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Micha

von

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An der Uferpromenade

Hallo^^ *winkz*

Das hier ist meine erste Shônen-Ai-FF und irgendwie finde ich, dass es langsam wirklich Zeit dafür wurde ^^;

Titelvorschläge werden gerne entgegengenommen, genauso wie Kritik. Also bis dahin: Viel Spaß! ^__^
 

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Die Sonne strahlte warm auf die Erde und den See hernieder.

Micha saß mit seinem Freund auf den warmen Steinen der Promenade und erfreute sich, wie so viele anderen, des schönen Wetters. Er hatte sich lange nicht mehr so wohl gefühlt.

„Willste mal probieren?“, fragte Robin und hielt Micha das Eis vor die Nase. Vorsichtig nickte dieser und schleckte an dem Eis. Als er den Kopf seinem Freund zuwandte, grinste dieser ihn süffisant an und schüchtern fragte Micha: „Schmeckst du auch nach Zitrone?“

„Probier’s doch aus.“, schlug Robin grinsend vor und zog Micha an dessen Kragen zu sich. Er küsste ihn zärtlich, bis Micha sich von ihm löste und lächelte: „Zitrone.“

„Och, Jungs!“, stöhnte Septima, ihre beste Freundin, die neben ihnen auf den Steinstufen saß. „Müsst ihr denn in aller Öffentlichkeit so rummachen? Ihr seid so peinlich und unhöflich!“ Micha errötete leicht und murmelte zu Boden blickend: „Tut mir Leid.“

„Wieso entschuldigst du dich denn? Peinlich braucht uns nichts zu sein und wenn es sie stört, soll sie sich endlich mal ’nen Freund zulegen…“ Affektiert beleidigt boxte sie ihm gegen die Schulter und streckte ihm die Zunge heraus. Micha lächelte leicht. Sie waren immer so; ständig neckten sie sich. Immer diese Kabbeleien. Da fiel ihm ein, dass er heute Nacht nicht nach Hause konnte, da seine Eltern sich das Wochenende frei genommen hatten und verreist waren und er keinen Schlüssel dabei hatte. Er würde wohl bei Robin schlafen müssen, was ihm jedoch nicht unrecht war. So fragte er: „Robin?“ Doch dieser war gerade so damit beschäftigt Septima zu kitzeln, dass er ihn gar nicht hörte. Noch einmal rief er seinen Namen, nun etwas nachdrücklicher und Robin, der das 16-jährige Mädchen gerade im Schwitzkasten hatte, horchte auf.

„Was is’n?“, fragte er, die zappelnde Septima immer noch festhaltend. Micha kicherte leicht über ihren verzweifelten Gesichtsausdruck und die Leichtigkeit mit der der Dunkelhaarige sie festhielt, dann fragte er: „Kann ich übers Wochenende bei dir bleiben? Meine Eltern sind weg und ich habe den Schlüssel liegen gelassen.“ Robin stöhnte auf und ließ Septima los, woraufhin diese, das Gleichgewicht verlierend, mit den Armen ruderte und anschließend auf den Boden knallte.

„Was denkst du auch nie an so was?“, maulte der Ältere ihn an und fuhr sich durch die braunen, wuscheligen Haare. Zu Boden blickend murmelte Micha erneut eine Entschuldigung.

„Wenn’s sein muss.“, meinte Robin. „Meine Alten werden aber nicht sonderlich begeistert sein, die haben eh keinen Bock auf unsere Beziehung.“

„Nun sei nicht so fies!“, fiel ihm Septima ins Wort, die sich wieder aufgerappelt hatte und sich den Rock abklopfte. „Das kann doch jedem mal passieren, außerdem ist er dein Freund und wird doch wohl bei dir übernachten können.“ Sich wieder setzend knurrte Robin: „Jaja.“ Micha traute sich immer noch nicht wieder aufzusehen. Erneut nuschelte er: „Es tut mir Leid, ehrlich, Robin.“ Da spürte er, wie Robin ihm durch die Haare wuschelte.

„Ist doch schon gut, Micha. Schließlich liebe ich dich.“, lächelte er ihn an. Micha erwiderte dieses Lächeln, lehnte seinen Kopf gegen die Schulter seines Freundes und flüsterte: „Ich liebe dich auch.“
 

„Jungs, lasst uns irgendwo reingehen, ich glaube es beginnt gleich zu regnen!“, meinte Septima und schaute skeptisch in den inzwischen wolkenverhangenen Himmel. In der Ferne konnte man es schon donnern hören. Ein Sturm zog auf.

„Und wohin?“, fragte Robin gelangweilt. Sein Kopf lag auf Michas Schoß, der ihn zärtlich durchs Haar kraulte.

„Ist mir egal, Hauptsache irgendwohin, wo es trocken ist.“, entgegnete das Mädchen mit den schulterlangen rosa gefärbten Haaren. „Von mir aus gehen wir halt in’ Galgen.“

Das Galgenhölzle, von allen Jugendlichen nur Galgen genannt. Ein makabrer Name für eine Kneipe, doch bei den Jugendlichen der Stadt die Trendkneipe schlechthin. Sogar die Schüler des Salemcolleges gingen dorthin. Der Galgen lag nur etwa fünfzig Meter von der Promenade entfernt, so mussten sie nicht einmal weit laufen.

„Von mir aus.“, meinte Robin und erhob sich. „Kommst du, Micha?“ Dieser nickte schweigend und stand ebenfalls auf. Robin und Septima waren schon einige Schritte vorausgegangen. Die Beiden hätten ein seltsames Paar abgegeben, schoss es Micha durch den Kopf.

Robin war ein Schönling, dunkelbraune, gepflegte Haare, über die er ein Kopftuch gebunden hatte, braungebrannte Haut, ein durchtrainierter Körper und modische Kleidung. Dagegen Septima. Sie scherte es einen Dreck, was die Leute von ihr hielten. Über den rosa Haaren hatte sie eine braune, flauschige Mütze mit Bärenöhrchen an, dazu ein bunt geringeltes Top ohne Träger mit Herzchentaschen, dass ihr bis unter die Hüfte ging, kurze, weite Jeans, geringelte Socken, die ihr bis knapp über die Knie reichten und Cowboyboots. Es war kaum zu glauben, dass sich die beiden so gut verstanden, wo sie so unterschiedlich zu sein schienen. Micha bewunderte beide. Sie hatten ihren Stil und ihre Meinung. Micha traute sich nicht eine eigene Meinung zu haben; er hatte zu viel Angst, dass sie falsch sein könnte. Auch einen besonderen Kleidungsstil hatte er nicht. Er hatte ein einfaches, weißes Hemd an, das er in die Hose gesteckt hatte, einfache Jeans und die schwarz-weiß karierten Vans, die ihm Robin zum 17. Geburtstag geschenkt hatte.

Er beeilte sich, um zu den beiden aufzuschließen und als er neben ihnen herging ergriff er Robins Hand. Bewundernd sah er zu ihm auf. Sein Gesicht war männlich, markant. Sein eigenes hingegen eher feminin, es hatte weiche Züge. Als Robin bemerkte, wie Micha ihn anstarrte, fragte er skeptisch: „Was glotzt du mich so komisch an? Hab ich was in den Haaren oder im Gesicht?“ Lächelnd schüttelte Micha den Kopf und erwiderte: „Ich finde dich nur hübsch.“

„Da bist du nicht der Einzige…“, grinste Robin. Micha senkte den Blick erneut. Er hätte sich gewünscht, dass sein Freund die freundliche Geste erwidern würde, so wie er es zu Beginn ihrer Beziehung getan hatte. Damals war er so glücklich gewesen.
 

„Kann man euch was Gutes tun?“, fragte der Kellner grinsend und hielt Robin die Hand entgegen. Dieser ergriff sie und strahlte: „’n Abend, Olli, seit wann musst du denn Freitags Arbeiten?“ Der Angesprochene reichte Septima als nächstes die Hand und antwortete: „Melli ist krank, da bin ich kurzerhand für sie eingesprungen. Hey, Septima, hi Micha.“, grüßte er nun die anderen beiden und gab zu guter Letzt Micha die Hand. „Also, was wollt ihr trinken?“

„Bring mir ’nen Milchschnaps.“, orderte Robin und Septima, die neben ihm saß, flehte: „Au ja, Olli, bring mir auch einen! Bitte, bitte!“ Einen Moment schien dieser zu überlegen, doch schließlich sagte er: „Sorry, Septima, aber du bist erst 16 und so gerne ich dir auch einen bringen würde, damit würde ich mich in Schwierigkeiten bringen.“

„Ach Mann!“, schmollte diese nun, doch Robin sagte gelassen: „Gut, dann bring mir zwei.“ Septimas Augen leuchteten auf und sie fiel Michas Freund um den Hals, als wolle sie ihn zerquetschen. Micha lächelte nur nachsichtig; er fand es schön, wenn sie sich so gut verstanden. Aber Olli riss ihn aus den Gedanken: „Und was willst du, Micha?“ Der Blöndling warf einen kurzen Blick auf seinen Freund, der wieder mit Septima am rumalbern war und sagte dann: „Bring mir einfach ’ne Cola.“

„Wie du meinst.“ Olli zuckte daraufhin nur mit den Schultern und ging.

Der Galgen war in drei Bereiche eingeteilt. Sie befanden sich im Vorderen, das war der größte. Da das Gebäude an einer Ecke lag, waren in diesem Raum fünf Fenster, an denen jeweils ein kleiner Tisch stand – an einem solchen saßen die drei. Bei der Tür auf der linken Seite waren zwei Stehtische und wenn man die Treppe auf derselben Seite hinunterging, kam man zu den Toiletten. Außerdem stand noch ein großer Tisch relativ in der Mitte des Raums, dahinter noch ein etwas kleinerer und an der Bar waren noch zahlreiche Hocker. An den Wänden waren Straßen- und Verkehrsschilder angebracht und an der Decke hing sogar ein Fahrrad.

Micha war immer wieder gerne hier; die Holztische- und Bänke erwiesen einen gewissen Charme und jedes Mal gab es etwas Neues an den Wänden zu entdecken.

Die Lippen Robins legten sich auf die seinen und ließen ihn auffahren.

„Wo warst du denn gerade mit deinen Gedanken, mein Süßer?“, fragte er leise und Micha antwortete, ganz trunken vor Liebe: „Ach, nicht so wichtig.“

„Na dann.“ Erneut beugte sich Robin über den Tisch und küsste Micha zärtlich, das genervte Räuspern Septimas überhörend. Er hätte die Augen geschlossen und genoss es, wie liebevoll sein Freund zu ihm war.

„Könnt ihr euch nicht ein Zimmer nehmen, Jungs?“ Micha schrak zurück und schlug sich den Kopf an der Wand an, was ihm ein erschrockenes „Au!“, entfleuchen ließ. Olli stellte die Getränke ab, grinste ihn noch einmal an und eilte zu einer jungen Frau, die nach ihm gerufen hatte.

Micha hielt sich den schmerzenden Hinterkopf. Besorgt kam Robin um den Tisch, kniete sich zu ihm nieder, legte ihm die Hand aufs Bein und fragte fürsorglich: „Ist alles Okay?“ Micha biss die Zähne zusammen, zwang sich zu einem Lächeln und nickte. „Ja, alles in Ordnung, danke.“ Dennoch setzte sich Robin neben ihn, legte seinen Arm um ihn und drückte ihm ein Küsschen auf die Wange. „Du musst halt besser aufpassen und darfst nicht so schreckhaft sein.“ Auf seine Cola starrend nickte Micha erneut, erwiderte aber nichts.

Die Tür wurde aufgerissen und eine Gruppe von fünf jungen Männern betrat den Raum. Sie schauten sich um. Als einer von ihnen, ihr ‚Anführer’ Micha, Robin und Septima erblickte, grinste er und sagte etwas zu seinen Jungs, dann kamen sie auf die Drei zu und blieben kurz vor ihrem Tisch stehen. Geringschätzig musterten sie das Grüppchen.

Micha blieb die Luft weg. Er hatte schon einmal Bekanntschaft mit diesen Kerlen machen müssen. Sie waren Schläger und auch Micha war damals nur mit einem blauen Auge und zahlreichen Blutergüssen davongekommen. Gero, der zuvorderst stand, grinste abfällig. Seine kurzen Haare waren rot gefärbt und an seinem Hals konnte man noch ein Stück des Tattoos sehen, das seine Schulter und den muskulösen Oberarm zierte.

„Na wen haben wir denn hier?“, fragte er und sein dreckiges Grinsen wurde noch breiter. „Das Mädchen, das der größte Freak ist, der mir je untergekommen ist und das Schwuchtelpärchen…“

„Verschwinde, Gero!“, zischte Robin und wollte sich erheben, doch Micha hielt ihn mit verkrampften und zitternden Fingern am Ärmel seines Hemdes fest und flüsterte: „Nein, Robin, lass das lieber!“

„Sei du still“, fuhr sein Freund ihn an und Micha wich erschrocken zurück. Was war denn in ihn gefahren?
 

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Das war das erste Kapitel, ich hoffe, bis hierhin hat es euch gefallen und ihr gebt mir viele Rückmeldungen.

Bis dahin *Kekse verteil* dat Terrormopf^^

Rot gefärbtes Haar

Hallo^^

Hier ist das (ich würde ja jetzt gerne 'lang ersehnte' schreiben, aber das passte irgendwie nicht so ganz ûu) nächste Kapitel.

Ich freue mich immer über Kommentare und beantworte Fragen, insofern welche aufkommen sollten, gerne. ^__^ Ich weiß, ich bin sozial! >D

Aber genug der Rede. Viel Spaß beim Lesen^^ *Kekse verteil*

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Die Regentropfen prasselten aggressiv gegen die Fenster der Kneipe. Ein Blitz erhellte den dunklen Himmel und ein Donnergrollen folgte ihm.

Robin hatte sich erhoben und sah Gero wutentbrannt in die Augen. Dieser hielt seinem Blick stand mit einem höhnischen Lächeln auf den Lippen. Leise, sodass man ihn kaum verstand, fragte er: „Was willst du jetzt machen, Schwuchtel? Mich schlagen?“ Robin schnaubte unterdrückt; es erinnerte Micha an einen rasenden Stier. Hilfe suchend schaute er zu Septima, die die Beiden auch nur atemlos beobachtete.

„Nenn mich nicht so!“, knurrte Robin und trat einen Schritt näher an Gero heran.

Was sollte Micha nur tun? Sein Atem beschleunigte sich und er dachte panisch über eine Lösung dieser Situation nach. Sein Blick wanderte durch das Lokal. Keiner der Gäste achtete auf sie. Kein Wunder; laut waren sie schließlich nicht, aber das würde sich bald ändern, das war dem Blöndling klar.

„Und was sollte mich daran hindern, Schwuchtel?“, fragte Gero und das süffisante Grinsen auf seinen Lippen wurde nur noch breiter. Auch er war näher an seinen Gegenüber herangetreten. Er war immer noch einen halben Kopf größer als Robin und sah auf ihn herab.

Micha spürte, wie die Luft sich auflud, er konnte es schon fast knistern hören. Dieser Hass machte ihn fast wahnsinnig.

Gleich würden sie sich schlagen.

Gleich würden die Fäuste aufeinander dreschen.

Was sollte er nur tun? Septima rührte sich immer noch nicht, sie war wohl vor Angst gelähmt. Er verstand sie nur zu gut, am liebsten wäre auch er unfähig gewesen, sich zu bewegen, doch ohne dass er es wirklich wollte erhob er sich. Er hatte keine Ahnung was er da tat, als er langsam einen Schritt auf Gero zukam und leise bat: „Bitte, Gero. Er meint es nicht so. Bitte lass uns in Ruhe.“ Der Rothaarige allerdings lachte spöttisch auf, krempelte sich die Ärmel seines blutroten Hemdes hoch und fragte währenddessen an Robin gewandt: „Soso, Schwuchtel, musst dich also schon von deinem kleinen Freund beschützen lassen? Wie erbärmlich.“

„Halt die Fresse!“, brüllte Robin und hatte die verkrampften Hände zu Fäusten geballt.

„Hoho!“, höhnte Gero. „Harte Worte, lass mal sehen wie hart deine Fäuste sind!“ Er holte aus und schlug zu.

„NEIN!“, schrie Micha und warf sich vor seinen Freund.

Seine Wange und sein Kiefer schmerzten, genauso wie seine Lippe. Er hatte sich darauf gebissen und nun den eisernen Geschmack seines Blutes im Mund.

Die Luft hatte Feuer gefangen. Micha wusste, dass die Situation gleich eskalieren würde. Er war zu Boden gefallen, doch rappelte er sich wieder auf und stellte sich schützend vor Robin. Erneut holte der Größere zum Schlag aus, da kam Olli angelaufen und brüllte ihn an: „Spinnst du? Hör auf Kunden zu verprügeln, oder du fliegst hier hochkant raus!“

Gero erwiderte nichts mehr, sondern warf noch einen verächtlichen Blick auf Micha und ging dann in einen der hinteren Räume.

Micha atmete erleichtert auf. Er hatte schon geglaubt, er würde erneut verprügelt werden.

„Hör mal, Micha…“, riss ihn Robin aus den Gedanken. Er drehte sich um und gewahrte diesen bei Septima, die er an der Hand nahm und ihr aufhalf. „Ich bringe sie jetzt besser nach Hause. Warte du hier, bis ich wieder komme.“ Micha nickte leicht.

Er wollte nicht, dass Robin jetzt ging und ihn alleine ließ. Er hatte den Schlag für ihn abgefangen, er wollte wenigstens noch einen Kuss zum Abschied, doch seinen Freund zu fragen, traute er sich nicht.

Als Robin und Septima aus der Türe waren, setzte er sich wieder an den Tisch und starrte auf die beiden ausgetrunkenen Schnapsgläschen seiner Freunde. Er selbst hatte die Cola noch nicht angerührt.

Seine Hand schloss sich um das Glas und er hob es an seine Wange.

Es war schön kühl.

Das Blut pulsierte heiß durch die Adern der geschundenen Gesichtshälfte. Er blickte sich im Raum um. Niemand achtete auf ihn. Vorhin, als Gero zugeschlagen hatte, da hatten sie alle getuschelt und zu ihnen gesehen, doch jetzt war er ihnen wieder egal, wie schon zuvor.

Olli kam auf ihn zugelaufen mit einem Kühlakku in ein Geschirrhandtuch eingewickelt in der Hand. Diesen drückte er anstatt des Glases an Michas Wange und meinte: „Das kühlt besser. Trink lieber deine Cola, bevor sie warm wird und die Kohlensäure rausgeht.“ Micha nickte stumm und trank etwas von der Cola. Sie schmeckte schon leicht abgestanden, aber es war jetzt genau das Richtige, um seine ausgetrocknete Kehle zu benetzen.

Olli war wieder gegangen, schließlich hatte er noch andere Gäste zu bedienen.

Das gleichmäßige Rauschen des Regens drang an Michas Ohren, als er das Fenster kippte. Er brauchte frische Luft, denn sein Kopf schmerzte noch von dem harten Schlag Geros. Wenigstens das Kühlen brachte ein wenig Entlastung.

Weswegen brauchte Robin nur so lange? Micha hatte die Cola schon seit einer viertel Stunde leer und begann sich Sorgen zu machen. Vielleicht war er einfach nach Hause gegangen?

Micha kramte in seiner Hosentasche.

Ein Glück! Den Schlüssel zu Robins Wohnung hatte er noch in der Tasche. Er würde einfach gehen und nachsehen, ob Robin schon zu Hause war. Er winkte Olli zu und sagte leise: „Ich möchte bitte zahlen.“

„Ehm…“, druckste dieser leicht verlegen. „Also Robin hat die beiden Milchschnäpse noch nicht gezahlt… übernimmst du das?“ Micha sah verwundert auf.

Wahrscheinlich hatte er es einfach nur vergessen. Das konnte schließlich passieren. So nickte er und zahlte auch die beiden Milchschnäpse. Olli bedankte sich und rief ihm noch ein ‚Gute Besserung!’ zu, als er durch die Tür nach draußen ging.

Es regnete noch mehr als zuvor und schon nach einigen Metern war Micha total durchnässt. Er hatte noch eine ganzschöne Strecke vor sich. Er musste die Gradebergstraße hoch und noch den Burgberg. Hätte er doch nur einen Regenschirm mitgenommen, aber dafür war es jetzt zu spät und nass war er ohnehin schon.

Die Uhr am Münster schlug gerade elf Uhr, als er mit schweren Schritten die Geradebergstraße erklomm. Er lief nicht gerne und Berge ging er schon gar nicht gerne hinauf. So keuchte er schwer, als er oben ankam. Im Sport war er immer eine Niete gewesen. Robin, ja der war stets ein Einserschüler gewesen; bis er die Schule geschmissen hatte und eine Ausbildung begonnen hatte. Micha würde sich das nicht trauen. Seine Eltern würden fürchterlich mit ihm schimpfen und seinen Lehrern hätte er auch nicht mehr ins Gesicht sehen können. So blieb er denn lieber noch zweieinhalb Jahre auf dem Gymnasium und machte sein Abi. Danach würde er wohl nach Konstanz studieren gehen, so wie es seine Eltern wollten, denn dann konnte er seine Studienzeit über weiterhin bei ihnen wohnen.

Inzwischen war er am Fuße des Burgbergs angekommen und sah wehleidig hinauf. Es war jedes Mal eine Qual hier hinauf zu laufen. Wie sehr wünschte er sich jetzt Robin her, der ihn auf seinem Motorrad mit nach oben nahm.

Er seufzte und machte sich an den Anstieg. Hoffentlich war Robin schon zu Hause. In diesem Moment wünschte er sich nichts sehnlicher als heiß zu duschen und dann in dessen Armen, die ihn besitzergreifend umklammerten, einzuschlafen. Wenn es sein müsste würde er auch vorher noch einmal mit ihm schlafen.

Seine Füße schienen schwer wie Blei zu sein und er hatte erst die Hälfte des Burgbergs hinter sich gelassen. Für einen kurzen Moment hielt er inne um wieder zu Atem zu kommen.

Der Regen kühlte seine Wange und die Tropfen perlten von seiner Nasenspitze und von seinem Kinn. Ein kalter Wind pfiff ihm um die Ohren und machte ihn frösteln. Er setzte sich wieder in Bewegung und sah stur auf die durchnässten Vans. Sie hatten 45 Euro gekostet und dennoch hatte Robin sie ihm geschenkt, obwohl er knapp bei Kasse gewesen war. Er liebte ihn wohl wirklich.

Endlich war er oben angekommen. Nun musste er nur noch an den paar Schrebergärten und am Grisu, einem Billardcafé, vorbei, dann war er da.

Mit tauben Fingern zog er den Schlüssel aus seiner Tasche und steckte ihn ins Schloss.

Es brannte kein Licht, also war Robin wohl noch nicht zu Hause. Er zog seine Schuhe nicht aus, sondern schlurfte in Richtung Schlafzimmer. Er würde morgen putzen. Das Duschen wollte er bleiben lassen. Nur noch schlafen. Er war hundemüde.

Vorsichtig öffnete er die Tür zum Schlafzimmer.

Seine Augen weiteten sich.

Er konnte nicht fassen was er da sah und Tränen stiegen in seine Augen.

Da lag Septima in Robins Bett; nackt. Und über ihr Robin.

Sie hatten Sex miteinander.

So leise es ging schloss Micha die Tür wieder und drehte sich um. Aus der Küche holte er einen Lappen und wischte die Wasserspuren auf, die er hinterlassen hatte, bis zum Eingang.

Er ging wieder hinaus. In den strömenden Regen. Nasser konnte er ohnehin nicht werden.

Warum? Schoss es ihm durch den Kopf. War er nicht gut genug gewesen? War es Robin auf die Dauer langweilig mit ihm geworden? Bestimmt war es das. Es lag daran, dass er keine eigene Meinung hatte. Septima ließ sich von niemandem etwas sagen, sie war viel stärker als er.

Vielleicht lag es auch einfach nur daran, dass er keine Brüste hatte. Vielleicht war es Robin leid geworden mit einem Jungen zu schlafen. Er war wohl wirklich nicht gut genug für ihn.

Auf einem Spielplatz, fast am unteren Rande des Burgbergs, bei der Suso-Kirche, ließ er sich auf einer Schaukel nieder. Seine Kleider hingen klamm und schwer an ihm und machten ihm das Bewegen unweigerlich schwerer.

Leicht wippte er nach vorne und hinten. Seine blonden, nassen Haare hingen ihm ins Gesicht; er sah zu Boden. Deshalb konnte er auch nicht sehen, wie ein stämmiger Kerl mit rot gefärbtem Haar auf ihn zukam. Dieser kniete sich zu ihm nieder, hob sein Gesicht am Kinn an und sah ihm grinsend in die Augen.

„Ein schönes Veilchen habe ich dir da verpasst, Kleiner.“, meinte er und leckte sich über die Lippen. Er war mindestens ebenso durchnässt wie Micha. „Warum heulst du denn?“ Micha antwortete nicht. Nun würde Gero ihn wieder verprügeln. Aber vielleicht geschah ihm das gerade recht, schließlich schaffte er es nicht Robin glücklich zu machen.

„Wo hast du denn deinen Freund gelassen und dieses Weib?“, fragte Gero weiter und baute sich zu voller Größe auf. Das hätte er gar nicht machen müssen, denn Michas Kopf hing ohnehin nur schlapp auf seinen Schultern und blickte gen Boden. Auch wenn er es gesehen hätte, mehr hätte es ihn auch nicht eingeschüchtert. Er saß lediglich da und erwartete den ersten Schlag.

„Dann bekommst du eben noch ein Veilchen.“, meinte Gero achselzuckend und trat Micha hart gegen die Brust, sodass er hintenüber kippte. Doch er landete verhältnismäßig weich auf dem aufgeschwemmten Rindenmolch. Er richtete den Oberkörper auf und erkannte, wie Gero bedrohlich auf ihn zuschritt.

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Das war's soweit von Kapitel Nummer zwei.

Vorschläge für einen gescheiten Titel dieser FF sind weiterhin gern gesehen.

lG, dat Terrormopf^^

Gespräch

Hello again^^

Das dritte Kapitel.

Ich hoffe, es gefällt euch so gut wie die beiden Vorigen; danke für die Kommentare *verbeug*

So perchance you enjoy reading this one, too! ^__^

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War es nun vorbei?

Schon seit ein paar Minuten hatte Micha keinen Schlag mehr gespürt.

Wie spät es wohl war? Ob Robin nach ihm suchen würde?

Sein Bauch tat weh. Wie oft hatte Gero ihn eigentlich getreten? In den Bauch bestimmt vier, fünf Mal.

Er kauerte sich auf der Seite zusammen. Wenn er sich bewegte tat ihm jeder einzelne Knochen weh, als wäre jeder einzelne gebrochen. Wahrscheinlich blutete er auch.

Noch immer hatte er den Geschmack von Erde und Gras auf der Zunge; Gero hatte sein Gesicht in die schlammige Wiese gerammt.

Unfähig sich weiter zu bewegen, lief ihm eine Träne über die Nase und tropfte auf den auch so schon nassen Boden. Alles tat ihm weh. Alles.
 

„Micha?“ Eine Stimme weckte ihn aus seiner Ohnmacht und er öffnete die Augen leicht. Verschwommen nahm er die Wiese wahr, die im schwachen Lichte des Morgengrauens grün-gräulich vor ihm lag.

„Micha! Scheiße! Was ist denn passiert?“ Es war Robin, der sich über ihn gebeugt hatte und fassungslos auf ihn sah. Kaum merklich schüttelte Micha den Kopf. Er konnte jetzt nicht sprechen. Robin sprach unbeirrt weiter. „Am Besten, ich bringe dich erstmal zu mir und mache dir etwas zum Essen, dann kannst du mir alles erzählen.“

Er war so lieb.

Bestimmt war das, was er gestern gesehen hatte nur Einbildung gewesen. Robin würde ihn niemals betrügen, schließlich sagte Robin immerzu, dass er ihn liebte.

Ebendieser zog den kraftlosen Micha an den Armen hoch, ließ ihn für einen kurzen Augenblick jedoch los, in dem er drohte wieder zusammenzusacken, und fasste ihn dann unter den Achseln, sodass er ihn besser auf die Schaukel hieven konnte.

„Kannst du dich festhalten, wenn ich dich huckepack nehme?“, fragte Robin und sah seinem Gegenüber prüfend in die trüben, ausdruckslosen Augen. Micha nickte schwach. Als sein Freund ihm den Rücken zuwandte und in die Hocke ging, legte er seine Arme um dessen Hals und hängte sich an ihn. Robin griff ihn vorsichtig etwas oberhalb der Kniekehlen.

Mit Micha auf dem Rücken ging er schnellen Schrittes den Burgberg wieder hinauf. Micha hätte es in dem Tempo nicht einmal geschafft, wäre er unverletzt. Er bewunderte Robin so sehr.

„Kannst du einen Moment alleine stehen?“, fragte Robin ihn, als sie vor dessen Wohnungstür standen. Nun erhob Micha seine Stimme und er krächzte ein heiseres: „Ja.“ Daraufhin setzte Robin ihn vorsichtig ab, holte den Schlüssel hervor und schloss auf.

Micha fror erbärmlich. Es war eigentlich auch kein Wunder; er hatte die ganze Nacht in den nassen Kleidern auf der nassen Wiese gelegen. Als er, von Robin gestützt, durch den Flur lief, fiel sein Blick auf den Spiegel, der dort hing. Sein Spiegelbild sah übel zugerichtet aus. Ein Auge blau; nein, nicht nur ein Auge, eigentlich die ganze linke Gesichtshälfte war verquollen, auf der Schläfe die Brandschwiele der Zigarette, die Gero dort ausgedrückt hatte, und unter dem Auge eine Platzwunde, genau wie an der Lippe. Die andere Hälfte seines Gesichts war von Schlamm bedeckt.

Als Robin bemerkte, wie Micha zitterte, lenkte er dessen Schritte nicht ins Schlafzimmer, sondern als erstes ins Bad.

„Zieh du dich schon mal aus, ich lasse dir ein Bad ein.“, flüsterte er und schritt an die Badewanne heran. Micha entkleidete sich langsam. Jede Bewegung schmerzte dumpf. Als er fertig war, setzte er sich auf eine der Waschtrommeln und sah Robin zu, wie er geschäftig hin und her lief. Er ließ ihm ein Schaumbad ein, zupfte währenddessen ein Handtuch aus dem weißen Hängeschrank, lief in sein Zimmer, holte da eine Boxershorts, eine Jeans und ein Hemd und legte die Sachen auf die Waschmaschine. Dann drehte er das Wasser ab und wandte sich Micha zu. „Kommst du alleine klar? Dann würde ich jetzt nämlich in die Küche gehen und uns etwas zu essen machen.“ Micha nickte, den Blick gen Boden gerichtet. Er mochte es nicht nackt zu sein und von Robin angesehen zu werden. Warum, wusste er auch nicht.
 

Das Wasser war wohlig warm und Micha versank fast vollständig darin. Er wäre auch eingeschlafen, hätte Robin nicht gegen die Tür geklopft und gerufen: „Lebst du da drinnen noch oder bist du schon abgesoffen?“ Er zwang sich zu einer Antwort, damit der Ältere nicht hereinkam und ließ das Wasser ab. Unter der Dusche wusch er sich gründlich und als er fertig war, griff er tropfend nach dem Handtuch, das Robin ihm bereitgelegt hatte. Er wickelte es sich um die Lenden, trat aus der Dusche und ging an den Hängeschrank, in dem die Handtücher lagen. Dort holte er sich noch ein kleineres heraus und rubbelte sich damit die Haare trocken.

Noch einmal wollte er sich im Spiegel betrachten, doch der war total beschlagen. Hatte er etwa so heiß geduscht? So ließ er es denn bleiben, trocknete sich stattdessen ab und zog sich die Sachen an, die Robin ihm gegeben hatte. Dann öffnete er das kleine Fenster und ging hinaus zu Robin in die Küche.

Der stand am Herd, machte Pfannekuchen und hatte das Radio dazu voll aufgedreht. Michas Schädel dröhnte schon nach wenigen Sekunden des Einflusses dieser Musik. Im Takt des Basses pochte er und wollte nicht aufhören zu schmerzen, auch als Micha sich die Ohren zuhielt und die Hände gegen seinen Kopf presste.

Robin hörte oft solche Musik und wenn er sie hörte, dann nur bei voller Lautstärke. Micha sagte nie etwas dazu, auch wenn er immer Kopfschmerzen davon bekam, aber er wollte kein Spielverderber sein. Als Robin sich bei einem Gitarrensolo im Kreis drehte und ihn erblickte, hielt er abrupt in seiner Bewegung inne und musterte ihn durchdringend.

„Ist dir die Musik etwa zu laut?“, fragte er ungläubig und etwas Abwertendes lag in seiner Stimme, was Micha stutzen ließ. Schlechten Gewissens nickte er leicht und sofort ging Robin zum Radio und schaltete es aus. „So besser?“ Wieder nickte Micha, obgleich seine Kopfschmerzen noch da waren. „Leg dich ins Bett, ich bringe dir gleich was zum Essen.“ Sein Tonfall war rau und gebieterisch; ließ keine Widerrede zu. Micha gehorchte.

Die Rollläden waren noch heruntergelassen, was Micha nur recht war. Er ließ sich auf das weiche Bett nieder und wartete. Wieder drang die laute Musik an seine Ohren, Robin hatte wohl das Radio wieder angestellt.

Nach einer Weile kam Robin mit einem Tablett, auf dem die Pfannekuchen standen, herein und gab es Micha. Dann warf er sich neben ihm aufs Bett und schaltete den Fernseher ein. Micha hatte keinen Hunger und wollte auch nicht fernsehen, doch er zwang sich alles herunter zu würgen, schließlich hatte Robin es extra für ihn gemacht. Danach war ihm schlecht.

Vom Fernsehen hielten ihn seine Kopfschmerzen ab. Er lehnte sich vorsichtig zurück.

An dieser Stelle hatte Septima gestern Abend gelegen.

Das Bild ging ihm nun nicht mehr aus dem Kopf.

Es war weder Traum, noch Einbildung gewesen und Micha wusste das. Aber es tat weh. Es tat mehr weh als all die Verletzungen, die Gero ihm zugefügt hatte.

„Liebst du sie?“, hörte er sich plötzlich selbst fragen. Erstaunt wandte Robin den Blick von der Talkshow ab und sah auf ihn. Micha wollte die Worte zurücknehmen, die Frage ungeschehen machen, doch dazu war es zu spät; einmal gesagt konnte man Worte nicht mehr zurückrufen.

„Wen liebe ich?“, fragte Robin und musterte Micha mit einem eiskalten, durchdringenden Blick. Im Fernsehen stritten sich diese obszönen Gestalten weiter, doch bei ihnen herrschte eiserne Stille vor. Micha wollte es nicht aussprechen; er traute es sich nicht einmal Robin in die Augen zu sehen. Nachdrücklicher fragte Robin erneut: „Wen liebe ich?“ Er hatte den Ton ausgestellt, was die Luft noch dicker werden ließ.

Micha mied weiterhin den Augenkontakt zu Robin und flüsterte schließlich: „Septima.“ Verdutzt schüttelte Robin den Kopf und wiederholte: „Septima? Wie kommst du denn auf so einen Schwachsinn?“

„Du hast gestern mit ihr geschlafen. Hier. In diesem Bett.“

Stille.

Robin sagte nichts, doch Micha konnte hören, wie er schwer schluckte. Nun war es egal. Micha sah zu Robin auf und erkannte, wie unwohl der sich in seiner Haut fühlte. Erneut stellte er seine Frage: „Liebst du sie?“ Und ganz leise, den Blick wieder von ihm abwendend fügte er hinzu: „Mehr als mich?“

„Nein, Micha, das verstehst du völlig falsch! Lass es mich erklären!“, rief Robin aus und fuchtelte wild mit den Händen.

Hoffnungsvoll sah Micha auf. Gleich würde ihm Robin sagen, dass er ihn liebte und dann war alles wieder in Ordnung. Dann würden sie sich umarmen, küssen und das Bild würde aus seinem Kopf verschwinden.

Robin musste erneut schlucken und wich leicht zurück. Verwundert über das Betragen seines Freundes blieb Micha aus diesem Zögern nur ein Schluss zu ziehen: Sie war es, die sein Herz auserkoren hatte. Seine Zeit war abgelaufen, er war nur noch ein lästiges Insekt, das man von der Tischplatte schnipsen musste. Er hatte ihm nicht genügt.

„Es tut mir Leid.“, flüsterte er und wandte den Blick wieder von Robin ab. Er hatte es nicht geschafft ihn glücklich zu machen. Es war seine schuld. Ganz allein seine. Hätte er mehr zu seiner Meinung gestanden, so wie Septima es tat, dann hätte er Robin nicht enttäuscht und der hätte sich nicht zu Septima flüchten müssen.

Ja, er selbst war schuld.

„Vielleicht solltest du jetzt besser gehen.“, hörte er Robin ganz leise sagen. Ohne etwas zu erwidern erhob sich Micha und schlurfte ins Bad, um dort seine Schuhe zu holen; sie waren noch klitschnass. Nichtsdestotrotz schlüpfte er hinein und als er durch die Tür ging, sah er noch einmal in Robins Schlafzimmer. Er saß noch immer auf dem Bett, den Blick nach unten gerichtet und hatte sich keinen Millimeter bewegt.

Er konnte es kaum fassen. Wie hatte ihm Robin nur so durch die Finger gleiten können? Es war doch alles so perfekt gewesen, er war so glücklich gewesen. Er verstand nicht, was er falsch gemacht hatte, doch es musste an ihm gelegen haben. Es gab keine andere Option.

Mit hängende Schultern und gesenktem Blick ging er wieder in die Stadt. Die Sonne war inzwischen vollends aufgegangen und strahlte warm auf die noch feuchten Straßen herab. Der See, der vor ihm lag, reflektierte das Licht und blendete ihn grell.

Er saß auf demselben Platz auf dem er noch gestern gesessen hatte, Robins Kopf in seinem Schoß gebettet.

„Micha?“, rief ihn eine ihm bekannte Stimme zu. „Was machst du denn um diese Uhrzeit hier?“ Langsam drehte er sich zu Septima um, die ihn anlächelte. Doch als sie sein geschundenes Gesicht erblickte verlor sie die Fassung und ihre Mimik versteinerte sich.

„Oh Gott!“ Mehr brachte sie nicht heraus.

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Tut mir leid, dass die Kapitel immer so kurz sind, ich bemühe mich das nächste länger zu machen und hoffe, dieses hier hat euch gefallen.

Danke fürs Lesen *Kekse verteil* Terrormopf^^

PS: Happy Birthday HellfireAngel^^

Reihenhaus

Herzlich willkommen zu einem neuen Kapitel meiner FF mit dem sinnfreien Namen "Der Blöndling" xD

Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass ich dieses Kapitel etwas länger gestalten konnte. Des weiteren hoffe ich natürlich, dass es Ihnen gefallen wird und Sie nicht enttäuscht, aber lesen Sie selbst:

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Nun saß er auf einem Stuhl in dem Café, in dem Septima jobbte, und beobachtete, wie mehr und mehr Touristen die Promenade belebten. Das rosahaarige Mädchen hatte ihn kurzerhand mitgenommen und wollte in ihrer Pause mit ihm reden, doch im Moment hatte sie viel zu tun, da die ganzen Urlauber es sich nicht nehmen lassen wollten mit Blick auf den See zu frühstücken. Micha beobachtete sie. Sie konnte so gut mit Menschen umgehen; jedem Kunden schenkte sie ein warmes und freundliches Lächeln, scherzte hier und da ein bisschen und erkundigte sich stets nach dem Wohlbefinden der Besucher.

Schließlich, so gegen halb elf, ließ sie sich erschöpft auf einen Stuhl ihm gegenüber sinken und stöhnte auf, sich mit dem Ärmel der weißen Arbeitsbluse über die Stirn wischend. Sie in diesen ‚normalen’ Kleidern zu sehen war ein seltsamer Anblick: die dunkle Röhrenjeans, darüber eine lange, schwarze Schürze und eine weiße Bluse, deren Ärmel hochgekrempelt waren. Das Einzige, das noch an ihren Stil erinnerte, waren die knallpinken Chucks an ihren Füßen. Micha schmunzelte, als er sie so sah. Es war ein mehr als ungewohnter Anblick für ihn, auch dass ihr das Pony nicht keck das rechte Auge verdeckte, sondern brav mit einem Klemmerchen nach hinten gesteckt war und da in den ordentlichen Pferdeschwanz einfloss, verwirrte ihn etwas. Zwar hatte sie sich öfter über die Kleidung beschwert, die sie bei ihrer Arbeit trug, doch hatte Micha sie noch nie darin gesehen und so ungewohnt es auch war, es stand ihr dennoch. Skeptisch musterte sie ihn und fragte: „Wieso grinst du mich denn so an, Micha?“ Ohne etwas zu erwidern schüttelte er den Kopf. Nun beugte sie sich zu ihm vor und fügte leiser hinzu: „Und jetzt erzähl mir mal, was los ist. Warum sitzt du so früh alleine an der Prome und bist übersäht mit blauen Flecken? Haben du und Robin etwa SM Spielchen ausprobiert?“ Sie lachte, doch Micha war bei dem Scherz gar nicht zum Lachen zumute. Dennoch zwang er sich zu einem Lächeln. Er konnte ihr nicht böse sein. Sie konnte schließlich nichts dazu, dass er Robin nicht hatte glücklich machen können.

„Nun sag schon!“, drängte sie ihn weiter und ihr Gesichtsausdruck war wieder ernst geworden. Michas Blick wanderte gen Boden.

„Gero hat mich verprügelt.“, flüsterte er und gab das schwache Lächeln auf seinen Lippen noch immer nicht auf. Erschrocken erkundigte sich Septima: „Wann denn das? Nachdem Robin und ich gegangen sind? Oh Gott, der hat dich wirklich übel zugerichtet. Konntest du dich denn gar nicht wehren? Was hat Robin denn dazu gesagt?“ Ja, was hatte Robin dazu gesagt? Die Antwort war leicht: Nichts. Gerade wollte er den Mund aufmachen, da rief ein Mann hinter der Theke: „Septima, ich bezahle dich nicht zum Pause machen! Das hier ist kein Selbstbedienungscafé, also geh jetzt gefälligst wieder an die Arbeit, oder ich werfe deinen Freund raus, der nimmt unseren Kunden eh nur den Platz weg und bestellt nicht mal was!“

„Jaja, Chef, ich komme sofort!“, kam die Antwort patzig von dem rosahaarigen Mädchen. Missmutig erhob sie sich und entschuldigte sich bei Micha: „Tut mir Leid, aber ich muss wieder. Erzähl es mir gleich, ja?“ Sie wartete nicht auf eine Antwort, sondern drehte sich um, die neuen Kunden zu begrüßen. Micha seufzte niedergeschlagen. Es war sicher besser, wenn er ging, schließlich gehörte es sich wirklich nicht in einem Café zu sitzen und nichts zu trinken oder zu essen.

Er stellte sich nach draußen und wartete, dass er Septima in einem passenden Moment abfangen konnte, um sich von ihr zu verabschieden. Als sie sah, wie er da stand, unschlüssig, das Gewicht von einem Bein auf das andere verlagernd, sah sie sich kurz aufmerksam um und schlich dann zu ihm.

„Was ist denn los? Warum bist du nicht drinnen?“, fragte sie. Er sah auf ihren schlanken Hals und stotterte leicht, als er ihr antwortete: „Nun ja, weißt du… Ich muss noch etwas Dringendes erledigen.“ Ihr bei dieser Lüge in die Augen zu schauen traute er sich nicht. Ungläubig hob sie die Augenbrauen und wiederholte: „Du musst noch etwas Dringendes erledigen? Micha, ich…“ Sie wollte gerade noch etwas hinzufügen, da rief einer der Touristen: „Fräulein? Wir würden gerne bezahlen.“ Hin und her gerissen drehte sie den Kopf zu dem Mann und schien zu überlegen, ob sie ihn nun anbrüllen oder nur höflich nicken sollte. Nach einigen Augenblicken entschied sie sich für letzteres, drehte sie sich aber dennoch zu Micha um, sah ihm prüfend in die Augen und sagte: „Gut, dann geh, aber versprich mir, dass du dich später noch mal bei mir meldest und dann reden wir richtig.“ Er nickte; seine Finger waren hinter seinem Rücken gekreuzt. So drückte sie ihm schnell ein freundschaftliches Küsschen auf die Wange und lief dann flink zu dem Mann, der nach ihr gerufen hatte.

Micha seufzte bekümmert auf. Er mochte es nicht seine Freunde zu belügen, er mochte Lügen insgesamt nicht. Aber nur so hatte er davonkommen können.
 

Den Tag verbrachte er alleine. Ein paar Male war er an der Promenade entlang spaziert, für ein oder zwei Stunden hatte er sich auch in den Stadtgarten gesetzt.

Die meisten Leute, die an ihm vorbeikamen, glotzten ihn komisch an und begannen dann hinter vorgehaltener Hand zu tuscheln. Er sah wohl wirklich übel aus. Aber zum Glück war es nichts Schlimmeres. Hätte er ins Krankenhaus gemusst, hätte Robin gewiss mit ihm geschimpft.

Robin.

Was er wohl gerade tat? Das Bild, wie er da auf seinem Bett saß, unbeweglich, den Kopf geneigt, kam Micha wieder vor Augen. Noch immer schmerzte der Gedanke daran. Aber eigentlich war es auch kein Wunder, dass Robin mit Septima geschlafen hatte. Was wollte so ein attraktiver und bewundernswerter Junge denn mit einem minderwertigen Geschöpf wie ihm? Bestimmt würde Robin mit Septima glücklicher werden.

Die Sonne ging schon langsam unter und tauchte den Himmel in ein warmes Orange mit einem Hauch rosa. Nun stellte sich ihm die Frage, wo er heute Nacht bleiben sollte. Zu Robin konnte er nicht mehr und wenn er zu Septima ging musste er reden. Hier in der Stadt konnte er aber auch nicht bleiben, denn wenn ihn die Polizei nach zwölf Uhr aufgabelte, dann müsste er vielleicht mit auf das Polizeirevier müssen, weil seine Eltern ja nicht da waren.

Schließlich wurde es dunkel. Er erhob sich von der Bank auf der er gesessen hatte und machte sich auf, ein weiteres Mal die Promenade entlang zu laufen. Doch kaum hatte er sich erhoben, begann sein Bauch zu knurren. Bis auf das Frühstück hatte er schon den ganzen Tag nichts gegessen und nun rebellierte sein Magen. Aber in seinem Geldbeutel herrschte Flaute und auch auf der Bank hatte er kaum noch etwas; so musste er wohl oder übel hungrig bleiben.

Um diese Uhrzeit waren viele Jugendliche unterwegs. Sie belagerten die Steinstufen am See, tranken, lachten und sangen. Einer hatte sogar seine Gitarre dabei. Für einen Moment blieb Micha stehen und hörte ihnen zu. Sie grölten mehr, als dass sie sangen und Micha erinnerte sich melancholisch lächelnd daran, wie Robin sich immer über diese Punks lustig gemacht hatte.

Micha setzte sich einige Meter von ihnen entfernt und hörte weiter zu. Ein Mädchen hatte sich die Gitarre genommen und stimmte eine Ballade an. Außer ihr sang niemand und Micha hätte in dem Gesang versinken können. Er legte den Kopf in den Nacken und sah in den Sternenklaren Himmel. Es war eine tolle Atmosphäre hier; die sanfte Brise, die ihm durchs Haar wehte, der See vor ihm, der die Strahlen des Mondes leuchtend reflektierte und am anderen Ufer die kleinen Lichter Wallhausens, Dingelsdorfs und noch einiger anderer Dörfer. Aber genießen konnte Micha es nicht. Seine Gedanken drehten sich ständig nur um Robin. Ob er wohl auch in der Stadt war?

Nein, wahrscheinlich nicht. Er saß womöglich zuhause vor dem Fernseher und sah sich irgendeine Komödie an, so wie er es immer tat, wenn er frustriert war.

Die Zeit verstrich, ohne dass Micha wirklich etwas davon mitbekam und ehe er’s sich versah, schlug die Turmuhr des Münsters schon Mitternacht. Erschrocken fuhr er auf und sah sich um. Nun war kaum noch etwas los, die meisten waren entweder in einer Kneipe oder schon längst zu Hause. Kalt war es geworden und eine steife Brise ließ ihn frösteln.

Wo er hin sollte, wusste er immer noch nicht, aber am Besten erst einmal raus aus der Stadt, denn hier patrouillierten die Polizisten öfter und er wollte auf keinen Fall die Nacht auf dem Revier verbringen.

Er entschied sich nicht dafür die Gradebergstraße hinaufzuschlurfen, sondern stieg lieber die Treppen der zirka fünfzig Meter westlicher gelegenen Luziengasse hinauf. Treppen waren ihm lieber als Berge. Allerdings kam er auch hier ziemlich aus der Puste, schließlich war es der gleiche Höhenunterschied. Er war gerade oben angekommen, da sah er im spärlichen Licht der Lampe an der Bank, die da stand, jemanden liegen.

Unschlüssig blieb er stehen. Was war mit der Person los? Vorsichtig trat er etwas näher heran und fragte leise: „Entschuldigen Sie, ist mit Ihnen alles in Ordnung?“ Als er jedoch das Gesicht desjenigen sehen konnte, wich er erschrocken zurück und keuchte: „Gero!“ Er stolperte und fiel rücklings auf seinen Hintern. Ein paar Sekunden verweilte er so und starrte den jungen Mann, der da stockbesoffen vor ihm lag, atemlos an. Er wäre am liebsten weggerannt, doch er war wie gelähmt.

Schließlich fasste er sich wieder. Er konnte ihn unmöglich so da liegen lassen. Bei den Temperaturen holte er sich dadurch noch den Tod. Vorsichtig krabbelte er auf allen Vieren näher zu Gero. Ganz leise sagte er dessen Namen, doch Gero schmatzte nur und drehte sich ein wenig auf die Seite. Er schlief.

Tief Luft holend fasste Micha einen Entschluss. Er kam dem Schlafenden ganz nahe. Behutsam stupste er ihn an und als er dadurch nicht aufwachte, griff er ihm in die hintere Hosentasche und zog sein Portemonnaie heraus.

Für den Bruchteil einer Sekunde spielte er mit dem Gedanken nun einfach mit dem Geldbeutel davon zu laufen, aber das konnte er nicht, dafür war er zu ehrlich. Stattdessen ging er näher an die Straßenlaterne und zog den Ausweis des Älteren hervor.

Langgasse elf.

Da wohnte er also. Fast am Fuße des Burgbergs. Micha steckte den Ausweis zurück in den Geldbeutel, steckte diesen ein und ging wieder zurück zu Gero. Ob er das wohl schaffen würde? Er musste!

So legte er sich Geros Arm um die Schultern und hievte ihn mit aller Kraft hoch. Langsam setzte er sich in Bewegung. Er hätte nicht gedacht, dass er so schwer war, aber schließlich war er knapp anderthalb Köpfe größer als der schmächtige Micha und dazu noch extrem muskulös.

Sie waren gerade zwanzig Meter weiter, da spürte Micha, wie Gero selbst mitlief. Nach einiger Zeit fragte dieser ihn unter großer Anstrengung die richtigen Worte zusammenzusuchen: „Wohin geh’n wir denn ei… eigentlich?“

„Nach Hause.“, antwortete Micha mit klopfendem Herzen. Er hatte noch nie so große Angst gehabt, doch offenbar hatte Gero ihn nicht erkannt, denn er murmelte nur: „Gut.“ Und schwieg wieder. Zwar war es immer noch anstrengend den extrem schwankenden Gero auf dem Bürgersteig zu halten, doch immerhin war es leichter als ihn ganz tragen zu müssen.

Es dauerte lange, aber schließlich standen sie vor Geros Tür.

Es war ein Reihenhaus.

Gero fingerte ungeschickt den Schlüssel aus seiner Hosentasche und wollte aufschließen, doch ohne Licht und in seinem Zustand brachte er es nicht zustande, fluchte so rüde wie laut und drückte zu guter letzt Micha den Schlüssel in die Hand, dass er aufschloss. Immer noch mit klopfendem Herzen und zitternden Fingern nahm er den Schlüssel entgegen und öffnete die Tür. Er hatte Angst, Gero könnte ihn jeden Augenblick erkennen und dann wieder schlagen, so gab er hastig Gero den Schlüssel zurück und wollte schon gehen, da hielt dieser ihn fest und grölte: „Hey, Mann! Nu wart doch mal! Junge, du has’ mich nach Haus gebracht, komm, darauf saufen wir ein’!“ Schwankend zog er Micha mit sich in die dunkle Wohnung und schlug die Türe hinter ihm zu. Hier im Eingangsbereich stand ein Paar Schuhe. Sie hatten ungefähr die gleiche Größe wie die, die Gero anhatten.

Es war schon merkwürdig, dass hier nur dieses eine Paar Schuhe stand, es sei denn… er lebte alleine hier.

Dieses riesige Reihenhaus gehörte Gero ganz alleine!

Doch Micha hatte keine Zeit seine Gedanken daran zu verschwenden, denn Gero hatte ihn durchs Treppenhaus gezogen und geradeaus in das Wohn- und Esszimmer. Dort hatte er das Licht angeschaltet und Micha auf das große, rote Sofa an der Rückseite des Hauses, gegenüber dem Fernseher gedrückt. Ohne ihn weiter zu beachten hatte Gero sich dann wieder umgedreht und war mit den Worten: „Ich geh in’ Keller uns ’n paar Bier hol’n!“ durch die Verbindungstür gegangen. Micha wollte ihn eigentlich noch aufhalten, doch Gero war schon auf halbem Wege die Treppe heruntergelaufen. Doch nur eine halbe Minute später drehte er um und rannte ins obere Stockwerk. Micha hatte das Licht ausgemacht und war ins Treppenhaus gegangen. Was wollte Gero nun oben?

Grässliche Würgegeräusche ließen ihn schaudern. Vorsichtig ging er auch hinauf und sah, dass Gero die Tür des Bads sperrangelweit offen gelassen hatte. So konnte er jetzt mitansehen, wie dieser über der Kloschüssel hing und sich übergab. Behutsam legte er ihm die Hand auf die Schulter und fragte: „Ist alles in Ordnung?“

„Halt die Fresse!“, stöhnte Gero und übergab sich erneut. Micha setzte sich auf den Rand der Badewanne und sah Gero zu. Den meisten Menschen wurde schlecht, wenn sie so etwas sahen, oder auch nur hörten, doch ihm war es gleich. Es war für ihn nur eine komische Situation. Da kniete einer der schlimmsten Schläger der Stadt vor der Toilette und war völlig hilflos.

Micha bedauerte ihn in diesem Moment. Dieser Anblick des sonst so überheblichen und draufgängerischen Geros schockierte ihn auf eine Art und Weise, die er nicht zu beschreiben vermochte.

Als er endlich fertig war, betätigte Gero die Spülung, stolperte zum Waschbecken, an dem er sich verzweifelt festkrallte, damit er nicht zu Boden sank und wollte sich den Mund auswaschen. Doch kaum hatte er den Rad des Waschbeckens mit einer Hand losgelassen, da schwankte er so sehr, dass er drohte zu fallen. Micha erhob sich, ging zu ihm und hielt ihn fest so gut es ging.

„Am besten, du legst dich jetzt ins Bett.“, sagte er leise, zu Boden schauend.

„Ach was! Schwachsinn!“, murrte Gero aber und sah ihn mit blutunterlaufenen Augen an. Micha sah nicht auf. Was sollte er tun? Gero war viel stärker als er, da hörte er sich selbst mit fester Stimme sagen: „Doch.“ Was hatte er getan? Er hatte Gero widersprochen, das konnte nicht gut gehen! Was hatte er sich nur dabei gedacht?

„Ich hab aber keine Lust!“, murrte der Rothaarige, setzte sich aber dennoch in Bewegung, den Arm auf Michas Schultern gestützt und ihn mit sich ziehend. War das denn die Möglichkeit? Gero tat, was Micha ihm gesagt hatte! Das konnte nicht war sein!

Er ging den kurzen Flur entlang und trat dann in das kleine Zimmer, dessen Fenster offen stand, wodurch frische, kühle Luft hereinströmte. Die weißen Vorhänge wehten stark.

Micha wollte gerade das Licht anmachen, da stöhnte Gero: „Lass es aus! Is’ zu hell.“ Nun ließ er ihn endlich los und entkleidete sich bis auf die Boxershorts. Erst starrte Micha ihn entgeistert an, dann errötete er und drehte sich um.

„Wasser!“ hörte er Gero murmeln. „Zimmer nebenan.“ Micha war heilfroh über diese Aufforderung und er verließ dieses Zimmer fluchtartig und stürzte in das nebenan. Er lehnte sich an die geschlossene Tür und ließ sich daran hinuntergleiten. Warum war er so rot geworden? Tief atmete er durch und erhob sich wieder. Er durfte sich nicht so anstellen.

In diesem Raum stand ein Schreibtisch mit einem Computer darauf. Die Wände waren mit Regalen zugestellt, in denen Ordner und Bücher unordentlich untergebracht waren. Dieses Zimmer erinnerte ihn unweigerlich an ein Büro; wahrscheinlich war es das auch. Was Gero wohl arbeitete?

Im Augenblick war ihm das allerdings relativ egal. Er wollte nur das Wasser finden, es dann Gero geben und so schnell als möglich von hier verschwinden. In den Regalen konnte es kaum stehen, denn diese waren vollgestopft bis oben hin. An einer Wand konnte es auch nicht stehen, denn an denen standen die Regale. So ging er zum Schreibtisch, um darunter zu schauen und da standen tatsächlich einige Flaschen Wasser. Er griff sich hastig eine, löschte das Licht und ging dann wieder zu Gero.

Dieser stand am Fenster und rauchte. Micha blieb einen Moment unbeweglich stehen und beobachtete ihn. Dass ihm nicht kalt war…

Es war kaum zu glauben. Noch gestern hatte ihn Gero übel zugerichtet und heute stand er da und war auf die Hilfe des Blöndlings angewiesen.

Micha räusperte sich und Gero drehte sich mit halb geschlossenen Augenliedern zu ihm um. Er streckte die Hand aus. Bewusst Abstand haltend reichte Micha ihm diese und sah zu, wie er trank. Alkohol trocknete den Körper aus, das wusste Micha, aber den Mengen, die Gero trank, zu Folge, musste er mindestens einen Kasten Bier intus haben – oder gehabt haben. Gero ließ Micha ebenfalls nicht aus den Augen und als er sah, wie Micha ihn musterte, setzte er ab und fragte abfällig: „Was glotzt’n du so, hä?“ Micha zuckte unwillkürlich zusammen und richtete seinen Blick starr gen Boden. „Und überhaupt, wer bist’n du eigentlich? Ich glaub, ich kenn dich…“ Er schien angestrengt zu überlegen.

Micha war wie gelähmt. Das Bewusstsein des Rothaarigen schien langsam wieder zurückzukommen und wenn das passierte, dann wünschte er sich nur noch eine gute Nacht. Doch Gero gab nach ein paar Sekunden des Überlegens auf, schlappte zu seinem Bett, legte sich hinein und murmelte: „Is’ ja auch egal. Kannst aufm Sofa pennen. Wir reden morgen!“ Damit drehte er Micha den Rücken zu.

Dieser atmete unterdrückt auf, drehte sich ebenfalls um und schlich sich die Treppe hinunter. Gerade wollte er aus der Tür gehen, da knurrte sein Magen so laut, dass er selbst erschrak. Er sah sich unruhig um, dann ging er auf Zehenspitzen in die Küche. Er hatte Gero geholfen, warum sollte er sich dafür nicht etwas zu essen nehmen können? Er öffnete vorsichtig den Kühlschrank und ein leises Summen erfüllte den Raum.

Viel hatte der Rothaarige nicht da, aber Micha wollte sich mit einem Apfel zufrieden geben. Außerdem war auch er schrecklich durstig. Kurzerhand öffnete er einige Schränke, bis er endlich die Gläser fand. Er nahm sich eines und füllte es mit Wasser aus dem Wasserhahn. Mit dem Wasser und dem Apfel ging er dann auf leisen Sohlen ins Esszimmer, setzte sich an den großen Holztisch und biss genüsslich in den Apfel.

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Werte Leser

Ich danke Ihnen hiermit recht herzlich für die Aufmerksamkeit und das Interesse, mit dem sie dieses Kapitel gelesen haben. Durch Zensuren Ihrerseits würde ich mich sehr geehrt fühlen und natürlich sind auch weiterhin Titelvorschläge erwünscht, die nicht ganz so sinnlos sind wie der jetzige (vorzugsweise keine englischen, da diee FF deutsch ist. Danke).
 

MfG, Terrormopf^^
 

PS: *mit Keksen rumwerf* Fangt sie! Yaah! Chocolate Chip Cookies! x3

Gefangen

Sooo^^

hier kommt also das nächste Kapitel meiner FF. Ich hoffe, es gefällt euch so gut wie die Vorigen und wünsche euch viel Spaß beim Lesen.^^

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Vogelgezwitscher drang an seine Ohren und die warmen Sonnenstrahlen kitzelten sanft seine Haut. Langsam öffnete er die Augen und sah sich verschlafen um. Das war nicht seine Wohnung… War es die von Robin? Nein. Diese hier kannte er nicht. Wo war er nur?

Er vernahm ein Geräusch aus dem oberen Stockwerk. Mit einem Mal war er hellwach. Nun fiel ihm alles wieder ein. Er war bei Gero. Er konnte doch nicht eingeschlafen sein?

„Oh mein Gott!“, keuchte er. Er hatte tatsächlich bei Gero übernachtet!

Nein, das durfte nicht sein! Wenn der ihn hier fand, dann würde er ihm doch glatt noch mal eine verpassen. Hoffentlich schlief er noch.

Im ersten Moment des Schocks war er nicht fähig gewesen sich zu bewegen, doch jetzt sprang er blitzartig auf und stürmte aus der Verbindungstür. Wenn Gero ihn erwischte, war er so gut wie tot. Einfach nur raus! Er musste einfach nur raus hier, dann war er wieder sicher.

Doch so weit sollte er nicht kommen; schon im Treppenhaus stieß er mit dem Rothaarigen zusammen. Schmerzhaft fiel er zu Boden. Aufzusehen oder gar aufzustehen traute er sich nicht. Nun war alles aus. Nun konnten seine Eltern schon mal einen Sarg für ihn bestellen; wenn Gero überhaupt so viel von ihm übrig lassen würde.

„Was zum Teufel…?“, entfuhr es dem Älteren. „Was machst du kleine Schwuchtel hier?“

„Es… es tut mir Leid, ich wollte nicht…“, stotterte er und sah immer noch auf die nackten Füße Geros. Er trat näher an Micha ran, packte ihn beim Kragen, hievte ihn hoch und fragte süffisant grinsend: „Kommst wohl schon von selbst zu mir, um dir deine Tracht Prügel abzuholen?“

„Nein! Lass mich los! Bitte!“ Micha quiekte wie ein Schwein, das abgeschlachtet werden sollte. Doch Gero kam seinem Gesicht ganz nahe und fragte, von Michas Angst belustigt: „Und was sollte mich davon abhalten?“ Micha hielt den Atem an. Ihre Nasenspitzen berührten sich fast. Der kalte Schweiß brach ihm aus und seine Augen füllten sich mit Tränen der Angst.

Im nächsten Augenblick ließ Gero ihn allerdings los, drehte sich um und erklärte nüchtern: „Glaub mir, Kleiner, hätte ich nicht so verdammte Kopfschmerzen, dann würde ich dich jetzt windelweich schlagen.“ Micha drehte sich verwundert um und folgte ihm in die Küche. Wieso hielt ihn denn ein Kater davon ab Micha zu schlagen? Irgendwie passte das nicht zu dem starken, kalten Gero, den er sonst kannte. Ebendieser holte sich aus dem Kühlschrank eine Packung Milch und erkundigte sich währenddessen: „Wie bist’n du überhaupt hier hereingekommen? Einbruch hätte ich dir ja ehrlich gesagt nicht zugetraut.“ Er schraubte den Deckel ab und trank, während er auf Michas Antwort wartete und ihn genau beobachtete.

„Ich habe dich doch nach Hause gebracht.“, entgegnete Micha scheu.

Gero hustete. Er hatte sich offenbar verschluckt, als er diese Worte vernommen hatte. Erschrocken sah Micha auf den Rothaarigen, der ihn entsetzt musterte.

„Du beliebst zu scherzen! Du kannst mich doch unmöglich…“ Er brach ab und sah auf seine Füße. Anscheinend überlegte er angestrengt, doch so betrunken wie er gewesen war, musste er einen Blackout haben.

„Nein, es ist die Wahrheit, aber ich sollte besser gehen, ist schon okay…“, versuchte der Blöndling sich herauszureden, doch Gero stellte die Milch beiseite, kam mit großen Schritten auf ihn zugelaufen und drängte ihn an die Wand, Michas Hände mit einer Hand über dessen Kopf haltend. Die andere hatte er zu einer Faust geballt, die nun gefährlich vor Michas Gesicht schwebte. Leise und bedrohlich flüsterte er: „Nichts ist Okay. Ich habe mich von einer Schwuchtel nach Hause bringen lassen! Wenn das ans Licht kommt, dann bin ich am Arsch!“

„Ich werde es bestimmt keinem erzählen, ich…“, keuchte Micha ängstlich.

„Halt die Fresse!“, bellte Gero und wieder leiser fuhr er fort: „Gesindel wie dir ist nicht zu trauen! Du bleibst gefälligst hier, bis ich entschieden habe, was ich mit dir mache.“ Im nächsten Augenblick ließ er Micha wieder los, drehte sich um, fasste sich an die Stirn und stöhnte: „Oh diese verdammten Kopfschmerzen bringen mich noch um!“ Micha zitterte am ganzen Leib, dennoch atmete er erleichtert auf. Wenigstens hatte er ihm keine verpasst.

„Hast du Hunger?“, fragte ihn plötzlich Gero in beiläufigem Tonfall. Micha sah erschrocken zu ihm. Er hatte sich wieder dem Kühlschrank zugewandt und suchte offensichtlich etwas in ihm. Schüchtern nickte Micha, was Gero jedoch nicht sehen konnte. So drehte dieser sich zu ihm um und blaffte ihn an: „Ich hab dich was gefragt, Schwuchtel!“

„Ja!“, rief Micha ängstlich aus.

„Sind Cornflakes dem Etwas genehm?“, fragte Gero, sich wieder dem Kühlschrank zuwendend. Schnell bejahte der Blöndling seine Frage, bevor Gero abermals sauer wurde.

‚Etwas’… als das betrachtete Gero ihn also. Für ihn war er weder Mann, noch Frau, eben ein ‚Etwas’. Diese Bezeichnung verletzte Micha. Er war ein Junge, durch und durch. Dass er auf andere Jungen stand änderte doch nichts daran. Aber wahrscheinlich wusste Gero das und wollte ihn nur triezen.
 

Sie saßen sich an dem großen Holztisch gegenüber und schwiegen. Gero schlang sein Frühstück hastig hinunter, doch Micha rührte nur in seiner Schüssel. Er mochte es, wenn die Cornflakes aufgeweicht waren.

„Machen deine Eltern sich denn keine Sorgen?“, fragte Gero; er hörte sich nicht gerade interessiert an. Micha sah auf. Gero beobachtete ihn, tiefe, dunkle Ringe zeichneten sich unter seinen Augen ab und insgesamt war er blasser als gewöhnlich. Schnell schüttelte Micha den Kopf und antwortete: „Nein, sie sind das Wochenende über nicht da.“ Gero nickte nur leicht und fragte dann: „Und dein Freund?“

Es stach in Michas Herzen. Er schluckte schwer und schüttelte erneut den Kopf. Robin machte sich wahrscheinlich keine Sorgen.

„Das heißt, es stört ihn nicht, wenn sein kleiner Freund bei einem anderen Kerl pennt?“, lachte Gero gehässig. Micha ging nicht darauf ein, sondern steckte sich den Löffel in den Mund und sah wieder auf sein Essen.

„Und wenn du mit einem anderen Kerl ficken würdest?“, fragte er dann. Entrüstet sah Micha ihn an und konnte sehen, wie ein höhnisches Grinsen seine Lippen umspielte. Er schluckte schwer und presste seine Kiefer aufeinander, um dann wieder nach unten zu schauen. Nun doch etwas erstaunt fragte Gero: „Wäre ihm das etwa allen Ernstes egal?“ Micha seufzte nur und antwortete dann: „Er hat mit Septima geschlafen.“

Gero lachte auf und prustete: „Gibt es also doch noch einen Funken Hoffnung, dass ihr Kranken wieder normal werdet?“

„Hör auf.“, flüsterte Micha. Im nächsten Moment sprang er auf und brüllte: „Hör auf damit! Warum tust du das? Es tut mir weh! Es tut mir so schrecklich weh! Reicht es nicht, wenn du mich verprügelst? Ich ertrage das nicht!“ Tränen rannen über seine geröteten Wangen. Er ließ sich wieder auf den Stuhl sinken und schluchzte unterdrückt auf.

Wie hatte das nur geschehen können? Seine Fassade war gebröckelt und das ausgerechnet vor diesem Schläger.

„Nun hör schon auf zu heulen, man! Nur weil du auf Kerle stehst, heißt das nicht, dass du dich gleich wie ein Weib aufführen musst! Sei doch froh, das ist für dich eine Chance wieder normal zu werden.“, meinte Gero genervt und spielte mit dem Löffel in seiner Hand. Micha schüttelte nur wehleidig den Kopf und schluchzte: „Ich will aber nicht ‚normal’ werden. Ich will nur, dass Robin mich liebt.“ Sein Gegenüber rollte nur mit den Augen und sagte nichts darauf.

Als Micha endlich mit dem Essen fertig war, räumte der Rothaarige den Tisch ab, ließ sich anschließend auf das Sofa fallen und schaltete den Fernseher an. Micha blieb unschlüssig daneben stehen und fragte nach einiger Zeit zögerlich: „Was hast du jetzt mit mir vor?“ Gero musterte ihn geringschätzig und sagte dann, den Blick wieder auf den Fernseher richtend: „Das überlege ich mir, wenn meine Kopfschmerzen weg sind. Bis dahin bleibst du hier!“ Bei diesen Worten warf er dem Kleineren einen so bissigen Seitenblick zu, dass dieser nur seufzte und sich neben Gero auf der Couch niederließ.

