Atrophy von Shoot_the_puppy (by mir und crazypark) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Sodala da wären wir wieder Immer mal wieder was neues ne Kommis gern gesehen Kapitel 1 Vivian Heute begann das nächste Schuljahr und somit die letzten zwei Jahre, die ich hier zubringen musste. Sobald ich das Gelände betreten würde, gehörte ich offiziell zur Oberstufe. Nicht, dass diese Tatsache für mich in irgendeiner Weise besonders wäre, denn eigentlich hatte ich jetzt schon alles, was vielen erst in den letzten zwei Jahren ihres schulischen Lebens zu Teil wird: Beliebtheit, Macht und wahrscheinlich jedes hübsche Mädchen, welches sich im Umkreis von 2 Kilometern aufhielt. Kurz gesagt, ich könnte von mir behaupten, wohl der begehrteste und vor allem bestaussehendste Kerl der gesamten Schule zu sein, auch wenn die Konkurrenz doch recht mager ausfiel. So betrat ich also meinen Machtbereich mit dem selben unwiderstehlichen Lächeln auf den Lippen, wie jeden Morgen. Ich hatte halt in den Jahren gelernt, meine Reize einzusetzen und die ersten quietschenden Mädels bestätigten die Wirkung. Interessiert blickte ich zu ihnen und seufzte lautlos. Jedes einzelne dieser Weiber hatte ich schon mal, also schenkte ich den aufgetakelten Hühnern keine Beachtung mehr, sondern steuerte direkt meinen Stammplatz an, wo ich auch schon das erste bekannte Gesicht entdeckte. „Moin Rob“, begrüßte ich den Dunkelhaarigen und ignorierte dabei sein debiles Grinsen. Ich wollte gar nicht wissen, was für Drogen schon in dessen Blutbahn zirkulierten. So war er halt. Robert Flynn, einer der wenigen Auserwählten, die sich als „meine Freunde“ bezeichnen durften. In seinem Rucksack waren sicher mehr Drogen, als auf jedem Polizeirevier nach einer Razzia, was sicher auch seine Vorteile hatte. Immerhin wusste ich immer, wo ich das Zeug herbekam. Die oberste Divise meines Freundes war, dass er nichts verkaufte, ohne es selbst zu testen und so marschierte Mr. Flynn die meiste Zeit seines Lebens völlig drauf durch die Welt. „Was geht Viv?“. Die Antwort des Ältesten von uns kam ziemlich verzögert, was mich seinen derzeitigen Zustand erahnen ließ. Schon allein dafür liebte ich diesen Kerl – natürlich nur platonisch, aber dies versteht sich von selbst. „Was soll schon gehen?“. Damit war unser Smalltalk auch beendet. Wir brauchten nun einmal nicht viele Worte, um zu zeigen, wie sehr uns einen hier alles anpisste. Robert Irgendwie drehte sich der ganze Schulhof und die Leute rings um mich rum hatten alle so lustige Hüte auf, die bunt schimmerten, wenn die Sonne darauf schien. Nachdenklich legte ich den Kopf schief und kniff die Augen zusammen. Bildete ich mir das ein, oder flog da gerade ein rosa Elefant auf mich zu? Mein Grinsen wurde noch eine Spur breiter, denn es sah wirklich witzig aus, wie der etwa 20 cm große Elefant mit seinen Ohren flatterte. Allerdings hielt meine Freude darüber nicht lange an, denn der Ausdruck in den Augen des Fanties wurde aggressiv und er flatterte energisch auf mich zu. Als er schon fast ran war, ließ ich mich mit einem leisen Aufschrei von der Bank fallen. Scheiße, was hatte ich da nur für ein Zeug genommen? Irgendeine neue teure Pilzsorte sollte das sein, aber die Filme, die ich hier gerade schob, waren das Geld definitiv wert. Skeptisch schaute ich in den Himmel und musste auch gar nicht lange suchen, als das Ungetüm eine Kehrtwende einlegte und einen neuen Angriff startete. „Wah!“ Panisch klammerte ich mich an Vivians Beinen fest. „Hilf mir! Der Elefant versucht, mich umzubringen!