Paradies von kiyahotep (Impossible now to go back to where we began) ================================================================================ Kapitel 6: Erlösung? -------------------- Kapitel 6 Langsam wurde er wach. Der Traum war komisch gewesen. Teiou war wieder da. Er war bei Teiou in einer kleinen Dachkammer gewesen und Teiou hatte ihm auch das Siegel abgenommen. Er blinzelte ins Sonnenlicht welches hinter den Vorhängen hindurch schien. Etwas klopfte am Fenster, leise, aber stetig. Neben ihm regte sich jemand, drehte sich auf die andere Seite und murmelte nur, dass er noch schlafe und Ruhe bräuchte. Sein Blick fiel auf die Gestalt. Es war Teiou. Es war kein Traum gewesen. Unwillkürlich musste er lächeln. Auch wenn Teiou sich in den letzten Jahren allem Anschein nach verändert hatte, so gab es doch Eigenschaften, die er nur zu gut an ihm kannte. Teiou kam morgens nicht wirklich aus dem Bett und freiwillig schon gar nicht. Das war noch immer so ... Ein Arm des Prinzen lag noch um ihn und das Pochen am Fenster hörte nicht auf. Vorsichtig löste er sich von Teiou, setzte sich auf und rutschte ans Fußende. Alles so behände, dass er Teiou nicht weckte, was eh so gut wie unmöglich war. Wenn Teiou schlief, dann schlief er ... Vorsichtig schob er die Vorhänge zur Seite und wurde erstmal vom Licht geblendet. Es regnete nicht mehr, aber das Licht der noch aufgehenden Sonne brach sich in den vereinzelten Tropfen auf der Scheibe. Draußen auf dem Fensterbrett saß ein taubengroßer Vogel. Er war blaugefiedert und pochte mit seinem Schnabel immer wieder gegen die Scheibe. Anscheinend wollte er rein. Noch einmal sah er kurz zu Teiou, dann wieder zu dem Vogel. “Hyogyoku“, flüsterte er leise, machte sich daran das Fenster zu öffnen und das Tierchen reinzulassen, dessen Gefieder noch klitschnass war. Der setzte sich auch gleich freudig gurrend auf seine Schulter und fing an sich zu putzen. Wieder musste er lächeln. Teiou besaß Hyogyoku also noch immer. Den kleinen Drachenvogel, den er gefunden hatte, kurz nachdem er ihn mit in die Himmelswelt gebracht hatte. Lily, seinen Dämonenvogel hatte Teiou vernichten müssen, weil der mit einem anderen Dämon verschmolzen war und sie angegriffen hatte. Hyogyoku war praktisch seine Entschuldigung an ihn gewesen und vermutlich wollte Teiou auch, dass er sich nicht so alleine fühlte, wenn er nicht bei ihm war. Er kraulte den Vogel kurz, der nun auf seine Hand hüpfte und dort weiter seiner Beschäftigung nach ging, sich putze und danach zufrieden aufplusterte. Lächelnd ließ er sich zurücksinken, hielt die Hand aber so, dass Hyogyoku nicht runterfiel. Eine Weile redete er mit dem Vogel und streichelte ihn. Er war so glücklich gerade, wie seit Jahren nicht mehr. Neben sich hörte er nur die regelmäßigen Atemzüge von Teiou, der sich nicht stören lies von seiner Unterhaltung mit dem Vogel. Es klopfte. Neben ihm grummelte Teiou, dann hörte man von draußen eine Frauenstimme. “Herr? Seid ihr schon wach?“ ”Jetzt schon ...