„Wieso?“, fragte Gero plötzlich, den Blick starr auf den Bildschirm gerichtet. Micha sah verwundert zu ihm und fragte: „Was ‚wieso’?“

„Na wieso hast du mich nach Hause gebracht?“, wiederholte er seine Frage. Micha schaute wieder auf den Fernseher und entgegnete: „Ich weiß nicht. Du lagst da bewusstlos und ich konnte dich doch nicht alleine lassen…“

„Ich habe dich verprügelt und über Nacht im Regen liegen lassen ohne irgendein schlechtes Gewissen! Warum hast du dich nicht an mir gerächt?“, brauste Gero auf und funkelte Micha zornig an. Der zuckte allerdings nur mit den Schultern und antwortete: „Was hätte es mir gebracht? Genugtuung mit Sicherheit nicht.“ Gero schnaufte abfällig und meinte: „Du bist echt komisch; kein Wunder, dass dein Freund dich betrogen hat.“

Der saß.

Micha wäre am liebsten aufgesprungen und davongelaufen, aber dafür war er zu ängstlich. Warum musste er auch nur so ein verdammter Feigling sein?

Ihr Gespräch war damit wieder bis auf weiteres beendet.

Es war ein seltsames Gefühl neben demjenigen zu sitzen, der einen übel zugerichtet hatte und dann einfach hatte liegen lassen. Er fragte sich, warum er vorhin so ausgerastet war. Das war normalerweise gar nicht seine Art. Normalerweise schluckte er alles hinunter und ließ keinen in seine Gefühlswelt einblicken. Wieso hatte er Gero diesen seltenen Blick auf sein Innerstes gewährt? Wieso ausgerechnet ihm?

„Aah! Diese verdammten Kopfschmerzen!“, brüllte plötzlich Gero neben ihm und riss ihn aus seinen Gedanken. Vorsichtig fragte der Blöndling: „Wieso nimmst du nicht einfach eine Schmerztablette?“ Aber Gero blaffte ihn an: „Als hätte ich das nicht schon längst gemacht, wenn ich welche im Haus hätte! Du bist echt so selten dämlich, verdammter Idiot!“ Micha krallte die Finger in seine Jeans und sagte ganz leise, kaum vernehmbar: „Micha.“

„Was is’ los?“, fragte Gero genervt. Nun nahm Micha all seinen Mut zusammen und wiederholte seine Worte lauter: „Micha. Ich heiße Micha.“ Entgeistert schüttelte Gero den Kopf und entgegnete: „Und warum sollte mich das interessieren?“

„Damit du mich nicht immer beschimpfen musst.“, antwortete Micha mit klopfendem Herzen.

„Was, wenn es mir Spaß macht, dich zu beschimpfen?“, erkundigte sich Gero mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen. „Wenn es dir besser gefällt, dann nenn es doch Kosenamen, das hat dein Ex doch sicher auch gemacht, nur dass meine ‚Kosenamen’ eine andere Bedeutung haben.“ Sein Ex. Es hörte sich so endgültig an.

„Du bist grausam.“, flüsterte er, den Blick starr geradeaus.

„Danke.“, grinste Gero.

Es würde wahrscheinlich noch den ganzen Tag dauern, bis Geros Kopfschmerzen verflogen waren. Sollte er etwa solange einfach nur neben ihm sitzen und sich beleidigen lassen?

Abermals durchbrach Gero die Stille: „Mach dich doch mal ein bisschen nützlich; ich habe dich hier schlafen lassen, dich hier essen lassen, dafür kann ich wohl eine kleine Gegenleistung erwarten, oder?“ Skeptisch rutschte Micha so weit von ihm weg, wie es ihm möglich war und fragte: „Was für eine ‚Gegenleistung’?“ Gero jedoch lachte auf und erklärte: „Wenn du durch die Eingangstür hereinkommst, ist auf der rechten Seite ein Kämmerchen, in dem Staubsauger und so Zeug steht. Mach mal sauber.“ Er sollte was? Saubermachen?

Er sollte für Gero dessen Wohnung putzen? Als er sich nicht rührte, drohte Gero: „Wenn du dich nicht beeilst, dann mache ich dir Beine!“ Wie von der Tarantel gestochen sprang Micha auf und lief durch das Treppenhaus in den Eingangsbereich.

Nun war er der Tür so nahe. Seiner Freiheit…

„Und wehe du kommst auf die Idee abzuhauen, dann wird die Rache schmerzhaft, das verspreche ich dir!“, rief Gero aus dem Wohnzimmer, als Micha gerade die Tür öffnen wollte. Dieser zuckte unwillkürlich zusammen und ließ von seinem Vorhaben ab. So war es also. Er war der Gefangene Geros und es gab keine Chance zu entkommen. Er musste sich fügen. So holte er seufzend den Staubsauger aus dem Kämmerchen und begann die Wohnung aufzuräumen und zu putzen, während Gero, die Füße auf dem Wohnzimmertisch, ihn mit Argusaugen beobachtete und alle zwei Minuten eine Beschimpfung rief.

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Einmal mehr muss ich also verabschieden. Ich weiß noch nicht, ob ich es schaffe vor der Segelfreizeit (Yaay! *freu* ^o^/) )ein neues Kapitel hochzuladen - zu schreiben - aber ich werde mir Mühe geben und euch spätestens dann etwas Neues von mir servieren.

*Kekse verteil* Danke für's Lesen, lG, Terrormopf^^

Ein schwerer Kopf

Hach ja, das sechste Kapitel^^

Nachdem ich mit der anderen FF angefangen hab, hatte ich schon Angst, dass ich bei dieser hier die Lust verliere (Dumme Anki! Dumme Anki! *einen auf Hauself mach*) aber das war ja dann wohl doch nicht der fall, dafür habe ich Micha und Gero viel zu lieb *sie knuddel*

Viel Spaß!

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Endlich! Nach geschlagenen zwei Stunden des Putzens war Micha total kaputt und ließ sich erschöpft und schwer schnaufend neben Gero auf dem Sofa nieder. Als hätte es nicht gereicht, dass er die Wohnung saugen musste! Er musste noch die unteren beiden Geschosse, in denen Parkett lag, feucht durchwischen, sämtliche Regale, Spiegel und Fenster putzen. Aber das sollte noch nicht alles ein, denn im nächsten Moment maulte Gero: „Ich hab Hunger.“

Micha kochte innerlich vor Wut. Er wusste genau, dass das eine Aufforderung an ihn war, dass er sich erneut erhob um in die Küche zu gehen und zu kochen. Er holte tief Luft um sich zu beruhigen und tat dann, als hätte er ihn nicht gehört.

„Ich habe Hunger!“, wiederholte Gero nun etwas lauter und funkelte den Blöndling zornig an. Dieser sah dem Rothaarigen mit Unschuldsmine ins Gesicht und legte den Kopf etwas schräg, dann entgegnete er: „Oh ja, ich bin auch hungrig; und wie!“ Gero hielt die Luft an und sein Gesicht färbte sich purpurn. Etwas ängstlich und gleichzeitig auch ein wenig belustigt bemerkte Micha, wie Gero bebend versuchte sich zurückzuhalten, doch da brüllte er: „Dann geh gefälligst in die Küche und koch was, kleiner Bastard!“ Micha zuckte zusammen und seine Ohren klingelten.

Ohne auch nur eine weitere Sekunde zu zögern sprang er auf und beeilte sich in die Küche zu kommen. Sein Hals schmerzte und sein Kopf tat weh, als hätte er Geros Kater, dennoch wagte er es nicht dem Älteren zu widersprechen.

Er sah in den Kühlschrank: Eier, Milch, Aufschnitt, Käse, Bier. Das war alles; mehr war in dem Kühlschrank nicht zu finden. Als nächstes durchstöberte Micha die Schränke und holte Mehl und Zucker daraus.

Pfannekuchen waren ohnehin das Einzige, was er konnte. Robin hatte es ihm beigebracht. Er seufzte niedergeschlagen auf und ein Kloß schien in seinem Hals zu sitzen. Wie hatte in so kurzer Zeit nur so vieles schief laufen können? Erst vergaß er den Schlüssel, sodass er nicht nach Hause konnte, anschließend verschlug ihn Gero, dann schlief Robin mit Septima und Micha musste die Nacht in einer schlammigen und morastigen Wiese verbringen, als nächstes trennte Robin sich von ihm, er hatte kein Geld, um sich irgendetwas Essbares zu kaufen und zu guter Letzt war er der Gefangene, um nicht zu sagen Sklave, Geros. Da stimmte vom Regen in die Traufe schon nicht mehr. Das war eher vom Regen in die Traufe in die Gosse in den reißenden Fluss und hinab die Niagarafälle.

Aber er riss sich zusammen. In seinem eigenen Selbstmitleid wollte er nicht baden. Zudem musste er sich beeilen, damit er Gero keinen Grund für eine Schelle gab. Also bereitete er den Teig, erhitzte Fett in einer Pfanne und begann den Teig zu braten.

Leider konnte er nicht so elegant wenden wie Robin. Der hatte dafür nie einen Pfannenwender oder dergleichen gebraucht, der hatte den Pfannkuchen hochgeworfen und nach anderthalb Drehungen wieder in der Pfanne aufgefangen. Micha hingegen drehte den Pfannekuchen so ungeschickt mit zwei Gabeln um, dass er plötzlich in zwei Hälften geteilt war.

Er konnte einfach nichts ohne Hilfe richtig machen.

Nachdem er drei Pfannekuchen zerstört hatte, kam Gero, von dem Duft angelockt, in die Küche und beobachtete ihn einen Moment lang. Als Micha auch dieser Versuch misslang, wollte er den vierten in den Biomüll verfrachten, da hielt Gero ihn am Handgelenk fest und rief: „Bist du denn noch ganz bei Trost? Du kannst doch nicht einfach alles wegwerfen, verdammter Idiot! Ist doch egal, wie sie aussehen, Hauptsache, sie schmecken!“ Perplex starrte Micha Gero an, der immer noch sein Handgelenk umschlossen hielt und ihn ungläubig anstierte.

„Bist du… bist du denn nicht böse?“, fragte Micha kleinlaut in Geros dunklen Augen nach einer Antwort suchend.

„Ob ich böse bin? Du bist doch… Ich werd gleich böse, wenn du noch mehr meiner Lebensmittel verschwendest! Und jetzt mach hinne, ich habe Hunger!“, brauste Gero daraufhin auf und Micha zuckte unwillkürlich zusammen. Als er Gero jedoch nur mit großen, blauen Augen anstarrte, rief dieser aufgebracht: „Was denn?“ Schüchtern sah Micha zu Boden und flüsterte: „Ich kann nicht.“

„Was? Warum das denn?“, fragte Gero verwirrt.

„Weil du mich immer noch festhältst…“, sagte Micha und scharrte unruhig mit dem Fuß auf dem Boden. Wie von der Tarantel gestochen ließ Gero ihn los. Micha drehte sich wieder zum Herd und fuhr fort, als wäre nichts gewesen. Gero hingegen stand in der Tür gelehnt und musterte ihn unverhohlen. Was sollte das nur?

Micha wunderte sich. Wenn man von Geros verquerer Art ausging, dann hatte er ihm gerade eben Mut zugesprochen. Er hatte gesagt, dass es egal sei, wie das Essen aussehe, solange es gut schmecke.
 

Schweigend saßen sie sich gegenüber und aßen, die Blicke auf die Teller gerichtet, ihre Pfannekuchen. Gero durchbrach schließlich diese Stille: „He, Kleiner!“ Micha sah auf, in der Hoffnung nun über irgendetwas reden zu können, doch Gero sagte ungerührt: „Gib mal das Nutella!“ Micha senkte den Kopf wieder und reichte Gero das Glas.

„Danke.“ Erneut hob Micha das Angesicht. Hatte sich Gero da etwa gerade bei ihm bedankt? Unmöglich, er musste sich verhört haben, doch sofort darauf folgte ein: „Was glotzte so, hä?“ Der Blöndling musste zugeben, dass er etwas erleichtert war, das zu hören, denn ein Gero der sich bedankte, nein, das war ihm nicht geheuer.

„Hatschi!“ Micha hatte sich vom Tisch abgewandt und geniest. „Hatschii!!“ Schon wieder. Seine Nase lief stark und sich die Hand darunter haltend, damit er nicht auf den Boden tropfte, fragte er Gero: „Hättest du mir bitte ein Tempo?“ Dieser hob etwas angeekelt den rechten Nasenflügel, stand aber dann auf und ging in die Küche. Als er wiederkam gab er Micha ein Taschentuch aus der Packung. Damit wischte der Blöndling sich die Finger ab und putzte sich ausgiebig die Nase, schließlich stand auch er auf und ging wortlos in die Küche, um sich dort die Hände zu waschen.

Als er dastand und das lauwarme Wasser über seine Finger laufen ließ, schwindelte er und musste sich am Wasserhahn festhalten. Zu seinem Pech war der Kopf dessen allerdings abnehmbar, sodass Micha ihn herausriss und rücklings stolperte. Er fiel auf seinen Po und hatte sich obendrein noch mit dem Wasser nassgespritzt. Mühsam erhob er sich und drückte den Wasserhahn zu. Flach atmend fasste er sich an die Stirn und stellte erschrocken fest, dass diese ganz heiß war. Er würde doch nicht krank werden? Das war das schlechteste, was ihm jetzt passieren konnte, denn Gero würde gewiss keine Rücksicht darauf nehmen, sondern ihn weiter für sich arbeiten lassen.

„Was treibst du denn so lange, Blondinchen?“, rief Gero aus dem Esszimmer. Micha riss sich schnell zusammen und antwortete ängstlich: „Nichts, ich komme schon wieder!“ Aber auch seine Stimme hörte sich nicht mehr ganz nach seiner an. Er war vollkommen heiser. Mit müden Beinen ging er zurück zu Gero ins Esszimmer, ließ sich ihm gegenüber nieder und beobachtete, wie dieser sich einen Pfannkuchen nach dem anderen in den Schlund stopfte. Bei diesem Anblick drehte sich ihm der Magen um. Er hatte schon nach einem halben keinen Hunger mehr gehabt.

Nach zwei weiteren Pfannkuchen sah Gero allerdings auf und fragte: „Was’n los? Wieso isst du nichts und schwitzt so?“ Ihm war jedoch ganz und gar nicht heiß, das genaue Gegenteil war der Fall, er zitterte schon fast, so kalt war ihm. Skeptisch zog Gero die Augenbrauen hoch und wartete auf eine Erklärung.

„Mir geht es nicht gut.“, krächzte Micha. Er hatte sich entschlossen bei der Wahrheit zu bleiben, alles andere wäre zu anstrengend für ihn gewesen. Gero reagierte genau, wie er es erwartet hatte: „Ach, memm nich rum! Nur weil du zwei Mal niesen musstest, tust du so, als seist du sterbenskrank. Mach dich lieber wieder nützlich und stell das Geschirr in die Spülmaschine und spül die Pfanne ab, aber ’n bisschen plötzlich, wenn ich bitte dürfte!“ Ein Seufzen unterdrückend stand Micha wieder auf, stellte die Teller zusammen und trug diese in die Küche. Er hatte sie gerade auf dem Tresen über der Spülmaschine abgestellt, da wurde ihm erneut schwindelig und bunte Punkte begannen vor seinen Augen zu tanzen, dann wurde ihm schwarz vor Augen.
 

Warm.

Weich.

Er drehte sich um, in der Hoffnung in dem großen Bett hinter sich Robin zu finden. Aber da war niemand. Als er die Augen aufschlug fand er sich in einem ihm fremden Zimmer wieder. Wo war er nur? Er schlug die mollig wärmende Decke zurück und wollte aufstehen, aber seine Glieder schmerzten, sodass er doch liegen blieb und sich die Decke unters Kinn zog, als ihn ein Kälteschauer schüttelte.

„Hallo?“ Seine Stimme war schwach und rau. Dennoch schien jemand sie vernommen zu haben, denn aus dem Nebenzimmer hörte er Geräusche und im nächsten Moment ging die Tür auf. Ein rothaariger junger Mann trat ein. Micha hustete pfeifend, als er dessen Gesicht sah und ihm fiel alles wieder ein. Er war bei Gero!

Aber hatte dieser ihn in sein Bett gelegt? Was hatte ihn dazu bewegt?

Der Größere musterte ihn nur prüfend, blieb stumm. Als Micha sich jedoch aufsetzen wollte, kam Gero auf ihn zu, drückte ihn zurück in die Kissen und sagte leise: „Bleib liegen, du Depp! Sonst kippst du gleich wieder um!“ Micha bedachte ihn aus glasigen Augen mit einem verständnislosen Blick und fragte: „Warum in deinem Bett?“ Er hatte weder den Elan, noch die Lust einen ganzen Satz zu formulieren, so beließ er es dabei und wartete auf Geros Antwort.

„Auf dem Küchenboden hätte ich dich kaum liegen lassen können und vom Sofa hast du dich dauernd runtergerollt…“ Er hatte Micha auf einer morastigen Wiese eine ganze Nacht lang liegen lassen, hatte nun aber Skrupel ihn auf dem Küchenboden zu wissen? Das passte doch nicht zusammen.

„Nach Hause.“, sagte Micha und wollte sich erneut aufrichten. Seine Eltern mussten doch inzwischen wieder da sein, schließlich blieben sie nie das ganze Wochenende weg.

„Bist du bescheuert?“, brauste Gero auf. „Auf dem Weg verreckst du doch! Und jetzt leg dich wieder hin!“

„Ich will aber nach Hause!“, jammerte Micha, hatte aber nicht die Kraft, sich gegen Gero zu wehren, der ihn mit einer Hand auf der Brust Michas zurückhielt.

„Du bleibst gefälligst hier!“, brüllte der Rothaarige und Micha zuckte zusammen. Er fühlte, wie sich seine Augen mit Tränen füllten. Eigentlich wollte er gar nicht nach Hause, eigentlich wollte er nur zu Robin, der ihn in die Arme schloss und tröstete. Heiße, dicke Tränen tropften vom Kinn des Blöndlings und er zog die Nase hoch.

„Hör doch auf zu heulen! Du kannst ja nach Hause, wenn du wieder halbwegs gesund bist…“, versuchte Gero ihn zu beschwichtigen, doch nun brach Micha in lautes Schluchzen aus und barg das Gesicht in den Händen. Alles brach in diesem Augenblick über ihm zusammen und er hielt der Last einfach nicht mehr stand, sondern gab nach; schuf sich so wieder etwas Luft.

Plötzlich spürte er, wie Gero seine Hand auf seinen Kopf legte und diesen vorsichtig tätschelte. Verwundert, mit geröteten Augen, sah er auf und hielt für einen Moment inne, in dem er Gero musterte. Der Rothaarige musste sehr mit sich gerungen haben, das sah Micha ihm an und diese wenn auch nur so kleine Geste tat ihm so unendlich gut.

Es war seit so langer Zeit die erste Berührung, die kein Schlag oder vorgetäuschte Zärtlichkeit war. Diese unbeholfene Geste war freundlich und strahlte eine Wärme aus, die Micha tiefe Geborgenheit spüren ließ. Erneut quollen ihm die Tränen aus den Augen. Er schluchzte laut auf und lehnte den Kopf gegen Geros Brust, die sich gleichmäßig hob und senkte, doch in diesem Moment der unvorhergesehenen Berührung stockte. Micha wusste genau, wie sehr der Ältere innerlich mit sich kämpfen musste, um ihn nicht von sich zu stoßen oder gar zu schlagen, doch so weit kam es nicht und Micha hütete sich, Gero sonst auch nur in geringster Weise zu berühren.

Es war ein so befremdliches und dennoch nicht abstoßendes Gefühl; so ganz anders als bei Robin und dennoch anders, als er es sich vorgestellt hatte. Er lehnte einfach nur seinen viel zu schwer scheinenden Kopf an Geros Brust an und fühlte sich darum ein wenig leichter, so befangen er auch war.

Langsam beruhigte er sich wieder und seine Atemzüge wurden ruhig und gleichmäßig. Sein Nacken schmerzte leicht, doch er wollte den Kopf nicht heben; er hätte es ohnehin nicht geschafft, viel zu schwer schien dieser zu sein. Seine Augen hatte er geschlossen und atmete leise durch den Mund ein und aus. Wäre seine Nase nicht so verstopft gewesen, hätte er Geros Duft wahrnehmen können.

Langsam und sanft legte schließlich der Schlaf seine weichen Fittiche um den Blöndling und wiegte ihn in das Land der Träume.

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Gleich zu Anfang: Ich sage immer das Nutella. Ich weiß, dass man auch der oder die sagen kann, aber laut Ferrero kann man sagen was man will, kommt eben drauf an, mit was man es assoziiert (das Glas, der Brotaufstrich, die Nuss-Nougat-Creme)

Und dann glaube ich, dass es 'geniest' heißt, da 'genossen' ja eigentlich von 'genießen' kommt. Ich bin mir aber nicht sicher; wer genaueres weiß, sagt's mir ruhig^^
 

So, das war's also. Phew, ich freu mich schon auf das nächste kapitel *evilgrin* das wird ein Spaß und niemand kann erraten was passiert (ich komm mir irgendwie vor wie Rumpelstielzchen *ums Lagerfeuer tanz und sing: "Heute Back ich, morgen brau ich und übermorgen schreib ich weiter. Ach wie gut, dass niemand weiß, wie das nächste kapitel heißt!"*)

In dem Sinne Gute Nacht (auch an meinen Verstand), es ist nämlich gerade 1:23 am. *Kekse verteil* lG, Terrormopf^^

Suppe

Hallo und herzlich willkommen zum siebten Kapitel von 'Der Blöndling'! Ich freue mich, dass ihr so zahlreich erschienen seid und präsentiere stolz da neue Kapitel: 'Suppe' (Applaus bitte xD) Auf diese glorreiche Idee brachte mich das Höllenfeuerengelchen [Danke an dieser Stelle (Ha! Siehste! Fast schon 'ne Dankesrede! xDD)] also beschwert euch bei ihr, wenn's euch nicht gefällt xD

Nee, awa, meinem Höllenfeuerengelchen tut niemand was *sie beschützend hinter sich schieb* ò__ó Und sollte es einer probieren, bekommt er es mit mir zu tun! *Zähne fletsch*

Aber genug der sinnlosen Rede, hier also das sibte Kapitel 'Suppe' (<-- ich mag den Titel ja total xD)

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„SCHEISSE!“ Der Schrei Geros riss Micha aus dem Schlaf und machte ihn senkrecht im Bett sitzend. Sein Hals tat weh und war ganz trocken, außerdem lief seine Nase. Er fühlte sich so elend wie schon lange nicht mehr. Dennoch stand er auf und ging nach unten in die Küche, aus der der Schrei gekommen war.

Ihn traf beinahe der Schlag, als er das Chaos hier sah. Und inmitten dessen stand Gero über ein Buch gebeugt, offenbar ein Kochbuch, und eine Schürze um die Hüften gebunden.

„Verdammter Dreck! Was soll das denn schon wieder heißen? Können die kein Deutsch?“, knurrte Gero, sich offensichtlich unbeobachtet fühlend.

Ein Niesen verriet Michas Anwesenheit. Gero wirbelte herum und als er Michas fragenden Blick sah, wurde er ein wenig rot an den Ohren.

„Was machst du hier?“, fragte Micha mit heiserer Stimme. Übellaunig entgegnete Gero, sich wieder dem Kochbuch zuwendend: „Ich koche. Sieht man doch.“ Nach einer kurzen Pause fügte er bissig hinzu: „Was machst du überhaupt hier unten? Wieso liegst du nicht im Bett?“

„Ich hatte Durst.“, log Micha schnell, wobei es genau genommen nicht einmal eine Lüge war, denn er hatte wirklich Durst. Er wollte gerade an einen der Schränke gehen, um sich ein Glas zu holen, da sagte Gero nüchtern: „Mach dir ’nen Tee und tu Honig rein.“ Verwundert sah der Blöndling zu dem Älteren auf. Dieser war an den Eckschrank gegangen und holte dort einen Beutel Tee heraus, dann ging er an den Kühlschrank und nahm ein neues Glas Honig heraus.

„Hast du den etwa für mich gekauft?“, fragte Micha skeptisch. Die plötzliche Freundlichkeit Geros war ihm sehr suspekt.

„Bist du bescheuert? Ich hab Honig gebraucht, weil meine Ische heute Abend kommt und die keines Falls ohne Honig frühstückt…“, blaffte Gero ihn an und holte eine Tasse aus einem der Hängeschränke. Micha zuckte zusammen und füllte hastig den Wasserkocher. Dann stellte er ihn an und wartete, bis es kochte, um das Wasser über den Teebeutel zu gießen. Vorsichtig, um nicht wieder angepöbelt zu werden, fragte er: „Was ist das für ein Tee?“

„Pfefferminz.“, kam die knappe Antwort des Rothaarigen. Wenigstens war es kein Kamillentee, denn wenn es etwas gab, das Micha hasste, dann war es Kamillentee. Er holte sich einen Löffel aus der Schublade, steckte diesen in das Glas Honig und stellte den mit Honig beladenen Löffel in seinen Tee. Nachdem der Tee einige Minuten gezogen war, warf Micha den Teebeutel weg, nippte an dem heißen Getränk und sah Gero zu, wie er verzweifelt in einem Kochtopf rumrührte.

„Wer oder was ist eigentlich ‚Ische’?“, fragte Micha schließlich, die Stille durchbrechend. Etwas perplex drehte sich Gero zu dem blonden Jungen um und musterte ihn ungläubig, dann grinste er und sagte: „Stimmt ja, ’ne Schwuchtel kann so was nicht wissen! Meine Ische ist meine Freundin. Sie heißt Elena und übernachtet heute hier.“

„Sollte ich dann nicht besser gehen?“, fragte Micha schüchtern und scharrte unruhig mit dem Fuß auf dem Boden.

„Bist du bekloppt? Wenn du jetzt nach Hause gehst, kippst du auf halbem Wege um! Du bleibst hier, bis du nicht mehr ganz am Verrecken bist!“, herrschte Gero ihn an und Micha zuckte zusammen. Dann nahm er seinen Mut zusammen und fragte: „Warum machst du dir eigentlich Sorgen um mich? Ich dachte, du hasst mich?“ Diese Frage spukte ihm schon seit geraumer Zeit durch den Kopf und er war froh, sie endlich gestellt zu haben. Gero sah ihn verdutzt an und entgegnete dann: „Warum ich mir Sorgen mache? Das ist jawohl klar, schließlich bist du… hast du…“ Er stockte. Wusste er es letztlich selbst nicht? Micha hob fragend seine Augebrauen.

„Weil meine Ische mir sonst die Hölle heiß machen würde!“, beendete er seinen Satz und wandte sich wieder dem Topf auf dem Herd zu. Er probierte, spuckte es allerdings gleich wieder aus und donnerte: „SO EIN SCHEISSDRECK! MIR REICHT’S!“ Micha zuckte unwillkürlich zusammen. Er hätte die Frage nicht stellen sollen, jetzt war Gero wieder gereizt. „Jetzt ist es mir auch egal! Ich mach ’ne Tütensuppe!“, brummte er vor sich hin und nahm den Topf von der Herdplatte.

„Was für eine Suppe hast du denn gemacht?“, fragte der Blonde kaum hörbar.

„Hühnersuppe. Damit du was zum beißen hast.“, entgegnete der Größere nüchtern, stellte einen kleineren Topf auf den Herd und erhitzte Wasser darin. Micha wollte ihm auf keinen Fall Umstände machen und so sagte er hastig: „Ich habe aber doch gar keinen Hunger.“

„Du isst was, Punkt! Außerdem hältst du jetzt endlich mal dein Maul und legst dich ins Wohnzimmer auf die Couch, du gehst mir nämlich schon wieder unglaublich auf die Nerven!“, fuhr Gero ihn an und Micha beeilte sich aus der Küche zu kommen. Im Wohnzimmer sah er, dass Gero das Sofa ausgezogen hatte, es war ein Schlafsofa, und die Nacht darauf verbracht hatte. Würde er etwa diese Nacht wieder hier schlafen? Zusammen mit seiner Freundin?

Er musste aufhören über so komplizierte Sachen nachzudenken, denn sein Kopf schien dem Druck nicht mehr lange standzuhalten. Er mummte sich in die Decke ein, die auf dem Sofa lag und langsam wurde ihm wieder mollig warm. Auch seine Füße tauten langsam wieder auf; hätte Gero gesehen, dass er barfuß auf den Steinfliesen rumgetappst war, hätte es wahrscheinlich wieder eine gesetzt, aber so war er noch einmal davongekommen.

Aus der Küche konnte er Gero in kurzen Abständen Flüche brüllen hören, doch er machte sich nichts weiter daraus; langsam gewöhnte er sich an dessen Art und begriff damit umzugehen. Das war eine nützliche Charaktereigenschaft von ihm; er wusste schnell, wie er sich den Menschen gegenüber verhalten musste, um diese positiv zu stimmen. Bei Gero würde es aber bestenfalls neutral werden, doch für Micha wäre das schon mehr als ein Segen.

Nach zirka zehn Minuten kam Gero aus der Küche, mit zwei Suppentellern in Händen, die er auf dem Tisch abstellte.

„Na los, beweg deinen Hintern hierher, es gibt Essen. Und wenn ich auch nur einen Mucks von dir höre, dann setzt es was!“, fauchte Gero schlecht gelaunt und ließ sich auf einem Stuhl nieder. Micha setzte sich ihm gegenüber und aß brav seine Suppe auf. Es war Sternchensuppe aus der Packung, aber Micha schmeckte ohnehin fast nichts, so verstopft wie seine Nase war. Zu Hause hätte er gemault, dass er keinen Hunger hätte und die Suppe nicht essen wolle, doch hier traute er es sich nicht; nicht zuletzt wegen Geros Drohung, die durchaus ernst gemeint war. Nachdem die Beiden fertig waren, räumte Gero die Teller in die Spülmaschine.

Micha war unschlüssig, was er jetzt machen sollte; wieder nach oben gehen und alleine daliegen wollte er nicht, aber würde er Gero hier unten stören, würde dieser womöglich noch gänzlich ausrasten.

„Willste fernseh’n?“, fragte Gero plötzlich und Micha sah verwirrt auf.

„Ob du fernsehen willst, hab ich gefragt!“, wiederholte der Rothaarige seine Frage nachdrücklicher. Wie aus Reflex nickte Micha. „Dann leg dich aufs Sofa. Ich muss noch nach oben, was vorbereiten.“

„Und was?“, rutschte es Micha heraus, doch im nächsten Moment wünschte er sich, er hätte es nicht gefragt. Wie würde Gero wohl reagieren? Würde er ihn erneut anbrüllen?

Der Ältere blieb allerdings, wider Erwarten, vollkommen ruhig und sagte: „Meinen Lebenslauf für die Bewerbung an den Unis.“ Unis? Er wollte studieren? Hatte er denn überhaupt Abitur?

„Ja, ich habe mein Abitur! Eigentlich wollte ich erst zum Bund, aber da diese Kanaillen mich ja nicht genommen haben, muss ich früher anfangen zu studieren. Jura, wenn’s dich interessiert.“, giftete ihn Gero an. Waren seine Gedanken etwa so offensichtlich gewesen?

Schnell wandte er das Gesicht ab, damit Gero nicht weiter seine Gedanken daraus lesen konnte, denn in diesem Moment fragte er sich, wie der größte Raufbold der Umgebung darauf kam Anwalt, oder gar Richter zu werden. Sich nur auf Gero verlassen zu können war sicherlich ein schauriges Gefühl.
 

Die Zeit verging nur langsam und auch im Fernseher lief nichts Spannendes, das Micha die Langeweile hätte vertreiben können. Krank sein war seiner Meinung nach etwas ganz Blödes, man konnte an sich nur daliegen und nichts tun. Glücklicherweise hatten wenigstens seine Kopfschmerzen nachgelassen, sodass er auf einen Musiksender schalten konnte, wo gerade die Charts kamen.

Es wurde gerade die vierte Platzierung angesagt, ein Lied namens ‚Mama’, da fiel Micha auf, dass es schon Montag war und seine Eltern wieder da sein mussten. Er hatte sich gar nicht bei ihnen abgemeldet. Aber was sollte er zu ihnen sagen? Dass er bei Gero war wohl kaum, denn er hatte ihnen schon früher von diesem erzählt und in seinen Geschichten war nie etwas Positives zu Tage gekommen. Am besten, er sagte, er sei bei Robin, dann würden seine Eltern keinen Verdacht schöpfen, schließlich waren Ferien und er hatte schon des Öfteren mehrere Tage hintereinander bei Robin verbracht. Ein Seufzen dehnte seine Brust. Robin; was er wohl gerade machte? Ob er gerade mit Septima zusammen war?

Micha schüttelte den Kopf um diese Gedanken hinaus zu bekommen, denn daran wollte er gerade wirklich nicht denken. Er wühlte sich aus der Decke, unter der er sich eingemummelt hatte und ging zum Telefon, das neben der Tür, die zur Küche führte, stand. Er nahm den schnurlosen Hörer ab und wollte gerade seine Nummer wählen, da fragte er sich, ob er überhaupt telefonieren durfte. Sollte er fragen? Wahrscheinlich war es besser; so schlich er die Treppe hinauf und ging in Geros Arbeitszimmer, aus dem er noch vorgestern die Flasche Wasser für den Rothaarigen geholt hatte. Ebendieser saß am Schreibtisch vor dem Computer. Auf der Nase hatte er eine Brille. Als Micha dieses Bild des konzentrierten Geros sah, stutzte er. Dass der sonst so wilde Gero einmal so ruhig aussehen könnte, hätte er nicht gedacht.

Irgendwann, nachdem Micha Gero weiterhin angestarrt hatte, fragte dieser, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen: „Is was oder biste nur hier zum Gaffen?“ Schnell fasste der Blöndling sich wieder und stotterte: „Ehm, j- ja… ich wollte dich fragen, ob ich meine – meine Eltern anrufen könnte…“

„Was is’n das für ’ne Frage?“, entgegnete Gero genervt. „Wenn du deinen Eltern nich bescheid sagst, hetz’n die mir am Schluss noch die Bullen auf’n Hals! Nee, nee, ruf die mal schön brav an.“ Micha nickte und drehte sich um, um in Geros Schlafzimmer zu gehen. Er wollte nicht, dass der Ältere das Gespräch mit seinen Eltern mitbekam. So wählte er erneut, drückte auf die Taste mit dem grünen Hörer darauf und hielt sich das Telefon ans Ohr.

„Hallo?“, meldete sich die Stimme seiner Mutter vom anderen Ende der Leitung.

„Hallo, Mama, ich bin’s.“, begann er und wollte gerade ansetzen zu berichten, da fiel seine Mutter ihm ins Wort: „Micha! Um Gottes Willen, wir haben uns schon Sorgen gemacht! Wo bist du denn in Gottes Namen?“

„Bei Robin.“, erwiderte er nüchtern und setzte sich auf Geros Bett.

„Bei Robin? Micha, fängt das schon wieder an? Du weißt doch, dass das nicht ewig so weitergehen kann mit euch beiden, also tu nicht so, als würdest du schon bei ihm wohnen. Irgendwann werdet ihr schließlich erwachsen und dann wieder normal!“ Es stach. Tief in sein Herz hatte sie einen Dolch gerammt und drehte diesen nun munter in der ohnehin schon offenen Wunde. Er schluckte schwer und verteidigte sich: „Wir sind normal, Mama.“

„Ach Micha, natürlich denkst du, dass das normal ist… die Gesellschaft heute hat einfach nicht mehr die richtigen Wertvorstellungen und du schnappst die falschen Vorstellungen auf und klammerst dich daran. Glaub mir, die Eltern von Robin sehen das bestimmt genauso.“ Micha krallte die Finger in seine Hosenbeine. Er hatte jetzt nicht die Kraft mit seiner Mutter zu diskutieren, so sagte er: „Ja, Mama.“

„Und wie lange gedenkst du bei ihm zu bleiben?“, fragte seine Mutter schon zufriedener.

„Vielleicht bis morgen oder übermorgen…“

„So lange?“, begann seine Mutter wieder in sein Ohr zu keifen und sein Kopf begann erneut zu pochen.

„Mama, bitte, ich habe Kopfschmerzen.“, versuchte er sie zu beschwichtigen.

„Du hast Kopfschmerzen? Was hat dieser Kerl nun wieder mit dir angestellt? Wehe, du bist krank oder hast irgendwelche blauen Flecken, wenn du nach Hause kommst, dann setzt es aber was, junger Mann!“

„Robin hat nichts damit zu tun!“ Er erhob seine Stimme. Warum hasste seine Mutter Robin nur so sehr? Hatte sie Angst, dass er ihr Micha wegnehmen könnte?

„Wie dem auch sei. Ich möchte dich gesund wiederhaben, mein Junge.“ Ihre Stimme hörte sich nicht freundlicher an.

„Ja, Mama. Ich leg jetzt auf.“

„Ja. Mach’s gut, mein Schatz.“ Dann war nur noch das Tuten der Leitung zu hören. Seufzend legte auch er auf. Robin war der Einzige, den er jemals verteidigt hatte; vor seiner Familie und vor allen anderen. Robin war der Einzige, für den Micha je in seinem Leben gestritten hatte. Und was sollte er seiner Mutter sagen, wenn er mit den Blauen Flecken, die Gero ihm zugefügt hatte, nach Hause kam? Vielleicht war er dann nicht mehr krank, aber zum Verblassen würden die verräterischen Blutergüsse sicher länger brauchen.

„Robin?“, fragte eine ihm wohl bekannte Stimme. Er fuhr auf und sah Gero ihm Türrahmen stehen. Erschrocken fragte Micha: „Was machst du denn hier?“

„Hey, das ist immerhin mein Haus, hier kann ich machen, was ich will!“, fuhr Gero ihn an. „Also, was ist mit ‚Robin’? Wer ist das überhaupt?“ Micha überlegte, ob er Gero die Wahrheit erzählen sollte und erklärte schließlich: „Robin ist der, mit dem ich zusammen war.“

„Ach, der mit der anderen gevögelt hat?“, fragte Gero unsensibel.

Wieder eine Drehung des Dolches um 180 Grad.

„Ja.“ Micha nickte. Es stimmte schließlich.

„Und warum hast du jetzt über ihn geredet?“, fragte Gero weiter, die Arme vor der Brust verschränkend. Micha sah auf seine Füße und antwortete leise, mit gedrückter Stimme: „Ich habe meiner Mutter erzählt, dass ich bei ihm sei.“ Erstaunt hob Gero die Augenbrauen und erkundigte sich: „Wieso das denn? Hättest doch auch einfach sagen können, dass du bei ’nem Freund bist? Dann hätteste nich so’n Stress gekriegt.“

„Weil ich keine anderen Freunde außer Robin und Septima habe…“

„Und warum haste nicht gesagt, dass du bei mir bist? Schließlich kennen deine Eltern mich nicht.“ Micha schwieg daraufhin, er konnte ihm wohl kaum erzählen, dass er seinen Eltern berichtet hatte, dass Gero ihn öfter anpöbelte und häufig genug verprügelte.

„Hä?“, machte Gero und drängte den Kleineren zu einer Antwort.

„Weil sie wissen, dass du mich schon mal verprügelt hast.“

„Oh Mann! Du bist so ein Idiot! Das musstest du deinen Eltern auch auf die Nase binden, oder?“ Natürlich beleidigte Gero ihn. Was hatte Micha denn erwartet? Dass etwas wie eine Entschuldigung kam? Mit Sicherheit nicht.

Für einige Zeit herrschte Stille, dann unterbrach Gero diese: „Willste eigentlich mal duschen und dir was Frisches anzieh’n?“ Zögerlich nickte Micha, er fühlte sich schon seit er diesen Morgen aufgestanden war schmutzig, denn seine Haare hatten schon einmal bessere Zeiten erlebt und seine Haut und Kleider waren total verschwitzt.

„Warte, ich geb dir was zum Anziehen, Handtücher sind im Bad, in dem Apothekerschrank.“ Mit diesen Worten ging der Rothaarige an den Kleiderschrank, der im Zimmer stand. Micha staunte nicht schlecht über die Vielfalt der Kleider, die der Ältere besaß. Gero griff sich einen Pulli, eine Jogginghose und eine Boxershorts, warf Micha diese zu und sagte: „Ist dir wahrscheinlich zu groß, aber was Kleineres hab ich nich. Kannst das Zeug, das in der Dusche steht ausnahmslos benutzen. Viel Spaß.“ Dann ging er aus dem Zimmer und die Treppe hinunter. Micha murmelte nur „Danke.“ und schlurfte ins Bad.

Gerade hatte er sich entkleidet und wollte unter die Dusche steigen, da fiel ihm noch etwas ein. Er öffnete die Badezimmertür einen Spalt breit und rief hinaus: „Gero?“ Es war das erste Mal, dass er nach dem Rothaarigen rief und er war schon fast erstaunt, als dieser von unten antwortete: „Was?“

„Hast du noch eine Zahnbürste für mich?“ Es war ihm peinlich danach zu fragen, aber ohne konnte er keinen Tag länger überstehen.

„Im Schränkchen unter dem Waschbecken müsste noch eine sein!“, brüllte Gero rauf.

„Danke!“ Micha schloss die Tür wieder und ging an das ihm beschriebene Schränkchen. In der untersten Schublade fand er tatsächlich eine noch eingepackte Zahnbürste. Gleich nach dem Duschen würde er sie in Gebrauch nehmen.

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Und schon ist es wieder zu ende .__.

Hach, ich freue mich schon auf das nächste Kapitel^^ das wird ein Spaß *diabolisch lach*

Btw, ich mag den Begriff 'Ische' nicht, das ist so abwertend <__<" Aber irgendwie ist er mir ne Zeit lang dauernd in meiner Clique begegnet, da kamen dann Fragen auf wie: "He, sag mal, wo is'n deine Ische?" Glücklicherweise haben sie diese Angewohnheit wieder , vollkommen freiwillig und ohne jegliches Zutun meinerseits, abgelegt *pfeifend Vorschlaghammer hinterm Rücken versteck*, aber ich dachte, zu Gero würde es doch prima passen ^__^

lG *Kekse verteil* Terrormopf^^
 

PS: Ich mag Sternchensuppe! °__°

Kalte Wickel und Zitronentee

Hallo^^
 

Ich muss zugeben, dass ich mich recht lange nicht mehr hier gemeldet habe und es tut mir leid uû

Aber ich war mir nicht ganz sicher, ob ich dieses Kapitel so, in der Form, hochladen konnte. Jetzt habe ich mich dazu entschlossen und wünsche euch viel Spaß ^__^

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Das angenehm warme Wasser plätscherte auf seinen geschundenen Körper und wärmte seine verfrorenen Gliedmaßen wieder auf. Er griff nach dem Shampoo, das da stand und wusch sich gründlich die Haare.

Das Bad war durch das heiße Wasser von Nebelschwaden durchzogen und die Luftfeuchtigkeit musste mindestens bei 90 Prozent liegen.

Plötzlich wurde der Duschvorhang ein wenig zur Seite geschoben und eine Person streckte ihren Fuß prüfend hinein. Micha bemerkte es nicht, bis eine Stimme hinter ihm erklang: „Na, mein Bärchen? Wie wäre es zur Begrüßung mit einer Nummer unter der Dusche?“

Erschrocken drehte er sich um und konnte das Bein sehen, das sich in die Dusche gestellt hatte. Nicht fähig zu sprechen beobachtete er, wie nun auch der Rest der Person in die Dusche kam.

Es war eine blonde, junge Frau, durchaus sehr hübsch und ihre Stimme hatte sinnlich lüstern geklungen, doch als sie nun entsetzt in sein Gesicht starrte, kreischte sie schrill auf und versuchte verzweifelt ihre Blöße zu bedecken. Abrupt lief Micha puterrot an und drehte sich blitzschnell um, während er um Entschuldigung bat und sich die Augen zuhielt.
 

Beide noch etwas rot im Gesicht, saßen sie sich am Esstisch gegenüber und wagten es nicht die Blicke zu heben. Eine peinliche Stille war eingetreten. Gero war offensichtlich nicht zu Hause.

Schließlich unterbrach die Blonde diese Stille: „Wer bist du eigentlich, dass du bei meinem Freund duschst? Ich kenne dich nicht, also kannst du nicht aus seiner komischen Clique stammen…“

„Ich heiße Micha“, erwiderte er schüchtern und schielte nach oben. Sie sah ihn nun doch forschend an. Das war also die Freundin Geros, Elena.

„Und was machst du hier, Micha?“, erkundigte sie sich weiter, doch bevor er antworten konnte, sprang er auf, lief in die Küche und riss sich ein Stück der Küchenrolle ab. Gerade noch im letzten Moment, denn nur einen Augenblick später nieste er heftig. Und noch einmal und noch einmal. Er konnte gar nicht mehr aufhören und bekam kaum noch Luft, außerdem herrschte ein grausamer Druck auf seinen Ohren, der einen penetranten Tinnitus und ein Übelkeit erregendes Schwindelgefühl zur Folge hatte. Elena hatte sich, so wie Gero es zu tun pflegte, in den Türrahmen gelehnt, mit den Armen vor der Brust verschränkt, und musterte ihn mitleidig.

„Armer Junge; hast du dich erkältet?“

Aus tränenden, verquollenen und geröteten Augen sah Micha sie an, das Küchentuch immer noch vor der Nase, aber Gott sei dank nicht mehr niesend, und nickte kaum merklich.

„Am besten, ich mache dir eine heiße Zitrone und du erzählst mir solange, wie du an Gero geraten bist.“ Erneut nickte Micha, putzte sich noch einmal ausgiebig die Nase und warf das durchgeweichte Tuch dann weg. Für ein paar Minuten sah er ihr zu, wie sie mit den Zitronen hantierte - hatte Gero die etwa auch neu gekauft? - und begann dann mit sehr heiserer und kaum noch hörbarer Stimme: „Vorgestern hab ich Gero gefunden, als er betrunken war… da hab ich ihn nach Hause gebracht und bin hier eingeschlafen. Gestern ist dann die Erkältung gekommen und Gero wollte mich nicht gehen lassen.“

„Betrunken?“ Elena drehte sich zu ihm um, das gefährlich aufblitzende Messer noch in der Hand umklammert, und funkelte ihn an. „Wie betrunken?“ Micha wich einen Schritt zurück. Hätte er das nicht sagen sollen?

„Nicht soo sehr…“, versuchte er den Rothaarigen herauszureden und betonte das ‚So’ besonders.

„Lüg mich nicht an.“, fauchte Elena scharf und drehte sich wieder um. „Er lag doch irgendwo bewusstlos in der Ecke, stimmt’s? Schlafend wie ein Baby!“ Daraufhin schwieg Micha. Und aus ihrem Seufzen deutete er, dass sie sein Schweigen richtig gedeutet hatte. „Na der soll mir nach Hause kommen!“, zischte sie und fügte dann leicht geladen an Micha gewandt hinzu: „Und du gehst jetzt endlich mit den nackten Füßen von den kalten Fliesen runter, schließlich bist du schon krank!“ Er erwiderte nichts, sondern tapste aus der Küche, während sie weiter sprach: „Setz dich an den Esstisch, die Zitrone ist gleich fertig und dann mach ich dir noch ein Fußbad, damit deine Füße, die du dir gerade selbst unterkühlt hast, wieder auftauen. Hach, was sich Gero doch immer für leichtsinnige Freunde anlacht!“ Der letzte Satz war mehr an sie gerichtet, als an Micha, der inzwischen auf einem der großen, gepolsterten Holzstühle Platz genommen hatte.
 

Sie hatte ihm eine Tasse mit einer trüben, dampfenden Flüssigkeit unter die Nase gehalten und eine Kanne auf den Tisch vor ihm abgestellt.

„Trink!“, forderte sie ihn forsch auf und ging dann wieder in die Küche, um das Fußbad, das sie ebenfalls schon vorbeireitet hatte, zu holen. Er nahm einen großen Schluck und verzog anschließend das Gesicht. Es war sauer! Es war, als beiße er in eine pure Zitrone. Außerdem hatte er sich die Zunge verbrüht.

Schon kam sie wieder mit einer Schüssel dampfenden Wassers in Händen, die sie ihm vor die Füße stellte mit der Aufforderung: „Jetzt stell deine Füße da rein.“ Nun doch etwas vorsichtiger tippte Micha mit dem großen Zeh ins Wasser, zog ihn allerdings gleich zurück und murmelte: „Das ist aber zu heiß…“

„Ach, papperlapapp! Das muss so heiß sein, sonst bringt es nichts! Also keine Widerworte, sondern Augen zu und durch!“ Mit aufeinander gepressten Lippen stellte er seine Füße in das heiße Wasser und versuchte es auszuhalten, doch er hatte das Gefühl auf glühenden Kohlen zu stehen und zog seine Füße so schnell es ging wieder heraus.

„Aua, aua, aua! Das ist so heiß!“, jammerte er und strampelte leicht mit den Füßen, um sie zu kühlen.

„Dann warte eben noch einen Moment, trink deine heiße Zitrone aus und stell sie dann ins Wasser. Herrgott, normalerweise sind Geros Freunde doch nicht solche Waschlappen…“ Ob sie wusste, dass sie den letzten Satz laut ausgesprochen hatte? Micha tat, als hätte er ihn nicht vernommen, schließlich stimmte es ja, er war wirklich sehr wehleidig, trank, sich bemühend keine Miene zu verziehen, das Glas in einem Zug aus und stellte danach, die Zähne eisern aufeinander beißend, die Füße wieder ins Wasser. Er hielt den Atem an, doch nach ungefähr einer Minute hatte er sich daran gewöhnt und es war ein herrliches Gefühl; diese Wärme, die seine Füße umgab und langsam in den Rest seines Körpers kroch.

„Danke, Elena.“, flüsterte er. Auch wenn er anders gewollt hätte, seine Stimme taugte nicht zu mehr als zu dieser leisen Tonlage. Die Blonde winkte allerdings ab und entgegnete: „Nicht der Rede wert und nenn mich doch Ella.“ Mit diesen Worten erhob sie sich und erklärte noch, als sie aus der Tür ins Treppenhaus ging: „Ich werd mal hochgehen und mich ein wenig frisch machen…“ Dann war sie auch schon verschwunden.

Er blieb regungslos; plätscherte nur ein wenig mit den Füßen in dem nun wohlig warmen Wasser. Das Geräusch wirkte beruhigend auf ihn.

Wieso war sie eigentlich vorhin zu ihm ins Bad gekommen? Hatte sie ihn tatsächlich für Gero gehalten?

Wahrscheinlich.

Wahrscheinlich war sie ins Haus gekommen und hatte dann das Plätschern der Dusche vernommen. Wahrscheinlich hatte sie angenommen, dass es Gero war, da er sonst nirgendwo im Haus aufzufinden war. Wahrscheinlich hatte sie sich dann ins Bad geschlichen und seine Silhouette hinter dem Duschvorhang und durch die Nebelschwaden für die Geros gehalten. Wahrscheinlich hatte sie dann leicht in sich hinein gekichert, sich geräuschlos ihrer Kleidung entledigt und war dann zu ihm in die Dusche gekommen…

Das Klicken der Wohnungstür, als sie sich öffnete riss ihn aus seinen Gedanken. Im nächsten Moment streckte Gero den Kopf durch die Tür und sah sich aufmerksam um, nachdem er den ganzen Raum unters Visier genommen hatte, atmete er erleichtert auf und trat hastig ein. Er würdigte Micha keines Blickes, sondern huschte zur Küchentüre, öffnete diese einen Spalt breit und sah sich auch in der Küche misstrauisch um. Schließlich schloss er die Tür wieder, sah unglaublich erleichtert aus und wandte sich doch Micha zu: „Puh, sie ist noch nicht da… Na? Fertig geduscht? Und hast dir ’ne Heiße Zitrone und ’n Fußbad gemacht, wie ich sehe… Moment, das macht sie doch immer, wenn ich erkältet bin… ist sie etwa doch…?“ Er schaffte es nicht mehr seinen Satz zu beenden, denn er wurde durch ihre säuselnde Stimme hinter ihm unterbrochen: „Oh Bärli… Mein Bärli…“ Es klang eher nach dem Singsang eines Horrorstreifens und Geros Gesichtsausdruck entgleiste. Mit flehenden Augen sah er Micha an und formte mit den Lippen die Worte: „Sag, dass sie nicht hinter mir steht!“ Doch eben das tat sie und als sie die Hand sanft auf seinen Oberarm legte, drehte er sich mit einem sehr gequälten Lächeln zu ihr um und begrüßte sie: „Mein Schatz! Du bist schon zu Hause?“

Micha lief es kalt den Rücken hinunter; was war das für eine Person, die es schaffte Gero so in Bedrängnis und Angst zu versetzen?

„Ja, Bärli. Und ich war sehr erstaunt den Kleinen da in der Dusche vorzufinden und nicht dich“, lächelte sie weiterhin kindlich unschuldig; auch ihre Stimme glich der eines kleinen Mädchens. Gero warf Micha einen undefinierbaren Blick zu, teils stinksauer, teils hilfesuchend, wandte sich dann aber wieder seiner Freundin zu und erklärte: „Ja, ich weiß, ich hätte es dir sagen sollen, es tut mir leid. Aber eigentlich dachte ich, dass ich zu Hause bin wenn du da bist und dir dann alles…“ Abermals ließ sie ihn nicht ausreden, sondern flötete weiter: „Und dann habe ich mich ein wenig mit ihm unterhalten. Auch über dich…“ Nun war der Blick, den Gero Micha zuwarf nur noch panisch und angsterfüllt. „Er sagte, er habe dich vorgestern betrunken aufgelesen…“

„Nein! So war das nicht, glaub mir!“ Gero sah wieder verzweifelt seine Freundin an und versuchte sich herauszureden, doch sie übertönte ihn: „Du weißt, was das bedeutet?“

„Nein! Elena! Alles, nur das nicht! Tu mir das nicht an!“ Geros Stimme klang so verzweifelt, wie Micha sie noch nie vernommen hatte. Gut, er hatte Gero noch nie verzweifelt gesehen, oder gehört, doch er war sich ziemlich sicher, dass nicht mehr viel fehlte, bis er auf Knien vor ihr im Staub rutschte.

„Zwei Wochen keinerlei Sex, Petting oder sonst etwas, mein Bärli.“ Ihre Stimme war ebenso zuckersüß wie ihr Lächeln. Von Geros Seite war nur noch ein Wimmern zu vernehmen.

So brachte man den großen Gero also ins Wanken? Zwar lief Micha leicht rot an, als er diese doch sehr intime Strafe vernahm, doch er fand es zugleich hochinteressant.

„Aber das kannst du mir nicht antun! Du warst doch jetzt schon eine Woche bei deinen Eltern! Das heißt drei Wochen kein Sex! Das halte ich nicht aus! Mein Schatz, meine Ella, mein Leben! Sei nicht so grausam!“

„Kannst dir ja einen von deinen verkappten Freunden ran nehmen, wenn du’s so dringend brauchst, mir ist’s gleich!“, fauchte sie den Rothaarigen an, der inzwischen wirklich vor ihr in die Knie gegangen war und zu ihr aufsah, selbstquälerisch ihre Hände umklammert haltend.

„Bitte!“ Es war ganz leise gewesen, mehr ein Winseln.

„Hör gefälligst auf dich aufzuführen als wären drei Wochen Enthaltsamkeit die Welt und steh auf! Schließlich hast du’s dir selbst eingebrockt. Wir haben die klare Abmachung getroffen, dass du dich nie wieder bis zur Besinnungslosigkeit besäufst! Erinnerst du dich noch daran? Als ich im Krankenhaus neben dir saß und du fast an einer Alkoholvergiftung verreckt wärst?“ Nun brüllte sie und ihr Gesicht war wutverzerrt.

Diese Frau passte wirklich zu Gero. Im Temperament stand sie ihm in nichts nach und wahrscheinlich konnte sie, trotz ihrer zierlichen Statur, ziemlich kräftig zuschlagen.

„Fang doch nicht wieder damit an!“, jammerte Gero, erhob sich allerdings, wie sie es ihm geboten hatte. „Das ist doch schon so lange her…“

„Mag sein, dass seit diesem Vorfall ein Jahr vergangen ist, aber was denkst du, wie ich mich damals fühlte, als deine Großmutter ganz aufgelöst bei mir anrief und meinte, du lägst im Sterben…“

„Ich hab’s doch überlebt…“, murmelte er und streifte mit der Ferse über den Boden.

„Natürlich hast du es überlebt mit deinem Dickkopf!“, blaffte sie ihn an. „Aber mir läuft es heute noch kalt den Rücken runter, wenn ich daran denken muss!“ Nun wurde ihre Stimme wieder sanfter. Sie zog ihn sich in die Arme und flüsterte mit warmer, ehrlicher Stimme: „Versteh doch, dass ich dachte, ich würde dich nie wieder sehen; dich verlieren.“

„Tut mir leid.“ Gero legte auch seine Arme um sie; in seiner Stimme war Reue mitgeklungen. Anscheinend hatte er Michas Anwesenheit wieder vollkommen vergessen.

Diesem war die ganze Situation unglaublich peinlich, schließlich waren das private Details aus Geros Leben, die ihn nun wirklich nichts angingen. Als er ihr dann durch die Haare strich und zärtlich küsste wandte Micha seinen hochroten Kopf ab.

„Gibt es jetzt wirklich zwei Wochen keinen Sex?“, fragte er kaum hörbar. Sie stieß ihn von sich und brüllte ihm nächsten Augenblick wieder: „Noch ein Wort darüber und es werden drei Wochen; der Kleine ist ja schon ganz verlegen!“ Sie deutete auf Micha und Gero, der sich der Anwesenheit des Jüngeren erst jetzt wieder gewahr wurde, wandte sich erstaunt zu ihm um. „Nun entschuldigt mich, die Fahrt war lang und ich wollte eigentlich noch duschen. Und du, Bärli, machst dem Jungen noch einen kalten Halswickel!“

„Aber…“, wollte der sich gerade widersetzen, da sagte sie wieder mit diesem zuckersüßen Lächeln auf den Lippen: „Keine Widerrede.“ Damit drückte sie ihrem Freund noch mal ein Küsschen auf die Wange und ging ins Treppenhaus.

Als das Wort ‚duschen’ fiel, schoss dem Blöndling das restliche Blut seines Körpers in seinen Kopf und er musste unweigerlich daran denken, wie sie nackt vor ihm in der Dusche gestanden hatte. Gero schien nicht darauf zu achten, sondern rief ihr nach: „Dazu brauche ich aber ein Handtuch!“ Und als er die Tür zum Treppenhaus wieder öffnete, um eines zu holen, warf sie ihm vom oberen Stockwerk eins ins Gesicht.

Als er so Micha fixierte, überkam diesen ein unangenehmer Schauer. Gero schnaubte vor Wut und sicher würde er das alles jetzt an dem Blöndling auslassen. Er schluckte schwer, als er den Zorn aus Geros Blick auf sich spürte und rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Doch Gero wandte sich ohne ein Wort zu verlieren von ihm ab und ging in die Küche. Kurze Zeit später kam er wieder hinaus, mit einem zusätzlichen Küchenhandtuch bewappnet.

„Reck deinen Hals!“, befahl Gero ihm und musste sich offensichtlich arg zusammenreißen, um nicht zu brüllen. Prompt tat Micha was Gero gesagt hatte und erwartete das nun Kommende. Gero kam ihm ganz nahe und während er das Küchehandtuch um Michas Hals legte zischte er: „Wie konntest du es wagen ihr davon zu erzählen?“ Als er das eiskalte Handtuch an seinem Hals spürte, zuckte Micha unwillkürlich zusammen und zog die Schultern hoch.

„Halt gefälligst still!“, blaffte der Rothaarige ihn daraufhin an und Micha drückte die Schultern nach unten und reckte seinen Hals erneut.

„Es tut mir leid, ich wusste nicht, dass du… dass sie…“ Er fand nicht die richtigen Worte sich zu entschuldigen. Was hätte er auch sagen sollen? Was wollte Gero hören? Er hatte ja Recht sauer auf den Blöndling zu sein, schließlich war dieser Schuld an der Bestrafung des Älteren.

Als das kalte und nasse Geschirrhandtuch um seinen Hals gewickelt war, band Gero noch das andere Handtuch darum, dass es auch ja an seinem Platz blieb. Er erwiderte nichts auf die Entschuldigung, sondern sagte mit herber Stimme: „Wenn der Wickel warm ist, dann wiederholen wir das Ganze und jetzt trink noch eine Tasse.“ Er wartete nicht auf Michas Antwort, sondern goss ihm einfach noch einmal etwas aus der Kanne in die Tasse.

„Aber es ist so sauer“, flüsterte Micha und sah auf seine Füße, die im Wasserbad standen. Erstaunt sah Gero ihn an, nahm sich dann selbst die Tasse und setzte sie sich an die Lippen.

Sein Gesicht verzog sich und er machte einen Spitzen Mund. „Bah! Was macht sie auch nie Honig rein?“, fragte er und schüttelte den Kopf, als könnte er dadurch den Geschmack neutralisieren. „Warte kurz“, befahl er und verschwand für einen Moment in der Küche, kam aber nach nicht einmal einer Minute wieder heraus, mit einem Löffel und Honig bewaffnet. Er schraubte das Glas auf, stach mit dem Löffel in den Honig und versenkte ihn anschließend, mitsamt dem Berg Honig, der darauf kleben geblieben war, in Michas heißer Zitrone, der schweigend zusah. Anschließend schraubte Gero das Glas wieder zu und setzte sich dem Blöndling gegenüber. Er sah Micha auffordernd an und erntete nur einen verwirrten Blick dafür. Der Jüngere hatte keine Ahnung was das sollte. Wieso hatte Gero aus seiner Tasse getrunken? War ihm das nicht unangenehm?

„Ist das denn nicht ein indirekter Kuss?“, hörte er sich im nächsten Augenblick selbst fragen, doch hätte sich am liebsten dafür geohrfeigt! Was in Dreiteufelsnamen hatte ihn dazu bewegt so eine blödsinnige Vermutung auszusprechen? Gero hob erstaunt die Augenbrauen und entgegnete: „Sag mal, zermatscht dein Fieber dir jetzt schon das Hirn oder was soll der Schwachsinn? Du hast dich beschwert und ich habe probiert, also stell dich nicht so an, schließlich bin ich nicht derjenige, der schwul ist…“

„Und hast du dich jetzt nicht angesteckt?“

„Weil ich aus deiner Tasse getrunken hab?“ Gero lachte schallend auf. „Du bist ja wirklich noch bescheuerter als sonst! Jetzt trink und sei ruhig, oder willst du, dass ich mich totlache?“

Micha wusste genau, wie die Frage gemeint war, dennoch schüttelte er den Kopf. Er nahm die Tasse in beide Hände – sie war schön warm – und trank daraus. Der Honig hatte wahre Wunder gewirkt, jetzt schmeckte diese Heiße Zitrone wirklich gut…

„Na, besser?“, fragte Gero, dem Michas Gesichtsausdruck nicht entgangen war. Micha nickte nur und murmelte: „Danke.“ Dann versteckte er sein Gesicht wieder hinter der Tasse.
 

Nach einigen Minuten des Schweigens durchbrach Gero die Stille: „Ist der Wickel schon warm?“ Micha wollte diese Prozedur nicht noch einmal erleben und so schüttelte er bestimmt den Kopf.

„Hör mir jetzt mal ganz genau zu, Kleiner. Denk nicht, ich mache das aus Spaß; ich mache das, damit Ella nicht noch saurer wird und außerdem ist es für dich, also stell dich nicht an und beantworte meine Frage gefälligst ehrlich! Ist der Wickel schon warm?“ Seine Stimme war leise aber angriffslustig und Micha schluckte schwer. Er dachte einen Moment darüber nach, ob er Gero noch einmal anlügen wollte, entschied sich dann aber dagegen, weil er wusste, wie zornig Gero würde, wenn er es herausfinden sollte. Also nickte er kaum merklich. Gero erhob sich daraufhin, kaum um den Tisch auf ihn zu, kniete sich vor ihm nieder und löste das Handtuch. Der Blöndling hatte den Kopf leicht in den Nacken gelegt und sah verstohlen zu Gero hinab. Jedoch konnte er nichts sehen, als dessen Rotschopf.

„Und wie warm das ist, das kocht ja bald!“, sagte Gero plötzlich. „Du Idiot! Wärme ist ja gerade das, was schlecht ist, schließlich kann sich die Infektion dann am Besten ausbreiten! Du solltest überlegen aus welchen Gründen du mich anlügst!“ Mit dem Trockentuch verschwand er daraufhin in der Küche und ließ Micha etwas verwirrt zurück. Das hieß Gero war nicht sauer auf ihn, weil er gelogen hatte?

„Hier, hab ich vorhin mitgebracht!“ Geros Kopf war hinter der Küchentüre aufgetaucht und er warf Micha ein Hustenbonbon zu. Der fing es, mehr schlecht als recht, auf und bedankte sich bei Gero. Er hätte niemals erwartet, dass dieser so fürsorglich sein könnte.
 

Dieses Mal biss Micha gleich die Zähne zusammen, als Gero ihm das eiskalte Tuch umlegte, auch wenn es ihm nicht ganz gelang das Schlottern zu unterdrücken. Gero jedoch sagte nichts, sondern beugte sich zu Michas Füßen hinunter, als er mit dem Halswickel fertig war, und hielt einen Finger ins Wasser.

„Viel zu kalt.“ War seine Meinung, also gebot er Micha die Füße daraus zu nehmen und einen Moment auf ihn zu warten. Micha tat gehorsam, was er gesagt hatte und vernahm aus dem oberen Stockwerk, in das Gero gegangen war seine Stimme: „Schatz, wo hast du denn diese komischen Socken, die du im Haus immer anhast?“ Das Föhngeräusch, das Micha gar nicht bewusst wahrgenommen hatte, hörte für einen Moment auf und Ella rief zurück: „Na da wo sie immer sind; in deiner Sockenschublade!“

„Danke!“ Geros Stimme. Und gleich darauf wieder: „Schatz, ich brauch ein Handtuch, lässt du mich kurz rein?“ Einen Moment später war seine Stimme wütend: „Dann eben nicht! Mach doch, was du willst!“ Er war währenddessen wieder die Treppe hinunter gekommen und brummte, als er ins Zimmer trat: „Störrische Ziege!“ Ein Handtuch hatte er dennoch in der Hand. Das warf er Micha zu, mit der Aufforderung: „Trockne dir die Füße ab!“

Micha tat, was Gero gesagt hatte und fing anschließend auch die Socken auf, die Gero ihm zuwarf. Diese zog er sich an. Seine große Schwester hatte auch immer solche Socken angehabt, als sie noch zu Hause gelebt hatte, und Micha hatte sie sich immer liebend gerne ausgeliehen, aber nun waren seitdem er seine Schwester das letzte Mal gesehen hatte schon fünf Jahre vergangen. Micha erhob sich mit wackeligen Knien und nahm die Schale mit dem Wasser, um sie in der Küche zu entleeren.

„Was machst du denn jetzt schon wieder, Volltrottel?“, fauchte Gero und nahm ihm die Schüssel schlecht gelaunt ab, als er strauchelte.

„Ich wollte doch nur das Wasser wegschütten. Tut mir leid.“, fügte Micha kleinlaut hinzu.

„Verdammt, du machst mich wahnsinnig! Hör endlich auf dich dauernd zu entschuldigen! Das ist ja nicht zum Aushalten!“, fuhr Gero ihn daraufhin an und trug die Schüssel selbst in die Küche.

„Entschuldige.“

„Schon wieder!“ Er kippte das Wasser weg, nahm sich dann einen Schwamm und Spülmittel und spülte die Schüssel ordentlich. Ein Glück, dass sie aus Metall war, denn Micha war sich sicher, dass Glas unter der Aggression Geros zersplittert wäre.

„Wieso gaffst du mich eigentlich die ganze Zeit so blöd an, hä? Geh doch Fernsehen, oder ins Bett, wo ein Kranker hingehört, aber sieh zu, dass du Land gewinnst!“ Micha zuckte unter den harten Worten zusammen und lief so schnell es ging aus der Küche und Ella damit genau in die Arme. Sie schob ihn sanft hinter sich, trat in die Küche ein und sagte gelassen: „Hör auf den Kleinen so anzubrüllen, für deine Dummheit, dass du dich trotz unserer Abmachung besäufst, kann er auch nichts. Also lass deinen Frust gefälligst nicht an ihm aus.“

Micha schwindelte und er taumelte nach hinten. Glücklicherweise war da ein Stuhl, auf den er fiel. Seine Beine hatten einfach nachgegeben und ihm war für einen Moment wieder schwarz vor den Augen geworden. Gero, der das beobachtet hatte, hob skeptisch die Augenbrauen und legte den Kopf etwas schief. Daraufhin drehte Ella sich zu ihm um und sah ihn entsetzt an. Anschließend sagte sie an Gero gewandt: „Na los, jetzt bring ihn nach oben ins Bett und mach ihm noch mal einen kalten Wickel!“ Dieser verdrehte die Augen, leistete jedoch keinerlei Widerstand, sondern kam auf Micha zu, legte sich dessen Arm um seine Schultern und hievte ihn so die Treppen nach oben. Micha hatte nicht mehr die Kraft zum Gehen, sondern ließ sich einfach mitschleifen. Währenddessen brummte Gero vor sich hin.

„Na toll, die hat ja echt einen Narren an dir gefressen; du hast wohl ihren Beschützerinstinkt geweckt. Wenn du ihr ein Wort darüber erzählst, wie du zu den Blutergüssen gekommen bist, dann gnade dir Gott!“

Nun waren sie im Schlafzimmer und Gero legte Micha, vorsichtiger, als der das erwartet hatte, auf das Bett. Anschließend deckte er ihn zu. Jedoch hob er noch einmal den Kopf des Kleineren und löste die Handtücher. Mit dem einen verschwand er und kam nach einiger Zeit wieder. Micha wusste, dass es jetzt wieder frisch gekühlt war, doch in diesem Moment war er zu schwach, sich zu wehren. Und so durchfuhr ihn die Kälte als Gero das Geschirrhandtuch um seinen Hals wickelte, unbarmherzig und eisig. Jetzt kam nur noch das Handtuch und dann legte Gero seinen Kopf wieder sachte zurück auf das Kissen. Freundschaftlich klatschte er dem Blöndling auf die Wange und meinte lächelnd: „Das wird schon wieder.“ Doch er hielt in der Bewegung inne, als seine Hand auf Michas Wange traf. Das Lächeln auf seinen Lippen war wie weggeblasen und erschüttert fuhr seine Hand hinauf zu Michas Stirn.

