Dunkelforst
Disclaimer : Diese Fic ist eine Huldigung am Elsteryns 'Märchenwald'.
Er ist zum Niederknien schön.
Dunkelforst beruht auf ihrem Kapitel 8, das zu lesen ich
nur dringend empfehlen kann.
Widmung : Märchen-Queen Elsteryn
Dunkelforst
‚Wie Du befiehlst. Es geschehe.’
Ich senke den Kopf, erweise meinen Gehorsam.
Sein Wille. Alles, was zählt. Alles, was entscheidet.
Sein Wille. Der Unterschied zwischen Leben und Tod.
Unserem Leben - und dem Tod der Wanderer.
Noch immer kommen sie, den unheimlichen Forst herausfordernd.
Ihn bezwingen wollend. Ihn… und ihre Angst.
Getrieben von Gier. Gelockt von den Wenigen, die er hat ziehen lassen.
Reich beschenkt mit Gold und Geschmeide – und ihrem Leben.
Ahnungslos sind sie, aber nicht unschuldig.
Sie wollen tauschen. Kurze Momente des Schreckens gegen unermesslichen Reichtum immerdar. Geopfert haben sie die Reinheit ihrer Seelen.
Feilgeboten auf dem hohlen Altarstein der Habsucht.
Und so mag ich sie nicht schützen.
Mag mich nicht erheben für sie - gegen ihn.
Gegen den dunklen Herrscher des dunklen Waldes.
Gegen das schwarze Herz, dessen Pochen meine Schritte treibt.
Mich treibt, sie zu suchen. Mich ihnen zu zeigen.
Ihnen zuzuraunen. Sie zu reizen. Zu foppen. Zu necken.
Durch nichts als mich.
Was sie daraus machen… ist mein Ansinnen nicht.
Fata Morgana, Verheißung in der Not, Erleuchtung der Nacht… bin ich nicht.
Ich bin Sein. Seit Ewigkeiten.
Stark wie eine Löwin, treibe ich doch wie ein Segel.
Seine Launen bestimmen die Richtung. Sein Blick das Ausmaß.
Das Heben einer Augenbraue den Moment.
Mein Wille ist der seine geworden. Immer tiefer eingesunken ist er in mich.
Durchdrungen bin ich vom Odem seiner Allmacht.
Gefangen, verstrickt, verwoben. So untrennbar. So unbarmherzig.
Und so willfährig. Denn ich bin das Segel und der Sturm.
‚Meine Schönste’ nennt er mich.
Und so sehen sie mich nahen, wollen vertrauen, wollen nicht glauben, dass ich komme, ihnen das Leben zu nehmen.
Flehentlich werden Hände erhoben, seufzend um Gnade gefleht, leise hauchend zu meinen Füßen gebettelt.
Lächelnd, sehe ich sie nicht.
Denn wir leben durch sie. Der dunkle Herrscher und ich.
Und käme dereinst der Held, reinen Herzens und im flammenden Licht, wäre der Dunkle nur umso dunkler. Der Starke noch stärker, der Grausame noch grausamer.
Und ich würde weiter treiben. In der gleißenden Helle des flammenden Lichts –
und angezogen vom samtig glänzenden Schwarz.
Du bist mein Gebieter, Dunkelforst.
Menschen. Wesen.
Menschen. Wesen.
-für kissos-
Und so ziehen wir in die Stadt, der dunkle Herrscher und ich.
Strahlender Glanz umgibt ihn und seinen Schimmel. Die zierlichen Hufe klappern einen auffordernden Rhythmus auf das Pflaster.
Wie die Klänge eines Schlangenbeschwörers alarmieren sie auch die Geschäftigen, lassen sie aufschauen zu ihm.
Anbetungswürdige Schönheit lässt den Menschen den Atem stocken.
Und so fällt auch der Letzte in seinen Bann, gelockt vom Tänzeln des Schimmels.
