Seelenopfer von Saedy ================================================================================ Kapitel 2: Schatten besuchen mich --------------------------------- So lange schon hast du gesucht ist jetzt alles vergebens? Oder ist es schon, nur ein kleiner Augenblick noch? Der neue Tag verlief nicht viel anders, als der vorherige. Nur die Umgebung war eine neue, als Yami wieder einmal, tief in Gedanken, durch die Straßen der Stadt wanderte, dabei möglichst menschenleere Gegenden passierend, damit er seine Ruhe haben konnte. Momentan lief er an einem Stück des Stadtwaldes vorbei und es war das erste Mal heute, dass er richtig aufblickte, als er in die unbekannte Gegend kam. Es führte nämlich ein düsterer Weg in den Wald, der ziemlich einladend auf ihn wirkte, da er die Natur, besonders eben solche Wälder, liebte. Aus Ägypten kannte er nur Sand und spärlichen Palmenwuchs, sowie künstlich angelegte Felder. Zwar war auch dieser Wald nicht völlig natürlich, da er doch gepflegt wurde, aber immerhin machte er den Eindruck, dass man sich in freier, unberührter Natur bewege. Yami brauchte nicht lange, um die Entscheidung zu fällen, den Pfad zu betreten und setzte seine Füße auf den dick von bunten Blättern belegten Boden, die feucht auf dem Grund klebten, so dass man kein Stück von der eigentlichen Erde mehr sehen konnte. Je tiefer er in den Wald vordrang, desto düsterer wurde es. Es war ohnehin ein bewölkter Tag, wenn es auch nicht so viel regnete wie gestern. Ab und zu fiel ein schwacher Lichtstrahl durch eine Lücke im Blätterdach, erhellte die Szenerie aber kaum. Dicke Wurzeln hoben sich am Wegesrand aus der Erde und rechter Hand fiel der Boden immer weiter ab, so dass man nach einer Weile tief hinunterblicken konnte. Nur das Zwitschern der Vögel und das Rascheln der Blätter im Wind sowie das leichte Knarzen der Bäume, waren zu hören. Was für eine friedliche Gegend. Wenn es doch nur immer so friedlich sein könnte. Er setzte sich auf einen Baumstamm, der am Wegesrand herumlag, störte sich nicht daran, dass dieser ziemlich feucht war und legte sein Kinn auf die Handfläche, den Ellenbogen auf sein Bein gestützt. Er blickte durch die dicht stehenden Baumreihen gegenüber, die schräg abfielen und fragte sich, wie die Landschaft dahinter wohl aussehen mochte. Immerhin war er schon eine ganze Weile gelaufen und wusste nicht, wohin dieser Weg wohl führte. Sein Magen knurrte, doch dies bemerkte er nur am Rande. Leise prasselnde Geräusche ließen ihn nach oben schauen und durch einen auf seiner Nasenspitze landenden Tropfen feststellen, dass es wieder zu regnen angefangen hatte. Das Blätterdach war allerdings so dicht, dass kaum etwas hindurch kam. Yami entschied sich, doch noch ein Stück weiterzulaufen. Was sollte er auch zu Hause bei Yugi? Dieser würde ihn doch nur wieder mit seinen besorgten Fragen löchern und zu wissen verlangen, was mit ihm los war. Allerdings konnte er auch nicht ewig davonlaufen. Im Gegenteil, ihm fehlte die Zeit. Aber was sollte er nur gegen diese schreckliche Angst tun? Und würde es denn etwas bringen, alles hinauszuzögern? Oder würde er verlieren, wenn er noch länger wartete? Aber andererseits. . . Yami wischte diese zweifelnden Gedanken aus seinem Hirn und sagte sich, dass ihm wohl nichts anderes übrig bliebe, als sich der Situation zu stellen. Trotzdem wollte er seine Wanderung noch ein wenig fortsetzen, da es ihm hier sehr gefiel. Unter dem Blätterdach blieb er überraschenderweise trotz des immer stärker werdenden Regens ziemlich trocken und nur gelegentlich kam ein Tropfen durch, weshalb ihn auch das nicht an seinem Vorhaben hinderte. Nach einer Weile erblickte er vor sich einen helleren Lichtstrahl, der