„Oh mein Gott, du glühst ja!“ Micha nahm seine Stimme nur noch verschwommen wahr, genau wie seine Umgebung. „Ella! Komm schnell!“
 

Micha spürte etwas Kaltes auf seiner Brust, was ihn in einen unbewussten Halbschlaf versetzte. Dann wurde das kalte Etwas von seiner Brust entfernt und sein Hemd wieder hinuntergezogen. Eine ihm unbekannte Männerstimme meinte ernst: „Er hat sich eine ordentliche Erkältung eingefangen. Die nächsten paar Tage sollte er auf jeden Fall das Bett hüten. Ich lasse Ihnen noch ein Rezept da für ein fiebersenkendes Medikament; ansonsten können Sie mit den Halswickeln weitermachen und wenn er Kopf- oder sonstige Schmerzen bekommen sollte, können Sie ihm auch eine Schmerztablette geben.“ Er vernahm, wie jemand aufatmete und dann sagte Ella: „Vielen Dank, Doktor Braun, dass Sie sich extra die Mühe gemacht haben und hierher gekommen sind.“

„Nicht der Rede wert.“, gab der Mann, der eben noch gesprochen hatte, etwas verlegen zu. „Schließlich ist das mein täglich Brot.“

„Trotzdem Danke. Wenn Sie nicht da wären, wüssten wir wahrscheinlich nicht…“ Ihre Stimme war leiser geworden, hatte sich entfernt und schließlich konnte sie sie nur noch gedämpft vernehmen, aber keine Worte mehr verstehen.
 

Langsam öffnete er die Augen und trat ins volle Bewusstsein zurück. Was er eben vernommen hatte, kam ihm nun vor wie aus einem weit entfernten Traum. Er fand sich jedoch nicht allein im Zimmer wieder; Gero wippte neben ihm auf einem Stuhl, hatte nun die Füße auf der Bettkante abgestützt und sah Micha mit einem vielsagenden Blick an.

Plötzlich nahm er jedoch die Füße vom Bett, stieß hart und geräuschvoll mit den Vorderbeinen des Stuhls auf den Boden auf, lehnte sich nach vorne und flüsterte: „Bist ja endlich wieder wach, Idiot!“

„Micha!“, krächzte der Blöndling kaum verständlich. „Bitte.“ Ein klagendes, wimmerndes Flehen entwich seiner Kehle. Er hatte nicht mehr die Kraft um über diese Beschimpfungen hinwegzusehen. Würde Gero ihn noch einmal ‚Idiot’, ‚Trottel’, oder etwas in der Art nennen, würde er jämmerlich in Tränen ausbrechen. Gero biss sich auf die Lippen, offensichtlich verbiss er sich wortwörtlich einen zynischen Kommentar, sondern erwiderte nur: „Micha.“ Es klang herausgepresst, dennoch flüsterte Micha kaum hörbar: „Danke.“

„Hör zu, Micha, Ella ist los um Medizin für dich zu besorgen und ich werde solange bei dir bleiben. Also wenn irgendetwas ist, dann sag es.“

Hatte der Arzt ihnen aufgetragen ihn nicht aus den Augen zu lassen? Ihm jeden seiner Wünsche zu erfüllen?

„Hast du Hunger?“, fragte Gero schließlich und sah prüfend in die trüben Augen seines Gegenübers. Dieser schüttelte nur schwach den Kopf; würde er nun etwas Essen, würde er sich mit Sicherheit übergeben müssen. Der Rothaarige seufzte daraufhin und fuhr fort zu sprechen: „Ich versteh dich ja irgendwo… wenn man krank is, hat man keinen Appetit, aber du solltest doch was Essen. Auf was hast du am Meisten Appetit?“ Micha überlegte einen Moment und sagte schließlich: „Ein Apfel.“ Ja, in der Tat; der Gedanke an einen Apfel, knackig und süß, hatte es ihm in diesem Moment angetan.

„Ich hab aber keinen Apfel.“, meinte Gero etwas bekümmert. Aber Micha kümmerte es nicht. Er hätte sich schließlich auch zwingen müssen diesen zu essen.

„Ist nicht schlimm.“, entgegnete er, da kam Ella reingeplatzt, mit einem Glas Wasser und einer Tablettenschachtel in der Hand. Sie sah Micha durchdringend an und fragte ihn, ob er gegen irgendwas allergisch sei; er schüttelte den Kopf. Daraufhin drückte sie ihm das Glas Wasser und zwei der Tabletten in die Hand und sagte bestimmend: „Los, schlucken!“ Ihre Stimme ließ keine Widerworte zu und so tat er wie ihm geheißen.

„Hör zu, Micha.“, sagte die Blonde, als er das Glas in einem Zug geleert hatte. „Die Tabletten machen dich mit Sicherheit müde, deswegen wirst du jetzt wahrscheinlich auch gleich wieder einschlafen. Falls du heute Nacht aufwachen solltest, kannst du jeder Zeit zu uns nach unten ins Wohnzimmer kommen. Versprichst du mir, dass du es uns wissen lässt, wenn du irgendetwas brauchst? Egal wie spät es ist?“ Er nickte und ließ sich wieder in die Kissen sinken. Sie hatte Recht, diese Tabletten machten ihn wirklich müde. Oder lag es an der Krankheit?

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Das war also das nächste Kapitel .__."

Nyo, ein paar Kommentare meinerseits:

Als Erstes habe ich das Gefühl, dass geros Esstisch zum Ort der Konfliktlösung verkommen ist, schließlich sitzen sie immer da und schweigen oder reden über Probleme... wobei es glaube ich in jeder Wohnung so einen Ort gibt.

Dann mag ich den Anfang total xD

Außerdem muss ich sagen, dass gero ja ein ganz schöner Säufer ist, was? Aber leider gibt es eine Menge Leute die sind wie er und ich kenne auch welche uû

Dass Ella sich gleich zu Anfang so reizend um Micha kümmert liegt daran, dass Geros Freunde auch ihre Freunde sind und sie eine ausgeprägte soziale Ader hat xD

Zu Geros Kosenamen den Ella ihm verpasst hat muss ich sagen, dass ich einen Freund habe, den auch alle so rufen und der etspricht manchmal etwas geros Charakter; außerdem fand ich den Namen so passend, 'Bärli' xD (Wüsste derjenige davon würde ich wohl niewieder auch nur auf eine Taste der Tastatur tippen können o__o")

Und Gero kommt irgendwie so rüber, als hätte er Satyriasis, aber ganz so schlimm ist es bei ihm dann doch nicht, ihm graut nur vor zwei weiteren Wochen ohne den Bettfreuden xD

Und ich möschte mich bei allen Micha-Fans entschuldigen, dass Gero seinen Frust über die Strafe mal wieder an Micha auslässt; er meint es nicht so uû
 

Das war's also von meiner Seite *Kekse an alle verteil* lG, Terrormopf^^
 

PS: Tut mir leid wegen der langen Nachrede uû

Es tut mir leid

Hallo allerseits!

Der Titel passt zum Kapitel und meiner nervigen Vorrede, denn ich muss euch wirklich um Verzeihung bitten, weil ich so lange nicht weitergeschrieben habe und dieses Kapitel auch nicht gerade toll ist uû

Ich "lebe" gerade eine andere Geschichte, deswegen hab ich den kleinen Micha etwas aus den Augen verloren. Aber nachdem sich mein Beta-chan der Geschichte (Tango *keine Schleichwerbung mach*) beschwert hab, dachte ich mir, dass ich einfach mal weiterschreiben musste...

Und bevor ich's vergesse: Gero hat in einem der vorherigen Kapitel gelogen, aber hier taucht es nur sehr subtil auf... wer herausfindet, was Gero falsches erzählt hat bekommt einen echt englischen imaginären Keks :D
 

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Es war mitten in der Nacht, als er von stechenden Bauchschmerzen geweckt wurde. Erst rollte er sich auf der Seite zusammen, in der Hoffnung, es würde so besser werden, doch als auch das nichts half, setzte er sich auf, krümmte seinen Rücken und presste die Hände verkrampft auf seinen schmerzenden Bauch. Doch auch das half nichts. So stand er also auf, ging ein paar Male im Zimmer auf und ab und erinnerte sich schließlich an Ellas Angebot. Eigentlich hätte er dieses Angebot niemals genutzt, aber der Schmerz peinigte ihn so sehr, dass es ihm egal war. So schlich er vorsichtig die Treppe im dunklen und kalten Treppenhaus hinunter und öffnete vorsichtig die Tür zum Wohnzimmer.

Er vernahm das gleichmäßige Ticken einer Uhr. Die Jalousien der Fenster und der Balkontür waren nicht zugezogen, sodass er Ella und Gero auf dem Sofa liegen sehen konnte. Gero lag hinter ihr und hatte sie fest in seinen Armen; sie hingegen hatte seine Hand mit der Ihren erfasst und lag nun seelenruhig, zusammengemurmelt in seiner beschützenden Umarmung. Micha sah sie einen Moment lang nur an, dann kam der stechende Schmerz zurück.

„Ella?“ Seine Stimme klang ganz zaghaft, fast gar nicht. Diesmal fragte er etwas lauter: „Ella?“ Doch erneut zeigte sie keine Reaktion. Nun schlich er sich an das Sofa heran, stupste sie leicht an und fragte erneut: „Ella?“ Er hatte seine Hand auf ihrer Schulter liegen gelassen, doch sie reagierte nur mit einem lauten Schnarchen und dass sie sich näher an ihren Freund kuschelte.

Gerade wollte der blonde Junge seinen Arm wegziehen, um ihn wieder auf seinen schmerzenden Bauch zu pressen, da schnappte eine Hand nach ihm.

Gero saß aufrecht im Bett und seine Augen blitzten im einfallenden Mondlicht gefährlich auf, als er Micha musterte. Dieser wäre vor Schreck fast gestorben und hatte sich ein Aufschreien unterdrücken müssen. Als Gero ihn jedoch erkannt hatte, ließ er ihn los, rieb sich verschlafen übers Gesicht, wuschelte sich durch die Haare und gähnte: „Was willst du?“

„Ich habe Bauchweh.“, klagte Micha und sah Gero mitleiderregend an.

„Und was soll ich da jetzt machen?“, fragte Gero leicht muffelig, stand dann aber doch auf und fragte: „Willste ’ne Wärmflasche oder so?“ Micha nickte kaum merklich und folgte Gero in die Küche. Dort kam zu dem Ticken einer weiteren Uhr das leise, monotone Summen des Kühlschranks. Gero schloss behutsam die Tür hinter ihnen und knipste dann das Licht an.

Dieses blendete Micha grell, sodass er die Augen zusammenkneifen musste, aber offensichtlich ging es auch Gero nicht anders, denn er schirmte schützend seine Augen ab. Nach einer Weile schienen sich seine Augen jedoch daran gewöhnt zu haben, denn er nahm die Hand runter, ging an eine Schublade, in der allerlei Kram lag und holte dort eine Wärmflasche hervor, in Form eines Herzens. Anschließend füllte er Wasser in den Wasserkocher und knurrte, als er Michas verwirrten Blick ob des Herzens sah: „Ellas Weihnachtsgeschenk, letztes Jahr…“ Dann wandte er sich wieder ab.

Der Blöndling musterte ihn verhohlen; Gero trug lediglich seine Boxershorts und ein gammeliges, weites T-Shirt. Seine Haare waren noch zerzauster als sonst, falls das überhaupt möglich war, und unter seinen Augen hatten sich deutlich Ringe abgezeichnet. Außerdem hatte er in dem blendenden Licht aschfahl gewirkt, aber Micha wollte nicht wissen, wie er selbst dann aussehen musste.

Das Wasser kochte, woraufhin Gero es von der Platte herunternahm und in die Wärmflasche goss. Letztlich quetschte er die zugeschraubte Wärmflasche in den dafür vorgesehenen Schutzumschlag und gab sie Micha.

„Kannste jetzt wieder schlafen gehen?“, fragte Gero ihn, müde blinzelnd. Der Blonde nickte und folgte Gero aus der Küche, als der das Licht gelöscht hatte. Der Ältere kuschelte sich wieder an Elena und Micha wartete einen Moment, die herrlich warme Wärmflasche gegen den schmerzenden Bauch gedrückt, bis seine Augen sich wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten, dann schlurfte er nach oben und ließ sich müde in Geros Bett fallen.

Die Bauchschmerzen hatten nachgelassen, sobald die Wärmequelle darauf getroffen war und so konnte Micha selig weiterschlafen.
 

„Micha; wach auf, Kleiner!“ Es war Elenas nun sanft klingende Stimme, die ihn weckte und es war auch ihre Hand, die ihn vorsichtig wachrüttelte. Verschlafen drehte er sich zu ihr um, wodurch die Wärmflasche von seinem Bauch rutschte; sie war inzwischen erkaltet. Missmutig brummte er und versuchte sich so gut es ging den Schlaf aus den Augen zu reiben.

„Nun komm schon, es gibt Frühstück.“ Damit drehte sie sich um und ging aus Geros Schlafzimmer. Einen Moment lang spielte Micha mit der Versuchung sich einfach auf die andere Seite zu drehen und weiterzuschlafen, Hunger hatte er ohnehin keinen, doch der Gedanke an Elenas Temperament brachte ihn schließlich dazu, sich bleiern zu erheben und sich ins Esszimmer zu schleppen. Dort saßen schon Gero und Elena am Tisch und aßen bereits. Flach atmend setzte er sich neben Gero, Elena gegenüber, und murmelte ein „Guten Morgen“, den Blick stur auf den Fußboden gerichtet.

Gero erwiderte den Gruß brummig; die einzige die ihn anstrahlte war Elena, die sich ein Brötchen griff, es aufschnitt, mit Butter und dann mit Honig bestrich. Micha konnte kaum hinsehen. Er wusste, dass er eigentlich auch etwas essen sollte, doch konnte er sich einfach nicht dazu durchringen.

Der Junge war gerade wieder in den Halbschlaf gerutscht, da legte Elena das Honigbrötchen vor ihm auf den Teller und gebot ihm: „Iss.“

Verwundert sah er auf und verzog kaum merklich das Gesicht, als er sah, wie sie selbst in ein mit dick Nutella bestrichenes Brötchen biss. Es schüttelte ihn und so schnell er nur konnte wandte er die Augen ab. Doch gleich darauf fühlte er ihren tadelnden Blick auf sich. So nahm er das Brötchen in die Hand und biss hinein.

Ein Schauer überkam ihn und er musste sich dazu zwingen das Stückchen dreimal zu kauen und dann hinunterzuwürgen.

„Schmeckt’s?“ Hörte er da Elenas gut gelaunte Stimme. Er sah nicht auf und nickte. Hätte er aufgesehen, hätte er bei dieser Lüge gewiss hochrote Ohren bekommen.
 

Er hatte noch drei weitere Tage bei Gero und Elena verbracht, bis diese ihn endlich nach Hause gehen ließen. Wobei sie eigentlich nicht mal das taten, denn Ella fuhr ihn mit dem Auto und grinste, ihm zuzwinkernd: „Gero und ich holen dich dann morgen so gegen acht Uhr ab.“

„Wieso abholen?“, fragte Micha verwirrt und stieg aus.

„Na du hast doch Ferien und wenn du schon so lange bei uns gewohnt hast, kannst du auch mal mit uns weggehen.“ Damit zog sie die Beifahrertür selbst zu und brauste davon; ihr Fahrstil passte zu ihrem Temperament.

Micha sah dem Auto noch einige Sekunden nach, dann drehte er sich um und ging zur Tür um diese aufzuschließen. Er hatte sie kaum geöffnet, rief die hysterische Stimme seiner Mutter aus der Küche: „Micha? Micha, bist du es?“

„Ja, Mama!“, antwortete er und zog die Tür leise ins Schloss. Als er sich umdrehte stand seine Mutter mit Tränenverschmierten Gesicht vor ihm und umarmte ihn stürmisch. Verwirrt legte er die Arme um sie und fragte: „Was ist denn los, Mama?“

„Ich habe mir solche Sorgen gemacht, Micha! Wo warst du denn die ganze Zeit?“, fragte sie aufgelöst und hielt ihn von sich um ihn anzusehen, doch im nächsten Moment kam sein Vater angestürmt und ohrfeigte ihn kräftig, dann brüllte er: „Verdammter Bengel, was fällt dir ein uns anzulügen? Du weißt doch, wie es um die Nerven deiner Mutter bestellt ist!“ Zu Boden blickend murmelte Micha: „Es tut mir leid.“

„Warum hast du uns erzählt, du seist bei Robin? Als wir ihn angerufen haben, war er ganz erstaunt zu hören, dass du noch nicht da bist. Septima hat jeden Tag angerufen und nach dir gefragt! Nun erzähl uns endlich, wo du gewesen bist!“ Die Stimme seiner Mutter zitterte heftig und er traute sich nicht ihr in die Augen zu sehen, als er antwortete: „Bei einem Freund.

„Bei einem Freund?“, bellte daraufhin sein Vater, „red nicht so einen Unsinn daher! Du hast doch gar keine Freunde außer Robin und Septima!“ Er packte Micha und schüttelte ihn. Doch Michas Mutter fasste ihn bei den Händen und fuhr ihn an: „Lass deinen Frust nicht an dem Jungen aus! Er kann doch auch nichts dafür, dass er anders ist als die Jugendlichen in seinem Alter!“

„Sei doch still! Du hast ihn von Kindesbein an verhätschelt, dass nichts außer einem Schwulen aus ihm werden konnte!“, brüllte der Vater und wandte sich seiner Frau zu. Diese erwiderte erhitzt: „Fängst du schon wieder damit an? Was kann ich dann dafür, wenn der Junge so wird? Schließlich warst du derjenige, der…“

Es fing schon wieder an, dass sie sich seinetwegen stritten. Ganz leise ging er die Treppen hinauf in sein Zimmer und setzte sich an seinen Schreibtisch. Mit der Fernbedienung schaltete er die Stereoanlage ein – Green Day – die CD hatte ihm Robin geschenkt.

Er lehnte sich zurück und hörte seine Eltern im unteren Stockwerk schreien. Sie hatten es gar nicht bemerkt, dass er gegangen war.

Seine Wange brannte. Und er musste sich zusammenreißen vor Schmerzen nicht loszuheulen.

Einst hatten seine Eltern sich Mühe gegeben ihren Streit und ihre Enttäuschung ihm gegenüber zu verheimlichen, doch das war längst vorbei. Inzwischen wusste er genau was sie von ihm hielten; und das war nicht viel.

Das nächste Lied kam – „Give me Novacaine“. War das nicht ein Betäubungsmittel?

Ein Mittelchen das den Schmerz betäubte.

Eine wunderbare Vorstellung!

In dem Moment klingelte das Telefon, das bei ihm im Zimmer stand. Er nahm den Hörer ab und meldete sich artig: „Micha Kainrath, hallo?“

„Micha! Oh mein Gott, ich habe mir solche Sorgen gemacht! Wo warst du denn die ganze Zeit? Robin hatte keine Ahnung und deine Eltern auch nicht und bei mir hast du dich auch nicht gemeldet! Wenn dir jetzt was passiert wäre! Nicht auszudenken!“, plapperte Septima gleich aufgebracht auf ihn ein. „Wieso bist du denn nicht noch einmal zu mir gekommen? Du wolltest mir doch noch erzählen, was mit dir passiert ist! Wo warst du denn eigentlich?“

„Bei Gero.“, antwortete er nüchtern. Er hatte keine Lust zu reden, dennoch zwang er sich freundlich hinzuzufügen: „Es tut mir leid, dass ihr euch alle Sorgen gemacht habt, das wollte ich wirklich nicht.“ Septima ignorierte seine Entschuldigung jedoch und quietschte erschrocken: „Bei Gero? Bist du denn von allen guten Geistern verlassen? Was zum Teufel hat dich dazu bewegt und wie hast du es geschafft das zu überleben und wieso hat er dich bei ihm bleiben lassen?“ Ob ihrer vielen Fragen und der Tatsache, dass er noch immer angeschlagen war, begann sein Kopf dumpf zu pochen und er entgegnete: „Ich… das kann ich dir nicht sagen.“ Er erinnerte sich daran, dass Gero ihm umbrächte, wenn er irgendwem davon erzählte und so fragte er schnell bevor Septima wieder begann ihn auszuquetschen: „Wie geht es Robin?“

Schweigen folgte. Nach einigen Sekunden sagte Septima allerdings zögerlich: „Robin hat mir erzählt, dass du uns gesehen hast.“ Offensichtlich erwartete sie eine Reaktion seinerseits, doch ein dicker Kloß in seinem Hals hinderte ihn am Sprechen, sodass sie fortfuhr: „Du musst mir glauben, es tut mir leid, wir wollten es nicht so hinter deinem Rücken tun, aber hätten wir es dir erzählt, dann…“ Sie brach ab. Er wusste, dass sie sagen wollte, dass sie befürchtet hatten, dass er angefangen hätte zu heulen wie ein kleines Mädchen und elendig zusammengebrochen wäre.

„Micha, es tut mir wirklich aufrichtig leid.“, flüsterte sie und ehrliche Reue lag in ihrer Stimme. Micha schüttelte den Kopf und sagte: „Mir tut es auch leid. Ich hätte es merken müssen, schließlich habt ihr euch immer so gut verstanden und wegen mir musstet ihr es verheimlichen. Bitte verzeiht mir.“

„Ach Micha…“, seufzte sie und er konnte den Vorwurf in ihrer Stimme vernehmen. „Kannst du denn nicht einmal wütend werden? So richtig zornig, dass du uns anbrüllst? Denn so wird mein schlechtes Gewissen nur noch schlimmer.“

„Tut mir leid.“ Mehr konnte er nicht dazu sagen. Daran zu denken schnürte ihm das Herz zusammen, sodass jeder einzelne Pulsschlag wehtat. Nach einer kurzen Pause in der er sich wieder einigermaßen gesammelt hatte, holte er tief Luft und fragte: „Und seid ihr dann jetzt… richtig zusammen?“ Septima antwortete nicht sofort, sondern schien erst zu überlegen, was sie ihm antworten sollte, dann seufzte sie erneut und sagte: „Ja. Ach Micha, glaub mir, ich wollte nicht, dass du es so erfährst, aber…“

„Ist schon gut.“, beruhigte er sie und sah es fast vor sich, wie sie auf ihrem Bett saß, die Beine an den Körper gezogen und die Stirn auf die Knie gelegt. Bestimmt war sie vollkommen fertig mit den Nerven. Es war wirklich unverantwortlich von ihm gewesen sich bei niemandem abzumelden. Er war ja so ein Trottel!

„Micha, ich muss auflegen, meine Schwester muss wegen ihrer Bewerbung telefonieren. Ich melde mich in den nächsten Tagen noch mal.“

„OK, bis dann.“

„Tschüss!“ Dann hatte er das Tuten in der Leitung.
 

Es war kurz vor acht Uhr am folgenden Abend und Michas Eltern saßen zusammen vor dem Fernseher in der Erwartung der Tagesschau. Er hingegen war oben in seinem Zimmer und lernte Französisch Vokabeln, nach den Ferien schrieben sie eine Arbeit.

Es klingelte.

„Micha, da ist jemand für dich!“, rief seine Mutter von unten hoch. Der Angesprochene schrak von seinem Bett auf und lief nach unten. Dort stand Ella in der Tür, lächelte freundlich und winkte ihm zu. Er schnappte sich seine Jacke, schlüpfte in seine Vans und drückte seiner Mutter ein Küsschen auf die Wange, bevor er mit Ella aus der Tür ging.

Er war wahnsinnig aufgeregt. Was würden Geros Freunde wohl von ihm halten?

„Du siehst hübsch aus.“, flüsterte er und sah, rote Ohren bekommend, zu Boden. Ella klopfte ihm aufmunternd auf den Rücken und meinte lachend: „Danke, das haben wir Frauen so an uns, wenn wir uns zurechtmachen. Aber lass das nicht Gero hören, sonst denkt er noch, dass du mit mir flirtest!“ Sie zwinkerte ihm zu und stieg auf der Beifahrerseite des Wagens ein. Micha nahm auf der Rückbank platz und begrüßte Gero mit einem schüchternen „Hallo“

„Hey“, erwiderte der den Gruß trocken und fuhr los.

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Die Wärmflaschenszene liebe ich! Im Gegensatz zum Rest des Kapitels >__>"

Ich versprech's euch, das nächste wird wieder besser und nicht mit so viele "Es tut mir leid"s...

Das war's dann mal wieder von mir, lG, Terrormopf^^
 

PS: Vergesst die Preisfrage nich xDD

Ab jetzt ein Mädchen?

Denkt euch nichts beim Titel xD

Wenn ihr's gelesen habt werdet ihr es verstehen und mich wahrscheinlich auslachen xDD

Tja... was soll ich sagen? Ich hab irgendwie grade nichts. Dann löse ich eben noch schnell das Rätsel auf: Ist euch aufgefallen, dass Ella keinen Honig gegessen hat? xD
 

Sie saßen nun schon seit einer halben Stunde im Grisu, dem Billard-Café gegenüber Robins Wohnung.

Micha war ziemlich nervös, denn auf Robin zu treffen war nicht gerade das was er sich im Moment wünschte; besonders nicht, solange er mit Gero unterwegs war.

Dieser saß neben ihm und hatte den Arm um Ellas Schultern gelegt, die zur Rechten des Rothaarigen saß. Er lachte viel, was Micha nicht von ihm gewohnt war, doch seine vertraut sarkastische und beinahe schon bösartige Art behielt er dennoch bei.

„Schatz, kommst du mit, eine rauchen?“, fragte er an Ella gewandt und sie maulte: „Du weißt doch genau, dass ich es nicht gut finde, dass du rauchst! Hör endlich auf.“

„Ach Schatz!“ Er dehnte das „a“ aus und machte einen Schmollmund, woraufhin sie seufzte und meinte: „Wenn’s denn sein muss.“ Daraufhin herrschte Gero Micha an: „Mach Platz, Kleiner, wir wollen raus!“ Da sie auf einer Bank saßen, Micha am Rand, musste er wohl oder übel aufstehen und erhob sich, ohne einen Ton zu sagen. Er hatte noch kein Wort mit jemandem gewechselt, seit er Gero im Auto begrüßt hatte.

Irgendwie fühlte er sich unwohl bei diesen Proleten, aber zum Glück waren keine derjenigen dabei, mit denen Gero vor einer Woche im Galgen aufgekreuzt war.
 

„Nun sag mal, Blondie, wie bist’n du an einen wie Gero gekommen?“, fragte einer der Jungs als er sicher war, dass Gero außer Hörweite war. Micha schrak unwillkürlich zusammen und sah ihm verschüchtert in die Augen. Schließlich rang er sich doch zu einer Antwort durch: „Ich habe ihm geholfen und bin dann krank geworden, deswegen haben Ella und er sich um mich gekümmert.“

„Haste denn kein Zuhause?“, kam es von einem anderen Jungen mit schwarzen Haaren.

„Doch, schon“, stotterte Micha. „Aber die Beiden wollten mich nicht gehen lassen.“ Nun fragte der Erste wieder: „Wie alt biste denn?“

„17“, kam sofort die Antwort von Micha.

„Und wie heißt du noch mal?“, fragte ihn ein Mädchen mit blond gefärbten Haaren, man erkannte es auf den ersten Blick.

„Micha.“ Seine Antworten vielen sehr knapp aus, er wollte diesen Fremden nicht zu viel von sich preisgeben.

„Hey, ich bin Bess. Das sind Mark und Benne.“, stellte sich das Mädchen vor und deutete anschließend auf die beiden Jungs, die ebenfalls mit ihm gesprochen hatten.

„Und…“, setzte Micha an, doch Bess unterbrach ihn, wohl wissend, was er fragen wollte: „Die Anderen sind unwichtig!“ Sie und die Jungs lachten auf und auch Micha lächelte, wenn auch etwas gequält.

„Auf welche Schule gehste denn?“, fragte Benne, der die dunklen Haare hatte. Micha antwortete schnell: „Gymi in Überlingen und du?“

„Man, verdammter Streber! Mach grad BK…“, entgegnete er und lehnte sich wieder zurück.

„Biste denn genauso gut in der Schule wie unser Bärli es war?“, erkundigte sich Mark. Micha runzelte die Stirn und entgegnete mit einer Gegenfrage: „Wie gut war Gero denn?“

„Na das ist wieder typisch Bärli!“, gluckste das Mädchen und Mark klärte den Blonden auf: „Unser Gero ist immer bescheiden, was das angeht, schließlich könnte man ja eifersüchtig auf ihn werden, wenn man weiß, dass er, ohne sich großartig anzustrengen einen Abi-Schnitt von eins drei hatte.“

„Eins Komma drei?“, rief Micha überrascht auf, als plötzlich eine Stimme hinter ihm erklang: „Ja, genau das hatte ich im Abi; würdest du uns jetzt wieder auf unsere Plätze lassen? Außerdem war’s draußen kalt genug, deswegen kannst du deinen Mund wieder zu machen, damit’s nicht so zieht!“ Michas Gesprächspartner lachten auf und er selbst stand mit hochrotem Kopf auf.

„Soso, Bärli, wir haben gehört, du wärst zum Wohltäter mutiert?“, fragte Mark und grinste ihn zynisch an. So schnell er konnte richtete Micha den Blick gen Boden, fühlte aber dennoch Geros Blick auf sich haften, als der antwortete: „Nicht ich; Ella, es war ihre Idee.“

„Na großartig gewehrt hast du dich auch nicht gerade, außerdem war er schon einen Tag bei dir, als ich wiedergekommen bin!“ Und so entspann sich eine Diskussion zwischen Ella, Gero, Bess, Mark und Benne.

Micha hielt sich raus. Er diskutierte nicht so gerne, da musste man seine Meinung vertreten, aber seine Meinung war so oft die Falsche.
 

„Mädels, ich geh noch eine Rauchen.“, kam es plötzlich von Gero. Die Diskussion war schon längst wieder vergessen. Micha stand schon auf, als Gero gerade den Mund aufmachen wollte. Eben wollte sich der Blonde wieder setzen, da hielt Bess ihn am Arm fest und lächelte: „Lass uns ’ne Runde Billard zocken! Du und ich gegen Mark und Benne!“ Zeit zu antworten hatte er allerdings keine, denn sie zog ihn schon von den Tischen mit sich zu den Billardtischen. Die Jungs hatten schon gezahlt und die Kugeln aufgebaut. Jeder von ihnen hatte einen Queue und noch einen für Bess und Micha. Doch bevor Micha den Queue an sich nehmen konnte, fragte Mark grinsend: „Kannst du überhaupt Billard spielen?“

Schüchtern schüttelte Micha den Kopf. Zwar hatte er schon des Öfteren mit Robin gespielt, doch gewonnen hatte er nie.

Mark ließ den Queue los und lachte, sich Benne zuwendend: „Na wunderbar, das wird ein leichtes Spiel, wir spielen nur gegen Laien!“ Der Dunkelhaarige lachte ihm ebenfalls zu, nahm die Schablone von den Kugeln und sagte: „Bitte, ihr habt den ersten Stoß.“ Bess streckte ihm die Zunge raus und ging in Position. Sie spielte den Pulk leicht schräg an und versenkte so schon auf Anhieb eine der Halben; der Rest der Kugeln verstreute sich auf dem Tisch.

„Yeeha!“, jubelte sie und lochte gleich die Nächste ein. Noch eine schaffte sie allerdings nicht.

Das Spiel war eigentlich recht ausgeglichen; Bess spielte erstaunlich gut und holte aus jedem von Michas Patzern noch etwas raus. Außerdem meckerte sie auch nicht, als er aus Versehen eine Volle einlochte.

Die Jungs taten sich auch nicht sonderlich schwer, doch am Schluss übernahmen sie sich etwas, denn sie spielten die letzte Volle ins linke mittlere Loch. Bess war so schlau ihre letzte Kugel ins rechte Eckloch zu stoßen. Dann legte sie die Schwarze so knapp vor das gegenüberliegende Loch, dass es für die Jungs unmöglich war, sie noch herauszuholen und sie sie wohl oder übel hineinspielen mussten.

Micha konnte es kaum fassen. Er hatte das erste Mal im Billard gewonnen! Kaum hatte er das gedacht, kam Bess auf ihn zugestürmt und umarmte ihn freudestrahlend. Sie hüpfte mit ihm im Kreis herum und quietschte: „Wir haben gewonnen! Wir haben gewonnen!“ Durch den Singsang konnte Micha ihre Gegner grummeln hören, doch plötzlich vernahm er noch eine Stimme: „Micha?“

Er hielt die Luft an und riss die Augen weit auf. Die Stimme war von hinter ihm gekommen, dennoch musste er die Person nicht sehen, um sie zuordnen zu können. Verwirrt ließ Bess von Micha ab und fragte: „Wer bist’n du?“

Der Blonde drehte sich, den Kopf geneigt, um, sodass er auf Robins Schuhe sah.

„Micha! Was machst du denn hier?“, fragte er und tat einen Schritt auf Micha zu, um ihn in seine Arme zu schließen.

Alle Euphorie die Michas Körper noch drei Sekunden zuvor durchströmt hatte, war mit einem Schlag verschwunden und ein beklemmendes Gefühl, das ihm die Kehle zuschnürte, machte sich in Michas Brust breit.

„Wir haben uns Sorgen gemacht! Nun sag doch was! Sei nicht sauer, Micha.“ Er sprach mit ihm wie mit einem Kind, doch es störte den Blonden kaum.

Eigentlich hätte er sich in diesen ihm so vertrauten Armen unendlich wohl fühlen sollen, warum also durchströmte ihn ein gänsehauterregender Ekel? Gefolgt von dem Gefühl sich nur übergeben zu wollen?

„Tut mir leid“, war das Einzige, was ihm über die Lippen wollte.

„Wieso hast du dich denn nicht bei uns gemeldet? Septima hat gesagt, dass du nie zu Hause gewesen seist, wenn sie bei dir angerufen hatte. Weißt du eigentlich, was sie sich für Sorgen gemacht hat? Sie hat sich die Schuld an allem gegeben und…“ Weiter kam er nicht, denn nun stand Gero hinter ihm und sagte gefährlich ruhig: „Du!“ Verwundert ließ Robin von Micha ab und drehte sich um.

„Du kommst mit!“, knurrte Gero, packte Robin am Kragen und schleifte ihn hinter sich her ins Freie. Robin war zu perplex um sich zu wehren, oder nur zu schreien. Micha lief ihnen hinterher. In der Tür blieb Micha stehen und sah gerade wie Gero Robin eine Faust verpasste. Dann brüllte der Rothaarige: „Pass bloß auf wie du mit wem redest, elender Drecksack!“ Robin lag am Boden und hielt sich den Mund, aus dem ein bisschen Blut floss – er hatte sich wohl auf die Zunge gebissen.

„Ach ne, vom Schwulenhasser zum Schwulenbeschützer, was? Hast dich am Ende noch in ihn verliebt, was?“, brüllte Robin und rappelte sich auf. In dem Moment machte Gero noch einen Schritt auf ihn zu und holte schon zum nächsten Schlag aus, als er donnerte: „Sieh bloß zu, dass du Land gewinnst und nicht so einen Dreck daherlaberst! Das hat manch anderen schon ein paar Zähne gekostet!“ Er ließ von Robin ab und drehte sich um, um wieder hineinzugehen. Micha konnte erkennen, wie Robins Beine nachgaben und er auf die Knie sank. Gero allerdings packte Micha grob am Arm und zog ihn hinter sich her zu ihrem Platz. Er sagte leise: „Wir zahlen und gehen jetzt!“ Sich auf die Lippe beißend nickte Micha, nahm sich seine Jacke, so wie Gero, und ging an die Theke zum Zahlen. Er hatte nur eine Cola getrunken. Anschließend zahlte Gero und entschuldigte sich beim Wirt für das Aufsehen, das er erregt hatte. Der erwiderte lediglich, dass Gero sich besser in der nächsten Woche nicht hier blicken lassen sollte und es gut sei, dass er jetzt ging, denn sonst hätte der Wirt ihn hinauswerfen müssen. Mit einem Handschlag verabschiedete sich Gero von ihm und schob Micha zügigen Schrittes aus dem Billard-Café.

„Wo ist denn Ella?“, fragte Micha, sich verwirrt umblickend.

„Die kommt später nach Hause.“, antwortete Gero monoton.
 

Als sie nebeneinander im Auto saßen, Gero den Blick krampfhaft auf die Straße gerichtet, fragte Micha unsicher: „Sag mal… warum hast du das getan?“

„Weil der Typ mich schon immer genervt hat und du dich bisher immer vor ihn gestellt hast, da musste ich doch jetzt die Gelegenheit beim Schopfe packen, oder?“, antwortete Gero und verzog den Mund zu einem schiefen, sehr gequälten Grinsen. Micha sah ihn weiterhin an und fragte: „Ehrlich? Hast du es nicht…für mich getan?“ Er lief scharlachrot an und sah schnell aus dem Fenster, damit Gero es nicht mitbekam. Es war ihm peinlich diese Worte zu sagen und es war ein merkwürdiges Gefühl zu sagen für mich. Micha war sich nicht sicher, ob er sie schon jemals zuvor gebraucht hatte.

Geros Schweigen daraufhin verunsicherte Micha. Diese Frage war eigentlich nicht wirklich ernst gemeint gewesen, mehr rhetorisch gestellt.

„Hör zu“, sagte Gero plötzlich. „Ich stelle mir einfach vor, du wärst ein Mädchen, dann kann ich mit dir umgehen.“ Verwirrt schüttelte Micha den Kopf und fragte: „Warum das?“

„Na weil du auf Kerle stehst, genau wie Mädchen und Freunde hast, genau wie Mädchen, also halt endlich die Klappe!“, brüllte Gero ihn auf einmal an. Micha zuckte zusammen und erwiderte nichts darauf, sondern nickte nur eingeschüchtert, als Geros Augen kurz zu ihm blitzten.

„Gut. Also: Der Kerl hat mit eurer besten Freundin gepoppt.“ Micha wollte gerade etwas einwerfen, da herrschte Gero ihn an: „Halt’s Maul! Der Typ war mit dir zusammen, hat dich behandelt wie Dreck und dich mit eurer besten Freundin betrogen, sieh’s ein! Und als du jetzt eine Woche nicht da warst hat er sich keinen Deut um dich gekümmert, sich nicht mal um dich gesorgt, hat es nur mitbekommen, weil die komische Sieben bei euch angerufen hat und gefragt hat.“

„Aber er hat sicher auch nach mir gefragt.“, versuchte Micha die Worte abzuschwächen.

„Sag mal deine Naivität grenzt ja schon an Dummheit! Einen solchen Idioten wie dir bin ich noch nie begegnet! Wenn man dir nicht Einhalt gebietet behauptest du noch du seist Schuld an allem Übel in der Welt!“, blaffte Gero ihn an und Micha erwiderte kleinlaut: „Also in gewisser Weise könnte ich wirklich mehr machen, es gibt doch Demonstrationen und so was…“

Nun schrie Gero laut auf, dass Micha die Ohren klingelten.

„Volltrottel! Schwachkopf! Verdammtes Rindvieh! Du gehst mir so unglaublich auf die Nerven mit deinem übertriebenen Mitleidssinn! Geh doch auf den Friedhof und heul für die ganzen Leute die verreckt sind! Warum zum Teufel nimmst du immer, wirklich immer, die gesamte Schuld für alles was schief läuft auf dich? So was Seltendämliches wie dich gibt’s auch nur einmal auf der Welt!“

„Und so was brutal Ehrliches und Gehässiges wie dich auch.“, erwiderte Micha kaum hörbar, doch Gero hatte es anscheinend verstanden, schwieg einen Moment erstaunt und brach dann in schallendes Gelächter aus, in das Micha mit einstimmte.

„Na das war ja der erste Konter den ich je von dir erlebt habe, Blondie, da muss ich mir gleich ein Kreuzchen im Kalender machen!“, prustete Gero, als sie vor Michas Haus ankamen.

„Es war nur die Wahrheit“, grinste der Blonde. Er war nicht Herr über seine Worte und sagte einfach frei heraus, was ihm in den Sinn kam.

„Pass auf, Kleiner, wir drehen noch ’ne Stadtrunde und dann bring ich dich nach Hause“, schlug Gero vor, kurz bevor Micha ausstieg.

„Stadtrunde?“, fragte Micha etwas verwirrt.

Gero grinste ihn an, drehte die Lautstärke der Musik auf und brauste los in Richtung Stadt.
 

Bis denne, lG, Terrormopf^^

Stadtrunde

Hey^^

Willkommen zu einem neuen Kapitel.

Und erstmal ein Dankeschön für die lieben Kommentare ;^; Ihr seid echt klasse:D

Ich wurde hierzu fast ausschließlich von den Ärzten beschallt (das neue Album ist echt klasse x3)

Zum Kapitel sage ich von vorneherein: Die von Micha erwähnte "Dönerstraße" ist eigentlich die Hafenstraße und wird nur so genannt, weil da ein Döner nach dem anderen steht...

Ansonten, viel Spaß!
 


 

Der Bass vibrierte in Michas Körper.

Gero hatte sein Fenster heruntergelassen und rauchte, den Rhythmus auf dem Lenkrad mit den Fingern der anderen Hand mittrommelnd.

Sie hörten irgendein Technolied; Micha kannte sich damit nicht aus.

Ob Gero so etwas wohl öfter tat? Einfach die Musik aufdrehen und dann durch die Stadt fahren? Micha hatte oft den Autos mit der Lauten Musik nachgeschaut, wenn sie durch die Dönerstraße fuhren, doch selbst darin zu sitzen war anders, als er es sich vorgestellt hatte. Es war ihm nicht peinlich, sondern er fühlte sich in einer merkwürdigen Art und Weise erhaben.
 

Während sie aus der Stadt waren, fuhr Gero Micha nicht etwa nach Hause, sondern steuerte irgendeine Straße an.

„Wohin fahren wir?“, rief Micha, sich bemühend die laute Musik zu übertönen. Gero zuckte daraufhin nur mit den Schultern und entgegnete: „Keine Ahnung, ist doch auch egal, Hauptsache Auto fahren!“ Er schien keine Probleme damit zu haben die Musik zu übertönen, doch kramte er jetzt im Handschuhfach nach einer CD-Mappe. Er zog sie hinaus. Micha starrte währenddessen mit vor Angst weit aufgerissenen Augen auf die Straße; wie konnte Gero nur so verantwortungslos beim Fahren sein?

Aber er sagte nichts, sondern schielte wieder zu dem Rothaarigen rüber, der die Mappe in seinem Schoß liegen hatte und mit einer Hand darin rumblätterte.

„Verdammt, wo is’n das scheiß Album?“, brummte er und sah immer wieder kurz auf die Straße. „Endlich!“ Er schien die CD, die er gesucht hatte, gefunden zu haben, denn er zog eine hinaus und legte sie, statt der Vorherigen, in das Laufwerk ein. Anschließend warf er Micha die lose CD und die Mappe auf den Schoß und meinte: „Räum das mal weg, Kleiner!“ Perplex tat der Blonde wie ihm geheißen und wartete gespannt darauf, was als nächstes für Musik laufen würde.

Er vernahm Schlagzeug, Bass und Gitarre.

Doch Gero zappte solange, bis er zu einem Lied gelangte, das er mochte.

Der Sänger hatte eine sehr raue Stimme und sang deutsch, dennoch achtete Micha erst wirklich auf den Text, als Gero lauthals mitgrölte: „Sei Du selbst, steh zu Dir, die Wahrheit wird gelebt und nicht doziert!“

„Wer ist das?“, rief Micha und sah fragend zu Gero.

„Kevin!“, entgegnete Gero knapp und fuhr fort mitzusingen.

„Ich meinte: Welche Band?“, korrigierte sich Micha und wartete auf die Antwort.

„Sag mal hast du denn gar keine Ahnung von Musik?“, fragte Gero und warf Micha einen vielsagenden Seitenblick zu. „Mann, das sind die Onkelz!“ Etwas verunsichert erkundigte sich der Blonde: „Die Böhsen Onkelz? Ist das nicht eine nationalsozialistische Band?“

„Noch einmal so ein Kommentar in meinem Auto und ich werf dich bei hundert Stundenkilometern ausm Fenster!“, brüllte da Gero.

„Etwa nicht?“, erkundigte Micha sich unsicher und bemerkte, dass schon wieder ein anderes Lied lief.

„So’n Schwachsinn! Informier dich lieber, bevor du irgendwas daherlaberst von dem du überhaupt keine Ahnung hast!“, meinte Gero, nun wieder etwas gelassener. Daraufhin fuhr er fort die Texte mitzusingen und Micha sah schweigend aus dem Fenster.

Plötzlich vernahm er wieder Geros Stimme die Musik durchschneiden: „Du bist doch auch aufm Gymi, ne?“

„Ja.“ Micha nickte. „Wieso?“

„Wen hast’n so?“, erkundigte Gero sich beiläufig und drehte währenddessen die Lautstärke leiser.

„In Mathe Herrn Bäcker.“

„Oh Gott! Is der immer noch da? Der müsste doch bald sein hundert und erstes Dienstjubiläum haben!“, unterbrach ihn der Rothaarige und lachte. „Lispelt er immer noch? Und trägt er noch das dämliche Toupet?“

„Genau das!“, stimmte Micha in das Lachen mit ein.

„Und kennst du den Felshaus-Klein? Der, der immer behauptet er würde nur in die Hefte schauen wollen und den Mädchen dann in den Ausschnitt spannt? Das war ja mal so ein Arschloch!“

„Der ist geflogen“, erklärte Micha.

„Ach was!“, rief Gero erstaunt aus und fuhr eine scharfe Linkskurve. „Der is ernsthaft geflogen?“

„Ja, inoffiziell. Offiziell hat er seinen Lehrsitz gewechselt.“, meinte Micha grinsend. Und Gero konnte sich daraufhin kaum noch vor lachen halten: „Den Lehrsitz gewechselt! Ich glaub’s ja nich! Ach und hast du in Musik den Hellinger?“

„Jap, genau den.“, bestätigte Micha gut gelaunt.

„Geht der immer noch mitten in der Stunde raus um einen Kaffee zu trinken und sich ein Brötchen zu kaufen?“, fragte der Ältere feixend und fuhr auf einen Parkplatz.

„Nein“, erwiderte Micha verblüfft. „Hat der das bei euch gemacht?“

„Ja, jede zweite Stunde, außerdem ist er immer mindestens zehn Minuten zu spät gekommen und hat nichts gemacht außer mit uns zu musizieren.“

„Na toll!“, grummelte Micha, „Mit uns schreibt er die ganze Stunde nur und ist immer pünktlich. Dafür haben wir aber ’ne tolle Englisch-Lehrerin: Frau Lammertz.“

„Die kenn ich nich; is die neu?“ Er hatte angehalten und stieg aus. Micha tat es ihm gleich und antwortete: „Ja, aber sie ist echt total klasse! Is ja auch noch jung.“

„Na dann.“ Gero zündete sich eine neue Zigarette an und lehnte sich ans Auto.

„Wieso haben wir eigentlich gehalten?“, fragte Micha und setzte sich neben den Älteren auf die Motorhaube, ihn musternd. Prompt blaffte Gero ihn allerdings an: „He, pass bloß auf, dass du mir den Lack nicht zerkratzt!“

„Oh, tut mir leid.“, meinte Micha und wollte gerade wieder aufstehen, als Gero meinte: „Kannst ruhig sitzen bleiben, du sollst halt nur aufpassen.“

„Ist gut.“ Sie schwiegen wieder eine Weile, bis Gero auf Michas Frage antwortete: „Ich hatt’ Bock auf ’n bisschen frische Luft, außerdem kann ich au nich die ganze Zeit fahren.“

„Achso.“ Micha sah in den Himmel. Er war Wolkenverhangen und versteckte den kleinsten Stern hinter der dicken Wolkendecke. Dennoch wurde Micha mit der Zeit kalt und er wärmte sich die Finger so gut es ging an der noch warmen Motorhaube.

Die Zähne klapperten ihm trotzdem und erstaunt fragte Gero: „Dir is doch wohl nich etwa kalt, oder?“ Die Zähne fest aufeinander pressend schüttelte der Blonde den Schopf und unterdrückte das Zittern.

Noch einmal zog Gero genüsslich an seiner Zigarette, schnippste sie dann weg, griff ins Auto und zog seine Jacke heraus. Die warf er Micha über den Kopf und meinte: „Im Lügen biste lausig, echt.“ Dankbar mummte der Kleinere sich in die viel zu große Jacke ein und erwiderte nichts darauf.

Gero zog aus seiner Hosentasche seine Packung roter Gauloises, öffnete sie und sah hinein.

„Verflucht!“, brummte er, zerknüllte das Päckchen und warf es weg. „Jetzt muss ich mir neue kaufen. Steig ein, Kleiner, wir fahren an die Tanke.“ Sofort sprang Micha auf und beeilte sich, sich neben Gero ins Auto zu setzen. Kaum hatte er die Tür zugeschlagen, fuhr Gero mit quietschenden Reifen los.
 

Er war an dem Abend erst spät nach Hause gekommen, seine Eltern hatten schon im Bett gelegen und geschlafen. Gero hatte ihn zurückgefahren und mit Handschlag verabschiedet.

Ob er den Rothaarigen nun als eine Art Freund bezeichnen konnte? Wahrscheinlich noch nicht. Wahrscheinlich hatte Ella ihm aufgetragen nett zu Micha zu sein. Dieser seufzte vernehmlich und starrte aus dem Fenster auf den Schulhof, als Herr Bäcker vor ihm stand und ihn tadelte: „Hätten Sie die Güte auch heute meinem Unterricht zu folgen, Micha? Langsam bin ich es leid mit Ihnen, ständig starren Sie aus dem Fenster! Und wenn ich Sie noch einmal seufzen höre, dann verbringen Sie den Rest der Stunde vor der Tür!“

„Ja, Entschuldigung“, murmelte Micha, darauf bedacht das urkomische Lispeln seines Lehrers zu überhören und nicht auf das Toupet zu sehen. Er nahm sich seinen Bleistift zur Hand und zeichnete abwesend die Funktion ab, die der Lehrer an die Tafel gemalt hatte.

Gero hatte diesen Lehrer auch gehabt und ihn für genauso lächerlich befunden wie Micha. Gut, eigentlich tat das Jeder, der diesen alten Mann je im Unterricht gehabt hatte, doch irgendwie fand Micha die Vorstellung faszinierend, dass er und Gero die gleiche Meinung über Herrn Bäcker hatten.

„Sie passen schon wieder nicht auf, Micha!“ Der Angesprochene schrak auf und schrieb eilig die Gleichungen ab, die unter der Funktion standen. „Was wir hier machen ist extrem wichtig für Ihr Abitur!“

„Tut mir leid, Herr Bäcker.“, bat der Blonde um Entschuldigung und wurde endlich durch das befreiende Klingeln in die Pause entlassen.
 

„Hey, Micha!“, hörte er eine Mädchenstimme und drehte sich um die eigene Achse, um die Person ausfindig zu machen, die ihn rief, da stand plötzlich Bess vor ihm, hinter sich ein paar tratschende Mädchen. Sie begrüßte ihn mit einem Wangenkuss - es war wohl ein eingefleischtes Bergüßungsritual in der Clique - und fragte: „Na, wie ist dein erster Schultag nach den Ferien bisher?“

„Nicht so toll.“, erwiderte Micha. „Herr Bäcker hätte mich fast rausgeworfen…“

„Du hast den Bäcker?“, rief sie verblüfft aus. „Mein Beileid, wirklich, du hast mein vollstes Mitgefühl.“ Bei diesen Worten klopfte sie ihm mit verständnisvoller Mimik auf die Schulter. Daraufhin musste der Blonde lachen und sagte: „Ich wusste gar nicht, dass du auch hier auf die Schule gehst… in welcher Klasse bist du denn?“

„Zwölfte.“, erläuterte sie. Und wurde dann von den anderen Mädchen, die offensichtlich vorausgingen, gerufen. „Komme gleich!“, rief sie ihnen nach und fuhr an Micha gewandt fort: „Was hast du denn noch so? Und wann hast du aus?“

„Ich habe nichts Interessantes mehr, nur noch Nebenfächer und ich hab heute Sechste aus.“

„Hey, cool, ich hab auch nach der Sechsten frei! Bärli holt mich nach der Schule ab, wir wollen heute ’ne Runde bei ihm Pokern, komm doch auch mit, kannst du pokern?“ Leicht verlegen schüttelte Micha den Kopf und Bess klopfte ihm aufmunternd auf den Rücken, ihn mit sich ziehend: „Auch kein Problem, wir bringen es dir bei. Dann treffen wir uns also um eins vor dem Obiz; bis dann.“ Wieder ein Wangenkuss, dann verschwand sie im eben erwähnten Oberstufenzimmer. Leicht durcheinander stand Micha vor der von innen blau gestrichenen Glastür und starrte dem Mädchen noch einen Moment hinterher, dann schüttelte er den Kopf und fragte sich, wann er ihr zugestimmt hatte.

In der letzten Stunde hatten sie Geschichte. Micha hatte sich für so etwas noch nie interessiert, aber er mochte die Lehrerin und strengte sich deshalb an, auch wenn sie gerade bestimmt zum fünften Mal die Reformation durchkauten.

Er mochte dieses Schulgebäude ganz und gar nicht. Es war lediglich ein milka-violetter Kasten, der in die Landschaft gestellt worden war. Mit dem Erdgeschoss, wo sich Aula, Oberstufenzimmer, Lehrerzimmer und sonst alles was mit Verwaltung zu tun hatte, befand, hatte es vier Stockwerke. Alle sahen exakt gleich aus, mit Ausnahme der Zimmertüren. Im ersten Stock, wo meistens die Unterstufe Unterricht hatte, hier befanden sich auch die Biosäle, waren sie rot, im zweiten, hier befanden sich die Physikräume, grün und im dritten Stockwerk, in dem die Chemieräume untergebracht waren, blau. Das Bauwerk hatte einen quadratischen Innengarten, den man von den Fluren aus im Inneren sehen konnte.

Der Neubau, der über dem Musentrakt, hier waren die künstlerischen Fachräume untergebracht und es war ebenso quadratisch wie das Haupthaus, nur in tristem Grau, gebaut worden war, war auch nicht schöner. Die Außenwände bestanden aus Glas und die Tische und Stühle waren in Grundschülerformat, obwohl dort meistens die höheren Klassen unterrichtet wurden.

Auch die beiden Turnhallen rissen einen nicht gerade vom Hocker; die eine war klein mit Holzboden, die Mädchen benutzten sie immer zum Turnen, die andere war auch nicht viel größer, aber immerhin noch groß genug, dass man darin Handball spielen konnte.

Einen Sportplatz hatten sie zwar auch im Freien, doch gingen die Lehrer lieber mit ihnen zum fünfzig Meter entfernten Ob-Den-Mühlen, da konnte man auch Runden laufen, die 333m lang waren und man hatte eine richtige Rasenfläche zum Fußball spielen.

In Gedanken ermahnte er sich selbst zum Mitarbeiten und sah schnell bei seinem Banknachbarn ins Buch, um die richtige Seite herauszufinden. Schließlich meldete er sich, um die nächste Passage vorzulesen.

Was würde Gero wohl sagen, wenn er einfach zum Pokern mitkam? Ob es ihm missfallen würde? Ihm drehte sich der Magen um, wenn er daran dachte, wie geringschätzig der Rothaarige ihn dann mustern würde und ihm mit harten, unbedachten Worten klarmachen würde, dass er nichts bei so einer Pokerrunde verloren hätte.
 

„Hey, da bist du ja, Micha!“ Bess winkte, als sie ihn erkannte, kam strahlend auf ihn zu und zog ihn mit sich. „Wir müssen uns beeilen, Bärli wartet nicht gerne.“ Micha schluckte nur schwer und versuchte nicht an jene Nacht auf dem Spielplatz zu denken. Warum ihm diese Erinnerung jetzt wieder kam, wusste er nicht, doch er glaubte fest daran, dass Gero nur einen triftigen Grund brauchte, um das zu wiederholen.

Auf dem Parkplatz vor der Turnhalle stand Gero schon und wartete. Lässig an sein schwarzes Auto gelehnt, mit einer Kippe in der Hand, an der er immer wieder zog.

„Juuhu!“, rief Bess und winkte auch Gero. „Ich hab noch jemanden mitgebracht, ist das Okay?“

„Brüll nich so!“, meinte Gero missgelaunt und trat die Zigarette aus, sich ins Auto setzend. „Is gut, jetzt steigt ein, Ella hat was zum Essen gemacht und die anderen warten schon.“ Damit machte er den Motor an, drehte die Musik auf und brauste mit den Beiden davon.
 

Noch einige Wörtchen im Nachhinein: Die Namen der Lehrer sind fiktiv (auch wenn ihre Eigenschaften meistens der Realität entsprechen *seufz*)

und wer ein Bild von der hässlichen Schule sehen will, der möge auf diese Webseite gehen: http://www.gymueb.fn.bw.schule.de/ (aber ich glaube, Schuken sind im Allgemeinen hässliche Gebäude uû)
 

Ansonten hab ich euch alle lieb und grüße euch

Terrormopf^^

Stress und Chemie

Uii! Q___Q Ihr seid soo süß!

Über fünfzig Kommentare und allein zum letzten Kapitel elf! Ich liebe euch! *alle plüsch*

Und was mache ich? Lasse euch soo lange auf ein neues Kapitel warten, ich schäme mich ja so! Aber ich hatte den letzten Monat überhaupt keine Zeit zum Schreiben, weil wir so viele Arbeiten geschrieben haben T^T

Aber ich will ja nicht jammern und ihr sicher auch nicht, weil hier ja das neue Kapitel ist, seht es einfach als etwas verfrühtes Weihnachtsgeschenk an :D

Viel Spaß^^
 


 

Micha hatte auf dem Rücksitz Platz genommen; kurz bevor sie bei Gero und Ella ankamen, lehnte er sich jedoch nach vorne und fragte, wieder bemüht die Musik zu übertönen: „Gero?“

Dieser drehte einfach die Musik leiser, um zu fragen: „Was?“

„Kann ich von euch aus meine Eltern anrufen?“, erkundigte sich der Blonde, froh darüber, dass er seine Stimmbänder nicht unnötig strapazieren musste. Der Rothaarige nickte nur und bog in die Einfahrt der Garage ein.

Eigentlich war es vollkommen unsinnig sie mit dem Auto abzuholen, schließlich waren es vom Schulzentrum bis zur Langgasse gerade mal 600 Meter, wenn man aufrundete. Aber Gero fuhr nun einmal gerne Auto, soviel hatte Micha bisher mitbekommen und Bess beschwerte sich auch nicht, sondern lief neben Gero her, während sie ihm einige Sachen erzählte, die sie heute in der Schule erlebt hatte. Micha seufzte und sah auf die Steinstufen, die sie zu Geros Haus hinaufliefen.
 

„Gero? Bist du das?“, hörten sie Ellas Stimme aus der Küche. Gero entledigte sich seiner Jacke und seiner Schuhe und ging zu ihr. Micha ging ihm nach. Ein seltsames Gefühl wieder in der Küche der Beiden zu stehen.

Der Rothaarige ging zu seiner Freundin und wollte gerade den Deckel des Kochtopfes lüften, da schlug sie ihm auf die Finger und tadelte ihn: „Lass das, Gero, ich hab dir doch schon mindestens hundert Mal erklärt, dass man bei Dampfnudeln den Deckel nicht abnehmen soll!“ Gero brummte daraufhin etwas Unverständliches und ging ins Wohnzimmer, wo man schon die anderen hören konnte.

Ella hingegen drehte sich freundlich lächelnd zu Micha und Bess um.

„Hallo. Oh, Micha, du bist ja auch da. Wie kommt’s?“, begrüßte sie.

„Bess hat mich aufgegabelt…“, erklärte Micha.

„Soso“ Sie hatte sich schon wieder zum Herd umgedreht, „Geht doch zu den anderen ins Wohnzimmer, das Essen ist gleich fertig.“ Damit wischte sie sich die Hände an der geblümten Schürze ab, die sie trug.
 

Als Micha und Bess durch die Tür gingen, fragte Micha, so leise, dass nur Bess ihn hören konnte: „Ist etwas mit ihr? Sie wirkt irgendwie anders…“

„Hast du das nicht mitbekommen?“, fragte Bess erstaunt und griff nach seinem Handgelenk, um ihn zum Stehen bleiben zu zwingen. „Die beiden haben sich neulich ganz schön gezofft und Ella ist immer noch nicht so ganz über den Streit hinweg.“

„Gezofft?“, erkundigte sich Micha, „Wieso das denn?“

„Weiß ich auch nicht genau, aber wahrscheinlich irgendwas wegen Geros Prügeleien oder seinem Studium, sie streiten sich in letzter Zeit öfter deswegen“, flüsterte sie und sah sich um, um sicherzugehen, dass niemand ihnen zuhörte. „Sprich die beiden aber besser nicht darauf an, das käme deiner Gesundheit nämlich nicht wirklich zugute.“ Micha nickte.

Wegen seinem Studium? Wollte Ella etwa nicht, dass er studierte? Das passte aber doch gar nicht zu ihr.

„Ich muss schnell telefonieren“, sagte er hastig, als Bess ihn auffordernd anblickte.

„Ach so.“ Damit ging sie zu den anderen und Micha rief bei seiner Mutter an.

„Kainrath, hallo?“

„Hallo Mama, ich bin’s“, begrüßte er seine Mutter. Diese schien gute Laune zu haben, denn sie flötete ins Telefon: „Ach du bist es, mein Schatz, wieso rufst du an?“

„Ich wollte nur sagen, dass ich später komme, weil ich nämlich noch bei einer Freundin bin.“

„Bei einem Mädchen?“, fragte seine Mutter verblüfft. „Micha! Bist du verliebt? Hast du diese Phase endlich hinter dir?“

„Mama!“ Seine Stimme klang anklagend. Vom anderen Ende der Leitung konnte er ein Kichern vernehmen.

„Ja, ist in Ordnung, mein Schatz.“ Er konnte sich ihren Gesichtsausdruck vorstellen, wie sie sich ein weiteres Kichern verkneifen musste, doch er riss sich zusammen, zwang sich zu einem Lächeln, er wusste, dass die Mimik mitsprach, auch wenn man den anderen nicht sah, und sagte: „Danke, Mama, ich komme dann heute Abend wieder.“

„Ist gut, mein Schatz, bis heute Abend.“ Bevor sie auflegte konnte er sie noch rufen hören: „Ein Mädchen!“ Dann hatte er nur noch das Tuten in der Leitung.

Er wollte nicht, dass seine Mutter glaubte, dass er auf Mädchen stand, denn sie hatte es schon geglaubt, als er ihr das erste Mal von Septima erzählt hatte und erneut wollte er sie nicht so enttäuscht erleben. Seine Eltern hatten es wirklich nicht leicht mit ihm.
 

„Mach mal Platz, Micha!“, ertönte hinter ihm Ellas Stimme. Unwillkürlich zuckte der Blonde daraufhin zusammen, legte das Telefon auf und machte den Weg frei.

Noch immer hatte sie die Schürze an und mit Topflappen trug sie zwei Platten mit Dampfnudeln zum Tisch, der bereits gedeckt war. Sie atmete tief durch, drehte sich dann zu den anderen, die im Wohnzimmer saßen, um und rief: „Kinder, Essen ist fertig!“

„Wird ja auch Zeit!“, kam die patzige Antwort aus dem Wohnzimmer.

„Das nächste Mal kannst du ja kochen!“, giftete sie den Rothaarigen an, als er sich zum Tisch bequemte.

Als sich alle gesetzt hatten und artig darauf warteten, dass ihnen das Essen erlaubt wurde, lächelte Ella: „Greift nur zu, ich wünsche euch einen guten Appetit.“ Ein einstimmiges ‚Danke, gleichfalls’ war die Antwort und mit keckem Grinsen fügte sie hinzu: „Und derjenige, der sich beschwert, darf den Abwasch alleine machen!“

„Es schmeckt fantastisch!“, schmatzte daraufhin Benne und grinste. „Wenn du irgendwann mit Bärli Schluss machst, dann wirst du meine Freundin und kochst jeden Tag Dampfnudeln für mich!“ Von Gero, der unmittelbar neben ihm saß, erntete er sich einen Schlag auf den Hinterkopf, von den anderen ein Lachen.
 

„Wollt ihr eigentlich wirklich Pokern, Jungs?“, fragte Ella; sie hatte sich auf das Sofa gesetzt, den Kopf im Nacken, die Augen halb geschlossen und eine Hand auf ihrem Bauch. Bess saß ähnlich träge auf einem Sessel und meinte: „Ich bin viel zu voll zum Pokern!“

„Gibt’s denn wirklich keinen Nachtisch?“, fragte Benne, der sich eben erst gesetzt hatte.

„Du bist so widerlich!“, ächzte Bess, drehte sich so, dass sie zwischen den beiden Lehnen lag, ließ den Kopf nach hinten fallen und hielt sich den Handrücken vor den Mund.

„Hey!“, rief Benne vorwurfsvoll. „Ich habe eben einen gesunden Appetit!“

„Na gesund nenn ich was Anderes!“, murmelte Bess. Gero, der an diesem Tag ziemlich ungesprächig war, zumindest noch ungesprächiger als normalerweise, erhob sich und meinte: „Ich geh eine Rauchen. Kommt einer mit?“ Prompt kehrte Stille ein und Gero lächelte müde: „Nicht so viele Freiwillige! Los, Blondie! Aufstehn, wir gehen raus eine rauchen.“

Angesichts des Blicks, den Gero ihm zuwarf, wagte Micha es nicht einmal an einen Widerspruch zu denken und folgte dem Größeren auf die Terrasse.
 

Sie schwiegen, als Gero sich die zweite anzündete.

Gleich zwei Zigaretten hintereinander; hatte das irgendwelche besonderen Auswirkungen? War es noch ungesunder als nur eine?

„Guck nich so blöd, wenn ich gestresst bin, rauch ich halt zwei hintereinander!“, blaffte Gero ihn plötzlich an, nahm noch einen Zug und pustete den Rauch aus.

„Tut mir leid.“ Micha wandte den Blick ab. Er fragte sich, warum Gero Stress hatte. War es wegen Ella? Warum die Beiden sich wohl gestritten hatten?

Plötzlich durchschnitt Geros Stimme die Stille erneut wie ein Messer: „Willste gar nich fragen warum, so wie all die anderen Nervensägen, hä?“

„Naja, also…“ Er stotterte. Er wollte nicht stottern. Er wollte nicht nervös sein. Er wollte nicht daran denken, wie Geros Fäuste schmerzten.

„Haste’s Reden verlernt?“ Die Stimme des Rothaarigen war rau, barsch und sicher.

„Nein!“, antwortete Micha hastig. „Nein, das ist nur, weil…“

„Du nervst mich.“ Der Blonde sah erstaunt auf. Gero verhielt sich merkwürdig. Normalerweise hätte Gero ihn nun angebrüllt, aber seine Stimme war vollkommen ruhig, nahezu gelassen. Was war nur los mit ihm? Völlig desinteressiert blickte der Rothaarige gen Himmel, die Gesichtszüge vollkommen entspannt.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Micha zögerlich; diese Gelassenheit an Gero ließ ihn unruhig werden, es kam ihm vor wie die Ruhe vor dem Sturm.

„Nein, verdammt! Nichts ist in Ordnung! Ich würd die ganzen blöden Spasten am liebsten vor die Tür setzen! Ich hab grad so was von keinen Bock auf die Deppen da drinnen! Es kotzt mich an! Ständig muss Ella ihren Kopf durchsetzen: Bärli tu dies, Bärli hol das, Bärli geh studieren, Bärli sei nett zu allen, Bärli hör auf zu rauchen! Dieser ganze Dreck geht mir so was von auf die Nerven! Ich will einfach nur meine Ruhe!“ Micha musste die Worte erst einmal begreifen, bis er zögerlich fragte: „Und warum wirfst du uns dann nicht raus?“

„Weil mich Ella dann stresst!“, brüllte er und Micha hatte das Gefühl, er war kurz davor die Beherrschung zu verlieren.

„Und warum sagst du ihr nicht, dass du auch deine Ruhe brauchst?“ Er hatte vorsichtshalber schon mal einen Meter Abstand zwischen Gero und sich gebracht, wie der Rothaarige auf diese Vorschläge reagierte wollte Micha keinesfalls aus allernächster Nähe mitbekommen.

Doch weder schrie Gero, noch begann er zu toben, noch sich zu zerreißen wie Rumpelstilzchen; er machte lediglich die Zigarette im Aschenbecher aus und ging, von Micha gefolgt, wieder ins Haus.

Er setzte sich neben Ella aufs Sofa. Ihre Begrüßung reduzierte sich auf die Worte: „Du stinkst, wann hörst du endlich auf zu rauchen?“

„Wenn du aufhörst dir die Haare zu blondieren, die sind doch eh schon blond.“

„Aber das Straßenköterblond, das meinen Naturhaarfarbe ist, ist hässlich!“

„Dann sag ich wohl besser nichts zu der Blondierung, die normalerweise nur Nutten haben!“ Er war lauter geworden. Bess und Benne hatten ihr Gespräch unterbrochen und sahen peinlich berührt zu den Beiden aufs Sofa. Micha traute sich erst gar nicht zu den Beiden zu blicken.

„Ach, halt doch die Klappe! Wer färbt sich denn die Haare rot?“, giftete Ella.

„Das liegt daran, dass meine Haare nicht schon von Natur aus diese Farbe haben!“, brüllte Gero sie an.

