Dakishimete da yo - onegai von Melora (抱きしめて だ よ - おねがい) ================================================================================ Kapitel 15: See behind the curtain ---------------------------------- Bitte wundert euch nicht über diesen Teil... Ich habe mich von Lyriken inspirieren lassen! Zu viel HYDE - New Days Dawn (Gruselstimmung pur), Eisblume & gegen Ende Fräulein Wunder - Sternradio! Ihr werdet ja sehen, was dabei herauskam XD @Ryo: Dein Liebling kommt vor, darfst dich schon mal freuen, mal sehen wie lange du das tust *lol* Mitsuki kommt auch vor... Juu auch, ich erwarte von dir ein Feedback XD~ Ich weiß ja, du weißt nicht, was du von Mitsuki halten sollst. Ebenso ist der eine Songtext dir nicht unbekannt... Mal sehen, ob du ihn erkennst.... Es passte zu gut, ist wie mit ALL DEAD >.>" Bin gespannt, was ich Retour kriege... >.<" jetzt werde ich verschwinden und euch den Teil da lassen... Bis zum nächsten Mal. Allmählich dämmerte es, die Sonne wurde in dunkelrote und lila farbene Töne getaucht, während sich der Mantel der Nacht gierig über die Stadt legte und sie in der mächtigen Finsternis begrub. Die Schattengestalten schlichen leise durch die Straßen, ungehört wie Geister bewegten sie sich fort. Das Licht, welches in der Nähe auszumachen war, kam von der Stadt, wo auch jetzt noch viele Menschen waren. Doch, da wo sie sich aufhielten, waren wenige Laternen das einzige Licht, das in die Straßen hinein zu dringen vermochte. Es war ein schöner Anblick von oben in die Stadt Tokyo hinabzusehen. Es glitzerte und funkelte, trug einen Kampf mit den Sternen aus, welche ebenso wunderschön den Himmel teils erhellten. Da es sich um eine regelrechte Einöde jenseits von der Tokyo-Innenstadt handelte, waren um diese Zeit eigentlich nie Menschen hier zu finden. Er befand sich – um genau zu sein – in der Großstadt Kawasaki, jedoch in einem absoluten Loch am Rande der Stadt, welches dennoch an Tokyo grenzte. Es war ein besonders kleiner Pfad, der zu einem Bach führte in einen kleinen Wald. Trotzdem konnte er den ganzen Wald überschauen bis rüber in Richtung Tokyo, wo alles nur aussah wie kleine Punkte. Das war aber auch nur möglich, da er sich auf dem höchsten Punkt eines Gebäudes befand, welches höher war, als alle Bäume in besagtem Wald. Er hielt Ausschau und wartete schon seit fast einer halben Stunde, dass etwas passierte, doch in der Regel passierte um diese Uhrzeit nichts Großartiges mehr… Eine junge dunkelblondhaarige Frau mit leichten Locken ging den schmalen Pfad entlang, dicht gefolgt von einem Mann ihres Alters, welcher sie begleitete. Er schloss zu ihr auf und ging dann neben ihr her, sie verhielten sich ruhig und sagten kein Wort. Man sollte sie nicht bemerken. Die Person, die Ausschau hielt, hatte beide Personen nicht bemerkt, er war zu fasziniert von den Lichtern der Hauptstadt. Die Wege trennten sich – er nach rechts – sie nach links. Das Tor hinten war verschlossen, aber das machte nichts, denn er war sich nicht zu schade drüberzuklettern. Einige Rosen zerkratzten seine Arme, da sie dicht am Tor verwachsen waren. Er konnte nicht verhindern, dass er am Armgelenk zu bluten begann, scherte sich jedoch nicht darum, dass er nun ein paar Kratzer hatte, es machte ihm wenig aus und er hatte andere Pläne, als sich Blut wegwischen. Die junge Frau hingegen nahm den Vordereingang klopfte dort mit einem Eisenring, der verziert war mit einem Löwen, gegen die Tür. Eine gut aussehende, mit vielen Schmuckstücken verzierte etwas ältere Frau öffnete ihr. Ihr Kleid war aus Seide und sie hatte sich den Schmuck förmlich umgehängt, als hätte sie Angst, ihre Kleider würden ihn verstecken, sie war bemüht, ihn jedem vorzuzeigen. Ihren Reichtum vor anderen strotzend, grinste sie die Blondine mit einem zwielichtigen Lächeln an. „Was treibt dich denn hierher, Kleine?“ Ihre Worte passten einfach nicht. Sie klangen so wie von einer einfachen Frau. „Ich will zu Keichiro – also lass mich durch!“ Sie konnte nicht nett zu diesem Weibsstück sein, sie war das Ebenbild der Schönheit und Grausamkeit. Ihre hübschen Lippen, die ein aubergine farbener Lippenstift zierte, verzogen sich zu einem fadenscheinigen Lächeln. Sie wirkte auf den ersten Anblick, als sei sie adelig, doch ihr Wortschatz ließ viel zu sehr zu wünschen übrig, selbst Vermouth beherrschte es besser sich in solchen Kreisen zu bewegen, als sie. „Für dich immer noch Chardonnay, Mädchen!“ Sie machte keine Anstalten, die Blondine vorbei zu lassen. Als sie dann noch die Tür zumachen wollte, zwängte sie ihren Fuß zwischen Tür und Rahmen und dann zückte sie aus ihrem Ärmel heraus etwas Eispickel-ähnliches, was sie der Älteren in Dekolleté-Nähe rammte, nicht gerade zimperlich war sie dabei, sie wollte dafür sorgen, dass der Gegenstand tief genug ging. Vor der Tür sah man nur die Schatten der beiden Frauen, es sah geradezu danach aus, als hätte man sie getötet, mit einem gezielten Stoß, da der Schatten auch gleich in sich zusammenfiel und nur einer übrig blieb. Sie schritt über die Türschwelle, nachdem die Braunhaarige zu Boden gegangen war und hatte einen nicht bedauernden Gesichtsausdruck. „Was ich will, krieg ich auch!“ Mit den Worten ging sie in Richtung Treppe und wanderte diese hinauf. Ganz sanfte Klaviermusik ertönte von oben, obwohl sie sehr laut war, empfand man sie nicht als Lärm. Es war eine tragische, leicht melancholisch wirkende Melodie, welche eine Geschichte von äußerster Erbarmungslosigkeit erzählte – er hörte diese Musik immer dann, wenn er eine seiner Taten im diesem Haus beging. Kaum einer wusste davon, er kam auch nur her, um genau das zu tun. Und der arme Ken bekam es mit… Doch dieses Mal schien es dem alten Mann besonders viel Spaß zu machen. Man hörte das Gewimmer eines kleinen Kindes. Obwohl sie den Auftrag hatte auf ihn zu warten, rannte sie hektisch die Treppe hinauf bis zum Zimmer und riss dort die Tür auf. Die Musik erschlug sie fast und doch konnte man das Mädchen hindurch hören, sie weinte und das so laut, dass es das Klavierspiel durchdringen konnte. Versuchte er ihre Schreie und ihre leidenden Laute zu übertönen, dann hatte er versagt. Vespolina nahm eine Vase, holte nach hinten aus und schlug auf den Schädel des Mannes ein, als wolle sie diesen zertrümmern. „Du widerlicher Dreckskerl! Wie kannst du eine 10-jährige so quälen??! Wie kannst du es wagen vor meinen Augen weitermachen zu wollen??!!“ schrie sie voller Zorn. Die Vase spaltete sich und ging klirrend zu Boden, die Scherben verteilten sich auf dem Boden. „Jamis Miststück!“ kam wie von einem Berserker der jungen Frau entgegen zuflogen. „Das Weichei hat dir wohl noch nicht so richtig gezeigt, wo es im Leben lang geht und dass man es nicht wagen sollte!“ Er hatte sich schneller herumgedreht und von Josephine abgelassen, als ihr eigentlich lieb war, zumindest, wenn er nicht zu Boden ging. Sie hatte voll zugehauen, aber er stand immer noch und dann packte er sie am Hals und hob sie an. „Du wagst es?? Mir meinen Spaß nehmen zu wollen? Wer hat dich überhaupt eingeladen?“ Die Blondine röchelte, er drückte ihr die Luft ab. Durch das Klirren der Vase war auch in die männliche Person Hektik gefahren. Was hatte sie gemacht? Man hörte wie Chardonnay laut wurde und man wusste ja wie er war, wenn er wütend wurde. Binnen weniger Sekunden, dadurch dass er mehrere Stufen auf einmal nahm, war er da und richtete dem Mann seine Waffe entgegen. „Finger weg von ihr, und das plötzlich!“ Chardonnay hatte einen wahnsinnigen Gesichtsausdruck und drückte noch fester zu, so dass sie zappelte. Der Mann mit den gewellten Haaren fühlte sich dazu gezwungen abzudrücken. Obwohl er schoss, passierte dem Mann nicht viel – nur ein Streifschuss am Hals. „Die nächste sitzt, darauf kannst du wetten! Und jetzt lass sie los und rück das Kind raus! Dein Spaß ist vorbei!“ Seine Stimme war laut, er schrie, da er auch verstanden werden wollte und die Musik so furchtbar laut war. „Willst du mir drohen, Kleiner?“ Auch seine Worte waren ein einziges Zerstörerisches Schreien. „Ich mach noch ganz andere Sachen mit dir, wenn ich dich jemals wieder in der Nähe von Kindern sehe, Drecksack!“ Er war total in Rage, in solchen Dingen war er nicht sonderlich beherrscht. ‚Ich zerfetz dir deine Eier, dann wirst du nie wieder irgendwelche Lust verspüren!’ „Okay, okay – ich gebe sie euch, ich gebe euch die Kleine, aber dafür will ich auch was von dir haben, Caprino!“ Er ließ die Blondine auf den harten Boden fallen, weshalb sie schmerzbedingt keuchte. „Es ist ja keine Glanzleistung, meine Nichte zu nehmen, die lässt sich von jedem nehmen! Du warst zu dumm, es meiner Tochter zu besorgen, ich weiß alles über dich und deine Familie.“ Während seine Stimme liebliche Gewalt ausstrahlte, grinste er boshaft und seine hellen Augen blitzten irre auf. Er hatte ihn doch total im Griff. „Ich will, dass du mir meine Tochter Riina bringst, du bringst sie hierher, dann kriegst du das Kind.