“ Teiou klang sehr begeistert, richtete sich ein Stück auf, so dass er Keika völlig verdeckte, der hinter ihm lag. Draußen lachte jemand leise, dann wurde die Tür geöffnet. Er wollte sehen, wer da rein kam, aber Teiou versperrte ihm die Sicht, daher wollte er sich auch aufrichten, aber Teiou drückte ihn wieder in die Kissen, ohne ihn dabei anzusehen. Schritte waren zu hören, jemand kam rein, aber er konnte diese Person, diese Frau nicht sehen. Dann klapperte etwas. Anscheinend stellte sie etwas auf den kleinen Tisch, schob dabei die Schale und den Krug, die auf diesem standen, zur Seite. “Ihr schlaft wieder in Eurem Bett? Wo ist Euer Gast?” Teiou deutete hinter sich, auf ihn, aber er bezweifelte, dass die Frau ihn sehen konnte, was anscheinend Teious Absicht war. Immerhin hatte er jetzt einen Dämon mit im Zimmer, was die letzten Tage ja nicht der Fall gewesen war. Also blieb er ruhig liegen und tat Teiou den Gefallen und spielte den Schlafenden. “Der Sessel war auf Dauer doch unbequem und das Bett ist ja groß genug.” Die Frau lachte leise, dann schlurfte sie wieder zur Tür. “Wenn Ihr noch was braucht, dann ruft einfach.” Teiou nickte. “Ach, heute musst du nicht nach ihm sehen. Ich bin nicht lange weg und es geht ihm besser”, dann deutete Teiou auf den Tisch, “Ich bringe die Sachen nachher mit runter, dann erspare ich dir den Aufstieg.” Die Dame bedankte sich, dann schloss sich die Tür wieder. Endlich drehte sich Teiou zu ihm um und sah ihn an. Ein ehrliches Lächeln lag auf seinen Lippen. “Gut geschlafen?” Er streckte die Hand aus und strich ihm durch die langen silbernen Haare. Eine weitere Eigenschaft, die er noch an sich hatte. Teiou konnte einfach nicht von seinen Haaren lassen. Für einen kurzen Moment schloss er genießerisch die Augen, dann sah er Teiou wieder an. “Ja, sehr gut sogar.” Er lächelte auch. Es war die Wahrheit. Ihm war nie wirklich bewusste gewesen, wie sehr er doch von Teious Nähe abhängig war. Nicht einmal in Lias’ Nähe hatte er so gut geschlafen. Alles, was die letzten Jahrhunderte geschehen war, schien im Moment so weit weg und irreal. “Anscheinend hat Hyogyoku dich schon viel früher erkannt als ich.” Der Blick des Prinzen fiel auf das Vögelchen, welches immer noch leise gurrte und den Kopf immer wieder an Keikas Arm entlang schmiegte. Jetzt allerdings sah es auf und flatterte auf Teious Schulter, wo es nun an dessen Haaren ziepte. “Ja ich weiß, du willst Futter haben ...” Teiou seufzte leise, ging zu dem großen Schrank, der im Licht nicht ganz so wuchtig wirkte, holte eine Dose raus und hielt sie dem Vogel hin, der emsig den Kopf in die Dose steckte. “Hyogyoku ist die letzten Tage nicht von dir gewichen. Ich musste ihn sogar davon abhalten, dass er dich anknabbert.” Der Schwarzhaarige grinste leicht. “Ich war anscheinend blind, dass ich dich nicht erkannt habe.” Er stellte die Dose auf den Tisch, wo das Tablett stand, was die Frau gebracht hatte. Hyogyoku hockte auf dem Rand der Dose und versank zur Hälfte darin. Man hörte nur, wie er ab und zu mit dem Schnabel gegen die Wand kam. “Willst du auch was essen?” Teiou sah ihn fragend an. “Du hattest seit Tagen nichts und du bist ... sehr schmal.” Besorgnis war aus seiner Stimme zu hören. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie er auf Teiou wirken musste. Er hatte nie wirklich Appetit gehabt, hatte nur dann gegessen, wenn Mara es ihm in die Hand gedrückt hatte. Sein Körper hatte darunter sehr wohl gelitten. Er war deutlich dünner, als normal, auch wenn er sonst schon immer recht schlank gewesen war. Er nickte. Teiou nahm das Tablett vom Tisch und wandte sich ihm dann wieder zu, dann stellte er es neben ihn auf das Bett. Ohne zu zögern nahm er sich von dem Gebäck und biss hinein. Es schmeckte gut, was vermutlich weniger an dem Gebäck lag, als an der Tatsache, dass