„Was soll das eigentlich? Als ich dich gefragt habe, wolltest du selbst noch, dass ich sie mir färbe, du Vollidiot!“

„Pass auf, was du sagst, das ist immerhin mein Haus!“, platzte Gero heraus. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Ella ihn an und schrie im nächsten Moment: „Na wenn meine Gesellschaft in deinem Haus nicht länger erwünscht ist, dann gehe ich eben!“

„Ja, geh nur, ich halte dich sicher nicht auf!“

„Wenn du mich unbedingt loswerden willst!“ Micha war sich sicher, dass sie geschluchzt hatte, bevor sie das gerufen hatte.

„Nun geh doch endlich!“

Jetzt schluchzte Ella laut und rannte heulend aus dem Zimmer. Bess warf Gero einen bestürzten Blick zu und eilte dann Ella hinterher, nach ihr rufend.

Benne stand ebenfalls auf und sagte: „Ich sollte wohl auch gehen.“ Dann waren sie nur noch zu zweit.

„Und nun?“, fragte Gero an Micha gewandt und ließ sich wieder auf dem Sofa nieder. Micha wollte auch gehen.

Es schien ganz einfach; nur aufstehen und hinausgehen, aufstehen und hinausgehen.

Doch als er einen Blick in Geros Gesicht warf, wusste er, dass seine Beine ihm den Dienst verweigern würden. Er konnte ihn nun nicht alleine lassen, es ging einfach nicht.

Scheiß Gewissen!, schoss es ihm in dem Moment durch den Kopf.

„Ich weiß nich“, antwortete er auf Geros Frage.

„Nun habe ich alle rausgeworfen und du bist noch hier?“ Seine Stimme klang ungewöhnlich müde. Fast schon erleichtert erwiderte Micha daraufhin: „Soll ich auch gehen?“ Er wünschte sich, dass Gero ja sagte. Er wünschte sich, dass er von dieser seltsamen Atmosphäre befreit würde.

„Ne, bleib nur, schon okay.“ Daraufhin wieder Schweigen. Eiserne Stille, bis Gero den Fernseher anschaltete. Und ihnen die nervige Handywerbung eines Musiksenders entgegenschallte.
 

Gero saß noch immer vor dem Fernseher, Micha hingegen hatte sich mit seinen Schulsachen an den Esstisch gesetzt und brütete gerade über Chemie, doch verstand er kein Wort von alldem. Alkane, polar, unpolar, Wasserstoffbrücken, Hydrophob, lipophil, Hydroxyl. Nein, er hatte keinen blassen Schimmer davon, dabei hatten sie es doch eigentlich erst diesen Morgen noch einmal im Unterricht wiederholt.

Frustriert stützte er sein Kinn in seine Hände und starrte auf die voll geschriebenen Blätter.

Als er mindestens das vierte Mal seufzte, schien Gero genervt und fragte: „Was’n los? Brauchste Hilfe?“ Mit flehendem Blick sah Micha zum Älteren und nickte. Der machte den Fernseher aus, erhob sich schwerfällig und schlurfte zu ihm herüber.

Als Micha ihm sein Problem geschildert hatte, musterte er den Kleineren ungläubig und fragte: „Und das ist dein ganzes Problem? Dass du überhaupt aufm Gymi bist…“ Zu Michas erstaunen klang es nicht im Entferntesten abwertend.

Als Gero es ihm erklärte, kam Micha aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Es war also doch keine Mär, dass Gero einen Abischnitt von 1,3 gehabt hatte…

Emsig schrieb Micha alles auf, was Gero ihm erzählte, hing förmlich an dessen Lippen und konnte sich gar nicht mehr vorstellen, dieses Fach jemals langweilig gefunden zu haben. Schließlich unterbrach er den Rothaarigen irgendwann um zu fragen: „Sag mal, warum willst du eigentlich nicht Chemie oder so was studieren?“
 

Ich hoffe, dass ihr mich jetzt nicht haut >__<" Keine Sorge, Ella is nich weg vom Tisch, die kommt wieder xDD

Also dann *alle noch mal durchflausch* lG, Terrormopf =)

C7H8O2N4

Seid gegrüßt liebe Leser :D
 

Diesmal hat es nicht so lange gedauert, ihr Glücklichen! xD

Nun ja, der Titel dürfte etwas verwirrend sein... Soweit ich weiß ist das die chemische Formel von Schokolade und irgendwie fand ich, dass das passt oÔ
 

Mehr hab ich nicht zu sagen, außer: Viel Spaß^^
 


 


 

„Chemie studieren? Wie kommst du denn da drauf?“ Gero musterte ihn verblüfft.

„Naja, du kannst das so gut erklären…“, entgegnete Micha verlegen und eine blasse Röte kroch auf seine Wangen.

„Auf Lehramt, oder was?“, lachte nun Gero; er schien es wohl für einen Scherz zu halten. Kleinlaut setzte Micha hinzu: „Lach doch nicht.“ Doch Geros Lachen wurde nur noch lauter und er spottete weiter: „Stell dir vor, ich stünde vor einer Klasse und sollte denen was beibringen! Würd da auch nur einer einen nervigen Kommentar bringen, hätte der gleich meine Faust in der Fresse!“

„Hör auf, bitte.“ Aus irgendeinem Grund, der Micha schleierhaft war, bahnte sich in ihm ein Gefühl an die Oberfläche, das er bisher kaum kannte: Wut.

Aber Gero lachte nur weiter, hatte den Kopf in den Nacken geworfen und hielt sich schon den Bauch.

Ebendeswegen erhob der Blonde etwas die Stimme und sagte, ohne über seine Worte nachzudenken: „Lach doch nicht, das ist mein Ernst! Mit Chemie kann man wirklich ’ne Menge anfangen, beispielsweise in die Pharma-, oder die Kosmetikindustrie und andere Forschungsgebiete, Lehrer ist doch nur ein Aspekt unter vielen! Denk doch mal nach!“ Verwirrt blinzelte Gero ihn an und fragte schließlich perplex: „Kann es sein, dass du wütend bist?“ Micha atmete tief durch, doch in diesem Augenblick brodelte alles aus ihm heraus, das sich bisher angestaut hatte; so sprang er auf und brüllte: „Ja, ich bin wütend! Darf ich das etwa nicht sein, wenn du mich auslachst? Denkst du, dass nur du sauer sein darfst, hä?“

„Jetzt mach aber mal ’nen Punkt, Kleiner!“ Auch Gero hatte erheblich die Lautstärke erhöht. „Ich war nur überrascht, weil ich dich noch nie wütend erlebt habe! Kann ich doch nichts für, wenn du die Leute alles mit dir machen lässt, ohne dass du dich wehrst!“

„Mich wehren? Du bist so ein Vollidiot! Was hättest du denn gemacht, hätte ich mich gewehrt, als du mich verprügelt hast? Du hättest mich ausgelacht und noch fester zugeschlagen!“

„Na und?“, brauste Gero erneut auf. „Wahrscheinlich hätte ich das gemacht, aber dir wäre wenigstens ein Fünkchen Stolz erhalten geblieben! Stattdessen hast du dich lieber vor mir in den Dreck geworfen!“

Micha zitterte. Seine Muskeln waren verkrampft, die Hände zu Fäusten geballt. Die Kiefer presste er so fest aufeinander, dass sie ihm schon wehtaten und er schnaufte vernehmlich.

Er glaubte noch nie zuvor in seinem Leben so wütend gewesen zu sein.

„Was is?“, durchbrach Geros grollende Stimme die geladene Luft. „Hast du mir nichts mehr zu sagen? Sind dir die Argumente ausgegangen?“ Scharf sog Micha die Luft ein; schwieg dennoch.

„Dann lass doch deine Fäuste sprechen! Na los, zahl mir heim, was ich dir angetan habe, Blondine!“

Einen Moment lang haderte Micha mit sich selbst, doch besann sich schließlich eines Besseren. Zum Einen, weil Gero ihn nur ausgelacht hätte, da er keinerlei Schlagkraft besaß, und zum Anderen, weil er genau wusste, dass es ihm keine Genugtuung brachte, sondern ganz im Gegenteil: mehr brachte es ihm Schuldgefühle und Gewissensbisse.

Also setzte er sich wieder, widmete sich noch einmal seinen Aufschrieben, erwiderte nichts darauf. Gero allerdings wollte sich nicht so leicht abspeisen lassen und donnerte: „Was ist jetzt, Schwuchtel, Angst?“

Der Blonde schüttelte den Kopf und erwiderte, nun wieder ganz ruhig: „Keinesfalls, aber auf das Niveau lasse ich mich bestimmt nicht herab.“ Als er es ausgesprochen hatte, war er selbst bestürzt über die Härte seiner Worte und ängstlich blickte er hinauf zu Gero. Dieser starrte ihn einen Moment nur an; mit irrem Blick.

Micha schluckte hart, als er den Rothaarigen zischen hörte: „Na warte, deine vorlaute Fresse weiß ich schon zu stopfen!“
 

Sie saßen nebeneinander auf dem Sofa und sahen Fern. Micha hielt sich einen Kühlakku gegen die blau anschwellende Backe.

Schweigend starrten sie auf den flimmernden Bildschirm und Micha hätte schwören können, dass, hätte man einen der Beiden nach dem Inhalt der Sendung gefragt, sie irgendetwas gestottert hätten und schlussendlich doch preisgeben müssen, dass sie nicht im Geringsten darauf achteten, sondern einfach ihren Gedanken nachhingen.

„Es…“, vernahm der Blonde auf einmal Geros Stimme, die jedoch genauso abrupt abbrach, wie sie begonnen hatte zu sprechen.

Mit großen Augen sah Micha ihn an.

Er saß ziemlich verkrampft da: Die Hände in den Hosentaschen vergraben, der Rücken leicht gebeugt und die Augen starr geradeaus auf den Fernseher gerichtet.

„Ja?“, fragte er schließlich und bemerkte verwundert, dass Gero sich noch unbehaglicher zu fühlen schien. Dieser atmete nämlich tief ein, hielt die Luft für einen Moment in den Lungen und atmete dann geräuschvoll wieder aus. Dann sagte er: „Es tut mir leid.“ Entgeistert fuhr Micha fort ihn anzustarren und vergaß in dem Moment sogar das Atmen.

Gero hatte ihm gesagt, dass es ihm leid täte; Gero!

„Kannst du bitte aufhören mich so anzugaffen? Und so spektakulär, dass dir der Atem wegbleiben muss, ist es ja nun auch nicht.“

„Offensichtlich schon“, grinste Micha.

„He, werd nicht frech, sonst fängst du dir gleich noch Eine!“, lachte Gero daraufhin und Micha erwiderte, ebenfalls lachend: „Ist schon OK, mir tut es auch leid, ich hätte dich nicht so provozieren sollen…“

Daraufhin warf Gero ihm einen durchdringenden Blick zu, sah dem Jüngeren direkt in die blassblauen Augen, schließlich sagte er: „Hör zu, Micha, es war nicht deine Schuld. Und dass du hier mit einem Pferdekuss auf der Backe rumsitzt auch nicht. Und wenn es nicht deine Schuld ist, dann braucht es dir nicht leid zu tun. Ich sollte lernen mich besser zu beherrschen, das sagt Ella mir auch andauernd.“

Daraufhin wandte Micha den Blick ab und schwieg einige Sekunden, bis er fragte: „Was ist denn jetzt eigentlich mit dir und…“ Er brach ab. Wie sollte er das nur sagen?

„Zwischen mir und der guten Ella?“, fragte Gero und Micha erkannte aus den Augenwinkeln, wie er grinste. Der Blonde nickte und Gero fuhr fort: „Die kriegt sich schon wieder ein… Wir haben manchmal so Phasen in denen wir uns gar nicht ab können, aber das ist bis jetzt immer vorbeigegangen, da mach ich mir keine Gedanken.“

„Aber wieso habt ihr euch denn eigentlich gestritten?“

„Ach weil sie mir dauernd mit diesem scheiß Jurastudium in den Ohren liegt… Nur weil sie unbedingt mal einen Anwalt zum Mann haben will… Soll sie halt selbst Anwältin werden und sich dann einen aus ihrer Kanzlei angeln, dann hätte ich schon eine Sorge weniger am Hals.“

„Aber wolltest du das nicht auch studieren?“

„Ich? Jura? Jungchen, ich glaube du hast da was Missverstanden, Anwälte oder Richter verprügeln nicht aus Lust und Laune kleine, wehrlose blonde Jungs. Aber ich weiß ja sonst nicht, was ich werden könnte, also warum nicht?“ Nun sah Micha doch wieder auf. Gero wirkte viel entspannter, er hatte den rechten Ellenbogen auf die Rückenlehne des Sofas gelegt und den Knöchel des rechten Fußes auf sein linkes Knie, außerdem hatte er den Oberkörper Micha zugewandt und schien ihn gemustert zu haben.

„Und warum dann nicht wirklich Chemie?“, fragte Micha und sah seinem Gegenüber ernst in die Augen.

„Ach, keine Ahnung!“, stöhnte der und ließ den Kopf in den Nacken fallen. „Kein Bock jetzt in ’ne komplett andere Richtung zu gehen…“

„Also nur aus Faulheit?“ Micha musste bei diesem Kommentar gegen den Reflex ankämpfen, zurück zu weichen, sondern sah beständig auf den Älteren.

Der zuckte daraufhin nur mit den Schultern und meinte gelassen: „Jo, wahrscheinlich.“

„Aber das ist doch blöd!“, begehrte Micha auf, drehte sich zu Gero und setzte sich in den Schneidersitz. Eine Augenbraue hebend fragte Gero: „Das heißt, du hältst mich für blöd?“ Und mit einem unschuldigen Lächeln auf den Lippen entgegnete Micha: „Nicht dich, nur dein Verhalten.“

„Soso“, grinste Gero schelmisch.

„Aber es ist doch so, schließlich geht es um deine Zukunft, mehr als dreißig Jahre deines Lebens, fast schon vierzig! Da ist es doch nicht ratsam, wenn du so lange etwas machen musst, was du noch nicht einmal magst.“, erklärte der Jüngere. Gero zuckte erneut mit den Schultern und wandte sein Augenmerk wieder auf den flimmernden Bildschirm.

„Kann schon sein, ich überleg’s mir mal“, war das einzige, das er dazu sagte. Micha seufzte und sah ebenfalls wieder auf den Fernseher.
 

Bis Micha ging wurde es spät; eigentlich hatte Gero ihm angeboten ihn zu fahren, doch Ella hatte anscheinend das Auto mitgenommen. So verabschiedete er sich mit einer halbherzigen Umarmung von Gero, so wie der es mit seinen Freunden zu tun pflegte, und machte sich zu Fuß auf den Weg, es waren immerhin mehr als zwei Kilometer. In Gedanken ächzte er, wenn er an die ganzen Berge dachte, die er nun hinauf gehen musste.

Aber so bekam er wenigstens einen klaren Kopf.

Wahrscheinlich war seine Mutter nicht sehr begeistert davon, dass er so spät nach Hause kam, aber vielleicht milderte die Tatsache, dass er ihr erzählt hatte, er sei bei Ella, ihre Wut. Zumindest hoffte er das.

Es war zum Verzweifeln. Er konnte nicht verstehen, warum seine Eltern es nicht wahr haben wollten, dass er schwul war. Was in Gottes Namen war denn schlimm daran? War es denn wirklich so verquer und unmoralisch, wie sie ihm immer predigten?

Bisher hatte er es immer geschluckt; es geglaubt, sich keine weiteren Gedanken darüber gemacht.

Und sich schlecht gefühlt.

Aber inzwischen kamen ihm Zweifel an ihren Schimpftiraden.

Natürlich hatte er Robin schon immer vor ihnen verteidigt - er hatte ihn schließlich geliebt – dennoch hatte er immer das Gefühl gehabt, er sei verquer; eben pervers. Doch was konnte er für seine Gefühle?

Es war schon immer so gewesen, Mädchen hatten ihn nie sonderlich interessiert, wobei er das von Jungs auch nicht gerade sagen konnte.

Eigentlich war Robin irgendwann auf ihn zugekommen, als er noch zur Schule gegangen war. Er hatte ihm das Gefühl vermittelt geliebt zu werden und es war so schön gewesen. Hatte er jedoch am Ende gar nicht Robin sondern nur dieses Gefühl geliebt? War er schlussendlich gar nicht schwul?

Ein Regentropfen, der ihm ins Gesicht fiel ließ ihn aus seinen Gedanken aufschrecken. Besorgt schaute er in den wolkenverhangenen, dunklen Nachthimmel. Wollte er es noch vor dem schlimmsten Regenschauer schaffen, musste er sich beeilen.

Und er hatte Glück, erst als er die Haustür hinter sich geschlossen hatte, hörte er, wie es draußen zu schütten begann.

Schon von außen hatte er sehen können, dass kein Licht brannte. Offensichtlich waren seine Eltern aus. Aber ungelegen kam ihm das nicht, schließlich konnte er so vertuschen, dass er nicht pünktlich daheim gewesen war.
 

In eine kuschelige Decke eingemummt saß er im Wohnzimmer, vor sich einen Teller, auf dem die Tiefkühlpizza gelegen hatte, die er vor einigen Minuten verdrückt hatte, und sah Fernsehen. Eigentlich fand er, dass er schon längst genug davon hatte, zumindest für heute, doch konnte er sich auch nicht dazu aufraffen etwas für die Schule zu tun.

Er gähnte gerade herzhaft und beschloss in der nächsten Werbepause ins Bett zu gehen, da vernahm er die Türklingel. Wahrscheinlich seine Eltern, die keine Lust hatten nach dem Schlüssel zu kramen.

So schlurfte er zur Tür, jedoch passte diese penetrante Klingelei eigentlich gar nicht zu ihnen.
 

„Micha?“ Es war Septima, die da im Regen vor seiner Haustür stand und seinen Namen schluchzte. „Micha, ich…“ Perplex starrte er auf das Mädchen vor ihm, das mehr einem Häufchen Elend glich. Ihre Augen waren gerötet vom Weinen und ihre Schminke war verlaufen.

„Was ist denn…“ Er kam nicht dazu seine Frage zu beenden, denn sie schluchzte laut auf und rief: „Robin!“ Der Blonde spürte, wie sich etwas in seinem Inneren verkrampfte und er fragte angespannt: „Was hat er getan?“

Aber Septima vergrub plötzlich das Gesicht in den Händen und rief: „Oh Gott! Warum bin ich nur hergekommen? Ich bin so dumm! Als würde dich das interessieren! Es tut mir Leid! Bitte verzeih mir!“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und wollte davon laufen, doch sie kam lediglich zwei Meter weit, denn dann packte Micha sie am Arm und hielt sie fest.

Binnen Sekunden war er ebenso durchnässt wie Septima.

Er erfasste auch ihre andere Hand und sah ihr ins Gesicht.

„Was hat er getan?“, wiederholte er seine Frage und suchte vergeblich Blickkontakt zu ihr. Septima starrte nur zu Boden und im Rauschen des Regens ging ihr Schluchzen beinahe unter.

Es brach ihm beinahe das Herz, als er sie so vor sich sah. Nie zuvor hatte er die immer fröhliche Septima so am Boden zerstört sehen müssen.

Als sie ihm nach einigen Sekunden immer noch nicht in die Augen sehen konnte, geschweige denn ihm erzählen, was passiert war, streichelte er über die nassen, zerzausten Haare und fragte, freundlich lächelnd: „Wollen wir nicht reingehen? Ich mache dir eine heiße Schokolade und dann erzählst du mir alles.“

Noch immer regte sie sich nicht, doch er drehte sich um und zog sie hinter sich her ins Haus. Sie blieb im Flur stehen, als er nach oben eilte, um Handtücher und trockene Kleider zu holen.

Als er wiederkam, nahm sie die ihr gegeben Sachen entgegen und fragte: „Sind deine Eltern nicht da?“ Micha schüttelte den Kopf. Wenigstens hatte das Schluchzen aufgehört.
 

Nun saßen sie im Wohnzimmer; schon eine halbe Stunde lang. Keiner von ihnen sagte etwas und Septima hatte den Kakao, den Micha ihr gemacht hatte, schon längst getrunken, dennoch starrte sie die ganze Zeit auf die Tasse in ihren Händen.

„Ich bin so unglaublich dumm!“, vernahm er auf einmal ihre heisere Stimme und sah von der Uhr auf. Sie rutschte dicht zu ihm auf, nahm seine Hand und sah ihn durchdringend an.

„Glaub mir, es tut mir so unendlich leid, was ich dir angetan habe! Hätte ich gewusst wie das ist, ich hätte es niemals getan! Ich weiß, dass das ein schwacher Trost ist, aber ich…“ Sie stockte, offensichtlich wusste sie nicht, was sie weiter sagen sollte.

Sanft lächelte Micha sie an und meinte beruhigend: „Es ist in Ordnung, wenn ihr euch ineinander verliebt habt, dann ist das doch nicht so schlimm, ich freue mich ja für dich.“

Erneut schluchzte sie auf, jedoch noch markerschütternder als zuvor.

Unsicher musterte Micha sie. Hatte er denn etwas Falsches gesagt? Eigentlich doch nicht. Er fragte allerdings doch lieber nach: „Was ist denn los, Septima? Erzähl’s mir doch!“

„Ich bin ein verdammtes Flittchen!“, rief sie. Vorsichtig zog Micha sie in seine Arme und fragte: „Wieso denn?“ Sie krallte ihre Finger in seinen Pullover und barg ihr Gesicht an seiner Schulter. In Gedanken war Micha wieder an jenem Abend, als er Septima und Robin zusammen gesehen hatte. Das Bild hatte sich festgebrannt, es zu vergessen würde schwer werden.

„Es geht um Robin!“, brachte sie endlich hervor.

„Ist ihm etwas zugestoßen?“, fragte Micha besorgt.

„Jaja, dieser Schläger hat ihm eine verpasst, aber…“ Erneut sprach sie nicht weiter. Es war schwer sie zu verstehen, da sie noch immer weinte und alles gegen seine Schulter nuschelte. Micha erwiderte diesmal nichts darauf. Er war ja dabei gewesen, als dieser Zwischenfall passiert war, aber wegen so etwas würde die immerglückliche Septima niemals solche Krokodilstränen vergießen. Nach einigen Augenblicken atmete sie schließlich tief durch, befreite sich aus seiner Umarmung und flüsterte: „Ich war nicht die Einzige, mit der er dich betrogen hat.“

„Heißt das…“ Er wusste genau, was das bedeutete, doch konnte er es nicht fassen. Hatte Robin ihr das wirklich angetan?

Der Blonde hatte die letzten Tage gedacht, Robin sei wirklich in Septima verliebt gewesen. „Heißt das, er hat dich betrogen?“

Sie nickte und einige ihrer rosa Haarsträhnen fielen ihr ins Gesicht.

„Ich sollte gehen, glaube ich“, sagte sie plötzlich und sprang auf. Aber er hielt sie zurück und entgegnete: „Du willst doch nicht wirklich gehen, oder? Du willst jetzt nicht wirklich alleine sein, oder?“ Sie hielt inne.

Langsam schüttelte sie den Kopf.

„Dann bleib doch noch ein wenig, ich hab zwar morgen Schule, aber ich würde sowieso nicht früher schlafen gehen.“ Leicht zog er sie wieder zu sich hinunter aufs Sofa. Und während er wieder auf den Fernseher sah, konnte er aus den Augenwinkeln ein dankbares Lächeln ihre Mundwinkel umspielen sehen.

Nach einer Weile fragte sie leise: „Darf ich meinen Kopf auf deinen Schoß legen?“ Etwas perplex nickte Micha, sagte jedoch nichts dazu, auch nicht als sie sagte: „Es ist wunderbar einen besten Freund wie dich zu haben; du bist echt ein Schatz!“
 


 

Ehm... Ich hoffe nicht, dass ihr jetzt alle das Falsche glaubt...

Aber ich hab ja schlaue Leser, gelle? :D

Nun, Grüße an euch alle *allen einen Keks geb* Terrormopf^^
 

PS: Bei mir sind's nur noch zwei Klausuren, dann is das Halbjahr rum! :DD

Nächtliches Telefonat

Hallo ihr lieben =)

Ja, ich weiß, ich geh mich in de Ecke stellen und schäme mich u__u

Es tut mir wahnsinnig leid, dass ich in letzter zeit so faul bin, aber ich denke, das legt sich in nächster Zeit wieder, auch wenn bei uns jetzt schon wieder die Zeit der wöchentlichen Klausuren kommt *seufz*

Naja, damit will ich euch aber nicht belasten, sondern wünsche euch viel Spaß =)
 


 

Micha wachte vom Klingeln des Telefons auf. Er hasste es, wenn die Leute so früh morgens anriefen.

Als er sich jedoch umsah, erkannte er, dass er nicht etwa in seinem Bett lag, sondern noch immer auf dem Sofa, Septimas Kopf auf seinem Schoß. Sie schien zu schlafen.

Erneut klingelte das Telefon.

Verschlafen fuhr er sich mit den Händen durch Gesicht und Haare, gähnte herzhaft und machte sich dann daran, während das Telefon wieder klingelte, Septimas Kopf behutsam von seinen Beinen zu heben, er wollte sie nicht wecken.

Auf Zehenspitzen schlich er um den Tisch, der vor dem Sofaeck stand, doch hatte er die Entfernung dessen zum Sofa nicht richtig eingeschätzt und so schlug er sich schmerzhaft den Fuß an.

Gedanklich jaulte er auf, gab allerdings keinen Mucks von sich und humpelte, sich seinen angeschlagenen Zeh haltend, zum Telefon, das er nun endlich abnahm.

„Micha Kainrath?“, meldete er sich brav, in Gedanken den Schmerz in seinem Fuß verfluchend.

„Blondiiie!“, grölte eine ihm wohl bekannte Stimme.

„Gero?“, fragte Micha verwirrt. Wo hatte der denn nun seine Nummer her?

Der Schmerz in seinem Fuß ließ langsam nach und er wagte es wieder, ihn auf den Boden zu stellen. Er ging wieder zum Sofa zurück, nahm die Fernbedienung, die auf dem Wohnzimmertisch davor lag und schaltete den Fernseher, der noch immer lief, auf lautlos. Anschließend betätigte er den Teletext. Halb eins. Die Augen kaum offen haltend ließ er sich auf das Sofa sinken und fragte, erneut gähnend: „Was willst du so spät und woher hast du meine Nummer?“

„Mann, Junge!“, dröhnte es vom anderen Ende der Leitung. „Ausm Telefonbuch, woher denn sonst?“

„Und was ist los? Wieso rufst du an?“ In Gedanken befand sich Micha schon auf dem Weg in den zweiten Stock, in sein wunderbares, weiches, kuscheliges und warmes Bett, in das er sich nun liebend gerne fallen lassen würde. Aber wenn Gero ihn um diese Uhrzeit anrief, war es wahrscheinlich etwas Wichtiges, schließlich hatte Gero auch damit rechnen müssen, dass auch Michas Eltern ans Telefon hätten gehen können.

„Mir is langweilig! Komm, erzähl mal was!“, jammerte Gero. Micha presste seine Kiefer aufeinander. Dafür hatte Gero ihn angerufen? Weil ihm langweilig war?

„Sag mal, spinnst du? Weißt du eigentlich, wie viel Uhr es ist?“, fuhr er den Älteren an.

„Jop, genau drei Minuten nach halb eins“, kam die gut gelaunte Antwort. Micha ließ seinen Oberkörper gegen die Rückenlehne der Couch sinken und legte die Stirn in seine Hand. In dem Moment regte sich Septima neben ihm. Sie richtete sich auf, blinzelte verschlafen und fragte ihn dann mit krächzender Stimme: „Micha? Mit wem sprichst du da?“

„Mit Gero“, antwortete Micha mit sanfter Stimme und lächelte sie an. Doch mit einem Schlag schien sie hell wach zu sein und keuchte: „Mit Gero? Dem rothaarigen, schwulenhassenden Schlägertypen?“ Perplex nickte Micha und achtete nicht auf Geros Stimme in der Leitung.

Nun wurde Septimas Stimme schrill und hysterisch, als sie versuchte ihm den Hörer zu entreißen und rief: „Gib mir das Telefon, Micha! Was fällt dem Flegel ein hier mitten in der Nacht anzurufen? Was hat er gemacht? Hat er dich bedroht? Macht er das öfter?“ Micha jedoch sprang auf, hielt den Telefonhörer aus ihrer Rechweite und starrte sie ungläubig an.

„Gib mir das Telefon, Micha! Ich will dem Kerl mal Manieren beibringen!“ Aber Micha überließ ihr den Hörer auch weiterhin nicht. Aus ebenjenem vernahm man, wenn auch etwas verzerrt und sehr leise, Geros fragende Stimme.

„Micha! Gib mir den verdammten Hörer!“, schrie sie schrill, aber Micha erwiderte ruhig: „Nein, ich rede schon mit ihm, mach dir keine Sorgen.“ Damit hielt er sich wieder das Telefon ans Ohr, jedoch nur, um es sofort wieder auf eine Armlänge Abstand zu seinem Ohr zu bringen, da Gero dermaßen gebrüllt hatte, dass Micha glaubte einen Gehörsturz zu bekommen.

Schließlich hielt er es sich doch wieder ans Ohr und sagte schnell: „Gero, brüll nicht so, ich bin wieder da.“ Auf dem Sofa saß Septima mit angezogenen Beinen, die Arme darum geschlungen und starrte ihn finster an.

„Wieder da? Was hast du denn gemacht? Ich hab ’ne Mädchenstimme gehört. Hast du eine bei dir im Bett liegen? Junge, dass du noch normal wirst, hätt ich nicht gedacht, meine Gratulation!“ Micha, wusste, dass Gero grinste, doch er seufzte: „Nein, Gero, missversteh das nicht, das ist Septima, sie…“

„Septima? Ist das nicht die Schlampe, die mit deinem Ex gefickt hat?“ Unverfroren wie eh und je, Micha schüttelte den Kopf und Septima fragte grimmig: „Was sagt er?“ Der Blonde allerdings überging ihre Frage und sagte an Gero gewandt: „Nenn sie bitte nicht so, schließlich ist sie immer noch meine Freundin.“

„Ey, du bist so naiv! Wieso ist die eigentlich bei dir?“

„Nun ja, Robin hat sie auch betrogen und da ist sie zu mir gekommen und irgendwie sind wir wohl beim Fernsehen eingeschlafen.“

„Wie?“, fragte Gero. „Die hat er auch betrogen? Na der Kerl is ja mal ne männliche Hure, wie’s keine Zweite gibt. Treibt’s mit allem, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, was? Schon so schlimm wie’n Chlorradikal!“ Er lachte, im Gegensatz zu Micha, der bei diesem Kommentar schlucken musste. Dennoch lächelte er gequält, auch wenn Gero es nicht sehen konnte, und erkundigte sich: „Ist Ella eigentlich wieder da?“

„Würd ich dich dann nachts um halb eins anrufen?“, kam die trockene Gegenfrage Geros und Micha fragte weiter: „Was willst du denn jetzt machen? Glaubst du, sie…“ Gero ließ ihn allerdings nicht aussprechen, sondern unterbrach ihn rau: „Die kriegt sich wieder ein, also hör auf mit dem Scheißthema!“

„Tut mir leid.“

„Und entschuldigen musst du dich schon dreimal nicht“, knurrte Gero. Es entstand eine unangenehme Stille, bis Gero lachte und meinte: „Weswegen ich eigentlich anrufe: Am Freitagabend gehen wir in die Therme.“

„Wir?“, hakte Micha nach. „Wer ist wir?“

„Na bis jetzt nur du und ich, aber Ella wird mitkommen und Bess und Benne und die ganzen Leute eben.“

Micha überlegte einen Moment lang und fragte dann: „Kann Septima auch mitkommen?“ Er schielte kurz zu dem Mädchen mit den rosa Haaren, das ihn jetzt entsetzt und mit offenem Mund anstarrte und erschüttert den Kopf schüttelte.

„Du machst mich echt fertig, Kleiner! Willst auch noch mit der Tusse, die deinen Ex gevögelt hat, weggehen!“, stöhnte Gero, doch Micha fragte geduldig: „Ja oder nein?“

„Wenn’s sein muss…“ Er klang nicht sonderlich begeistert, aber Micha hatte nichts anderes erwartet, schließlich war Septima ganz anders, als Geros gewohntes Umfeld. Wieder entstand eine Pause und erneut durchbrach Micha sie: „Hast du eigentlich etwas getrunken?“ Der Verdacht hatte sich während des Gesprächs gebildet, denn selbst für Gero waren diese schnellen Stimmungsumschwünge untypisch.

„Ein, zwei Bier“, druckste Gero, doch Micha ließ sich nicht abwimmeln: „Und was noch?“

„Was geht’s dich an?“, fuhr der Ältere ihn an. „Ich trinke, wenn’s mir passt, du bist weder meine Mutter, noch mein Aufpasser, also geht dich das einen Scheißdreck an!“

„Aber Ella…“, setzte Micha an, doch Gero geriet nur weiter in Rage: „Lass mich doch ein paar Minuten mit der Frau in Ruhe!“

„Aber liebst du sie nicht?“

„Was’n das für ’ne Frage?“

„Du weißt doch genau, dass sie nicht will, dass du Alkohol trinkst und wenn sie jetzt nach Hause kommt und dich betrunken vorfindet, was wird sie dann sagen?“

„Sie will nur nicht, dass ich mich bis zur Besinnungslosigkeit saufe, ansonsten ist es ihr bumms, ob ich trinke, oder ob ich nicht trinke also hör auf so einen Terror zu schieben!“ Gero war extrem gereizt, dennoch setzte Micha zu einem erneuten Versuch an: „Aber trotzdem wird sie es kaum gutheißen, wenn du trinkst, schließlich…“

„Ach leck mich!“ Damit hatte Micha nur noch das Tuten in der Leitung und sah verwirrt zu Septima, die ihn noch finsterer anstarrte, als zuvor.

„Aufgelegt“, informierte er sie tonlos.

„Ist auch besser so“, zischte sie und sah auf den tonlosen Fernseher. Vorsichtig setzte Micha sich neben sie und fragte: „Bist du sauer auf mich?“ Sie schnaubte nur ungestüm und erwiderte nichts darauf. Stattdessen nahm sie die Fernbedienung und stellte den Ton wieder an. Es kam gerade irgendeine Dokumentation über die Deutschfranzösische Grenze im ersten Weltkrieg.

Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, sie so einfach zu ignorieren, doch urplötzlich drehte sie sich zu ihm um und fragte: „Was ist eigentlich zwischen dir und diesem Gero? Ich dachte, er hasst Schwule? Warum ruft er dich dann mitten in der Nacht an und verabredet sich mit dir? Und wer ist bitte Ella?“

Micha seufzte. Erneut wusste er nicht, was er ihr entgegnen sollte. Er hatte es Gero schließlich versprochen. Er hatte Gero versprochen niemandem ein Wort über die Begebenheit des Beginns ihrer Freundschaft zu sagen. So wich er als erstes auf die letzte und vorletzte Frage aus: „Ella ist seine Freundin. Glaub mir, sie ist wirklich sehr nett, nur hat er momentan mit ihr Streit und hat heute Abend wohl deswegen etwas getrunken und mich deshalb angerufen, aber ich weiß es auch nicht sicher. Bisher wusste ich nicht einmal, dass er meine Telefonnummer hat.“ Er lächelte und bemühte sich das aufgesetzte Lächeln so ehrlich wie möglich wirken zu lassen. Er fühlte sich wahnsinnig unwohl in seiner Haut.

Septima allerdings packte ihn bei den Schultern, drückte diese gegen die Rückenlehne des Sofas, kniete sich rittlings über seinen Schoß und fragte mit finstrer Miene: „Warum zum Teufel hast du so viel mit ihm zu tun, Micha?“ Erschrocken über die Härte in ihrer Stimme und die Stärke ihrer Arme, die ihn schmerzhaft gegen die Lehne drückten, keuchte er auf und erwiderte: „Du tust mir weh!“

Prompt lockerte sie ihren Griff etwas, ließ sich auf seinen Schoß sinken und fragte, nun mehr besorgt als wütend: „Setzt er dich irgendwie unter Druck? Hat er irgendetwas gegen dich in der Hand oder droht er dir mit Prügeln?“

„Nein.“ Mich schüttelte immer noch perplex den Kopf und sagte: „Ich bin nur mit ihm befreundet, das ist alles. Ich weiß, dass er früher oft ruppig und gemein zu mir war…“

„Ruppig und gemein?“, fiel ihm Septima schnaubend ins Wort. „Micha, er hat dich verprügelt! Und das mehr als nur einmal!“

„Aber ich mag ihn trotzdem“, fuhr er unbeirrt fort und ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Du kannst über ihn sagen, was du willst, aber wenn du sein Freund bist, dann lässt er nichts mehr an dich ran. Gut, er ist ab und zu aufbrausend und ihm rutscht auch gerne mal die Faust aus, aber so hart er auch zuschlägt, er kann auch freundlich und fürsorglich sein, schließlich hat er mich auch wieder gesund gepflegt, als ich krank war. Außerdem ist er wirklich intelligent und ich glaube, dass ich ihn doch ganz schön lieb hab.“ Septima seufzte, schlang ihre Arme um seinen Hals und barg ihr Gesicht an seiner Schulter.

„Ach Micha, du hast wohl jeden Menschen auf dieser Welt lieb.“, seufzte sie.

„Nein, ganz so viele nun auch nicht“, erwiderte er abwesend. Ihm war nämlich noch während Septima gesprochen hatte ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen. Hätte Gero seine Worte vernommen, hätte er den Kleineren wohl unangespitzt in den Boden gerammt. Wie kam er denn darauf zu sagen, dass er Gero lieb hatte!

Nun ja, eigentlich war es vollkommen gleich, was er in dieser Hinsicht sagte oder dachte, solange es Gero nur nicht mitbekam, denn sonst würde die Hölle los sein, da war Micha sich sicher.

„Wo sind eigentlich deine Eltern?“, fragte ihn Septima und holte ihn mit diesen leise gemurmelten Worten wieder zurück in die Realität.

An die hatte Micha ja noch gar nicht wirklich gedacht! Der morgige Tag war doch auch ein Werktag, also müssten sie eigentlich wieder da sein, aber wären sie schon wieder gekommen, hätten sie Micha bestimmt geweckt oder zumindest den Fernseher ausgestellt.

Ahnungslos zuckte er die Achseln und entgegnete: „Ich habe keine Ahnung, aber zu Hause sind sie auf jeden Fall nicht. Was machst du jetzt eigentlich? Wir müssen doch morgen auch wieder in die Schule. Bist du mit dem Roller da? Weil Busse fahren doch um die Uhrzeit sicher keine mehr, oder?“

Das Mädchen mit den rosa Haaren legte ihre Arme nun um den Bauch des Blonden, schmiegte sich eng an ihn, das Kinn auf seine Schulter aufgestützt und sagte schließlich müde: „Nein, mein Roller steht zu Hause und Busse fahren keine mehr. Aber ich kann doch sicher bei dir übernachten, oder? Dein Bett ist doch groß genug, nicht wahr?“ Es stimmte zwar, dass Micha ein Doppelbett hatte, dennoch fragte er weiter, seine Arme auch um seine Freundin legend: „Und was ist dann morgen mit der Schule? Du hast doch gar keine Schulsachen bei dir…“

„Entweder die Lehrer geben sich damit ab oder ich schwänze gleich ganz, mir ist momentan sowieso nicht nach Schule, das mit Robin…“ Sie brach ab, doch Micha musste lächeln, streichelte ihr über den Rücken und meinte: „Ich weiß, wie du dich fühlst, aber das geht noch vorbei, ganz sicher! Wir sollten jetzt aber trotzdem hoch gehen… Ist ja schon nach ein Uhr.“ Septima nickte nur, rührte sich allerdings keinen Millimeter.

Als sie sich einige Sekunden später noch immer nicht rührte, sagte Micha, leicht errötend: „Du müsstest schon aufstehen, damit wir hochgehen können.“ Erschrocken sprang sie auf und entschuldigte sich bei ihm. Er winkte allerdings nur lächelnd ab.

Anschließend machte er den Fernseher ganz aus, seine Eltern hassten es, wenn er nur im Standbymodus war, machte das Licht im Wohnzimmer aus und dafür das im Treppenhaus an. Müde gingen die Beiden die zwei Stockwerke hinauf und ließen sich erschöpft in Michas weiches Bett fallen, Schlafsachen hatten sie ja schon an.
 


 

Ich weiß, ich weiß... Ich habe so lange dafür gebraucht und es ist doch nichts spannendes passiert uû

Dafür bin ich am Ideen Sammeln für spätere Kapitel hrhrhrhr |D

Freut euch darauf!

LG, Terrormopf =D

Na und?

Woah, ihr seid so toll! Über hundert Kommentare! Ich könnte heulen vor Freude! Dass so viele meine Geschichte mögen hätte ich nicht gedacht. Und ich lass euch auch noch immer so lange warten und kann mich mit nichts anderem als meiner Faulheit und Unkreativität herausreden. Es tut mir so leid! Ehrlich!

Bitte seid mir nicht böse, auch wenn das Kapitel dieses mal wohl eher ein Kapitelchen geworden ist.

Eigentlich wollte ich den Thermenabend ja noch mit reinnehmen, aber dann hättet ihr noch länger warten müssen.

Und noch etwas vorneweg: mit Mces meine ich McDonald's. Eine Abkürzung bei den Jugendlichen hier unten gebräuchlich (sprich: Mäkkess). Ich hab keine Ahnung, wie man es schreibt, da hab ich's einfach so geschrieben... Wie kürzt man es denn sonst noch so ab? Würd mich mal interessieren (McDoof kenn ich auch :])
 

Nun aber genug der Vorrede, genießt das kleine Kapitelchen =)
 


 

„Sag mal, kommst du jetzt eigentlich mit?“, fragte Micha, in seinem Kakao rührend.

„Wohin?“, brummte Septima und nippte an ihrem Kaffee. Sie saßen gemeinsam am Frühstückstisch. Michas Mutter hatte sie geweckt und auf seine Frage hin, wo sie die ganze Nacht gewesen seien, hatte sie nur geantwortet, dass sie bei einem Geschäftsessen gewesen waren und ihn nicht mehr erreicht hatten. Auch wenn Micha ihr das nicht so recht glauben konnte.

„Na am Freitag in die Therme, mit Gero, den anderen und mir.“ Micha versuchte ein Lächeln, doch an Septimas steinernem Blick prallte es hart ab und sie knurrte: „Wieso sollte ich mit dem Kerl irgendwohin gehen? Ich mag ihn nicht, er mag mich nicht, Punkt.“ Damit nahm sie noch einmal einen großen Schluck aus ihrer Tasse. „Fährst du heute mit dem Fahrrad zur Schule?“

„Nein.“ Micha schüttelte den Kopf. „Dafür ist es mir zu kalt, in den nächsten Tagen soll es Frost geben.“

„Scheiß Wetter, ich will wieder Sommer!“ Mehr sagte Septima nicht dazu. Micha wusste, dass sie morgens extrem schlecht gelaunt sein konnte, sie war dann das komplette Gegenteil ihres sonstigen Charakters. Er seufzte und sagte: „Nun komm schon mit uns mit und gib ihm eine Chance.“

„Nein!“

„Warum denn nicht, vertrau mir doch, er ist wirklich nett. Na ja, zumindest ist er nicht immer unfreundlich.“

„Micha! Der Kerl hat dich geschlagen und das mehr als einmal!“ Sie war aufgesprungen und hatte ihre Handflächen auf die Tischplatte geknallt. Ein Glück, dass seine Eltern sich noch einmal hingelegt hatten.

„Na und?“ Gleichgültig sah er zu ihr auf und schälte sich eine Mandarine.

„Na und?“ Sie schien nicht mehr imstande ihren Mund zu schließen. „Was soll das denn heißen, Micha? Bist du völlig von Sinnen?“

„Du hast mit meinem Freund geschlafen und sitzt, oder stehst, wie man es nimmt, trotzdem an meinem Frühstückstisch.“ Er sah auf seine Mandarine und teilte sie in zwei Hälften, die eine gab er Septima, die sich entgeistert niederließ, die andere behielt er bei sich.

„Aber das ist doch etwas vollkommen…“

„Anderes“, unterbrach er sie und aß ein Stückchen seiner Mandarine. „Und jetzt?“

Das Mädchen sah auf ihren Teller und antwortete nicht. Daraufhin lächelte Micha sie wieder an und sagte freundlich: „Komm doch bitte mit, ich möchte dir doch auch Ella, Bess, Bene und die anderen vorstellen.“ Stumm nickte sie und griff nun nach ihrer Hälfte der Mandarine.

„Danke.“
 

Septima hatte beschlossen doch in die Schule zu gehen und ihren Lehrern einfach irgendeine Lüge aufzutischen aufgrund derer sie ihre Schulsachen nicht dabei hatte. Sie war auf der Realschule, die direkt neben dem Gymnasium gelegen war, das Micha besuchte.

Es klingelte zur Mittagspause.

Micha hatte am Nachmittag noch eine Doppelstunde Englisch, aber bei seiner Lehrerin war es nie sonderlich schlimm, schlimmer war eher die Doppelstunde Sport, die sie in der ersten und zweiten Stunde gehabt hatten.

Sämtliche Schüler stürmten nach draußen, die meisten in Erwartung des Endes des Schultages, die anderen um sich im Supermarkt um die Ecke etwas zum Mittagessen zu besorgen. So auch Micha, doch als er am Parkplatz vor dem Sportplatz vorbeikam stockte er. War das nicht Geros Auto?

Etwas verwirrt blieb der Blonde stehen und wunderte sich, ob er paranoid wurde, da sah er, wie Gero ausstieg, eine Zigarette im Mund, und ihm zunickte. Micha hob zum Gruß nur die Hand und fragte sich gerade, ob er weiter- oder zu Gero gehen sollte, da nahm dieser die Zigarette aus dem Mund, pustete den Rauch in die Luft und rief: „Na los jetzt, Junge, beweg deinen Arsch hierher, ich hab mit dir zu reden!“

Sofort setzte Micha sich in Bewegung und als er vor dem Rothaarigen stand, fragte er: „Was ist los? Was machst du hier? Holst du Bess oder irgendwen ab?“

„Nee, ich warte eigentlich auf dich, haste jetzt aus? Du hast ja gar kein Zeug dabei.“

„Das hab ich in der Schule bei den anderen gelassen, ich hab nachher noch Unterricht und wollte mir nur kurz was zum Essen holen“, erklärte Micha wahrheitsgemäß.

„Dann steig ein, wir fahren schnell zum Mces.“ Er trat die Zigarettenkippe aus und stieg selbst in sein Auto. Einen Moment blieb Micha unschlüssig stehen. Worüber wollte Gero denn nun mit ihm reden? Irgendwie hatte Micha ein mulmiges Gefühl bei der Sache. Dennoch entschloss er sich dazu sich auf den Beifahrersitz zu setzen und sich anzuschnallen.
 

Während der Fahrt sprachen sie nicht miteinander und Gott sei dank hatte Gero die Musik nicht so laut aufgedreht. Erst als er sein Auto auf irgendeinem Feldweg, nahe dem Industriegebiet, in dem die McDonald’s-Filiale war, parkte, wagte es Micha die Stille zu durchbrechen: „Du hast also dein Auto wieder. Heißt das, Ella ist wieder da?“

„Ja.“

„Und… Ist sie noch sauer auf dich?“

„Ja.“

„Glaubst du, das legt sich bald wieder?“

„Hör auf mit der scheiß Fragerei!“, fuhr Gero ihn plötzlich an und Micha zuckte zusammen. Einige Minuten später, als Gero schon die Hälfte seines Essens hinuntergeschlungen hatte und Micha immer noch an seinem Burger nagte, fragte er wieder: „Du, Gero?“

„Ich dachte, ich hätte gesagt, dass du die scheiß Fragerei lassen sollst! Bist du taub oder was?“

„Nein.“ Micha schüttelte den Kopf und sah Gero durchdringend an. „Ich habe mich nur gefragt, warum du dich ständig bei mir meldest und mich dann anbrüllst, wenn ich versuche mit dir zu reden. Das hast du schon heute Nacht so gemacht, als wir telefoniert haben.“

Erstaunt musterte Gero den blonden Jungen neben sich, der ihn weiterhin unverhohlen anstarrte.

„Keine Ahnung, mir war halt langweilig…“ Er zuckte mit den Achseln und wandte sich wieder seinem Essen zu.

„Und dann brauchst du jemanden, den du anbrüllen kannst und nimmst einfach mich?“

„Seit wann bist’n eigentlich ausgerechnet du so kritisch, hä? Moser mal nicht so rum und sei froh, dass ich nur etwas die Stimme erhebe und nicht gleich meine Fäuste!“

„Hast du wirklich keinen Grund?“ Was war heute nur mit ihm los? Er war so unverschämt unverfroren, so kannte er sich selbst gar nicht!

„Na ja, eigentlich schon…“ Gero schien sich seiner Worte nicht ganz sicher zu sein und Micha sah ihn weiterhin fragend an, bis Gero den Kopf zu ihm wandte und ihm direkt in die blauen Augen sah. Dieser Blick war so durchdringend, dass Micha unwillkürlich ein Stück zurückwich, dennoch wagte er es nicht wegzusehen. „Ich wollte dir sagen, dass du bei deiner Freundeswahl achtsam sein solltest, dieses pinkhaarige Gör…“

„Septima“, korrigierte Micha ihn.

„Is mir scheiß egal, wie die heißt, auf jeden Fall scheint mir diese komische Pseudo-Zecke nicht der rechte Umgang zu sein.“

Mit aller Kraft versuchte Micha es zu unterdrücken. Er konnte es sich in diesem Moment nicht erlauben, nicht bei dem ernsten Gesicht, das Gero machte.

Andererseits war gerade diese ernste Mimik der Funke, der das Pulverfass zum explodieren brachte und so prustete Micha los. Er konnte einfach nicht anders, es war zu verschroben, als dass er es für voll nehmen konnte.

„Und das sagst du mir? Ausgerechnet du, Gero?“ Er konnte nicht mehr, sein Bauch schmerzte schon vor Lachen und er krümmte sich unter der Pein, konnte aber dennoch nicht aufhören zu lachen.

„Was soll das denn jetzt wieder heißen, hä?“, brüllte Gero ihn an und im ersten Moment klappte dieser Einschüchterungsversuch, doch als Micha bemerkte, dass Geros Ohren sich rot färbten, war es erneut um ihn geschehen.

„Willst du damit etwa irgendetwas subtil andeuten?“ Auch auf seine Wangen hatte sich ein Hauch rot gelegt und als sich Micha langsam wieder beruhigte und sich die Tränen aus den Augenwinkeln wischte, meinte er ganz außer Atem: „Ich fand es nur sehr amüsant, dass du mir sagst, dass ich meine Freunde sorgsam wählen soll, aber selbst dazu gehörst.“

„Soll das heißen, ich sei kein guter Freund?“, knurrte Gero mit fistrem Blick.

„Nein, so war das nicht gemeint. Du bist ein guter Freund, wirklich, aber ich wollte eigentlich sagen, dass die meisten Leute das nicht unbedingt denken.“

„Und besonders die, die mal eine von mir auf die Fresse gekriegt haben“, grinste Gero, doch Micha hob die Augenbrauen. „Naah, du bist ’ne Ausnahme, Kleiner, so blöd wie du is eh kein anderer!“ Nun war es Gero, der lachte. Und freundschaftlich fuhr er Micha hart mit den Fingerknöcheln über den Schädel. Micha zog die Schultern an, als ihn der Schmerz traf, doch dann hörte es auch sofort wieder auf und Gero verwuschelte ihm nur noch einmal das Haar und ließ dann wieder den Motor an.

Kurz bevor Micha ausstieg, meinte Gero noch: „Ich wollte mich auch noch für heute Nacht entschuldigen, ich hoffe, deine Eltern haben keinen Stress geschoben?“

„Nein, nein, ist OK“, lächelte Micha. „Telefonieren wir dann noch wegen Freitag?“

„Jop, ich ruf dich an, Kurzer.“
 


 

So. Das war's mit dem Kapitelchen.

Also um ehrlich zu sein, hat mir Micha am Frühstückstisch irgendwie Angst gemacht o__o So ernst kenn ich ihn sonst gar nicht (Und da passiert es schon wieder, die Protagonisten machen sich selbstständig uû)

Also dann, lG, Terrormopf =)

Therme

So, meine Lieben =)

Wie versprochen kam dieses Kapitel etwas schneller (oder doch viel) xD

Tja, da ich nächste Woche mit der Schule nach Berlin fahre, habe ich beschlossen das Kapitel noch vorher hochzuladen, damit ihr was zu lesen habt =) Aber deswegen kann ich auch nicht gleich auf die Kommentare antworten, also nicht böse sein ^^;

Naja, das werde ich dann Samstag erledigen, weil ich ja Schulfrei bekomme, weil wir Freitagabend so spät ankommen, und den Samstag drauf haben wir ein Heimfahrtswochenende, das heißt zwei Samstage hintereinander frei! =D

Aber das tut ja eigentlich nichts zur Sache >__>"
 

Also, viel Spaß beim Lesen und schlagt mich nachher nicht >.<"
 


 

Es war Freitagabend, acht Uhr und Micha stand vor der Therme, neben ihm eine missmutig dreinblickende Septima, die ihren Rucksack zwischen den Beinen auf den Boden gestellt und die Arme vor der Brust verschränkt hatte.

„Und wo bleiben deine tollen Freunde jetzt?“, fragte Septima, den Blick stur auf die Straße gerichtet. „Es ist schon fünf nach.“

„Sie kommen sicher gleich, fünf Minuten sind ja nicht so viel“, erwiderte Micha gerade, da hörte er Ella, die rief: „Hey, Micha!“ Er wandte den Kopf nach rechts und erblickte dort Ella, Gero, Bess und Benne. Freudig kam er ihnen entgegen; die Mädchen begrüßten ihn mit einem Wangenkuss, bei den beiden Jungen blieb es bei einen Handschlag.

Micha musterte Ella verstohlen, die ausgelassen wirkte und Geros Hand erfasste. Als sie seinen Blick bemerkte, lächelte sie ihn freundlich an und trat noch einen Schritt näher an Gero heran.

„Ist das da hinten die Freundin, von der uns Gero erzählt hat?“, riss ihn Bess plötzlich aus den Gedanken und deutete auf Septima, die missmutig einige Meter von ihnen entfernt stand und sie finster beobachtete. Der Blonde nickte, ging zu der Rosahaarigen und als die anderen ihm gefolgt waren, sagte er: „Das ist Septima, eine sehr gute Freundin von mir. Und das sind Ella, Bess und Benne; Gero kennst du ja schon.“ Bis auf Letzteren, der sie abwertend musterte, gaben ihr alle die Hand und Bess meinte: „Wow, rosa Haare! Ganz schön ausgefallen, den Mut hätte ich nicht, besonders weil rosa mir ganz und gar nicht steht; aber bei dir sieht das wirklich gut aus.“ Verlegen lächelte Septima sie an und bedankte sich für das Kompliment.

„Können wir dann reingehen?“, fragte Gero, den skeptisch, geringschätzigen Blick nicht von Septima nehmend.

„Nun sei doch nicht so schlecht gelaunt, Bärli“, sagte Ella daraufhin und knuffte Gero in die Seite. „Na los, lasst uns reingehen!“
 

Micha war schon des Öfteren in der Überlinger Therme gewesen; sie hatte nichts wirklich Spektakuläres. Einen Außenpool, einen Whirlpool, ein Schwimmbecken einfach nur um Bahnen zu schwimmen, eine Rutsche und ein Dampfbad. Natürlich gab es auch noch einen Wellness- und einen Saunabereich, aber für diese musste man noch mehr bezahlen und besonders waren die auch nicht.

Dennoch freute sich Micha mit Gero, Septima und den anderen hier zu sein, denn er konnte sich nicht vorstellen, dass es mit ihnen auch nur ansatzweise langweilig würde. Und das wurde es auch nicht, denn sie lachten, scherzten, blödelten herum und genossen einfach die ausgelassene Atmosphäre. Sogar Septima öffnete sich den anderen und schien sich prächtig mit ihnen zu verstehen; nur Gero gegenüber hielt sie sich übertrieben zurück, doch diese Antipathie beruhte auf Gegenseitigkeit.
 

Irgendwann wurde es Micha allerdings etwas zu anstrengend und er zog sich in das Dampfbad zurück. Außer ihm saßen nur noch zwei ihm unbekannte Mädchen hier. Er ging bis zur hinteren Wand des länglichen, blau gekachelten Raums und kletterte dort auf die höchste Stufe hinauf, sodass er wirklich in der hintersten Ecke saß.

Hier lehnte er sich, die Augen geschlossen, an die blauen, beschlagenen Kacheln und atmete tief durch, soweit ihm die hohe Luftfeuchtigkeit dies erlaubte.

Eigentlich war Micha gerne allein, es gab ihm die Gelegenheit in seinen Gedanken zu versinken. Gerade fragte er sich, wie Gero es wohl geschafft hatte Ella zu besänftigen, da plätscherte eiskaltes Wasser auf seine Brust.

Schlagartig riss er die Augen auf und fuhr unwillkürlich zusammen. Als er sich vom ersten Schrecken erholt hatte, sah er auf und direkt in das Gesicht des Übeltäters, oder eher der Übeltäterin, denn es war Bess gewesen, die sich über ihn gebeugt und ihr Haar über seiner blanken Brust ausgewrungen hatte.

Über seine Reaktion lachend, stand sie vor ihm, die Hände in die Hüften gestemmt und sagte: „Hier bist du also, Micha, ich hab mir schon Sorgen gemacht; sag doch etwas, wenn du irgendwohin gehst.“ Mit diesen Worten ließ sie sich an der anderen Wand, die an die Ecke grenzte, nieder und legte keck ihre Beine über seine. Perplex sah er erst auf ihre Beine und dann auf sie, doch schließlich entschloss er sich dazu dieses seltsame Verhalten einfach zu übergehen und stattdessen zu erwidern: „Tut mir leid, dass ich nicht bescheid gesagt habe, ich hoffe, ihr habt euch keine Sorgen gemacht, aber ich dachte, dass es hier im normalen Bereich noch so überschaubar ist, dass man sich leicht wieder findet, was du ja eigentlich auch gerade bewiesen hast.“

„Stimmt.“ Sie kicherte leicht und rutschte noch näher zu Micha, sodass ihre Kniekehlen nun nicht mehr auf seinen Knien ruhten, sondern schon ein ganzes Stück höher auf seinen Oberschenkeln.

Unwillkürlich musste Micha schlucken, als sie ihn dann plötzlich fragte: „Was für Musik hörst du denn so?“

„Ehm… Ich weiß nicht genau… eigentlich höre ich so ziemlich alles.“ Er hatte gestottert, das war schlecht, hoffentlich übersah sie es einfach.

„Alles?“ Sie lachte. „Das ist ziemlich viel. Heißt ‚alles’ dann auch Goth und Schlagermusik und andere skurrile Richtungen?“

„Nein, so was dann doch eher nicht.“

„Dann ist ja gut. Ich höre vorwiegend Trance, aber was mir definitiv gestohlen bleiben kann ist Hip Hop. Insbesondere die Leute kann ich nicht abhaben, diese schrecklichen Handy- und Sockengangster, es gibt nichts Schlimmeres!“ Sie hatte das Gesicht verzogen und schon beinahe wild gestikuliert, weswegen sich Micha ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen konnte. Als Bess das sah, streckte sie leicht verlegen die Zunge heraus und lächelte: „Sorry, ich kann bei denen manchmal ganz schön in Rage geraten.“

„Ist doch okay, irgendwie auch ein bisschen süß.“ Er lächelte ihr zu und dieses Lächeln erwidernd, meinte sie: „Na wenn du das sagst, dann stimmt es ja.“

„Hier seid ihr also hin! Habt euch also ein lauschiges Plätzchen zu zweit gesucht?“ Es kam von Gero, der grinsend in der Tür stand.

Micha spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss und wollte gerade etwas erwidern, da kam ihm Bess zuvor: „Natürlich, wir wollten hier schon mal das Vorspiel beginnen und dann in eine Umkleidekabine gehen.“

„Na das hab ich mir gedacht. Jo Micha, wenn ihr dann fertig seid musst du mir sagen, wie sie war, schließlich will ich doch wissen, ob ich sie im Hinterkopf behalten kann, falls Ella wieder Zicken macht.“ Er hatte sich auf die Stufe unter ihnen gesetzt und an die Wand gelehnt, an der auch Micha lehnte.

„Falls ich wieder Zicken mache? Mein Lieber, du scheinst wohl vergessen zu haben, dass ich direkt hinter dir war. Du solltest aufpassen, was du sagst, wenn du den Rest deines Lebens nicht im Zölibat fristen willst.“ Dieser Kommentar stammte von Ella, die direkt nach ihm herein gekommen war und es sich nun zwischen seinen Beinen gemütlich machte, den Kopf an seine Brust gelehnt. Nach ihr traten auch noch Septima und Benne ein, der anscheinend gerade einen Witz gemacht hatte, da Septima heiter lachte und er selbst grinste.

Micha lächelte bei diesem Anblick; wenigstens hatte sie auch etwas Spaß und schien sich mit den anderen zu verstehen. Nur Gero warf sie hin und wieder giftige Blicke zu; den ließ diese Tatsache allerdings vollkommen kalt, er ignorierte Septima schlicht.

„Schade, dass die anderen da sind, es war doch mal ganz schön zu zweit“, flüsterte ihm Bess ins Ohr, die Hand sanft auf seinen Oberarm gelegt.

Etwas verstört sah er zu ihr und erkannte erschrocken den Hauch eines lasziven Lächelns auf ihren Lippen. Was sollte das nun wieder? Wollte sie ihn auf den Arm nehmen, oder warum machte sie so seltsame Andeutungen?

„Ähm… ja, schon, aber mit den anderen ist es doch auch ganz nett…“, antwortete er und spürte, wie sich ein Rotschimmer auf seine Wangen legte. Daraufhin lachte sie und nickte, die Hand von ihm nehmend.
 

Nach einiger Zeit ließ Gero vernehmen: „Puah, mir wird’s hier drinnen zu heiß, ich geh raus mich abkühlen; kommt einer mit?“ Erwartungsvoll sah er sich in der Runde um und Micha, die Chance, sich aus dieser peinlichen Situation mit Bess zu befreien, witternd, meldete sich schnell.

So verließen sie zu zweit das Dampfbad und gingen in das Becken, das in den Außenbereich führte.

„Na, was läuft da zwischen Bess und dir?“, fragte Gero grinsend, nachdem sie ein paar Züge geschwommen waren. Peinlich berührt vermied Micha jeglichen Augenkontakt zu Gero und antwortete: „Nichts, wir haben uns nur unterhalten.“

„Soso.“ Gero hob skeptisch die Brauen und musterte sein Gegenüber, dessen Wangen sich gerötet hatten. Allerdings glühten auch Geros Backen und das lag nicht etwa an irgendeiner Scham, sondern viel mehr an den Temperaturunterschieden.

„Und…“ Micha brach ab, bevor er überhaupt angefangen hatte. Etwas nervös überlegte er sich, wie er seine Frage formulieren sollte, ohne dass Gero ausrastete.

„Was?“, fragte dieser und hievte sich aus dem Wasser, sodass er sich auf den Beckenrand setzte. Sich seiner Worte noch immer nicht wirklich sicher, fuhr Micha fort: „Also, ich wollte fragen, wie du…“ Er selbst wollte sich neben Gero setzen, doch nachdem er zwei Sekunden im kalten Wind, außerhalb des warmen Wassers verbracht hatte, sprang er so schnell als möglich wieder ins Becken und stellte bibbernd fest: „Oh mein Gott! Wie hältst du das nur da draußen aus, das ist doch saukalt!“

„Stimmt schon, aber wenn ich dann nachher wieder ins Wasser gehe, ist es umso geiler!“, grinste Gero, doch Micha entgegnete: „Du hast aber schon Gänsehaut!“

„Ach, Kleiner, das liegt doch nicht an der Kälte! Das liegt daran, dass du mich so geil machst, siehst du? Meine Nippel sind auch schon ganz steif!“, feixte er nun und warf Micha einen anzüglichen Blick zu. Der war wiederum heilfroh, dass er kaum roter anlaufen konnte und sagte, demonstrativ zur Seite sehend: „Nun komm schon wieder ins Wasser, du erkältest dich noch!“ Den Kommentar ignorierte er einfach, in der Hoffnung, dass Gero nichts Falsches hineininterpretieren würde.

Zu Michas erstaunen glitt Gero tatsächlich wieder ins Wasser und grinste ihn an, während er meinte: „Nun sei mal nich so verklemmt, wer von uns Beiden steht denn auf Männer?“

„Ich find’s trotzdem nicht lustig, wenn du dich darüber lustig machst“, maulte Micha und zog eine Schnute. Daraufhin wurde er von Gero unter Wasser getunkt und als er ihn wieder an die Luft ließ und Micha erschrocken nach dieser japste, lachte er: „Is mir relativ egal, Hauptsache ich hab meinen Spaß!“

„Ja, das sieht dir ähnlich“, entgegnete Micha beleidigt. Doch Gero lachte daraufhin nur: „Seit wann bist du eigentlich so aufmüpfig geworden? Weißt du, unterwürfig wie früher hast du mir besser gefallen.“

„Tatsächlich? Habe ich mich denn verändert?“ Leicht beschämt sah er auf seine Füße, die im Wasser schwebten. „Entschuldige bitte.“

„Und schon verfällt er wieder in die alten Muster“, lachte Gero. „Mann, Junge, das war ein Spaß! Ist es nicht angenehmer einfach mal ein bisschen ausgelassener zu sein?“ Verwundert sah Micha auf und in Geros fröhliche, braune Augen.

„Na?“, hakte der Gemusterte nach.

„Oh, ähm… ja… schon.“ Sofort wandte Micha den Blick wieder ab. Er hörte, wie sich Gero im Wasser bewegte und spürte im nächsten Moment seine Hand auf seiner eigenen Schulter.

„Sehr überzeugt hat sich das aber nicht angehört.“

„Ja… ich weiß nicht… es ist irgendwie… ungewohnt.“ Er stockte und Unsicherheit machte sich in ihm breit. Als Gero die Hand von seiner Schulter nahm, sah Micha ihn noch einmal an und er sah ungewohnt nachdenklich aus. Doch schon im nächsten Augenblick setzte er wieder einen heiteren Gesichtsausdruck auf und bemerkte: „Du wolltest mich doch vorhin noch etwas fragen?“

Froh über den Themenwechsel lächelte auch Micha wieder und sagte: „Genau, ich wollte dich fragen, wie du es geschafft hast, dass Ella sich wieder beruhigt hat.“

„Ach das!“ Gero grinste schelmisch und Micha ahnte schon, was die Antwort war. „Ein kleiner Versöhnungsfick und dann ist alles wieder in Ordnung.“ Genau das hatte Micha erwartet und seufzte. Er war sich fast sicher, dass Gero ihm nicht die Wahrheit erzählen würde, auch wenn er noch einmal nachhakte.

„Ne, im Ernst“, korrigierte sich Gero zu Michas Erstaunen und sein Gesichtsausdruck wurde ernst. „Ich hab mich bei ihr entschuldigt und ihr alles erklärt und dann erst gab’s Versöhnungssex.“

„Du denkst auch immer nur an Sex“, grummelte Micha peinlich berührt.

„Na klar, woran denn sonst?“ Und nun stellte er sich auch noch absichtlich dumm und naiv! „Ach Micha!“ Er schlug ihm hart auf den Rücken, sodass der Blonde erschrocken aufjapste. „Komm erstmal in mein Alter, dann reden wir weiter.“

„Als wäre ich so viel Jünger…“, murmelte er. Wenn Gero nicht darüber reden wollte, er würde ihn gewiss nicht dazu zwingen.

Er machte sich auf den Weg ins Innere, wohin Gero ihm folgte und als sie drinnen angekommen waren, sahen sie schon Ella und die anderen, die ihnen zuriefen, dass sie sich beeilen sollten, da sie sonst die Zeit überschritten.
 

Der Tag ging entspannt zu Ende. Sie hatten sich noch in eine Cocktailbar gesetzt und den Abend mit ein wenig Alkohol ausklingen lassen; nur Gero und Septima tranken nicht, beide mussten noch fahren.

Gegen halb eins machte Micha sich dann auf den Heimweg und begleitete Septima davor noch zu ihrem Roller. Sie hätte ihn auch mitgenommen, nur hatte sie nicht daran gedacht einen zweiten Helm mitzunehmen. So verabschiedete er sich von ihr und ging nach Hause.
 


 

So...

Ja, Gero is sehr asozial u__u Aber da kann ich ja auch nichts für, er macht sich immer selbstständig, genau wie Micha T^T

Ich sollte mal meine Protagonisten unter Kontrolle bringen *seufz*

Also dann, eine schöne Woche, lG, Terrormopf :]

Schwäche

So so so =)

Da bin ich wieder, wohl auf zurück aus Berlin; und dann auch noch Kreuzberg xD
 

Nun, ich sage jetzt mal nichts zu dem Kapitel, außer, dass Gero hier nicht vorkommt...
 

Viel... äh... Vergnügen? oÔ
 


 

Er saß schweigend bei seinen Eltern am Abendbrottisch und starrte auf seinen blanken Teller.

Noch vor fünf Minuten hatte er telefoniert.

Mit Robin.

Der hatte ihn einfach so angerufen; wollte mit ihm reden, dass er zu ihm kam. Und natürlich hatte Micha sich breitschlagen lassen. Der Abend mit Gero, Septima und den anderen war nun schon zwei Wochen her und es war wieder Wochenende.

Was konnte Robin nur von ihm wollen? Vielleicht hatte er ja noch irgendwelche Habseligkeiten von Micha bei sich gefunden und wollte nun, dass dieser sie bei ihm abholte. Aber einen Grund hatte er nicht genannt, er hatte nur gewollt, dass Micha diesen Abend vorbeikam.

„Micha, mein Schatz, hast du denn gar keinen Hunger?“, vernahm er die besorgte Stimme seiner Mutter. Sofort schüttelte er lächelnd den Kopf, blieb jedoch stumm. „Ach Micha, du musst doch Hunger haben. Ist dir etwa nicht gut? Nicht dass du mir krank wirst…“ Und prompt hatte er ihre Hand auf seiner Stirn liegen.