anzeigte, dass dort eine größere Lücke im Wald sein musste und außerdem die Sonne durch die Wolken blinzelte. Und tatsächlich - als er dort ankam, konnte er auf eine riesige Lichtung blicken, innerhalb derer sich eine große, hoch gewachsene Wiese befand und halb versteckt hinter grünen Büschen stand eine kleine Holzhütte. Allerdings ließ sich das gesamte Gelände nicht betreten, da es von einem großen Maschendrahtzaun umgeben war. Seufzend glitt Yami an dem Zaun hinunter und in das hoch stehende Gras hinein. Dabei bemerkte er, dass es auch hier noch ziemlich feucht war, doch nun war es zu spät, das Malheur zu verhindern. Den Rückweg müsste er wohl mit einer nassen Hose zurücklegen. Aber irgendwie störte ihn das nicht sonderlich. Gedankenverloren starrte er vor sich hin, auf den von braunen, roten und gelben Blättern bedeckten Boden. Er merkte, dass er vom vielen Laufen doch ziemlich müde geworden war, zumal er sich in der Nacht unruhig hin- und hergewälzt und nicht gut geschlafen hatte. Vor lauter Müdigkeit bildete er sich schon ein, der Boden würde sich vor ihm kräuseln und Wellen werfen, zunächst durchsichtige Wellen, wie heiße Luft im Sommer, oder Heizungsluft im Winter unter einem Fenster sichtbar wird. Er blinzelte und schüttelte seinen Kopf, stand auf und streckte sich, bis ihm klar wurde, dass es nicht an einem schwachen Kreislauf lag, dass er dies zu sehen glaubte, sondern wirklich da war. In die durchsichtigen Luftwellen mischte sich schwarz, vergiftete die helle Oberfläche und überdeckte den Boden, bis der nahezu runde Fleck sich auf circa zwei Meter Breite ausgeweitet hatte. Yami fröstelte und er schlang die Arme um seinen Körper. Dies hier konnte nichts Gutes bedeuten. Er wandte sich ab, wollte diesem unheilvollen Etwas entfliehen, jedoch kam er nicht weit, da ihn etwas eiskaltes am Arm packte und erstarren ließ. Er wagte nicht, sich umzudrehen und hinter sich zu blicken, als ein Atem wie ein Eishauch - war es überhaupt Atem? - seinen Körper streifte. “Nun, Pharao? Unseren Pakt vergessen?”, erkundigte sich eine tiefe, nicht menschlich klingende Stimme. Nun wusste Yami, um wen es sich handelte. Er zwang sich, sich umzuwenden und dem Wesen ins Gesicht zu blicken, um keine Furcht zu zeigen. Vor ihm stand eine Kreatur, deren Begrenzungen fließend waren, wie die Wellen, die sie geschlagen hatte, als sie erschienen war. In ebensolchen Wellen floss nun die schwarze Gestalt wie ein Schemen aus dunklem, dichtem Rauch vor ihm. Die kalte Hand an seinem Arm, etwas Groteskes, scheinbar einem Alptraum entstiegen. Yami schauderte, als er in die Augen des Wesens blickte, wenn man das, was er sah, denn Augen nennen konnte, denn es war ebenso verschwommen, wie der Rest der Gestalt. Man erkannte lediglich etwas wie dunkle, schwarze, rundliche Kohlen, die von Innen heraus zu glänzen schienen. “Nein”, brachte Yami hervor und versuchte, seine Stimme sicher klingen zu lassen, was ihm nicht ganz gelang, da er am ganzen Körper zitterte. “Ich habe ihn nicht vergessen, aber du hast mir sechs Monate Zeit gegeben und die sind noch lange nicht vorbei. Was willst du also?” “Nun, ich sehe nicht gerade, dass du viel tust, um dein Ziel zu erreichen. Ich meine, mir wäre es ja nur Recht, denn dann bekomme ich das, was ich will ganz sicher, aber… Nun, es wäre besser für dich, wenn du dich daran erinnertest, was du mir versprochen hast.” “S- sicher”, mehr sagte Yami nicht, mehr konnte er nicht sagen und biss sich auf die Lippe. Wieso war er auch nur so dumm gewesen? Ach ja, er hatte keine andere Wahl gehabt. Darüber, dass er sich nicht daran erinnerte, was der Inhalt des Paktes darstellte, verlor er lieber kein Wort. Allerdings konnte er sich schon denken, dass die Kreatur vor ihm dies bereits genau wusste, ja sogar die Ursache für sein Vergessen war. Und jetzt kam sie, um sich über ihn lustig zu machen, ihn zu quälen und die Angst in seinen Augen zu sehen. “Schön, bald wirst du mir gehören, Pharao!