“ Der alte Knacker wollte ihn nur beleidigen und ihn in die Enge treiben; dazu benutzte er sogar seine Vergangenheit. Er hatte bestimmt nicht vergessen, dass der hier Pinots Vater war, sie passten wie die Faust aufs Auge, waren beide gleich rücksichtslos, natürlich hatte sein Sohn ihm gleich alles erzählt. Unbeeindruckt erlaubte er sich ein Grinsen an Chardonnay zu schicken. „Machen wir doch einen Kompromiss, ich bringe dir gerne was, ein kleines Geschenk quasi“, noch ehe er den Satz vollendet hatte, drückte er ab, „du wirst deine Freude daran haben.“ Caprinos Worte kamen voller Missmut und Zorn inne, der jedoch von dem jungen Mann gedämpft wurde, da er es scharf und auf süße Art und Weise feindselig aussprach. Ein leidend klingendes Keuchen war zu hören, bevor der Mann, den so schnell nichts umhaute, hinfiel und sich die Hand an die Einschussstelle presste. Schon jetzt hatte er – wie Caprino schon sagte – Freude am Geschenk des Organisationsmitglieds. „Wäh!“ kam ein angewiderter Laut hastig über den Jüngling. „Ist ja eklig…“ Er nahm das Kind behutsam in seine Arme und nickte zu seiner Begleitung, dass sie mitkommen sollte, er half ihr dann mit einer Hand hoch, während er das Mädchen festhielt und sie daraufhin hochhob. Chardonnays Kampf mit den Schmerzen wollte er beim besten Willen nicht beiwohnen. Wie das Blut über seine Finger quoll war bei weitem genug gewesen. Obwohl er ihm verheerende Schmerzen schenkte, schrie der Mann nicht, es war nur ein einziges Jammern. Er dachte auch gar nicht daran, einen Arzt zu holen, alles Weitere würde das Schicksal entscheiden, er hatte nur über seine Zukunft entschieden… Die Verdüsterung schwebte wie ein giftiger Luftzug über ihren Köpfen heran und tauchte alles in absolute Finsternis – nicht einmal der Mond vermochte die dicken schwarzen Wolken zu durchdringen. Aus der seichten Brise wurde schnell ein tosender Wind, der die Blätter aufgeregt rascheln ließ. Wie die Ruhe vor dem Sturm umwehte er die Bäume und ließ lose Blätter am Boden entlang gleiten. Sie flogen im Bogen, bis sie irgendwo hängen blieben. Die Luft war feucht und kaum eine Minute später kam es zum Wolkenbruch. Wie gefährliche Nadeln, die vom Himmel schossen, prasselte der harte Platzregen auf den Asphalt ein. Und die Leute, die gerade unterwegs waren, hatten nichts zu lachen. Erbarmungslos knallten die kleinen Geschosse auf die Erde ein, das Geräusch - hervorgerufen davon – klang, als würde es der Welt die schlimmste Folter zufügen. Wie Peitschenhiebe musste es sich für die Leute anfühlen, welche nun draußen ohne Schutz herumirrten. Den dichten Regen konnte man aus sicher entfernter Überdachung wunderschön beobachten. Es wirkte schon gar nicht mehr wie einzelne Tropfen, sondern wie ein riesiger Eimer Wasser, den jemand von oben auf die Erde herab schüttete; geradezu Wasserfallartig kam der Starkregen herab und es bildeten sich sofort riesige Pfützen, in welche das durchdringende Nass lustige Kringel malte, wenn es einschlug. So schlimm hatte es in diesem Jahr noch nie geregnet, es war der heftigste Regenguss seit langem, obwohl es noch nicht einmal gewitterte, mied man die Straßen automatisch. Sogar direkt in Tokyo hatten sich die Leute in ihre Behausungen oder in Geschäfte verzogen, als sie vom Regen überrascht worden waren. Deprimiert schaute ein junger Mann von einem Balkon aus dem Regen zu, er blickte in die absolute Finsternis, die über Tokyo hereingebrochen war – so plötzlich. Und dann begann er sich mit der Naturgewalt zu unterhalten. „Na, bist du auch so traurig wie ich?“ Was er nicht getan hatte, holte jemand anderes nun nach - der Himmel weinte entsetzlich, durchlitt so schreckliche Qualen, dass es wie eine Ladung Wasser über ihn kam. Er wünschte, auch einfach so losweinen zu können. Das erdrückende Gefühl der Ungewissheit, was der nächste Tag wohl bringen mochte, machte sich in ihm breit. Die letzten Tage waren doch eher ein einziges Desaster voller barbarischer Mächte gewesen. Sie hatten viel zu viel Macht, was sie anfassten, wurde vergiftet. Ganze Familien, wurden von der Hand eines einzigen Mannes, der sie alle kontrollierte, ausgerottet, liebende Menschen quälte er furchtbar, bis sie sich ihm ergaben, da sie dieser unendlichen Macht nichts entgegen zu setzen hatten. Er hatte so viel erlebt und durchgemacht, dass es normal für ihn war. Er blickte weiterhin in die Ferne und seufzte trübsinnig. Der Wind wurde heftiger und wirbelte Dreck und Müll durch die Luft. Was auf den Straßen lag, hob ganz selbstverständlich vom Boden ab. Trotz des regelrechten Sauwetters, konnte er wenig später eine junge Frau sehen, die durch den Regen rannte, statt sich irgendwo unterzustellen – sie kämpfte sich durch den dichten Regen, der ihr fast gänzlich die Sicht geraubt hatte. Man sah, dass sie ganz zierlich und klein war, ja kaum etwas dem Sturm entgegen zu setzen hatte. Ihre Kleider waren durchtränkt mit Wasser und Schmutz, der ihr um die Ohren flog und sie durchpeitschte. Eine heftige Windböe warf sie beinahe um. Sie hielt sich den Arm vors Gesicht, um nichts in die Augen zu bekommen und wenigstens ein bisschen was zu sehen. Geräuschvoll wie der Wind brauste und der Regen noch immer auf den Boden eindrosch, hörte man erst wenig später, dass sie nicht die einzige Person war, die bei diesem Wetter doch noch auf den Straßen war… „Schnappt euch das kleine Biest, lasst sie nicht entwischen!“ dröhnte es von nicht weit entfernt, die Schritte der beiden Männer immer näher kommend, der Abstand zu der jungen Frau immer mehr verringernd, ihre Angst immer größer werdend, knickte sie um und fiel nun doch hin. Sie verlor dabei ihren offenen Schuh und ihr weißer Rock wurde nun mit Schlamm getränkt. Ihr Gesicht sah aus, als hätte sie eine Ladung Sand abbekommen. Das passte überhaupt nicht zu einer topgestylten Person, die viel zu gut angezogen war, um im Regen rumzurennen – sie würde sich die Klamotten ruinieren, doch diese waren ihr in diesem Augenblick ziemlich einerlei. Die Angst hatte wie eine Hand Besitz von ihr ergriffen und sie gepackt, sie rannte einfach nur noch los. Ihre Haare waren gelockt und pechschwarz, hingen nun jedoch glatt herunter, auch hatte sie überall Dreck in den Haaren, sie sahen nicht mehr so schön glänzend aus wie sonst. Als sie die Männer hörte, beeilte sie sich hochzukommen, der Regen wusch schnell das herab rinnende Blut an ihrem Knie weg. Nicht lange hatte er den Kampf derjenigen beobachtet, da war er die Treppe hinab geflogen, er lief sie nicht hinab, er ging sie auch nicht, rannte nicht, er sprang runter, nahm somit mit einem einzigen Sprung ein Stockwerk. So war er ziemlich schnell im Erdgeschoss, riss die Tür auf, gerade wollte sie wieder wegrennen, da sah sie sein Gesicht, wie es aus der Ecke herauslugte. Zwar nur kurz schaute sie ihn an, aber es reichte, um ihn zu erkennen. Dadurch wurde sie allerdings auch aufgehalten, weshalb die Männer ihr noch näher kamen und sie mit einem ehrfürchtigen Blick nach hinten spähte. Er sprang einen riesigen Satz in ihre Richtung, zwischen sie und diese Kerle, die sie wohl schon eine Weile jagten. „Hey – was soll das?!“ fuhr man ihn an, er hatte nur einen Gesichtsausdruck, wie von einem Mann, der gerade an den äußersten Rand seiner Wut geraten war, so zornig, dass man ihm alles zutrauen musste. Seine blaugrünen Augen funkelten gemeingefährlich in deren Richtung, allein der Blick ließ sie beinahe der Angst verfallen. Vor lauter Angst zogen sie ihre Waffen, blitzschnell jedoch geschah es. Er hatte geahnt, dass die feigen Schweine das tun würden und kam ihnen zuvor, noch ehe sie überhaupt auf den Rotbraunhaarigen gezielt hatten, hatte dieser zwei Schüsse an der Zahl abgefeuert und sie fielen um wie die Fliegen – chancenlos. Waffen, insbesondere Pistolen waren nicht gerade sein Freund, aber dafür reichte es noch… In der absoluten Dunkelheit waren sie sich begegnet, unter Umständen, wie niemand sie hätte je vorher sehen können. Das Mädchen fiel voller Erleichterung, die in ihrem Körper aufkeimte, auf die Knie und blickte auf den Rücken desjenigen, der sie davor bewahrt hatte, dass sie sie einfingen. Schon solange war er verschwunden, nun war er plötzlich da, aus dem Nichts aufgetaucht… Die Männer hatten das Unwetter abgewartet, den Moment als alle Menschen fluchtartig die Straßen verlassen hatten. Man hatte sie gepackt, mitzerren wollen, aber sie hatte sich ängstlich losgerissen, als man sie so grob anfasste. Da es so leer war, hatte man sie weiter verfolgt, dass keiner ihr helfen könnte, das hatten sie gedacht und weil sie so klein war, sie leicht bändigen zu können. Schnell drehte er sich herum, packte sie am Arm, was einen Schreck in ihre Glieder fahren ließ und zog sie schnell von der Straße, sie war ohnehin nass genug. Bis zu der Treppe zog er sie, schloss die Tür hinter ihnen, zunächst fiel nicht ein einziges Wort. Es war die traurige Geschichte zweier Menschen, die voneinander getrennt worden waren und sich schicksalhaft wieder bei einem Platzregen über den Weg gelaufen waren. Kurz nachdem das Unwetter