Teiou bei ihm und er wieder einigermaßen gesund war und er daher Hunger hatte. “Wer war das eben gerade?” Fragend sah er Teiou an, der es sich nun auf der Bettkante bequem gemacht hatte und sich auch etwas von seinem Frühstück genommen hatte, während er selbst noch im Bett saß. “Shizuku, meine Vermieterin und Haushälterin so gesehen. Ihr Enkel hat hier vorher gewohnt, aber er ist gefallen vor langer Zeit.” Aufmerksam hörte er Teiou zu. Er lebte also schon lange hier. “Was ist ... was ist mit unserem Haus?” Warum stellte er diese Frage? Musste er nicht schon froh genug darüber sein, dass er wieder bei Teiou war? “Unser Haus ... Ich konnte dort nicht mehr ohne dich leben. Es war ... Es gab dort zu viel, was mich erinnert hat, außerdem stand es eh nicht mehr. Es lag zu nah an der südlichen Grenze.” Für einen kurzen Moment sah Teiou tief in Gedanken versunken aus, dann schien er sich wieder zu fassen und sah ihn mit seinen tiefblauen Augen an. Sie wirkten fast ein bisschen traurig, traurig darüber, dass das, was sie gemeinsam aufgebaut hatten zerstört worden war. “Deine Uniform. Sie sieht unbenutzt aus.” Mit einer Hand deutete er zum Schrank, wo der weiße, als auch der nachtschwarze Mantel hingen. Er wollte das Thema wechseln, aber er hatte auch so unendlich viele Fragen an Teiou. “Ich trage sie nicht mehr. Das ist meine Art von Protest. Aber das wird sich ändern.” Teiou wirkte entschlossen und völlig ernst. So ganz verstand er nicht, was Teiou verändern wollte. Ob Teiou nun die Uniform bald wieder tragen würde, oder seinen Protest niederlegen wollte, war ihm nicht wirklich klar. Zu lange war er nicht hier gewesen und in der Menschenwelt hatte er wenig von den Angelegenheiten des Himmels gehört, außer Lias war mal gesprächig gewesen, aber das Thema Himmelreich hatte der meistens ausgelassen. Wahrscheinlich um ihn nicht mit solchen Dingen zu belasten, oder ihn an seine alte Heimat zu erinnern. Für Lias war er ja ein normaler Himmelsbewohner gewesen, wenn auch ein straffälliger. “Ich muss jetzt gehen Keika.” Er sah auf, sah den Prinzen an, der mit Essen fertig war, während er selbst noch an seinen Stück Brot knabberte. “Ich habe etwas zu erledigen, aber es wird nicht lange dauern. Ich bin vor dem Abend zurück.” “Nimm mich mit, bitte.” er wollte nicht alleine bleiben, wollte Teiou nicht gleich wieder gehen lassen, wo sie doch erst seit ein paar Stunden wiedervereint waren, von denen er die meisten wohl verschlafen hatte. Der Dunkelhaarige schüttelte den Kopf. “Nein Keika. Ich kann dich nicht mitnehmen.” Teiou war aufgestanden und ging zu dem Schrank, aus dem er ein frisches Hemd nahm, welches er sich nun anzog. Schweigend sah er zu. Hier und da konnte er erkennen, dass Teiou verletzt gewesen war. Hellere Stellen seiner Haut verrieten die noch nicht lange verheilten Wunden. Das war durchaus nicht unüblich, immerhin war Teiou Generalfeldmarschall und somit prädestiniert für Verletzungen, wie jeder andere Soldat auch, zumal es in diesen Tagen eh sehr heftig zuging. Es herrschte ja Krieg innerhalb des Himmels, so viel wusste er. “Was hast du am Arm gemacht?” Fragend sah er Teiou an, der seine Ärmel gerade zurecht zog. Den einen schob er nun wieder hoch, sodass die Narbe wieder zu sehen war. “Das hab ich mir an dem Tag zugezogen, an dem du angeblich gestorben bist.” Nachdenklich betrachtete Teiou die Narbe, dann ließ er sie unter dem Stoff verschwinden. Teiou