der du zum Opfer gefallen bist.“ Shinichi knurrte kurz auf. „Bin ich gar nicht! Ich bin denen nicht zum Opfer gefallen, oder sehe ich aus, wie eine Leiche?“ Empört war er schon ein wenig über Ryochis Worte. „Doch bist du, oder bist du gerade Shinichi?“ erwiderte Ryochi ein klein wenig stichelnd, auch um dem Jungen die Lage mal etwas klarzumachen, doch ignorierte dieser das Gehässige einfach, indem er eine Frage stellte. „Und wie heißt dieser Polizist? Vielleicht kenne ich ihn...“ „Hiroya Tokorozawa.“ Leise sprach Ryochi den Namen aus, jedoch ohne jegliche Betonung, gefühllos, kein Wunder, der Detektiv konnte den Mann nicht sonderlich leiden. ~Bumm~ Spätestens jetzt wäre Shinichi beinahe vom Stuhl gefallen. Er wippte jedenfalls schon so verdächtig zur Seite. „Nicht doch dieses Scheusal! Ich kenne ihn, er wohnt in Shinjuku mit einer guten Freundin von Wataru und Shina.“ Wie konnte es diese Frau bloß mit so einem Typen aushalten? Diese Frage war in Shinichis Kopf schon sehr oft vorgekommen. „Doch, dieses Scheusal, gut erkannt.“ Also hatte Shinichi Hiroya zu seinem Pech doch schon so gut kennen gelernt. Den wollte man im Grunde doch gar nicht kennen, wenn man einigermaßen vernünftig war. „Was für einen Grund könnte seine Schwester gehabt haben, um aus ihrem Leben, beziehungsweise ihrer Vergangenheit, so ein großes Geheimnis zu machen? Die Frau ist – so scheint es mir - schlimmer als Chris Vineyard.“ „Toller Vergleich...“ Er musste seufzend an Sêiichî denken, sein Freund stand nun einmal auf diese Art Frau. Frauen, die sich behaupten konnten, auch wenn Chris wohl bei weitem grausamer war als Kimiko je hätte sein können. „Ich denke, weil sie nicht über ihre Familie reden wollte, die sie verstoßen hat, als sie Sängerin geworden ist. Sie ist schon immer etwas aus der Rolle gefallen. Während alle aus ihrer Familie mit Kriminologie zu tun hatten, hat sie ihr eigenes Ding gemacht und sich nicht so wirklich dafür interessiert. Besonders ihrem Bruder hat das nicht gepasst. Er wollte mal Zeichnen. Dann wurde seine Freundin ermordet und schon entschloss er Polizist zu werden, zumindest sagte er immer, das sei der Grund gewesen. Aber ich persönlich denke, dass er es auch wegen seiner Eltern getan hat. Sein Vater hätte ihn nie Künstler werden lassen. Er hasst Musiker so ziemlich, aber auch andere Prominenz, mit anderen Worten, er hat wohl auch seine Schwester gehasst. Falls du mit ihm über Kimi reden willst, muss ich dir sagen, dass du nicht zu viel von ihm erwarten solltest. Ich bin mir fast sicher, dass ihn der Fall kein bisschen interessiert... Es sei denn, er befürchtet, die Organisation könnte dahinterstecken, nur dann könnte es sein Interesse wecken.“ „Herzloser Typ.“ Das war es, was Shinichi dazu einfiel. Er selbst würde sich doch dafür interessieren, was mit seiner Familie geschah, da konnte er sich noch so sehr mit einem Familienmitglied gestritten haben... Was Shinichi aber eigentlich interessierte, war, wie viel Kimiko wohl mit dieser Organisation am Hut gehabt haben könnte. „Ich habe mit Aya Ueto telefoniert, sie ist ja auch prominent, ihre Worte haben mich irgendwie ein wenig traurig gestimmt. Nachdem, was sie sagte, müssen Künstler für den Erfolg sterben, sie meinte nämlich, dass sie Kimi erst Berachtung schenkte, als herauskam, dass sie in den Tod gefahren ist, allerdings scheint diese Frau nicht sonderlich sympathisch gewesen zu sein, sonst hätte sie nicht so geredet.