“ Vivian Jeder andere hätte wohl an der psychischen Gesundheit meines Kumpels gezweifelt, wenn dieser vor sich hinstarrte, als würde er gerade rosa Elefanten sehen. Doch das war nun mal Rob. Daher schenkte ich ihm auch keine weitere Beachtung, sondern konzentrierte mich ganz auf die vorbeiziehenden Herden tratschender Gänse, in der Hoffnung mal eine zu finden, welche ich noch nicht hatte. Denn wer wollte schon ein und dieselbe Süßigkeit zwei mal vernaschen. So tief war ich nun wirklich nicht gesunken, doch langsam war der Vorrat aufgebraucht. Ein dumpfes Geräusch holte mich aus meinen Gedanken und ich blickte an die Stelle, wo mein Freund eigentlich sitzen sollte. „Rob?“, fragte ich verwirrt. Doch bevor eine Antwort ertönen konnte, spürte ich die scharfen Nägel in meiner doch so schönen Haut meiner durchtrainierten Wade, welche aufgrund meiner kurzen Baggies nicht bedeckt war. „Scheiße man“, schrie ich und sprang, das Ding von meinem Bein schüttelnd, auf. „Schieb deine Filme woanders und lass die Finger von meinem Traumkörper!“ Matt Träge schlurfte ich über den überquellenden Schulhof zu unserem Stammplatz. Das gestrige Konzert war anstrengend gewesen und der Restalkohol vernebelte noch stark meine Sinne. Ich konnte kaum aus den Augen gucken, aber als ich mein Ziel erreichte und die sich vor mir abspielende Szene realisierte, riss ich sie erstaunt auf. Was lief denn hier ab? „Bitte, du musst mich retten!“...Robert? Tatsächlich rutschte dieser gerade auf dem Boden rum und hielt sich an Vivs Beinen fest, während er immer wieder panische Blicke nach oben warf und sich vor irgendetwas zu verstecken schien. Meine Laune verbesserte sich schlagartig und die bohrenden Kopfschmerzen waren auch für einen Augenblick vergessen. Äußerst amüsant. Das schien noch ein lustiger Tag zu werden. Heafy Es war mir klar, dass ich wie immer der Letzte war. Doch dies war bei weitem besser, als auch nur zwei Minuten mit Robert Flynn allein zu sein. Das hieß nicht, dass ich diesen Kerl nicht mochte, ganz im Gegenteil: Er raubte mir den Schlaf. In seiner Gegenwart konnte ich nicht klar denken. Kurz gesagt: Ich hatte mich in das wohl größte Arschloch der Welt verknallt. Umso mehr schmerzte der Anblick, welcher sich mir bot. Mein Schatz bettelnd auf allen Vieren kriechend an dem Bein dieses eingebildeten Playboys. Warum konnte er nicht einmal an meinem Unterschenkel hängen? Tja, ein Wunschdenken, denn für mich hatte er nichts anderes als Beschimpfungen übrig und trotzdem konnte ich ihn einfach nicht hassen. Ich stoppte, als ich Matt erreicht hatte. „Boah Alter, du stinkst wie ´ne ganze Brauerei“, gab ich, die Nase rümpfend, von mir und zwang mich, nicht weiter auf die beiden Personen vor mir zu achten. „Sieh mal einer an, unser Heafy ist auch schon da“, vernahm ich den eingebildeten Ton von Vivian, welcher es scheinbar geschafft hatte, Rob abzuwimmeln und nun auf mich zukam. Gott, wie ich diesen Kerl hasste. Er hatte mir nie etwas getan, aber allein die Tatsache, dass sich mein Schwarm immer nur in seiner Nähe aufhielt, reichte aus, um in mir eine abgrundtiefe Abscheu zu entwickeln. Matt Auf Heafys Kommentar hin konnte ich nur die Stirn runzeln. Lange keinen Sex mehr gehabt, oder wie? Anders konnte ich mir seine Zickenstimmung nicht erklären. Ich hatte keinen blassen Schimmer, warum sich der Kerl schon seit Wochen ständig angegriffen fühlte und so langsam riss mit der Geduldsfaden. Jeder hatte mal schlechte Laune, aber bei ihm war das zum Dauerzustand geworden. Als Vivian unseren verstörten Dealer endlich losgeworden war und sich zu uns gesellte, stellte ich mich bereits seelisch auf den Weltuntergang ein. Vivian, ganz die Freundlichkeit in Person, ließ natürlich gleich ´nen blöden Spruch los, was Heafy schnaubend zur Kenntnis nahm. Bevor mich jedoch der Hagel aus wüsten Beschimpfungen, der unweigerlich folgen würde, treffen konnte, verkrümelte ich mich lieber zu Robert. Der schien meine Unterstützung auch dringend nötig zu haben, da er immer noch unter Paranoia litt. Das Zeug, was er da intus hatte, war ohne Zweifel überzeugend, wenn es selbst unseren hartgesottenen Drogenkonsumenten so den Boden unter den Füßen wegzog. „Hey Robert, ich bin’s Matt. Komm doch unter der Bank vor, hm. Ich beschütz dich jetzt“. Bei meinen Worten konnte ich mir ein fettes Grinsen nicht verkneifen. Der Macho schlechthin hatte also Schiss. Wenn das mal keine Sensation war. Skeptisch lugte Robb aus seinem Versteck hervor und grinste mich unsicher an: „Ist der Elefant noch da?