schien abgelenkt. “Teiou, nimm mich bitte mit”, versuchte er es noch einmal. Aber Teiou schüttelte wieder den Kopf, stand mit dem Rücken zu ihm und nahm den schwarzen Mantel vom Schrank. “Nein Keika. Du hast noch Fieber und bist zu schwach. Der Arzt hat gesagt du bräuchtest mindestens zwei Wochen Ruhe, wenn du dich überhaupt je ganz erholen solltest.” Sein Blick zeigte deutlich, dass er sich um Keika sehr sorgte. “Außerdem muss ich das alleine machen.” “Was wirst du denn machen?” Es war merkwürdig, dass Teiou nicht offen über das sprach, was er zu tun hatte. Vertraute er ihm nicht mehr wirklich? Oder war es so, dass er es Keika nicht sagen wollte? Teiou kam wieder auf ihn zu, kniete sich mit einem Bein auf die Bettkante und beugte sich zu ihm rüber, so dass sein Gesicht seinem ganz nah war. “Was ...” “Keika. Wenn ich wieder da bin wird alles gut. Dann ist es fast vorbei, dann können wir uns ein neues Haus bauen und wieder zusammen leben.” Was wollte er ihm sagen? Was hatte Teiou vor? Wie konnte eine Person das alles hier sofort beenden? Einen Krieg, der bereits Jahrhunderte andauerte? Teiou überbrückte das letzte Stück zwischen ihnen, berührte seine Lippen für den Bruchteil einer Sekunde, dann war der Kuss auch schon vorbei. Der Dunkelhaarige richtete sich auf und ging zur Tür. Als er diese bereits geöffnet hatte, drehte er sich noch einmal zu ihm um. “Bleib bitte hier drin. Es wird niemand kommen. Hyogyoku wird auf dich aufpassen.” Sein Blick wanderte noch einmal durch den Raum, dann verschwand er aus der Tür. Jetzt war er hier alleine ... Einen Moment blieb er noch ruhig sitzen, kaute auf seinem Stück Brot rum, welches er aber letztlich dann doch Hyogyoku überließ, der sich, glücklich über die Abwechslung zu seinen Körnern, darüber her machte. Vielleicht konnte er Teiou aus dem Fenster sehen. Er rutschte ans Fußende und zog die Vorhänge zur Seite, so dass er raus sehen konnte. Das Zimmer lag hoch, in einem dritten Stockwerk, direkt unterm Dach. Er sah nicht auf die Straße, sondern auf eine weitere Häuserrückfront. Unter dem Fenster lag ein Hinterhof, aus dem Kinderstimmen hinauf drangen. Einen Moment lang überlegte er, ob er den Kopf einmal raus strecken sollte, um hinunter zu sehen, entschied sich dann aber doch dagegen, da er sich vorstellen konnte, dass es nicht in Teious Sinne war, wenn man ihn hier als Dämon sah, wo er ihn eben noch vor den Blicken seiner Haushälterin bewahrt hatte. Er begnügte sich mit dem Blick aus dem Fenster. Die Häuser gegenüber waren nicht ganz so hoch und er konnte ein Stück weit über sie hinweg sehen. Soweit er wusste befanden sie sich nicht in einem der reicheren Stadtviertel. Solche Häuser gab es dort nicht und so nah an die Hütten, die sich nicht weit entfernt erstreckten und die er zum Teil sehen konnte, grenzte keines der Kaufmannsviertel, geschweige denn die Viertel, in denen der Adel lebte. Die Häuser auf die er sah waren ziemlich heruntergekommen von außen. Weiter weg stieg dunkler Rauch auf, was dem Himmel eine seltsame Färbung verlieh. Auch wenn hier direkt kein Kampf tobte merkte man doch, dass irgendetwas vor sich ging. Der Krieg hatte in der Stadt Einzug gehalten. Früher war er mit Teiou so oft durch die Stadt gestreift, hatte in seiner Tätigkeit als Teious direkter Untergebener wohl jeden Winkel gesehen, aber solche Anblicke waren die Ausnahme gewesen. Die Stadt war heruntergekommen, so weit