Und die Satanskreatur, die unter dem weißen Fell unvorstellbare Boshaftigkeit verbirgt, scheint den Genuss des Herrschers zu teilen.
Mir mal das eine, dann wieder das andere Auge zeigend, beim koketten Tun…
unverhüllte Vorfreude blitzt aus ihnen.
Und ich weiß, dass das wunderhübsche Pferdchen nichts lieber tut, als Finger abzubeißen. Arglose Streichelhände zu zerfleischen, wenn der Herrscher es duldet.
Mit den kleinen, steinharten Hufen Knochen zu brechen, kaum dass keine Täuschung mehr nötig. Um sich dann auf den Leibern zu wälzen, alle Viere in wildem Entzücken hochgereckt strampelnd, triumphierend wiehernd. So schrill im Klang, dass alles Schöne auf einmal zerfällt.
Der Graue und ich, wir bleiben auf unserem Platz. Die linke Flanke deckend, aber doch etwas hinter ihm. Denn wir würden den Glanz trüben. Sind wir auch edel von Gestalt, so sind wir doch Todesbringer auf den ersten Blick.
Gelassen schauen wir geradeaus, wohl wissend, dass unsere Stunde noch kommt.
Der Stahl auf meinem Rücken ist kühl wie unser Blut.
Wir treiben kein falsches Spiel. Wir täuschen nicht.
Der Graue lockt keine Streichelhände. Er schreckt die Menschlein allein durch seine Größe, die Metalldornen auf seiner Stirn und an seinen Fesseln.
So ist er ein fast lichtloser Schatten hinter der Alptraummähre in ihrer weißen Pracht.
Und wie die Herrlichkeit des dunklen Herrschers irreführend blendet, wie sein Haar wie mit Feuer übergossen scheint, seine Kleider seidig schimmern…
so dunkel bin ich in schwarzem Leder hinter ihm.
Das Jagdwams bedeckt die Brust nur halb, aber die Verheißung ist nicht augenfällig.
Zu hart sind die Muskeln meiner Arme und Beine. Zu dräuend die Dornen an meinen Armbändern. Und zu abgenutzt das Leder, das die Waffen hält.
Es scheint ihm nicht genug, so allein als Rattenfänger. Ohne sich im Sattel zu drehen, raunt er mir zu.
‚Öffne Dein Haar, meine Schönste und löse den Schleier. Sie sollen sich an uns berauschen. Ihre Gier soll sich entfachen, auf dass unsere Beute reichlich sei.’
Ich tue, wie er mir befiehlt. Die silbrigen Flechten fallen schwer auf meinen Rücken.
Und ich sehe, was er bezweckte, geschieht.
Die Menschenwesen sind entzückt. Sie verfolgen uns mit ihren Blicken, sehen uns langsam zum Nordtor hinaus reiten. Sehen, wie die Sonne den Horizont berührt, alles in Kupfer explodiert und sie vergessen alle alten Sagen und Mythen.
Sie wissen nichts mehr von Gefahr. Sie gieren nur nach verbotenen Früchten.
Und später, in der Nacht, da kommen sie aus dem Schutz der Stadt heraus geschlichen. Kommen zu uns, Ekstase suchend. Der Reiz der Heimlichkeit macht sie trunken wie Wein.
Und dann, wenn die Mähre befreit wiehert, wenn der Herrscher seine Opfer fordert, werden sie die Augen nüchtern aufreißen. Werden sich umschauen, nach Fluchtwegen suchen. Sich gegenseitig umstoßend davon hasten… aber es nützt nun nichts mehr.
Denn ich bin die Jägerin des dunklen Herrschers.
Jeder Weg ist verstellt durch den Grauen und mich.
Die Treibjagd beginnt.
Und am Morgen ziehen wir weiter, der dunkle Herrscher und ich.
In die nächste Stadt. Zu den nächsten Menschenwesen.
Heldentum.
Heldentum.