“ „Seid wann gibst du etwas auf die Meinung anderer, Shinichi? Hast du dich nicht immer auf deine eigene Meinung verlassen?“ Warum wohl? Wenn sie ihn schon an ein Organisationsmitglied erinnerte... „So ein Mann rief bei uns an, es war beängstigend. Er wollte von Kogorô, dass er herausfindet, was hinter Kimikos Tod noch so stecken könnte. Entweder ist der Mann furchtbar verliebt und kommt mit dem Unfall nicht zurecht, so dass er gerne will, dass ein Mordfall daraus wird... Vielleicht hatte sie auch Probleme und er wusste davon, konnte aber wenig tun, was ich noch weniger denke, als dass es womöglich einfach eine Falle der Organisation ist, um Onkel Kogorô aus der Reserve zu locken. Der Mann am Telefon ist bestimmt ein Promi, aber was wenn er... Wenn er nicht Musiker ist, sondern... Schauspieler?“ Bei dem Gedanken schauderte der braunhaarige Junge. Er wollte nur sagen, dass man als Schauspieler anderen sehr gut etwas vormachen konnte, dann noch an einem Telefon – das war überaus gefährlich... „Ich verstehe deine Sorge, Shinichi. Ich an deiner Stelle wäre da auch erst einmal skeptisch.“ Es galt wohl viel mehr herauszufinden, wer dieser Mann war, statt in Kimikos Leben rumzuschnüffeln. Gut, man konnte ihre Freunde befragen – aber auch nur, wenn man sie ausfindig machte. „Ich kenne sie zwar, aber ich muss sagen, dass ich dir nicht sagen kann, mit wem sie mittlerweile so Kontakt hatte. Die einzige, die mir jetzt spontan einfällt, ist Saki Niiza, die Pianistin. Die beiden waren in der Schulzeit total dick befreundet, vielleicht hat sie eine Ahnung... Ich bin sehr dafür, sie mal zu besuchen.“ Saki Niiza, er glaubte, diesen Namen zu kennen, allerdings nicht aus den Medien – mehr persönlich. „Ist die in Shinas Alter?“ fragte Conan nachdenklich, so dass Ryochi den Kopf schüttelte. „Du kannst komische Fragen stellen. Sie ging auf die Teitan und hat dort im selben Jahr den Abschluss gemacht, wie wir, da guckst du, mhm? Sie hat sich wohl in die Musik verflüchtigt. Nachdem sie von Takahashi immer terrorisiert worden ist, hat sie sich ziemlich verbarrikadiert. Ich weiß allerdings, wo sie jetzt wohnt – nicht, dass du was Falsches denkst, ich habe mehr unfreiwillig davon erfahren, was sie so tut.“ „Wusste ich’s doch, dass ich den Namen kenne. Dieser Takahashi, von dem du gerade redest, du meinst wohl diesen Siturô, oder?“ Ryo schwieg, Conan hatte nur zu gut erkannt, um wen es sich da handelte. Wohl erinnerte er sich auch noch an ihn. „Wer auch sonst? Frauen terrorisieren kann er ja ganz gut. Darin ist er fast schon ein Profi.“ Conan schlug betrübt die Augen nieder, er selbst wusste, dass dieser Kerl auch Shina terrorisiert hatte. „Ich frage mich, wie meine Cousine bitte mit so einem was haben kann“, der Junge sagte es leise, es tat irgendwo weh, er hatte immer an das Gute in Aiko geglaubt, aber jetzt war er sich nicht mehr so sicher, ob das nicht alles doch ein Irrtum gewesen war. Riina war natürlich Naru gefolgt, womit diese jetzt aber nicht gerechnet hatte. Die Hellbraunhaarige tat es wirklich, sie ging mit Juro zu dessen Wohnung. Als er gerade aufschließen wollte, tauchte die Rothaarige aus der Versenkung auf und zog Naru nach hinten zu sich. „Ich will mit dir unter vier Augen reden, hier sind mir zwei Augen zu viel!