“, meinte das schattenartige Wesen und fasste ihn mit der anderen Hand beim Kinn, um ihm tief in die Augen zu sehen. Seltsamerweise flößte Yami diese Geste weniger Angst ein, als das Erscheinen der Kreatur zuvor, denn sie kam ihm irgendwie so…menschlich vor. Erleichterung machte sich in ihm breit, als das Wesen wieder in den Erdboden sackte und mit dem üblichen Wellenaufwurf verschwand. Er bemerke erst, wie sehr seine Knie gezittert hatten, als er vor Erschöpfung auf den Boden sank. “Wo warst du nur wieder, Atemu?”, erkundigte sich Yugi besorgt, als er wieder Zuhause auftauchte. “Spazieren”, war seine lapidare Antwort. “Und das stundenlang?”, wunderte sich sein Aibou. “Gut, dann nenn’ es eben wandern.” “Also, jetzt schlägt’ s aber Dreizehn!”, regte sich der Kleine auf. “Ständig weichst du mir aus, dabei mache ich mir doch nur Sorgen um dich. Ich merke doch, dass irgendetwas mit dir nicht stimmt. Aber, nein, der stolze Pharao muss seine Probleme ja immer alleine lösen und braucht von niemandem Hilfe! I-ich dachte, wir wären Freunde und könnten uns alles erzählen!”, wurde Yugi zum Ende des Satzes hin ganz traurig und leise, während er den Kopf hängen ließ. Yamis Augen wurden groß. So hatte er die Sache gar nicht betrachtet. Er hatte nur nicht Yugi mit seinen Problemen belasten wollen und dass er stattdessen ihre Freundschaft belastete, hatte er gar nicht bemerkt. Trotzdem, er konnte ihm doch nicht erzählen, dass… “Ach, Yugi, es tut mir leid!”, seufzte Yami und blickte seinem Aibou zum ersten Mal seit langem wieder richtig in die Augen. Endlich taut er auf, dachte Yugi erleichtert. Der Pharao ließ sich auf sein Bett, welches gegenüber von Yugis stand, sinken und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. “Vielleicht hast du Recht, vielleicht sollte ich dir alles erzählen. Ich dachte nur, es wäre besser, du würdest dir nicht auch noch Sorgen machen müssen.” “Aber, Yami, das tue ich doch sowieso die ganze Zeit, weil du so deprimiert bist. Und außerdem sind Freunde doch dazu da, einander zu helfen, egal um was es geht. Bitte vertrau mir doch.” “Das tue ich ja”, rollte sich Yami nun auf die Seite, so dass er Yugi ansehen konnte und stützte seinen Kopf auf den Ellenbogen. “Also, gut”, beschloss er. “Ich werde es dir erzählen. Aber, wehe du lachst!”, guckte er gespielt böse. “Nein, wieso sollte ich dich auslachen? Ich höre dir einfach zu.” “Hm, also gut. Wie fange ich an? Ich weiß, am besten mache ich es kurz und schmerzlos: Ich bin verliebt…” “Aber, das ist ja fantastisch!”, sprang Yugi von seinem Bett auf, zu Yami rüber, um ihn einmal ganz fies durchzuknuddeln. “Hey, lass das Yugi, das kitzelt!” “Na, also gut. Und warum bist du deswegen so unglücklich? Hast du etwa einen Korb bekommen?” “Nein, das nicht…”, druckste der Pharao herum. “Also, was dann?” “Ich, puh, ich traue mich einfach nicht, es ihm zu sagen”, blickte Yami unschuldig in die Luft. “IHM?”, Yugi fiel beinahe aus dem Bett. “Hast du gerade “ihm” gesagt?” “Siehst du? Wenn du schon so reagierst, was wird er dann erst sagen? Und ja, du hast richtig verstanden, ich habe mich in einen Mann verliebt und dazu noch einen, der mich hassen, oder, wenn ich Glück habe, auch nur verachten wird, wenn er das erfährt. Deshalb kann ich es ihm nicht sagen, nein, auf gar keinen Fall.”, stützte Yami den Kopf in seine Hände und vergrub ihn darin. “Hm, na gut. Ich muss zugeben, ich bin überrascht, dass du auf