“ Ein Elefant verfolgte ihn also. Na wenn’s nur das war. „Nein, nein, ich hab ihn verjagt. Oder siehst du ihn noch irgendwo?“. Demonstrativ sah ich mich um und lächelte ihn dann aufmunternd an. Jetzt fehlte nur noch , dass ich ihn mit einem Lolli lockte und das Drama eines verstörten Kindes, welches von Super-Matt gerettet wird, wäre perfekt inszeniert. Robb schien mir zu glauben, denn er kroch einige Sekunden später unter der Bank hervor und grinste mich dabei immer noch an. So langsam machte er mir damit Angst. Irgendetwas in seinem Blick verriet mir, dass jetzt gleich etwas passierte. Und kaum, dass ich die Erkenntnis hatte, fiel er mir um den Hals und sagte ein lautes: „DANKE!“ völlig überfordert mit diesem plötzlichen Überfall konnte ich mich nicht mehr auf den Beinen halten und fiel mit Robert zu Boden. Warum war ich nicht einfach zu Hause geblieben? Dann würde ich mich jetzt auch nicht zum Gespött aller machen. Vivian Besorgt blickte ich in das immer röter werdende Gesicht meines Kumpels neben mir. Mein Gott, wenn der so weiter machte, würde unsere kleine Tucke gleich platzen. Ganz recht, Matt Heafy, war in meinen Augen doch etwas zu warm. Welcher Kerl mit Eiern zog bitte Cowboyboots an? Da musste doch was nicht stimmen. Zum Glück hatte mich meine Mutter als Baby immer in die eiskalte Badewanne geschmissen, sonst wäre ich sicher auch so eine Schwuchtel geworden. Nicht auszudenken auf was dann die Frauenwelt hätte verzichten müssen. „Mensch Heafy, komm wieder runter. Nicht aufregen ... ist nicht gut für deinen Teint und auf den solltest du achten, wenn du je in deinem Leben Sex haben willst.“ Sicher würden mich manche als gemein bezeichnen, aber im Grunde war ich nur ehrlich. Der Kleine hatte nun wirklich nicht das Aussehen, um neben mir aufzufallen. Von daher blieben ihm nur die Weiber, welche ich übrig lassen würde und diese waren ja seit mir verwöhnt. Da musste das Hamstergesicht schon etwas auf sich achten, wenn er nicht doch irgendwann auf das männliche Geschlecht zugreifen wollte, aber das wusste ich schon zu verhindern, denn immerhin lag mir was an dem Typen oder zumindest an seinen Kontakten, was diverse Rabatte für bestimmte Bekleidungsläden anging. „Halt einfach die Klappe“, fauchte das kleine Kätzchen und rannte von dannen. Mein Gott, der benahm sich wie ein eifersüchtiges Weib, auch wenn mir der Grund noch nicht bewusst war. Jedoch ein Blick zur Seite und alles war klar. Was auch immer die beiden anderen auf den Boden da trieben, sie sollten es lassen. Das war ja ... pfui. „Ich will eure Homospiele ja nicht stören, aber die Leute gucken schon und ich hab keine Lust als Mitglied eines Schwuttenvereines bezeichnet zu werden.“ Julian Mit hängenden Schultern machte ich mich auf den Weg zur Schule. Meine Motivation war auf dem Tiefpunkt angelangt, da ich mir von meiner Mutter heute früh noch anhören durfte, wie schrecklich sie es fand, dass ich in Mathe nur eine 2 geschrieben hatte. Dass ich allerdings eine Klasse übersprungen hatte, übersah sie dabei völlig. Und meine Erklärungen wollte sie erst recht nicht hören. Dass hieß also für heute eine Stunde länger lernen. Seufzend betrat ich den Pausenhof und hielt unauffällig Ausschau nach einer bestimmten Person, die mir, seit ich sie das erste mal gesehen hatte, nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Als ich ihn dann entdeckte, erhellte sich meine Miene sofort. Ja, ganz recht, ich bin