“ Naru seufzte, man wollte sie von Dummheiten bahalten, das war ihr klar, aber trotzdem... „Ich werde dir nur einmal erklären, was hier los ist, verstanden? Dann lässt du uns beide in Ruhe!“ Was wie ein Befehl klang, war schlichtweg ihr Wille, den man nicht brechen konnte. Während sie sich unterhielten, hielt er das Lenkrad mit einer Hand, dabei schaute er öfter einmal zur Seite, um seine Beifahrerin im Auge zu behalten. „Also, du wolltest mir doch etwas Wichtiges erzählen, etwas, was Riina nichts angeht. Dann schieß mal los, Natsumi!“ Sie hatte die Hände in den Schoß gelegt, auf ihre Beine, die nun frei lagen, da der Rock ein wenig durch das Sitzen hochgerutscht war. Seine Aufforderung löste ein leicht ungutes Gefühl in der Schwarzhaarigen aus, sie dachte zu wissen, dass er etwas ahnte. „Du suchst doch nach einem Vermissten, nun ja, ich denke, es ist kein Zufall, dass mein Bruder andauernd verschwindet. Jedes Mal, wenn ich ihn frage, was er wieder getrieben hat, wird er laut, ja, er schreit fast schon und verlangt von mir, dass ich mich aus seinem Leben raushalte, ich habe Angst, dass er etwas total Unvernünftiges, vielleicht sogar Kriminelles tut... Würdest du meinem früher so vernünftig gewesenen Bruder nicht auch so etwas zutrauen?“ Tatsuji dachte einen Moment nach, was er sagen sollte, grundsätzlich musste man jedem Menschen so ziemlich alles zutrauen. Ichiro sah zwar nicht so aus und verhielt sich auch nicht wie ein Krimineller, zumindest so wie er ihn kennen gelernt hatte, aber wer wusste schon, was in der Zeit seiner Abwesenheit so alles in Tokyo vorgefallen war, was ihm noch nicht bewusst sein konnte? „Sagen wir es doch so, Natsumi, ich traue allen Menschen so was zu, das muss ich wohl auch. Sonst wäre ich ja nicht objektiv genug, sondern voreingenommen.“ „Verstehe, also ja.“ Natsumi blickte aus dem Fenster und zog seinen Blick gleich auf sich, da sie so schuldbewusst wirkte – mehr als hätte sie selbst etwas verbrochen, als wüsste sie etwas, das sie ihm nicht direkt sagte – nicht, als hätte ihr Bruder etwas verbrochen. „Natürlich, das geht nicht gegen deinen Bruder – im Gegenteil, ich bin mit deinem Bruder befreundet gewesen und eigentlich hatten wir nie Probleme miteinander. Wenn er mit jemandem aus meiner Familie Probleme hatte, dann mit Shinichi. Die beiden waren nicht gerade die besten Freunde.“ „Denkst du auch, er könnte töten?“ Sie stellte diese Frage absichtlich so, auch weil die Sprache auf Shinichi kam. „Es gibt Situationen, die Menschen zu allem bringen können. Alles, was mit Gefühlen zusammenhängt, kann zum Mord verführen. Eifersucht, Neid und Hass sind da die drei Hauptgefühle, die schon viele Opfer hervorgerufen haben. Meistens sind sie auch miteinander verbunden, es kann aber auch einfach nur schlichter Hass sein. Dinge, die Hass auslösen, können überall herkommen. Nächstenliebe zum Beispiel. Wenn du liebst, kannst du auch hassen. Man muss beispielsweise nur jemandem wehtun, den du sehr magst, so was lässt Hass in den Herzen der Menschen wachsen, dieser Hass kann zum Mord verführen, verstehst du? Jeder, der liebt, kann zum Täter werden. Auch dein Bruder kann ein Mörder werden, je nachdem, wie groß seine Beherrschung ist und wie gut er seinen Hass unter Kontrolle hat.