seinen Lauf ging, war eine gut aussehende, dunkelbraunhaarige Frau in ihr Auto gestiegen. Sie fuhr langsam, denn selbst im Auto war es noch gefährlich, da man kaum etwas sah, da brachte auch der beste Scheibenwischer nichts, so schnell und kraftvoll wie der Regen niederprasselte. Es war so stürmisch und sie hoffte, dass sie es bald geschafft hatte, denn es war ja nicht mehr weit. Sie fühlte sich wie in einer Geisterstadt, als wären alle Menschen und Autos plötzlich wie vom Erdboden verschluckt und sie ganz alleine da. Aber es war ihr Recht, sie sah ja sowieso nur Regen vor sich und ein bisschen die Straße, weshalb sie sehr langsam fuhr, langsamer als es eigentlich erlaubt war auf dieser Straße. Nach knapp fünf Minuten hatte sie die Straße, die nach Misato führte, erreicht und bog in diese ein. Ihr Haus lag sogar recht nahe gelegen und somit war sie nach weiteren zwei Minuten bereits zu Hause. Rena fuhr in die Garage, machte den Motor aus und stieg dann aus dem Auto. Aus der Garage draußen, verschloss sie diese und ging dann durch den Hof bis zur Haustür, welche sie mit ihrem Hausschlüssel öffnete und somit gehört wurde. Aber wie es oft gewesen war, wurde sie nicht begrüßt – wobei er aber schon da war, sie sah seine Schuhe im Flur stehen. Dass er sie nicht hörte, konnte man nicht sagen. Er lag gerade auf dem Bett; nachdenklich und mit bedrückter Stimmung hatte er wenig Lust zur Tür zu gehen und sie anzuspringen. Nicht dass er sie nicht sehen wollte, es zog ihn nur einfach nicht dazu hin, sich zu erheben. Es bedrückte sie schon, dass nicht mal ein „Hallo“ ertönte oder etwas Ähnliches; er ignorierte sie. Erst als sie bei Saki gewesen war, hatte er nicht einmal ihre Umarmung erwidert, was hatte sie ihm denn getan? Er hatte bei weitem schlimmere Dinge getan, wieso bestrafte er sie bloß so? Schweigend lag er auf dem Bett, sie nicht ansehend, sondern die Decke als interessanter empfindend, als sie das gemeinsame Schlafzimmer betrat. „Hallo Yuichi, ich bin wieder da“, machte sie doch unwillkürlich auf sich aufmerksam, noch immer wandte er ihr nicht den Blick zu, sondern nur ein schlichtes „Okari“ kam von ihm, er begrüßte sie ja, selbst wenn er sie nicht ansah. „Du siehst so bedrückt aus – sag mir bitte, was los ist“, wollte Rena sanft von ihrem Mitbewohner wissen, sie mochte es nicht, wenn er so aussah, wobei der junge Mann nun wirklich nicht gerade eine Frohnatur war, die letzten Jahre jedenfalls nicht. Sie hatte immer versucht, ihm eine gute Freundin zu sein, damit der ganze alltägliche Ärger von ihm abprallte. Sie fühlte sich im Moment so furchtbar hilflos und hatte das Bedürfnis, sofort loszuheulen. „Yuichi bitte – bitte, sprich doch mit mir – sag irgendwas – meinetwegen schrei mich auch an, aber lieg nicht einfach nur so da.“ „Was soll ich bitte sagen und wieso soll ich dich denn anschreien? Das mache ich bestimmt nicht!“ Er klang ein bisschen so, als wenn es ihn entsetzte, dass sie von ihm angebrüllt werden wollte; dafür gab es keinen Grund. Wenn jemand angeschrieen werden sollte, dann jawohl er, weil er sie verletzt hatte. Sie hatte wegen ihm geweint, er sah es noch genau vor sich. Wenigstens hatte er es zurückbekommen, hatte sie dabei gesehen, wie sie von einem anderen geküsst wurde, es geschah ihm Recht. Wie mit einem Spiegel hatte es ihre Last dadurch reflektiert. „Lass mich an deinem Gefühlsleben teilhaben, so wie es immer war.“ Rena ging zu ihm hin, kniete sich vor das Bett und legte ihre Hände auf seinen einen Arm, sie sah ihn todtraurig an, er spürte ihre Blicke und drehte den Kopf zu seiner Freundin herum. „Nein, besser nicht – es tut mir Leid, dass ich hier im Dunklen liege und dich kaum beachte, ich war nachdenklich“, mit den Worten drehte er auch sich selbst leicht zu ihr herum und legte seine Hand an ihre Wange. Ganz vorsichtig strich er entlang nach unten und versuchte sie anzulächeln, wenigstens das, damit sie ihn nicht nur deprimiert sehen musste, auch wenn er all das war – nach so einem Tag war das kein Wunder. Sêiichî war total fertig, weil man eine Freundin von ihm umgebracht, seinen Cousin und seinen Onkel beinahe ins Grab gebracht hatte und alles gerade einfach nur nicht rosig aussah. Eine blumige Zukunft darauf konnten sie wohl kaum bauen. Und für Tokorozawa würde auch das Leben nicht mehr so sein, wie zuvor, wenn sie ihn erst einmal hatten, würde er sehen, was es hieß ein Organisationsmitglied zu sein – solange der Boss ihm drohte, würde er ihm den Gefallen tun, und ihm Hiroya persönlich bringen, wenn es sein musste. Um ihres Willen… Derjenige war ja ein Mann, der das ganz sicher verkraftete… Ihm war seine Freundin in dem Punkt viel wichtiger, ihr musste es gut gehen, da ging er über Leichen, wenn es sein musste. Die 28-jährige Frau genoss sein Streicheln und schloss ihre Augen, um es intensiver zu spüren, war es schließlich das erste Mal nach seinem Geständnis, dass er sie berührte. „Worüber hast du nachgedacht? Doch hoffentlich nicht über einen blöden Kuss von Jami, mhm?“ Ihr Herz klopfte angstvoll in ihrer Brust – sie wollte nicht, dass er diese Sache so nah an sich heran ließ. „Ach der Kuss“, es klang gleichgültig, aber wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann waren seine Worte eine einzige Lüge, die er ihr vorspielte, um ihr nicht sein verletztes Herz zu zeigen. „Ich wollte es nicht“, betonte sie es so, als würde man ihr nicht glauben. Geradezu, als würde sie befürchten, er könne es ihr übel nehmen und sich auch, weil er Valpolicella nicht umgebracht hatte. Stattdessen hatte er sich von ihr anfassen lassen, die Augen geschlossen und es ertragen… Sie verzieh ihm alles; wieso konnte er nicht auch einfach darüber hinwegsehen, dass sie von einen anderen Mann sich hatte küssen lassen? Warum hatte er immer wieder Jami mit schadenfreudigem Lächeln vor sich, wie er ihn auslachte, dass er seine Freundin hatte küssen können, er musste sich doch furchtbar toll vorkommen. „Ich weiß das!“ Natürlich wusste er, dass sie sich bestimmt geekelt haben musste. „Wenn du das weißt – warum tust du-“, ein Schluchzen kam nun über sie, „du gibst mir ein nicht gerade schönes Gefühl, wie oft muss ich mich entschuldigen? Wie oft muss ich dir sagen, dass du der einzige Mann für mich bist?!“ Ihre Stimme wurde lauter, verzweifelter, bedrückter. „Shh, Shhh“, er legte ihr seinen Zeigefinger auf den Mund und zog sie noch enger ran, drückte ihren Kopf an seine Brust. „Ich hab’s kapiert! Es tut mir Leid, Hidemi! Ich bin… Ich bin empfindlich, was so was angeht… Die Sache mit Katori hat mich härter getroffen, als ich dachte.“ Ob er wirklich dachte, dass sie das nun beruhigte? „Katori…? Katori…? Ich bitte dich, Yuichi, sag nicht, dass du befürchtest, ich würde es wie sie machen! Das kann unmöglich dein Ernst sein“, klang sie todtraurig, er dachte, sie würde mit Kenichi schlafen wollen. Lieber brachte sie sich um, als das jemals zu tun. „Er müsste mich schon vergewaltigen.“ Yuichi drückte sie bei dem Satz noch enger an sich, als wolle er sie erdrücken, der Gedanke fuhr in all seine Glieder und vor Wut zitterte er ein bisschen. „Wenn er das wagt… dann lernt er mich kennen!“ „Nein bitte – er wird nichts Dergleichen tun, so ist er nicht, bitte bring ihn nicht um...“ Er sollte nicht schon wieder ihretwegen zur Waffe greifen, das hatte er viel zu oft bereits getan. Warum musste sie Jami jetzt auch noch vor ihm beschützen? Es klang so, als würde ihr an dem Mistkerl auch noch was liegen! Was war das nur? Es störte ihn ungemein. „Dieses Riesenarschloch hat seine erste Frau umgelegt, als sie ihm nicht freiwillig seine Tochter aushändigte, der zweiten hat er so zugesetzt, dass sie ihr Baby verlor, indem er mit anderen Frauen zusammen war, hat immer wieder ihr sensibles Herz verletzt und tötet ohne ein Gewissen zu besitzen – so einen willst du vor mir beschützen? Das ist ein ganz übler Scherz! Er ist ein Schandfleck, er wird immer einer bleiben und wenn er den Bogen überspannt, werde ich Schicksal spielen, davon hältst auch du mich nicht ab!“ Der Kerl machte ihn schlichtweg krank, was der mit Frauen anstellte mit seinem krankhaften Trieb war absolut inakzeptabel. „Und zu guter letzt hat dieses widerliche, blutrünstige Schwein auch noch die Schwestern seines Erzfeindes benutzt, um ihm zu schaden – ne du, da hört’s bei mir auf! Er ist längst schlimmer als jedes Tier bei seinem Jagdtrieb.“ „Er hatte eine fürchterliche Kindheit, Yuichi.