schwul, oder wie viele es auch bezeichnen: Eine Schwuchtel. Glücklicherweise wusste aber niemand von meiner Vorliebe und das würde wegen mir auch für immer so bleiben. Ich hatte so schon genug Zoff mit meiner Mutter, da wollte ich ihr nicht noch einen Grund liefern mich anzuschreien. Von meinen Mitschülern einmal ganz abgesehen. Dass sie mich nicht leiden konnten, wusste ich und auch ebenso kannte ich den Grund dafür: Ich war ein Streber, ein Niemand, ein Außenseiter. Aber solange sie mich in Ruhe ließen, war es in Ordnung für mich. Um mein Geheimnis zu bewahren, musste ich mich jedoch vorsehen, denn Augen und Ohren waren überall. Trotzdem hatte ich es gewagt, mich in den Sportkurs einzutragen, indem er auch war. Hoffentlich war dies kein Fehler, aber mir reichten die Mathekurse einfach nicht aus, in denen ich ihn heimlich beobachten konnte. Wenn er mir doch wenigstens nur ein wenig Beachtung schenken würde... Heafy Ich wusste nicht einmal warum ich plötzlich die Flucht angetreten habe. Es war idiotisch, aber nicht mehr zu ändern. Gott, ich würde sie am liebsten alle erwürgen, besonders Vivian. Ich hasste ihn regelrecht, aber wer hier nicht ganz untergehen wollte, musste sich an ihn halten. Plötzlich spürte ich einen Widerstand. Ich war tatsächlich in irgendwen herein gerannt. Ich starrte auf die Person und hob skeptisch eine Braue. Dieser kleine Streber hatte mir gerade noch gefehlt. „Verpiss dich und steh nicht im Weg“, schnauzte ich sofort los und schubste den Kleinen ohne Rücksicht von mir. Zumindest konnte ich mich so abreagieren. Dieser Wicht war das beste Beispiel, wie ich nicht enden wollte. Jeder trampelte auf ihm herum, er war unbeliebt und wenn man ehrlich war auch noch völlig durchschnittlich. „Heafy wart mal“, hörte ich nur die Stimme meines ach so guten Freundes und blieb resignierend stehen. Es gab sicher auch Momente, wo man Viv ertragen konnte, aber dieser gehörte nicht dazu. Dennoch wartete ich auf diesen und schmunzelte frech. „Vorsicht, dass du dir nichts eintretest“, warnte ich ihn feixend und zeigte auf den Kleinen, welcher wohl durch meine „sanfte“ Berührung zu Boden gegangen sein musste. Ich liebte es auf Schwächeren herumzuhacken, auch wenn es nur von mir selbst ablenkte. „Danke, ich hab nämlich neue Schuhe“, witzelte nun auch der Ältere von uns, ehe wir zusammen das Gebäude betraten. Julian Ich war fast am Schulgebäude angekommen, als mich jemand anrempelte. Bevor ich mich zu dieser anschließenden Beleidigung äußern konnte, fand ich mich auch schon auf dem Boden wieder und konnte mir den gepflasterten Hof aus nächster Nähe angucken. Leicht benommen schüttelte ich meinen Kopf und versuchte mich aufzurichten, ließ es aber bleiben, als ein stechender Schmerz durch mein Fußgelenk fuhr. Auch das noch, ausgerechnet heute, wo ich das erste mal mit Vivian zusammen Sport haben würde. Ich wollte gerade zu einer wütenden Antwort ansetzen. Als ich jedoch die Stimme meines Schwarms vernahm, blieben mir die Worte regelrecht im Halse stecken. „Oh nein“, flüsterte ich lautlos. Es war doch so schon peinlich genug erniedrigt zu werden, warum also musste das auch noch Vivian mitbekommen. So eine Blamage, so was konnte auch nur mir passieren. Als sie in der Schule verschwunden waren, stand ich unter Schmerzen auf und humpelte hinter ihnen her. Dabei hatte ich das Gefühl, die Blicke sämtlicher Schüler auf meinen Rücken zu fühlen. Was natürlich Quatsch war, denn wer interessierte sich schon für einen Streber? Niemand und das wurde mir soeben wieder klar gemacht. Der erste Schultag hatte noch nicht einmal angefangen und ich wünschte mich bereits jetzt nach Hause. Mit einem mulmigen Gefühl dachte ich an die mir bevorstehenden Stunden, insbesondere Sport. Auf was hatte ich mich da nur eingelassen? Vivian Die ersten Stunden verflogen recht schnell. Es war bei weitem nicht so langweilig, wie ich mir vorgestellt hatte, denn die Austauschschülerin aus Frankreich wurde direkt neben mich gesetzt. Was für eine Schönheit. Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass sie nicht nur die Sprache so gut beherrschte. Zumindest hatten wir in der Pause schon die erste Völkerverständigung hinter uns gebracht und diese war sehr aufschlussreich. Daher war ich nicht sehr begeistert, nun zum Sport zu müssen, auch wenn ich dieses Fach einfach liebte. Aber es gab immer einen Nachteil und hier war es, dass Jungen und Mädchen getrennt unterrichtet werden mussten. Die Welt konnte so grausam sein. Nicht einmal einer meiner Freunde hatte sich in diesen Kurs verirrt. Nicht, dass ich sonst niemanden hätte, aber der Rest dieser Schule war einfach so gewöhnlich. Es langweilte mich ihnen zuzuhören, auch wenn ich meistens ihr Hauptgesprächsthema war. So betrat ich also wenig motiviert die schon überfüllte Umkleide. Super jetzt musste ich auch noch irgendeinen übrig gebliebenen Platz nehmen und leider war dies nur noch ein Stückchen freie Fläche neben unserem Schulstreber. Schräges Kerlchen, sicher nicht hässlich, aber einfach abstoßend. Der lädt ja praktisch dazu ein, dass man sich über ihn lustig macht. Warum ihn nicht auch jetzt ein wenig ärgern. Mit einem süffisanten Lächeln machte ich mich auf den Weg zu ihm und schmiss meine Sporttasche direkt vor seine Füße, um seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. „Hier ist doch noch frei?“, säuselte ich mit meiner Honigstimme und kniete mich vor ihn, um meine Sachen aus der Tasche zu holen. Mal sehen, wie man den Kleinen aus der Reserve locken konnte. Julian Mittlerweile war meine Laune noch tiefer gesunken, obwohl ich bis dahin nicht geglaubt hätte, dass dies noch möglich war. Mein Fuß hatte sich inzwischen halbwegs beruhigt. Er tat zwar immer noch weh, war aber wenigstens nicht angeschwollen, wie ich anfangs befürchtete. Was meine Stimmung so drastisch gen minus schickte, war eine SMS meiner Mutter, die mich freundlich darauf hinwies, dass sie heute früher von Arbeit kommen würde und ich somit keine Gelegenheit zum Entspannen mehr hatte. Das Leben war manchmal wirklich ungerecht und heute schienen sich alle gegen mich verschworen zu haben. Unruhig näherte ich mich den Umkleiden. Ich war so nervös, wie noch nie. Heute durfte ich mit etwas Glück seinen Traumkörper bewundern. Meine Gedanken drifteten schon wieder in andere Sphären, aber ich konnte mich noch rechtzeitig bremsen. Das war jetzt kein guter Zeitpunkt, um sich ausführlich damit zu beschäftigen. Dafür hatte ich heute Abend in der Badewanne genug Gelegenheit. Den Kopf über meine kranken Fantasien schüttelnd, betrat ich schüchtern die Umkleide und betrachtete mit unverhohlenem Interesse die Jungs dabei, wie sie sich umzogen. Glücklicherweise fielen aber niemanden meine Blicke auf. Und so kam ich ungeschoren auf einen freien Platz und ließ mich nieder, um nochmals meinen Blick prüfend wandern zu lassen. Es gab einige recht ansehnliche Kerle, aber es war keiner dabei, der Vivian auch nur ansatzweise das Wasser reichen konnte. Nur fehlte eben genau dieser Mann. Wo er wohl stecken mag? Die Beantwortung meiner stummen Frage folgte sogleich, als ich die Sporttasche vor meinen Füßen landen sah. Ich musste leicht schlucken, als ich die wunderschöne Stimme vernahm und blickte anschließend in Vivians Gesicht, dass mir plötzlich so nah war. „Ja klar“, beeilte er sich zu antworten und versuchte ihn nicht zu auffällig zu mustern und dabei auch nicht rot anzulaufen. Ich sollte mir schnellstens eine Beschäftigung suchen, bevor ich hier noch mit sabbern anfing. Also schnappte ich mir ebenso meinen Turnbeutel und legte die nötigen Utensilien nach draußen. Schnell zog ich mir mein Shirt über den Kopf und das für den Sport