„Nein Mama, ich hab einfach keinen Hunger“, murmelte er und fügte hinzu: „Ich muss nachher noch einmal zu Robin, ist das OK?“

„Zu Robin?“ Sie zog ihre Hand zurück und ihre Stimme klang nun leicht irritiert. „Ich dachte, dieses Kapitel hättest du hinter dir gelassen? Was war denn mit dem Mädchen, bei dem du neulich warst? Wäre die nicht was für dich, Micha?“

„Nein Mama, sie hat außerdem sowieso schon einen Freund“, seufzte er und ignorierte das abfällige Schnaufen seines Vaters. „Und ich habe auch nicht vor wieder etwas mit Robin anzufangen, also mach dir keine Sorgen.“

„Versprich es mir, Micha“, bat seine Mutter ihn. Nun konnte er ihr lächelnd ins Gesicht sehen und sagen: „Versprochen, Mama.“ Wenigstens war es die Wahrheit, er musste seine Eltern nicht anlügen.

„Na immerhin ein Fortschritt“, knurrte sein Vater geringschätzig und sah seinen Sohn aufmerksam an. „Und wenn du sowieso nichts essen willst, dann geh jetzt zu ihm, denn je früher du da bist, desto früher kannst du wieder gehen.“

Micha nickte daraufhin und erhob sich erleichtert, um sich seine Jacke und die Schuhe anzuziehen und sich anschließend auf den Weg zur Bushaltestelle zu machen, denn zu Robin zu laufen war ihm doch etwas zu weit.
 

Als er vor der ihm so bekannten Tür stand und klingelte, schien sich sein Pulsschlag zu beschleunigen. Er war unglaublich nervös und als ihm Robin, oberkörperfrei und nur mit Jogginghose bekleidet, die Tür öffnete, wurde es noch schlimmer.

„Komm rein“, meinte der und biss von dem Stück Pizza ab, das er in der Hand hatte.

„Nein danke, ist schon gut. Was willst du denn?“ Robin, der sich schon umgedreht hatte und einige Schritte gegangen war, drehte sich erstaunt wieder zu ihm um und sagte: „Nun stell dich nicht so an, ich werd dich schon nicht auffressen oder seh ich aus wie ein Wolf?“

„Nein“, sagte Micha und kam der Aufforderung nach. Leise schloss er die Tür hinter sich und folgte Robin in dessen Schlafzimmer, wo dieser sich auf sein Bett niedergelassen hatte, vor ihm ein Teller mit noch einer halben Pizza drauf; der Fernseher lief.

Unschlüssig blieb Micha im Türrahmen stehen und sah auf Robin, als dieser plötzlich sagte: „Nun setz dich doch, stell dich nicht so an, als wärst du noch nie in meinem Bett gewesen.“

„Was willst du denn von mir?“, fragte Micha, sich keinen Millimeter rührend, unruhig sein Gewicht von einem aufs andere Bein verlagernd.

„Stück Pizza?“ Robin ignorierte einfach die leise gemurmelte Frage, sondern sah auf den Fernseher und aß. Micha allerdings schüttelte den Kopf und fuhr fort: „Robin, weswegen hast du mich herzitiert?“

„Chill dich mal, Micha, ich wollt einfach mal wieder ein bisschen Zeit mit dir verbringen, is doch wohl nichts gegen einzuwenden, oder?“

„Nein, aber…“

„Na also, dann setz dich und iss was“, unterbrach er ihn ruppig und sah ihn nun auffordernd an.

„Aber nicht lange, weil meine Eltern…“

„Als würde die interessieren, was du machst!“ Robin lachte, während Micha sich neben ihm niederließ; er fand das nicht sehr lustig. Dennoch fragte er freundlich lächelnd: „Wo sind eigentlich deine Eltern?“

„Ach, meine Mum hat irgend so ein Wellness Wochenende gewonnen und da ist sie mit meinem Vater hin. Das heißt, ich hab sturmfrei.“ Das schelmische Grinsen war Micha nicht entgangen und er schluckte schwer. Wieso war er nur hergekommen?
 

Nach einiger Zeit sprach Robin wieder: „Micha, ich hab dich in den letzten Wochen wirklich vermisst. Ging es dir nicht auch so?“

„Ich…“ Was sollte er darauf antworten? Sollte er ihm sagen, dass er auch oft an ihn gedacht hatte? Oder würde er das falsch verstehen?

„Ohne dich scheint irgendwie alles so trivial, so unwichtig. Ach Micha!“ Er seufzte und wandte sich dem Blonden zu, um ihm fest in die Augen zu sehen.

„Ich liebe dich…“ Er näherte sich auf einmal Michas Gesicht, woraufhin der zurückwich und schließlich mit dem Rücken auf der Matratze landete, unter Robin. „… noch immer.“ Damit küsste Robin den Jungen, der unter ihm lag.

Micha verkrampfte sich und war im ersten Moment zu erschrocken, um irgendetwas zu tun. Doch schließlich fasste er sich und stieß Robin von sich, um sich dann mit dem Handrücken über die Lippen zu wischen und zu keuchen: „Robin, was- was soll das denn? Was hast du vor?“

„Na was?“, flüsterte der und lehnte sich dreist wieder über Micha, hielt aber diesmal dessen Hände fest. „Ich will dich küssen.“

„Aber…“, presste Micha unter dem Kuss hervor und wandte das Gesicht von Robin ab; es war die einzige Möglichkeit sich des Kusses zu entziehen.

„Micha…“ Seine Stimme war nun samtig weich. Er ließ eine Hand Michas los, um ihm sanft über die Wange zu streicheln. „Mein Micha.“ Er küsste ihn erneut zart auf die Lippen. „Ich weiß, dass es ein Fehler war mit Septima zu schlafen. Ich hätte das nicht tun sollen, denn dadurch habe ich dich verloren.“ Micha sah ihm qualvoll in die Augen, nicht wissend, was er nun davon halten sollte. „Ich liebe dich, Micha. Ich liebe nur dich.“ Und als Robin ihn nun wieder küsste, da schlang Micha seine Arme um seinen Nacken und zog ihn zu sich herab.

Ein leises Stimmchen in seinem Kopf flüsterte ihm zwar zu, dass es alles nur eine Lüge sei, doch fiel es ihm so viel leichter auf das klagende Schreien seines gebrochenen Herzens zu hören, das sich so sehr nach Liebe und Geborgenheit sehnte.

So erwiderte er den Kuss und ignorierte es auch, dass Robin süffisant in den Kuss hineingrinste. Und schließlich spürte er auch Robins Hände auf seinem Bauch und am Bund seiner Hose.
 

Er lag neben ihm.

Er fühlte sich schlecht.

Und benutzt.

Die Stimme, die zuvor so leise gewesen war, lachte ihn nun schallend aus und sagte ihm, er sei selbst schuld. Und auch sein Herz schien nicht befriedigt, denn er fühlte sich weder geliebt, noch geborgen, sondern schmutzig; wie eine billige Hure.

Robin neben ihm sah wieder auf den Fernseher und achtete nicht im Geringsten auf den Jungen neben sich.

Ihm war zum Heulen zumute, doch riss er sich zusammen und fragte mit heiserer Stimme: „Du hast Septima auch betrogen?“

„Sollte dir das nicht egal sein?“ Ertönte daraufhin seine kalte Stimme.

„Das sollte es.“ Aber das war es ihm nicht. Er drehte sich von Robin weg und schloss die Augen. Was würde wohl Gero sagen, wenn der das erführe? Der würde ihn wahrscheinlich auslachen und ihn einen Dummkopf und Idioten schimpfen. Und das Schlimmste war, dass er damit auch noch Recht hatte.

Er konnte den Rothaarigen schon vor sich sehen, wie er sich vor Lachen den Bauch halten würde.

Oder würde er wütend werden, weil Micha einmal mehr seine grenzenlose Naivität und Dummheit bewiesen hatte?

Er schämte sich so sehr und wusste beim besten Willen nicht, welcher Teufel ihn geritten hatte, dass er sich Robin einmal mehr hingegeben hatte.

Auf einmal spürte er Robins Arm, der sich um seinen Bauch schlang, um ihn an sich zu drücken.

„Bereit für Runde zwei?“, hauchte Robin ihm ins Ohr und küsste seine Halsbeuge. Micha wehrte sich nicht. Er hatte es einmal getan, warum dann nicht auch zweimal? Wenigstens war dann einer von ihnen zufrieden.
 

Warum war er nur so schwach? Nur weil er sich nach Zärtlichkeit und Akzeptanz sehnte hatte er es zugelassen, dass Robin mit ihm geschlafen hatte.

„Du liebst mich nicht“, stellte er fest, als er an die Decke starrte, den schwer schnaufenden Robin wieder neben sich.

„Doch, Micha, ich liebe dich wirk…“

„Warum lügst du mich auch noch an, wenn ich es weiß und dennoch mit dir schlafe?“, unterbrach er ihn, traute sich aber dennoch nicht in Robins Gesicht zu sehen.

„Nun glaub mir doch, ich…“

„Lüg mich doch nicht wieder an! Ich hasse das! Ich hasse es, wenn du mich anlügst! Warum tust du das? Redest du dir damit dein schlechtes Gewissen weg? Denkst du dann, ich würde mich gut fühlen? Hä? Hör zu, Robin: Ich liebe dich nicht und jedes Mal, das du mich anlügst wird meine Verachtung dir gegenüber nur noch größer, also hör endlich auf mich anzulügen!“

„Seit wann bist du eigentlich so aufmüpfig?“, fragte Robin da patzig.

„Sollte dir das nicht egal sein?“, wiederholte der Blonde Robins Worte und Schweigen legte sich daraufhin über den Raum. Nur noch die Stimmen aus dem Fernseher waren zu hören, es lief Werbung.

„Gute Nacht.“ Damit drehte er sich auf die Seite und schloss die Augen. Wenn er schon hier in Robins Bett lag, warum sollte er dann nicht auch hier schlafen?

Sein letzter Gedanke vor dem Einschlafen galt seinen Eltern. Robin hatte ihn zum Lügner gemacht.

Er hatte sein Versprechen gebrochen.
 


 

So, ich weiß natürlich, dass sich jetzt einige wünschen, ich wäre in Kreuzberg mal eben in die falsche Gasse abgebogen und hätte dieses Kapitel niemals schreiben können, aber dafür ist es nun zu spät :P

Das Einzige, das ihr jetzt noch tun könnt, sind Briefbombem xD

Viel Spaß beim Basteln, ich freu mich schon auf die Post, LG, Terrormopf :]

Die Reaktion

Hallo ihr =)

Schön, euch wieder zu sehen!

Tja, was soll ich zu dem Kapitel sagen?

OK, mir ist was eingefallen: Hier kommt Geros Reaktion, freut euch =D
 


 

Er konnte es nicht.

Er konnte Gero einfach nicht mehr in die Augen schauen. Sie saßen mit den anderen im Grisu, wobei eigentlich nur sie am Tisch im Raucherbereich bei den Dartscheiben saßen und die anderen bei den Billardtischen, wo man nicht mehr rauchen durfte. Wie so oft hatte Gero Micha dazu genötigt ihn zu begleiten, doch anstatt, dass sie sich unterhielten, starrte Micha angespannt auf die Dartspieler, direkt an Gero vorbei. Der wiederum musterte Micha scharf, bis er schließlich fragte: „Was’n in letzter Zeit los mit dir? Hast dich gar nich gemeldet und jetzt, wenn wir endlich mal wieder was unternehmen, sprichst du kein Wort und kannst mir nich mal mehr ins Gesicht sehen.“

„Ich weiß auch nicht, bin irgendwie müde.“ Er wusste genau, woran es lag: Er schämte sich. Er schämte sich so unglaublich!

Noch zwei Mal hatte er es mit Robin getan und das letzte Mal war am Vorabend gewesen. Er wusste selbst nicht wirklich, warum er mit Robin schlief, aber jedes Mal, wenn er dem Älteren eigentlich sagen wollte, dass er für immer aus seinem Leben verschwinden sollte, da schaffte er es nicht und die zartbittren Lügen Robins machten es ihm auch nicht leichter.

Er seufzte.

„Komm, red keinen Scheißdreck, was is los, Junge?“, drängte Gero und als Micha verstohlen zu ihm linste, sah er, wie Geros Blick eine Spur Besorgnis enthielt.

Seine Wangen flammten rot auf und er wandte den Kopf nun ganz von Gero ab. Schließlich brachte er leise hervor: „Ich will nicht darüber reden.“

„Na gut.“

Na gut?

Was sollte das denn nun? War das das Einzige, was Gero dazu zu sagen hatte? ‚Na gut’? Wieso stocherte er nicht weiter nach, wieso versuchte er nicht, Micha dazu zu überreden sich ihm zu offenbaren? Wieso tat er das Thema einfach so mit einem ‚Na gut’ ab?

„Warum sagst du das?“, rang er sich schließlich doch durch, seine Frage zu stellen und sah Gero etwas enttäuscht an.

„Wenn du nicht mit mir reden willst, dann muss ich das akzeptieren. Kann dich ja kaum dazu zwingen, oder?“ Er lachte. Micha hingegen wandte den Blick wieder etwas beleidigt ab und murmelte: „Du könntest aber ruhig etwas beharrlicher sein.“

„Das heißt, du willst es mir doch sagen?“

„Nein!“

„Ja was denn nun? Entweder oder, du musst dich schon entscheiden!“

„Ich- ich weiß nicht…“, stotterte Micha und sah verwirrt auf den Rothaarigen, der nun entnervt die Stirn in die Hand stützte und aufstöhnte. „Tut mir leid, aber… ich weiß nicht, ob ich dir so was erzählen kann…“

„So?“, fragte Gero mit gelangweiltem Blick. „Das heißt also, das hat etwas mit deiner Sexualität zu tun?“

Micha nickte. „Könnte man so sagen.“

„Dann hast du Recht, laber da lieber mit dem rosahaarigen Gör.“ Er war schon dabei sich zu erheben, da hielt Micha ihn zurück und sagte, etwas lauter als geplant: „Nein, ich kann nicht mit ihr darüber reden, weil… weil…“ Er brach ab und sah Gero mit glühenden Wangen in die Augen, die ihn erwartungsvoll anblickten. „Es geht um Robin.“

„War das nich dein Ex, der erst dich mit dem Gör und dann die auch noch betrogen hat?“ Stumm nickte der Blonde. „Was is mit dem?“

„Er… ich… wir…“, stotterte Micha und wurde schließlich von Gero unterbrochen: „Hör auf ständig irgendwelche Subjekte vor dich hin zu stammeln und sag endlich was is, sonst geh ich zurück und das Thema hat sich gegessen!“

„Ich hab mit ihm geschlafen“, flüsterte er und sah auf den Boden.

„Und was geht mich das an, mit wem du in deiner Freizeit rumvögelst? Weißt du eigentlich, dass mir das relativ bumms ist?“ Erschrocken durch diese harschen Worte sah Micha wieder auf.

„Drei Mal“, fuhr er fort und begann nervös am Reisverschluss seiner Jacke zu nesteln.

„Ich dachte, ich hätte dir gerade schon gesagt, dass mir das scheiß egal ist…“, fuhr Gero ihn erneut an und war schon wieder im Begriff, sich zu erheben, da sprach Micha weiter: „Dabei will ich das eigentlich gar nicht, aber er sagt mir immer wieder, dass er mich liebt und selbst, wenn ich weiß, dass das nicht stimmt, ist es doch ein schönes Gefühl, es zu hören.“

„Da wären wir also wieder an dem Punkt, an dem ich dich als Mädchen sehen muss…“, seufzte Gero und blieb nun endgültig sitzen, zündete sich noch eine Zigarette an. „Wenn du es nicht willst und wenn du weißt, dass es eine Lüge ist, warum lässt du dich dann trotzdem von ihm flachlegen? Oder zwingt er dich dazu?“

„Nein! … nein, so ist das nicht, wirklich. Er würde es nicht tun, wenn ich nicht damit einverstanden wäre.“

„Aber das bist du doch gar nicht.“

„Ja, jetzt nicht, wenn er nicht anwesend ist. Aber wenn er mich anlächelt und mir verspricht, dass ich der einzige bin, den er liebt, dann… ich weiß auch nicht.“

„Die einzige“, korrigierte Gero nur und Micha seufzte. „Was bringt es dir denn, mit ihm zu schlafen? Befriedigung? Liebe? Wenigstens ein gutes Gefühl?“ Micha schüttelte den Kopf. „Warum sagst du ihm dann nicht, dass du nicht willst?“

„Es fällt mir so schwer ‚Nein’ zu sagen.“

„Wenn das so ist, dann lass uns beide jetzt zu mir gehen und ’ne Nummer schieben.“

„Was?“ Erneut schoss dem Blonden die Röte ins Gesicht und perplex starrte er auf das ruhige Gesicht seines Freundes. „Oh mein Gott, nein!“

„Und? War das jetzt so schwer?“ Ein leichtes, kaum erkennbares Lächeln umspielte Geros Mundwinkel. Bis schließlich Micha sagte: „Nein, aber das bist ja auch du, bei Robin ist das etwas ganz Anderes!“

„Dann stell dir einfach vor, er sei ich. Dann dürfte es dir ja nicht mehr so schwer fallen.“

„Aber Robin ist nicht du.“

„Das weiß ich auch!“, fauchte Gero und fügte noch zynisch hinzu: „Und das ist auch gut so, denn wäre ich wie dieser Typ, würd ich mir die Kugel geben!“ Micha lachte etwas gequält auf und sagte: „Trotzdem ist das nicht so leicht, das ist so komisch; ich will ja eigentlich wirklich aufhören, aber…“

„Aber?“

„Es ist so schwer.“

„Und je länger du wartest, desto schwerer wird es, du solltest es so schnell wie möglich beenden, Micha.“

„Du hast Recht, aber…“

„Was ist denn jetzt schon wieder?“

„Ich will nicht alleine gehen. Kannst du nicht…?“ Er brach ab und linste zu Gero, der erwartungsvoll die Augenbrauen gehoben hatte. Dann nahm er all seinen Mut zusammen und fragte: „Kannst du nicht mitkommen?“

„In Ordnung.“

„Wirklich?“ Perplex sah Micha auf und suchte in Geros Gesicht nach einem Indiz, dass er sich verhört hatte.

„Ja, wirklich“, entgegnete dieser allerdings. „Aber dann lass es uns gleich erledigen. Wo wohnt der Kerl?“

„Gleich gegenüber“, erwiderte Micha kleinlaut.

„Ach was, direkt hier gegenüber? Über der Werkstatt?“ Micha nickte. Gero jedoch erhob sich und sagte: „Dann lass uns gehen.“
 

Als sie aus dem Café gingen, kam ihnen Bess noch einmal entgegen und lächelte: „Na ihr beiden? Was habt ihr denn so lange besprochen? Ihr wart ja ne halbe Ewigkeit weg!“

„Das geht dich nichts an“, gab Gero schlicht zurück und ging weiter. Bess allerdings hielt Micha am Handgelenk fest und fragte verwirrt: „Wieso geht mich das nichts an? Ist etwas passiert? Warum geht ihr schon?“

„Ist schon gut, mach dir keine Sorgen, Bess, wir sind bald wieder da“, antwortete Micha und entledigte sich ihres Griffes. Als er hinausging fühlte er noch ihren besorgten Blick auf sich und ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihm aus.

Draußen war es kalt. Zum Glück mussten sie nicht weit laufen.

Als er klingelte, sah er noch einmal nervös zu Gero, der gelassen neben ihm an der Hauswand lehnte.
 

Robin öffnete ihm und schien erstaunt, ihn vor sich zu sehen. Doch er fasste sich sofort wieder und lächelte: „Micha, hallo. Was verschafft mir die Ehre? Willst du schon wieder? Wir haben doch erst gestern Abend miteinander geschlafen.“ Micha schüttelte daraufhin nur den Kopf und vermied es ihn anzusehen. Robin jedoch fragte: „Nicht? Was willst du dann?“

„Ich…“ Er konnte es nicht! Er konnte es einfach nicht! Was war, wenn Robin nicht gelogen hatte und er ihn wirklich noch liebte? Dann würde er ihm das Herz brechen!

Der wiederum beugte sich nun zu ihm hinunter und drückte ihm sanft einen Kuss auf die Lippen. „Was ist denn los?“, fragte er und streichelte Micha durch sein blondes Haar.

Er konnte es nicht!

So zog er Robin wieder zu sich hinunter und küsste ihn stürmisch. Robin war zuerst völlig überrumpelt von der plötzlichen Initiative des Jüngeren, doch schließlich erwiderte er den Kuss und drückte Micha noch etwas enger an sich.

Plötzlich räusperte sich jedoch Gero neben ihnen und es war Robin, der den Kuss unterbrach. Er sah zu dem im spärlichen Licht nur schwer zu erkennenden Rothaarigen und anschließend wieder zu Micha, der es immer noch nicht fertig brachte ihm in die Augen zu sehen.

„Was macht der denn hier?“ Seine Stimme war voll von Abwertung, doch Gero ließ es kalt, er rührte sich keinen Millimeter, sondern sagte nur: „Micha, bist du nicht aus einem anderen Grund hier?“

„Ein anderer Grund?“, fragte Robin wieder und hob Michas Gesicht an, sodass er ihm in die Augen sehen konnte. „Micha, was geht hier vor?“

„Ja, Micha, was ist los? Was machst du?“, kam es nun auch von Gero, der sich von der Wand gelöst hatte und sich neben den Beiden aufgebaut hatte.

Der Blonde sah nicht zu ihm. Hätte er ihn nun angesehen, hätte er es sicher geschafft Robin zu sagen, weswegen er eigentlich hier war, aber wollte er das denn wirklich? Vielleicht war es ja doch gut, so wie es war.

„Micha?“, knurrte Gero auffordernd und wartete offensichtlich auf eine Reaktion.

Doch Micha konnte es einfach nicht. Er wollte es nicht!

„Es tut mir so leid, Gero.“ Mit diesen Worten schob er sich an Robin vorbei in dessen Wohnung.
 

„Oh, hallo Micha!“, begrüßte ihn Ella, als er vor Geros Tür stand. „Wo bist du denn gestern hingegangen? Gero wollte uns nichts sagen; meine Güte, war der schlecht drauf, was hast du bloß mit ihm gemacht?“

„Darf ich reinkommen?“ Na fein! Er konnte nicht einmal mehr ihr in die Augen sehen! Wie sollte es dann werden, wenn er mit Gero sprach?

„Aber natürlich, Gero ist im Wohnzimmer, geh doch schon mal zu ihm rein, ich hol dir noch schnell was zu trinken; ist Wasser OK?“ Micha nickte schnell.

Jedoch zögerte er, als er vor der geschlossenen Wohnzimmertür stand. Er nahm all seinen Mut zusammen und öffnete sie.

Gero saß auf dem Sofa vor dem Fernseher und sah kurz auf, als die Tür sich öffnete, als er jedoch Micha erblickte, verfinsterte sich sein Blick und er starrte stur auf den Fernseher.

„Hallo“, murmelte Micha nervös und trat ein, unschlüssig vor der Tür stehen bleibend.

„Was willst du hier?“, fragte Gero nun desinteressiert.

„Ich wollte mich entschuldigen.“

„Oh, also habt ihr euch doch gestritten“, stellte plötzlich Ella fest, die gerade aus der Küche kam, mit einem Glas Wasser in der Hand.

„Nicht wirklich“, versuchte Micha sich herauszureden, doch Ella ließ ihn kaum zu Wort kommen, sondern stellte das Glas auf den Wohnzimmertisch und sagte: „Setz dich doch. Sprecht euch nur aus, ich wollte sowieso noch einmal zur Apotheke, um…“

„Es ist Sonntag“, fiel Gero ihr da gefährlich ruhig ins Wort. Ella jedoch fauchte daraufhin: „Gut, es war nur eine Ausrede, um euch Beide ein paar Minuten allein zu lassen, aber wenn du es mich nicht auf die elegante Weise machen lässt, dann gehe ich eben so.“ Und damit rauschte sie aus der Wohnung und einige Sekunden später konnte man die Haustür geräuschvoll ins Schloss fallen hören.

„Wieso bist du hier?“, fragte Gero wieder und beugte sich nach vorne, um nach seinem eigenen Glas zu greifen und etwas daraus zu trinken. „Hör zu, ich hab dir gestern schon gesagt, dass es mir bumms ist, mit wem du fickst. Aber wenn du mich dann bittest mitzukommen, um alles zu beenden, das dann doch nicht tust und ich am Ende als totaler Depp dastehe, dann geht mir das gewaltig auf den Sack!“

„Es tut mir leid.“ Micha war sich nicht sicher, ob Gero ihn verstanden hatte, so leise, wie er gesprochen hatte. Nervös drehte er das Glas, das er hielt, hin und her, nur um etwas zu tun zu haben.

„Und was willst du jetzt?“, fragte Gero ruppig, woraufhin Micha unwillkürlich zusammenzuckte; scheu antwortete er: „Mich entschuldigen.“

„Na das hast du ja jetzt schon zwei Mal getan; ist sonst noch was?“ Micha schüttelte den Kopf, machte allerdings keinerlei Anstalten sich zu erheben. „Warum gehst du nicht?“, fragte Gero schließlich und sah auf den Jüngeren.

Der wiederum stellte sein Glas ab und zwang sich, seinem Gegenüber in die Augen zu sehen, als er erklärte: „Weil ich nicht allein sein will, denn wäre ich jetzt allein, würde ich eh nur zu Robin gehen und das liefe auch nur wieder auf eins hinaus. Also bleibe ich lieber hier.“

„Du bist echt penetrant!“

„Wusstest du, dass du der Erste bist, der mir so etwas sagt?“

„Nein und eigentlich war mir das auch relativ egal. Wahrscheinlich hast du einfach noch nie irgendjemand anderen so wahnsinnig genervt.“ Micha sah wieder weg.

„Wahrscheinlich nicht“, entgegnete er dann und danach trat erneut Stille ein.

Es war eine seltsame Stille, nicht angenehm, nicht unangenehm, irgendetwas dazwischen. Trotzdem wollte Micha sie durchbrechen, alles tun, damit sie nicht noch länger anhielt und sich das gespannte Gefühl in ihm verstärkte.

„Bist du wütend auf mich?“, fragte er also schließlich und es war ihm, als bräche er mit dieser Frage durch eine dicke Nebelsuppe, durch die man eigentlich keinen Meter weit hatte sehen können.

„Wütend?“, schnaubte Gero belustigt und nippte an seinem Glas. „Wieso sollte ich wütend sein? Zum letzten Mal, mit wem du ins Bett gehst ist mir egal.“

„Was bist du dann?“, fragte Micha weiter, in der Hoffnung, dass die Sicht noch klarer wurde.

„Muss ich denn irgendwas sein?“, entgegnete Gero mit einer Gegenfrage und lehnte sich genervt zurück. „Du bist ja echt schlimmer als jedes Weib!“

„Wärst du nicht irgendwas, dann säße ich nicht hier und würde mich so komisch in deiner Nähe fühlen.“ Er atmete tief durch. Es fiel ihm noch immer schwer so ehrlich zu sein. Jedem zu erzählen, was der hören wollte, war ihm irgendwie leichter gefallen, aber so hatte es nicht ewig weitergehen können und warum sollte er das dann nicht jetzt ändern?

Der Rothaarige seufzte erneut. „Naja, bist ja auch irgendwo ’n Weib… Also, wenn ich dir sagen müsste, was ich bin, dann würd ich sagen, ich wär…“ Er überlegte einen Moment lang und fügte dann hinzu: „… enttäuscht.“ Und dann sah er Micha so durchdringend in die blauen Augen, dass diesem ein eiskalter Schauer über den Rücken lief.

Er hatte Gero enttäuscht? Das hörte sich an, als hätte Gero Hoffnungen in ihn gesetzt. Aber was für Hoffnungen?

Hatte Gero gehofft, er würde auf Mädchen stehen? Oder war es etwas ganz anderes?

„Pass auf, Micha, wir machen einen Deal!“, schlug Gero plötzlich vor und ein seltsames Funkeln trat in seine Augen, was Micha stutzen ließ.

„Was für einen Deal?“, rang er sich schließlich doch durch, ihn zu fragen.

„Es ist mehr eine Art Wette“, definierte der Rothaarige grinsend und Micha schluckte schwer.

„Was für eine Wette?“, fragte er, sich etwas von Gero abwendend.

„Wenn du es schaffst, die ganze Woche nicht mit dem Kerl zu vögeln, dann geh’n wir nächsten Freitag einen saufen; auf meine Kosten!“

„Und was wird Ella dazu sagen?“, fragte Micha leicht irritiert. Allerdings wünschte er sich gleich darauf, diese Frage nicht gestellt zu haben, da Gero nun genervt aufstöhnte und rief: „Scheiß auf das, was Ella sagt! Wenn du es schaffst, dann saufen wir; und zwar richtig!“ Micha blieb daraufhin stumm, doch Gero schien zu wissen, was er dachte und grinste: „Komm schon, was kannst du verlieren? Schlag ein, na los!“ Und prompt hielt er ihm die Hand entgegen.

Micha ergriff die ihm dargebotene Hand nur zögerlich, doch kaum da er sie berührte, schloss sie sich fest um seine. Doch schon zwei Sekunden später wurde er wieder losgelassen.

Und trotzdem konnte er noch die Finger spüren, die seine Haut gestriffen hatten und fühlte auch noch die Haut des Anderen auf der seinen. Für einen kurzen Augenblick hatte Geros warme Hand seine klammen Finger gewärmt und er wünschte sich, dass sie sie weiter wärmen würde.

„Was starrste’n so auf meine Hand? Hab ich da irgendwas?“ Mit diesen Worten besah Gero sich prüfend seine Hand und Micha wurde sich erst jetzt der Tatsache gewahr, dass er die ganze Zeit auf diese gestarrt hatte und bekam rote Wangen. „Auch egal“, sagte da Gero und lehnte sich etwas nach vorne, in Michas Richtung, um ihm in verschwörerischem Ton zuzuraunen: „Und wenn Ella etwas davon erfährt, dann hast du dein Leben verwirkt, sei dir dessen bewusst!“ Steif nickte Micha.

Daraufhin lehnte sich der Rothaarige wieder entspannt zurück und sah auf den Fernseher.

„Dann wäre ja alles geklärt“, griente er schließlich, was Micha erneut erschaudern ließ.
 


 


 

Na? Habt ihr DAS erwartet? Nein?

Ich auch nicht uû

Oh und ich kann euch schon sagen, dass das folgende Kapitel nächsten Samstag hochgeladen wird. Freut euch! =D
 

LG, Terrormopf :]

Das "Warum-Spiel"

Hallo ihr Lieben =)

Vielen Dank wieder für die vielen Kommentare, ich werde mich bei diesem Kapitel bemühen, sie alle zu beantworten.

Ehm und noch was zum "Warum-Spiel" Ihr müsst das mal ausprobieren, macht echt tierisch Spaß xD
 


 

Sollte er abnehmen, oder sollte er nicht?

Würde er es schaffen Robin zu sagen, dass er nicht wollte? Warum musste der ihn eigentlich schon wieder anrufen, wusste er nicht, dass er es dem Blonden dadurch nur noch schwerer machte?

Einfach nur nicht rangehen hatte allerdings auch keinen Zweck, denn das hatte er schon die drei vorherigen Male gemacht und nach ein paar Minuten Klingeln lassen, hatte Robin aufgelegt und es eine halbe Minute später wieder versucht.

Micha saß auf seinem Stuhl vor dem Schreibtisch und starrte auf das Display des Telefons in seiner Hand. Da stand groß Robins Name drauf, um ihm zu zeigen, dass er es war. Um ihn zu warnen?

Aber wenn Robin so penetrant versuchte, ihn zu erreichen, dann musste etwas passiert sein. Konnte er es denn wirklich verantworten nicht ran zu gehen?

Er seufzte.

„Micha Kainrath, hallo?“ Er hatte schlussendlich doch abgenommen.

„Micha, na endlich! Warst du weg?“, kam es schlecht gelaunt von Robin aus der Leitung.

„Nein, aber ich…“, setzte er zu einer Entschuldigung an, doch Robin unterbrach ihn ruppig: „Is ja auch egal, ich will dich sehen, kannst du zu mir kommen?“

„Warum?“, fragte Micha, um es etwas in die Länge zu ziehen. Wenigstens war Robin schlecht gelaunt, das hieß, dass es ihm nicht ganz so schwer fallen würde.

„Wie, ‚warum’?“, fragte der nun perplex.

„Na ich will wissen, warum ich zu dir kommen soll.“

„Aus demselben Grund wie immer, ich will mit dir schlafen.“

„Und warum?“

„Fängst du jetzt an dieses behinderte ‚Warum-Spiel’ mit mir zu spielen? Micha, ich hab grad echt keinen Nerv für so was. Komm einfach nur vorbei, ich will dich sehen!“ Noch immer klang er nicht sonderlich freundlich.

„Ich wollte doch nur wissen, weswegen du so schlecht gelaunt bist.“ Er versuchte so unschuldig wie möglich zu klingen und war froh, dass es wenigstens keine Lüge war, denn es interessierte ihn. Robin war schon einmal schlecht gelaunt gewesen, als sie sich verabredet hatten, doch da hatte es Micha nicht interessiert.

„Willst du’s wirklich wissen?“, fragte Robin genervt. Micha stimmte zu. „Bitte, deine Sache: Irgend so ’ne Schlampe, die ich angemacht hat, meinte ich, sähe scheiße aus und jetzt brauch ich was, um mein Ego wieder aufzupumpen!“

„Dein… Ego?“, stotterte Micha. Deswegen verführte er Micha? Um sein „Ego aufzupumpen“?

„Nein, warte Micha, versteh das nicht falsch, so war das gar nicht gemeint!“, versuchte er sich nun aus der Affäre zu ziehen, doch Micha fragte ruhig: „Wie dann?“

„Also… ich meinte… Ich wollte damit sagen, dass du eine ruhige Aura um dich hast, die mich wieder runter bringt und außerdem ist es einfach ein so wundervolles Gefühl dich für mich allein zu haben, dass ich gar nicht anders kann, als mich bestätigt zu fühlen.“ Micha sagte nichts darauf. Er wusste genau wie es gemeint gewesen war. Und nichts von dem, was Robin jetzt sagte, konnte daran noch etwas ändern.

„Micha? Bist du noch dran?“, fragte auf einmal wieder Robin.

„Ja, bin ich.“

„Kommst du jetzt?“ Ungeduld lag in Robins Stimme und Micha antwortete, etwas gelassener: „Nein, tut mir leid.“

„Wie? Soll das heißen, du kommst nicht?“ Nun waren noch Erstaunen und Unglauben hinzugekommen.

„Genau das, verzeih mir.“

„Warum?“, fragte Robin.

„Fängst du jetzt mit dem ‚Warum-Spiel’ an?“ Doch alles was er für diese Bemerkung bekam, war, dass Robin ihn anfuhr: „Nein, tue ich nicht, ich will nur wissen, warum du auf einmal nicht mehr mit mir schlafen willst!“

„Ich hab’s ihm versprochen“, antwortete er ruhig und atmete tief durch.

„Ihm?“, fragte da Robin aufgebracht. „Wer ist er? Kenne ich ihn? Hast du was mit ihm am Laufen? Sag schon, los!“

„Er“, begann er langsam zu erklären. „ist Gero.“ Verdutztes Schweigen am anderen Ende der Leitung. „Und ich glaube, dass auch dir klar sein müsste, dass ich ganz bestimmt nichts mit ihm am Laufen habe.“

„Schon wieder der?“, brauste Robin auf. „Micha, was hast du denn verdammt noch mal mit dem zu schaffen? Der ist ein Riesenarschloch und…“

„Das stimmt nicht!“, widersprach ihm Micha und fuhr ihm dabei mitten ins Wort. „Gero ist ruppig, das stimmt; und er ist schwierig, das stimmt auch; aber zu seinen Freunden steht er hundertprozentig und er würde alles tun, um ihnen zu helfen.“

„Ach, und du gehörst auf einmal zu seinem auserkorenen Freundeskreis?“

„Ja“, erwiderte Micha schlicht.

„Na bitte, dann geh halt zu deinem Rotkopf und frag ihn, ob er’s dir besorgen kann, zu mir brauchst du nämlich nicht mehr zu kommen!“, fuhr Robin ihn an und legte dann auf.

So hatte Micha das doch gar nicht gewollt!

Langsam nahm er den Hörer von seinem Ohr und sah wieder auf den Display, auf dem noch Robins Name aufblinkte und darunter die Gesprächsdauer. Dann legte auch er auf und stellte das Telefon auf seinen Schreibtisch.

Dass Robin sauer auf ihn war, hatte er wirklich nicht gewollt. Dabei war er doch eigentlich ganz ruhig geblieben und hatte nur die Wahrheit gesagt. Wieso also war Robin so sauer geworden? War er am Ende etwa eifersüchtig, oder war er nur wütend, weil Micha ihm abgesagt hatte, weil er es Gero versprochen hatte? Langsam schlurfte er zu seinem Bett und ließ sich darauf fallen.

Ob das wirklich die richtige Entscheidung gewesen war?

Warum musste er sich denn auch gerade jetzt nach einer der Umarmungen Robins sehnen? Es war wirklich zum Verzweifeln!
 

Endlich entschloss er sich doch wieder dazu, sich zu erheben und ging zu seinem Schreibtisch, um erneut nach dem Telefon zu greifen. Dann ging er hinunter ins Wohnzimmer, um in einer der Schubladen nach dem Telefonbuch zu suchen.

Als er endlich das grüne Buch in der Hand hatte, suchte er nach Gero.

„Jop, hier Gero?“, meldete sich dieser, als Micha anrief. Fast hätte dieser sofort wieder aufgelegt, doch fasste er sich und sagte schüchtern: „Hey, hier ist Micha.“

„Micha? Was willst’n du jetzt?“, fragte Gero erstaunt und skeptisch fügte er hinzu: „Und jetzt sag nicht, dass du mir irgendwas beichten musst!“

„Nein, das nicht“, flüsterte Micha und ließ sich mit dem Rücken zu seiner Zimmertür – er war wieder hinaufgegangen – an dieser hinuntergleiten.

„Was dann?“

„Ich hab ihm gesagt, dass ich nicht mehr mit ihm schlafen werde.“ Er hatte einen Kloß im Hals und versuchte verzweifelt diesen hinunterzuschlucken. Er stützte die Stirn auf die Knie, die er dicht angezogen hatte.

„Und warum klingst du dann so unglücklich?“ Irrte sich Micha oder lag wirklich Besorgnis in Geros Stimme?

„Ich weiß nicht…“ Seine Stimme zitterte. Gero schwieg einen Moment und entgegnete dann: „Was soll das heißen, du weißt es nicht? Was hat er denn gesagt?“

„Er hat gesagt, dass er mich nur benutzt, um sein Ego aufzubauen und dass ich nie wieder zu ihm kommen soll.“ Er spürte schon, wie seine Augen heiß wurden, wenn er noch einmal an Robins harschen Worte dachte, doch wischte er sich schnell über die Augen und blinzelte die Tränen weg.

„Und was soll ich da jetzt machen?“, fragte Gero und schien desinteressiert.

„Ich will…“ Er stockte und atmete tief durch. „… von jemandem…“ Erneut eine dramatische Pause. „… in den Arm genommen werden.“

Perplexes Schweigen am anderen Ende, bis er schließlich ein Knurren vernahm: „Komm jetzt bloß nicht auf die Idee mich zu fragen!“

„Wen denn sonst? Schließlich wolltest du doch, dass ich das mit Robin beende! Und jetzt hab ich keinen mehr, der mich umarmt! Wer soll das denn jetzt machen? Ich hab doch fast keine Freunde mehr!“ Er war beim Reden schneller geworden und hatte sich so mehrere Male verhaspelt und am Schluss schaffte er es doch nicht mehr ganz ein Schluchzen zu unterdrücken.

„Jetzt führ dich gefälligst nicht so weibisch auf! Herrgott noch mal, das ist ja nicht auszuhalten!“, brüllte Gero ihn nun an, doch Micha brüllte zurück: „Na und? Du sagst eh immer, dass du mich als Mädchen siehst, wenn es um das Thema Sex geht!“ Und noch während er rief, schämte er sich seiner Hysterie halber.

„Na und? Denen sag ich auch, dass sie nicht rumflennen sollen, also reiß dich endlich zusammen, du Memme!“

„Dann hör wenigstens auf mich zu beleidigen“, maulte Micha und hatte sich schon wieder beruhigt.

„Na also, geht doch, Kurzer.“

Für einen Moment schwieg Micha, dann sagte er: „Tut mir leid, dass ich dich mit so Zeug belästige…“

„Mir tut’s auch leid.“

„Was?“, fragte Micha perplex und glaubte sich verhört zu haben.

„Na denkst du, mir macht’s großartig Spaß mit dir über so was zu reden?“ Säße Micha nicht schon, hätte er sich spätestens jetzt setzen müssen. „Aber na ja, hast ja sonst keine Freunde.“

„Warum sagst du das?“, keuchte Micha und konnte kaum glauben, dass nun auch Geros Worte so verletzend wurden. Der allerdings erwiderte gelassen: „Weil’s wahr ist. Beschwer dich nicht, schließlich müsstest du dich langsam daran gewöhnt haben, dass ich ehrlich bin und wenn’s dir nicht passt, steht es dir jederzeit frei nichts mehr mit mir zu machen.“

„Steht also unsere Verabredung übermorgen?“ Micha überging es einfach, er wollte sich jetzt nicht auch noch mit so etwas befassen.

„Shit! Hatte ich total vergessen, ich muss dich ja noch auf einen einladen! Naja, du trinkst wahrscheinlich eh nich viel. Wo willst’n hin?“

„Ich weiß nicht so recht“, sagte Micha zögerlich, nach einigem Überlegen. „Im Galgen hab ich Angst auf Robin zu treffen, aber Cocktailbars sind mir zu teuer…“

„Also Galgen? Wir treffen uns dann um halb neun vor der Tür, abgemacht? Vorausgesetzt natürlich, du ziehst das endgültig durch.“ Micha konnte förmlich sehen, wie Gero warnend die Augenbrauen hob. Und lächelnd erwiderte er: „Ich weiß nicht, ob ich…“

„Fresse halten, du schaffst das! Ciao wir seh’n uns!“ Er hatte aufgelegt.

Konnte denn am heutigen Tag Micha kein einziges Telefonat ordentlich beenden?

Aber was sollte er denn nur von Geros Gebärden halten? Erst schien er desinteressiert, dann wütend, anschließend genervt und endlich aufmunternd. Was davon meinte er denn nun?

Es war ihm alles zu ermattend! Und wenn er noch länger darüber nachdachte, würde er sicherlich Kopfschmerzen bekommen, so ließ er sich, das Telefon noch in der Hand, auf sein Bett fallen und schloss die Augen in der Hoffnung, dass er auf der Stelle einschlafen würde. Allerdings machten ihm die unerledigten Hausaufgaben, die nach ihm riefen, einen Strich durch die Rechnung.
 


 

Das war mal wieder eines der kürzeren Kapiteln, aber das nächste wird wieder länger =)

LG, Terrormopf :]

Geros Faulheit

Hallo ihr Lieben =)

Entschuldigt bitte, dass ich das Kapitel erst so spät hochladen kann, aber nach der Schule bin ich gleich mit einer Freundin nach Konstanz shoppen gegangen =D

So, zum Kapitel: Ich glaube, es wird doch ganz gut gefallen xD

Oh... und ich will keinen Gehörschaden, also bitte danach nicht in den Kommentaren quietschen >__<"
 

Viel Spaß =)
 


 

Immer wieder sah er sich prüfend um. Er fühlte sich nicht ganz wohl in seiner Haut. Hier vorm Galgen standen schon einige recht betrunkene Schüler des Salemcolleges und insgesamt schien es ziemlich voll zu sein; er bezweifelte schon, dass sie überhaupt noch einen Platz bekamen.

Erneut ein Blick auf seine Uhr und erneut das Kontrollieren seiner Umgebung. Es war nun schon acht Uhr vierzig und noch immer keine Spur von dem Rothaarigen. Sollte er wieder gehen? Kam Gero am Ende gar nicht?

Wie lange sollte er noch warten?

Es vergingen weitere fünf Minuten, die sich allerdings quälend zäh in die Länge zogen; dann erst erblickte er Gero, wie er die Treppen vom Münsterplatz hinunterlief.

Zur Begrüßung wie immer ein Handschlag und keine überflüssigen Worte, als sie hineingingen. Ihnen schlug eine Rauchwolke entgegen, dass Michas Augen begannen zu tränen und es war so voll, dass man kaum mehr durch die Meute gehen konnte, ohne sich gewaltsam Platz zu machen. Und nun war Micha froh, dass Gero ein eher grobschlächtiger, großer Typ war und vor ihm lief. Sie gingen bis in den dritten Raum durch und erhaschten dort noch Plätze an der Bar.

„Hier ist doch Nichtraucherbereich“, fiel Micha da plötzlich auf und er sah Gero etwas verwirrt an. „Stört dich das nicht?“

„Ich will aufhören“, antwortete der schlicht und winkte Olli zu, als der um die Ecke linste, um nach vermeintlichen Kundenwünschen zu sehen. Etwas gestresst wirkend kam er auf sie zu und wollte gerade ihre Bestellung aufnehmen, da sah er ungläubig vom Einen zum Anderen und fragte verwirrt: „Was habt ihr denn miteinander zu schaffen?“

„Wir sind befreundet, stört dich das?“, entgegnete Gero ruppig und warf Olli einen Blick zu, der jegliche Widerworte im Keim erstickte. So entgegnete der unsicher grinsend: „Was darf’s denn sein?“

„Wir fangen mit ’ner Runde Tequila an“, kam Gero Micha zuvor und Olli fragte: „Silver oder Gold?“

„Silver.“ Der Kellner nickte und verschwand im Zwischenraum.

„Du starrst mich an, dass dir bald die Augen ausfallen, hör auf damit, ich will nicht, dass die Leute irgendwas Falsches von mir denken!“

„Entschuldige, aber ich kann nicht glauben, dass du aufhören willst zu rauchen? Seit wann das denn?“ Er sah ihm prüfend in die Augen. Gero war doch schon fast Kettenraucher gewesen, hatte sich des Öfteren zwei, wenn nicht sogar drei Zigaretten hintereinander angesteckt und nun wollte er einfach so von heute auf morgen aufhören?

Aber anstatt irgendetwas zu kommentieren, entgegnete Gero nur achselzuckend: „Seit vorgestern.“

„Und warum?“

„Keine Ahnung, wollte halt.“

„Einfach so?“ Skeptisch zog Micha die Augenbrauen zusammen.

„Einfach so.“ Gero schien nicht so gelassen, wie er es offenbar sein wollte und dennoch stocherte Micha etwas weiter: „Glaub ich dir nicht!“

„Wieso das denn?“

„Na weil man doch nicht einfach so aus Lust und Laune aufhört zu rauchen!“ Und etwas unsicher fügte er hinzu: „Oder?“

„Wie du siehst, doch. Und jetzt hör auf mit dem Thema, weil ich nämlich grad wieder übelst Bock auf ’ne Kippe hätte.“ Aber Micha hätte ohnehin nicht weitergeredet, weil da Olli wiederkam, mit zwei Schnapsgläschen, die mit Tequila gefüllt waren, auf ihnen je ein Scheibchen Zitrone und dazu noch ein Salzstreuer. Ohne irgendeinen Kommentar verzog sich Olli aber auch gleich wieder.

Unsicher starrte Micha auf die Trinkutensilien und fragte konfus: „Und wie trinkt man das jetzt?“

„Nein!“, rief Gero und schüttelte den Kopf. „Du verarschst mich doch grade, oder?“ Nun war es an Micha den Kopf ernst zu schütteln und Geros Mund öffnete sich, wollte sich gar nicht wieder schließen. Perplex fragte er: „Du hast noch niemals einen Tequila getrunken?“ Erneut schüttelte Micha den Kopf. Daraufhin lachte Gero los und hielt sich kurze Zeit später schon den Bauch, während er prustete: „Du bist jetzt 17 Jahre alt und hast noch nie in deinem Leben Tequila getrunken? Schon mal was von ‚lecken, schlucken, beißen’ gehört? Mein Gott, Micha! Bist also noch ’ne Jungfrau!“

„Wenn du es so nennen willst…“ Micha war nicht unbedingt glücklich über diese Bezeichnung, aber sollte Gero doch seinen Spaß haben, würde er ihn bitten damit aufzuhören, würde er ja doch nur weitermachen.

„Also pass auf“, erklärte Gero, als er sich wieder gefasst und die Tränen aus den Augenwinkeln gewischt hatte. „Erst nimmst du die Zitrone und streichst dir damit über den Handrücken.“ Zur Verdeutlichung führte er es vor und Micha machte es ihm brav nach, als er fragte: „Und wozu ist das?“

„Kommt in Schritt zwei: Du streust Salz auf die nasse Stelle, dadurch, dass es feucht ist, bleibt das Salz auf der Hand.“ Micha nickte und nahm sich nach Gero den Salzstreuer.

„Und jetzt kommt das Prinzip ‚Lecken, schlucken, beißen’; sprich: Du leckst das Salz von deiner Hand, kippst den Tequila und beißt dann in die Zitrone. Bereit?“ Micha nahm, wie Gero, das Glas in die Hand auf der das Salz war und die Zitrone schon mal in die andere, dann nickte er.

Sie stießen an und dann tat Micha alles so, wie Gero es ihm beschrieben hatte.

Doch er stieß danach nicht, wie der Rothaarige, einen Laut der Erfrischung aus, sondern schüttelte sich, ob des beißenden Alkoholgeschmacks und der sauren Zitrone, weswegen er auch noch die Lippen schürzte. Sein Nebensitzer lachte daraufhin und klopfte ihm auf den Rücken. „Na? War’s so schlimm?“ Micha wiegte den Kopf hin und her, um ein „jain“ zu demonstrieren und sagte: „Es geht, aber noch mal will ich das nicht unbedingt trinken.“

„Ach, nun stell dich nicht so an, Jungchen! Du kommst schon noch auf den Geschmack. Und? Jetzt noch ’n Weizen zum Nachspülen?“

„Danke, ich bleib lieber den Rest des Abends unalkoholisch.“ Verlegen lächelte er Gero an, doch der ließ sich nicht abwimmeln, sondern grinste: „Kurzer, wenn du mit mir weggehst, dann bleibst du garantiert nicht unalkoholisch, weil ich keinen Bock hab mich allein zu besaufen; also trink freiwillig mit oder ich zwing dich.“

Micha schluckte schwer und erwiderte schließlich, immer noch nervös lächelnd: „Dann aber wenigstens ein Colaweizen.“

„Memme!“, murmelte Gero, rief aber im nächsten Moment nach Olli, der in ihrer Nähe aufgetaucht war.
 

Sie hatten sich inzwischen einen Fensterplatz im vordersten Raum ergattert. Es war schon kurz nach zwölf und die beiden hatten noch einige Gläser vernichtet. Gero fast das Doppelte wie Micha. Doch was den Jüngeren noch mehr erstaunte, war, dass Gero wirklich keine einzige Zigarette rauchte; er schien es wirklich ernst zu meinen. Obwohl dem Blonden die sehnsüchtigen Blicke Geros, die jeden Raucher trafen, natürlich nicht entgingen. Aber er hütete sich, etwas zu sagen. Obwohl er eigentlich ziemlich viel redete.

Er war noch nie zuvor betrunken gewesen. Fühlte sich das tatsächlich so an? War er überhaupt betrunken?

„Gero?“, fragte er schließlich. „Bin ich… betrunken?“ Erstaunt stellte er fest, dass er schon Artikulationsprobleme hatte, was ihm zuvor gar nicht bewusst gewesen war.

„Und wie besoffen du bist, Micha! Du bist voll wie’s Loch!“, lachte der. Er war offensichtlich auch schon recht heiter.

„Sag mal?“ Er legte den Kopf etwas schräg und sah seinem Freund in die glasigen Augen. „Was ist denn jetzt eigentlich mit Ella? Wird sie denn nicht wütend, wenn du so betrunken nach Hause kommst?“

„Und wie wütend die wird! Und wenn sie erst erfährt, dass ich dich noch dazu abgefüllt hab, dann fliegen die Fetzen!“ Nun klang sein Lachen gequält.

„Und warum tust du das dann? Du weißt schon, dich betrinken und mich abfüllen und so.“ Seine Augenlider schienen schwerer zu werden.

„Weil Ella heute nich bei mir is. Außerdem will ich eigentlich eh Schluss machen.“ Micha hatte sich abwesend in der Kneipe umgesehen, doch als er diese Worte vernahm, wandte er das Gesicht jäh wieder Gero zu und musste dadurch feststellen, dass seine Sicht wohl doch etwas schwammig geworden war.

Schlagartig hielt sich Gero erbleichend die Hände vor den Mund und sah Micha erschrocken in die Augen. Der musste erst einmal schlucken und trank noch einen Schluck seines Beck’s, dann fragte er: „Du willst Schluss machen?“

Keine Reaktion.

„Gero, warum? Warum willst du denn mit Ella Schluss machen?“

„Na… ich weiß nicht so genau… ich glaube, ich liebe sie einfach nicht mehr, außerdem giften wir uns in letzter Zeit sowieso nur an und da hilft kein Versöhnungsfick mehr, egal wie gut.“ Er stöhnte und stützte die Stirn in die Hände. „Ach verdammt, was ist denn, wenn sie mich noch liebt? Ich kann sie doch nicht so einfach abservieren, aber mit ihr zusammen zu bleiben wäre auch nicht gerecht. Was soll ich denn machen?“ Es war das erste Mal, dass der Blonde Gero wirklich über Liebe sprechen hörte und es war irgendwie eine seltsame Vorstellung, dass ein so grober Klotz wie Gero einer war, tatsächlich imstande war, zu lieben.

„Es ist besser, wenn du…“ Was war denn nur besser? Was sollte er ihm raten? Gero wusste immer, was er sagen musste, wenn Micha mit ihm sprach und ihm von seinen Problemen berichtete und jetzt hatte er einmal die Chance sich zu revanchieren, da wusste er nicht, was er sagen sollte.

„Ach, ist ja auch egal“, befreite ihn Gero von seinem Leid und lehnte den Kopf an die Wand. „Geht dich ja eigentlich auch gar nichts an.“

„Aber ich kann dir doch helfen!“, rief da Micha und lehnte sich nach vorne, um Geros Hand zu ergreifen. Der zog diese jedoch sofort zurück, schon als er nur den winzigsten Hautkontakt spürte.

„Und wie?“, zischte er und durchbohrte Micha förmlich mit seinem Blick.

„Na wenn ich dir schon keine Ratschläge geben kann, dann hör ich dir zu. Nur darüber reden kann schon viel helfen, glaub mir, ich spreche aus Erfahrung, schließlich hast du mir auch zugehört, als ich dir von Robin erzählt habe und als ich es beenden wollte, bist du auch mitgekommen, das war so nett von dir! Gut, ich hab mich echt daneben benommen, aber es tut mir wirklich wahnsinnig leid und du musst mir unbedingt verzeihen und falls es dir dann leichter fällt, dann kann ich dir erzählen, dass der Sex mit Robin…“ Die Hand, die sich auf seine Lippen legte unterbrach abrupt seinen Redeschwall und Gero, dem diese brutale Hand gehörte, funkelte ihn an und sagte: „Darüber will ich gar nichts wissen und über meine Beziehung will ich auch nicht mit dir reden. Aber weil du rotzevoll bist, und nur darum so’n Scheißdreck laberst, drück ich noch mal ein Auge zu und geb dir keine mit. Aber hör auf weiterhin so schwachsinniges Zeug vor dich herzufaseln!“ Vorsichtig löste er die raue Hand von Michas Mund und als er sich sicher sein konnte, dass Micha die Klappe hielt, nahm er sie ganz weg und sagte: „Wir sollten wohl besser gehen.“

Er winkte Olli zu sich und verlangte nach der Rechnung.
 

Erschrocken starrte Micha auf die Endsumme. Hatten sie wirklich so viel getrunken? Das war doch unmöglich! An einem Abend konnte doch kein normaler Mensch solche Mengen an Alkohol trinken!

Er zückte schon seinen Geldbeutel, da meinte Gero gelassen: „Ich dachte, der Abend ginge auf mich?“

„Aber das…“

„Ist schon okay, war schließlich versprochen“, fiel Gero ihm ins Wort und Micha wollte schon wieder widersprechen, da hatte Gero schon die gesamte Summe, inklusive Trinkgeld bezahlt. Es war ihm unangenehm sich einladen zu lassen, doch etwas dagegen tun konnte er jetzt auch nicht mehr, weil Olli den Beleg wieder mitgenommen hatte und Michas Gehirn gerade mehr denn je an ein Sieb erinnerte; außerdem würde Gero das Geld ohnehin nicht annehmen.

Gero stand als erster auf und zog sich seine Jacke über, als Micha auch Anstalten machte sich zu erheben. Doch kaum stand er annäherungsweise, musste er sich wieder setzen, so schwindelig war ihm. Gero hatte das natürlich beobachtet und lachte ihn erst einmal schallend aus. „Nein, du hast tatsächlich so viel gesoffen, dass du noch nicht mal mehr gerade stehen kannst?“

„Tut mir leid“, murmelte Micha und zog sich im Sitzen seine Jacke an.

Beim Hinausgehen konzentrierte er sich stark, sodass er kaum noch schwankte und auch nicht voll gegen den Türrahmen rannte, sondern ihn nur leicht und dennoch seltsamerweise schmerzhaft streifte.

Endlich konnte er wieder frische Luft atmen. Dennoch geriet er leicht in Panik, als er an den Nachhauseweg und seine Eltern dachte.

„Gero, du musst mir helfen!“

„Was? Wieso das denn?“, fragte er, die Hände in den Jackentaschen vergraben. Er schien nicht einmal halb so besoffen wie Micha, dabei hatte er wahrscheinlich das Doppelte getrunken; wie schaffte er das nur?

„Ich kann doch so nicht nach Hause! Meine Eltern bringen mich um!“ Er schwankte leicht hin und her. Warum fiel es ihm so schwer sich aufrecht zu halten?

„Und jetzt willst du bei mir pennen?“ Micha zuckte mit den Schultern und strauchelte erneut. Irgendwie schien alles etwas langsamer abzulaufen. „Von mir aus, wenn’s denn sein muss! Aber wehe, du erzählst deinen Eltern wieder, du seist bei deinem beschissenen Fick-Ex-Freund, dann setzt es was!“

„Danke, danke, danke, Gero! Das ist echt toll von dir!“

„Musste mir nicht erzählen, ich weiß, dass ich edel bin.“ Ein selbstgefälliges Grinsen schlich sich auf seine Züge, als sie losgingen. Doch Michas eiserne Konzentration ließ schon bei der Treppe gegenüber dem Galgen, die zum Münsterplatz hinaufführte, nach. So stolperte er und fiel.

Doch zum Aufprall kam es nicht, denn Gero hatte ihn blitzschnell am Kragen gepackt und schnürte ihm zwar so etwas die Luft ab, hatte ihn aber dennoch vor dem Sturz bewahrt.

„Danke, Gero! Oh Gott, es tut mir so leid! Ich bin dir sicher eine große Last, so betrunken wie ich bin! Ich hätte weniger trinken sollen, ich sollte doch wissen, dass ich nichts vertrage! Es tut mir so leid, wirklich Gero!“

„Halt die Fresse!“, maulte dieser ihn allerdings an, als er sich einen Arm des Blonden um die Schultern legte, da dieser sonst Gefahr lief auf die Straße zu wanken und dort überfahren zu werden. Ober aber er würde erneut über die eigenen Füße stolpern.

„Aber es tut mir wirklich leid, ich will dich nicht belästigen. Oh Mann, warum entschuldige ich mich eigentlich die ganze Zeit? Das ist sicher total nervig; tut mir leid! Ach verdammt, schon wieder!“

Gero stieß nun angespannt die für einen Moment angehaltene Luft aus und sagte nichts darauf sondern versuchte den Lallenden an seiner Seite zu ignorieren.

Sein Verhalten war Micha selbst unglaublich peinlich, doch er schaffte es einfach nicht still zu sein. Da war Gero, als er ihn damals nach Hause gebracht hatte, weitaus angenehmer gewesen, auch wenn es wesentlich entspannter war sich selbst stützen zu lassen als Geros Last auf seinen Schultern zu spüren.

„Jetzt halt endlich dein blödes Maul!“, brüllte Gero ihn an, als sie endlich vor dessen Haustür angelangt waren und Micha noch immer irgendwas vor sich hin murmelte. Oder sprach er laut? Er hatte seine Lautstärke kaum mehr unter Kontrolle und auf dem Weg hatte Gero ihn einige Male ermahnt, wenigstens leiser zu sprechen.

„Soll ich dann auf dem Sofa schlafen? Ziehst du es dann noch aus und beziehst es? Ich helfe dir auch, wenn du möchtest.“ Schon wieder begann er so viel zu reden und um sich selbst zu unterbrechen, hielt er sich den Mund zu und sah Gero entschuldigend an.

Der allerdings schüttelte nur den Kopf, öffnete die Tür und meinte: „Ne, hab jetzt keinen Bock auf den Stress, kannst ja bei mir pennen.“

In dem Moment hätte Micha sich den Mund gar nicht mehr zuhalten müssen, denn von diesem Vorschlag war er so erschüttert, dass er ohnehin kein Wort herausgebracht hätte. Dennoch konzentrierte er sich jetzt erst einmal darauf sich die Schuhe auszuziehen und er brauchte eine halbe Ewigkeit dazu.

Der Rothaarige stand schon längst im Türrahmen gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, und musterte den immer noch schwankenden Micha.

„Geh schon mal ins Bad, ich bring dir dann was zum Anziehen rein.“ Stumm nickte Micha, wunderte sich allerdings im nächsten Moment selbst schon etwas darüber, dass er nichts sagte. Er folgte dem Älteren die Treppe hinauf, bog dann aber in die entgegengesetzte Richtung, zum Badezimmer, ab.

Dort drehte er als allererstes den Wasserhahn auf und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Anschließend betrachtete er sich im Spiegel.

War das wirklich er? Er war blass, ganz blass – wobei seine Wangen unnatürlich gerötet waren - und seine Haut glänzte befremdlich, außerdem waren seine Augen nahezu blutunterlaufen und schienen, obwohl er sie kaum offen halten konnte, viel größer zu sein als gewöhnlich.

Es klopfte und als Micha antwortete trat Gero ein und legte Micha eine Jogginghose und ein T-Shirt auf die Wäschetrommel und ohne ein weiteres Wort verließ er das Bad wieder.

Micha richtete sich nun gänzlich für’s Zubettgehen, zumindest soweit es ihm möglich war, denn seine Umgebung schien immer noch zu schwanken und er musste sich am Waschbecken festkrallen.
 

Endlich lag er im Bett, im dunklen, kühlen Schlafzimmer und starrte mit offenen Augen an die Decke. Gero war noch im Bad, putzte sich wahrscheinlich gerade die Zähne. Aber schlafen konnte Micha nicht. Er wusste einfach nicht was er davon halten sollte, dass er nun in Geros Bett lag und der sich bald dazulegen würde. Was hatte das zu bedeuten; wenn es denn überhaupt etwas bedeutete?

Aber er konnte auch nicht schlafen, weil seine Umgebung nun nicht mehr nur schwankte, sondern sich gar zu drehen schien und nichts half, weder das auf den Bauch drehen, noch das Augen schließen, noch das an die Decke starren.

Da ging die Türe auf und Micha hörte, wie Gero herzhaft gähnte und leise ins Zimmer kam. Dachte er etwa, dass Micha schliefe? Vielleicht war das ja das Beste, wenn er einfach nur schlief, dann müsste er sich auch keine Gedanken mehr um diese seltsame Situation machen.

Im nächsten Moment fiel ihm dann aber wieder ein, dass das ja einer der Gründe war, warum er eben nicht einschlafen konnte. Als Gero seine Decke anhob und sich ins Bett legte, spürte Micha, wie sich die Matratze leicht unter seinem Gewicht beugte und wenn sich Gero auf die Seite drehte, dann spürte er noch die Schwingungen des Bettes.

Allerdings schien das weniger gut, denn davon wurde ihm plötzlich übel.

Und wie übel!

Er war sich sicher, dass er sich gleich übergeben müsste.

Abrupt setzte er sich auf und kletterte, so gut es ging, über Gero, der ja an der Außenseite des an die Wand gestellten Doppelbettes lag.

„Micha?“, hörte er ihn ihm noch perplex nachrufen, doch er hatte weder die Nerven, noch die Zeit, sich darum zu kümmern, denn kaum war er bei der Toilette angelangt, bestätigte sich seine Vermutung und er würgte ein paar mal erstickt, bis er sich dann endlich übergab.
 

Als er fertig war, richtete er sich jedoch nicht sofort auf, um sich den Mund auszuspülen, sondern blieb erst einmal einige Augenblicke, Micha wusste nicht, ob es Sekunden oder Minuten waren, mit dem Kopf auf der Klobrille liegen, aus Angst, dass er sich noch einmal so heftig übergeben müsste. Allerdings schaffte er es noch den Arm schlaff zu heben und nach der Spülung zu suchen, die er dann kraftlos betätigte.

„Wie geil!“ Vernahm er da plötzlich Geros lachende Stimme hinter sich. „Dass ich dich noch mal von Alkohol kotzen seh is ja auch mal was!“

Micha hatte keine Lust etwas zu erwidern. Er fühlte sich einfach nur elend. Noch nie zuvor in seinem Leben hatte er sich von Alkohol übergeben müssen und nun musste das auch noch ausgerechnet in einem fremden Haus passieren.

Nachdem noch mehr Zeit verstrichen war, trat Gero ihm leicht mit dem Fuß in die Seite und meinte: „Nun stell dich nicht so an, hast halt gekotzt, na und? Jetzt steh endlich wieder auf und wasch dir den Mund aus. Glaub mir, wenn du erst mal gekotzt hast, geht’s dir danach viel besser; und ich muss es wissen, schließlich spreche ich aus Erfahrung.“

„Und wenn ich wieder…?“ Er wollte es nicht aussprechen, so peinlich war ihm die Sache.

„Wirste schon nicht müssen und wenn, dann pennst du halt jetzt an der Außenseite, damit du nicht wieder über mich drüberkriechen musst.“ Micha nickte stumm.

Gero schien wohl wirklich zu wissen, wie es ihm ging, denn er packte ihn unter den Armen und hievte ihn auf die Beine, damit er ihn zum Waschbecken bringen konnte.

Dort wusch Micha sich endlich den Mund aus und erst als er das Wasser schmeckte, fiel ihm auf, wie durstig er eigentlich war; dabei hatte er doch eigentlich den ganzen Abend lang getrunken. So wusch er sich erst gründlich den Mund aus, um den bitteren Beigeschmack loszuwerden und trank dann, als hätte er Angst, der Bodensee, aus dem das Wasser kam, könnte in den nächsten paar Sekunden austrocknen. Allerdings hatte er auch das Gefühl, dass er den Bodensee vollkommen austrinken hätte können.

„Mann, Mann, Mann, hast du ’nen Brand, das is ja nicht mehr schön…“, meldete sich da wieder Gero zu Wort. Doch im nächsten Moment drehte er den Wasserhahn zu und sagte: „Das reicht jetzt, sonst machst du mir noch in mein Bett, du wirst ja sicher wissen, dass die Blase bei Alkohol auch nicht soo mitspielt, wie sie sollte und bei kleinen, blonden, betrunkenen Jungs weiß man ja nie.“

Micha lief bei diesem Vorwurf rot an und hätte am liebsten nur aus Protest noch weiter getrunken, doch als Gero ihn am Arm aus dem Bad zog und er stolperte, kam es ihm vor, als hätte er ein ganzes Meer in seinem Bauch, er konnte das Wasser sogar fast schon schwappen hören und spürte es ganz genau.

Aber Gedanken wollte er sich darüber lieber keine weiteren machen, aus Angst gleich noch einmal über der Kloschüssel zu hängen.

So wartete er, bis Gero im Bett lag und sich mit einer der Decken zudeckte. Dann krabbelte auch er unter seine eigene Decke. Allerdings hatte das Schlafzimmer wohl noch immer nicht aufgehört sich zu drehen!

„Micha?“, vernahm er da wieder Geros ruhige Stimme.

„Hm?“ Seine Stimme war rau und sein Hals kratzte.

„Ist dir schwindelig?“, erkundigte sich der Rothaarige, dem Jungen immer noch den Rücken zugewandt. Micha bejahte etwas verwirrt die Frage und wartete auf eine Erklärung, die sofort darauf folgte: „Dann stell einen Fuß auf den Boden. Glaub mir, das hilft.“

Etwas perplex tat der Blonde wie ihm geheißen und fragte sich zuerst, wie so etwas helfen sollte, doch schon nach einigen Sekunden schien sich das Zimmer weniger schnell zu drehen. Ganz hörte es zwar nicht auf, aber es war immerhin viel besser als zuvor; und den kalten Fuß nahm Micha dafür gerne in Kauf, denn so konnte er endlich schlafen.
 


 

Na? Mehr erwartet?

Tja, kann ich auch nichts für =P

Ich hoffe, es hat gefallen, *mal wieder Kekse verteil* LG, Terrormopf :]

Der Morgen danach

Tja, pech gehabt, ich hab den Eingriff überlebt (Weisheitszähne) und jetzt hab ich zwar dicke, unförmige Backen, aber ich kann weiterschreiben nyahahaha! >D

Nun, ich hoffe, ihr mögt das Kapitel, viel Spaß beim Lesen =)
 


 

Der nächste Morgen begann für Micha mit Kopfschmerzen und einem unangenehmen Übelkeitsgefühl.

Gero hatte sich nahezu über drei Viertel des Bettes gelegt, er schlief auf dem Bauch, die Arme und Beine von sich gestreckt. Sein T-Shirt war hochgezogen und gab den Rücken preis, wahrscheinlich war es Gero zu warm geworden, denn es war auch nur noch eines seiner Beine von der Decke bedeckt. Und Micha fragte sich wirklich, wie er bei den lauten Schnarchgeräuschen Geros hatte schlafen können.

Der Blonde stand vorsichtig auf und ging ins Bad, erst einmal seine zum Bersten gefüllte Blase zu leeren und noch immer beleidigt dachte er an den Vorwurf, den Gero ihm in der Nacht an den Kopf geworfen hatte.