“ Ihre Stimme klang bedrückt, traurig und sie schien es ihm einreden zu wollen, damit er von seiner Hartherzigkeit abließ. Er war doch kein schlechter, sondern ein guter Mensch, der anderen helfen wollte und sie beschützte und trotzdem hatte er etwas furchtbar Eiskaltes zu Zeiten. Wenn er skrupellos irgendwelche Leute tötete, dann war er kälter als das Eis in der Antarktis, nichts vermochte sein Herz dann zu erweichen. „Die hatte auch Sêiichî und der ist bei weitem nicht so verkorkst wie Jami. Er käme nicht auf die Idee, meinen Bruder zu ermorden…“ Er verstand immer noch nicht, wie sie ihn so in Schutz nehmen konnte, er hatte so viele schreckliche Seiten und verdiente überhaupt kein Mitleid. Wenn er ehrlich war – Hiroya war viel mehr zu bedauern, so weit wie Jamis Zuneigung ihm gegenüber ging. „Und seine krankhafte Eifersucht, sein elender Hochmut gegenüber Hiroya, weil er ihm nicht gewachsen ist – den kann er sich sonst wohin stecken. Er versucht ihm doch wo es geht, das Leben zu versauen – er würde sogar seine gesamte Familie ermorden, nur damit es ihm schlecht geht – er ist ein Verbrecher der ganz heimtückischen und feigen Sorte – weil er ihn nicht töten kann, versucht er’s hinten rum – ich glaub ich KOTZE gleich.“ Sie sollte nicht mehr über den Mistkerl reden, sonst stritten sie noch wirklich… „Du klingst, als wenn du das Scheusal bemitleidest…“ Rena war entsetzt, sie entzog sich seinen Armen, unglaublich dass er so einer kleinen Mistkröte Mitleid entgegenbrachte. „Er wehrt sich nur.“ Es kam etwas nüchterner als sein vorheriger Satz, der total aufbrausend und wütend kam, nun war er leise geworden. „Warum glaubst du, ist der Mann manchmal so gemein? Seine ältere Schwester, die er wie niemanden sonst bewunderte, wurde von seinem besten Freund getötet, als sie versuchte ihre kleine Schwester vor ihm zu warnen, weil die dachte, ihr Freund sei eifersüchtig und würde Jami schlecht machen… Sie wollte sie beschützen und vor lauter Wut und Hass hat Jami sie erschossen, weil sie ihm im Weg war bei seinen Plänen die Kleine ins Bett zu zerren und ihr ein Kind zu zeugen, dabei war Yuriko mal mit ihm zusammen, was Hiroya stillschweigend geduldet hat… Er hat sich eben total in dem Kerl geirrt und er muss sich ja nicht alles von ihm gefallen lassen, oder soll er sich hinstellen, die Arme ausbreiten und sagen: Na los, befriedige dich daran, töte mich, wenn es dir danach besser geht?“ Yuichi wurde dramatisch und auch noch total zynisch. Es war schlimm, dass sich die beiden ehemaligen Freunde gegenseitig die Köpfe einschlagen wollten, wobei dieser unendliche Böswilligkeit von Jami kam. Hiroya reagierte doch längst nur noch darauf. An seiner Stelle hätte er den ja längst in die ewigen Jagdgründe geschickt. Rena versuchte irgendwie ihren Freund zu verstehen, aber so ganz konnte sie es nicht fassen. Wenn sie es sich durch den Kopf gehen ließ, es stimmte schon, dass Jami ein ganz besonderes Interesse daran hatte, dass es dem Kerl so schlecht wie möglich ging, aber dieser bekleckerte sich ja auch nicht mit Ruhm. Und von wegen er wehrte sich nur; so ein Unsinn! „Frag mal Katori, was sie davon hält – sie ist nämlich der gleichen Ansicht wie ich.“ „Ich werde nicht Katori fragen, ich bin ein eigensinniger, selbst denkender Mensch, Yuichi – wenn dir das nicht passt, ist das dein Problem. Deine supertolle Katori ist immerhin in manchen Punkten genauso ein herzloses Stück wie Jami! Wenn sie dir so furchtbar wehgetan hat, als sie mit Sêiichî zusammen war, warum zum Teufel vergleichst du mich andauernd mit ihr? Sie ist ja so supertoll – kannst sie ja gleich heiraten – mein Gott, ich geh duschen!“ Rena war ein total netter und liebenswerter Mensch, aber was zu viel war, war zu viel, immerhin hatte er es heraufbeschworen, dass sie wütend wurde. Sie wollte nicht mit seiner Exfreundin verglichen werden, die schuld daran war, dass er so empfindlich auf diesen einen Kuss reagierte. Sie hatte ihm wehgetan – weil man ihr wehgetan hatte – und er mochte sie immer noch; vielleicht… ja vielleicht war da noch mehr. Womöglich ertrug er einfach nicht mehr von ihr verletzt zu werden und das war der einzige Grund für ihre Trennung gewesen – tief in sich drin, vermutlich liebte er sie da ja immer noch… „I-Ichiro-niisama?“ flüsterte sie leise fragend zu ihm, als würde sie es noch nicht so wirklich glauben können, was geschehen war. Diese Frau hegte einen so starken Groll gegen sie, dass sie sogar zwei erwachsene Männer hinter ihr herjagte, damit sie sie bestraften für ihre Zickerei gegenüber der Ranghöchsten. „Ja, Imoto-chan.“ Seine Stimme klang ganz sanft und ein Lächeln kam auf seinen schmalen Lippen auf. Sie hatte ihn seit knapp zwei Jahren nicht mehr gesehen, hatte schon gedacht, er sei tot, bis diese schreckliche Frau ihn erwähnt hatte – dann stimmte es also: Er war ein Mörder für die Organisation. Nur knapp hatten zwei Personen das Gefährt erreicht, mit welchem sie bis nach Kawasaki gefahren waren. Jedes Mal, wenn er in sein Auto stieg, erinnerte er sich an seine quirlige Exfreundin. Wie sie ihn dazu überredet hatte seinen Subaru in eine andere Farbe zu lackieren. Es war zuvor unauffällig Grau gewesen und nun strahlte es in einem wunderschönen Himmelblau. Niemals hätte er sie Chardonnay aushändigen können. Die junge Frau neben ihm, zückte ihr Handy und kontaktierte sofort jemanden bezüglich des Mädchens, welches sie hinten mit dicker Flauschedecke eingewickelt und ihren Kopf auf den Schoss genommen hatte. „Hallo, Cencibel - wir haben Jossy und sind auf dem Weg zu euch – bitte bereite alles vor, sie benötigt eine Untersuchung, eine sehr gründliche.“ Die Worte kamen apathisch und auch ein bisschen traurig, jedoch verbarg sie den hohen Ton, der verriet, dass sie weinte. Sie sprach so ungewöhnlich tief, dass es untypisch für sie war. Gerade noch hatte sie entschlossen zum Parkdeck des Krankenhauses zu gehen, der sie vor dem Regen schützte, der wie endlose Trauer vom Himmel fiel, als sie ihr Handy vernehmen konnte und das Gespräch sofort entgegen nahm. Die Worte der Jüngeren klangen einerseits aufmunternd, doch ab einer bestimmten Stelle stiegen ihr die Tränen in die Augen, die sie aber am Fließen hindern konnte. Sie verstand sofort, was Vespolina andeutete. „Ja, ich beeil mich – bis später.“ Sie legte auf und griff sich an die Stirn. „Ich habe es geahnt, so etwas hätte nicht passieren dürfen – wenn Jamie aufwacht… Was soll ich ihm sagen? Sein Sohn liegt im Koma und seine kleine Tochter wurde von Chardonnay misshandelt… Da fällt er ja gleich wieder in Ohnmacht, wenn er nicht sofort aufspringen würde, um sich an Chardonnay zu vergreifen.“ Sie seufzte bedrückt, es lag ihr sehr am Herzen, dass es Jamie gut ging, das Leben hatte ihm so oft schon übel mitgespielt, ihm waren anscheinend nur seine beiden Kinder geblieben... In dem Moment, als sie vor ihm wegrennen wollte, packte er ihren Arm und hielt sie davon ab. Seine strahlend grünen Augen sahen sie bittend an. „Das war nicht so gemeint! Und ich will sie nicht heiraten, was redest du da denn, du dummes Ding? Würde ich sie noch lieben, hätte ich mich damals nicht von ihr getrennt – es war vorbei, als ich von ihrem Seitensprung mit Sêiichî erfuhr, auch wenn wir noch eine ganze Weile so getan haben, als würde es funktionieren. Ich konnte es nicht ertragen, man kann auch die Liebe eines Menschen durch seine Taten töten.“ Genau das war bei Yuichi selbst geschehen. Er hatte sie unendlich geliebt, hätte ihr die Sterne vom Himmel geholt, das alles ging am Ende nicht mehr, übrig geblieben war nur ein Gefühl der Freundschaft, das er jedoch hegte und pflegte. Niemals hätte er sie angeklagt dafür, dass es bei ihr vollkommen anders aussah. Er hatte doch erst neulich gespürt, dass sie ihn unheimlich vermissen musste und ihn noch immer liebte… Rena fühlte sich durch seine Worte nur bedingt besänftigt, sie war verletzt und traurig, da reichte das bei weitem nicht. „Trotzdem ziehst du immer wieder Vergleiche zwischen uns – da komme ich mir vor, als würden viele Dinge dich einfach an mir stören…“ Nicht einmal Jami vergleiche sie mit anderen Frauen so direkt, aber sie verkniff sich es auch noch auszusprechen. Er schien sie einfach nur für sich zu wollen, wäre er nicht so ein Macho hätte sie sich vielleicht für ihn interessiert, hätte er doch nicht so einen verdammt verdorbenen Charakter. Er war so völlig anders als Yuichi, ein verkorkster Mörder, leider. Dass er eifersüchtig war, passte nicht in die Situation, in der sie momentan gefangen waren. Ihr Spinnennetz schlang sich immer fester um Yuichis Körper. Sie war schlimmer als eine Spinne, eine Horrorgestalt in Form einer wunderschönen Frau. Sie versuchte ihn zu kontrollieren, zu manipulieren und ihre Spinnenweben, die sie immer mehr um ihn schlangen, erstickten ihn fast. Diese grässliche Frau nutzte ihre Macht schamlos aus. Sie benutzte ihre hohe Position ja sogar dafür, um ihn verführen zu können. Er hatte es mit sich machen lassen, es war ihm momentan sehr gelegen, wenn sie gute Laune hatte, wenn sie ihr verloren ging, war es wie wenn man einem Tier seine Welpen wegnahm. Sie wurde ausfallend und zerfetzte alles, was ihren Weg kreuzte. Wer ihr dann wohl als erstes zum Opfer fallen würde? Er hatte Angst, dass es so weit ging, dass sie es zu sehr zu vermissen begann, was sie mit ihm getan hatte. Und dass er vielleicht dann wieder… Nein, das kam auf keinen Fall in Frage. Er fragte sich schon die ganze Zeit, wie er diese Schande übergehen konnte… Ihm fiel jedes Mal dasselbe ein und er fand es schrecklich, dass Mord die einzige Lösung zu sein schien, die sein Problem würde lösen können. „Ja, vielleicht tue ich das – wahrscheinlich ziehe ich zu viele Vergleiche zwischen meinen ehemaligen Freundinnen und der Frau meines Herzens“, gab er ehrlich zu. „Du solltest jedoch niemals vergessen, dass ich dich gegen nichts und niemanden eintauschen würde – niemals!