-für kissos-
Er schaut auf die Weite. Sirrend entlädt sich die Hitze. Legt Wellen über die sanften Hügel aus Sand. Wieder und wieder. Legt sich ermüdend auf die Seelen.
Auch auf seine? Hat er denn eine? Ich weiß es nicht.
Ich stehe und warte.
„Geh los und hole mir… was ich begehre. Eil Dich.“
Matt klingt seine Stimme. Lange schon hat er verzichtet. War es wohl müde… irgendwie. Übersättigt, bei all dem steten Hunger.
Seine Kraft ist unermesslich. Jahrhunderte könnte er so überdauern. Aber warum sollte er warten? Seine Wünsche sind mir bekannt… und so eile ich, sie zu erfüllen.
Die Hufe des Grauen klingen seltsam dumpf auf dem Mosaik des Vorhofs. Berühren sie die vielen kleinen Steine überhaupt? Oder werden sie abgestoßen von dem allgegenwärtigen Weiß? Dem trügerischen Zuviel der reinen Farbe. Dem falschen Symbolismus. Perlweiß, schneeweiß, strahlendes Weiß… so grell, dass es mit Silber konkurriert. So prachtvoll, aber ohne jede Wärme. Wie der ganze Palast.
Vor uns liegt das zeitlose Sandmeer. Ungezählte Wellenberge. Und Tal um Tal.
Heißes Grab für Verirrte. Brennender Vorgeschmack auf die Hölle.
Und doch so schön in seiner belanglosen Gleichheit.
Weit ausgreifend die Sprünge des Grauen, ohne eine Spur im Sand zu hinterlassen.
Ohne unziemliche Hast. Genau zur rechten Zeit die Stadt erreichend.
Die Abendröte ist zögerlich dem intensiven Blau der aufkommenden Nacht gewichen.
Langsam werden die schweren Tore geschlossen. Gewähren vermeintliche Sicherheit für die Einwohner. Und für ihre Gäste, die durchreisenden Karawanen, die fahrenden Händler. Welch ein Irrtum, denn heute bin ich hier bei ihnen. Geschickt, um ein Opfer zu erwählen.
Suchend gleitet mein Blick über die hastenden Wesen. Rasch eilen sie umher, noch
eine gute Mahlzeit, eine Unterkunft erheischend… oder eine vergnüglichen Unterhaltung für die lange Nacht.
Ein Platz gesäumt von Säulengängen und kleinen Tavernen. Licht und muntere Weisen laden zur Einkehr. Eine kleine Gruppe junger Burschen um einen Brunnen. Müßiggänger, noch unentschlossen, wie das Vermögen der Väter zum eigenen Vergnügen dienen soll in dieser Nacht. Sie ahnen nicht, dass diese Nacht alles ändert. Einer von ihnen ist zum Helden erkoren. Die Jagd ist eröffnet.
Und der Graue gibt das Zeichen.
Ein Laut wie ein Trompetenstoß. Seine Nüstern noch gebläht, bleibt er stehen wie ein Denkmal. Unbewegt, bietet er mich ihren neugierigen Blicken dar.
Meine Arme haben die Zügel längst sinken lassen. In einer stummen Bitte hebe ich sie leicht an, unbestimmt der Gruppe entgegen. Wer wird eilen, mir vom Pferd zu helfen?
Einen Herzschlag lang zögern sie. Spüren sie die große Gefahr? Oder sind sie nur irritiert durch den ungewohnten Anblick?
Die tugendhaften Mädchen der Stadt zeigen nicht so viel Haut. Und nie wären sie allein geritten. Selbst die Dirnen geben sich nicht so selbstbewusst.
Ihre Augen irren zwischen den Waffen und den Perlen umher. Das Leder oder der leichte Schleier, was fesselt sie mehr?
Der Mutigste fasst sich ein Herz. Entschlossen, es den anderen Burschen zu beweisen, tritt er heran und fasst meine Taille. Sanft hebt er mich herab, hält mich eine Wenigkeit länger als erforderlich. Schaut in meine Augen, murmelt eine oft geübte Artigkeit über ihre Schönheit. Und geleitet mich dann zu einer der Tavernen.