er das beurteilen konnte. Teiou wollte es beenden. Wie hatte er nicht gesagt, aber er wollte dem allen ein Ende setzen. Er tastete nach der Decke und zog sie sich um die Schultern, während sein Blick weiter auf den Häusern lag. Er würde hier auf Teiou warten, hoffen, dass er zurückkehren würde. Teiou war so entschlossen gewesen, er hatte ernst gewirkt und daher hatte er keine Bedenken geäußert, wie er es sonst getan hätte, wenn Teiou ihm etwas verschwieg. Er konnte nur hoffen, das Teiou keine Dummheiten anstellen würde, dass er sein Versprechen hielt und vor der Dunkelheit wieder hier war, die ihn sonst um den Schlaf bringen würde. Ohne Teiou, würde er sicher nicht mehr lange leben ... jetzt wo er ihn wieder hatte sicher nicht ... Man hatte ihn durchgelassen, wie immer. Die Wachsoldaten am äußeren Befestigungsring hatten ihn freundlich gegrüßt, er hatte sie gegrüßt, dann war er weiter gegangen ohne Umschweife. Das Haupttor passierte er auch ohne großartiges Aufsehen zu erregen. Es war wie immer. Der jüngste Bruder des Tennos durfte ein und aus gehen wie er wollte. Vielleicht vertraute ihm Shoou doch zu sehr, oder aber sein Bruder war sich seiner Loyalität zu sicher. Vermutlich trauten sie ihm nicht das zu, was er nun vorhatte, was alles verändern würde, beenden würde ... Hinter dem reichlich verzierten Eingangsportal bog er in einen Seitengang, folgte diesem bis zu den Marmortreppen, die er zwei Stockwerke hoch stieg. Ein paar Dienstmädchen kamen ihm entgegen. Sie lächelten und begrüßten ihn respektvoll, als er ein Stück entfernt war hörte er sie kichern. Als er in Tahous Alter gewesen war, hatte er sich oft mit ihnen abgegeben und rumgealbert. Viele von ihnen hatte er verführt und mit seinen Kumpels regelrechte Wettstreits geführt, wer die meisten Freundinnen hatte. Meistens hatte er gewonnen. Jetzt war ihm das egal. Seit Keika da war, war ihm das egal. Viele hübsche Mädchen hatten versucht ihn für sich zu gewinnen, auch nach Keikas angeblichem Tod. Er hatte sie alle ignoriert. Endlich erreichte er sein Ziel. Ohne zu Klopfen öffnete er die schwere Holztüre, die in Tahous Gemächer führte. “Onkel Teiou.” Der junge Prinz sah ihn erstaunt an, machte sich dann eilig daran sich sein Hemd überzuziehen. Irgendwie konnte er sich denken, wo diese Mädchen herkamen, die ihm gerade begegnet waren. Er würde aber nicht weiter fragen. Wie konnte er es Tahou verübeln? In dem Alter war er ja genauso gewesen. “Hast du die Aufgabe erfüllt, die ich dir gegeben habe?” Er stand nun mitten im Raum, sah den Jüngeren an, der nun aufstand und auf einen großen Schrank zuging. “Ja ich hab alles hier. Die Gewänder und den Fächer auch.” Unter einem leisen Knarzen öffnete Tahou eine Tür des Schrankes, reckte sich und zog aus dem obersten Fach, versteckt hinter einer Kiste, ein edles Gewand und einen zusammengeklappten Fächer hervor. “Hier. Gewand und Fächer.” Sein Neffe hielt es ihm hin und er nahm es ihm ab, betrachtete das Gewand prüfend, welches er von seinem Bruder kannte. “Sehr gut”, murmelte er leise und wandte sich um. “Was hast du vor Onkel Teiou?” Fragend sah Tahou ihn an. “Ich werde diesem Krieg ein Ende setzen. Bereite dich darauf vor deine Bestimmung zu erfüllen.” Er sah Tahou nicht an, stand mit dem Rücken zu ihm. “Meine ... Bestimmung. Du willst ... Willst du das wirklich tun? Onkel?” Er nickte, Tahou schien verstanden zu haben. Er konnte seinen Neffen nicht