“ Er zog sie an sich. Aus der Sache mit Jami einen Elefanten zu machen, war lachhaft. Er konnte in diesem Fall nicht plötzlich so verletzbar und eifersüchtig sein, immerhin hatte er etwas viel Schlimmeres getan. Sie hatte nicht mit ihm geschlafen, es war nur ein läppischer Kuss. Dass er deswegen sich in sein Schneckenhaus zurückzog, konnte er seiner Freundin unmöglich sagen. Es war einfach inakzeptabel und total egoistisch von ihm. Doch immer, wenn er Jamis Gesicht sah, hatte er Angst sie zu verlieren. Angst davor, dass er es schaffte, sie zu entzweien. Dieser Kerl drehte alles so, wie er es haben wollte. Er tat seiner Freundin unwahrscheinlich gerne kleine Gefallen, um sie zu ködern, um ihr zu zeigen, dass er ja so ein toller Mann war, den man als Frau einfach vergöttern musste. „Nicht nur, dass du mich mit ihr vergleichst, sondern du nimmst Katori auch ständig vor mir in Schutz und fällst mir damit irgendwie schon - hart ausgedrückt - in den Rücken. Manchmal glaube ich, dass ich irgendwas falsch gemacht habe. Du tust, als sei sie ein Engel, dabei sind wir in so manchem Fall anderer Meinung.“ In Renas Augen hielt Katori ihre Morde für nötig und gut. Sie dachte wie Yuichi, vielleicht fühlte er sich deswegen ein bisschen zu sehr mit ihr verbunden. Im Gegensatz zu ihnen war Mord für sie keinesfalls mit etwas Gutem verbunden – in keinem Fall – sie sah es noch immer als etwas Schlechtes an, einen Lebewesen zu töten. Das kleine bisschen, was aus ihrer CIA-Zeit geblieben war, verhinderte, dass sie so etwas gut finden konnte, dabei war es ein offenes Geheimnis wie dieser Geheimdienst mit Problemen umging; sie unterstützten Mord, wenn es ihnen etwas brachte, man konnte sagen, Yuichi und Katori hätten besser zu ihnen gepasst, als seine Freundin. „Warum ich Katori in Schutz nehme? Weißt du das wirklich nicht?“ Er legte einen ungläubigen Ton in seine Stimme. Dass seine Freundin nicht darauf kam, wunderte ihn eigentlich. „Ein feinfühliger Mensch, wie du einer bist, Hidemi, sollte so etwas nicht fragen…“ Mit einem Knopfdruck auf der Fernbedienung, die zur Anlage gehörte, sprang der CD-Player an. An ihre Ohren klang ein düsterer Ton, dann traurige, tiefe Klavierklänge. Kurz gefolgt von der sanften Stimme einer jungen Frau… So leise wie trockenes Laub fiel dein Abschiedswort ein Tränenschauer wusch mir meine Träume fort und in mein Herz zog eisiger Regen ein Auf meiner Haut dein Kuss ich kann ihn kaum noch spüren Gedanken häng ich nach die in die Irre führen kühler Wind weht mir ein Blatt herein Ich werd dich überleben aber ich werde nie mehr dieselbe sein ich werd mich nicht verlieren egal was passiert und stürzt meine Welt auch ein du kannst mich nicht zerstören das kann keiner das kann nur ich allein ich werd dich überleben aber ich werde nie mehr dieselbe sein Ich sitze reglos hier in diesem dunklen Garten und kann nichts anderes tun kann nur noch darauf warten dass meine eigene Welt langsam noch mal entsteht die Stille ist so leer kein Vogel wird mehr singen und mein Herz ist aus Glas wie schnell kann es zerspringen ich bete nur noch dass dieser Tag vergeht Während draußen der Himmel weinte und die schmutzigen Straßen sauber wusch, wie er so manches schwarze Herz von der Sünde rein wusch, passte das traurige und bedrückende Gefühl des Alleine seins gut zur Stimmung, die man dort vermittelt bekam. Zuerst wusste sie nicht, weshalb er das Lied nun angeschaltet hatte, aber da es Katori war, die da sanft wie ein Engel sang, wurde es ihr klar, schon beim ersten Satz, der ihre Lippen hauchend verließ… Sie hatte doch nie bezweifelt, dass es ihr sehr wehgetan hatte, als er sie verlassen hatte. Obwohl der Refrain so aufmunternd klang und ihre innere Stärke bewies, hatte es auch etwas Todtrauriges. Dazu die düstere Stimmung, die ihr verletztes Herz und das Licht im Leben, das ihr verloren gegangen war, andeutete. Kein Vogel wird mehr singen… Sollte das heißen, sie würde niemals über die Trennung hinwegkommen?? Sie gab gegen Ende ganz offen zu, wie zerbrechlich sie war, wenn es um ihn ging. All die Jahre hatte sie das nie bemerkt. Für sie war Katori immer das Zeichen der Stärke gewesen. Das Lied war eine regelrechte Symphonie der Trauer um längst vergangene Zeiten. Der Schmerz, welcher nie mehr vergehen wollte… Dass Rena nun nicht mehr wagte in sein Gesicht zu sehen, zeigte, sie hatte es verstanden. „Ich wusste nicht, dass sie das so runterzieht, sie sieht eben nie so aus.“ „Meinst du, es hat sie beglückt, als wir uns getrennt haben? Sie hängt noch immer vergangenen Zeiten nach – dabei ist es schon solang her, es sind Jahre, aber nichts hat sich verändert. Diese Frau würde ohne Zögern ihr Leben für meines geben, weil sie trotz Traurigkeit immer noch dazu fähig ist, mich zu lieben. Dumm für sie ist nur, dass es keinen Weg zurückgibt und das weiß sie, was sie noch mehr zerstört.“ Ja, es hatte ein bisschen was in ihr zerstört – ihr Herz hatte einen Sprung und drohte ganz zu zerbrechen… Wenn jemand sie zerstören konnte, dann war es Katori selbst, weil sie sich selbst so fertig machte. „Nein!“ Niemals hatte sie gedacht, dass es sie beglückt hatte – wieso war er so zynisch? „Das alles kommt tief aus ihrem Inneren - wie muss es da wohl aussehen?“ Er musste aufpassen, dass sein Mitleid ihn nicht irgendwann auch mal verrückt machte, weil er sie nicht mehr lieben konnte und sie bei ihm keinen Hehl daraus machte, was sie eigentlich noch immer von ihm wollte. „Wenigstens treibt ihre Liebe sie nicht so sehr in den Wahnsinn, dass sie darüber geiert, dich aus meinem Leben zu schaffen, so wie gewisse andere Frauen, deren Namen ich mir nun verkneife.“ Auch wenn sie hochkarätig eifersüchtig war, das hatte sie noch nie dazu hingerissen, seiner Freundin etwas anzutun… Das rechnete er ihr hoch an und ließ ihn Sympathie für sie empfinden. „Die Liebe kann Menschen zu kalten Leuten machen, bei ihr ist das nicht so. Dafür ist sie viel zu nett. Sie würde niemals etwas tun, was dein Leben gefährden würde.“ Dass er damit zugab, sie würde Rena niemals körperliches Leid zufügen, aber seelisches schon, bemerkte er nicht wirklich. Der Himmel war ein einziges düsteres Inferno von weit entfernt. Die Hölle, in die er sich momentan befand, wollte kein Ende nehmen. Deine Augen… Immer noch so klar und rein Süß wie ein junges Mädchen Deine aschfahle, weiße Haut Sie glitzert und schimmert Rein optisch gesehen passt sie nicht Nicht zu deinem entzückenden Kleid Welches im Wind flattert wie die zerbrechlichen Flügel eines Schmetterlings Zu jeder Jahreszeit, die ich mir für die Ewigkeit für uns wünschte Frühling… Die Zeit der Liebe Selbst wenn du diese tief in mir verborgene tiefe Liebe nicht erwidertest Diese stille Qual lauerte mir heimlich und leise auf In der Dunkelheit und ergriff Besitz Sie sollten alles zu Asche verbrennen Auf blutige Art und Weise sollten sie für alles büßen Niemals wieder werden deine hübschen Augen diese wundervolle Dämmerung sehen Selbst wenn ich nun dieses Leben opfere das ohnehin niemals wahr werden wird Auch wenn ich meine Seele zum Tausch anbiete Du erwachst nicht von den Toten Auch nicht mit meinem allerletzten Kuss Wer schenkte dir nur dieses Leben? Wer wünschte sich es zu gebären mit einem solchen leidvollen Ende? Wie oft habe ich dein Gesicht still und heimlich betrachtet, wenn du schliefst Wie lang Bis der zärtliche Hauch uns beide in den Schlaf wiegte Den geschriebenen Text konnte man kaum noch erkennen, da seine Tränen die Tinte bereits stellenweise verwischt hatten. Nichts würde mehr so wie früher sein. Die Leute, die ihre glückliche Zukunft nicht nur zerstört, sondern auch ihr Leben ausgelöscht hatten – er wünschte ihnen allesamt den grausamsten Tod, den man sich vorstellen konnte… Wie oft in den letzten Stunden hatte er darüber nachgedacht, sich einfach aus dem Fenster zu werfen, alles zu beenden? Alle Hoffnung, die sich in ihm aufgebaut hatte bis zuletzt, war mit einem Schlag vernichtet worden. Anscheinend würde es nur einmal regnen und zwar die Nacht hindurch. Als der junge Mann aus dem Fenster schaute, bot sich ihm das schöne Schauspiel von sich im heftigen Wind wiegenden Bäumen. Sie beugten sich der Naturgewalt, waren chancenlos. Er zog den Vorhang zur Seite und konnte so auch vom Bett aus den Regen beobachten. Es war als wenn jemand unendlich trauerte, jedenfalls sah es dem Braunhaarigen so aus. Er setzte sich aufs Bett und begann die Melodie auf seiner Gitarre zu spielen, welche er immer spielte, wenn es draußen in Strömen regnete. Vom Badezimmer aus hörte eine 22-jährige junge Frau ihren so genannten Freund auf seiner Gitarre spielen, traurige Melodie. Akustik-Gitarren machten sie immer ganz