Er wusch sich die Hände und ging nach unten in die Küche, um sich etwas zum Frühstücken zu suchen. Es hatte doch etwas Gutes, dass er bereits eine Woche fast hier gewohnt hatte.
 

Als er noch am Tisch saß, fast fertig mit seinen Cornflakes, kam Gero die Treppe heruntergeschlurft, Ringe unter den halb geschlossenen Augen und eine Hand in den verlegenen, roten Haaren.

„Morgen“, gähnte er beim Anblick des Blonden. „Na? Geht’s wieder besser? Kannst ja sogar wieder was essen.“ Micha nickte nur stumm, als Gero sich ihm gegenüber setzte und schob sich den letzten Löffel in den Mund.

„Mann, wenn ich an meinen ersten Vollrausch denke… Wie alt war ich’n da? Mit 14 war’s, glaub ich. Meine Fresse, ich hab den ganzen nächsten Vormittag noch durchgereiert!“ Er lachte bei seinen letzten Worten.

„Mit 14?“, fragte Micha erstaunt. „Aber da darf man doch noch gar keinen Alkohol trinken!“

„Micha, du bist einfach zu naiv für diese Welt!“ Er hielt kurz inne, um kapitulierend den Kopf zu schütteln und fragte dann, als er aufstand, wahrscheinlich, um sich selbst Schüssel und Löffel zu holen, die Milch und die Cornflakes hatte Micha auf dem Tisch stehen gelassen: „Haste denn wenigstens ’nen ordentlichen Kater?“

„Ich weiß nicht, warum dich das freut“, murmelte Micha.

„Tut es doch gar nicht, da musst du was falsch verstanden haben, Kurzer!“, grinste Gero daraufhin und kam mit einer Packung Kopfschmerztabletten und einem Glas Wasser aus der Küche zurück. „Ich wollt’s nur wissen, falls du was brauchst.“ Er stellte beides vor Micha, der ihn dankbar anlächelte und eine von den Tabletten aus der Packung löste.

„Wie lange dauert es, bis die wirken?“, fragte er, in der Hoffnung, dass sie es schnell taten, denn es kam ihm vor, als wäre sein Kopf in eine Schraubzwinge gepresst worden und irgendwer drehte nun genüsslich an dieser herum.

„Woher soll ich’n das wissen? Wahrscheinlich ’ne halbe Stunde oder so.“

„So lange?“, hakte Micha entrüstet nach, doch Gero knurrte: „Besser als den ganzen Tag ’nen Brummschädel zu haben! Also stell dich nicht so an.“ Daraufhin nickte der Blonde und schluckte brav eine Tablette.

Kurze Zeit später erhob sich Gero jedoch schon wieder und sagte: „Ich geh duschen. Du weißt ja noch wo alles ist und vielleicht solltest du auch mal bei deinen Eltern anrufen, nicht dass die noch bei den Bullen anrufen oder so’n Dreck…“ Etwas erstaunt drehte Micha sich zu der Uhr um und stellte erschrocken fest, dass es schon nach halb zwölf war.
 

Das Telefonat mit seiner Mutter hielt er so kurz als möglich, auch wenn die Gardinenpredigt, die er sich anhören musste, nicht gerade knapp ausfiel. Er bat in jedem zweiten Satz um Verzeihung und beteuerte, dass es ihm gut ginge. Als er es dann endlich geschafft hatte, sie zu beruhigen und sie dazu gebracht hatte, aufzulegen, schlurfte er zum Sofa und ließ sich darauf fallen.

Ihm war immer noch schlecht!

Warum hatte er auch frühstücken müssen? So etwas Dummes konnte auch nur wieder er tun. Leidend stöhnte er auf und legte sich die Hand auf den Bauch.

Und die Kopfschmerzen hatten nach diesem leidigen Gespräch mit seiner Mutter auch nicht nachgelassen, es war eher das Gegenteil der Fall.

Er wollte nichts tun, absolut gar nichts, außer hier auf dem Sofa liegen und in Selbstmitleid baden. Doch der Wunsch wurde ihm nicht vergönnt, denn seine Übelkeit nahm mit einem Mal wieder drastisch zu und er wusste, dass es gleich wieder passieren würde. Ohne auch nur im Geringsten auf seine Kopfschmerzen zu achten, sprang er auf und stürzte ins Treppenhaus und die Stufen hinauf, wo er nach links abbog, die Tür aufriss und sich, wie in der Nacht, über das Klo beugte, um sich erneut zu übergeben.

Das Frühstücken hätte er wirklich bleiben lassen können.

Endlich richtete er sich wieder auf und betätigte die Spülung. Anschließend drehte er sich zum Waschbecken, um sich dort den Mund auszuspülen, als er Gero wahrnahm, der davor stand, die Zahnbürste im Mund und ihn ungläubig musterte, bis er fragte: „Wach mach ku hier?“

„Was?“, fragte Micha abwesend und schob Gero ein wenig beiseite, sodass er an den Wasserhahn kam; er wollte diesen Geschmack so schnell wie möglich aus seinem Mund verbannen.

Gerade hatte er das Wasser wieder ausgespuckt und wollte die Kuhle seiner Hand mit neuem füllen, da stieß Gero ihn ruppig zur Seite und spuckte nun seinerseits den Schaum aus.

Micha war durch den heftigen Stoß auf dem Boden gelandet und rieb sich, als er sich wieder erhob, den schmerzenden Hintern und sah fragend und gleichzeitig etwas vorwurfsvoll zu Gero auf.

Dieser wiederholte nun zornig die Frage, die Micha vorhin nicht verstanden hatte: „Was zur Hölle machst du hier?“

„Ich dachte, das hätte man sowohl hören, als auch sehen können“, gab Micha patzig zurück und setzte sich auf den Badewannenrand.

„Hör auf frech zu werden, Trottel! Ich wollte wissen, warum du dazu hier hochgerannt kommst, während ich, halb nackt, im Bad bin, ich hab schließlich nicht umsonst noch ein Gästeklo!“

„Halb… nackt?“, stotterte Micha und lief rot an.

Tatsache!

Erst jetzt fiel ihm auf, dass Gero nichts anhatte, als das Handtuch, dass er sich um die Lenden geschlungen hatte.

„Genug gegafft?“, riss ihn Gero zornig aus den Gedanken und fuhr fort: „Alter, warum zum Teufel hab ich denn extra noch Schlafanzug und alles angezogen, wenn du jetzt doch reingestürmt kommst? Mann, ich wollt extra nichts provozieren und du Spast musst natürlich hier…“

„Nichts provozieren?“, keuchte Micha daraufhin ungläubig. „Gero, du hast mit mir in einem Bett geschlafen; ich wollte nichts herausfordern und habe dich gebeten das Sofa auszuziehen, obwohl ich stockbesoffen war!“

„Und ehrlich gesagt glaube ich, dass du das immer noch bist, schließlich warst ja wohl du derjenige, der mich angefleht hat, dich mit zu mir zu nehmen.“

„Was hätte ich denn machen sollen? Zu Hause hätte ich in dem Zustand niemals ankommen dürfen, was denkst du, wie wütend meine Mutter jetzt schon auf mich ist?“

„Wenigstens hoffe ich, dass du ihr nicht wieder erzählt hast, dass du bei deiner Fick-Beziehung bist!“

„Muss dich ja offensichtlich schwer getroffen haben!“

„Willst du mir etwa Eifersucht unterstellen?“

„Nein, ich…“ Er sprach nicht weiter, denn seine Kopfschmerzen waren schlimmer geworden. Er presste die Hände gegen den Kopf und sank etwas in sich zusammen, da vernahm er Geros erschrockene Stimme: „Micha? Micha, was is’n auf einmal mit dir los? Micha! Red mit mir! Kratz mir jetzt nich ab oder so was in der Art!“ Er hatte sich zu ihm hinuntergekniet und Michas Handgelenke ergriffen, um ihm ins Gesicht zu sehen, doch der murmelte nur: „Nicht… so laut… bitte… Kopfschmerzen.“

Gero seufzte, aber Micha konnte nicht sagen, ob es nun genervt oder erleichtert klang; dennoch richtete sich der Rothaarige auf und meinte, sich von ihm abwendend: „Langweiler!“ Und als Micha nur verwirrt „Was?“ fragte, drehte er sich wieder zu ihm um und brüllte: „Ich sagte, du bist ein Langweiler!“ Auf Michas verwirrten Blick hin schnaufte er nur geringschätzig und sagte: „Nicht mal gescheit streiten kann man mit dir. Kaum wird es interessant, bekommst du Kopfschmerzen; he Mann, du bist schlimmer als jedes Weib!“

„Haha!“, lachte Micha aufgesetzt und schüttelte den Kopf. „Schön, dass du deinen Spaß daran hast, wenn ich mich übergeben muss und einen schrecklichen Kater habe. Ich finde das nämlich weniger erbaulich. Aber solange wenigstens einer von uns beiden Gefallen daran findet.“

„Schön, dass wir weiter streiten können“, grinste Gero.

„Mir ist ja eigentlich auch nur wegen dir so elend!“, stellte Micha trotzig fest. „Nur weil du diese blöde Wette vorschlagen musstest und mich dann abgefüllt hast!“

„Weißt du, ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass du so schön streiten kannst, als ich dich kennen gelernt habe.“ Machte Gero das mit Absicht, nur um ihn auf die Palme zu bringen?

„Willst du dir nicht lieber mal was anziehen? Ich dachte, du wolltest nichts provozieren.“ Micha wandte bei diesen Worten den Blick ab, denn wenn Gero vor ihm stand, war es nicht unbedingt ratsam geradeaus auf ihn zu starren, da er womöglich noch etwas Falsches hineininterpretieren könnte.

„Naja, von deiner Fickbeziehung kannste’s wohl kaum gelernt haben, der hat ja eh nie was Sinnvolles gekontert; vielleicht von dem pinkhaarigen Gör? Kann das streiten? Hab es noch nie wirklich was sagen hören, das ist irgendwie wirklich…“

„Hörst du mir überhaupt zu?“, fiel Micha ihm wütend ins Wort, woraufhin Gero ihn angrinste und entgegnete: „Danke Micha, darauf hab ich gewartet, der Weibersatz Nummer eins! An dir ist wahrlich ’ne Frau verloren gegangen. Junge, ich schwör dir, wärst du ein Mädchen, ich würd dich ficken ohne Ende!“ Er lachte daraufhin, doch Micha war weniger zum Lachen zumute, alles was er im Augenblick konnte war erröten und zwar aus zwei Gründen: Scham und Zorn. Oder gab es noch einen dritten Grund?

Egal!

Es war ihm in dem Augenblick egal und er erwiderte auch nichts auf diesen abwertenden Kommentar, sondern stand einfach auf und ging aus dem Bad in Geros Schlafzimmer, wo er sich in dessen Bett legte und die Decke über die Ohren zog.

„Ey Micha!“, hörte er da plötzlich Gero sagen, doch er rührte sich nicht. „Hör mal, war doch nur Spaß, brauchst nicht gleich beleidigt zu sein.“

„Lass mich!“, murrte er.

„Sag mal, heulst du?“, fragte Gero und Micha vernahm die Unsicherheit in seiner Stimme.

„Nein!“ Er setzte sich ruckartig auf und fügte, die Kiefer aufeinander pressend hinzu: „Aber ich tu’s gleich.“

„Was?“, keuchte der Rothaarige entsetzt. „Wegen mir?“ Aber Micha grinste ihn schief an und entgegnete: „Nein, wegen der Kopfschmerzen.“

„Nun übertreib mal nicht so maßlos, Jungchen“, lachte der nun sichtlich erleichtert.

„Ich übertreibe nicht. Woher solltest du das denn auch wissen und willst du dir wirklich nichts anziehen? Wenn du willst, kann ich auch Robin anrufen, der kommt sicher auch gerne zum Gucken her.“

„Junge, was geht’n heut eigentlich mit dir ab? Rest-Alk, oder was? Bist doch sonst nicht so sarkastisch.“ Trotz dieser Worte ging er zu seinem Schrank und zog aus einer Schublade eine Boxershorts, die er sich anzog, wonach er sich das Handtuch von den Hüften nahm.

Er hätte sich das Handtuch auch vorher abnehmen können, Micha hatte krampfhaft aus dem Fenster gestarrt, um ja nichts zu provozieren, denn so oft sich Gero auch darüber lustig, oder Späße darüber machte, Micha wusste doch, dass das die einzige Art war, durch die Gero mit dieser Sache umgehen konnte. Und noch dazu war er sehr sensibel im Hinblick auf dieses Thema.

Doch die Neugierde siegte schließlich und er fragte, wenn auch kleinlaut: „Hattest du wirklich gar nichts unter dem Handtuch? Warst du ganz…nackt?“ Gero sah ihn mit einem befremdlichen Blick an und meinte schließlich ungerührt: „Hätte ich mich sonst so aufgeregt? Stört’s dich, oder was?“

„Ist das eine Fangfrage?“, fragte Micha unsicher. Gero überlegte einen Augenblick, lachte dann und antwortete: „Unbeabsichtigt.“ Er drehte sich wieder um, um sich weiter anzuziehen. „Wie geht’s eigentlich deinem Kopf?“

„Nicht so toll“, erwiderte Micha und ließ sich wieder zurück in die Kissen sinken.

„Na wenigstens hat sich der Abend gelohnt!“, seufzte Gero daraufhin und ließ sich in Jeans, ohne Hemd oder T-Shirt, neben ihm fallen. „Oder?“ Er drehte das Gesicht zu ihm. Etwas erstaunt nickte der Blonde. Hatte er Gero jemals so ausgelassen und entspannt gesehen? Wohl kaum.

„Schon irgendwie“, nickte Micha, sah aber gleich wieder an die Decke, um kleinlaut zu fragen: „War das eigentlich ernst gemeint, dass du mit Ella Schluss machen willst?“

Gero seufzte, antwortete aber nicht darauf.

„Also willst du es wirklich? Gero, warum?“ Es erstaunte ihn und er setzte sich auf, sah in Geros Gesicht, der die Augen geschlossen hatte; seine Mimik wirkte angespannt, als er antwortete: „Hab ich dir doch gestern schon gesagt. Aber ich will ja nicht gleich Schluss machen, ich… ich weiß nur, dass es im Moment nicht so gut läuft.“

„Aber ihr bekommt das doch sicherlich wieder hin, schließlich…“

„Ja?“, fragte Gero und Micha konnte nicht umhin die Hoffnung in seiner Stimme festzustellen.

„Naja, ihr passt eben gut zusammen.“ Er war bei Geros Tonfall nervös geworden, hatte sich unter Druck gesetzt gefühlt.

„Ha!“ Es war ein Ausruf ironischer Natur. „Na toll! Und das ist so selten! Das ist etwas Einzigartiges, das uns aneinander bindet! Wir passen gut zusammen; wunderbar, wirklich wunderbar!“

„Was willst du denn hören?“, fragte Micha etwas beleidigt. “Ich kenn euch schließlich noch nicht so lange!“

„Na was wohl? Du hast ’ne ganze, verdammte Woche mit uns zusammengewohnt und dir fällt zu unserer Beziehung nichts Besseres ein, als dass wir gut zusammen passen. Das macht mir echt Mut!“

„Sei nicht so gemein! Als ich da war habt ihr euch ja meistens nur gestritten.“

„Noch besser! Jetzt besteht unsere Beziehung also nur noch aus Streit?“

„Hör auf mir die Worte im Munde herumzudrehen und mich für alles verantwortlich zu machen.“

„Es ist aber deine Schuld!“ Gero hatte sich ebenfalls aufgesetzt.

„Meine?“, keuchte Micha.

„Ja, verdammt noch mal und zwar alles!“, brüllte Gero nun. „Erst seit Du da bist, streiten wir uns die ganze Zeit, erst seit Du da bist, läuft’s im Bett nicht mehr und erst seit Du da bist, hab ich diese Zweifel an der Beziehung!“

„Dann tut mir das leid, aber beabsichtigt war das sicher nicht. Außerdem zwingt dich niemand, etwas mit mir zu unternehmen. Wenn ich gehen soll, musst du es nur sagen.“

„Hör auf schon wieder so rum zu zicken!“ Nun war seine Stimme wieder gleichgültig und Micha seufzte.

„Tut mir leid, Gero.“

„Schon okay, Blondie.“

„Weißt du, was ich glaube?“, fragte da Micha und zwang sich zu einem leichten Lächeln. „Ich glaube, dass du es brauchst dich zu streiten und eigentlich ist Ella doch perfekt dafür, oder? Also in dem Sinne passt ihr wirklich wunderbar zusammen.“

„Dank dir, Jungchen.“ Gero wuschelte ihm, wie einem kleinen Jungen, durchs Haar und fuhr fort: „Aber wenn das das Einzige ist, das mich mit Ella verbindet…“

„Das ist es nicht, aber…“

„Ach komm, lass es einfach, ich geh fernsehen.“ Mit diesen Worten erhob sich Gero und zog sich ein T-Shirt über, um dann aus dem Raum und hinunter ins Wohnzimmer zu gehen.
 


 

Irgendwie haben die Leute bei mir auch nichts Besseres zu tun, als Fernsehen >__>" Naja, was soll's

Nächsten Samstag gibt's das nächste Kapitel

LG, Terrormopf =)

Lippen so rot wie Blut

Oder: Schneewittchen
 

Nehmt den Titel nicht so ernst, ist mehr aus Spinnerei entstanden xD

Und ich wollte mich noch für über 200 Kommentare bedanken ='D Ihr macht mich glücklich, damit hätte ich wirklich nie gerechnet!

Nun aber: Viel spaß beim Kapitel =)
 


 

Micha saß gemeinsam mit Gero, Ella, Bess, Benne und einigen anderen in der Cocktailbar unterm Galgen. Von den drei Cocktailbars, die es in der Stadt gab, war dies die billigste und obendrein gingen die Raucher hier am liebsten hin, weil es hier gestattet war. Gero hatte nur widerwillig zugestimmt hierher zu kommen.

„Hey Micha, pass mal auf, ich wollt dich noch was fragen“, sagte der Rothaarige, der ihm gegenüber saß, und der Angesprochene, eigentlich gerade mit seiner Nebensitzerin, Bess, im Gespräch, sah erwartungsvoll zu ihm.

„Hast du an dem Wochenende in zwei Wochen schon was vor?“ Der Blonde schüttelte auf diese Frage hin erstaunt den Kopf. Was kam denn nun? „Sehr gut, dann nimm dir mal nichts vor, du wirst nämlich mit uns wegfahren.“

„Was?“, entwich es ihm daraufhin verblüfft. „Warum das denn? Mit wem denn und wohin?“

„Eins nach dem Anderen, Jungchen. Na wir, das sind Ella, Bess, Benne, du und ich.“

„Also ich auch, Micha“, lächelte Bess ihn an und berührte beinahe beiläufig seinen Arm; doch auf Michas verwirrten Blick fuhr Gero fort zu sprechen: „Wir fahren weg.“

„Und wohin?“ Micha verstand nicht, was das alles sollte.

„Nun überleg doch mal“, rief Bess und grinste ihn fröhlich an. „Wohin fährt man denn im Winter mit Freunden?“ Micha zuckte mit den Schultern und Gero fuhr ihn daraufhin an: „Mann, du hast auch ’n Brett vorm Kopf, du Depp!“

„Gero!“, fiel ihm da Bess vorwurfsvoll ins Wort, was ihr ein dankbares, wenn auch zerstreutes Lächeln seitens Micha einbrachte und Gero meinte, nun wieder etwas ruhiger: „Is ja gut, stress nich. Also Micha, wir wollten nach Österreich fahren, zum Snowboarden -“

„Skifahren“, warf Ella ein.

„Wie auch immer. Wir gehen nach Damüls und da du nichts vorhast, kommst du mit.“

„Was?“, keuchte Micha erschrocken auf. „Aber… wie…?“

„Hör auf zu stottern, sondern rede in ganzen Sätzen!“, maulte Gero ihn an.

„Nun hör doch endlich mal auf die ganze Zeit auf ihm rumzuhacken! Mann, das nervt mich!“ Es war Bess, die erneut für ihn Partei ergriff, doch Gero brauste auf: „Und mich nervt, dass du meinst, dass Micha nicht für sich selbst sprechen kann. Er ist schließlich nicht deine kleine Schwester, die du beschützen musst.“ Und einen Augenblick später grinste er: „Auch wenn man das manchmal meinen könnte.“

„Schon wieder!“, rief Bess.

„Was?“

„Schon wieder machst du dich über ihn lustig! Herrgott, Gero, lass das doch endlich mal! Nicht jeder ist so schlagfertig wie du und auch nicht jeder ist so vernarrt in Wortgefechte wie du, also hör endlich auf!“

Etwas erschüttert sah Micha von der Einen zum Anderen und wieder zurück, bis er verlegen lächelte: „Ist schon in Ordnung Bess, ich sag’s schon, wenn es mich stört.“

„Wo er Recht hat, hat er Recht. Außerdem glaub ich, dass es eher peinlich für ihn ist, wenn er deinen Mutterinstinkt weckt“, pflichtete ihm Gero selbstgefällig bei.

Bess verstummte und Micha meinte erkennen zu können, wie sich ihre Ohren röteten; allerdings sagte er nichts dazu, weil er zugeben musste, dass Gero Recht hatte. Er wollte nicht, dass Bess ihn beschützte, auch wenn er nicht wusste warum. Aber ihr das zu sagen würde sie nur noch mehr in Verlegenheit bringen.

„Also, Micha? Kommst du nun mit?“, fragte Gero und lenkte das Gespräch wieder auf das ursprüngliche Thema, weswegen der Blonde ihm wirklich dankbar war, jedoch musste er zugeben: „Ich weiß nicht, ob ich mit kann, schließlich müssen meine Eltern das erst einmal absegnen und ich muss sie ja dann auch bitten mir bei der Bezahlung zu helfen. Und – na ja – ich kann weder Ski fahren, noch snowboarden, was sollte ich dann den ganzen Tag machen? Und wo wollt ihr da eigentlich zum Übernachten hin?“

„Bennes Onkel hat da ’ne Hütte. Er ist Skilehrer und solang wir keinen Scheiß bauen, hat er kein Problem damit, dass wir kommen. Außerdem müssen wir da nichts zahlen, nur Verpflegung und alles, aber da fragst du lieber Ella. Und von wegen Snowboarden; wenn es Schnee hat, können wir auch am Wochenende hier nach Heiligenberg fahren; das lernst du schon, keine Panik. Und sollte es wirklich gar nicht gehen, kannst du dich immer noch irgendwo reinsetzen oder Wandern gehen.“ Bei seinem letzte Vorschlag lachte Gero auf, doch Micha fragte weiter: „Und woher soll ich die Ausrüstung nehmen? Wenn ich meine Eltern schon um die sonstigen Unkosten bitte, müssen sie das nun wirklich nicht auch noch bezahlen.“

„Am Besten, du fragst Benne, ob er dir was ausleihen kann, der war erst dieses Jahr bei der Interboot.“

„Ich dachte, das wäre eine Bootsmesse“, fiel Micha dem Rothaarigen ins Wort, doch der stützte die Stirn in die Hände und stöhnte: „Du hast auch echt von nichts ’ne Ahnung! Hauptsächlich ist es eine Bootsmesse, heißt ja schließlich auch Internationale Bootsmesse, aber man kann auch andere Sachen da kaufen, unter anderem auch Snowboard- und Skiausrüstung.“ Nun schaltete sich auch Benne ins Gespräch mit ein: „Und das Beste daran ist, dass du Markensachen wie Burton teilweise zum Einkaufspreis bekommst.“

„Gut, dass du zuhörst, Benne“, grinste Gero. „Micha wollte dich nämlich fragen, ob du ihm Ausrüstung leihen könntest, für unseren Wochenendtrip.“

„Klar, immer gerne.“ Micha lächelte ihm freundlich zu. „Du musst halt nur schauen, ob dir die Stiefel passen“, meinte Benne dann nachdenklich. „Welche Schuhgröße hast du denn?“

„Vierzig“, kam es knapp von Micha zurück und er bemerkte, wie Benne die Stirn etwas kraus zog und Gero ein abschätziges Lachen entfloh. Ersterer meinte nun nachdenklich: „Hm, meine alten könnten dir etwas zu groß sein, aber die von meinem kleinen Bruder müssten dann passen, ich kann ihn mal fragen, der wird sie eh nicht brauchen, weil unsere Mutter ihm verboten hat wegzugehen, wenn seine Noten sich nicht bessern.“ Nun schlich sich ein schadenfrohes Grinsen auf sein Gesicht, doch anstatt weiter darauf einzugehen fuhr er fort zu sprechen: „Kannst du überhaupt Snowboarden?“

Micha schüttelte den Kopf.

„Hm… ich kann meinen Onkel ja mal fragen, ob er an dem Wochenende einen Anfängerkurs hat, vielleicht kann er dich ja noch unterbringen und…“

„So’n Schwachsinn!“, unterbrach Gero ihn. „Ich bring ihm schon bei, was er wissen muss, das is doch kein Problem!“

„Natürlich, Bärli“, mischte sich nun auch Ella ein. „Aber du solltest darauf achten, dass er nicht, so wie du bei deinem ersten Mal auf dem Brett, mit Schlüsselbeinbruch und Rippenprellung nach Hause kommt.“ Bei diesen Worten lachte Benne auf, schüttelte den Kopf und grinste: „Aber du musst zugeben, Ella, der Slam hatte schon etwas graziöses.“

„Wenn du ein Trampeltier als graziös bezeichnest, dann ja.“ Ella stimmte auch in das Lachen mit ein.

„Hätte er die Landung hinbekommen, wäre das ein wunderbarer Backflip gewesen!“, prustete nun wieder Benne und ein Blick auf Gero verriet Micha, dass der nur die Augen verdrehte, bis er sagte: „Jaja, lacht ihr nur, konnt ich ja nich sehen, dass da so’n behinderter Kicker stand.“

„Normalerweise übersieht man Kicker halt nicht!“ Benne konnte kaum mehr sprechen, so sehr lachte er und Gero brummte: „Mann, ich war doch erst dreizehn und stand halt das erste Mal aufm Brett!“

Mit dreizehn hatten sie sich schon gekannt? Das hieße dann, sie waren schon über sieben Jahre befreundet. Irgendwie beneidete Micha sie um diese Freundschaft.

Er selbst hatte noch nie eine Freundschaft gehabt, die so viele Jahre überdauert hatte.

„Also gut, Micha“, riss ihn die Stimme Geros aus den Gedanken und er sah zu ihm auf. „Wenn es nächstes Wochenende genug Schnee hat, holen wir das Snowboard und alles bei Benne und gehen dann üben.“ Etwas gezwungen nickte Micha daraufhin. Eigentlich wollte er so etwas gar nicht lernen, aber vielleicht wurde es ja doch ganz lustig.

„Und was ist mit den Klamotten? Ich bezweifle, dass du Snowboardhosen hast?“, warf nun wieder Bess ein, woraufhin Micha den Kopf schüttelte, doch Benne winkte ab: „Da kann er ja auch die von meinem Bruder anprobieren, die passt ihm sicher.“

„Dann wär das ja geklärt“, meinte Gero. „Am Besten, du fragst gleich morgen deine Eltern.“ Wieder nickte Micha nur. Er hatte ja doch keine Wahl; hätte er sich geweigert wäre er sicher sofort zu Boden argumentiert worden.

Seufzend lehnte Gero sich zurück und sagte, die Augen geschlossen: „Mann, ich freu mich schon auf den Après-Ski. Da gibt’s dann wieder was zum Saufen!“

„Du denkst auch immer nur ans Saufen“, stellte Ella daraufhin resigniert fest, doch Gero umfasste ihre Taille, zog sie besitzergreifend näher an sich und raunte ihr zu: „Naja, normalerweise denke ich ja nur daran, dich…“

„Gero!“, brauste sie jedoch auf und entledigte sich seines anzüglichen Griffes und der Ermahnte erzürnte sich: „Dann eben nicht! Mach doch was du willst!“ Er zog seine Hand zurück und lehnte nun den Ellenbogen genervt auf die Lehne seines Stuhles.

Micha beobachtete sie schweigend und musste unwillkürlich daran denken, was Gero ihm eine Woche zuvor noch erzählt hatte. Es wirkte nicht wirklich so, als wolle der Rothaarige mit ihr Schluss machen, wenn dann eher umgekehrt. Aber vielleicht waren es ja auch eben diese Abweisungen, die ihm zu schaffen machten.

Er sah nervös in sein Glas und trank einen Schluck daraus. Diese Situation war seltsam. Keiner der anderen kümmerte sich um die Beiden, für sie schien es vollkommen normal zu sein, doch Micha konnte nicht umhin es als eine Bestätigung für Geros Worte anzusehen, was ihn frösteln machte.

Als er nun wieder aufsah, erkannte er, dass Ella sich zu Gero gebeugt hatte und leise auf ihn einzusprechen schien, doch Geros Miene erhellte sich nicht, er wandte sich nur weiter von ihr ab und sagte schließlich: „Lass mich doch einfach in Ruhe, Ella!“ Auf diese Worte hin schnaubte sie nur herablassend und wandte ihm auch den Rücken zu, begann ein Gespräch mit Benne, der zu ihrer Rechten saß.

Der Rothaarige jedoch lehnte sich nach vorne, nahm einen Schluck seines Getränks und murmelte: „Nerviges Weib!“

„Das hab ich gehört!“, ertönte nun wieder ihre Stimme.

„Na und? Ist ja nichts Neues!“ Und schon begannen sie wieder zu streiten.

Besorgt sah Micha ihnen dabei zu, bis er Bess’ Hand an seiner Schulter spürte und verwirrt in ihr lächelndes Gesicht sah.

„Mach dir keine Sorgen, die streiten sich doch eh dauernd. Und wenn sie nicht miteinander streiten, dann mit irgendwem anderen, die brauchen das.“

„Halt die Klappe!“, brüllten ihr nun Gero und Ella im Kollektiv entgegen und wie zur Bestätigung grinste Bess noch breiter: „Na was sag ich?“

Auch Micha zwang sich zu einem Lächeln und nickte; sie konnte Geros Absichten ja nicht wissen und er war sicher der letzte, der den Rothaarigen verraten würde.

Geros linker Sitznachbar wandte sich nun zu ihm um und sagte: „Nun beruhig dich mal, Gero, rauch eine, dann geht’s dir wieder besser.“ Und mit diesen Worten hielt er ihm eine geöffnete Zigarettenschachtel hin. Doch der dachte bei diesem Angebot erst gar nicht daran sich zu beruhigen, sondern brüllte: „Asoziales Arschloch!“

„Was hast’n du jetzt für’n Problem?“, fragte ihn der Beleidigte daraufhin pikiert und zog die Kippenschachtel wieder zurück.

„Was ich für’n Problem hab? Ich? Ich zeig dir gleich vor der Tür, was ich für Probleme hab!“ Die Gespräche an ihrem Tisch waren verstummt. Aller Blicke ruhten auf Gero und niemand wagte es mehr etwas zu sagen. Selbst Bess war das Grinsen vergangen.

Es lag eine gewisse, unangenehme Spannung in der Luft und jeder spürte, wie knapp diese Situation vorm Eskalieren war.

„Hey Bärli, woher sollte Carlo denn bitte wissen, dass du aufgehört hast? Und prügeln wirst du dich heute Abend ganz sicher nicht!“ Ella war die Einzige, die sich traute so mit Gero zu sprechen, ihn so anzuherrschen, ihm Befehle zu erteilen.

„Weißt du eigentlich, wie bumms mir das ist? Und wenn nicht für das Angebot, dann hau ich ihm eben wegen seinem scheiß Grinsen eine aufs Maul!“

„Geht’s eigentlich noch? Ich glaub, du brauchst mal etwas frische Luft, damit dein Hirn wieder klar denken kann!“ Ihre Stimme war weder schrill, noch hysterisch, alles was sie war, war laut und Micha war wohl nicht der Einzige, der sich fragte, wann der Wirt kam, um sie rauszuwerfen.

„Das glaube ich allerdings auch!“, schmetterte Gero ihr jedoch entgegen und erhob sich, schnaufend aus der Bar herausstampfend, die Blicke, die ihm erstaunt folgten, ignorierend.

Kaum war er draußen, seufzte Ella und wandte sich an Micha: „Na toll, jetzt hat der Idiot auch noch seine Jacke vergessen! Kannst du sie ihm bitte bringen und ihn wieder runter bringen? Du scheinst irgendwie beruhigend auf ihn zu wirken, keine Ahnung warum…“ Stumm nickte Micha, froh aus dieser seltsamen Atmosphäre zu entkommen. So nahm er sich seine eigene Jacke, die von Gero, quetschte sich so gut es ging aus der Bank und folgte Gero nach draußen.
 

Die eiskalte Luft schlug ihm entgegen und sein Atem verwandelte sich in kleine Dampfwölkchen. Prompt begannen ihm die Zähne zu klappern und so schnell er konnte, zog er sich seine wärmende Jacke über.

Dann ging er los, um nach Gero zu suchen, doch er musste nicht weit laufen; schon von weitem hörte man Geros Stimme über den Landungsplatz hallen und sofort darauf die eines Anderen. Mit wem stritt er sich wohl nun wieder?

Resignierend seufzte Micha und ging langsam auf die Stimmen zu, doch als er ihre Silhouetten erkennen konnte, stockte er.

Prügelten sie sich da etwa? Zumindest sah es danach aus und auch die Worte, die sie sich gegenseitig an den Kopf warfen, bestätigten diese Vermutung. Seine Augen weiteten sich, er beobachtete sie einen Moment lang. Gero schien die Oberhand zu haben und der Andere musste anscheinend schwer einpacken, doch sah Micha genauso dessen Kumpane, die sich hinter ihm aufgebaut hatten; Gero war allein.

Sollte er besser zurück laufen und die anderen holen? Oder war es doch besser, wenn er hier stehen blieb und das Geschehen erst einmal beobachtete?

Gero schlug weiter auf den Anderen ein, schien kaum mehr zu bremsen zu sein, bis der es schaffte auch einen Schlag in dessen Gesicht zu platzieren. Daraufhin taumelte Gero zurück, hielt sich für einen Moment die Hand vors Gesicht, als hätte er starke Schmerzen. Micha keuchte auf. Doch als Gero daraufhin aufbrüllte und wie rasend auf seinen Gegner zu rannte, ergriff Michas Körper die Oberhand. Er lief auf sie zu und rief dabei: „Gero! Gero, lass das!“

Dann war er endlich bei ihnen angekommen und versuchte den Rothaarigen wegzuzerren. Doch dieser armselige Versuch bewies ihm nur wieder, dass er Gero kellertief unterlegen war.

Dennoch ließ er nicht locker, rief weiter auf Gero ein, zerrte an dessen Arm, dass dieser vom Anderen abließ und nicht auch noch dessen Kumpel auf ihn losgingen.

Der Rothaarige schien wirklich in Raserei, denn er achtete gar nicht auf Michas Bemühungen, schlug einfach weiter zu.

Dieser Armleuchter hatte es gewagt eine Faust in seinem Gesicht zu platzieren, das hatten bisher noch nicht viele gewagt und die, die so dreist gewesen waren, machten nun einen weiten Bogen um ihn.

„Gero!“, rief Micha erneut verzweifelt, klammerte sich an den Arm des Größeren, doch seine Stimme schien gar nicht erst zu ihm durchzudringen.

Der Atem stob ihm aus den Nasenlöchern und er erinnerte Micha unwillkürlich an einen Stier. Was sollte er nur tun, alles Ziehen und Zerren half nichts, er war einfach zu schwach!

Doch plötzlich spürte er, wie Gero zurückgerissen wurde; er sah zu demjenigen, der Gero unter den Achseln gepackt und die Hände hinter dem Nacken des Rothaarigen verschränkt hatte, drückte diesen nach unten, sodass Gero keine Möglichkeit hatte, als stillzuhalten und sich zu fügen.

Starr vor Schreck sah Micha nun zu Geros Gegner und bemerkte erleichtert, dass auch dieser nun zurückgehalten wurde, da begann derjenige, der Gero in der Mangel hatte, auf ihn einzusprechen: „Hey Mann! Hör gefälligst auf mit dem Scheiß! Am Besten, du verpisst dich jetzt mal ganz schnell, sonst hast du uns gleich alle aufm Hals!“

„Lass mich los!“, presste Gero zwischen aufeinander gedrückten Kiefern hervor; offenbar war dieser Griff nicht ganz schmerzfrei.

„Hör auf zu stressen, dann lass ich dich los“, war die gelassene, fast schon höhnische Antwort und Micha konnte förmlich spüren, wie Gero sich zusammenreißen musste, um nicht auszurasten und in blinder Wut um sich zu schlagen. „Und am Besten, du entschuldigst dich noch bei unserem Freund.“

Gero musste seinen Atem offenbar stark kontrollieren und Micha sah, wie sich seine Muskeln verkrampften, noch nie hatte er ihn so wütend und zugleich hilflos erlebt.

Doch im nächsten Moment wurde noch stärkerer Druck auf Geros Genick ausgeübt, was diesen aufschreien und beinahe in die Knie sinken ließ.

„Hast du mich verstanden?“, zischte der Kerl hinter ihm. Ein gepresstes „Ja!“ entglitt Geros Lippen, doch der Hintere brüllte: „Ich hab dich nicht verstanden!“

„Ja, verdammt!“, rief Gero zurück und wurde im nächsten Moment losgelassen, ein Stück nach vorn geschubst, woraufhin er sich seinem ersten Gegner gegenüber sah. Angewidert spuckte der Rothaarige aus, reichte dem Anderen dann aber doch die Hand.

Als dieser sie ergriff, zog Gero ihn nahe an sich heran, quetschte seine Hand, dass er schmerzerfüllt aufkeuchte und sah ihm einen Moment nur in die Augen, dann ließ er ihn los und drehte sich zum Gehen um. Die Gruppe tat es ihm gleich, jedoch nicht, ohne ihm noch einmal einen beleidigenden Spruch nachzurufen, was ihn jedoch nicht mehr zu interessieren schien.

Nachdem Micha ihm einige Sekunden später immer noch nicht folgte, drehte er sich zu ihm um und rief ihm wütend zu: „Wo bleibst du denn, Kurzer? Hast du Wurzeln geschlagen, oder was?“ Und nun kam wieder Leben in Micha, sodass er sich beeilte zu Gero aufzuschließen.
 

Nebeneinander saßen sie auf den eiskalten Steinstufen des Landungsplatzes im blassen Licht einer der Straßenlaternen und wechselten kein Wort, starrten nur aufs Wasser.

Geros Blick war noch immer mürrisch, was Micha allerdings nicht wunderte, die vorige Situation war schließlich alles andere als ruhmreich gewesen.

Verstohlen sah er zu Gero, der sich seine Jacke lediglich um die Schultern gehängt hatte und das trotz des eisigen Windes; es waren bestimmt Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und Micha schlotterte schon vor Kälte.

Er zog die Nase hoch und wischte sich mit dem Ärmel seiner Jacke darüber. Dann zog er eine Packung Taschentücher aus seiner Jackentasche, in der er die klammen Hände vergraben gehabt hatte, und nahm das letzte heraus. Damit bewaffnet kniete er sich nun vor Gero und begann diesem die Nase abzuwischen, was der sich allerdings nicht gefallen ließ, sondern seine Hand wegschlug, ihn zornig anfunkelte und gefährlich ruhig fragte: „Was zur Hölle wird das?“

„Du blutest aus der Nase“, war die schlichte Antwort Michas und er setzte erneut an, Gero das Blut aus dem Gesicht zu tupfen. Der jedoch riss ihm ruppig das Taschentuch aus der Hand, wischte sich selbst das Blut weg und meinte, noch immer gereizt: „Das weiß ich selbst und von dir bemuttert zu werden, ist das Letzte, was ich will!“

Micha seufzte.

Er konnte doch nichts dafür, dass Gero sich mit denen angelegt hatte. Er war doch derjenige, der versucht hatte, ihn davon abzubringen, ihn zu beruhigen. Aber Gero hörte ja nicht auf „kleine, blonde Jungs“.

Missmutig beobachtete er Gero bei den Versuchen das Blut ganz wegzubekommen, bis der das Tuch sinken ließ, dann ergriff Micha wieder seine Chance: „Du hast immer noch Blut im Gesicht und mit den Lippen siehst du aus wie Schneewittchen.“ Es stimmte tatsächlich, seine Lippen waren vom Blut rot gefärbt und die Haut wirkte im faden Licht aschfahl, nur die Haare und die maskulinen Züge störten das Bild des perfekten Schneewittchens.

„Ha ha! Sehr lustig“, lachte er affektiert. „Bitte, dann mach du’s halt weg.“ Er übergab Micha das schon zur Hälfte rot gefärbte Tempo, das dieser ergriff und sich erneut ans Werk machte. Er lehnte sich nach vorne, stützte die Hand auf Geros Bein ab, etwas oberhalb des Knies. Vorsichtig entfernte er das Blut vom Kinn seines Gegenübers.

Als Micha ihm nun über die Lippen fuhr, öffnete er diese leicht, so wie Frauen es taten, wenn sie Lippenstift auftrugen, und der weiße Atem kam ihm entgegen, roch nach Alkohol, doch er wich nicht zurück. Im Gegenteil, mehr noch kam er ihm näher und die Bewegungen seiner Hand wurden langsamer, hielten schließlich ganz inne und er ließ sie sinken, legte sie auf den Oberarm Geros.

Kam ihm noch näher.

Schloss die Augen.

Bis ihm Geros Stimme in die Ohren kam: „Und was wird das jetzt, wenn’s fertig ist?“ Erschrocken riss er die Augen auf und gewahrte sich erst jetzt der Situation in der er sich befand: Die eine Hand auf Geros Oberschenkel, die andere auf seinem Arm gestützt, die Lippen Millimeter von denen des Rothaarigen entfernt, war er kurz davor gewesen diesen zu…

Er wagte nicht einmal es zu Denken!

Die Lippen aufeinander gepresst sah er in Geros fragende Augen, der die Augenbrauen hochgezogen hatte und ihn nun eindringlich musterte.

Er schluckte schwer, konnte nicht antworten, sich nicht rühren, bis erneut Geros erstaunlich ruhige Stimme erklang: „Was auch immer du hier vorhattest, du vergisst es lieber ganz schnell wieder und gehst sofort von mir runter!“ Erst jetzt kam wieder Leben in seine tot geglaubten Glieder und er sprang hastig auf, wandte das Gesicht ab; Gero sollte bloß nicht bemerken, wie rot er anlief.

Als Gero auch einige Sekunden später nichts sagte, ergriff Micha unsicher das Wort: „Gero, ich wollte dich nicht kü…“

„Sprich es nicht aus!“, unterbrach ihn Gero.

„Aber ich hab doch gesagt, dass ich dich eben nicht kü…“

„Wag es nicht, das auszusprechen!“

„Tut mir leid“ Micha senkte den Blick wieder, folgte Gero jedoch langsam, als der sich erhoben hatte und wieder in Richtung Cocktailbar aufbrach und sagte: „Das will ich auch hoffen und sollte so etwas noch mal passieren, oder auch nur fast passieren, dann mach ich dich nen Kopf kürzer und du wirst sicher verstehen, dass eine Freundschaft dann ziemlich kompliziert werden dürfte. Also pass lieber auf!“

Ein Kloß steckte in Michas Hals und er vermochte nicht diesen zu schlucken.

Was hatte er sich auch nur dabei gedacht so etwas zu tun, oder zu versuchen, wie man es nahm. Wie konnte er nur so unglaublich naiv und dumm sein, zu vermuten, dass es nicht einseitig war?
 

Als sie wieder bei den anderen waren und Ella schon begann Gero zu schelten, weil der sich offensichtlich geprügelt hatte, kam er zu dem Schluss, dass er gar nicht gedacht hatte und am liebsten hätte er sich für diese Tatsache geohrfeigt.

Als er wieder saß, sprach Bess ihn an und wollte wissen, was passiert war und er warf einen vorsichtigen Blick zu Gero, der diesen drohend erwiderte, ihm somit klarmachte, ja nichts Falsches zu sagen; doch im nächsten Moment wandte er das Gesicht wieder von ihm ab und dafür Ella zu, auf die er einsprach, damit sie sich beruhigte.

„Nichts Besonderes“, antwortete er also. „Gero hat sich mit so nem Typen geprügelt und eine mitbekommen, ansonsten war nichts.“ Wenigstens die halbe Wahrheit war es.

Weswegen log er eigentlich für Gero?
 


 

Mal wieder ein etwas längeres Kapitel =)

Oje, ihr habt ja keine Ahnung wie das ist, wenn man mit Sonnenbrand an den Beinen und am Dekolletee übers Ski und Snowboard fahren schreiben muss >__>"

Ich hoffe trotzdem euch hat's gefallen.

LG, Terrormopf :]

Tea-Time

Hallo =)

Erst einmal: Es tut mir leid, dass ich nicht auf alle Kommentare antworten konnte, aber ich war ab Dienstag nicht mehr zu Hause und habe es erst jetzt wieder geschafft ins Internet zu kommen. Also bedanke ich mich jetzt noch einmal recht herzlich für die vielen Kommentare, ihr seid toll! *allen einen Keks geb*

Und dann noch ein Wort zum Titel: Ich bin ja eigentlich grundsätzlich gegen englische Titel, aber die Tey-Time gibt es im Deutschen nun einmal nicht...
 

Nun aber viel Spaß =D
 


 

Es war Samstag.

Es lag Schnee.

Und Micha stapfte neben Gero in voller Snowboardmontur, mit Brett unter dem Arm, den kleinen Hang am Heiligenberg hinauf. Micha hatte ja mit dem Seillift fahren wollen, doch Gero hatte gemeint, dass das noch nichts für die ersten Versuche war.

Und nachdem sie den halben Berg hinaufgestiefelt waren, fragte sich Micha, wie er sich hatte dazu überreden lassen können. Und weswegen seine Eltern ausgerechnet jetzt mal nicht die Spießer raushängen lassen mussten.

Gero stoppte bei der kleinen Geraden und Micha tat es ihm gleich, sah sich um, sich nicht ganz wohl in seiner Haut fühlend, denn außer ihnen schienen hier nur kleine Kinder zu üben. Gero jedoch klopfte ihm aufmunternd auf die Schultern und grinste: „Mach dir nichts draus, jeder fängt mal klein an.“

Warum mussten ihm auch noch die Sachen von Bennes kleinem Bruder so gut passen? Das grenzte doch schon an eine Verschwörung gegen ihn.

„Jetzt schnall dir erst mal dein Brett an“, sagte Gero gelassen und legte sein eigenes sicher in den Schnee, mit der Bindung nach unten, sodass es keinesfalls Gefahr lief den Hang hinunterzurutschen. Seufzend ließ sich Micha daraufhin in den Schnee fallen und bemühte sich, die Bindungen über den Schuhen festzuschnallen, was sich jedoch als recht schwierig erwies, weil er noch die dicken Handschuhe trug.

Gero neben ihm stöhnte entnervt auf, kniete sich vor ihm in den Schnee, zog sich die Handschuhe mit den Zähnen aus, behielt sie zwischen diesen und schloss Michas Bindungen nun selbst, wobei er es sich jedoch offensichtlich nicht verkneifen konnte noch einen Kommentar zum Besten zu geben: „Wenn man dich zum Freund hat, braucht man echt keine kleine Schwester mehr!“ Dann richtete er sich wieder auf und zog sich die Handschuhe wieder an. „Also los, aufstehen!“

Micha allerdings konnte diesem Befehl nicht folgen, egal wie sehr er sich anstrengte, denn dass die Füße auf diesem Brett befestigt waren, war ihm vollkommen fremd und es brachte seinen Gleichgewichtssinn vollkommen durcheinander. Nach dem dritten Versuch erbarmte sich Gero erneut und streckte ihm die Hände entgegen, die der Blonde dankbar ergriff und sich von Gero auf die Beine ziehen ließ.

Auch das Stehen war schwerer als erwartet und er war heilfroh, dass Gero ihn nicht sofort wieder losließ. Doch der sagte ihm, ihm fest in die Augen blickend: „Du versuchst jetzt mal das Hügelchen hier herunter zu fahren, zu rutschen, was auch immer du willst, Hauptsache dich haut’s nicht auf die Fresse.“ Damit ließ er Micha los und trat einen Schritt zur Seite. Der allerdings dachte im ersten Moment gar nicht daran diesen von hier oben viel zu steilen und langen und hohen Abhang hinab zu fahren, sondern blieb, wie angewurzelt, stehen.

„Was is jetzt?“, hakte Gero genervt nach. Micha warf ihm einen scheuen Blick zu und fragte: „Und was ist, wenn ich doch hinfalle?“

„Keine Ahnung, wenn du Pech hast, brichst du dir was, wenn du Glück hast, passiert gar nichts. Allerdings bezweifle ich, dass du es schaffst, dir auf diesem Hügelchen was zu brechen.“

„Nichts ist unmöglich“, gab Micha etwas beleidigt von sich, woraufhin Gero ihn nur anfuhr: „Jetzt hör auf Toyota Slogans zu zitieren und beweg deinen Arsch den scheiß Hügel runter! Wird’s bald oder muss ich nachhelfen?“

„Nein!“, rief Micha auf und fand sich im nächsten Moment in Bewegung wieder. Ob er nun selbst losgefahren war, oder Gero ihn angeschubst hatte, konnte er nicht ausmachen, allerdings rutschte er nun auf der hinteren Kante den Berg hinunter.

Eigentlich klappte es ganz gut, vielleicht sollte er doch mal eine Kurve probieren?

So verlagerte er vorsichtig etwas mehr Gewicht auf sein linkes Bein und drehte so langsam es ging, das Board. Allerdings nahm dieses immer mehr Geschwindigkeit auf, je paralleler es zum Berg stand und dann überrollte ihn Panik. Er wollte dieses verfluchte Brett nur noch anhalten! Was wäre denn, würde ihm nun ein Eisbrocken darunter geraten?

Hastig versuchte er das Bord weiter zu drehen, sodass es um 180 Grad gedreht war, doch anstatt dass er die Kurve ganz schaffte, verkantete sich nun sein Board und er stürzte, schlug einen Purzelbaum und landete Bäuchlings auf dem letzten Stück Hang, den er noch herunterrutschte, bis er endlich liegen blieb und ein gequältes „Au.“ von sich gab.

„Alles OK?“, vernahm er nun Geros Frage und zwang sich, sich auf den Rücken zu drehen. Allerdings musste er dafür auch wieder enorm Schwung aufbringen, damit er die Beine hoch genug bekam.

Langsam und etwas benommen schnallte er sein Board ab, erhob sich und stapfte, wie schon zuvor, den Berg hoch. Sich in diesen riesigen Stiefeln zu bewegen war schon eine Kunst für sich, aber damit auch noch Berge hinauflaufen oder ein Snowboard steuern… Micha bezweifelte, dass er es jemals lernen würde.

„Sag mal?“, fragte er, als er schnaufend wieder neben Gero stand und sich die Mütze vom Haupt nahm, sodass seine nun strubbeligen blonden Haare zum Vorschein kamen, woraufhin Gero die Sonnenbrille etwas hob und erwartungsvoll zu ihm hinabblickte. „Wie kommt es eigentlich, dass ich, jedes Mal, wenn ich mit dir zusammen bin, mit blauen Flecken nach Hause komme?“

Gero lachte daraufhin allerdings nur auf und entgegnete, die Sonnenbrille wieder an ihren Platz schiebend: „Jedes Mal ist aber übertrieben und jetzt hopp, Mütze wieder aufsetzen und Snowboard anschnallen!“

Seufzend leistete Micha seiner Aufforderung Folge und versuchte diesmal selbst aufzustehen, was ihm auch fast gelang, doch konnte er sich kaum halten. Glücklicherweise griff sich Gero allerdings seine Handgelenke und als Micha erstaunt aufsah, erklärte er: „Pass auf, wir versuchen das jetzt anders, weil du nach dem dritten mal Hinfallen wahrscheinlich eh aufgeben wirst.“

„Und wie?“, fragte Micha, der es nicht ganz schaffte die Unsicherheit aus seiner Stimme zu verbannen.

„Ich halt dich fest und ‚schleudere’ dich um die Kurven. Glaub mir, das funktioniert!“ Micha hatte gar nicht mehr die geringste Chance etwas zu erwidern, denn Gero zog ihn schon in Richtung Abhang. Am liebsten hätte er geschrieen, aber damit hätte Gero ihn doch wieder nur aufgezogen, so biss er sich stattdessen auf die Lippen und ließ Gero fürs Erste die Arbeit tun.

Eigentlich war es ganz angenehm; er musste nicht bremsen, nicht beschleunigen, einfach nur Geros Handgelenke umklammert halten, während er nervös auf sein Board linste.

„Gut und jetzt ’ne Kurve!“, rief der Größere, offensichtlich schon ganz schön außer Atem. „Bereit?“ Erschrocken sah Micha daraufhin auf und schüttelte energisch den Kopf, aber Gero ließ ihm keine Wahl, sondern lenkte ihn ein wenig ein, sodass er mehr Fahrt aufnahm und schließlich kam es Micha vor, als schleuderte Gero ihn schier um die Kurve.

Aber es funktionierte und er stand noch.

Freudig strahlte er Gero an und der grinste zurück: „Na, wie war deine erste Kurve? Bock auf ’ne zweite?“ Und wieder ließ er dem Blonden nicht die Zeit zum Antworten, sondern drehte ihn, dass er schneller wurde, allerdings wartete er diesmal länger, bis er Micha um die Kurve lotste.

Aber nach der Kurve war das Hügelchen zu Ende.

„Ich bin Snowboard gefahren!“, keuchte Micha und konnte es kaum fassen. Zwar hatte er Geros Hilfe benötigt und selbst eigentlich nichts dazu beigetragen, dennoch war es ein sagenhaftes, nahezu atemberaubendes Gefühl gewesen. Gero jedoch riss ihn von seiner Wolke hinunter und sagte: „Na dann kannst du mich ja jetzt wieder loslassen und es von ganz oben probieren.“

„Von ganz oben?“ Gero nickte. „Das schaff ich nicht!“ Dennoch ließ er den Anderen langsam los und begann die Bindungen zu lösen.

„Wie oft muss ich dir eigentlich noch sagen, dass du die Fresse halten sollst und dass du das schaffst?“

„Offensichtlich noch öfter“, murrte Micha, gerade noch so laut, dass Gero es hören konnte, doch alles was der daraufhin tat, war, hinter ihn zu treten und ihn, die Faust im Nacken, anzuschieben.
 

Als es schon wieder später Nachmittag war, ließ sich Micha erschöpft auf den Beifahrersitz Geros Wagen fallen und überließ dem das Verstauen der Boards.

Er fühlte sich wahrlich wie gerädert und wusste schon, dass er morgen unglaublichen Muskelkater haben würde. Dennoch hob er schlaff die Hände, zog sich die Handschuhe und dann die Mütze aus. Durch die Tatsache, dass er noch einige Male gestürzt war, waren einige Haarstränen nun zerzaust und aneinandergeeist.

Ächzend lehnte er sich nach vorne und griff in den Fußraum, in den er die Thermoskanne, die ihm seine Mutter, mit heißem Tee gefüllt, mitgegeben hatte; offenbar in weiser Voraussicht. So schraubte er den Deckel ab, öffnete den Verschluss und goss sich die dampfende Flüssigkeit ein, woraufhin er vorsichtig daran nippte, um sich den Mund nicht zu verbrennen.

Dann setzte sich Gero neben ihn, zog sich ebenfalls die Mütze ab, Handschuhe hatte er schon keine mehr an, fuhr sich durch die liegenden Haare, bis er nach dem dampfenden Becher-Deckel in Michas Hand griff, diesen an sich nahm und ihn austrank. Dann reichte er ihn an den Blonden zurück und sagte: „Danke, Kurzer.“

Er ließ den Motor an und fuhr gemächlich los.

Es herrschte Stille und Micha wärmte sich die Hände am Tee, den er sich erneut ausgeschenkt hatte. Schließlich rang er sich doch zu einem milden Lächeln durch und sagte leise: „Also so dumm hab ich mich doch gar nicht angestellt, oder?“

„Für deine Verhältnisse wirklich nicht… Gib mir noch mal ’nen Schluck Tee“, erwiderte er und hielt Micha erwartungsvoll die Hand hin. Der seufzte und überließ Gero den Becher.

„Warum bist du eigentlich nicht gefahren?“

„Was hätt’s mir auf dem Hügelchen gebracht? Da wart ich lieber auf nächstes Wochenende und boarde ordentlich im Fun Park; da gibt’s dann anständige Halfpipes, Kicker und so weiter.“

„Oh Gott! Ich glaube, nächstes Wochenende werde ich sterben!“, stöhnte Micha, doch Gero lachte auf und entgegnete: „Nun stell dich nicht so an, das wird schon klappen. Außerdem fahren wir beide nächste Woche noch mindestens zwei Mal zum Üben und dann passt das.“

Vor dem Übungshang hatte Micha auch keine Angst mehr; was ihm Angst machte, war das Wort Kicker, da er nicht umhin konnte an Ellas Worte zu denken, als sie von Geros Verletzungen gesprochen hatte.

„Gib mir bitte noch mal ’n Schluck Tee.“ Micha tat abwesend wie ihm geheißen und als Gero einen Schluck getrunken hatte, reichte er Micha den halbvollen Becher wieder und machte Musik an.
 


 

Ich hoffe, es hat gefallen, lG, Terrormopf =)

Zimmergenossenschaften

So. Jetzt bin ich extra lange aufgeblieben, um das Kapitel hochzuladen, weil ich sonst keine Zeit habe, weil ich nämlich direkt nach der Schule heute meine GFS machen muss.

Nun denn, dieses Kapitel ist länger als das letzte (ungefähr drei Mal so lang? xD) Und es ist auch wieder etwas mehr der wichtigen Handlung enthalten.

Viel Spaß =)
 


 

„Ich nehm ein Zimmer mit Micha“, stellte Bess fest, als sie in die Auffahrt der Hütte fuhren. Micha blickte etwas nervös auf das Mädchen mit dem blond gefärbten Haaren, das schon darauf bestanden hatte während der Fahrt neben ihm zu sitzen.

„Solange Bärli und ich uns ein Zimmer teilen können ist mir das egal, nicht wahr, Bärli?“ Es war Ella, die diese Bedingung aufgestellt hatte und Gero, der am Steuer saß knurrte nur etwas Unverständliches. Er hatte schon seit sie losgefahren waren schlechte Laune, doch warum konnte sich keiner so recht erklären und ihn fragen, das wollte niemand riskieren.

Benne war der Erste, der aus dem Auto sprang und die frische Bergluft einatmete, dann ging er zur Tür und klingelte fast schon Sturm. Die anderen stellten sich brav hinter ihm auf und warteten, dass jemand öffnete und einige Sekunden später tat dies Bennes Großvater.

„Hallo Benedikt, es freut mich, dich zu sehen! Mein Gott, bist du groß geworden, kann man innerhalb eines halben Jahres wirklich so viel wachsen?“ Man konnte Benne ansehen, wie peinlich ihm diese Begrüßung und dann auch noch der Kuss, dem ihn sein Großvater auf die Wange drückte, waren, dennoch grinste er etwas schief und entgegnete: „Tja, offensichtlich kann man so viel wachsen. Ich freu mich übrigens auch dich zu sehen und…“ Doch ausreden ließ sein Großvater ihn nicht, sondern erspähte hinter ihm Gero, Ella, Bess und Micha, dann lächelte er: „Ah, und euch sieht man also auch mal wieder? Aber kommt doch erst mal rein, deine Oma hat schon Tee aufgesetzt und extra noch einen Apfelkuchen gebacken. Das Gepäck könnt ihr ja später herein bringen.“

„Jop, danke Opa“, kam die Antwort flapsig von Benne und er trat in das warme Haus ein, gefolgt von den anderen. Die führte er in die Stube, wo ein großer Kachelofen stand und eine alte Dame dabei war den Ecktisch zu decken.

„Hallo Oma!“

„Ach, grüß Gott, mein Junge! Meine Güte! Groß bist du geworden! Hast du bemerkt, wie groß er geworden ist, Erwin? Wirklich groß, schon größer als ich“, stellte auch Bennes Großmutter fest und Micha hatte das Gefühl, dass ihr das Alter doch mehr zusetzte als ihrem Mann. Doch Benne schien das nicht zu beeindrucken, sondern er lachte, wenn auch etwas laut: „Größer als du war ich auch schon das letzte Mal, dass ich euch besucht habe.“

„So…“ Sie schien einen Augenblick zu überlegen und sagte dann: „Ja, setzt euch doch, setzt euch, es gibt Schwarztee und Kuchen, ich hoffe, ihr mögt das.“ Einstimmiges Nicken war die Antwort und Bennes Großmutter ging an die Küchenzeile, um den Kuchen zu holen und ihn auf den Tisch zu stellen, während ihr Mann sich um die Teekanne kümmerte.

Derzeit machten es sich die Jugendlichen schon einmal auf der Eckbank bequem.

Micha schaute sich neugierig um; er mochte solche alten Häuser und das alte Ehepaar machte einen sehr sympathischen Eindruck, vielleicht war es doch keine so schlechte Idee gewesen mitzukommen.

„Was ist jetzt Micha, teilen wir uns ein Zimmer?“, riss ihn Bess aus den Gedanken und etwas verwirrt sah er zu ihr, fragte dann: „Wäre es nicht sinnvoller, wenn Benne und ich uns ein Zimmer teilen und du ein eigenes bekommst? Ich meine, du bist schließlich ein Mädchen und…“

Bess lachte daraufhin hell auf und erklärte ihm dann: „Micha, das ist kein Schulausflug, hier müssen Weibchen und Männchen nicht getrennt schlafen, nun komm schon. Wir beide in einem Zimmer, das wird sicher lustig!“ Er wusste zwar immer noch nicht recht, was sie damit bezweckte, doch hatte er keine Lust darüber zu diskutieren und stimmte so also zu.
 

An diesem Tag wollten sie nicht mehr Ski fahren, es wäre auch schlecht möglich gewesen, da die Lifte um vier Uhr schlossen und sie ja erst hatten losfahren können, als Bess und Micha Schule aus hatten.

So begnügten sie sich damit, erst einmal den ersten Stock zu belagern. Benne hatte erzählt, dass seine Großeltern den normalerweise an Touristen vermieteten, doch für ihn und seine Freunde hatten sie immer Platz, solange er sich nur früh genug anmeldete.

Gero und die anderen waren offensichtlich nicht das erste Mal dabei, denn sie kannten sich hier schon gut aus und so besetzte Gero auch gleich das größte Schlafzimmer für Ella und sich. Bess zog ihn in das andere Schlafzimmer und Benne musste sich demnach mit dem Sofa im Wohnzimmer zufrieden geben.

Die Snowboards und Skier hatten sie im Keller untergebracht, in dem eigens dafür sogar ein Ständer stand.

Bess ließ sich erst einmal auf das weiche Bett fallen und versank förmlich in der aufgeplusterten Bettwäsche, Micha hingegen begann damit seine Sachen in den Schrank einzuräumen. Er spürte ihren Blick im Nacken und irgendwann hörte er sie sagen: „Mann, Micha, jetzt lass doch mal die Klamotten Klamotten sein und leg dich zu mir, das Bett ist echt bequem!“

Der Blonde seufzte und drehte sich zu ihr um, doch als er das Bett nun genauer betrachtete stockte ihm der Atem. Das war kein gewöhnliches Doppelbett! Kein Einzelbett, dafür war es zu groß, aber für ein Ehebett war es eindeutig zu eng. Und es lag nur eine Decke darauf.

„Ist was?“, fragte Bess, scheinbar ahnungslos und Micha setzte sich neben sie auf das Bett und erklärte sich: „Das Bett ist aber ziemlich eng und wir haben nur eine Decke; ist dir das wirklich recht? Also ich weiß nicht, wenn es dir lieber ist, dann kann ich auch zu Benne aufs Sofa gehen, oder so…“

„Red keinen Blödsinn, das Sofa ist nicht ausziehbar und komm bloß nicht auf die Idee mit ihm zu tauschen, denn mit ihm schlaf ich bestimmt nicht noch einmal in einem Bett“

„Warum das denn?“

„Na ja...“ Bess lief leicht rötlich an und sah auf ihre perfekt manikürten Fingernägel. „Er gibt komische Geräusche von sich, wenn er schläft und morgens hat er dann ’ne riesen…“

„Ist okay!“, fiel Micha ihr ins Wort, er wollte vermeiden, dass sich Bilder vor seinem geistigen Auge formten.

„Wegen der Decke musst du dir keine Sorgen machen, ich kann mich dünn machen und wir müssen eben etwas näher beieinander liegen, das ist doch kein Problem, nicht?“ Micha schluckte daraufhin, schüttelte aber dennoch den Kopf.

Was hatte Bess Verhalten in letzter Zeit nur zu bedeuten? Er hatte das Gefühl, dass sie um jeden Preis versuchte ihm näher zu kommen.

„Komm, lass uns mal bei Ella und Bärli vorbeischauen, die werden sich sicher freuen“, erklang da wieder Bess’ Stimme und Micha nickte nur.
 

Doch als sie in deren Zimmer kamen, sahen sie nur Ella, die alleine auf dem Bett saß, einen Mp3-Player in der Hand, Stöpsel in den Ohren. Bess warf Micha einen vielsagenden Blick zu und setzte sich zu Ella aufs Bett.

Micha blieb unschlüssig in der Tür stehen und sah auf das Bett. Unwillkürlich stellte er fest, dass auch hier nur eine Decke vorhanden war, doch Ella und Gero würden damit wohl kein Problem haben. Wobei Micha nicht wirklich wusste, was inzwischen in Gero vorging. Die letzten Nachmittage, die er mit Gero verbracht hatte, war er bewusst nicht auf dieses Thema eingegangen, dennoch interessierte es ihn.

Ella hatte inzwischen die Stöpsel aus den Ohren genommen und Bess warf ihm einen auffordernden Blick zu, der ihm gebot das Zimmer zu verlassen, was er zu gerne tat.

Im Wohnzimmer, das zwischen den beiden Schlafzimmern lag, fand er Benne, der es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatte und ebenfall Musik hörte.

Nur wo war Gero hin verschwunden?

Als er den nicht zugezogenen Vorhang vor der Balkontüre erblickte, wurde es ihm allerdings klar und er ging hinaus zu Gero.

Der saß still auf einem der Stühle und starrte finster auf die Landschaft, die sich hinter dem Haus erstreckte.

„Darf ich mich setzen?“, fragte Micha.

„Tu, was du nicht lassen kannst“, war die ruppige Antwort und Micha tat, was er nicht lassen konnte und zog die Füße auf den Sitz, damit sie auf den Steinfliesen nicht zu kalt wurden.

„Was ist denn los?“, fragte er schließlich, als er das Schweigen nicht mehr ertragen konnte.

Gero antwortete ihm nicht. „Ist es wegen Ella?“

„Weswegen sonst?“

„Keine Ahnung. Was ist denn mit ihr?“ Er versuchte so beiläufig wie möglich zu klingen, doch gelang ihm das nicht wirklich.

„Was mit ihr ist? Nichts ist mit ihr! Das ist es ja! Sie ist wie immer, nur ich…“ Er brach ab. „Ist ja auch egal.“ Micha allerdings schüttelte den Kopf und entgegnete, wenn auch kleinlaut: „Nein, ist es nicht, mir zumindest.“

„Du kannst echt nerven, Kleiner“, war die gleichgültige Antwort. Aber locker lassen wollte Micha nicht, zumindest noch nicht.

„Nun sag schon, was los ist!“, drängte er also. Gero wandte ihm nun das Gesicht zu und sah ihn für einen Augenblick bedauernswert an, dann blickte er wieder auf die Schneelandschaft, bis er schließlich doch antwortete: „Bei mir hat es sich verändert. Ich fühle ihr gegenüber nichts mehr, nicht einmal gestern beim Sex. Mann, das ist so abartig! Früher war das noch ganz anders, aber jetzt… So’n Scheißdreck!“

„Und was willst du jetzt tun?“, fragte Micha schüchtern.

„Was ich jetzt tun will?“, lachte Gero gequält auf. „Hier geht es nicht wirklich um das, was ich will, denn ich will sie wieder richtig lieben, aber irgendwie geht das nicht, also bleibt mir ja wohl nur eine Möglichkeit: Schluss machen.“ Micha schluckte.

„Aber… doch nicht dieses Wochenende, oder?“

„So’n Arschloch bin ich dann doch wieder nicht, dass ich ihr das ganze Wochenende versau, ich mach’s nächsten Samstag, wenn sie wiederkommt.“

„Und wo ist sie die Woche über?“, fragte Micha und konnte die Neugierde in seiner Stimme nicht verbergen.

„Bei ihrer Mutter.“

„Und was willst du jetzt machen? Wie willst du jetzt mit ihr umgehen?“

„Keine Ahnung, mal sehen.“ Mit diesen Worten erhob sich Gero und erklärte das Gespräch somit für beendet.

Micha folgte ihm schweigend in sein Zimmer, in dem Ella und Bess, nun lachend, auf dem Bett saßen und sie gar nicht beachteten.

„Wo ist denn die zweite Decke hin?“, fragte Gero, sichtlich etwas verwirrt. Ella sah nicht zu ihm, sondern antwortete monoton: „Die hat sich Benne geschnappt, weil er meinte, uns stört es nicht unter einer zu schlafen und er sonst keine hat.“

„Ach so.“ Ebenso eintönig.
 

Als Micha sich am nächsten Morgen, neben Bess, wohlgemerkt, die Zähne putzte, konnte er kaum die Augen offen halten.

Erst waren sie noch ausgegangen, in irgendeine Disko und dann, als sie endlich wieder beim Ehepaar Schneider und im Bett waren, hatte er kaum schlafen können, weil er ständig Bess’ Körper hinter sich gespürt hatte; irgendwann um halb fünf war er dann endlich eingeschlafen, doch da sie um halb acht schon wieder aufgestanden waren, hatte er kaum Schlaf bekommen.

Auch beim Frühstück ging es ihm nicht besser, sodass sich Bennes Großmutter schon Sorgen machte.

Als sie dann allerdings auf der Piste standen, hatte sich das geändert, denn das erste, was Gero getan hatte, als sie das Haus verließen, war, ihm eine Hand voll Schnee ins Gesicht zu reiben, sehr zum Vergnügen der anderen Anwesenden.