Bietet mir schwellende Polster als Ruhestatt und nimmt selbst mit dem Boden neben mir vorlieb. Verbringt die nächsten Stunden wie im Rausch. Wähnt sich als der Erwählte. Prahlt vor seinen Freunden.
Einen Kelch dunkelroten Weins in der Hand, schaue ich auf ihn hinab.
Wiederum erstaunt, wie leicht doch die dunklen Stricke zum Netz sich verweben.
Unsichtbare Fesseln sich um seine jungen, kraftstrotzenden Glieder legen.
Ahnungslos balzt er noch, dabei ist er längst verfallen.
Gehauchte Komplimente. Schon atemlos vor Gier. Wein herunterstürzend. Durst unstillbar wie sein Verlangen. Seine Finger haschen jedes Fleckchen Haut, das sich bietet. Über den Stiefelchen, die Kniekehle, ein Stück des Oberschenkels….
Immer noch Zeit für Seitenblicke. Seine Kameraden, neidvoll sein Treiben betrachtend. Ihr Zuschauen beflügelt sein Bestreben. Alles ist ihm nun egal.
Er will. Er muss ans Ziel. Er kann es nicht mehr verhindern.
Fasst meine Finger, zieht mich ein kleines Stück. Und wispert verführerisch.
‚Lass es geschehen, Du Schöne. Lass mich Dir ein Lager aus Rosenblüten bereiten. Bist Du die Meine heute Nacht?’
Und zum ersten Mal öffne ich meinen Mund. Dunkel klingt meine Stimme. Rau und ungeübt. Aber sie lockt ihn. Weiter und weiter.
‚Zu spät. Durch einen Bann gebunden muss ich fort. Noch vor der Morgenröte.’
Entflammt ist er. Und alle seine Freunde lauschen.
‚Wohin zieht Dich der Bann? Wo kann ich Dich finden?’
‚In den weißen Palast des Südens. Er… ist mein Schicksal.’
‚Wie kann ich Dich erlösen, um Dich für mich zu gewinnen?’
‚Bist Du reinen, aufrichtigen Herzens? Dann magst Du Deinen Mut beweisen.’
Er nimmt mein Lächeln als Versprechen. Ahnt nicht im Geringsten, dass ich ihm nichts versprach. Nur lächele über seine Verführbarkeit. Die Leichtigkeit, ihn weiter brennen zu lassen.
Und so bin ich aus der Stadt, noch ehe diffuses Grau von der Sonne gefärbt wird.
Wieder legt sich flammendes Rot über die Wüste. Und pünktlich nähert sich der Held.
Müde klappern die Hufe seines Rosses über das Mosaik.
Er ist am Ziel, weiß es nur noch nicht.
Bewegung fängt seinen Blick. Der dunkle Herrscher schlendert näher.
Prachtvoll gekleidet. Das schönste Antlitz der Welt. Huldvoll lächelnd deutet er auf einen übervollen Tisch.
‚Nehmt Euch Wein und Obst. Bestimmt seid Ihr erschöpft. Und so mag ich Euch nicht….’
‚Wer seid Ihr? Und wo ist die Schöne, die Ihr hier gefangen haltet, unter Eurem Bann? Sprecht schnell, sonst zwingt Euch mein Säbel zu einer Antwort.’
Grausam klingt das Lachen des Prachtvollen. Der erste Schrecken überkommt den
unvorsichtigen Helden. Ahnt er, dass nichts und niemand ihm jetzt noch helfen könnte? Dass keine Macht der Welt dem dunklen Herrscher annähernd gewachsen wäre?
Ein Frösteln überzieht seinen jungen Körper. Und er lauscht mit wachsendem Entsetzen der Rede des unermesslich Bösen.