sentimental. Sie betrachtete sich schon seit geraumer Zeit im Spiegel, bewunderte ihre Gesichtszüge, ihre glänzenden schwarzen Haare. Je länger sie sich ansah, umso mehr begann sie ihr Spiegelbild zu hassen. Die junge Frau sichtbar im Spiegelglas, das konnte unmöglich sie sein. Hätte sie nicht auf dutzend Schulfotos den Beweis gehabt, dann hätte sie sich vor ihrem eigenen Aussehen gefürchtet. Das erste Mal hatte sie es im Krankenhaus gesehen, gleich darauf den jungen Mann, der gerade Gitarre spielte. Sie könnte schwören, dass sie sich vertraut waren, aber sie hatte ja nicht einmal seinen Namen frei heraus nennen können. Aber das war längst nicht alles – als die Ärztin sie nach ihrem Namen gefragt hatte, konnte sie genauso wenig antworten. Alles war wie weggewischt. Am schlimmsten war das Fernsehen, was man ihr angeboten hatte. Zwar nur fünf Minuten, doch diese hatten ausgereicht, dass sie sich schreiend den Kopf hielt. Alles, was sie jetzt über sich selbst und ihre Familie wusste, hatte man ihr erzählt… Aus irgendeinem ihr unerklärlichen Grund konnte sie diesen Personen jedoch vertrauen. Ihm, dem Musiker, der sie immerhin gerettet hatte, als sie im Regen gelegen hatte. Aber auch dem Polizisten, der sie gleich beim selben Namen genannt hatte, wie er. So war sie wenigstens sicher, dass es auch wirklich ihr Name war. So wenig ihr geblieben war, an eines schien sie sich viel zu genau zu erinnern. Ein Mann mit hoher Stimme, der sagte: Töte deinen Bruder, oder du wirst es bitter bereuen, mein Kind! Zu dumm war, dass sie sich zwar an das Gesicht des Schwarzhaarigen genau erinnerte, jedoch nicht daran, welchen von den beiden er gemeint hatte. Einer von ihnen war in Gefahr und sie konnte nicht sagen, ob ihr Adoptivbruder oder ihr leiblicher Bruder. Wie gern wollte sie sich an die gesamte Konversation erinnern… Oh wie gern hätte sie ihm geholfen... Ob nun ihrem Retter oder ihrem Bruder, es war ganz egal, sie waren beide furchtbar nett zu ihr, schon seit sie im Krankenhaus aufgewacht war. Aber wie sollte man anderen Menschen helfen, wenn man nicht einmal in der Lage war sich selbst zu helfen? Die Klänge hatten aufgehört, übrig blieb nur der Regenfall, der gegen die Scheibe des Badezimmers klopfte und dann seine Schritte. Hart klopfte er gegen die Tür, weshalb sie wenig später heraus kam, er musste gar nichts sagen. „Du warst aber lange da drin, ist dir nicht gut?“ „War alles etwas viel, ich habe Kopfweh… Ich leg mich hin.“ Schon als sie sagte, es wäre alles zu viel gewesen, streckte er die Arme aus und wollte sie in diese schließen, doch da war sie ihm ausgewichen und an ihm vorbei. „Es hat ja auch keiner gesagt, du sollst gleich am ersten Tag ins Präsidium gehen“, warf er ihr hinterher und folgte ihr ins Schlafzimmer. Sie hatte sich auf sein Bett – oder eher ihres, so sicher war sie nicht einmal – gesetzt, es war dunkel, kein Licht brannte. „Das kann nur einer sagen, der mit der Polizei nichts am Hut hat; ich muss doch auf ihn aufpassen…“ Wenn man ihn wirklich töten wollte, dann würde über früher oder später etwas passieren, sie wollte da sein. „Bitte?“ Ein Lachen kam von ihm, er fand es komisch, dass sie meinte ihren Bruder beschützen zu müssen. „Er hat noch nie einen Schutz gebraucht! Und glaubst du wirklich, er lässt sich von einem Mädchen beschützen? Du hast mit seinen Problemen NICHTS zu tun, nicht das Geringste, halt dich da bitte raus!“ „Das kann ich nicht! Ich habe mich für die Polizei entschieden, wie meine Mutter! Ich kann nicht einfach darüber hinwegsehen, was ich weiß.“ „Sie ist nicht deine Mutter“, widersprach er ihr mit etwas erhobener Stimme, „und du bist auch NICHT meine Schwester! Du hattest geschworen, mich nie mehr als deinen Bruder zu bezeichnen… Wir sind keine Geschwister, man hat uns dazu gezwungen, das zu fühlen… Unser Vater hat sich dazu entschieden, er wollte seiner Frau unbedingt ein Kind schenken – die Wahl fiel auf dich, er hat dich ausgesucht wie man ein Tier aussucht und es jemandem schenkt… Nur weil sie dich Tochter nennen, muss ich dich nicht auch Schwester nennen, das wäre ja auch wohl das Allerletzte, nachdem wir nun schon seit so vielen Jahren mehr als Geschwistergefühle hegen.“ Schon im Krankenhaus hatte sie bemerkt, dass er sehr empfindlich auf dieses Thema reagierte. Er hatte wohl Angst, sie könne sich umentscheiden, ihn plötzlich doch wieder verlassen und ihn wieder Bruder nennen. Jetzt, da sie ihr Gedächtnis fast gänzlich verloren hatte, musste es am schlimmsten für ihn sein, sie wusste ja nicht einmal mehr, wie sie für ihn empfunden hatte. All das, was er ihr erzählte, sie erinnerte sich nicht daran. „Ich weiß, ich weiß – so etwas sollte ich nicht sagen. Es tut mir auch Leid, dass ich wohl ständig darauf herumreite, dass du mein Bruder bist.“ So gesehen, war er das ja auch, sie hatten fast ihr gesamtes Leben im gleichen Haus, mit den gleichen Eltern, mit den gleichen Geschwistern erlebt. „Ich BIN nicht dein Bruder!“ Man musste befürchten, dass er gleich ausrasten würde, seine Stimme wurde nämlich noch um ein vielfaches lauter. „Also sag es nicht immer so!“ „Schrei doch nicht… Ich weiß, dass du die Tatsachen gerne verdrehen möchtest. Muss man blutsverwandt sein, um jemanden als Bruder zu bezeichnen? Ich denke, du kennst die Antwort.“ Sie war eben anderer Meinung, wieso versuchte er immer wieder, sich daran zu klammern, dass sie gar nicht seine Schwester war, fühlte er sich dann besser? „Uns kann keiner verbieten zusammen zu sein, was unsere Eltern nicht daran hindert, es dennoch zu versuchen. Sie versuchen es jedes Mal wieder… Und am Ende stehe ich wieder als missratener Sohn da – was ich ihrer Meinung ja schon alleine deswegen bin, weil ich nicht nach Vaters Pfeife tanzen wollte.“ Ihrer Meinung nach hätte er studieren sollen, am besten Jura. Wie gut konnte er Kimiko verstehen, sie hatte ein ähnliches Schicksal erlitten. „Liegt das nicht in der Familie?“ Mitsuki schüttelte den Kopf. „Yui hat es doch genauso gemacht.“ „Bei ihr ist es ihm aber egal. Ihm ist egal, was das Kind seiner Geliebten tut, er hat sie nie als seine Tochter anerkannt. Dass er sie trotzdem geschlagen hat, hat andere Gründe. Er hätte sie gerne ausradiert. Ihre Mutter hat sie ihm ja auch aufgezwungen, weil sie kein Kind gebrauchen konnte, leider war es schon da und meine Mutter hatte Mitleid mit dem armen Kind. Auf meine Mutter ist wenigstens Verlass, mein Vater ist ein Mistkerl.“ Dass sie in dem Punkt ihren Kopf gegen den Hausherrn hatte durchsetzen können, war ihm noch immer ein Rätsel, obwohl er sich noch an den Abend erinnerte. Seine liebe Mutter hatte sich die gesamte Nacht und den nächsten Tag über um Yui-chan gekümmert. Sie hatte ihr ja auch den Namen gegeben, es war ihr Kind, auch wenn sie es nicht geboren hatte. Obwohl sie aus einer Affäre ihres Mannes mit einer reichen Frau hervorkam, hatte sie das unschuldige Kind niemals dafür verteufelt, das hatte sein Vater zur Genüge getan, da so sein Seitensprung aufgedeckt worden war. Der angesehenste Anwalt der Gegend hatte eine Affäre mit einer reichen Geschäftsfrau. Wie ein Lauffeuer hatte es sich über der Stadt verbreitet, ab diesem Zeitpunkt hatten seine armen Kinder nichts mehr zu lachen, aber am wenigsten Yui, immerhin stammte sie von einer inakzeptablen Frau ab. Vergleichbar mit einer Professionellen… „Was du über ihn erzählt hast, reicht mir, es ist besser wir reden nicht über ihn, lass dich von ihm nicht runterputzen. Er sollte sich schämen, seine Familie so schändlich zu hintergehen, zumal sie zu dem Zeitpunkt schwanger gewesen sein muss. Es gehört schon ziemlich viel dazu, seine schwangere Frau mit einer anderen Frau zu betrügen. Er hätte ihre Gefühle genauso gut mit Füßen treten können. Du würdest doch niemals so etwas tun? Du würdest keiner Frau so etwas antun?“ Die Frage traf ihn doch etwas heftig, er senkte den Blick, um ihren Augen auszuweichen. „Wie kommst du überhaupt auf die Idee? Natürlich würde ich dir so etwas niemals antun!“ Empört in seiner Stimmlage richtete er nun sein Gesicht auf sie und hob mit dem Zeigefinger ihr Kinn an. „Es ist nun schon acht Jahre her, meinst du nach all den Jahren würde ich dich noch verlassen?“ Sein Herz klopfte wie wild, es war nicht einfach für ihn, sie so zu belügen. Aber dass sie ihr Gedächtnis verloren hatte und sich an ganz bestimmte Dinge nicht erinnerte, die vorgefallen waren, war ihm nur Recht. Mittlerweile schlug die Uhr Mitternacht, doch am Wetterumstand hatte sich rein gar nichts geändert, noch immer regnete es in Strömen, so dass die Lokale und Restaurants überfüllt waren. Viele waren schlichtweg ins trockene geflüchtet. Der 26-jährige guckte hinaus, und sah wie an den Fenstern die Tropfen regelmäßig in Schlangenlinien über das Glas liefen. Der Sturm hatte einen Mülleimer umgeworfen, so dass sich der ganze Müll auf der Straße niederlegte. Langsam könnte es mal aufhören zu regnen, aber er störte sich gerade wenig daran, er hatte seinen Jack Daniels, welchen er an der Bar trank. Es waren seit er gekommen war, kaum Leute gegangen. Sie mieden den Regen, eigentlich war es auch nicht mehr wirklich nur Regen, sondern ein regelrechter Sturm, denn Schirme nutzten schon lange nichts mehr. Er hatte weder einen Schirm dabei noch wasserfeste Klamotten. Wenn er raus ginge, wäre er im Nu durchweicht, selbst wenn er nur zu seinem Auto musste. Nach langer Zeit hörte man endlich mal wieder die Tür. Eine gut aussehende, dunkelbraunhaarige Frau trat direkt hinter ihn und verlangte einen Cognac zum aufwärmen. Auch sie war vom Regen erwischt worden, er schielte nach hinten. Offene Schuhe… Kurzer Rock… Sie musste total durchgefroren sein. Warum kam sie erst jetzt? „Um Gottes Willen waren Sie bei dem Wetter etwa noch draußen?