wieder drüber. Mein Schwarm sollte nicht zu lange Zeit haben, auf meinen untrainierten Körper zu starren. Fett war ich zwar keineswegs, aber viel zu schmächtig für mein Alter. Vivian Es war eine Genugtuung die Röte in dem Gesicht des Jüngeren zu sehen. So viel dachte ich mir nicht dazu, denn es war sicher nicht der erste Kerl, welcher in meiner Gegenwart nervös wurde. So war das nun mal bei dem gemeinen Fußvolk. Es war schon witzig genug, wie sich der Kleine anstellte. Dennoch verlor ich recht schnell mein Interesse und begann mich langsam umzuziehen: Knielange Baggies und mein schwarzes Shirt mit dem roten Tribal, welches ich auch auf meinen Oberarm tätowiert hatte. Ich liebte dieses Zeichen einfach. Keine fünf Minuten später ging es in die Halle und schon war mein Missmut gegenüber diesem Fach verschwunden. Ich musste mich dringend mal wieder richtig abreagieren und auspowern. Wo konnte man dies besser? Zuerst standen ein paar Runden laufen in der Halle an. Kein Problem für jemanden mit meiner Kondition. Ich war nun mal in allem talentiert. Noch so ein Geschenk Gottes an mich. Vielleicht sollte ich mal in eine Kirche gehen und mich dafür bedanken. Gelangweilt setzte ich mich auf einen Mattenstapel und beobachtete den Lehrer, während dieser gerade die Nachzügler zusammen brüllte, dass sie doch gefälligst ihre faulen Ärsche schneller bewegen sollten. Wären das nicht allesamt komplette Loser gewesen, hätte ich vielleicht Mitleid gehabt, aber an so etwas verschwende ich lieber nicht zuviel Zeit meines kostbaren Lebens. Julian Während ich mich weiter umzog, beobachtete ich Vivian aus den Augenwinkeln und dass, was ich sah, konnte man nur als lecker bezeichnen. Leise seufzte ich. Es würde ja doch nur ein Traum bleiben, dass ich für ihn irgendwann mehr war als Luft. Resignation machte sich mal wieder in mir breit, als ich den anderen in die Turnhalle folgte. Egal, dachte ich mir, ich sollte lieber die Zeit genießen, die ich hatte, um Vivian anzuschmachten. Damit ich nicht gleich bei ihm unten durchfiel, beeilte ich mich, die Runden schnell zu Ende zu bringen. Auch wenn mein Fuß dabei höllisch brannte, war ich trotzdem im Mittelfeld und fand das doch recht passabel. Dafür, dass ich nie Sport machte und noch dazu verletzt war. Leicht ausgepowert kam ich zum Stehen und rang nach Luft. Als ich aufblickte, sah ich in Vivians grinsendes Gesicht. Vivian Zugegebener Maßen war ich recht erstaunt, dass unser kleiner Streber es sogar vor manch anderen geschafft hatte, seine Runden hinter sich zu bringen. Doch allein sein abgehetztes Gesicht zauberte mir ein Grinsen auf die Lippen. Wie konnte man von dem wenigen Laufen nur so fertig sein? Der Unterricht hatte doch gerade erst begonnen. Aber allein die Art, wie sich der Brünette bewegte machte mich doch nachdenklich. Vielleicht nur ein kleiner Anfall von Humanität, denn ich war ja nicht durchweg ein schlechter Mensch, aber es trieb mich doch dazu mein Grinsen einzustellen und skeptisch die Füße des Jungen zu mustern. „Gut gelaufen, wenn man bedenkt, dass sich wohl dein Knöchel gerade auf die doppelte Größe ausdehnen will“, merkte ich leider nicht so trocken an, wie ich es gewollt hatte. Super, jetzt musste dieses Muttersöhnchen auch noch denken, ich sorge mich um andere. „Du solltest zum Coach und dich befreien lassen“, riet ich schnell, um mich aus der Affäre zu ziehen, aber schon in diesem Moment näherte sich unserer Trainer und blickte uns beide undefinierbar an. Meine Chance diesen kleine Nichtsnutz loszuwerden. „Ich denke ...“, Oh Gott, ich wusste ja noch nicht einmal sein Namen. Vielleicht auch besser so, immerhin interessierte der eh niemanden. „... sein Knöchel hat was abbekommen“, fuhr ich hastig fort. Der Coach sah zu dem besagten Fuß nach unten und legte die Stirn in Falten. „Hm ...sehr gut aufgepasst. Dann kannst du ja Julian zur Krankenstation bringen.