‚Wer ich bin? Das zu verstehen, bleibt Dir nicht genug Zeit, mein Tapferer. Aber sei versichert, hier wird niemand gefangen gehalten. Nein, nein, das wurde nie behauptet. Zu gut kenne ich die Rede meiner Schönsten….’
Ein wohlgeformter Zeigefinger unterstreicht die Bedeutung seiner Sätze.
Und schon fährt er fort, den Jüngling nun ganz aufmerksam gemacht.
‚Sie sagte, sie sei durch einen Bann gebunden. Verschwiegen hat sie, dass sie dadurch ewiglich lebt. Sie kann jederzeit gehen, wenn sie das wünscht. Allerdings um den Preis der Sterblichkeit.
Sie sagte weiter, Er sei ihr Schicksal. Und sie meinte mich. Selbst erwählt ist ihr Leben. Freiwillig hat sie sich an mich gebunden. Steht mir zu Diensten, weil sie es so will. Solange es ihr beliebt. Und solange sie Opfer findet, die schon lange vorher ihre Unschuld verloren.
Denn fragte sie nicht, ob Du reinen, aufrichtigen Herzens bist? Hat sie Dich nicht gewarnt dadurch? Gewarnt, ihr zu schmeicheln, nur um Dein Ziel zu erreichen?
Bist Du nicht ein Heuchler? War Dir Dein Ruf nicht wichtiger als die Frauenherzen, die Du schon gebrochen? Hat nicht Wollust Dein Handeln bestimmt?
Begierde Deine Schritte gelenkt? Hochmut ließ Dich allzu schnell vergessen….
Und so magst Du nun Deinen Mut beweisen. Mein Waffenmeister steht bereit. Es wird Dein letzter Kampf, drum sein tapfer, mein Hübscher.’
Der Geste des Herrschers folgend dreht sich der sprachlose Jüngling.
Und mit der blanken Waffe in der Hand trete ich einen Schritt auf ihn zu.
Schnee. Gefahr.
Schnee. Gefahr.
geschrieben für
- Elsteryn -
Es zieht mich hinaus in die weiße Kälte.
Ruft er mich? Braucht er mich? Verlangt es ihn nach meiner Gegenwart?
Ich… weiß es nicht. Werde nur getrieben, ihn zu suchen.
Hinaus, in den nahezu lautlosen Forst.
Die Bäume haben sich Unmengen von Weiß aufgetan. Haben ihre Form verändert.
Sind nicht mehr zu unterscheiden von den Felsen, den Büschen… oder anderen namenlosen Wesen.
Gefahr ist allgegenwärtig. Rund um mich lauert es im Verborgenen.
Ist bereit, jede Unaufmerksamkeit gnadenlos zu ahnden.
Wie der Silberwolf, dessen Fell nun meine Schultern wärmt.
Wäre mein Schwertarm damals nicht schnell genug gewesen, hätte mein Blut den Schnee befleckt.
In einer Sekunde der Erinnerung verhaftet, löse ich die Waffe in ihrer Scheide.
Bereit bin ich. Wer will sich heute messen?
Keine Bewegung jenseits des Pfades. Nicht einmal die wenigen Vögel zeigen sich.
Still folge ich dem schmalen Weg.
Kaum zu erkennen, glitzert er silbern an den wenigen niedergetretenen Stellen.
Seine Stiefel haben Eiskristalle geschaffen. Dabei ist sein Gang so leicht wie der einer Tänzerin.
Warum nur sind wir mitten im Winter in den Dunkelforst zurückgekehrt? Er liebt die Wärme doch ebenso wie ich. Wir sind wie Katzen. Liegen gern träge in der Sonne.
Und betrachten amüsiert andere Wesen beim fiebrig werden vor Hitze.
Zerrissene, fedrige Wolken legen sich wieder und wieder vor den vollen Mond.
Sie ändern das Licht, dunkeln es ab, schwärzen das Weiß zu Grau.
Die Stille ist unbarmherzig. Wie die letzte Minute vor einer gigantischen Schlacht.