“ wollte der Kellner wissen und rannte um die Theke herum, kümmerte sich gleich um die hübsche Frau. „Ich bin mit dem Auto gekommen; ich bin okay! Ich bin auch nicht aus Zucker und werde nicht zerlaufen.“ Irgendwoher kannte er die Stimme. Sie veranlasste die Leute auch sofort zum Tuscheln, das hörte er ganz genau, wie sie alle über sie sprachen. Jetzt wollte er es auch wissen und drehte den Kopf ganz zu ihr. Obwohl er ihr Gesicht nur von der Seite sah und ihre Haare es halb bedeckten, durchfuhr es ihn wie ein Blitz, er wäre beinahe aufgesprungen, als er sie erkannte. „Wie wäre es mit einem schönen heißen Sake?“ „Nein danke, ich möchte einen Cognac!“ beharrte sie, weshalb die Leute noch mehr tuschelten, was aber kein Wunder war. Sie war nicht unbekannt, weshalb es wohl auch so schockierend war, dass eine solch hübsche Frau nach einem Cognac verlangte. „Na gut, kommt sofort. Ganz hinten ist noch ein Tisch frei, direkt am Ofen.“ Man hörte ihre Absätze, sie ging elegant zum empfohlenen und ließ sich an diesem nieder. Ihre Jacke wurde von einem Bediensteten entgegen genommen und auf einen Bügel in der Garderobe fein säuberlich aufgehängt. Man versuchte besonders zuvorkommend zu sein. Die Frau, welche keinesfalls als Japanerin durchging, schlug eins ihrer Beine über das andere und gab für die Herrn des Lokals einen netten Blick auf ihre Beine frei, so dass auch ihr Bekannter sie mit gierigen Blicken auffraß, aber auch etwas bewunderndes im Blick hatte. Er zögerte nicht lang, nahm seinen Jack Daniels und ging zu ihr hinüber. Seine Schuhe trugen noch immer Wasser quer durch den Raum, der Boden war längst voller Fußabdrücke. „Ist der Platz noch frei?“ fragte er äußerst charmant, weshalb die Dame ihm ihren Blick schenkte. „Bitte.“ Den Stuhl zurechtrückend, ließ er sich auf diesem nieder und grinste ihr entgegen. Dass die Gäste erneut intensiv tuschelten, war kein Wunder, kaum einer hätte es gewagt, sich zu ihr zu setzen. Sie sah schon aus, als käme sie aus gehobenen Kreisen, jedenfalls ließen ihre Kleidung und ihr Schmuck darauf schließen. Doch das täuschte, sie war schlichtweg hineingeraten. „Schickes Outfit, was würde dein Bruderherz nur dazu sagen?“ meinte der Gleichaltrige mit einem leicht schelmisch wirkenden Blick, was der weiblichen Person am Tisch aber auch verriet, dass er sie erkannt habe musste. „Er würde sagen: Willst du, dass die Männer dich bei lebendigen Leibe auffressen?!“ Sie zuckte mit den Schultern, sie war ungern ein braves Mädchen. „Warum Verkleidung? Wieso Namensänderung?“ flüsterte er, zwischen ihnen und dem nächsten besetzten Tisch waren einige Meter, so dass man sie nicht hörte. Sie beugte sich leicht über Tisch, was für alle Insassen geradezu nach „Skandal“ schrie. Eine Frau wie sie und ein Mann, sie kamen sich näher, es würde mit Sicherheit in allen Zeitungen stehen. Dabei waren Leute wie Chris Vineyard für solche Dinge eher zuständig, als sie. Sie hatte sich bisher immer benommen und sich um ein reines Image bemüht. Ihr sein Ohr hinhaltend, sah es aus, als wollten sie flirten, dabei war sie nur dabei ihm seine Frage zu beantworten. „Das solltest du am besten wissen, weshalb. Du kennst mich schon so lang’… Eigentlich weißt du es doch schon, nicht wahr?“ „Ach, so ist das“, es war amüsant, sie lachte innerlich sicher über ihn, dass er sie noch fragte. „Ich dachte schon, du hättest den Berufszweig geändert.“ Es war albern, so etwas passte nicht zu ihr. „Ach, so wie du? Nein, da muss ich dich enttäuschen, so viel gemeinsam haben wir nicht. Ich bin meinem Beruf treu geblieben, das wird sich auch so schnell nicht ändern.“ Dass sie sich in die High Society schleichen könnte, war ein Fakt, sie kam aus einer gut angesehenen Familie und war doch überhaupt nicht daran interessiert, zum Spießer zu werden. „Du bist also noch immer Detektivin“, was wie eine Feststellung klang, war der Anfang einer Frage an sie. „Könntest du mir vielleicht einen Gefallen tun?“ „Welchen?“ Bevor sie nicht wusste, um was es sich handelte, würde sie weder annehmen, noch ablehnen. „Meine Verlobte war in eine Sache verwickelt und ich weiß nicht, was ich glauben soll. Es sind so viele Dinge passiert – könntest du sie beschatten? Und ein bisschen auf sie Acht geben? Das wäre ein sehr großer Gefallen. Ich bin leider nicht immer da und kann nicht immer selbst auf sie Acht geben, sie ist noch jung und gerät zu gern in irgendwelche Sachen. Ich will gern wissen, ob sie vielleicht irgendwelche Geheimnisse vor mir hat… Es ist nicht so, dass ich ihr nicht vertraue, das wäre albern, aber es gibt sicher etwas, was sie mir nicht sagt.“ „Du willst deine Verlobte ausspionieren? Das ist ganz schön frech, sollte sie das rauskriegen – wie würde das denn aussehen?“ Es würde aussehen, als wenn er ihr misstraute. Sie hätte nicht gedacht, dass er solche Angst hatte. „Ich kann ihr diese Fragen nicht stellen – sollten meine Vermutungen nicht zutreffen, wäre das ein ziemlicher Vertrauensbruch und bei weitem schlimmer, als wenn du sie ein bisschen im Auge behältst.“ „Was müssen das für Vermutungen sein, dass du es nicht selbst wagst, sie danach zu fragen…“ Es war nur ein schlichter Gedanke, den sie hegte, er glaubte seine Beziehung damit kaputtzumachen, was konnte man einem Menschen unterstellen, dass er solche Konsequenzen zog. „Was ist es, was du ihr zutraust?“ „Mittäterschaft bei einem Mord.“ Das waren schon ziemlich heftige Anschuldigungen. Würde ihr Freund oder Verlobter – ganz egal – ihr so etwas zutrauen und es wäre eine haltlose Anschuldigung würde sie wohl auch ziemlich sauer werden. „Das ist eine ziemlich derbe Anschuldigung… Was an dieser Frau gibt dir den Grund zu dieser Vermutung?“ Es musste ja einen Grund geben, dass er ihr das zutraute. Nur weil er detektivische Fähigkeiten besaß, hieß das noch lange nicht, dass er einfach so einen Menschen verdächtigte, da Detektive in jedem einen Verdächtigen sahen. „Mal ganz davon abgesehen, dass die Verstorbene wie ihre Schwester, die sie hasst, aussieht, war sie über ihre Tod nicht sonderlich traurig – sie lehnt es sogar ab, auf ihre Beerdigung zu gehen. Sie sollte mich begleiten, was normal gewesen wäre, da sie Kolleginnen waren, aber sie wehrt sich vehement dagegen. Darüber hinaus ist sie ein eifersüchtiges Biest, das bei jedem Anzeichen von Untreue in die Luft gehen möchte. Bei meinem Ruf nachvollziehbar, aber im Fall der Toten doch sehr übertrieben. Ich weiß nicht, ob es nicht doch daran liegt, dass ich etwas mit ihrer Adoptivschwester hatte, bevor wir zusammen kamen, oder es an etwas anderes liegt. Ich kann das alles noch nicht so wirklich fassen. Ihr Bruder ist bei der Polizei und hat bei dem Fall mitgewirkt. Und meine Verlobte benimmt sich seitdem total komisch, sie versucht mich auch von ihm fernzuhalten. Auch hatten sie kurz vor dem Todesfall einen ziemlich heftigen Streit. Es gibt so vieles, was mir durch den Kopf geistert und ich fände es doch weniger schön, wenn die Frau, die ich plane zu heiraten, in einen Mordfall verwickelt wäre…“ „Oh – an ihrer Stelle würde ich meine Schwester auch hassen… was muss diejenige abgebrüht sein…“ „Es ist viel schlimmer, als du denkst! Obwohl’s schon so lang’ her ist, hat es seine Spuren hinterlassen. Ihre Schwester hat es total übertrieben. Wir waren zwar kein Paar, doch hat sie es so aussehen lassen und es meiner Verlobten bei jeder Gelegenheit dick unter die Nase gerieben. Ich kann von Glück reden, dass ich rechtzeitig erkannt habe, was gespielt wurde. Manchmal glaube ich, dass ihre Schwester mich nur wollte, um ihre kleine Stiefschwester zu triezen.“ „Du stehst wohl auch darauf, benutzt und gequält zu werden, oder? So was selbst zerstörerisches aber auch, bist du denn immer noch nicht erwachsen geworden?