“ Wie es doch ein Lehrer schaffte mein ganzes Leben zu zerstören. Wenn mich jemand mit dieser Pfeife sah ... Julian Ich wusste nicht wirklich, wie ich Vivians Grinsen deuten sollte, aber dass er ernsthaft so etwas zu mir sagte, verblüffte mich total. Vivian – der Frauenschwarm – sprach mich tatsächlich an und dann auch noch so mitfühlend. Ich wusste nicht, ob ich vor Freude platzen, oder mich verarscht fühlen sollte. Ungläubig schaute ich ihn an. Den Rat zu dem Sklaventreiber zu gehen, war sicher keine schlechte Idee, denn mein Fuß pochte gerade wieder unangenehm. Deshalb nickte ich nur zustimmend und wollte mich schon auf den Weg machen, schon allein, um Viv nicht länger auf die Nerven zu gehen, als ich unseren Trainer auf uns zulaufen sah. Dessen Vorschlag verursachte gemischte Gefühle in mir. Einerseits freute ich mich, denn ich konnte mit Vivian allein sein, zumindest einige Zeit lang, aber andererseits konnte ich nun das Unvermeidliche nicht mehr verhindern: Ich würde ihn zu Tode langweilen. Und wäre ich nicht, könnte er jetzt seinem Hobby nachgehen. Geknickt ließ ich den Kopf hängen. Was für ein toller Start ins neue Schuljahr. Er hasst mich sicherlich jetzt schon. „Du musst nicht mitkommen“, meinte ich leise, „ich schaff den Weg sicher auch allein.“ Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, denn das würde ich mir wohl eine Weile nicht mehr trauen, machte ich mich auf den Weg zur Krankenstation. Vivian Etwas überrascht blickte ich dem Jüngeren hinterher. Das war jetzt nicht dem sein Ernst ihn, den geilsten Mann der Welt, hier einfach so sitzen zu lassen. Ein weiterer Blick zu unserem Lehrer reichte, um mich zu versichern, dass mir nichts anderes übrig bleiben würde, als jetzt auch noch diesem Idioten hinterherzulaufen. Konnte der Tag noch schlimmer werden? Ich hatte Julian schnell eingeholte und hielt diesen an der Schulter fest, was mir bei diesem Fliegengewicht keine wirkliche Mühe bereitete. „Okay Kleiner, erste Regel: Lass mich nie irgendwo sitzen ohne meine Meinung zu hören. Darauf steh ich nicht und zweitens: Ich bring dich jetzt zur Krankenstation und ich will keinen Mucks hören.“ Wäre ja noch schöner, wenn diese kleine Made vielleicht was ausplaudern würde. Hier steht mein gesamter Ruf auf dem Spiel und der ist mir heilig. Aber allein das Tempo, in welchem der Kleine mehr oder weniger ging, erhöhte die Wahrscheinlichkeit gesehen zu werden. Also dachte ich nicht groß darüber nach, sondern hob ihn einfach auf meine Arme. Es war fast schon beängstigend, wie leicht er doch war. „Du solltest dir wirklich mal ein paar Muskeln zulegen. Da wiegt ja jedes Weib mehr“, gab ich teils belustigt, teils besorgt von mir. Jetzt weckte schon ein kleiner Streber meinen Beschützerinstinkt. Die Sache musste schnellstens beendet werden. Daher beeilte ich mich auch ungesehen in die Station zu kommen. Julian Mit zusammengebissenen Zähnen quälte ich mich vorwärts. Ich war so ein Schlaffi, kein Wunder, dass mir keiner Beachtung schenkte. Wer wollte sich schon mit einem Versager abgeben. So etwas wie Intellekt stand auf keiner Beliebtheitsskala und das war nun mal so ziemlich das Einzige, was ich vorzuweisen hatte. Ehe ich jedoch wie so oft in Selbstmitleid versinken konnte, spürte ich eine Hand auf meiner Schulter, die mich zwang, stehen zu bleiben. Unsicher sah ich mein Gegenüber an und nickte kaum merklich wegen seiner Regeln. Ich hatte auch nicht vorgehabt ein sinnloses Gespräch anzufangen, schon allein, weil ich Smalltalk hasste und auch, weil mir das Ganze unendlich peinlich war. Als Vivian mich so unverhofft auf die Arme hob, glaubte ich, mein Herz müsse stehen bleiben, nur um anschließend mit erhöhter Geschwindigkeit weiterzuschlagen. Ich lief sicher knallrot an, was auch eine Eigenschaft von mir war, die