Doch wo sind die Krieger?
Kein Angreifer zeigt sich… und doch ist die Atmosphäre geladen mit Gewalt.
Die eisige Luft scheint zu flirren. Und wirklich… ganz ohne jeden Windhauch wehen kleine Eiskristalle zwischen den Bäumen umeinander.
Winzige Flocken tänzeln auf der Stelle. Künden ungeduldig von ihrer unbändigen Lust loszuschlagen, hervorzubrechen, ein Schneeinferno zu entfachen.
Unheimlich ist es nun... und wäre ich nicht so kalt, so bar aller Gefühle, so könnte ich der Menschen Angst nachempfinden.
Nur seltsam ist es, den Forst in Aufruhr zu sehen. Sein dunkles Herz pochen zu spüren. In einem pulsierenden Rhythmus, Kriegstrommeln gleich.
Der Herrscher wird wissen warum.
So eile ich weiter den Pfad entlang, meine Sinne doppelt geschärft.
Und noch vor der nächsten Biegung erreicht mich die Gewissheit.
Gleich. Gleich werde ich sehen, was mit dieser ungeheuerlichen Bosheit den Wald durchstreift.
Meine Schritte stocken für einen kleinen Augenblick.
Die Wolken sind verweht. Der Mond ist unverhangen. Silbriges Blau erhellt die Lichtung vor mir.
Mitten in dem Rund steht der Herrscher.
Prachtvoll in weißem Pelz. Doch warum mit gezückter Klinge?
Kein Feind bietet sich meinem Blick dar.
Umgeben ist mein Gebieter nur von Felsen, übermannshoch und breit.
Mit Schnee bedeckt und reglos.
Zu seinen Füßen sind dunkle Schatten im niedergetretenen Weiß.
Und schon will ich zu ihm eilen… da spricht er.
Gut gelaunt klingt seine Stimme. Gelassen und kraftvoller denn je.
„Schönste, da bist du ja. Dein Anblick freut mich. Aber sei gewarnt. Betritt nicht das Innere des Kreises, oder du wirst einen grausamen Kampf führen müssen.
Für mich oder gegen mich. Vernichtend wird die Schlacht gewiss.“
Was meint er nur? Hilflos schaue ich in seine Augen, versuche zu lesen.
Da höre ich eine weitere Stimme. Dumpf dröhnt es aus den Felsen.
„Der Waffenmeister des Herrschers ist da. Sei uns willkommen.
Tritt ein in unseren Kreis und triff deine Wahl. Hilf uns, den Despoten zu stürzen und sei frei für immerdar. Oder stirb an seiner Seite und genieße deine wohlverdiente Ruhe, Schönste.
Oft sahen wir dich, seine Aufträge versehen. Sahen dich Blut vergießen, in seinem Namen. Und doch hegen wir keinen Groll gegen dich. Nur er muss vernichtet werden.
Er muss sich dem Kampf stellen. Alle fünfzig Menschenjahre. Das ist die ewig gültige Regel.
Wir werden das dunkle Herz des Forstes am Schlagen halten, ohne seine Tücke, ohne seinen Drang, Grausamkeit ins Unermessliche zu steigern. Wir töten, was sterben muss… und dann ist es gut.“
So sprach es… und nun konnten meine Augen erkennen.
Die Flecken im Schnee waren Blut, bereits reichlich vergossen. Die Klinge des Herrschers war dunkel. Viele der lebenden Felsen tief gefurcht.
Und doch waren es so viele, waren sie so riesig… und er so allein.
Ich schaue ihm ruhig ins schöne Gesicht, während ich meine Wahl treffe.
Sein schmaler Mund bewegt sich nur eine Winzigkeit. Sein sardonisches Lächeln freut mich. Er hat verstanden.
So ziehe ich meine Klinge, hebe sie zu einem stummen Gruß.
Und mit wenigen Sätzen bin ich im Kreis und führe den ersten, gewaltigen Schlag.