Männer stehst und kann das ehrlich gesagt nicht verstehen. Aber das heißt nicht, dass ich dich jetzt verachte, oder so. Nein, du bist immer noch mein bester Freund und Seelenpartner und ich akzeptiere das. Also guck nicht mehr so deprimiert, ja?” “Ach, Yugi, danke. Ich bin froh, dass es dir nichts ausmacht.” “Ja, und?” “Und was?” “Wer ist denn nun der Glückliche?” “Frag das lieber nicht.” “Hab ich aber schon, da musst du jetzt drauf antworten!” “Also gut, halt dich besser fest, sonst fällst du mir noch wirklich vom Bett.” “Ähm, okay. Ist es denn wirklich so schlimm? Nein, warte, lass mich raten! Hm, du bist in…Jonouchi verliebt, oder?” “Wie kommst du denn darauf?”, guckte Yami Bauklötze. “Nein? Nicht?” “Nein.” “Ach so, ich dachte nur, weil du immer so Sachen gesagt hast, wie ‘Jonouchi, ich werde dich immer beschützen’ und ihr immer so viel von Freundschaft geredet habt, schon ein bisschen zuuu viel und da dachte ich…” “Oh, Gott, ich habe mit Jonouchi geflirtet, ohne es zu bemerken!” Der Pharao guckte ganz entsetzt. “Hat er etwas was darüber gesagt?” “Nein, wie gesagt, das war nur so eine Vermutung von mir. Aber eine dumme, denn Jonouchi würde dich ja nicht hassen, wenn du ihm sagst, dass du ihn liebst. Also, dann, wer könnte es noch sein. Hm, Honda nicht, da bin ich mir sicher. Wen gibt es denn da noch, den du näher kennst? Eigentlich gar nicht so viele. Kajiki, nein, glaub ich auch nicht. Ryuzaki oder Haga, nein, ha, ha, ganz sicher nicht. Ach, so ein Mist, ich komm einfach nicht drauf…” “Yugi, bitte!” “Was denn? Jetzt lass mich doch mal raten! Also, wenn Mokuba nicht zu jung wäre, würde ich ja sagen…” “YUGI!” “Na ja, manchmal, als du noch in meinem Köper warst, da hast du ihn so ganz lieb angeguckt, als hättest du ihn besonders gern…” “Yugi”, kam es nun ganz kleinlaut vom Pharao. “Willst du mich quälen?” “Hm, na gut, dann sag es mir, ich komm eh nicht drauf”, schmollte Yugi ein wenig. “Se..ka..ba”, nuschelte Yami. “Was hast du gesagt?” Yami wiederholte es noch einmal. “Wie bitte? Ich hab dich immer noch nicht verstanden.” Yami wiederholte es noch ein zweites Mal. “Was, jetzt sprich doch endlich mal deutlicher. Na los, lass es raus!” “SETO KAIBA!”, brüllte Yami, dass seinem Aibou die Ohren wegflogen. Das hatte sicherlich die halbe Nachbarschaft gehört. Was für ein Glück, dass Kaiba nicht dazugehörte. Yugi hingegen guckte ihn erstmal eine geschlagene Minute groß an. “Ist nicht dein Ernst!”, brachte er schließlich hervor. “Doch”, seufzte Yami. “Er ist so süß”, lächelte er verträumt. Das gab Yugi den Rest, der tatsächlich seitwärts vom Bett fiel. Von Kaiba als “süß” zu sprechen…, also, nein, das war wirklich, als spräche man vom Nordpol als ein warmes Örtchen. Und dann sein Yami, ausgerechnet in DEN verliebt! “Nein!”, ächzte Yugi. “Warum?” “Ich, äh…Muss ich das jetzt erzählen?”, wurde der Pharao ganz rot. Offenbar dachte er gerade an etwas nicht ganz so jugendfreies. “Aber, aber, ausgerechnet… Er wird dich töten!” “Eben, und deswegen werde ich es ihm niemals sagen können”, seufzte Yami traurig. Aber vielleicht bin ich sowieso schon bald tot, dachte er, während ihm ganz kalt wurde. Vielleicht sollte ich die Chance nutzen, bevor es für alles zu spät ist. Lieber durch Seto sterben, als durch diese Schattenkreatur. Anm. von Silfier: So, das war also das zweite Kapitel. Da ich gerade totmüde bin, aber es unbedingt noch hochladen wollte, damit es am Wochenende auch online ist, hoffe ich, dass ich beim Hochladen keinen Fehler gemacht habe^^°. Das nächste Kapitel kommt dann wieder nächstes Wochenende. Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen. Viele Grüße Silfier Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)