“ Er selbst zum Beispiel hatte genügend Selbstkontrolle, um nicht zu töten, damit er seinen Hass ertragen zu konnte. Wäre dem nicht so, hätte er wohl Pinot und Chardonnay längst über den Haufen geschossen vor lauter Hass und Zorn. „Das kann ich dir nicht sagen, wie gut die Beherrschung meines Bruders ist, aber wohl auf jeden Fall geringer als deine, Shinas oder Shinichis. Tut mir übrigens Leid, was in eurer Familie derweil los ist. Ich habe davon gehört...“ „Tja, das Mädchen macht nur Probleme, das kann unmöglich eine Frau sein, kein Wunder, dass Riina nichts mehr mit ihr zutun haben will...“ Natsumi seufzte. „Du weißt ja immer so gut über andere Bescheid, kannst du mir da sagen, wieso Keichiro Takagi Mädchen bevorzugt?“ Die Frage brannte ihr schon lange auf der Seele, auch wenn sie selbst wohl mehr in Riinas Alter war, also nicht in dem, was Keichiro sonst so verschleppte. „Ganz einfach, weil es einfacher geht, als bei erwachsenen Frauen, der Mann ist einfach ein erbärmlicher Feigling und Schwächling, sonst nichts.“ Tatsuji sah wieder zu ihr rüber, sie hatte den Kopf tief gesenkt. „Mein Vater und Keichiro – sie hatten ein Abkommen...“ Ganz leise sprach sie, kaum hörbar, so dass es auch ihm mit einem guten Gehör schwerfiel, es genau zu verstehen, da um sie herum der Lärm der Straße zu hören war. „Dein Vater hat was?“ Er konzentrierte sich auf Natsumi und vergaß für einen Moment die Straße, erst als Reifenquietschen zu hören war, wandte er schnell den Blick zurück auf die Straße, da war es aber schon so weit. Der weiße Sportwagen kam mit einem hohen Tempo direkt auf sie zu, Tatsuji konnte nur noch ausweichen, indem er den Lenker zur anderen Seite schwang und um die Ecke bog, wo ihm unglücklicherweise noch ein Auto entgegen kam. Beide bremsten scharf und kamen direkt vor dem anderen zum Stehen, wobei sich ganz kurz die Stoßstangen berührten - es war nicht mehr als ein Stups. Das Auto ruckelte von vorne nach hinten und ließ die beiden angeschnallten Leute mit nach vorne fliegen. Durch den Ruck fielen sie auch wieder nach hinten direkt in die Sitzlehne und starrten dann schockiert nach vorne. Die Bremsung war ruckartig geschehen. Die Fahrertür des dunkelblauen BMW wurde aufgerissen und ein aufgeregter, junger Mann mit übelster Laune stieg aus. Sofort begann er zu toben, er furchtelte mit den Armen wild durch die Gegend. Die beiden jungen Frauen waren die Straße entlang gelaufen, in welcher Juro wohnte, weit weg genug, um miteinander reden zu können, allerdings riss sich Naru jetzt von ihrer Freundin los. „Obwohl du keine Ahnung hast, musst du dich da jetzt einmischen? Du kannst es dir doch gar nicht erlauben, über meine Handlung zu urteilen, Jurastudentin!“ Ja, sie war wütend und wollte sie jetzt aufklären, in der Hoffnung, dass sie selbst dann Ruhe hatte. „Keine Ahnung? Ich weiß, dass du – verdammt noch mal – einen Freund hast! Was ist in dich gefahren? Was willst du denn von Hideaki?“ „Sei nicht so respektlos, Riina, er ist ein viel besserer Mann, als Hiroya jemals sein könnte, das ist leider das, was ich allmählich erkenne...“ Die Hellbraunhaarige seufzte und wurde wenig später von der Rothaarigen an den Schultern genommen und geschüttelt. „Wie kannst du so etwas über deinen Freund sagen? Du liebst ihn doch!