Am Vormittag hatte Micha sich von den anderen überreden lassen mit in den Fun Park zu gehen; dort hatte er es geschafft, in Gero-Manier, über einen Kicker zu stürzen und sich das Knie, zumindest dem Gefühl nach, zu zertrümmern. Daraufhin hatte er sich die restliche Zeit den Mädchen gesetzt, die etwas abseits lagen, Jacken und Pullover ausgezogen hatten und sich nun, die T-Shirts nach oben geschoben, die Sonne auf den Bauch scheinen ließen.
 

Erst zum Mittagessen erhoben sie sich und fuhren mit dem Sessellift hinauf, um dann noch eine Abfahrt zu machen, die sie zu einem der Gasthöfe brachte. Micha kam nur widerwillig mit, doch sein knurrender Magen – und die Drohungen Geros – ließen ihm kaum eine andere Wahl.

Als sie endlich auf der Terrasse saßen, zogen sie sich erst einmal Mützen, Handschuhe, Jacken und Schals aus, da die Sonne schon den ganzen Tag ziemlich intensiv schien und sie sonst in der Hitze eingegangen wären.

Das Essen an sich verlief relativ unspektakulär. Bess und Ella teilten sich eine Portion Pommes, die Jungs aßen für sich selbst.

Micha hatte schon den ganzen Tag Gero beobachtet. Und er konnte nicht umhin, immer wieder Kleinigkeiten zu entdecken, die ein Indiz dafür darstellten, dass Gero Ella wirklich den Laufpass geben würde.

„Nun komm schon, Bärli!“, ertönte da Ellas Stimme, sie klang inzwischen genervt, offensichtlich versuchte sie Gero zu etwas zu überreden, was der allerdings gar nicht wollte, denn alles was er dazu sagte, war: „Nein, Ella, Punkt. Vergiss es!“

„Aber wenn du keinen Labello benutzt, reißen deine Lippen auf und das ist wirklich schmerzhaft!“

„Nein! Zum letzten Mal, Ella, ich benutze nicht deinen komischen Labello oder seh ich etwa aus wie ein Weib?“

„Herrgott, Gero! Nun stell dich doch nicht immer so an! Nur weil du Labello benutzt, muss das ja nicht gleich heißen, dass du schwul bist, oder transvestitisch veranlagt. Ich hab nur keine Lust darauf, dass du mir heute Abend die Ohren voll jammerst, dass dir die Lippen wehtun. Und jetzt halt still!“ Sie hatte den Labello geöffnet und die Spitze herausgedreht, mit der sie Gero nun zu Leibe rücken wollte.

Doch der wandte demonstrativ das Gesicht ab; gerade wollte er wieder etwas sagen, da hatte sie sein Gesicht fast schon gewaltsam ihr zugewandt und machte sich daran zu schaffen den Lippenbalsam aufzutragen. Nach einigen Sekunden seufzte Gero und gab sich offensichtlich geschlagen, denn er entspannte die vorher verbissen aufeinander gepressten Lippen und wehrte sich nicht mehr.

Wie gebannt sah Micha auf die Lippen Geros, auf denen nun ein durchsichtiger, leicht glänzender Schutzfilm lag, der sie irgendwie voller wirken ließ.

„Na siehst du, Bärli? Geht doch“, lächelte schließlich Ella, als sie den Labello weggesteckt hatte, und knuffte ihn in die Wange, als spräche sie mit einem Kleinkind, doch gleich darauf bedeckte sie Geros Lippen mit einem flüchtigen Kuss. Und erst diese Geste schaffte es Michas Blick von Geros Mund zu lösen.

Fast schon erschrocken stellte Micha fest, wie er errötete, nur weil er sich selbst dabei ertappt hatte, wie er Gero angestarrt hatte. Ein Blick auf die anderen verriet ihm, dass es niemand bemerkt hatte, denn Benne stellte gerade ein paar Österreicherinnen nach, Ella war mit Gero beschäftigt, Gero damit Ella zu ignorieren und Bess blickte schon seit geraumer Zeit stur in ihre Cola.

Im nächsten Moment allerdings schaute sie auf und Micha direkt ins Gesicht. Sie lächelte ihn scheu an und fragte leise, sodass niemand außer ihm sie hören konnte: „Kannst du bitte mal mitkommen, Micha? Ich muss dir was ganz Wichtiges sagen.“ Etwas erstaunt nickte Micha und folgte ihr, als sie von der Terrasse ging. Sie ignorierte die Blicke und Fragen ihrer Freunde gekonnt und Micha konnte nur mit den Achseln zucken.

Als sie sich auf den Schneewall setzte, an dem auch einige Snowboards und Skier lehnten, setzte er sich neben sie und fragte skeptisch: „Was ist denn? Was musst du mir so wichtiges sagen?“

Sie jedoch gab ihm zuerst keine Antwort, sondern stocherte mit den Fingern im Schnee zwischen ihren Beinen herum. Sie sah ihn nicht an, sondern konnte sich nur dazu durchringen mit unsteter Stimme zu sagen: „Na ja, ich weiß nicht so recht, wie ich das sagen soll…“ Sie unterbrach sich und begann Herzchen in den Schnee zu malen, doch die verwischte sie gleich darauf, nur um wieder neue zu malen. Als sie fortfuhr klang ihre Stimme noch kleiner: „Oh Mann, das ist so peinlich, eigentlich hatte ich mir das ein bisschen anders vorgestellt…“

„Was hattest du dir anders vorgestellt?“, fragte Micha und sah verwirrt auf ihr Profil.

„Micha, ich mag dich.“ Sie sah immer noch nicht auf.

„Ja, ich mag dich auch, aber du wolltest mir doch was Wichtiges sagen.“ Er begriff beim besten Willen nicht, was sie mit diesem Gespräch bezweckte.

„Nein, Micha, du verstehst das falsch, ich mag dich. Ich mag dich wirklich.“ Erst verstand Micha noch immer nicht, was sie von ihm wollte, doch dann ging ihm ein Licht auf und er erkannte den Sinn ihrer Worte und den Zweck der Herzchen, die sie immer wieder aufs Neue in den Schnee zeichnete

„Oh...“ Es war tonlos von ihm und was er sagen sollte wusste er beim besten Willen nicht. Es war das erste Mal, dass er sich in dieser Situation befand, doch Bess stampfte nun den Schnee zwischen ihren Beinen mit der flachen Hand platt und sagte währenddessen: „Ja, ‚oh’. Am Besten, du sagst mir jetzt einfach, dass das nicht auf Gegenseitigkeit beruht und ich bloß zusehen soll, wie ich Land gewinne, dann wäre das auch endlich geklärt.“

„Nein!“, rief Micha daraufhin hastig, bestürzt von der Frustration und der Verbitterung in ihrer Stimme. Noch nie zuvor hatte er Bess so sprechen gehört und hätte nicht gedacht, dass er es jemals würde.

„Was heißt nein?“, hakte nun Bess nach und sah ihm endlich in die Augen, woraufhin sich ein Rotschimmer auf seine Wangen legte. „Heißt das, dir geht es genauso?“ Hoffnung glomm in ihren Augen auf und Micha wagte kaum noch zu sprechen, doch er tat es dennoch: „Nein, das nicht, aber… ich weiß, nicht, wie ich dir das sagen soll…“

„Du findest mich hässlich?“

„Nein!“

„Nervig und zu hyperaktiv?“

„Nein!“

„Einfach nur abstoßend?“

„Nein, Bess, ich mag dich doch, aber…“

„Was dann, bist du schwul, oder was?“ Es war eine verbitterte Scherzfrage gewesen, doch als Micha das Gesicht von ihr abwandte und sich nicht dazu äußerte, weiteten sich ihre Augen und sie keuchte: „Nein!“ Einige Sekunden herrschte wieder unangenehmes Schweigen zwischen ihnen, bis Bess leise fragte: „Du bist echt schwul?“ Vorsichtig nickte Micha. Na toll, ihrer Reaktion nach zu urteilen, hatte er es sich nun auch mit ihr verscherzt. Und er wollte schon wieder aufstehen und gehen, da sprach sie weiter: „Oh Mann! Das ist ja mal wieder typisch, dass ich mich in einen Schwulen vergucke! So’n Scheiß!“

„Tut mir leid, Bess, bitte sei nicht böse, ich… ich kann nichts dafür…“

Schweigen ihrerseits, bis sie zögerlich fragte: „Und bist du wirklich schwul, oder bi, oder so was in der Art?“ Als er keine Antwort darauf gab, fuhr sie fort: „Okay, ich versteh schon, du willst mit mir nicht darüber sprechen, kann ich irgendwie verstehen. Na ja, demnach liegt’s diesmal wenigstens nicht an mir.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln und erhob sich dann. Micha schwieg weiterhin.

„Wissen denn die anderen davon?“ Einen Moment lang überlegte Micha, ob er ihr von Geros Wissen erzählen sollte, beließ es dann aber doch lieber dabei schlicht den Kopf zu schütteln. Bess lächelte ihn nur traurig an, reichte ihm die Hand, um ihm aufzuhelfen und sagte: „Gut, dann werden sie es von mir nicht erfahren, wenn du das nicht möchtest.“
 

Als sie am Abend nebeneinander auf dem Bett saßen, schwiegen sie und Bess achtete nun darauf ihn so wenig als möglich zu berühren. Die Stimmung zwischen ihnen lag schwer im Raum und schien sogar die weiche Decke platt zu drücken, da bemerkte Bess schließlich mit leiser Stimme: „Also irgendwie hab ich mir Schwule immer anders vorgestellt.“ Zum Schlafen war es noch zu früh gewesen, doch hatten sie dennoch kaum gesprochen und damit die Stille nicht wieder Überhand nahm, fragte Micha, ebenso leise: „Wie denn?“

„Na ja, so wie man sie sich eben vorstellt, transenmäßig halt, mit „Tüdelü-Sprache“, oder wie man das nennen mag. Ich weiß auch nicht. Eben nicht so wie du bist. Gut, wenn man es weiß, dann gab es schon einige Momente, in denen man es dir hätte anmerken können, aber irgendwie übersieht man das, man geht ja auch nicht davon aus, dass der Typ, in den man sich verknallt, schwul ist.“

„Tut mir wirklich leid“, sagte Micha noch einmal und Bess wollte gerade etwas erwidern, da sprang die Tür auf und Ella stand wutschnaubend in ihrem Zimmer. Die Beiden starrten Ella an, die rief: „Raus, Micha! Ich schlaf hier! Neben Gero halte ich es keine zwei Minuten länger aus! Dieses Arschloch!“

„Aber…“, setzte Micha an, doch Ella unterbrach ihn ruppig: „Ich hab gesagt, du sollst bei Gero schlafen, oder ist mir egal, wo, Hauptsache ich kann da schlafen, wo er nicht schläft! Und jetzt raus!“

Erschrocken stand Micha auf und sah verwirrt zu, wie sich Ella anstatt seiner zu Bess ins Bett legte.

Unschlüssig verließ er das Zimmer und ging zu Gero, der im Bett lag, das Gesicht zur Wand.

„Gero?“, fragte Micha vorsichtig und der Angesprochene fragte harsch: „Was willst du?“

„Naja, Ella hat mich aus meinem Bett geworfen und gesagt, ich solle bei dir schlafen, oder soll ich…“

„Is mir doch jetzt scheiß egal“, brummte Gero.

Mit einem flauen Gefühl im Magen legte Micha sich nun neben ihn, näher, als er es eigentlich wollte, aber da sie nur eine Decke hatten, mussten sie wohl oder übel näher beieinander schlafen.

„Und pass bloß auf, wo du deine Griffel hältst!“, knurrte Gero und zog noch etwas mehr der Decke zu sich, sodass Micha halb im Freien lag. Doch er beschwerte sich nicht, sondern fragte ruhig: „Was war denn?“

„Ach, keine Ahnung, sie wollt halt reden und ich nicht und irgendwie wollt sie dann ficken, aber ich nicht. Fertig.“

„Und… was wolltest du?“, fragte Micha schüchtern und sah auf Geros Hinterkopf. Der setzte sich nun auf und sah auf ihn herab. Schließlich antwortete er: „Schlafen. Warum legst du dich eigentlich ins Bett, wenn du noch deine Klamotten anhast?“ Micha traute sich erst kaum ihm zu antworten, doch als Geros Blick sich, mit jeder Sekunde, die verstrich, verfinsterte, entgegnete er schließlich doch: „Naja, ich hatte mich halt noch nicht umgezogen und in meinem Zimmer ist jetzt Ella und ich hab…“

„Was hast du?“, hakte Gero nach, als Micha nicht weiter sprach. Und ganz leise fuhr Micha fort: „Ich hab Angst.“ Einen Moment lang sah Gero ihn nur perplex an, dann prustete er vor Lachen los: „Oh mein Gott! Du hast Angst vor Ella! Junge!“ Er hielt einen Augenblick inne, um tief Luft zu holen und dann ernst zu sagen: „Ich verstehe dich.“

Und einen Moment später brachen sie beide in Gelächter aus und erst das Klopfen an der Wand, das aus Bess’ und nun auch Ellas Zimmer kam, brachte sie dazu, sich zu beruhigen.

„Pass auf, Micha, ich müsst noch ’ne Jogginghose dabeihaben, wird dir zwar zu groß sein, aber besser als gar nichts.“ Micha nickte.

Als Gero eine Weile lang in seiner Tasche gewühlt hatte, warf er Micha eine graue Jogginghose und ein dunkelblaues T-Shirt zu.

Der Blonde hatte sich schon die Jeans ausgezogen und wollte gerade Geros Hose anziehen, da sah dieser ihn irritiert an, oder besser gesagt: seine Beine.

Verwirrt sah Micha an sich herunter und bemerkte erst jetzt, dass sein Knie blau angelaufen und auch geschwollen war. Es hatte zwar den ganzen Tag über wehgetan, aber dass es so aussah, damit hätte Micha nicht gerechnet.

„Ist das heute bei deinem Sturz passiert?“, fragte Gero, den Blick nicht von seinem Knie abwendend. Immer noch recht perplex bejahte Micha und fügte noch hinzu: „Aber ich hätte nicht gedacht, dass es so aussieht, so sehr tut es gar nicht weh…“

„Ah ja“, war alles, was Gero dazu sagte, doch einen Moment später ging er aus dem Zimmer und rief ihm noch zu: „Warte kurz, ich hol schnell Verbandszeug, das kann man ja nicht so lassen!“ Und da Micha nicht mehr die Möglichkeit hatte, ihm zu widersprechen, setzte er sich einfach nur auf die Bettkante und wartete darauf, dass Gero wiederkam.
 

Wenige Minuten darauf kniete Gero vor ihm, neben sich Salbe, eine Packung Taschentücher und einen Verband. Micha wusste nicht wirklich, was das bringen sollte und Gero musste ihm das wohl angesehen haben, denn er beruhigte ihn: „Keine Panik, Ella hat das schon ungefähr tausend Mal bei mir gemacht, das wirkt Wunder.“

Dann nahm er sich die Salbe und verstrich sie großzügig auf dem Knie, Micha empfand es als angenehm kühlend. Anschließend legte er ein einmal aufgeklapptes Taschentuch darauf, das daran kleben blieb, um dann zu beginnen das Knie zu verbinden.

„Worüber hast du heute Mittag eigentlich mit Bess geredet?“, fragte er schließlich und durchbrach so die Stille. Micha hatte irgendwie das Gefühl, dass die Menschen in seiner Gegenwart schweigsamer wurden.

„Na ja, ich weiß nicht, ob ich dir das sagen kann…“, versuchte er sich um die Antwort zu drücken, doch der Blick, mit dem Gero ihn von unten her bedachte, brachte ihn zum Reden: „Ist ja gut… sie hat mir gesagt, dass sie mich mag.“

„Wie, dass sie dich mag? Was soll das denn?“ Offensichtlich war Micha nicht der Einzige, der dabei erst einmal an nichts Spezifisches dachte.

„Na du weißt schon…“ Es war ihm irgendwie peinlich und als er spürte, wie seine Wangen heiß wurden und Gero immer wieder zu ihm hinauflinste, wurde es nur noch schlimmer. Gero hingegen dachte anscheinend über eine weitere Bedeutung dieser Worte nach, bis ihm ein Licht aufging: „Ach was! Sie hat dir endlich gesagt, dass sie auf dich steht?“

„Endlich?“, keuchte Micha. „Das heißt, du wusstest davon?“

„Ach komm schon, Micha! Als hättest du das nicht bemerkt, das sieht doch ’n Blinder mit Krückstock, dass die was von dir will! Is ja geil! Mann, endlich die Gelegenheit von deinem Schwulen-Trip runter zu kommen!“

„Das ist doch kein Trip!“ Was für Vorstellungen hatte Gero eigentlich von Homosexualität?

„Mir egal, wie du das nennst, auf jeden Fall ’ne geniale Gelegenheit um davon wegzukommen. Ich hoff doch, dass du nichts Falsches gesagt hast?“ Es klang wie eine Drohung, doch Micha ignorierte es und erwiderte: „Ich hab es ihr gesagt.“

„Was hast du ihr gesagt?“ Er schien bester Laune zu sein.

„Dass ich schwul bin.“

Schweigen.

Dann spürte Micha, wie der Schmerz in seinem Knie heftiger wurde und ein Blick nach unten zeigte ihm, dass Gero die Daumen verkrampft gegen sein Knie drückte und er brachte zwischen zusammengepressten Zähnen hervor: „Das hast du nicht!“

Als Micha schließlich gequält einen Laut des Schmerzes hervorbrachte, lockerte Gero sofort seinen Griff und fuhr fort ihn zu verbinden, doch er bat nicht um Entschuldigung.

„Du brauchst keine Angst zu haben, ich hab ihr nicht gesagt, dass du es auch weißt; falls es das ist, was dir Sorgen macht.“ Etwas Trotz lag in seiner Stimme und als Gero den Verband mit einer Klammer befestigt hatte, stand er auf, um sich die Hose und dann auch das T-Shirt anzuziehen.

„Du bist echt eine wahnsinnige Plage“, kam es karg von Gero, der die Salbe und die Tempos auf den Nachttisch legte.

„Danke“, entgegnete Micha ebenso trocken. „Du bist auch nicht gerade leicht zu händeln.“

„Schön, dass das geklärt ist“, sagte Gero und trank einen Schluck aus der Wasserflasche, die offenbar zwischen Nachttisch und Bett gestanden hatte.

Kaum hatte er diese wieder abgestellt, nahm Micha sie sich und trank auch etwas daraus; und wenn es nur aus Starrsinn war.

„Du hättest mich auch einfach fragen können“, knurrte Gero, doch Micha entgegnete: „ Ich wollte dich halt nicht noch mehr plagen.“

„Du musst auch alles wörtlich nehmen!“

„Manchmal.“

„Halt die Klappe! Ich geh pennen, gute Nacht.“ Und mit diesen Worten legte er sich demonstrativ breit ins Bett und zog die Decke über sich. Micha seufzte vernehmlich, löschte das Licht aus und tapste barfüßig auf dem kalten Parkett zum Bett, jedoch nicht, ohne sich schmerzhaft den kleinen Zeh anzustoßen, weswegen er unterdrückt aufkeuchte.

„Was ist denn jetzt schon wieder? Ich will schlafen, Mann!“, ertönte da Geros ruppige Stimme.

„Tut mir leid“, kam es daraufhin von Micha, wenn auch eher zynisch. „Ich hab mir den Zeh angestoßen.“

„Is mir doch egal, solange du nur ruhig bist.“

„Kannst du bitte ein Stück rutschen?“ Micha rechnete nicht wirklich damit, dass Gero ihm Platz machte, doch offensichtlich war der immer für eine Überraschung gut, denn er rutschte tatsächlich ein Stück näher zur Wand und überließ ihm auch tatsächlich die Hälfte der Decke.

„Danke“, kam es daraufhin irritiert von ihm und er legte sich auf den von Gero vorgewärmten Platz und hüllte sich in die ebenfalls angewärmte Decke.

„Pass aber trotzdem auf, wo du deine Griffel hast.“ Micha entschied sich, nicht auf diese Anspielung einzugehen, sondern schloss die Augen, um zu schlafen.

Allerdings war das leichter gedacht, als getan und als er sich ein paar Minuten hin und her gewälzt hatte, setzte sich Gero schließlich auf und fragte wütend: „Was ist denn nun schon wieder?“

„Ich kann nicht schlafen.“

„Und? Musst du dich deswegen so rumwälzen? Dann kann ich nämlich auch nicht schlafen.“

„Nein, es ist nur, dass ich nicht schlafen kann, wenn Streitigkeiten nicht beigelegt sind.“

„Was für Streitigkeiten denn?“

„Na ja, zwischen uns“, sagte Micha verlegen und wandte das Gesicht ab. Etwas verblüfft musterte Gero ihn und fragte dann: „Zwischen uns? Wir haben uns doch nicht gestritten.“

„Doch, eben“, erwiderte Micha und sah Gero nun doch in die Augen.

„Eben?“, fragte Gero und schien einen Augenblick zu überlegen, dann lachte er auf. „Das war doch kein Streit, Mann! Na du hast Vorstellungen! Junge, wenn ich mich streite, dann sieht es aus wie zwischen Ella und mir im Moment.“

„Kannst du das nicht auch klären?“, fragte Micha schüchtern, doch Gero erwiderte: „Ich glaub, du willst mich verarschen! Ich geh da jetzt ganz bestimmt nicht rüber, die soll erst mal wieder runterkommen, dann red ich vielleicht noch mal mit ihr. Und jetzt schlaf endlich, ich bin müde.“ Für ihn war das Gespräch damit beendet und der Tonfall hatte Micha klar gemacht, dass es keinen Zweck hatte weiter zu sprechen.

So schloss er wieder die Augen und versuchte erneut einzuschlafen, was jedoch bis in die frühen Morgenstunden bei dem Versuch blieb.
 

Am nächsten Morgen fand er sich neben dem Bett, gänzlich in die Decke gewickelt, auf dem Fußboden wieder. Ein Blick aufs Bett zweigte ihm, dass Gero ihn wohl heruntergedrängt haben musste, denn der lag quer über dem Bett auf dem Bauch, alle Viere von sich gestreckt, mit offenem Mund schnarchend; wobei er das schon in der Nacht getan hatte.

Gerade überlegte Micha, ob er es schaffte, dass das Kissen trocken blieb, da klingelte Geros Handy. Micha schrak auf und blickte auf den Nachttisch, auf dem das vibrierende und Musik spielende Ding lag und dann zu Gero, der seelenruhig weiterratzte.

Irgendwann ging es ihm auf die Nerven.

So schälte er sich aus der mollig warmen Decke, um zu Gero aufs Bett zu steigen, sich neben ihn zu knien und ihn vorsichtig an den Schultern zu rütteln, während er flüsterte: „Gero? Gero, dein Handy klingelt, willst du nicht rangehen?“ Der Rothaarige jedoch drehte nur den Kopf auf die andere Seite. „Gero, jetzt wach doch auf!“

„Lass mich doch schlafen, Ella, wenigstens noch ein paar Minuten“, murrte der angesprochene nun im Halbschlaf und legte die Hände unter das Kissen, sodass es beinahe so aussah, als umarmte er es.

„Gero, ich bin nicht Ella…“

„Natürlich bist du Ella, wer solltest du sonst sein?“

„Micha.“

„Wieso das denn? Verarsch mich nich, der liegt bestimmt noch zu Hause im Bett und pennt, zu dem is niemand so grausam und weckt ihn.“ Die Augen hatte Gero noch immer nicht aufgeschlagen, dennoch gähnte er nun herzhaft: „Nun mach doch mal den blöden Wecker aus, der nervt!“

„Ruft dich nicht jemand an?“

„Wieso sollte mich denn so früh jemand anrufen?“

Wieso war es so schwer ihn wach zu bekommen?

„Weil dein Handy klingelt…“

„Ich sag doch, du sollst den Wecker ausstellen, solltest du nicht wissen, dass ich ’nen anderen Klingelton hab?“

Seufzend griff Micha schließlich doch nach dem Handy und betrachtete es erst einmal skeptisch. Er hatte selbst keins, hatte auch noch nie eines gebraucht, geschweige denn sich dafür interessiert.

„Und wie mach ich das aus?“, fragte er, weil er sich nicht traute einfach auf irgendeine Taste zu drücken.

„Oh Mann, gib schon her!“, rief Gero da ruppig und riss ihm das Handy aus der Hand und einen Moment später war es endlich still. Doch als er sich über Micha lehnte, um das Handy wieder auf den Nachttisch zu legen, sah er zu ihm und sagte: „Du bist ja wirklich Micha.“ Und als er an sich herunter sah und dann wieder auf Micha, der sich die Decke um die Schultern geschlungen hatte, fügte er empört hinzu: „Und du hast mir die Decke geklaut!“

„Nur, weil du mich aus dem Bett getreten hast!“

„Ach was, das würd ich nie machen!“

„Jaja“, entgegnete Micha gekränkt.

„Nun sei nich gleich so zickig; tut mir leid, okay? War keine Absicht.“ Es erstaunte Micha, dass Gero um Verzeihung bat, doch er entgegnete im nächsten Moment: „Ist schon gut, ich bin ja nicht dran gestorben.“

„So sieht’s aus“, grinste Gero und fuhr sich durch die Haare, um im nächsten Moment wieder zu gähnen und sich ausgiebig zu strecken. „Wie geht’s eigentlich deinem Knie?“, fragte Gero dann.

„Naja, geht so, aber besser als gestern.“, antwortete Micha und griff sich wie zur Bestätigung ans Knie.

„Hm, du solltest aber nachher trotzdem mal Ella bitten, es dir noch mal zu verbinden.“

„Ich weiß nicht“, murmelte Micha und wandte den Blick von Gero ab, doch der erwiderte schlicht: „Nun stell dich nicht so an, sie wird dir schon nicht den Kopf abreißen.“ Nicht wirklich überzeugt nickte Micha, traute sich nicht, ihm zu widersprechen.

Da ging die Tür auf und Ella stand in der Tür, die Haare verstrubbelt, die Augen ganz klein.

„Morgen“, murmelte sie und trat ein, um an ihre Tasche zu gehen.

„Morgen“, erwiderten Gero und Micha den Gruß und Gero fuhr alleine fort, während sie in ihrer Tasche wühlte: „Von dir haben wir übrigens gerade gesprochen.“

„Tatsächlich?“, meinte Ella abwesend.

„Ja. Micha hat sich gestern das Knie verletzt“, erklärte Gero, doch Ella entgegnete nur: „Und was soll ich da machen?“

„Also ich hab ihm gestern Abend noch einen Salbenverband gemacht, aber du kannst das besser, deswegen wäre es gut, wenn du den heute Morgen noch mal auffrischst.“

„Aber nicht jetzt, Gero“, stöhnte Ella leicht genervt. Gero allerdings entgegnete ebenso pampig: „Jetzt stell dich nicht so an, es geht schließlich nicht um mich, sondern um Micha, also zick nicht.“

„Ja, ich hab verstanden, dass es um Micha geht, aber ich würde mich trotzdem gerne erst einmal waschen und umziehen, wenn es den Herren genehm ist.“

„Jaja, is okay.“

Micha hielt sich lieber aus dem Gespräch raus. Dem Tonfall der beiden zu folge, würden sie jeden Moment explodieren und er hatte keine Ahnung, was dazu führte und was nicht, also saß er nur schweigend auf dem Bett und sah auf seine nackten Füße.
 

Ella hatte Wort gehalten und ihn frisch verbunden, jedoch nicht ohne Gero zu tadeln, er habe zu viel Salbe verwendet und den Verband zu locker angelegt.

Heutigen Tag blieb Micha aber trotzdem zu Hause und fuhr nicht mit den anderen die Pisten hinab. Stattdessen half er Frau Schneider im Haushalt und sah sonst Fernsehen.

Um ungefähr viertel vor fünf kamen die anderen dann wieder. Sie aßen etwas, suchten dann ihre Sachen zusammen und verabschiedeten sich von dem Ehepaar Schneider, um dann wieder loszufahren, in Richtung des Überlinger Sees.
 

Hm, ich wollte eigentlich nur mal anmekren, dass ich nicht weiß, wie regelmäßig ich in nächster zeit zum Schreiben komme, also kann ich diesmal nicht versprechen, dass nächsten Samstag ein Kapitel kommt, allerdings bemühe ich mich, trotz Klausurenstress (und zwar extrem...) weiter zu schreiben =)

LG, Terrormopf :]

Vertrauen

Sooo =)
 

Ich habe es doch geschafft das Kapitel rechtzeitig fertig zu bekommen und das für nächste Woche auch =D

Danke für die Kommentare und ich werde mich bemühe sie dieses Mal zu beantworten. Joa und die Klausuren... Reden wir nicht drüber uû

Aber nun viel Spaß mit dem Kapitel =)
 


 

„Gero?“ Überrascht seinen Freund vor der Tür stehen zu sehen, öffnete er diese ganz und fragte lächelnd: „Was machst du hier, ich dachte du wolltest mit Ella… reden?“ Irgendetwas stimmte nicht. Er war blass.

„Kann ich reinkommen?“ Er atmete flach, als wäre er gerannt und er vermied jeglichen Blickkontakt zu Micha.

„Natürlich.“ Er machte den Weg frei und schloss etwas verwirrt die Tür hinter ihm.

„Was ist los?“, fragte er und tat besorgt einen Schritt auf Gero zu, versuchend aus seiner Mimik zu lesen. Doch dieser wandte schnell sein Gesicht von Micha ab und murmelte: „Ich muss mit dir reden.“

„Du musst… mit mir…?“ Micha errötete leicht, was sollte das nun wieder heißen? Unschlüssig stand er da und starrte Gero an, immer noch hoffend einen Blick auf dessen Gesicht zu erhaschen.

„Können wir hier irgendwohin, wo uns niemand stört?“ Mit diesen Worten sah er sich leicht argwöhnisch um, als erwartete er Paparazzi oder etwas in der Art.

„Ungestört?“, wiederholte Micha und tat noch einen Schritt auf Gero zu. „Gero, was…?“

„Starr mich nicht so an und hör auf mir dauernd alles nachzuschwätzen, Idiot! Ich hab dich was gefragt!“, brauste Gero auf und funkelte ihn im nächsten Moment an. Doch nur einen Augenblick später änderte sich sein Blick und er wandte den Kopf schnell wieder von ihm ab. Micha konnte nicht sagen, was für einen Ausdruck das Gesicht seines Gegenübers genau gehabt hatte, aber er bedeutete nichts Gutes. So entschuldigte er sich und sagte: „Wir können in mein Zimmer gehen, meine Eltern werden uns dort nicht stören, keine Sorge.“

„Gut, wo ist dein Zimmer?“ Natürlich, Gero war noch nie bei ihm zu Hause gewesen.

„Einfach die Treppen ganz nach oben, die Tür zu meinem Zimmer ist offen“, lächelte Micha und folgte Gero die beiden Treppen, die in den zweiten Stock führten, hinauf.

Hinter ihnen schloss er die Tür, drehte sich zu Gero um und fragte, unsicher lächelnd: „Also, worüber willst du mit mir sprechen?“

Er schwieg.

Warum sprach er nicht? Warum stand er nur da und besah sich die Bücher in Michas Regal, obwohl er hergekommen war, um mit ihm zu reden? Nachdenklich ließ sich Micha auf sein Sofa gegenüber dem Regal sinken und fragte vorsichtig: „Gero? Was ist mit dir? Ich fange langsam an mir Sorgen zu machen.“

Er antwortete nicht. Stand mit dem Rücken zu ihm und bewegte sich keinen Millimeter.

„Gero?“ Micha war kurz davor aufzustehen und ihn anzustupsen, da drehte er sich um, ein falsches Lachen auf den Lippen und sagte: „Entschuldige, ich war in Gedanken.“

„Ist OK.“ Auch er lächelte gezwungen und beobachtete, wie Gero sich neben ihn setzte. Besorgt sah er zu ihm. Erst jetzt bemerkte Micha wie blass er wirklich war und kleine Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn. Die Ellenbogen hatte er auf seinen Knien abgestützt, die Hände gefaltet und nach vorne gebeugt die Stirn darauf gelegt.

Nun schloss er die Augen und atmete tief durch.

„Nun sprich doch endlich!“, drängte Micha ihn. Er glaubte Gero noch nie so bedrückt gesehen zu haben. „Herrgott, was ist los?“ Er hatte in der Panik, die in ihm aufflammte, Geros Arm ergriffen und krallte seine Finger in die Muskeln, des Älteren, als könnte er ihn so zum Reden bringen.

„Sie…“, begann dieser schließlich, brach jedoch sofort wieder ab um die Finger in seine Haare zu krallen, ausdruckslos auf den Boden zwischen seinen Füßen zu starren und die Kiefer aufeinander zu pressen. Micha spürte, wie die Muskeln in Geros Arm sich verkrampften und lockerte seinen Griff etwas.

„Sie? Meinst du Ella? Also hat es mit ihr zu tun? Was ist es, sag schon!“, drängte er. Ihm fiel erst jetzt auf, wie stark Gero nach Rauch roch. Hatte er nicht aufgehört? „Gero!“, rief er und endlich sah Gero zu ihm, mit unklarem Blick.

„Ich…“ Waren Subjekte nun die einzigen Satzteile, die er aussprechen konnte? Micha wusste nicht recht mit dieser Situation umzugehen, so fuhr er fort Gero besorgt anzusehen.

„Sie ist schwanger.“ Seine Stimme hallte seltsam fremd in Michas Ohren wieder. Schwanger?

„Von wem?“ Es war die erste Frage die ihm in den Sinn kam. Die Hände hatte er nun ganz von Geros Oberarm genommen und sie in seinen Schoß gelegt. Der Gefragte rührte sich nicht, sondern entgegnete ruhig: „Von wem außer mir, du Depp?“

„Und wie- wie konnte das passieren?“ Die zweite Frage. Genauso rüde wie die erste.

„Na wie wohl? Vom Küssen wohl kaum!“, brüllte Gero ihn nun an und begann an seinen roten Haaren zu ziehen. Micha achtete nicht auf die harschen Worte, sondern sagte: „Du weißt, wie ich es gemeint habe.“

„Sie hat irgendwann ihre Pille vergessen.“

„Vergessen? Und dann hat sie trotzdem mit dir geschlafen?“ Ella war doch sonst verantwortungsbewusst, wie konnte das also sein?

„Oder sie hat sie zu spät genommen, oder fast zu spät, aber auf jeden Fall so, dass sie jetzt schwanger ist!“ Er ballte die Hände zu Fäusten und verzog das Gesicht. „Scheiße, ich brauch ’ne Kippe!“

„Hattest du nicht aufgehört?“, fragte Micha nüchtern, deutete aber dennoch auf die Balkontür, damit Gero wusste, dass er nicht nach unten laufen musste. Der Geruch nach Rauch war also doch keine Einbildung gewesen und demnach hatte Gero auch Zigaretten dabei.

„Halt die Fresse, auf Moralpredigten kann ich jetzt definitiv verzichten!“ Er öffnete die Tür und ein kalter Wind schlug ihnen entgegen. „Leih mir ’ne Jacke!“, forderte er und wartete, die unangezündete Zigarette schon im Mund, darauf, dass Micha ihm eine gab.

„Scheiße, was für ’ne Größe hast’n du? Zwergengröße für Liliputaner oder was?“ Trotz der Beschwerden zwängte er sich in Michas Jacke und ging dann hinaus. Auch Micha hatte sich noch etwas übergezogen und folgte Gero nun.
 

Er zündete sich die Zigarette an, inhalierte genüsslich den Rauch und stieß ihn dann wieder aus, während er sich gegen das Geländer lehnte. Nun sah er schon etwas entspannter aus, bis Micha ihn nervös fragte: „Und was macht sie mit dem Kind? Behalten, oder…?“

Gero hatte gerade einen erneuten Zug genommen und musste angesichts dieser Frage allerdings schrecklich husten. Als er sich endlich wieder halbwegs beruhigt hatte, vervollständigte er die Frage: „Abtreiben?“

Micha nickte bedrückt.

„Nein, das lasse ich nicht zu! Schließlich ist es auch mein Kind! Und wenn es dann zur Welt kommt, soll es auch in geregelten Verhältnissen aufwachsen, das heißt, dass ich Ella heiraten werde; und ich werde…“

„Aber es ist nicht deine Entscheidung“, unterbrach Micha ihn. „Wollte sie es denn behalten?“

„Ich… ich weiß es nicht“, gab er zu und sah bekümmert auf seine Füße. „Wir haben noch gar nicht über so etwas geredet, sie hat mir nur gesagt, dass sie schwanger ist.“

„Ist sie sich denn wirklich sicher? War sie schon beim Frauenarzt? War der Schwangerschaftstest wirklich eindeutig?“, fragte Micha, sich innerlich dazu bereit machend, Gero aufzuhalten, falls dieser sich plötzlich umdrehen sollte, um zu springen, sie waren immerhin im zweiten Stock, wenn er Glück hatte, brach er sich gleich das Genick.

Doch nichts dergleichen geschah, sondern Gero sah ihn mit großen Augen an und sagte: „Ich weiß nicht, ob sie das gemacht hat.“ Perplex schüttelte der Blonde den Kopf und erkundigte sich: „Du weißt es nicht? Aber… du wirst sie doch wohl gefragt haben, was sie zu dieser Annahme gebracht hat?“

„Sie ist drei Tage überfällig“, antwortete Gero, immer noch mit großen Augen auf Micha sehend.

„Überfällig? Was heißt das?“

„Na ihre Tage, ihre Periode, ihre Menstruation und wie man das noch nennt! Sie ist drei Tage im Verzug!“, blaffte Gero ihn ungeduldig an. Micha jedoch blinzelte ungläubig.

„Und dann hat sie zu dir gesagt, sie sei ganz sicher schwanger?“

„Naja, so hat sie das nicht gesagt…“

„Wie dann?“

„Sie sagte, dass sie glaube schwanger zu sein, weil sie schon drei Tage überfällig sei.“

Micha schwieg daraufhin. Er ließ sich in den Plastikstuhl fallen, den er hier oben stehen hatte und sagte nichts.

„Was ist los, Micha?“

„Das heißt, sie weiß noch nicht einmal selbst, ob sie wirklich schwanger ist. Gero, vielleicht ist sie auch nicht schwanger.“ Er atmete auf, schon fast sicher, dass er Recht hatte, doch Gero durchschnitt seine Erleichterung: „Aber vielleicht ist sie es doch. Und was dann? Wie stehen die Chancen, dass sie es ist, oder dass sie es nicht ist? Was hat die größere Wahrscheinlichkeit?“

Er hatte Recht.

Es gab keine Garantie dafür, dass Ella nicht schwanger war.

„Und warum macht sie dann keinen Schwangerschaftstest?“, fragte er schließlich. Gero zuckte die Achseln und entgegnete: „Vielleicht hat sie Angst.“

„Dann musst du ihr beistehen! Du sagst, du willst sie heiraten, wenn sie dein Kind erwartet, um dem Kind eine Zukunft zu garantieren, dann musst du dich jetzt um sie kümmern. Wenn es dir schon so Angst und Bange bei dem Gedanken wird, dann frag dich nur mal, wie es ihr dabei geht! Sie ist diejenige, in deren Körper Leben entsteht, die darüber entscheidet, ob dieses Kind leben soll oder nicht. Und wenn sie herausfindet, ob es wirklich so ist, dann braucht sie jemanden, der sie in den Arm nimmt und ihr sagt, dass alles gut wird.“ Micha hörte auf zu reden. Was hätte er auch noch sagen sollen?

Gero war am Geländer heruntergerutscht und saß zusammengekauert auf den kalten Steinfliesen. Er zitterte, ob vor Kälte konnte Micha beim besten Willen nicht sagen.

„Aber wie soll ich ihr Kraft geben, wenn ich selbst solche Angst habe?“ Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern gewesen und dennoch hatte Micha ihn gut verstanden.

Es war das erste Mal, dass er Gero ernsthaft sagen hörte, er habe Angst. Aber war das nicht nur natürlich? Er war immerhin erst zwanzig Jahre alt und hatte noch nicht einmal mit seinem Studium begonnen, jetzt Vater zu werden würde seine gesamte Lebensplanung über den Haufen werfen.

Es war ein erbärmliches Bild, das er abgab, dort, zusammengekauert auf den Fliesen, zitternd.

„Komm wieder mit rein, es ist kalt.“ Micha streckte ihm die Hand hin und nach einigen Sekunden des Zögerns ergriff Gero sie und folgte Micha mit gesenktem Kopf hinein, wo er die Jacke des Jüngeren gleich auszog.

„Was hast du ihr gesagt, als sie es dir erzählt hat?“, erkundigte sich Micha, als er sich wieder auf das Sofa setzte. Sein Blick ruhte auf seiner Jacke, die Gero achtlos hatte auf den Boden fallen lassen. Er hatte das Bedürfnis sie zu verräumen. Doch zwang er sich sitzen zu bleiben. Nur weil er etwas tun wollte, um sich abzulenken, konnte er jetzt nicht anfangen Unruhe zu verbreiten.

„Nichts“, antwortete Gero, sich auf den Boden ihm gegenüber setzend, den Rücken an das Regal gelehnt.

„Nichts?“, wiederholte Micha erschrocken. „Du kannst doch nicht nichts zu ihr gesagt haben, du hast doch mit ihr gesprochen?“

„Ich konnte nicht, verdammt!“ Seine Stimme war wieder lauter geworden. Micha verlagerte sein Gewicht unruhig und erwiderte: „Was hast du dann getan?“

„Ich habe neben ihr gesessen und auf das Wasserglas gestarrt, das sie mir gegeben hat.“

„Du bist grausam“, stellte Micha fest und krallte die Finger in den Stoff seiner Hose.

„Und was ist mit ihr? Ich wollte Schluss machen, verdammt! Ich hab endlich den Mut aufgebracht mit ihr zu reden und dann sagt sie mir das!“, brüllte er wütend.

„Und jetzt schiebst du es auf sie?“ Er vermied es Gero anzusehen, denn er war so unendlich von ihm enttäuscht. Er hatte nicht geglaubt, dass Gero so unsicher war.

Er hatte angenommen, dass Gero mutig war und niemals Angst vor irgendetwas hatte, mehr wie ein Held aus Sagen und Legenden, er hatte Gero immer als Drachentöter gesehen. Und nun nahm Gero selbst ihm diese Illusion.

„Du bist so feige“, flüsterte er, auf seine Knie starrend.

„Erst sagst du ich sei grausam und jetzt auch noch feige? Du solltest verdammt noch mal aufpassen, was du sagst!“ Gero war aufgesprungen und funkelte Micha wutentbrannt an. Dieser jedoch blieb ruhig und sprach leise weiter: „Aber es ist die Wahrheit. Sie hat es dir gesagt; denkst du, es war leicht für sie, dir das zu beichten? Sie hat auf tröstende Worte gehofft, auf eine Umarmung, auf einen Kuss! Sie wollte, dass du ihr beistehst, ihr Geleit gewährst! Und was machst du? Sagst einfach nichts zu ihr! Gar nichts! Siehst sie nicht einmal an!“ Er war doch ins Brüllen verfallen und war ebenfalls aufgestanden, die Hände zu Fäusten geballt. „Hast du denn überhaupt einmal daran gedacht, wie sie sich fühlt? Weißt du, ob sie gelächelt, oder geweint hat? Und nun sitzt du hier und sagst, sie sei grausam, weil sie in ihrer Angst und Unsicherheit zu dir gekommen ist? Woher sollte sie wissen, dass du eure Beziehung beenden wolltest? Woher? Du lässt sie einfach allein! Du hast kein Recht sie grausam zu nennen!“ Noch nie im Leben war er so wütend gewesen, wie er es in diesem Augenblick war. „Du bist so ein riesen Arschloch!“

„Wahrscheinlich hast du damit sogar Recht.“ Er ließ sich wieder auf den Boden nieder. „Ich bin wahrscheinlich das Allerletzte. Aber was soll ich tun?“ Und in dem Augeblick sah er Micha an, wie er ihn noch nie zuvor gesehen hatte. In seinen Augen spiegelten sich Angst und Verzweiflung wieder, nicht wie sonst Zorn oder Sarkasmus. Micha setzte sich ebenfalls wieder und hörte ihn weiter an: „Ich weiß doch selbst nicht, was ich tun soll. Ich bin doch selbst so hilflos, was bringt es denn, wenn ihre und meine Verlorenheit aufeinanderprallen? Herrgott, ich bin wirklich nutzlos! Alles was ich tun kann, ist hier zu sitzen und mich bei dir auszuheulen!“

„Stimmt“, seufzte der Blonde schließlich und spürte den verdutzten Blick Geros auf sich ruhen, bis dieser wieder aufbrauste: „Was soll das denn jetzt heißen, Micha? Du solltest mir jetzt eigentlich widersprechen und sagen, dass das alles ganz normal ist!“

„Aber wenn das, was du sagst, doch wahr ist?“ Gero seufzte auf diese Antwort hin.

„Gib mir wenigstens noch ein paar Minuten.“ Micha nickte.
 


 

Höhö, na, wer hat's erwartet?

Nun, bis spätestens nächsten Samstag, lG, Terrormopf :]

Noch da

Hallo =)

Hach, es ist schön mal einen Samstag keine Schule zu haben!

Meine Klausuren sind zur Hälfte rum.und im Französischaufsatz, den ich meinem Bruder geschrieben hab, hab ich 12 Punkte bekommen. Warum können unsere Lehrer nicht so bewerten? T__T

Egal, noch ein Wort zu diesem Kapitel: Es ist aus Geros Sicht.

Es hat irgendwie Spaß gemacht, aber ich plane nicht wirklich es noch einmal zu tun.

Wie dem auch sei, ich hoffe, das Kapitel gefällt euch wieder =)
 


 

Bedächtig schloss Gero die Türe auf. Noch immer hatte er ein unwohles Gefühl in der Magengegend und hatte noch immer keine Ahnung, was er Ella sagen sollte, wenn sie denn noch da war, denn insgeheim hoffte er ja, dass sie gegangen war.

Doch als er ihre abgetragenen Turnschuhe im Eingang sah, verflüchtigte sich diese Hoffnung wieder.

So langsam wie möglich zog er seine Schuhe aus, er wollte die erneute Konfrontation so lange wie möglich hinauszögern.

Als er sie ausgezogen hatte, schlappte er auf den durchnässten, fast schon vereisten, Enden seiner Hosenbeine und für einen Moment spielte er damit, noch kurz in sein Schlafzimmer zu gehen und sich eine neue Hose anzuziehen. Aber er schaffte es diesem Drang zu widerstehen, schließlich war er ja freiwillig durch den Schnee zu Micha gelaufen; und mit welchem Ergebnis? Dass er jetzt wieder hier stand, nur diesmal mit nassen Hosenbeinen, triefender Nase, gefrorenen Ohren und einer halbleeren Schachtel Zigaretten; dabei hatte er sie sich vorhin erst auf dem Weg zum Blonden gekauft.

Tief atmete er ein, hielt die Luft einen Moment an und die Augen geschlossen, dann stieß er die Luft wieder aus und betrat das Wohnzimmer.

Ella saß noch immer so da, wie er sie verlassen hatte, das Wasserglas in der Hand, den Blick starr und ausdruckslos darauf gerichtet.

Sie sah schlimm aus, nicht wie die Frau, mit der er zusammen gewesen war, die immer stark gewesen war, mit der er sich hatte streiten können. Nein, dieses Mädchen saß auf dem Sofa, einem Häufchen Elend gleich und weinte stumme Tränen.

Als sie seine Schritte vernahm sah sie langsam auf und ein leichtes, wenn auch melancholisches Lächeln legte sich auf ihre Lippen.

„Da bist du ja wieder“, flüsterte sie mit heiserer Stimme. Hatte sie etwa geschluchzt, als er nicht da gewesen war? Als er jedoch nicht antwortete, nur unschlüssig stehen blieb, den Blick auf sie gerichtet, rümpfte sie die Nase und fragte: „Wo warst du denn?“

„Musste mich beruhigen“, murmelte er und bewegte sich weiterhin nicht, musste sich dazu zwingen, nicht nervös das Gewicht vom einen auf das andere Bein zu verlagern.

„Ach so. Warum kommst du nicht zu mir?“ Es war keine Frage, es war eine verdammt verzweifelte Bitte und am liebsten hätte sich Gero umgedreht und wäre davongelaufen, aber das war einfach nicht seine Art, er lief nicht davon. So setzte er sich mit gebeugter Haltung, den Kopf zwischen den Schultern, sodass er ihren elenden Anblick nicht ertragen musste, neben sie.

„Du riechst nach Rauch. Hast du geraucht?“ Nun sah er doch auf sie und erkannte immer noch das erzwungene Lächeln auf ihren Lippen. Er nickte.

Dann schwiegen sie. Gero wollte um keinen Preis etwas sagen. Er hätte auch gar keine Ahnung was. Alles was ihm in den Sinn kam, hätte Ella in eine Furie oder in eine Heulboje verwandelt, so hielt er also den Mund.

Doch Ella schien die Stille nicht auszuhalten, denn sie fragte im nächsten Moment: „Wie viel hast du denn geraucht?“

„Ne halbe Schachtel“, antwortete er abrupt. Erneutes Schweigen war die Folge, bis diesmal Gero diese durchbrach: „Herrgott, Ella, was soll dieses verdammte Grinsen? Diese scheiß Situation ist nicht zum Lachen, also lass den Scheißdreck!“ Warum brüllte er sie denn jetzt eigentlich an?

„Na ja, weißt du, Bärli? Wenn ich nicht Lache, dann heule ich.“ Sie hatte Recht. Wie so oft hatte sie Recht und wie so oft in diesen Momenten spürte Gero, wie in ihm die Wut hervorbrach. Er hasste es, wenn sie etwas besser wusste als er; er hasste es wie die Pest und musste sich jedes einzelne Mal zusammenreißen, doch diesmal war es noch schlimmer, weil noch die Angst, die an seinen Nerven zehrte, dazukam.

Doch er schluckte alles so gut es ging hinunter und hoffte einfach, dass ihm ein Magengeschwür erspart blieb.

„Es tut mir leid“, murmelte er schließlich und sah zu Boden. „Ich hätte nicht einfach weggehen sollen. Bitte verzeih mir.“

„Ist doch in Ordnung, Bärli, ist schon okay, ich verstehe das ja, ich würde am liebsten auch wegrennen, nur geht das bei mir nicht so leicht.“ Ihre Stimme hatte gezitterte und immer wieder versagt, offensichtlich musste sie sich das Weinen krampfhaft verdrücken.

„Nein, das war nicht okay von mir. Hör zu, Ella, ich bin für dich da, egal was ist, vollkommen egal ob es jetzt so ist oder nicht.“

„Du meinst, ob ich schwanger bin, oder nicht?“ Sie sah in seine Augen und er konnte erkennen, dass die Ihrigen blutunterlaufen und verquollen waren. Hatte sie etwa wirklich gedacht, er ließe sie allein? Hatte sie wirklich so eine schlechte Meinung von ihm?

„Ella, ich bleib bei dir“, sagte er leise und legte vorsichtig seine Arme um sie. Doch sie wehrte sich im ersten Augenblick, versuchte ihn wegzudrücken und rief: „Nein! Nein, fass mich jetzt nicht an, nimm mich nicht in den Arm! Verdammt…!“ Und das erste Schluchzen entrann ihrer Kehle. „Verdammt, Gero! Lass mich los! Bitte! Bitte nicht!“ Ihre Wehr wurde schwächer und hörte schließlich ganz auf, bis sie nur noch in seinem Arm lehnte und schluchzte, noch dazu vor Aufregung Schluckauf bekommen hatte und nur zitternd atmen konnte.

Hatte sie da etwa einen Nervenzusammenbruch?

Warum hielt er sie eigentlich im Arm? Er liebte sie doch nicht mehr!

Aber hatte das etwas mit Liebe zu tun? Oder war es einfach nur selbstverständlich? Menschlich? Wie menschlich war er?

Entgegen seines Willens und seines Verstandes, die ihn anschrieen sie sofort loszulassen und ihr keine weiteren Hoffnungen zu machen, begann er sanft mit dem Oberkörper hin und her zu wiegen und bewegte sie, die nur zitternd und weinend in seinen Armen lehnte, mit sich hin und her. Und es wirkte wirklich. Sie beruhigte sich langsam und legte irgendwann ihre Hände auf seinen Rücken, barg die Stirn an seiner Schulter und schwieg.

„Sag, Ella“, setzte er an, als er sich sicher war, dass sie sich wirklich beruhigt hatte und streichelte ihr sacht über ihr Haar. „Hast du schon einen Test gemacht, oder warst beim Frauenarzt?“ Er spürte, wie sie kaum merklich den Kopf schüttelte und sagte: „Weißt du, du solltest einen machen, schließlich können wir nur so sicher sein, dass es so ist.“ Nun nickte sie, genauso leicht wie zuvor das Kopfschütteln.

„Dann sollten wir jetzt fahren, sonst machen die Läden zu; komm!“ Er versuchte sanft mit ihr umzugehen, wollte ihr beistehen, so wie Micha es ihm gesagt hatte.

Er stockte bei dem Gedanken. Seit wann tat er, was Micha ihm sagte? War es für gewöhnlich nicht andersherum gewesen?

Aber eigentlich war es nicht die Gelegenheit über so etwas nachzudenken, jetzt musste er sich erst einmal um Ella kümmern. So ergriff er, als er sich erhoben hatte, ihre Hand und wollte ihr beim Aufstehen helfen, doch sie zog ihre Hand zurück.

„Was ist los?“, fragte er etwas irritiert. Wollte sie keine Gewissheit?

„Gero… ich… ich kann das doch nicht“, murmelte sie.

„Wieso solltest du das nicht können? Du musst doch nur auf einen Streifen pinkeln…“ Nun war er noch verwirrter.

„Das meine ich nicht.“

„Und was dann?“

„Ich trau mich nicht, einen zu kaufen… was glaubst du, was die Leute sich denken, wenn sie das sehen? Wie sie alle schauen und über mich reden werden!“ Erneut flossen Tränen ihre Wangen hinab.

Gero kniete sich vor sie, legte seine Hände auf die Ihren, die sie in ihrem Schoß liegen hatte und sah ihr fest in die Augen. „Hör zu, Ella“, sagte er schließlich. „Scheiß drauf, was die anderen denken oder sagen. Ist doch bumms, wie sie schauen. Ist doch alles egal! Hauptsache, wir haben Gewissheit.“

„Gero?“, fragte sie endlich und als er nickte, fuhr sie fort: „Kannst du ihn nicht kaufen? Bitte?“

Gerade wollte er sie noch einmal ermutigen, da sickerte langsam der Sinn ihrer Worte zu ihm durch. Er sollte einen Schwangerschaftstest kaufen? Er? Er wusste doch noch nicht mal, wo die OBs in der Drogerie standen, wie sollte er jetzt Schwangerschaftstest finden?

„Ella, ich…“, setzte er an, doch sie löste ihre Hände von seinen und hielt sie sich vor die Augen, ein Schluchzen entrann erneut ihrer Kehle und es hörte sich verdammt nach einem „Bitte!“ an.

Na super, jetzt hatte er sich selbst in die Scheiße geritten, er hatte ihr eben noch gesagt, dass es doch bumms sei, was die Leute dachten und aus der Verantwortung konnte er sich kaum herausreden und so sehr er sich auch sträubte, so nickte er doch, erhob sich und sagte: „In Ordnung, ich bin gleich wieder da.“ Noch einmal beugte er sich zu ihr herunter und drückte ihr einen Kuss aufs Haupt, dann drehte er sich um und verließ das Haus. Als er draußen war, steckte er sich als erstes eine Zigarette an. Das brauchte er jetzt, das angenehme Kratzen im Hals, die beruhigende Wirkung des Nikotins. Er stand für ungefähr zwei Minuten einfach nur in der Kälte, um wieder runter zu kommen. Es ging nicht anders. Irgendwie überrollte ihn gerade alles und es gab nichts, dass er als Schutzwall aufstellen konnte. Nie hätte er gedacht, dass ihn so etwas so aus der Fassung bringen konnte.

Er dachte noch einmal an die Szene bei Micha. Wie wäre der wohl mit der Situation umgegangen?

Was für eine unsinnige Frage! Micha war schwul, mit solchen Sachen musste der sich nicht rumschlagen, der Glückliche!

Unwillig setzte er sich endlich in Bewegung.
 

Er war mit dem Auto zur Drogerie gefahren, auch wenn sie nicht sonderlich weit entfernt war, aber er hatte gerade Lust auf die laute Musik und die harten Bässe und hätte er nicht gewusst, dass Ella vollkommen aufgelöst auf ihn wartete, wäre er wahrscheinlich noch raus aus der Stadt gefahren, doch so fuhr er auf den Parkplatz und ging, seine Mütze tief ins Gesicht gezogen, in den Laden.

Unschlüssig stand er zwischen den Regalen, bis eine junge Frau, wahrscheinlich nicht viel älter als Ella, stark geschminkt, auf ihn zukam und fragte: „Guten Tag, kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen?“

Peinlich berührt strich Gero sich die Mütze glatt und noch etwas weiter in die Stirn und sagte dann, so leise wie möglich: „Ich suche Schwangerschaftstests.“

„Wie bitte?“, fragte die Verkäuferin überlaut, um zu demonstrieren, dass sie ihn nicht verstanden hatte.

„Schwangerschaftstests! Ich suche Schwangerschaftstests!“, sagte er, nun mit mehr Nachdruck und auf den etwas irritiert und angeekelten Blick dieser verblödeten Verkäuferin hin, fügte er noch hinzu: „Für meine Freundin, nicht für mich, verdammt!“ Wie konnte ein einzelner Mensch nur so blöd sein?

Am liebsten hätte er die Schnepfe angebrüllt, all seine Wut an ihr ausgelassen, aber den Stress musste er sich nun auch nicht geben.

„Im dritten Gang links“, erwiderte die Verkäuferin verstimmt.

„Danke!“ Er war weder dankbar, noch war es freundlich gewesen.
 

„Hier ist er.“ Er warf den Test neben sie aufs Sofa und fügte hinzu: „Und jetzt mach ihn, ich will wissen, woran wir sind.“

Ella antwortete nicht, sondern nahm die Verpackung und erhob sich, um sich an Gero, der noch im Türrahmen stand, Jacke, Mütze und Schuhe noch nicht ausgezogen und den Schlüssel noch in der Hand, vorbei zu schieben und nach oben zu gehen, höchstwahrscheinlich ins Badezimmer. Einen Moment überlegte Gero, ob er ihr folgen sollte und entschied sich dafür. So zog er hastig die Schuhe aus und ging ihr hinterher. Im Badezimmer legte er den Schlüssel auf die Wäschetrommel, Jacke und Mütze darüber.

Ella stand mitten im Raum und las sich die Packungsbeilage durch.

„Willst du hier drin bleiben?“, fragte sie dann, den Blick nicht hebend.

„Stört’s dich?“, fragte er und setzte sich auf die zweite Wäschetrommel.

„Is mir egal“, antwortete sie. „Sag mal“, setzte sie dann an und wartete, bis Gero auf- und sie ansah. „Liebst du mich noch?“

Scheiße!

Es war das Erste, was ihm durch den Kopf ging. Warum musste sie auch gerade das fragen? Was sollte er ihr denn bitte antworten? Die Wahrheit? Sie würde es in dieser Situation nicht verkraften!

Sie anlügen? Das konnte er beim besten Willen nicht, dazu hatte er sie einst zu sehr geliebt.

„Ich werde bei dir bleiben, was auch passiert.“

„Ach so.“
 

Sie standen nun beide vor dem Waschbecken über den Teststreifen gebeugt. Ella kaute unruhig auf ihrer Unterlippe und Gero hatte den Arm um ihre Taille gelegt und nestelte nervös am Saum ihres Tops herum.

„Das heißt, du liebst mich nicht mehr?“, durchbrach sie schließlich die Stille.

„Ella, können wir das wann anders besprechen?“ Es war ihm unangenehm, er wollte nicht darüber reden und schon gar nicht in dieser Situation.

„Nein, ich will jetzt darüber sprechen. Woran liegt es? Nerve ich dich? Bin ich nicht gut genug im Bett? Hab ich…“ Ihre Stimme klang fast schon vorwurfsvoll und er unterbrach sie genervt: „Ella! Mein Gott, du nervst mich nicht, zumindest nicht mehr als früher und im Bett… ich glaube nicht, dass das an dir liegt… Und jetzt hör auf dir oder mir Vorwürfe zu machen. Du kannst am allerwenigsten dazu.“

„Schön, dass ich nichts dazu kann, es heißt trotzdem, dass ich ab jetzt alleine dastehe.“

„Wieso alleine? Ich hab doch gesagt, dass ich bei dir und dem Baby bleibe!“

„Bei mir und dem Baby? Gero ich bitte dich! Als wollte ich jetzt ein Kind! Außerdem, was soll das? Mit mir zusammenbleiben, wenn du mich nicht mehr liebst? Ich hatte dich für rationaler gehalten!“

„Du willst abtreiben?“ Er hatte wirklich fest damit gerechnet, dass sie das Kind bekommen würde und fühlte sich nun wie vor den Kopf gestoßen.

„Herrgott noch mal, ja! Aber das steht hier gar nicht zur Debatte! Wo soll ich denn ab jetzt wohnen? Zu meiner Mama ziehen? Zu meinem Papa?“

„Du musst ja nicht gleich ausziehen, schließlich stört es mich nicht, wenn du hier bleibst, ich hab dich ja trotzdem noch gern.“ Die Worte gingen ihm nicht leicht über die Lippen, über Gefühle zu sprechen lag ihm nicht sonderlich und er hatte sich schon früher im Deutschunterricht geniert, wenn er in Aufsätzen Liebesgedichte interpretieren musste.

„Na toll.“ Sie klang beleidigt und er verstand sie, verübelte es ihr keineswegs, sondern entgegnete nur: „Es tut mir wirklich leid.“

Ella fuhr sich nur gestresst über die Schläfen und murmelte: „Was für ein Scheißtag! Wär ich doch gar nicht erst aufgestanden.“ Dann warf sie einen Blick auf den Teststreifen.

Und im nächsten Moment fiel sie auf die Knie, sackte fast vollständig in sich zusammen.

Sie holte tief und bebend Luft, bis sie dann einen Schrei losließ.

Einen Schrei der Erleichterung.

Sie erhob sich wieder warf den Kopf in den Nacken und rief: „Negativ! Er ist negativ!“ Gero konnte kaum reagieren. Er stand da und beobachtete sie, wie sie sich eine Freudenträne aus dem Augenwinkel wischte und weiterhin auf den Teststreifen sah.

Erst jetzt reagierte er und fragte vorsichtig: „Du bist nicht schwanger?“ Sie schüttelte den Kopf und lächelte ihn an, als sei ihr Gespräch zuvor nur eine Illusion gewesen.

Überglücklich schloss er seine Arme um sie, küsste sie ein ums andere mal auf das Blonde Haar. Dann nahm er ihr Gesicht zwischen seine immer noch zitternden Hände und sagte: „Wir müssen uns jetzt gar nicht darüber streiten, ob du abtreibst!“

„Ja“, sagte sie und es war alle Euphorie wieder abgeklungen.

Langsam ließ Gero seine Hände wieder sinken und sagte: „Glaub mir Ella, es tut mir leid und ich weiß nicht, wieso, weshalb, warum es so ist, aber es ist so.“

„Und wann wolltest du es mir sagen?“

„Heute“, gab er ehrlich zu. Sie nickte.

„Das hast du ja hiermit getan. Wenn du mir dann wenigstens das Sofa ausziehen könntest?“

„Du kannst doch trotzdem noch in meinem Bett schlafen“, meinte Gero, doch Ella fuhr ihn daraufhin bissig an: „Also entweder es ist ganz Schluss, oder gar nicht, halbe Sachen gibt’s nicht! Und die Sache nicht zu beenden hätte keinen Sinn, da du mich ja nicht mehr liebst und zwei zu einer Beziehung gehören. Außerdem würde das es mir nur noch schwerer machen.“

„Von mir aus.“

Ein seltsames Gefühl.

Er war über ein Jahr mit ihr zusammen gewesen und nun war Schluss. Einfach so, weil er sie nicht mehr liebte, noch nicht einmal im Streit.

Nun würden sie nicht mehr miteinander schlafen, sich nicht mehr küssen, sie würde ihn morgens nicht mehr sanft wecken und ihm nicht mehr bei Fernsehabenden den Kopf, der in ihrem Schoß ruhte, kraulen. Irgendwie würde er es doch vermissen. Es war eine schöne Zeit gewesen und er gab es gerne zu und er bedauerte wirklich, dass es so gekommen war, doch ändern konnte er daran genauso wenig wie Ella.

„Ich muss noch mal telefonieren“, murmelte er schließlich und verließ das Badezimmer.
 

„Micha Kainrath, hallo?“, meldete sich Micha, brav wie Gero es von ihm gewohnt war.

„Nicht. Schwanger“, war alles, was er sagte und Micha am anderen Ende schwieg für einen Moment und fragte dann: „Heißt das, sie hat einen Test gemacht?“

„Ja Mann, und den musste ich auch noch kaufen; ich! Ein Mann! Nur weil sie sich geschämt hat.“ Es war interessant, wie ausgelassen er auf einmal wurde, nur weil er mit Micha sprach.

„Und der Test war negativ? Ganz eindeutig?“

„Ja, Mann!“ Hin und wieder fand Gero Michas Penetranz schon fast süß, doch im Moment ging sie ihm gewaltig auf die Nerven, so brauste er auf: „Natürlich war es das! Tu nicht so, als wär ich der letzte Idiot auf Erden, Schwachkopf!“ Er liebte es. Er liebte dieses betretene und etwas verletzte Schweigen, das jetzt am andern Ende der Leitung herrschte und er liebte es Michas Grenzen der Belastbarkeit auszutesten. Für ihn waren es tatsächlich nur Kabbeleien und deswegen amüsierte es ihn stets noch mehr, wenn Micha das als riesigen Streit ansah.

„Und was ist jetzt mit Ella und dir?“ Er war den letzten Kommentar also wieder einmal übergangen. Wie langweilig! Auch da waren Micha und er wie Tag und Nacht, er ging Provokationen nur in den seltensten Fällen aus dem Weg, Micha in den häufigsten.

„Schluss.“ Wieder betretenes Schweigen seitens Michas.

Gerade wollte der wieder ansetzen zu sprechen, da vernahm Gero Ellas Stimme: „Mit wem telefonierst du da?“

„Wart mal kurz, Micha“, gebot er dem Jüngeren und wandte sich Ella zu. „Mit Micha.“

„Das heißt, du hast es Micha erzählt?“ Bis hierhin war sie ruhig geblieben, doch nun brüllte sie ihn an: „Das heißt, Micha weiß, dass ich gedacht habe, dass ich schwanger bin und dass Schluss ist? Lass mich raten, er wusste wahrscheinlich auch schon früher davon bescheid, dass du mich nicht liebst, als ich! Verdammt, Gero! Warum kannst du ihm eigentlich alles erzählen und nicht mir? Weißt du was? Ich hab da eine wunderbare Idee: Du wirst schwul, überredest Micha auch schwul zu werden und dann könnt ihr beiden ausgehen! Blödes Arschloch!“ Damit stampfte sie aus dem Wohnzimmer und er hörte noch die Haustür zuknallen.

„Sie hat’s besser aufgenommen, als ich es erwartet hatte“, meinte Gero wieder am Telefon und Micha fragte bestürzt: „Besser? Was hattest du dir denn vorgestellt? Mein Gott, Gero, sie hat dich angebrüllt, dass ich glaube, dass ich gar kein Telefon gebraucht hätte, um sie zu verstehen!“

„Ach was, Blödsinn! Glaub mir, wenn sie noch rumbrüllen kann, dann geht’s ihr einigermaßen. Ich hatte angenommen, dass sie heulend zusammenbricht; und dann wäre es schlimm gewesen.“

„Und was ist jetzt eigentlich mit ihr? Sie hat doch schon fast bei dir gewohnt.“ Es war wieder einmal typisch Micha, er machte sich ständig Sorgen um alles und jeden, Gero verstand gar nicht, wie er das aushielt, das musste die Psyche doch extrem belasten, besonders wenn man sich selbst immer die Schuld an allem gab. Er antwortete dennoch ruhig: „Sie hat eigentlich bei mir gelebt, nur ist sie oft ihre Mutter besuchen gegangen.“

„Und ihre Mutter lebt nicht hier?“

„Ne, die is vor nem halben Jahr weggezogen und weil Ella ihre Freunde und mich nicht aufgeben wollte, is sie bei mir eingezogen“, sagte er ausgelassen und überlegte einen Moment lang, wie das auf Micha wirken musste. Er hatte gerade mit seiner Freundin Schluss gemacht, die zuvor geglaubt hatte schwanger zu sein. Eigentlich vollkommen skurril.

„Das heißt also, dass sie nicht zu ihr gehen kann und ich vermute mal, dass ihr Vater auch nicht hier lebt“, sagte Micha und Gero hatte das Gefühl, dass er mehr mit sich selbst sprach, er antwortete dennoch: „Nein, ihr Vater lebt irgendwo ganz oben im Norden, die Stadt heißt Strahlsund oder so. Aber sie bleibt fürs Erste bei mir.“

„Ist ihr das denn recht?“

„Warum fragst du eigentlich nie, ob mir was recht ist, wenn es um Ella geht?“

„Weil es für dich wahrscheinlich nicht so schwer ist, du liebst sie nicht mehr, aber weißt du, dass es bei ihr genauso ist?“ Verdammt, warum musste der Knirps immer Recht haben?

„Sie hat gesagt, dass sie auf der Couch pennen kann“, entgegnete er schon fast trotzig, nur damit Micha nicht in allem Recht behielt.

„Na dann.“ Nach diesen Worten schwiegen sie eine Weile, in der Gero sich auf das Sofa niederließ, bis er feststellte: „Du hast dich noch gar nicht richtig für mich gefreut, dass der Test negativ war!“

„Doch!“, rief Micha hastig, als hätte er Angst, Gero könne ihm den Kopf abreißen, warum verstand der Junge so selten Ironie? „Ich freue mich für dich, wirklich, aber es ist doch auch schlimm für Ella, sie rennt an diesem Tag von einer Katastrophe in die Nächste und sie tut mir halt leid…“

„Mein Gott, Micha, wenn du ständig mit jedem mit leidest, dann kannst du ja niemals glücklich werden!“

„Ich bin halt nicht so wie du. Du steckst das so locker weg, dass du mit ihr Schluss gemacht hast und dass sie dich angeschrieen hat und am Boden zerstört ist, ich kann das nicht, schließlich bin ich auch mit Ella befreundet. Und sie verstehe ich, dich irgendwie nicht.“ Gero schwieg daraufhin. Hatte Micha am Ende wieder Recht?