ansehen. “Ich kann es verstehen.” Tahous Stimme war leise, aber fest und er konnte seinen Blick auf seinem Rücken spüren. “Ich werde meinen Platz einnehmen, wie ich es versprochen habe ...” Wieder nickte er nur. “Ich habe dir alles beigebracht Tahou. Du wirst deinen Weg sicher finden.” Seine Worte waren genauso leise wie Tahous und ohne ihn nochmal anzusehen ging er zur Tür und verließ das Gemach seines Neffen. Es war vielleicht ein Abschied, das wussten sie beide. Der Gang war leer. Das konnte ihm nur Recht sein. Hastig ging er um die nächste Ecke in einen wenig genutzten Gang, wo sein ehemaliges Zimmer lag, welches seit Jahren ungenutzt war. Kurz sah er sich um, dann verschwand er in seinem Gemach. Der Blick in den Spiegel war zufriedenstellend. Seine muskulöse Gestalt verschwand unter dem weichen Stoff. Er sah aus wie ein normaler schmächtiger Höfling. Die Haare hatte er sich recht weit unten locker zusammengebunden, sein Stirnband abgelegt. Die Gestalt im Spiegel ähnelte ihm zwar noch, aber sie hatte genausoviel Ähnlichkeit mit seinem älteren Bruder Koo. Die Haare waren zwar ein Stück kürzer, aber das würde weiter nicht auffallen. Wenn er den Kopf leicht senkte, verdeckten seine Haare die Narbe und er hatte ja immer noch den Fächer, den er nun von einem kleinen Tischchen nahm und aufklappte. Auf den ersten Blick wirkte er wie Koo. Er schloss die Augen kurz, dann sah er noch einmal in den Spiegel. Es war doch von Vorteil seine magischen Kräfte ausreichend zu beherrschen. Das zahlte sich nun aus. Aus dem Spiegel sah ihn sein Bruder an. Nur die Narbe zeichnete sich noch leicht ab. Ohne Umweg, aber in angemessenem Schritt, ging er zu den Gemächern des Tennos. Er wusste, dass Shoou sicher dort war. So früh ließ er sich nicht dazu herab sich die Belange der Bevölkerung anzuhören. Ohne Probleme kam er an den Wachen vorbei, die sich vor ihm verneigten. Er bedachte sie nur mit einem leichten hochmütigen Nicken, dann betrat er das Zimmer. “Koo. Was führt dich so früh her? Ich dachte du wärst heute deine Schreine besichtigen.” Sein Bruder sah ihn erstaunt an. “Es gibt Dinge die sind wichtiger Bruder.” Wie er es von Koo kannte, klappte er den Fächer gekonnt zusammen und setzte sich auf einen freien Sessel zu Shoou, dem anscheinend nichts merkwürdiges an seinem ersten Berater auffiel. “Was wäre denn zum Beispiel eine wichtigere Angelegenheit, die dich so spontan alles über den Haufen werfen lässt?” Shoou sah ihn ernst an. Er bedachte ihn aber nur mit einem sehr kurzen Blick, dann drehte er den Fächer in seinen Händen und betrachtete diesen. “Teious Dämon ist wieder aufgetaucht ...” Er stellte diese Aussage einfach in den Raum. Einen Moment herrschte Stille ... entsetze Stille. Er hielt den Kopf gesenkt, blickte aber Shoou direkt an, der das anscheinend nicht bemerkte. Shoou schien in Rage zu geraten. Man konnte förmlich sehen, wie er wütend wurde, nun die Fäuste ballte und sich von seinem Platz erhob. Er hatte sich nicht wirklich überlegt, wie er dieses Gespräch eröffnen sollte. Er hatte es auf sich zu kommen lassen. Die Aussage gerade war ihm spontan gekommen und sie erzielte die gewünschte Wirkung. Jetzt würde er die Wahrheit herausfinden. Genau jetzt ... “Koo!”, donnerte der Tenno nun los, “Du hast dich seiner doch entledigt. Du hast ihn doch selbst getötet, nachdem du Teiou ausgeschaltet hattest.” Koo hatte das also alles eingefädelt. Erst ihn