“ „Ja, Liebe, das zeigt wie oberflächlich die Liebe eigentlich ist, Riina!“ Naru zitterte am gesamten Körper, die Tränen standen in ihren Augen, sie musste es los werden, um nicht mehr hören müssen, wie gemein sie doch zu Hiroya war. „Hiroya war heute Morgen bei mir. Er war alles andere als der nette Typ, für den du ihn hältst!“ Sie hielt sich die Hand vor den Mund und schluchzte auf. „Er ist ein – ich weiß gar nicht, wie ich ihn nennen soll! Ein herzloser Egoist ist er! Und ein mieser Held, ein ganz mieser Held! Kaum zu glauben, dass ich das mal so an ihm bewundert habe! Mir kommt’s gleich hoch! Du glaubst nicht, was er mir gesagt hat!“ Dass sich Naru über ihren Freund tierisch aufregte und er wohl irgendetwas Schlimmes gesagt hatte, war nun auch Riina klar, so laut wie ihre Freundin sprach, es war ja fast Schreien. „War es so schlimm, dass es einen Seitensprung rechtfertigt?“ Riina versuchte ihre Ruhe zu bewahren, selbst wenn sie solche Sachen verachtete, so war Naru ja noch ihre Freundin, die sie versuchte zur Vernunft zu bringen. Sie würde versuchen die Hellbraunhaarige zu verstehen, egal wie schwer es ihr fiel. „Ich habe in den Nachrichten den Bericht über seine Schwester gesehen.“ Obwohl die 23-jährige den Namen nicht sagte, wusste sie, dass Riina klar war, wer gemeint war. Sie war total aufgelöst und würde wohl gleich auch noch anfangen zu weinen. „Und weiter?“ Sie strich über Narus Schulter, total vorsichtig, um sie zu beruhigen. „Ich dachte, er müsste mies drauf sein und wollte ihn trösten, aber das Gegenteil war der Fall. Er sagte, ihr Tod ist ihm egal! Sie sei doch eh selbst schuld, weil sie ihr Vertrauen vor Jahren anderen geschenkt hätte. Was hätte sie auch anderes tun sollen? Er hat sie wie Dreck behandelt! Wie Dreck an seinem Schuh, so war es wirklich. Als er dann noch sagte, es wäre eben ihr Pech und sie sei selbst schuld, weshalb er der Polizei nicht beim Ermitteln helfen wollte, obwohl er genau weiß, dass es Mord war, hätte ich ihn am liebsten ermordet!“ Und noch eines war ihr klar geworden, Naru schloss die Augen und grinste dann. „Ein Held, der seine Schwester nicht beschützt... Lustig, oder? Wie kann man sich bloß so in Leuten täuschen? Obwohl sie immer gestritten haben, dachte ich nicht, dass er sie so im Stich lassen würde. Was aber am meisten wehtut... Koichiru hat sich für ihr Leben geopfert, nur damit Hiroya sie dann einfach sterben lässt. Das geht nicht in meinem Kopf. Er ist total sinnlos gestorben. Er hätte doch wenigstens für meinen Bruder etwas unternehmen können. Er ermittelt doch immer gegen die Organisation. Die Frage quält mich so. Warum? Warum bloß? Musste das sein? Ich finde es so unfair. Hayates Tod hatte er ja auch sehr schnell verkraftet und so jemand war sein Freund. Ich dachte immer, er tut nur so, aber nein, er ist wirklich so kalt, dass ihm Tote egal sind. Würde er, wenn ich sterbe, genauso reagieren? Wäre es ihm auch egal? Klar, wieso nicht? Ich habe ja immer zu seiner Schwester gehalten...“ Es war zu spät, Naru konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten, sie ging auf die Knie, weil ihr plötzlich total schwindelig war, und schlecht war ihr ebenfalls. Etwas schnürte ihr die Kehle und den Magen zu, es tat weh. Was war das nur? So etwas hatte sie seit dem Tod ihres Bruders nicht mehr spüren müssen. „Sollte er irgendwen von ihren Freunden anfangen zu sticheln, ich sag dir, ich bring ihn um!