ich hasste, aber leider nicht abstellen konnte. Das ich ein Schwächling war, wusste ich selbst, musste er da jetzt noch drauf rumhacken. Vorsichtshalber enthielt ich mich jeder Bemerkung. Ich würde ja doch nur den Kürzeren dabei ziehen. Also hörte ich auf, mich innerlich darüber aufzuregen und genoss es stattdessen, von Viv getragen zu werden. So eine Gelegenheit ergab sich ein mal in 1000 Jahren und ich würde dieses schöne Gefühl voll auskosten. Vivian Mit hastigen Schritten lief ich durch die Gänge und versuchte, die weniger bevölkerten Wege zu nehmen. Nicht auszudenken, was passieren könnte, wenn uns jemand so sah. Gerade wollte ich um die letzte Ecke biegen, als es geschah. „Hey Viv, was machst du denn hier?“ Scheiße, der hatte mir gerade noch gefehlt. Panisch warf ich den Jungen regelrecht von meinen Armen um die Ecke und drehte mich mit meinem Zahnpastalächeln zu dem Dunkelhaarigen. „Hallo Matt“, begrüßte ich ihn nervös und versperrte gleich jede Sicht auf alles hinter mir. Womit hatte ich das nur verdient? Wie hoch war bitte die Wahrscheinlichkeit hier jemanden während des Unterrichts anzutreffen und dann auch noch einen meiner besten Freunde? Es war doch echt zum Verzweifeln. „Weißt du, die aus Frankreich wollte noch etwas herumgeführt werden“, log ich schnell. Bitte lass es ihn glauben, ansonsten bin ich tot oder noch schlimmer. Ich sah schon die Schlagzeilen in der Schülerzeitung: „Vivian unterstützt Streber“. Mein Leben wäre vorbei. Julian Ich war schon fast dabei, auf Vivians starken Armen einzupennen, als ich auf einmal die mir fremde Stimme vernahm. Allerdings hatte mein Hirn auch keine Chance mehr, die dazugehörige Person zu erkennen, denn meine gesamte Konzentration war darauf gerichtet, nicht schon wieder hinzufallen, als mich Vivian so rüde von sich warf. Hilflos mit den Armen rudernd, verlor ich natürlich den Kampf um mein Gleichgewicht. Das Ganze geschah so unglücklich, dass mein Kopf bei meinem Sturz gegen irgendetwas schrammte. Ich konnte nicht mehr feststellen, was sich meinem Schädel in den Weg gestellt hatte, denn mich verließ augenblicklich das Bewusstsein und alles wurde schwarz. Vivian Es dauerte eine Weile, bis ich Matt endlich überzeugt hatte und dieser von dannen zog. Erleichtert atmete ich auf und lehnte mich gegen die kühle Wand. Scheiße, war das knapp gewesen. Erst jetzt fiel mir Julian wieder ein, welcher ja um die Ecke liegen musste. „Boah Alter, zum Glück warst du ruhig“, gab ich anerkennend von mir und trat herum. Der Kleine lag vor mir auf dem Boden und eine kleine Blutlache bildete sich um dessen Kopf. „Oh fuck!“ Scheiße, ich hatte ihn umgebracht. Wenn das jemand erfuhr. Ich war völlig in Panik geraten, schnappte mir nur den leblosen Körper und schleifte diesen bis zur Krankenstation. Hoffentlich war Nicole da. Hach, waren das schöne Erinnerungen an gewisse Tage in einem dieser Betten. Die Frau hatte vielleicht einen geilen... „Oh mein Gott, Vivian. Was ist passiert?“ Ach ja, ich hatte den Kleinen völlig vergessen. Schnell schaffte ich ihn zu der blonden Krankenschwester und legte den leichten Körper auf eines der Betten. „Ich wollte das nicht. Er konnte nicht laufen und ist dann von meinen Armen gefallen. Ist er tot?“ Ich war total verzweifelt. „Er ist nicht tot. Ich kann die Wunde nähen, aber er sollte ins Krankenhaus.“ Wie, er lebte? Noch schlimmer! Wenn er irgendetwas ausplappert, würde ich von der Schule fliegen. Das durfte nicht passieren. „Kein Krankenhaus! Nicole bitte, ich bin geliefert, wenn das herauskommt.“ Ich blickte sie mit meinem Dackelblick an. Der zog immer. Ich hörte sie tief antworten. „Ich nähe die Wunde und verschwinde. Wenn dem Jungen was passiert, bist du verantwortlich, also sorge lieber dafür, dass er wieder fit wird.“ Tbc Kommis? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)