ausgeschaltet. Der Blitz, der ihn getroffen hatte, kam von seinem älteren Bruder, der danach Keika töten wollte, was ihm ja nicht gelungen war, was er ihm aber doch sehr überzeugend weis gemacht hatte. Nun erhob er sich auch, war ein ganzes Stück größer als Shoou, der ihn wütend anfunkelte. Nun rauschte der Tenno um den Tisch herum, der sie voneinander trennte, sodass sie sich genau gegenüber standen. Er spürte den Zeigefinger seines Bruder gegen seine Brust drücken. “Du hast mich all die Jahre belogen! Teiou war uns hilflos ausgeliefert, war nicht mehr er selbst. Wir haben ihn für unsere Zwecke und Dienste benutzen können und er hat nie widersprochen. Was glaubst du wird der jetzt alles anstellen? Er hat sein wahres Wesen quasi wiedergefunden. Er ist aus seinem Scheintod erwacht. Mit Sicherheit ist er das!” Er sah seinen Bruder an, legte dem wütenden Tenno die linke Hand, in der er auch den Fächer hielt, auf die Schulter. “Ich kann dir ganz genau sagen, was er jetzt tun wird”, flüsterte er beschwörend. Er spürte, wie Shoou unter seiner Hand erstarrte. “Er wird dafür sorgen, dass es hier einen Tyrannen weniger gibt.” Seine blauen Augen blitzen kurz auf, dann sah er, wie sich die Augen seines Bruders entsetzt weiteten. “Er wird diesen Krieg hier beenden.” Blitzschnell zog er einen Dolch, den er am Gürtel trug und stach zu. Sein Bruder keuchte auf, sackte ein bisschen weg. “Teiou ...”, mit Mühe brachte seinen Namen hervor, während sich sein Gewand unterhalb der Brust blutrot färbte. “Genau ... Ich bin Teiou, gut erkannt”, raunte er dem blassen König ins Ohr. “Deine Herrschaft ist nun vorbei ... Shoou.” Er drehte den Dolch einmal rum, der immer noch in der Wunde steckte. Sein Bruder sank vor ihm auf die Knie. “Es ist vorbei. Shoou.” “Teiou ... ich bin dein Bruder.” Erstickend brachte sein ältester Bruder diese Worte hervor, dennoch konnte man den Vorwurf deutlich heraus hören. “Halbbruder”, korrigierte er ihn, “Wir hatten nie etwas gemeinsam, außer unseren Vater. Ich bereue es nicht das hier zu tun.” Seine Hand lag immer noch auf Shoous Schulter. Er verstärkte seinen Griff, hielt ihn fest, dann zog er seinen Dolch zurück. Er betrachtete die rot gefärbte Klinge kurz, dann ließ er seinen Bruder los, der nun in sich zusammensackte und sich nicht mehr regte. Er bedachte ihn mit einem kurzen kühlen Blick - anscheinend hatte er gut gezielt. Er zog ein Tuch aus dem Ärmel des Gewandes, schlug das blutige Messer darin ein, bevor er es einsteckte. Dann ging er zu dem Schrank wo der Tenno die wichtigsten Dokumente aufbewahrte, die nur ihn und Koo etwas angingen. Er warf einen Blick in eine lederne Umschlagmappe, steckte diese ein und ging zurück zur Tür. Von dort sah er nochmal auf die Gestalt, die am Boden lag. Um sie herum war der kostbare Teppich rot gefärbt. Er schüttelte den Kopf. “Schade um den Teppich, nicht wahr?” Flüsterte er leise, dann verließ er die königlichen Gemächer. Vorbei an den Wachen, die vor den Türen standen, in passieren ließen, ihn erneut grüßten ... Jetzt würde ein neues Zeitalter beginnen. Ab jetzt ... Er hatte seine Pflicht erfüllt. Nun war Ashray am Zug. Würde dieser sein Versprechen halten und seinen Vater um den Thron bringen? Er konnte nur hoffen. “Enttäusch mich nicht ... Ashray.” Nachwort: Also~ besorgt euch schonmal Taschentücher fürs nächste Kapitel ;) Nur als Vorwarnung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)