“ „Ich fahre überhaupt nicht darauf ab, benutzt und gequält zu werden und noch weniger kann ich es leiden, wenn man andere versucht mit mir zu quälen. Ich kann ihre Schwester nicht leiden. Wie kann so ihrer Schwester so was antun? Hat die kein Gewissen? Und dabei ist mir ziemlich egal, dass sie als Kind mal versucht hat sie mit einem Kissen zu ersticken! Bei so einem Miststück wundert mich das auch nicht mehr und ich kann ihr nicht einmal böse sein! Es wundert mich nur, dass sie nicht mal versucht hat sie mit einem Küchenmesser zu erstechen, nachdem sie ihr reingewürgt hat, wie toll ich bin, wie sehr sie mich anbetet, und noch ganz andere Sachen, die andere nichts angehen… Aber zu weit gegangen ist sie, als sie ihr offenbarte, dass wir heiraten wollen. Daran hatte ich überhaupt kein Interesse, sie hat das alles erfunden. Es hat nur alles schlimmer gemacht. Ihre Eltern waren weniger begeistert, dass ich mit einer 17-jährigen zugange war. Und da ihr Vater sie sowieso für eine Hure hält, habe ich nur alles fein bestätigt. Dieses kleine Miststück hat alles brav so gedreht, als hätte ich sie mit ihr betrogen. Und ihr Bruder hätte mich damals fast vom Balkon gestürzt deswegen.“ Er war also von dieser Frau regelrecht ausgespielt worden, es war wohl nicht besonders toll zu erkennen, dass man reingelegt worden war. „Ich frage nicht nach, was die anderen Dinge waren, die sie rumposaunt hat, ich denke mir einfach meinen Teil, das wird in deinem Sinne sein. Aber irgendwie hast du das verdient. Hast du früher Frauen benutzt, so hast du wenigstens erfahren, wie es ist.“ Es war ja nicht einmal böse gemeint, aber verkneifen konnte sie sich das Ganze nicht wirklich. „Was muss das bitter sein, mhm? Und ich dachte, du lässt dich nicht verarschen.“ „Ich weiß auch nicht, wie ich auf sie fliegen konnte…“ Außer ihr etwas nettes Aussehen fiel ihm da nichts ein, was sie attraktiv für ihn gemacht hatte. „Also gut – ich kenne jemanden, der sie etwas im Auge behalten kann, ich bin leider total ausgelastet. Sie ist bei meinem Bruder in den besten Händen, er wird sie mit Argusaugen beobachten, darauf kannst du Gift nehmen.“ Es hätte die Leute im Lokal sicher total interessiert, was sie sprachen, doch flüsterten sie noch immer, ungehört und geheimnisvoll, was es jedoch noch spannender machte, sie belauschen zu wollen. „Ihren Namen musst du mir aber schon noch verraten, ich erzähl’s auch nicht weiter – will dir ja keinen Skandal andichten.“ „Ach komm, du weißt wie ich, dass es unnötig ist, den Namen auszusprechen, wenn du willst, findest du den selber raus. Wozu bist du Detektivin? Und dazu noch eine richtig gute, ich würde dir jeden Fall anvertrauen.“ „Aber einen Gefallen soll ich dir tun… Wenn du vermeiden möchtest, dass ich dir folge und in euer Schlafzimmer gucke, sag ihn lieber gleich…“ Sie würde im Zweifelsfall auch so etwas tun, in seinem Fall war es aber eher nur Spaß. „Sie ist die Schwester vom Sänger der Band IRON KISS“, verriet er ihr, aber nicht weil er Angst hatte, dass sie ihn beobachten würde, das wäre ihm im Grunde bloß Recht gewesen. „Mhm… Du klebst seit 3 Jahren an ihr, das ist schon lang.“ „Nein, falsch – ich klebe seit 5 Jahren an ihr, vor 3 Jahren habe ich in den sauren Apfel gebissen… Deine Schlussfolgerungen lassen nach.“ „Das war keine Schlussfolgerung, sondern blind geraten, immerhin hast du von einer 17-jährigen gesprochen, mittlerweile ist sie aber gar nicht mehr so klein. Sie ist volljährlich und komplett strafmündig. In einem Mordfall hättet ihr wenig zu lachen. Ich hoffe, dass du der Polizei nicht irgendwelche Indizien vorenthalten würdest, das würdest du bereuen. Mit solchen Leuten verfahren sie besonders hart, du verstehst mich, oder?“ „Glaubst du allen ernstes, dass ich sie ans Messer liefern würde??“ „Irgendwie bezweifele ich das – nachdem du sich mit ihren Eltern angelegt hast.“ Ihre Menschenkenntnis hatte sie außerdem noch nie im Stich gelassen.“ „Ihr Vater wollte mir damals die Polizei auf den Hals hetzen – weil ich sie bei mir versteckt hatte. Die Anschuldigungen waren: Verführung Minderjähriger, Kindesmissbrauch, Entführung und Freiheitsberaubung.“ „Kindesmissbrauch an einer 17-jährigen??“ Sie war entsetzt, auch wenn Väter in dem Punkt wohl ziemlich drastische Methoden hatten. „Und welche Art von Nadel hast du ihm zurückgeschickt, um ihn zu pieksen?“ „Körperverletzung… Er hat sie so sehr verprügelt, dass er mit seinen Anschuldigungen nicht durchkam, denen war schnell klar, dass ich sie nur bei mir versteckt hatte, weil er sie körperlich gezüchtigt hatte. Das einzige, was mir wehtat, war der Fakt, dass sie gegen den Willen ihrer Eltern mit einem Mann zusammen war, der um einiges älter als sie ist, damit konnten sie mir leider auch eins reinwürgen. Und dann kam er auch noch mit einstweiliger Verfügung an… Waren keine netten Zeiten…“ Wenigstens konnte ihnen nun endlich niemand mehr was, ihre Eltern hatten nun überhaupt nichts mehr zu melden, sie hätte sowieso immer getan, was sie wollte, egal ob man es ihr verbot. Die 26-jährige hatte wenig Lust, Dinge herauszufinden, die ihnen mehr schadeten, als ihnen am Ende hilfreich sein würden, aber es war auch ihr Job, Ungerechtigkeit zu verhindern. Und wenn die Kleine was mit einem Mordfall zu tun hatte, würde er dabei auch weniger gut wegkommen. „Ich hoffe für dich, dass sie nichts damit zu tun hatte, zumindest nichts, womit sie sich strafbar machen würde. Und dass du nicht in die Lage kommen magst, sie decken zu müssen. Das wäre der Anfang vom Ende…“ Es waren nun fast zehn Minuten vergangen und der Cognac kam, sie würde nie mehr hierher kommen. Zehn Minuten für einen Cognac, was hatten die denn für Probleme? „Ging das nicht schneller? Maulaffenfeil halten war wohl wichtiger als das Bedienen der Geste“, meinte sie zu dem Kellner, der sich bestimmt 10-mal bei ihr entschuldigte, dass es solange gedauert hatte. Ein 19-jähriger Junge hatte keine ruhige Nacht mehr. Als er die Tür passiert hatte, sah er Blut am Boden und Iwamotos Mutter mittendrin. Die Treppe hinaufsteigend sah er das nächste Blutbad, diesmal sein Vater mittendrin. Er sah sofort, was Caprino wohl getan hatte. Es stand in dem Moment für ihn fest, dass er ihm zumindest das Leben retten musste, ganz anders als das, was nun unwiderruflich verloren sein würde… Es war eine weitaus schlimmere Strafe, als ihn nun sterben zu lassen… Trotz allem – auch wenn er ihn nicht einmal mochte – würde er ihn nicht einfach liegen und verbluten lassen. Hätte er nicht Caprino und Vespolina damit beauftragt, das Kind zu retten, würde sein Vater längst nicht mehr leben. Die wenigsten, die Jamie mochten, hätten ihn verschont und schon gar nicht Carpano und Cinzano – ebenso wenig hätte Cencibel oder Plavac ihn leben gelassen. Sie hätte ihn wohl auch eiskalt einfach abgeknallt. Auch im Zimmer des Jungen war es dunkel. Obwohl es bereits nach Null Uhr war, schlief er nicht, wie Ran dachte; er hatte sich schlafend gestellt und blätterte in einem Buch, auf der Suche nach der Wahrheit. Letztendlich hielt er es nicht mehr aus und er wusste auch, dass irgendetwas da drin stehen würde, was ihn todsicher interessierte – Sachen über die Organisation. Sicherlich würde es ihn länger fesseln. Auf Seite 40 fand er zufällig gleich einige Sachen, die ihn doch mehr interessierten. 14. April Rena hat eine Möglichkeit gefunden, die Regeln zu umgehen… Vielleicht wird doch bald alles wieder gut? Es nervte ihn ein wenig, dass sie es so umschrieb, aber aus solchen Worten konnte man ja schon folgendes schließen: Rena hatte einen Plan geschmiedet, um die Regeln innerhalb der Organisation zu umgehen. Als er weiter las, klopfte sein Herz gleich heftiger. 15. April Wir wurden belauscht… Kenichi weiß alles! Nur durch Renas Hilfe konnte ich verhindern, dass man IHN tötet… Ich fühl mich schrecklich. Und ich dachte, es würde alles gut werden. Ich weiß jetzt endlich, weshalb so viele Paare zerrissen werden. Es ist eigentlich immer dasselbe… Ein Wort von ihm zur Polizei und wir sind BEIDE tot! Ich hatte noch nie so viel Angst, noch nie kamen die Tränen so fürchterlich aus meinen Augen geschossen… Ich denke, es hat gewirkt. Kenichi war wohl auch ein Organisationsmitglied… Mit IHN war wohl Kimikos Freund gemeint. Rena hatte ihnen geholfen. Er wollte zur Polizei gehen und sie versuchte es zu verhindern, auch indem sie ihm Tränen vortäuschte, so ein böses Mädchen. Und er ließ sich von ihr erweichen… Darauf folgte eine Pause von 4 Tagen, bevor wieder etwas spannendes für den 8-jährigen kam. 20. April Neue Regeln, neues Glück? Ich werde ab jetzt nicht mehr widersprechen, nie wieder… Ich mische mich auch nirgendwo mehr ein. Hatte sie irgendetwas für die Organisation Schändliches getan? War es das, was Rena geplant hatte und sie hatte mitgewirkt? Ein sicheres Todesurteil. 25. April Katori ist ein Mitglied der Organisation… Ich weiß nicht, ob ich lachen oder heulen soll. Mich freuen oder trauern? Sie ist so ein netter Mensch, immer freundlich und fürsorglich. Ich kann nicht glauben, dass sie vor meinen Augen… Eine gewisse Katori hatte sich ebenfalls als Organisationsmitglied entpuppt und so wie es sich las, war sie ebenfalls eine Mörderin… Eines war ihm suspekt: Sie nannte die Personen stets beim Vornamen. Zu gerne wollte er wissen, wie sich innerhalb dieser Bande schellten… Ihre Codenamen… Ihre Alkoholsorten… Katori und Kenichi – was man wohl über sie herausfinden konnte? Er würde sich erst einmal an SHERRY wenden… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)