“ Sie krallte die Nägel in den Asphalt und knurrte wütend auf. „Beruhig dich! Denkst du denn wirklich, so etwas Gemeines tut er?“ „Soll das ein Witz sein, Riina? Du kennst ihn noch schlechter als ich vor Jahren. Du glaubst nicht wie gemein er werden kann. Als vor knapp zwei Jahren Yuriko starb, hat er auch alle, nur nicht sich selbst, dafür verantwortlich gemacht. Das tat er in erster Linie nur, um anderen wehzutun und sich nicht als Versager dastehen zu sehen. So tickt er. Als das passiert ist, hätte ich eigentlich aufwachen müssen, tja, die Liebe...“ Nun lachte sie unter all den Tränen, die sie vergoss. Es war einfach so ironisch, dass sie, obwohl sie noch weinte, lachen musste. Naru konnte sich auch gut vorstellen, dass Hiroya bei Kimis besten Freund vorbei schneite, nur um ihm Vorwürfe zu machen und ihm die Schuld daran zu geben, dass sie nun tot war. In erster Linie hasste er ihn doch abgrundtief und das nur wegen dem, was er tat. Sein Musikerhass nahm langsam Auswirkungen an, die ihr nicht gefielen, er gehörte in Therapie. Er konnte doch nicht alle verteufeln, die einfach nur Musik machten. Er sollte lieber mal selbst in den Spiegel schauen, bevor er anderen sagte, wie schlecht sie ja waren. Naru lachte, obwohl sie so sehr litt, Riina musste sich wirklich bemühen, damit nicht auch ihr die Tränen kamen, sie beugte sich zu ihrer Freundin hinab und schloss sie erst einmal in die Arme. „Du musst ihn verlassen! Mit Betrügen wirst du nicht glücklicher“, sagte sie ihr und seufzte dann auf. Riina gab den Versuch auf, Naru einzureden, dass Hiroya der Einzige für sie war, es war eben nicht wie bei ihr. Hiroya und Tatsuji hatten weniger gemeinsam, als sie früher gedacht hatte. Um genau zu sein, kannte sie Hiroya ja auch nicht persönlich. Sie konnte nach dieser Erzählung nicht Partei für Hiroya ergreifen, sie würde Naru doch nur unglücklich machen, das brachte sie nicht fertig, so kalt zu sein. „Aber quäl dich nicht wegen Kimis Tod.“ Naru schob nun Riina von sich. „Das hätte ich mir denken können. In dem Fall denkst du wie Hiroya, was?“ Die Ältere reagierte nun doch etwas ruppig. Mit Tränen in den Augen, nun auch wieder wegen des Zorns. „Um wen ich trauere, ist meine Sache, halt dich da raus, Riina! Du kanntest sie nicht! Man hat dir nur Dinge von ihr erzählt. Es ist wie bei der Presse, sie steht ziemlich im schlechten Licht da... Klar, wieso auch nicht Geschichten über tote Leute erfinden? Vielleicht steckt hinter diesen Gerüchten auch die Organisation! Sie hat sie ja fortlaufend terrorisiert, wieso also nicht auch noch nach ihrem Tod ihren Ruf ruinieren? Aber glaub’ mir, ich finde die Verantwortlichen... Ich weiß nur leider nicht, was ich mit denen dann mache.“ Naru machte einen entschlossenen Eindruck und der Ausduck in ihren Augen, sagte Riina, dass es schlimme Dinge waren, die ihr da so vorschwebten... „Hör auf damit, Naru!“ Riina begann sie erneut zu schütteln, denn es gefiel der Jurastudentin überhaupt nicht, was sich für Gelüste in ihrer Freundin breit machten. „Du hast nicht mal bei deinem Bruder an Rache gedacht, also wirst du es in dem Fall auch nicht tun, hörst du?!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)