Es war nicht sehr galant von ihm gewesen jetzt gleich Micha anzurufen, oder vorher zu diesem zu gehen. Er hatte damit Ellas Privatsphäre verletzt, er hatte ihr Unrecht angetan. Aber er brauchte halt auch jemanden und bisher war das Ella gewesen, aber wenn es sie so direkt betraf, konnte er schlecht zu ihr gehen. Und Gero bemerkte, was für eine Rolle der Blonde inzwischen schon in seinem Leben eingenommen hatte. In diesen wenigen Wochen war er ihm wichtig geworden, sehr wichtig. Und vertraut. Er wusste genau, dass Micha den Mund halten konnte und er würde wichtige Dinge niemals preisgeben, selbst wenn man ihm Schläge androhte; die war er von Gero ohnehin schon fast gewöhnt.

„Gero, bist du noch dran?“, ertönte wieder Michas Stimme an seinem Ohr.

„Jaja, bin noch dran.“

„Was denkst du denn, was Ella jetzt machen wird?“ Hatte er nur an der Stille bemerkt, dass Gero nicht über solche Dinge sprechen wollte?

„Keine Ahnung, wahrscheinlich wird sie sich schnellstmöglich eine Wohnung suchen. Aber ich muss jetzt das Sofa ausziehen, eigentlich hatte ich ja nur angerufen, um dir zu sagen, dass der Test negativ war, damit du dir keine Sorgen machst. Also, man sieht sich.“

„Tschüss“, kam es etwas irritiert von Micha. Wahrscheinlich wunderte er sich, warum Gero das Gespräch nun so abrupt beenden wollte, doch er sagte, wie sonst auch, nichts.

Erleichtert legte Gero den Hörer neben sich auf die Sitzfläche und lehnte den Kopf in den Nacken, sich mit den Händen über das Gesicht fahrend.

Er hatte einfach keine Lust mehr gehabt, mit Micha über Ella zu sprechen. Er hätte gerne mit ihm über alles andere gesprochen, nur nicht darüber, doch der Blonde hatte ein Talent dafür, immer diejenigen Themen anzusprechen, über die Gero eigentlich partout nicht reden wollte.

Gero erhob sich und stellte das Telefon in die Basis, um dann nach oben zu gehen und Bettwäsche zu holen, er würde wohl doch zu seinem Wort stehen und jetzt das Sofa herrichten.
 

Ella kam erst spät wieder, Gero lag schon im Halbschlaf im Bett, als er die Haustür vernahm, er hatte die Tür zum Treppenhaus offen gelassen.

Sie kam tatsächlich nicht zu ihm hinauf, so wie er es gewöhnt war, sondern ging gleich ins Wohnzimmer und er vernahm noch, wie sie die Tür wieder schloss, dann war es wieder so still wie zuvor.

Es war ein seltsames Gefühl, wenn er wusste, dass Ella ohne ihn schlafen würde und das, obwohl sie nur einige Meter voneinander entfernt waren. Aber er war derjenige gewesen, der es so gewollt hatte. Seufzend drehte er sich auf die andere Seite und stellte genervt fest, dass er wieder nahezu hellwach war. Na toll!
 


 

Nun, ich hoffe, es hat gefallen.

Ich weiß übrigens nicht, wann ich das nächste Kapitel hochlade, denn es ist weder schon geschrieben, noch in Planung, also seid gnädig mit mir und verzeiht, sollte es diesmal etwas länger brauchen.

LG, Terrormopf :]

Weihnachten im Galgen

Gott im Himmel!

Es ist vollbracht! Das wohl widerspenstigste Kapitel der Geschichte ist da! >__>"

hatte ich einigen von euch geschrieben, dass es pünktlich weiterginge? Verzeiht mir bitte... Eigentlich hatte ich das nächste Kapitel auch schon fertig, allerdings war Gero da so vollkommen nicht geroig... naja, deswegen musst ich mir was Anderes aus den Fingern saugen >__>"

Ich hoffe, es ist nicht all zu schlimm geworden, viel Spaß!
 

mein liebes Höllenfeuerengelchen: Dieses Kapitel widme ich nur dir, weil ich es die letzten zwei Wochen nicht geschafft habe, dir einen einzigen kommentar zu schreiben und nicht weiß, wann ich nächste Woche dazu komme uû

Außerdem magst du Robin doch so gerne =) Hdl *plüsch*
 


 

Es lag kein Schnee mehr, nur noch Schneematsch, dabei war der erste Weihnachtsfeiertag. Es waren keine weiße Weihnachten gewesen, wie so oft.

Micha wusste nicht recht, ob er nun sauer auf sich sein sollte; er saß mit Gero im Galgen. Dieser hatte ihn gefragt, ob sie nicht etwas unternehmen wollten und da Michas Eltern ihn an Heiligabend nicht hatten gehen lassen, hatte er Gero auf den heutigen Tag vertröstet. Obwohl er eigentlich lernen wollte.

Schon vor den Ferien, die mit dem Samstag begonnen hatte, hatte er grausam viele Klausuren schreiben müssen und nach den Ferien folgten noch mehr.

Es war schrecklich! Jedes Mal wenn Gero ihn rief, kam er, als sei er ein Hündchen; er musste versuchen das zu ändern, besonders wenn er für die Schule arbeiten musste. Aber andererseits war Gero ganz allein über Weihnachten; Ella war noch vor dem Wochenende ausgezogen.

Mit der finanziellen Unterstützung ihrer Eltern konnte sie sich eine kleine, bescheidene Wohnung etwas außerhalb der Stadt leisten; zumindest hatte Gero ihm das erzählt.

Und auch wenn Gero tat, als ließe ihn das vollkommen kalt, so ganz konnte Micha ihm das nicht abkaufen, allein wegen der Tatsache, dass Gero ein Glas nach dem anderen runterstürzte.

Sie hatten den ganzen Abend über kaum gesprochen und Micha hätte auch nicht gewusst über was. Gedanklich ging er noch einmal den Stoff, den er heute für Biologie gelernt hatte, durch und ließ den Blick durch den Raum schweifen.

Dafür dass der erste Weihnachtsfeiertag war, war die Kneipe erstaunlich gut gefüllt. Micha war das erste Mal an Weihnachten hier und eigentlich hatte er erwartet, dass Gero und er so ziemlich die einzigen wären, doch da hatte er sich wohl geirrt.

Aber irgendwie war es logisch; wie viele Jugendliche hier hatten denn noch intakte Familienverhältnisse?

„Wieso starrstn du Löcher in die Luft? Sag doch mal was“, versetzte Gero irgendwann und frimelte an dem Aluminiumumschlag am Hals seiner Bierflasche herum.

„Was soll ich denn sagen? Es war deine Idee hierher zu kommen, ich wollte lernen“, gab Micha ruhig zurück und starrte in seine Cola.

„Hach! Lernen, lernen, lernen! Du kannst auch nix anderes mehr! Mann, du bist doch erst in der Elften, du schreibst dein Abi doch erst in zwei Jahren! Schon die ganze letzte Woche musste ich mir anhören, was du alles lernen musst und lass mich raten: Den Rest der Ferien verbringst du auch mit Lernen.“ Er klang wütend und Micha spürte seinen Blick auf sich, traute sich jedoch nicht aufzusehen und er erwiderte auch nichts, sodass sie wieder in Schweigen verfielen.

Gero bestellte sich einen Schnaps.

Micha hatte inzwischen den Blick wieder durch die Kneipe schweifen lassen und auch kurzzeitig auf seine Uhr gesehen, es war gerade halb neun.
 

Ungefähr fünf Minuten später wurde die Tür aufgestoßen und Micha blickte zu dieser, um zu sehen, wer eintrat; das brachte wenigstens ein bisschen Abwechslung.

Allerdings traute er nun seinen Augen kaum.

Eingetreten kam Robin und an seiner Hand führte er hinter sich ein Mädchen. Sie hatte mittellanges schwarzes Haar, die Kleider scheinen ihr zu klein zu sein, wobei Micha das Gefühl nicht loswurde, dass das Absicht war, und ihre Pfennigabsätze klackerten bei jedem Schritt.

Gero war irgendwann seinem starren Blick gefolgt, weswegen er sich umdrehen musste, und nun musterte auch er Robin und dessen neue Freundin.

Sie standen dort in der Tür und schauten sich um, ob sie nicht noch irgendwo einen Platz ergattern konnten und nach einigen Sekunden trafen sich Michas und Robins Blick.

Letzterer winkte Micha zu, sagte seiner Freundin kurz etwas ins Ohr und zog sie dann hinter sich her, bis sie an Geros und Michas Tisch ankamen.

„Hey Micha!“, kam es fast schon überschwänglich von Robin. „Dich hab ich ja auch schon lange nicht mehr gesehen, wie…“

„Was willst du?“, fiel Gero ihm rüde ins Wort. Micha war das, wie er sich eingestehen musste, nur recht. Er selbst hatte einfach nur auf Robin und dessen Freundin gestarrt und kein Wort herausgebracht.

„Ach nun komm schon, Rotschopf, man wird doch wohl noch mal ‚Hallo’ sagen dürfen, oder?“ Robin lachte und auch das Mädchen kicherte mit ihm.

„Pass auf wie du mit mir sprichst und du wärst wohl kaum hier angekommen, wenn du nur ‚Hallo’ sagen wolltest.“ Geros Stimme schien ruhig. Nur war das ein schlechteres Zeichen, als wenn er brüllte.

„Ist ja gut“, grinste nun Robin, lehnte sich mit den Handflächen auf den Tisch und wandte sich wieder Micha zu. „Ich wollte fragen, ob wir uns zu euch setzen können?“

Micha wollte die Frage gerade bejahen, da antwortete Gero ruppig: „Nein.“

„Und wer hat dich gefragt?“ Nun wurde er pampig.

„Du sicherlich nicht, allerdings sitze ich auch an diesem Tisch, also ist es nicht nur Michas Entscheidung.“

„Aber auch nicht deine. Also, Micha?“

„Ach komm!“, rief da Gero. „Als wüssten wir nicht beide, dass die Blondine es dir erlauben würde, allein aus dem Grund, dass ihr ein paar Mal gefickt habt. Bitte, er sagt ja, ich sag nein. Allerdings habe ich die schlagfertigeren Argumente.“ Und damit besah sich Gero seine rechte Hand, die er, zur Faust geballt, vor sein Gesicht hielt. „Also verpiss dich endlich und deine Ische kannste gleich mitnehmen.“

Abfällig schnaufend tat Robin was Gero ihm gesagt hatte und verschwand in einen der Hinteren Räume.

Der Rothaarige zündete sich eine Zigarette an.

Micha, der es im letzten Teil des ‚Gesprächs’ zwischen Gero und Robin bevorzugt hatte auf die Tischplatte zu starren, gab nun ein leises „Danke.“ von sich.

„Passt schon“, kommentierte Gero und stieß den Rauch aus.

„Aber woher weißt du denn eigentlich, dass ich ‚ja’ gesagt hätte?“ Nun sah Micha endlich auf und damit Gero direkt in die Augen, was er eigentlich nicht beabsichtigt hatte.

„Pass auf, Micha, mit dir is das so ne Sache“, begann dieser zu erläutern. „Bei dir kann man schon fast davon aussagen, dass du ‚ja’ sagst; was Anderes traust du dich ja eh nicht, schließlich bist du ja so ein nettes Persönchen, das lieber einsteckt als austeilt.“

„Das stimmt nicht!“, fiel Micha ihm ins Wort. „Ich stecke nicht gern ein.“

„Aber Austeilen magst du noch weniger“, stellte Gero fest und Micha musste daraufhin nicken; es war ja die Wahrheit. „Also hab ich doch Recht.“

„Wieso weißt du so was eigentlich, wir kennen uns doch noch gar nicht so lange?“, fragte nun Micha wieder und Gero seufzte nur genervt, antwortete dann aber doch: „Nun komm schon, als hättest du nicht gewusst, dass es mir gar nicht in den Kram passt, wenn sich so’n Radikal zu mir setzt, besonders mit so ner Ische!“ Erneut musste Micha ihm Recht geben und verfiel wieder ins Schweigen.

Micha wusste nicht genau was er von dem Mädchen bei Robin halten sollte, sie war ihm irgendwie unsympathisch, was ihm nicht viele Menschen waren, doch genau sagen warum, das konnte er nicht.

„Ob er sie wohl auch betrügt?“, murmelte er, sich der Tatsache, dass er laut dachte, nicht bewusst.

„Ob er die auch betrügen wird?“, ertönte da Geros höhnende Stimme und Micha sah verwundert auf. „Was ist denn das bitte für eine Frage? Solange er noch was Anderes in Aussicht hat, wird der nie aufhören rumzuhuren! Ich dachte, du selbst hättest das am eigenen Leibe erfahren müssen?“ Beschämt sah Micha wieder auf die Tischplatte. Darüber zu sprechen war ihm noch immer unangenehm und nun vielleicht noch unangenehmer als zuvor, insbesondere mit Gero, allerdings wusste er nicht genau warum ausgerechnet vor dem.
 

Weitere Minuten vergingen in denen sie sich anschwiegen. Gero starrte aus dem Fenster der angrenzenden Wand und Micha aus dem bei ihrem Tisch. Er fühlte sich unwohl und fragte sich einmal mehr, was er hier machte.

Er sah zu Gero, der einen Augenblick später die Augen aufriss und atemlos sagte: „Runter.“

„Was bitte?“, fragte Micha perplex; was wollte Gero denn damit bezwecken?

„Na los, runter! Duck dich, verdammt! Tu, was ich dir sage!“, versetzte er nun mit mehr Nachdruck.

Verwirrt tat Micha, was Gero ihn geheißen hatte und starrte diesen immer noch an.

„Scheiße!“, fluchte dieser und sein Blick schien jemandem zu folgen, der am Fenster vorbeilief. „Sie kommen rein! Okay, pass auf Micha, es ist ja relativ voll, also hast du ’ne Chance wegzukommen, ohne dass sie dich sehen!“

„Was? Wegkommen? Sie? Wohin denn? Wer denn?“ Micha schüttelte konfus den Kopf, doch Gero trat ihm unterm Tisch gegen das Schienbein und zischte: „Los jetzt, wenn dir dein Leben lieb ist!“

Zwar wusste Micha noch immer nicht genau, was los war, doch erhob er sich trotzdem, nahm sein Zeug und machte sich gerade auf den Weg in einen der hinteren Räume, da hörte er eine Stimme, die laut sagte: „Gero! Was für eine Überraschung! Von dir hat man ja auch schon Ewigkeiten nichts mehr gehört, wir dachten schon, du seist abgekratzt…“

Micha hielt inne. Waren das Freunde von Gero? Wenn es doch Freunde waren, dann könnte Micha doch wieder zurück gehen. So machte er also kehrt, blieb aber einen Moment stehen.

„Joa, ich hatte in letzter Zeit halt viel zu tun, außerdem Beziehungsstress und der ganze Kram, ihr wisst schon…“ Gero schien nervös zu sein. Er überspielte es gut und man merkte es auf den ersten Blick nicht, doch wenn man genauer hinsah, fielen einem die leicht verunsicherte Körperhaltung und die übertrieben lässig wirkenden Worte auf.

Weswegen war Gero denn nervös?

Die beiden Typen setzten sich zu ihm und winkten erst einmal die Bedienung zu sich, um eine Bestellung aufzugeben.

Als Geros Blick derweil wieder durch die Kneipe schweifte und er Micha dort unschlüssig stehen sah, schien er blass zu werden. Mit dem Kopf und nur den Augen versuchte er Micha Zeichen zu geben, er soll gefälligst das Weite suchen, doch blieb dieser weiterhin stehen.

Außerdem machte diese Unruhe Geros nur einen von der Beiden aufmerksam, der seinem Blick folgte und Micha für einen Moment mit hochgehobenen Brauen fixierte. Dann breitete sich ein hämisches Grinsen auf seinem Gesicht aus und als die Bedienung gegangen war, versetzte er: „Seht an, seht an, wen unser guter Gero da entdeckt hat!“

Nun konnte Micha sich erst recht nicht mehr bewegen. Bei dem Grinsen, dass dem Jungen im Gesicht stand, war ihm wieder eingefallen, weswegen ihm die Kerle so vertraut vorkamen: Es waren zwei derjenigen, die vor einigen Wochen schon einmal im Galgen aufgekreuzt waren; an jenem Abend, als er Robin und Septima zusammen gesehen hatte.

Er hatte sich gerade in die Gedanken an jenen schicksalhaften Abends vertieft, da sah er, wie der Sprecher aufstand und auf ihn zukam. Ehe er sich versah, war ebenjener neben ihm, packte ihn unsanft im Nacken und zerrte ihn beinahe zu Gero.

„He Mann, ich würd aufpassen, nicht dass Schwulheit noch ansteckend ist!“, lachte der Andere. Micha sah hilfesuchend zu Gero.

Er konnte nicht wegrennen und selbst wenn er es wollte, konnte er es nicht, er würde es doch nicht schaffen von ihnen wegzukommen.

Der Griff in seinem Nacken wurde fester, schmerzhafter und der Besitzer der Hand grinste: „Gegen die Krankheit hab ich sämtliche Antikörper!“ Micha verzog das Gesicht, der Schmerz peinigte ihn durchweg. Er traute sich nicht, etwas zu sagen, sah nur weiterhin stumm zu Gero, flehte ihn mit den Augen an, irgendetwas zu tun, doch der sah ihm demonstrativ nicht ins Gesicht.

„Komm schon, lass ihn los“, ertönte da doch dessen Stimme. Ruhig schien er; und gelassen, doch seine aschfahle Gesichtsfarbe verhieß etwas Anderes.

„Wieso sollte ich?“ Micha hatte das Gefühl, als würde sich das Grinsen des Kerls vergrößern, als er den Druck auf seinen Nacken weiter verstärkte.

„Weil du ihm wehtust“, fiel die schlichte Antwort aus.

„Ach komm schon, Gero, lass ihm doch den Spaß, wer weiß denn überhaupt, ob Schwuchteln tatsächlich Schmerz spüren können? Hat soweit ich weiß noch niemand erforscht!“ Geros Gegenüber lachte bei seinen Worten auf und der Andere tat es ihm gleich. Der Rothaarige jedoch sah kurz zu seinem Gegenüber auf und Micha hatte das Gefühl, dass er ihn mit dem Blick erdolchen konnte, doch dann zwang er sich zu einem schiefen Grinsen und entgegnete: „Es hat aber auch noch niemand das Gegenteil bewiesen.“

„Was’n eigentlich grad mit dir los? Bist jetzt zum Schwulenfreund geworden, hä? Kaum lässt man dich mal ein paar Wochen allein…“ Es war wieder derjenige gewesen, der Micha im Genick gepackt hatte. Doch der Gegenüber Geros grinste: „So’n Schwachsinn! Ich wette, Gero is nur massig, weil er die Schwuchtel nicht entdeckt hat!“

„Sag das doch gleich, Mann! Weil heut Weihnachten is, schenk ich ihn dir sogar!“ Er stieß Micha auf Gero zu.

Während des Fallens fragte sich Micha, wie Gero reagieren würde. Bisher hatte er ihn nur halbherzig verteidigt und was würde er nun tun? Würde er ihn tatsächlich schlagen?

Er traf auf und fand sich von Geros Händen und Armen abgefedert. Er wollte ruckartig zurückweichen, doch Geros Hände hielten seine Oberarme fest und er raunte ihm zu: „Lauf weg so schnell du kannst, ich halt sie auf.“

Micha jedoch wollte nicht davonlaufen. Er machte sich los, stellte sich wieder hin und schüttelte den Kopf.

Er wollte wissen, was Gero nun tat; würde er zu ihm halten oder war ihm sein Ego wichtiger?

Daraufhin sprang Gero auf, knallte die Hände auf den Tisch und brüllte: „Du bist doch ein Volltrottel!“

Die beiden Kumpane lachten auf und der Eine johlte: „Jawohl! Jetzt ist er wieder der Alte! Komm, Gero, lass und rausgehen, ich hab jetzt einfach nur verdammt Lust zuzusehen, wie du die kleine Schwuchtelblondine hier vermöbelst!“

Micha biss sich auf die Unterlippe. Er hatte Angst vor den Schlägen, aber Gero würde es gewiss nicht tun, schließlich war Gero ihm doch inzwischen ein Freund geworden, oder?

Im Gesicht des Rothaarigen konnte Micha sehen, wie er angestrengt nachdachte, nach einem Ausweg für Micha suchte, doch er fand ebenso keinen, wie dieser selbst, der grob am Arm gepackt und nach draußen geschleift wurde.
 

Sie standen sich Gegenüber, auf der einen Seite Gero und einer der Beiden und auf der anderen Seite Micha und der andere Kerl, der ihn noch immer am Oberarm festhielt, damit er ja nicht weglief.

„Nun komm schon, Junge!“, vernahm Micha Geros Stimme und er wusste genau, dass es eine erneute Aufforderung zum Weglaufen war, doch Micha schüttelte nur kaum merklich den Kopf.

Der Typ neben Gero sah skeptisch zwischen den Beiden hin und her und fragte schließlich: „Sag mal Gero, wann schlägst du ihm denn jetzt endlich mal eine rein? Willst du hier Wurzeln schlagen oder was? Mach hin, Alter, ich hab meine Jacke nämlich drinnen!“

„Nerv mich nicht“, knurrte Gero daraufhin und sah weiterhin nur Micha in die Augen, welcher den Blick erwiderte, still hielt und nichts tat.

„Gero, mir wird kalt!“, maulte der Junge neben ihm.

„Halt die Fresse!“, brüllte nun Gero. Micha vermutete, dass Gero gerade mit sich selbst rang, ob er ihn nun schlagen sollte oder nicht.

„Gero!“, beschwerte sich nun auch der Andere.

„Ist ja gut!“ Damit tat Gero einen Schritt auf Micha zu, holte aus und ließ die Faut niedersausen.
 

Micha wartete schon auf den zweiten Schlag, da murmelte Gero: „Mann, heute is Weihnachten, lassen wir ihn wenigstens jetzt mal in Ruhe, vielleicht sehen wir ihn ja zu Sylvester wieder.“ Die anderen Beiden nickten, obgleich sie genervt mit den Augen rollten, und gingen Gero voraus hinein.

Der warf Micha noch einmal einen vieldeutigen Blick zu, bis er hinter der Tür verschwand.
 

Als Micha endlich zu Hause war, kühlte er seine heiße, schmerzende Wange mit einem Kühlakku. Er saß auf seinem Bett über der Biologiezusammenfassung.

Eisern versuchte er den Schmerz zu ignorieren und auch nicht an Gero zu denken.

Wieso hatte der das eigentlich getan?

„Micha?“ Seine Mutter streckte den Kopf zur Türe herein. Er sah auf und erwiderte: „Ja?“

„Telefon für dich, Schatz.“

„Nanu? Wer denn?“, erkundigte er sich verwirrt und kam seiner Mutter, die eingetreten war und ihm das Telefon hinhielt, entgegen.

„Ein gewisser Gero.“ Sie zuckte mit den Achseln, drehte sich dann um und verließ sein Zimmer wieder. Und als sie die Tür gerade schließen wollte, murmelte Micha noch ein „Danke“.
 

„Micha?“, fragte Gero.

„Ja?“

„Ah, gut, dass ich dich erreiche, ich muss mit dir reden.“ Er schien erleichtert.

„Und ich muss eigentlich lernen, das hätte ich den ganzen Abend schon machen sollen“, kam es kühl von Micha. Gero schwieg daraufhin einen Moment und sagte dann zögerlich: „Micha, es tut mir wirklich leid, wie das gelaufen ist, ehrlich. Ich hätte anders handeln sollen.“

„Stimmt“, sagte Micha, seine Stimme noch immer nicht erwärmend.

„Ach Micha, nun sei doch nicht sauer, ich hab doch noch nicht mal fest zugeschlagen. Es tut mir wirklich, wirklich leid, bitte entschuldige!“

„Naja, du hast wirklich schon mal ’ne härtere Rechte gehabt…“, murmelte Micha daraufhin und seufzte. Sollte er ihm verzeihen?

Eigentlich war er ja selbst Schuld daran gewesen, denn hätte er Geros Rat gefolgt und sich gleich aus dem Staub gemacht, wäre das alles nicht passiert.

„Siehst du?“, unterbrach Gero seine Gedanken. „Bitte, Micha, sei nicht böse, ich konnte doch nicht anders reagieren…“

„Eigentlich konntest du schon“, unterbrach Micha ihn. Gero schwieg daraufhin und Micha fuhr fort: „Aber na ja, ist okay, ich bin dir nicht böse.“ Er wusste selbst nicht genau warum er das sagte, auch wenn es stimmte. Er hatte sich doch vorgenommen etwas standhafter zu werden, doch war das allerdings reichlich schief gelaufen.

„Ehrlich?“

„Ja, ehrlich.“

„Schwörst du?“ Warum hakte Gero denn so stark nach? War es ihm so wichtig, dass nichts zwischen ihnen stand?

„Ja, ich schwöre“, lächelte Micha und Gero sagte dann: „Gut, dann lass uns noch mal was machen in deinen Ferien!“

„Gero, ich kann nicht“, seufzte der Blonde. „Es tut mir leid, aber ich muss so viel lernen, ich habe keine Zeit.“ Einen Moment lang schien der Rothaarige zu überlegen, dann erwiderte er: „Ach komm, du wirst doch wohl nicht die ganzen Ferien über durchlernen, oder?“

„Nein, das nicht, aber wir fahren über Sylvester noch zu Verwandten und da ist volles Programm, sodass ich da schon nicht lernen kann.“ Es tat ihm ja wirklich leid.

„Und du bist dir sicher, dass du nicht mehr angepisst bist?“, kam es plötzlich von Gero. Im ersten Moment verstand Micha nicht, was dieser damit meinte, da ging ihm ein Licht auf und er rief hastig: „Nein, wirklich, das ist die Wahrheit, ich bin dir nicht böse! Glaub mir doch!“

„Du bist also wirklich nicht mehr böse?“

„Nein, ehrlich nicht!“

„Hm, ich weiß nicht…“ Es klang schon fast wie ein Vorwurf und Micha bekam daraufhin ein schlechtes Gewissen, weswegen er versetzte: „Ich versprech’s dir, es ist die Wahrheit!“

„Na ja, wie dem auch sei. Wir sollte Schluss machen, gute Nacht.“

„Gute Nacht“, erwiderte Micha etwas perplex und legte auf.

Irgendwie vermutete er, dass Gero immer noch glaubte, dass er sauer sei.

Auch wenn das nicht der Fall war.
 


 

So, ich hoffe mal, dass ich das nächste kapitel etwas rechtzeitiger hochladen kann, allerdings bezweifle ich das... Ich habe zwar nahezu sämtliche Klausuren um, allerdings stehen nächste Woche noch eine Physikklausur, jede Menge Theaterproben, ein Ausflugstag und noch meine beiden Aufführungen an. Mann, ich kann nicht mehr, aber immerhin sind in zwei Wochen Ferien! >__>"

LG, ein geschaffter Terrormopf uû

Alle Wege führen zum Kühlschrank - zu welchem auch immer

Hallo =)
 

Ich möchte mich an dieser Stelle ersteinmal ganz herzlich bei euch für eure Kommentare bedanken! Ich bin wirklich nicht dazu gekommen sie zu beantworten, denn ich war die letzte Wochen fast nur in der Schule, da waren theaterprobern (das Stück haben wir verhauen...), Lehre, eine Physikklausur (danke für's Daumendrücken, es ist ganz gut gelaufen) und der Ausflugstag. Jetzt bin ich geschafft aber nur noch eine Woche, dann sind Ferien und dann werde ich die erste Woche nur durchschlafen und dann habe ich wieder wahnsinnig viel Zeit und kann euch alle nerven =)
 

Ich wünsche euch dennoch ganz viel Spaß beim Lesen!
 


 

Er seufzte.

Geschichte lernen war anstrengend, besonders wenn einem der Magen knurrte und man nichts Anständiges zu essen da hatte.

Dennoch erhob er sich, ging in die Küche und warf einen Blick in den Kühlschrank. Allerdings nur um bestätigt zu wissen, was er schon die letzten drei Male gesehen hatte, als er hineingesehen hatte; Leere.

Erneut seufzend schloss er den Kühlschrank wieder und ging, wie schon die letzten drei Male, wieder in sein Zimmer, ohne etwas gegessen zu haben.

Wieder Geschichte; die Reformation.

Nach einer Ewigkeit, so kam es ihm vor, schielte er auf die Uhr.

Kurz nach halb vier.

Das hieß, seit seinem letzten Blick auf die Uhr waren gerade mal ein paar Minuten vergangen.

Wären seine Eltern oder sonst wer da gewesen, wäre er nun zu denen gegangen und hätte sich ein wenig abgelenkt, ein wenig entspannt, doch diese waren ja noch immer in Nordrhein-Westfahlen, irgendeine Tante fünften Grades zu besuchen.

Irgendwie war er schon froh, dass er nicht dabei war, er empfand die Besuche bei der Verwandtschaft immer als anstrengend und ermattend und so hatte er sich unter dem Vorwand, was ja eigentlich die Wahrheit war, noch lernen zu müssen, in den Zug gesetzt und war nach Hause gefahren.

Erneut seufzte er. Er hatte kaum bemerkt, wie seine Gedanken abgeschweift waren. Dennoch hatte er sich das Lesen der letzten viertel Seite im Buch auch sparen können, denn das musste er jetzt noch mal machen und sich nach Möglichkeit darauf konzentrieren.
 

Er ließ sich zurückfallen, wurde von der Matratze sanft gefedert.

Es ging einfach nicht mehr, er konnte nicht mehr lernen, sein Kopf schien schon zu brummen.

Er schloss für einen Moment die Augen.

Gero hatte ihn während seiner Abwesenheit fünf Mal angerufen, Micha hatte es auf dem Anrufbeantworter gesehen. Er hatte keine langen Nachrichten hinterlassen, nur kurz und knapp gesagt, er solle sich doch melden, wenn er nicht wütend sei.

Micha war nicht wütend.

Gut, eigentlich hätte er es sein müssen, doch er konnte den meisten Menschen nicht böse sein; zumindest war ihm noch niemand begegnet, dem er etwas nachgetragen hätte.

Septima hatte früher noch versucht ihm das auszureden, doch war sie kläglich gescheitert und sagte ihm jetzt nur noch selten, dass er auch sauer sein durfte.

War Gero eigentlich nachtragend?

Micha hatte noch nie wirklich darüber nachgedacht.

Eigentlich war das bei Gero ganz anders als bei den meisten Menschen; wenn Gero wütend war, schlug er demjenigen, den es betraf, eine rein und dann war es gut. Sonst hatte Micha etwas in der Art noch nie bewusst bei Gero mitbekommen.

Er lächelte. Hätte er Gero gefragt, hätte der ihn wahrscheinlich angemault, dass nachtragend sein weibisch sei und wohl eher zickig.

Er stand auf.

Wieso dachte er schon wieder an den Rothaarigen?

Es war schon fast beängstigend wie oft er in der letzten Zeit an diesen gedacht hatte! Es verging kaum eine Stunde, in der er nicht wenigstens einen kurzen Gedanken an ihn verschwendete.

Erneut ging er in die Küche, doch diesmal nicht für etwas zum Essen, es brachte ja doch nichts noch ein fünftes Mal nachzusehen, sondern um sich etwas zu Trinken zu machen. Allerdings entpuppte sich der Teevorrat als aufgebraucht und Milch war auch keine mehr da, dabei wollte Micha eigentlich etwas Warmes.

So brummte er kurz und ging dann in den Flur, um sich Jacke, Mütze, Schal, Handschuhe und Schuhe anzuziehen, noch einmal zu überprüfen, ob er den Haustürschlüssel dabeihatte und dann raus zu gehen.
 

Er musste zugeben, dass er ziemlich nervös war, als er klingelte.

Als nach dem ersten Versuch jedoch niemand öffnete, klingelte er noch einmal; wieder öffnete niemand. So drehte er sich, nicht sicher, ob er niedergeschlagen oder erleichtert sein sollte, um und wollte gerade gehen, da vernahm er, wie die Tür sich öffnete und Gero gähnte: „Micha? Was machst’n du hier? Ich dacht du wärst bei Verwandten?“ Micha schluckte und drehte sich, ein etwas gezwungenes Lächeln auf den Lippen, zu Gero um, der in der Tür stand, den Unterarm auf Kopfhöhe im Rahmen abgestützt, sodass er den Kopf daran lehnen konnte; er musterte Micha unter halb geschlossenen Lidern.

„Ja, eigentlich schon, aber ich bin früher heim, weil ich noch lernen wollte, meine Eltern sind aber noch weg. Nur kann ich jetzt nicht mehr lernen, weil ich heute schon zu viel gelernt habe und nichts mehr in meinen Kopf reinpasst und…“ Er unterbrach seinen Redeschwall, als Gero langsam die Augenbrauen hob und fragte schließlich leise, den Blick gen Boden gerichtet: „Darf ich reinkommen?“

„Klar“, kam die immer noch etwas schläfrige Antwort und Gero hielt ihm die Tür offen, dass er eintreten konnte.
 

„Habe ich dich eigentlich geweckt?“, fragte Micha etwas schüchtern, als er neben Gero auf dem Sofa saß. Nicht nur dessen Verhalten gab Grund zu dieser Annahme, sondern auch die Tatsache, dass er in Boxershorts und T-Shirt hier neben ihm saß.

„Joa, so’n bisschen“, antwortete Gero.

„Das tut mir leid.“

„Was soll’s, hätte eh bald aufstehen sollen. Schon scheiße, dass Ella nicht mehr da ist, die hat mich sonst immer geweckt.“ Gero streckte sich ausgiebig. Seine Worte klangen fast schon ausgelassen, doch vermutete Micha eher, dass das nicht der Fall war.

Er versuchte von dem Thema wegzukommen und versetzte: „Gero, sag mal, es ist mir zwar irgendwie peinlich das zu fragen, aber…“

„Nein, ich werd nicht mit dir ficken.“

„Was?“ Micha riss die Augen auf und Gero grinste: „Brauchst gar nicht so zu glotzen, ich mach so was nich!“

„Du bist doch blöd“, murmelte Micha daraufhin und stellte beschämt fest, dass sich seine Wangen röteten. Gero jedoch lachte nur, bis Micha sich wieder ein Herz fasste und in seiner eigentlichen Frage fortfuhr: „Ich wollte dich eigentlich fragen, ob ich etwas essen darf. Ich bin nämlich noch nicht zum Einkaufen gekommen und heute ist Sonntag und in unserem Kühlschrank befindet sich rein gar nichts.“

„Fühl dich wie zu Hause. Kennst dich ja aus, hol dir einfach was“, sagte Gero und lehnte sich zurück.
 

Als Micha, ein Butterbrot mit Käse in der Hand und zufrieden wieder ins Wohnzimmer kam, war Gero nicht mehr da. Einen Moment stutzte er, dann rief er nach ihm.

Und nur einige Sekunden später, rief Gero zurück, dass er oben sei.

So tapste Micha die Treppe hinauf und öffnete zögerlich die Tür.

Der Rothaarige stand gerade vor seinem Kleiderschrank und kramte zwischen den T-Shirts, ohne wirklich eines anziehen zu wollen; das andere hatte er schon ausgezogen.

„Darf ich reinkommen?“, fragte Micha vorsichtig. Gero wandte sich ihm einen Moment zu, drehte sich dann wieder weg und meinte: „Tu was du nicht lassen kannst.“

Tief durchatmend setzte sich Micha auf das Bett und sah einen Moment lang auf Geros Rücken. Er konnte sehen, wie sich die Schulterblätter bewegten, während Gero suchte und er sah, dass das Tattoo auch den hinteren Teil der linken Schulter bedeckte.

Die kurzen, roten Haare lagen im Nacken etwas auf.

Gero hatte anscheinend endlich ein T-Shirt gefunden, zog es heraus und wollte es gerade überziehen, da sagte Micha leise: „Warte!“

Perplex hielt Gero inne, ließ die Arme wieder sinken und beobachtete Micha, der inzwischen aufgegessen hatte und nun auf ihn zukam.

Er streckte vorsichtig einen Arm nach Geros Schulter aus und kurz bevor er ihn berührte, flüsterte dieser: „Was wird das?“

Doch im nächsten Moment berührten Michas Fingerspitzen behutsam die gefärbte Haut über dem Schlüsselbein. Er strich vorsichtig darüber und fragte schließlich, die Hand ruhen lassend: „Hat es eigentlich sehr wehgetan?“ Er sah bei dieser Frage auf und Gero ins Gesicht, der ebenfalls von Michas Hand aufsah.

„Meinst du das Tattoo?“, fragte er, offensichtlich etwas verwirrt, doch Micha lächelte: „Das auch, aber eigentlich meinte ich den Bruch.“

„Welchen Bruch denn?“, erkundigte sich Gero perplex und Micha, etwas unsicher, zog seine Hand wieder zurück und sagte: „Der vom Snowboarden.“

„Woher weißt du denn von dem?“

„Benne, Bess und Ella haben es doch erzählt, bevor wir nach Damüls gefahren sind.“

„Und das weißt du noch?“ Er klang erstaunt und Micha nickte daraufhin, tat einige Schritte zurück, damit Gero sich das T-Shirt überziehen konnte.

„Joa“, begann dieser dann. „Also das hat schon verdammt wehgetan und ist auch nicht ganz so verheilt, wie es eigentlich sollte, aber ich kann damit leben, tut ja nicht mehr weh. Nur das Geräusch war echt widerlich, hast du es schon mal gehört, wenn ein Knochen bricht?“ Micha schüttelte gebannt den Kopf. „Kein schönes Geräusch, wirklich nicht, allein wenn du’s hörst und sei’s bei jemand anderem, den du nicht mal kennst, tun dir sämtliche Knochen weh.“ Er schüttelte sich.

Micha nickte. Einige Momente, in denen Gero sich eine Hose suchte, herrschte Stille, dann fragte Micha: „Und das Tattoo?“

„Nicht der Rede wert…“, winkte Gero ab und Micha unterbrach ihn: „Ganz ehrlich?“

„Naja“, meinte Gero, nun offensichtlich ein wenig verlegen. „Ein bisschen ziept’s schon, aber man hat ja immer das Ergebnis vor Augen und man tut’s freiwillig. Und wenn man das Bisschen Schmerz nicht aushält, soll man sich kein Tattoo stechen lassen.“ Er hatte sich inzwischen auch eine Jeans angezogen.

„Und warum hast du keine Piercings?“, fragte Micha dann, er hatte sich wieder aufs Bett niedergelassen.

„Jetzt hört’s aber auf!“, rief da Gero. „Seh ich etwa aus wie ’ne Zecke?“ Verwirrt schüttelte Micha den Kopf und erkundigte sich: „Zecke? Was soll das heißen?“

„Ach Micha“, seufzte Gero. Er ging auf ihn zu, verwuschelte ihm kurz die Haare und ging dann aus dem Zimmer, ohne noch etwas zu sagen. Einen Moment lang sah der Blonde ihm verblüfft hinterher, dann erhob er sich und folgte ihm die Treppen wieder hinab.
 

Es war spät geworden; draußen war es schon seit einigen Stunden dunkel. Sie saßen gemeinsam vorm Fernseher, beziehungsweise Gero saß auf dem Sessel und Micha lag auf dem Sofa, eine Decke um sich.

„Sag mal“, vernahm er Geros Stimme. „Hast du eigentlich mal wieder deinen Schlüssel vergessen oder warum flackst du immer noch hier rum, ich dachte, du müsstest so viel lernen?“

Micha setzte sich auf und schlang sich die Decke um die Schultern. Einen Moment lang schwieg er, dann sagte er: „Nein, ich habe meinen Schlüssel nicht vergessen und ja, ich muss eigentlich noch lernen.“ Er hielt inne und Gero versetzte mit hochgezogenen Brauen: „Aber?“

„Aber“, fuhr Micha fort. „Ich hab eine Pause gebraucht und zwar ganz dringend und da meine Eltern ja noch nicht zu Hause sind, habe ich gedacht, ich könnte doch auch zu dir gehen.“

„Und wann willst du wieder nach Hause?“ Wollte Gero ihn etwa loswerden? Hatte er keine Lust auf seine Gesellschaft? Fast schon schuldbewusst erwiderte Micha: „Naja, eigentlich wollte ich dich ja fragen, ob ich heute hier schlafen kann.“ Er biss sich auf die Unterlippe und fügte hastig hinzu: „Aber ich kann auch nach Hause gehen, wenn du das nicht möchtest, wirklich, ich wollte nur heute Nacht nicht ganz alleine sein und…“

„Krieg dich wieder ein, is schon okay“, versetzte Gero und sah wieder auf den Fernseher.

War das Gespräch damit beendet? So schnell?

Der Rothaarige hatte wirklich nichts dagegen einzuwenden, wenn Micha in dieser Nacht bei ihm schlief?

Vielleicht, überlegte Micha, hatte er auch einfach Angst, dass Micha ihm die Sache aus dem Galgen noch immer nachtrug und ließ sich deshalb so schnell darauf ein.

Gero griff zu seinem Bier und schielte dabei zu ihm. Daraufhin hielt er in seiner Bewegung inne und fragte argwöhnisch: „Was starrst du mich denn jetzt so an? Soll ich dich rauswerfen, oder was?“

„Nein!“, entgegnete Micha da hastig. „Bitte nicht! Ich wollte dich nicht anstarren, ich war nur eben etwas in Gedanken.“

„Na dann.“ Er nahm einen Schluck seines Biers und als er noch einmal zum Fernseher blickte und feststellte, dass die Werbung begonnen hatte, sagte er: „Ich geh raus, eine rauchen.“ Damit erhob er sich, zog Micha etwas gröber die Jacke weg, warf sie sich selbst über die Schultern und ging hinaus.

Der Blonde sah ihm hinterher. Geros Benehmen war wirklich seltsam.
 

Am nächsten Vormittag, als sie ausgeschlafen und ausgiebig gefrühstückt hatten, verabschiedeten sie sich mit eine flüchtigen Umarmung voneinander.

Und Micha hätte sich am liebsten selbst geschlagen, als sein Herz bei dieser Berührung einen kleinen Sprung machte.
 

Nun, erstens: Ich hasse die Reformation! Und doch kommt sie jedes Jahr in mindestens drei Fächern parallel dran >__>"

Und dann: Die Szene mit dem Schlüsselbein wollte ich eigentlich gar nicht reinbringen (wobei ja das ganze Kapitel ziemlich ungeplant war oÔ) und wollte es eventuell als Kurzgeschichte/Zusatzkapitel hochladen, aber so passt es auch... Und wenn ich schon beim Thema bin... hättet ihr nach der Fertigstellung des ganzen hier noch Lust auf ein oder zwei Extrakapitel zu meinen Charakteren? Die würde ich dann nämlich auch hochladen =)

Ich danke fürs Lesen und verabschiede mich, lG, Terrormopf :]

Zeitdruck

Hallo =)

So, jetzt habe ich endlich Ferien und dann hat mich ne blöde Grippe erwischt! T^T

Das Leben ist ungerecht!

Naja, ich wünsche euch auf jeden Fall viel Spaß beim Lesen
 


 

Es war schon längst dunkel und nervös sah er sich um. Er fühlte sich unwohl, warum wusste er nicht wirklich.

Wobei, vielleicht war es, weil Gero ihm gegenüber etwas missgestimmt war, weil er in den letzten zwei Wochen kaum etwas machen konnte. Aber er konnte doch nichts dazu, dass sämtliche Lehrer ihre Klausuren jetzt noch, kurz vor den Halbjahresinformationen schreiben mussten.

Als niemand ihm nach dem ersten Klingeln öffnete, klingelte er noch einmal. Dass jemand da war, hatte er an den Lichtern in den Fenstern gesehen, außerdem vernahm er gedämpft Musik von innerhalb.

Gerade setzte er zu einem dritten Klingeln an, da wurde ihm die Tür einen Spalt breit geöffnet und Gero linste hinaus. Als er ihn erkannte, fauchte er: „Was zur Hölle willst du denn hier, wir waren nicht verabredet!“

„Ich weiß“, entschuldigte er sich genauso leise, wie Gero gesprochen hatte; vielleicht wollte der die Nachbarn nicht belästigen. „Aber ich brauche Hilfe, bei Chemie; wir schreiben eine Arbeit…“

„Ihr schreibt eine Arbeit? Micha das ist schön und gut, aber ich kann jetzt nicht…“

„Jo Gero, was is’n los? Schiebste da vor der Tür noch’n Quickie, oder warum dauert das so lange?“, tönte es aus dem Haus. Etwas verwirrt fragte Micha: „Hast du etwa Besuch? Ist Benne oder so da?“

„Na klar, was denkst du denn, ich hab mir mal eben ne Nutte bestellt! Vollhonk, wart halt mal zwei Minuten!“, rief Gero der Stimme aus dem Haus zu und Micha begann sich schon zu wundern, da fuhr er an den Kleineren gewandt fort: „Hör zu Micha, das passt jetzt grad wirklich überhaupt nicht! Wann schreibt ihr denn die Arbeit, vielleicht können wir dann am Wochenende…“

„Morgen“, gab Micha zu und errötete beschämt bei Geros entgleisten Gesichtszügen.

„Morgen?“, keuchte dieser erschrocken. „Und dann kommst du erst jetzt? Micha, was ist los mit dir?“

„Ich weiß, es tut mir auch leid! Eigentlich wollte ich ja auch lernen und es alleine schaffen, aber ich habe es irgendwie die ganze Zeit nur vor mir her geschoben und die anderen Fächer gelernt, außerdem, ich versteh das ganze Zeug einfach nicht und du kannst das so gut erklären, bitte hilf mir!“

„Herrgott, Micha, weißt du, wer da drinnen ist?“

„Gero! Mach mal hinne, das Bier geht schon zur Neige!“, kam es wie zur Bestätigung aus dem Haus. Etwas nervös verlagerte Micha sein Gewicht auf das andere Bein und murmelte: „Bitte, Gero, Benne und die anderen werden das sicher verstehen.“

„Du Vollidiot! Schön wäre es für dich, wenn da drinnen Benne oder so jemand säße, aber das sind die Kerle aus dem Galgen! Und wenn die dich hier sehen, dann gute Nacht!“

„Die sind hier?“, japste Micha erschrocken und tat einen Schritt zurück. „Was machen die hier?“

„Bier, Gero! Da kommen wir dich einmal besuchen und du bist die meiste Zeit vor der Tür!“, kam die Antwort von drinnen.

Hier draußen herrschte Schweigen vor. Gero und Micha starrten sich schweigend in die Augen, bis Micha all seinen Mut zusammenkratzte und hauchte: „Bitte!“

Der Rothaarige schluckte schwer und Micha konnte sehen, wie er angestrengt überlegte.

Da kam wieder ein Ruf aus dem Haus: „Hey, lebst du noch oder muss ich rauskommen und deine Leiche finden?“

„Halt die Schnauze, is schon alles klar!“, brüllte er zurück und an Micha gewandt, fuhr er leise fort: „Also gut, ich seh zu, wie ich sie los werde und dann helfe ich dir. Du gehst jetzt schnurstracks und so unauffällig wie möglich hoch in mein Schlafzimmer und wartest dort, verstanden?“ Stumm nickte Micha und folgte Gero ins Haus.
 

Irgendwie hatte er es geschafft unbemerkt ins Obergeschoss zu gelangen und saß nun schweigend und wartend darauf, dass Gero irgendein Zeichen von sich gab, auf dessen Bett, im dunklen Schlafzimmer. Doch vorerst vernahm er nur die lauten Stimmen der anderen aus dem Wohnzimmer. Ängstlich lauschte er ihren plumpen Gesprächen, oder zumindest den Fetzen, die er davon aufschnappte. Er wollte sich gar nicht erst ausmalen, was passierte, würden sie ihn hier entdecken. Und dann auch noch in Geros Schlafzimmer, positioniert wie eine Mätresse! Es war das letzte Mal schon fast zu auffällig gewesen.

Fröstelnd schlang er die Decke um sich und mummte sich bis zum Kinn darin ein.

Es vergingen quälend lange Minuten, in denen es Micha schwer fiel auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Es war wirklich keine gute Idee gewesen so unangekündigt hier aufzukreuzen, aber ohne Geros Hilfe hatte er nicht einmal die Chance auf eine Fünf in der morgigen Klausur; er brauchte ihn einfach.

Micha war froh, dass Gero keine analoge Uhr in diesem Raum hatte, denn das Ticken hätte ihn mit Sicherheit wahnsinnig gemacht. Dennoch linste er immer wieder auf den Funkwecker, der auf Geros Nachttisch neben einer Flasche Wasser stand. Die Uhrzeit konnte er, ob der Dunkelheit, zwar nicht ablesen, aber das Licht anzuschalten traute er sich nicht, ebenso wenig, wie er es sich traute, sich auch nur einen Millimeter zu rühren. Also verharrte er eisern in dieser hockenden Stellung, obwohl sein Rücken nach einer Weile begann stark zu schmerzen und sein Bein unerträglich kribbelte, weil es eingeschlafen war.

Es verging eine Ewigkeit und Micha fragte sich schon, ob diese Kerle überhaupt noch irgendwann gehen würden, da vernahm er plötzlich die Stimme eines dieser Typen: „Jo, Gero, wenn du uns schon so abrupt rauswirfst, kann ich mir doch wenigstens ’nen Pulli von dir leihen, ich hol mir einen!“

Vor Schreck fühlte sich Micha wie gelähmt. Die Schmerzen in Bein und Rücken waren mit einem Mal vergessen und nur noch eine Überlegung fasste in seinem Bewusstsein Fuß: Wo sollte er sich verstecken?

Die Gedanken rasten in seinem Kopf, aber keiner der Einfälle war etwas wert. Unter dem Bett war kein Platz, in den Schrank zu stehen war auch vollkommen sinnlos und die Idee in ein anderes Zimmer zu flüchten verlor ebenfalls die Bedeutung, als er die ersten Schritte auf der Treppe hörte.

„He Mann, warte, ich hol dir einen!“ Es war Geros nervöse Stimme und die Schritte hielten inne; stattdessen war ein Lachen zu vernehmen: „Eh, was is’n eigentlich grad mit dir los? Als wär ich nich schon tausend Mal in deinem Schlafzimmer gewesen und deine Wichsflecken kenn ich auch schon in- und auswendig, jetzt stell dich nicht an wie das allerletzte Weib!“ Die Schritte wurden fortgesetzt.

In dem Moment ergriff Micha die letzte Möglichkeit, die sich ihm darbot: Er drängte sich gänzlich gegen die Wand, machte sich so dünn als flach wie möglich und bedeckte sich mit den beiden Decken, in der Hoffnung, dass er dadurch nicht auffallen würde.

Im nächsten Augenblick ging das Licht an und Michas Herz schien stehen zu bleiben, ebenso wie seine Atmung aussetzte. Und er hörte denjenigen sagen: „Mensch, Gero, bist doch sonst so’n Ordentlicher und jetzt haste nich mal dein Bett gemacht? Also wenn das alles ist, was du vor mir verbergen wolltest, dann solltest du dir wieder deinen rosa Strampler anziehen und zurück zu deiner Mami gehen!“

Fast hätte Micha erleichtert aufgeatmet.

„Ja… ich… will halt den Schein wahren…“, sagte nun Gero und Micha konnte deutlich die Verwirrung aus seiner Stimme heraushören.

„Tja, Gero, Pech gehabt.“ Das Licht wurde wieder gelöscht und die Tür geschlossen.

Nun entspannte sich Michas Körper wieder etwas und sein Herz raste in doppelter Geschwindigkeit. Dennoch wagte er es nicht sich aus den Decken zu schälen, aus Angst noch jemand könnte hereinkommen.
 

Ein paar Minuten später kam auch wirklich wieder jemand ins Zimmer reingestürzt. Derjenige machte sich nicht einmal die Mühe das Licht anzumachen und riss die Decken von Michas Körper. Beinahe hätte Micha vor Schreck aufgeschrieen, da erkannte er Geros Gesicht.

Als der ihn da liegen sah, schien er sich wieder etwas zu beruhigen, denn sein Körper verlor an Spannung und er seufzte, sich auf das Bett sinken lassend: „Mein Gott! Das ist echt Glück! Ich hatte mich schon darauf gefasst gemacht alle drei Kerle zu verprügeln und dabei selbst krankenhausreif geschlagen zu werden um das Schlimmste von dir abzuwenden, denn die hätten dich noch grün und blau gedrescht!“ Er seufzte.

„Aber jetzt sind sie ja weg.“ Micha hatte das Gefühl etwas sagen zu müssen, das Gero beruhigte. „Und sie haben mich nicht bemerkt.“ Hatte sich der Ältere etwa wirklich solche Sorgen um ihn gemacht? Er fand es verwirrend. Was hatte das zu bedeuten?

„Ja, aber was, wenn sie dich entdeckt hätten?“, brauste Gero nun auf und lehnte sich nach vorne, sodass er Micha ganz nahe war und ihm fest in die Augen sah. Das Mondlicht warf seinen Schatten sanft auf Michas Körper. Es war eine merkwürdige Atmosphäre und irgendwie fühlte Micha sich unwohl, während Gero halb über ihm lehnte. So legte er die Hand auf die Brust des Anderen und schob ihn sanft zurück, dass er sich aufsetzen konnte.

Im nächsten Moment schloss Gero allerdings seine Arme um ihn und flüsterte: „Herrgott, Micha, ruf das nächste Mal an, dann muss ich mich nicht mehr so zu Tode ängstigen!“ Von diesem plötzlichen Körperkontakt überrumpelt wusste Micha nicht, wie er sich verhalten sollte und blieb ruhig sitzen. Erst als Gero ihn noch fester an sich drückte und er schon fast den rasenden Herzschlag des Anderen spüren konnte, bewegte er sich. Vorsichtig legte auch er seine Arme um den Oberkörper Geros und lehnte seine Stirn an dessen Schulter.

„Jetzt sind sie ja weg.“ Es war kaum mehr als ein Flüstern gewesen.
 

Endlich saßen sie gemeinsam über Michas Chemieheft. Es war spät geworden, fast elf Uhr. Micha schalt sich selbst einen vollkommenen Trottel, dass er nicht früher zu seinem Freund gekommen war, um ihn um Hilfe zu bitten.

Er war müde und seine Augenlider wurden schwer. Er konnte sich kaum noch konzentrieren. Als er zu Gero linste, sah er, dass es dem nicht viel besser ging, obwohl er gedacht hatte, dass der jeden Tag mindestens bis um drei Uhr nachts aufblieb, oder gar noch länger.

Der Rothaarige hatte den Kopf auf seine Hand gestützt und beobachtete mit halb geschlossenen Lidern, wie Micha die Reaktionsgleichungen aufschrieb.
 

„Bin ich dir wichtig?“, fragte der plötzlich und wandte den Kopf zu Gero.

„Warum?“, entgegnete dieser einige Sekunden später desinteressiert.

„Weil ich es wissen will.“ Micha hatte das Gefühl, dass man, hätte man ein dreijähriges, trotziges Kind neben ihn gestellt, keinen Unterschied zwischen ihnen hätte ausmachen können.

„Das ist keine Antwort.“ Die gleiche Monotonie in der Stimme wie zuvor.

„Als wäre ‚Warum?’ eine Antwort auf meine Frage!“ Noch trotziger. Gero seufzte und musterte ihn durchdringend, mit den Fingern auf dem Tisch trommelnd. „Also?“

Anstatt einer Antwort, lehnte sich Gero zurück, ließ den Kopf in den Nacken fallen, dehnte sich ausgiebig und fragte: „Bin ich dir denn wichtig?“ Micha sah, wie er bei dieser Frage zu dem Blonden linste.

„Ja.“ Seine Antwort fiel schlicht aus. Und sie war wahr. „Also?“ Er hob erwartungsvoll die Augenbrauen und sah Gero, der den Kopf inzwischen wieder auf seiner Hand abgestützt hatte, auffordernd an.

„Ja und jetzt mach endlich die scheiß Reaktionsgleichung fertig!“, fauchte er.

Micha erwiderte nichts daraufhin, sondern tat wie ihm befohlen und versuchte, das warme Gefühl, das durch seinen Körper floss, zu ignorieren.
 

„Endlich!“, stöhnte Gero und richtete sich wieder auf. „Hast du noch irgendwelche Fragen oder hast du jetzt alles kapiert?“

„Ich denke, ich kann es jetzt.“ Er lächelte und klappte das Heft zu. „Ich sollte mich dann auch auf den Heimweg machen, es ist schließlich schon spät.“

„Is nich meine Schuld“, gab Gero eintönig zu bedenken.

„Das hab ich auch nie behauptet.“ Sein Lächeln wurde nervös und er beeilte sich seine Sachen in seine Tasche zu packen und aufzustehen, um aus dem Raum zu flüchten.

„Jetzt wart doch mal zwei Sekunden, ich fahr dich.“

„Wirklich?“ Nun strahlte er doch wieder übers ganze Gesicht.

„Wenn du mir nich mehr so schwule Fragen wie eben stellst, dann schon.“

„Versprochen.“

Schweigend standen sie nebeneinander im Flur und zogen sich Schuhe und Jacken an. Gero griff noch einmal zur Kommode und hatte dann seinen Schlüsselbund in der Hand. Er überprüfte kurz, ob es der richtige war, an dem Haus- und Autoschlüssel hingen und öffnete dann die Tür, um Micha voraus zu gehen.
 

Im Auto ließ Gero die Musik aus, wofür Micha ihm sehr dankbar war, denn hätte er nun auch noch die harten, lauten Bässe ertragen müssen, hätte er wahrscheinlich nicht mehr einschlafen können.

So schlief er allerdings beinahe auf dem Beifahrersitz ein, bis Gero ihn rüttelte und mit sanfter Stimme verkündete: „Wir sind da, Kurzer, steig aus oder willste die Nacht in meinem Auto verbringen?“

„Wenn du auch da bist…“, murmelte Micha im Halbschlaf und wollte sich auf die andere Seite drehen, da wurde er sich plötzlich seiner Worte bewusst. „Oh mein Gott! Ich wollte nicht… ich meinte…“ Ängstlich sah er zu Gero, der leicht errötet war - Micha wusste nicht, ob es Wut war - und verstummte jäh.

„Raus jetzt, auf der Stelle!“, brüllte dann der Rothaarige und Micha krallte sich seine Tasche, um Hals über Kopf aus dem Auto zu steigen. Jedoch stolperte er über den unteren Rahmen der Tür und stürzte.

Mit einem dumpfen Schlag landete er Kopf voran auf dem harten Steinboden und blieb benommen liegen.
 

Sein Kopf schmerzte, als er aufwachte, weil ihn jemand leicht auf die Wangen schlug. Als er Geros Stimme vernahm, die leicht verzweifelt sagte: „Nun mach doch die Augen auf!“, befolgte er den Befehl und schlug die Augen auf. Er gewahrte Geros Gesicht ganz dicht vor seinem und zuckte unwillkürlich zusammen.

„Da bist du ja wieder!“, atmete der allerdings erleichtert auf. „Mann, dich kann man auch keine fünf Sekunden lang aus den Augen lassen; am Besten, du besorgst dir ein Laufgeschirr.“

„Tut mir leid“, murmelte Micha benommen und fasste sich an die Stirn. „Wo bin ich eigentlich?“

„In meinem Auto vor deinem Haus“, kam die knappe Antwort und Micha sah sich etwas um, tatsächlich.

Das Licht im Auto brannte. Gero hatte ihn wieder auf den Beifahrersitz gesetzt. Die Lampe schien angenehm warm und Micha schloss für einen Moment die Augen, da fuhr Gero ihn an: „Hey! Nicht wieder bewusstlos werden, du Trottel, meinst du nicht, du hast mich für heute genug unter Schock gesetzt?“

„Ich bin… müde.“ Er konnte kaum mehr sprechen. Alles was er wollte, war, in sein Bett zu liegen und zu schlafen.

„Du blutest an der Stirn und deine Lippe ist aufgeplatzt, außerdem hast du dir auch die Nase und die Wange geschrammt. Meinst du nicht, es ist besser ins Krankenhaus zu fahren, um dich abchecken zu lassen? Nicht, dass du noch ’ne Gehirnerschütterung oder so was hast…“ Micha schüttelte wehleidig den Kopf und wisperte: „Ich mag nur noch ins Bett. Bitte.“ Er drängte Gero zurück und versuchte erneut auszusteigen, doch diesmal schwindelte er und drohte erneut zu stürzen, wäre nicht Gero da gewesen, der ihn auffing und sicher in seinen Armen hielt.

Es war fast wie die Umarmung einige Stunden zuvor.

„Bist du dir sicher?“, durchbrach Gero die Stille und sah ihn besorgt an. „Es wäre sicherlich besser, nur um…“ Micha schüttelte energisch den Kopf, was er allerdings sofort bereute, da dieser nun anfing noch stärker zu schmerzen.

Er hing noch immer in Geros Armen und machte keine Anstalten sich auf seine eigenen Beine zu stellen. So seufzte dieser und meinte: „Gut, dann bring ich dich aber rein.“ Micha nickte kaum merklich und ließ sich von Gero stützen, als er zur Tür schlurfte, zu erschöpft die Füße anzuheben.

Der Rothaarige schloss die Tür mit dem Schlüssel, den Micha ihm reichte, auf und ging hinein. Das Haus lag in kompletter Dunkelheit, also waren seine Eltern wohl schon im Bett.

„Wo ist das Badezimmer?“, fragte Gero plötzlich. Micha wusste nicht, was Gero jetzt da wollte, dennoch antwortete er: „Im ersten Stock die erste Tür links.“

Gero nickte und hievte ihn die Treppen hinauf, allerdings sehr langsam, da er sich selbst Stufe für Stufe hinauftasten musste; Micha hatte sich vehement geweigert das Licht anzuschalten, aus Angst seine Eltern aufzuwecken.
 

Nun standen sie im Bad. Oder eher gesagt: Gero stand und Micha saß auf dem Badewannenrand und sah zu dem Größeren auf. Er musste sich zusammenreißen, um nicht der Versuchung zu erliegen, sich einfach nach hinten kippen zu lassen und in der Badewanne zu schlafen. Als Gero sich umgesehen hatte, herrschte er ihn an: „Los, aufstehen und komm her zum Waschbecken!“ Micha hatte keine Lust sich zu wehren oder noch irgendeine Tat Geros zu hinterfragen, er tat einfach wie ihm geheißen und beugte sich auch über das Waschbecken, als Gero das von ihm verlangte.

Dennoch schrak er im ersten Moment zurück, als er das warme Wasser und Geros Hand auf seiner Wange spürte.

Es brannte, obwohl Gero ihn kaum berührt hatte. Der jedoch akzeptierte diese Schwäche nicht, sondern drückte ihn im Kreuz nach vorne und fuhr fort ihm das Gesicht zu waschen.

„Was tust du da?“, fragte Micha schließlich doch und spuckte das schmutzige, nach Blut schmeckende Wasser aus, das ihm in den Mund gelaufen war.

„Sei still. Ich wasche das Blut und den Dreck ab, oder willst du deine ganze Bettwäsche versauen?“ Sein Tonfall war ruppig, oder sollte zumindest so klingen, denn Micha hörte, trotz seiner Müdigkeit die Besorgnis heraus. Auf die Frage hin schüttelte er den Kopf, doch Gero fuhr ihn an: „Halt still!“

Micha genoss diese Streicheleinheiten. Schon lange hatte ihn niemand mehr so sanft angefasst oder hatte es überhaupt schon mal jemand getan? Für einen Moment beneidete er sämtliche Frauen um Geros sanfte Hände, doch ohrfeigte er sich in Gedanken selbst dafür. So etwas durfte er nicht denken!

Auf keinen Fall!

Niemals!

Als Gero fertig war, reichte er Micha eines der Handtücher, die an den Haken neben dem Waschbecken hingen, damit er sich das Gesicht abtrocknen konnte.

Der Rothaarige brachte ihn auch noch in sein Zimmer und beobachtete ihn offenkundig, während er sich umzog. Es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, bis er das Hemd des Schlafanzuges zugeknöpft hatte und er wollte sich schon in sein Bett fallen lassen, da hielt Gero ihn zurück und sagte leise: „Du bist doch auch ein Idiot! Nicht mal ein Hemd kannst du zumachen, ohne dich zu verknöpfen, wie willst du dann morgen die Klausur schreiben? Am Besten du meldest dich krank und schreibst sie dann nach, dann können wir auch noch einmal ausgiebig miteinander lernen.“ Während er sprach hatte er sich an Michas Hemd zu schaffen gemacht. Er knöpfte es auf.

Micha schluckte schwer, als Geros Hände seine Haut unabsichtlich streiften und erinnerte sich unwillkürlich an die Liebkosungen dieser Hände in seinem Gesicht nur einige Minuten früher.

Nun begann er wieder es zuzuknöpfen und als er fertig war trat er von Micha weg und musterte ihn still. „Micha, das ist mein Ernst. Geh morgen zum Arzt und lass dich abchecken, nur zur Sicherheit. Die Chemiearbeit nimmt dir keiner weg und wenn du noch mit mir lernst, kann es nicht schlechter werden.“

„Ich überleg’s mir“, gähnte Micha und stieg vorsichtig in sein Bett, sich in seine Decke mummelnd.

„Versprich es mir!“ Er hatte sich an die Bettkante gesetzt und die Finger seiner linken Hand berührten vorsichtig die Wunde an Michas Stirn, was diesen zusammenzucken ließ. Doch dann ergriff er die warme Hand mit seinen eigenen klammen Fingern und schmiegte seine Wange an sie, Geros verdutzten Blick ignorierend.

„Na gut“, murmelte er und schloss die Augen, leicht lächelnd, denn er hatte Geros Hand losgelassen und sie ruhte noch immer auf seiner Wange.

Doch im nächsten Moment zog Gero sie weg und erhob sich.

„Dann ist gut“, sagte er und Micha hörte, wie sich seine Schritte der Tür näherten. „Gute Nacht, schlaf gut.“ Er löschte das Licht und schloss die Tür hinter sich. Und keine zwei Minuten später holte sich Micha endlich den Schlaf, den er brauchte.

Räume sind relativ

Hallo =)
 

Yeah, mein dreißigstes Kapitel! =D Und so viele Leute, die es lesen, ich find das wirklich wahnsinnig toll; DANKE!

Das wollte ich eigentlich nur kurz sagen =)

Ach wo der Titel grad "Relativ" beinhaltet, hört euch doch mal das Lied "Relativ" von den Wise Guys an, es ist himmlisch! =3
 

Viel Spaß jetzt beim Lesen
 


 

„Gero? Was machst du denn hier?“, keuchte Micha. Er befand sich gerade auf dem Weg in die Schule und war erst zwanzig Meter gelaufen, da stand Gero an sein Auto gelehnt, eine Zigarette in der Hand.

„Überprüfen, ob du wirklich zum Arzt gehst“, entgegnete er gelassen und hob die Augenbrauen.

„Ehm, ja, ich wollte gerade gehen.“ Natürlich hatte er nicht zum Arzt gehen wollen, er wollte die Klausur keinesfalls nachschreiben. Doch anscheinend glaubte ihm Gero nicht, denn er meinte kühl: „Und deshalb hast du auch deine Schultasche dabei?“

„Na ja“, druckste er. „Ich wollte jetzt zum Arzt gehen und danach zum Unterricht.“ Der Rothaarige allerdings lachte auf und meinte: „Klar, Micha, das kannst du erzählen wem du willst, aber ich kenn dich mittlerweile gut genug. Also steig ein, wir fahren zum Arzt!“

„Aber irgendjemand muss mich doch abmelden und meine Eltern machen das sicher nicht, wenn ich heute eine Klausur schreibe.“

„Dann sag’s ihnen halt nicht.“

„Ich hab’s ihnen aber schon gesagt.“ Eigentlich hatte er es nicht getan, aber er hatte Angst, dass Gero dann auch noch mit hineinkam und seinen Eltern irgendwas erzählen würde.

Gero stöhnte genervt, überlegte einen Moment lang und befahl dann: „Los, gib mir eins deiner Bücher!“

„Was?“, fragte Micha verwirrt. „Welches denn?“

„Ist mir doch scheiß egal, gib mir einfach irgendeins!“

Micha tat wie ihm geheißen und gab Gero eines seiner Schulbücher. Dieser schlug es auf und sah auf der ersten Seite den Leihbuchaufkleber an. Nach ein paar Augenblicken zückte er sein Handy und wählte die Nummer, die bei der Adresse des Gymnasiums stand. Dann warf er Micha das Buch in den Schoß und fuhr ihn an: „Und wehe du gibst einen Mucks von dir!“

Eingeschüchtert nickte Micha und starrte, das Buch an sich drückend, Gero an.

„Ah, guten Morgen, hier Kainrath, der Vater von Micha… ja, in der elf…“ Er dehnte die Zahl und sah Micha auffordernd an, der wusste im ersten Moment nicht, was er nun tun sollte, da verstand er und flüsterte: „D.“

„Elf D. Genau… Ja, mein Sohn ist gestern etwas unglücklich gestürzt und soll heute noch einmal zum Arzt, um sicherzustellen, dass er keine Gehirnerschütterung oder dergleichen hat… ja… ja… ehm, das einzige Problem ist, dass er heute eigentlich eine Chemieklausur… ja, natürlich… er bringt das Attest dann mit… Danke, ich werde es ihm ausrichten… danke, Ihnen auch.“ Er nahm das Handy vom Ohr, legte auf und steckte es zurück in die Hosentasche, dann drehte er den Schlüssel im Zündschloss und startete den Wagen.

Er sah noch einmal grinsend zu dem etwas schockierten Micha und meinte: „Ich soll dir von der Sekretärin gute Besserung wünschen.“

„Du hast dich als mein Vater ausgegeben?“, fragte Micha recht tonlos. „Ist das nicht strafbar?“

Gero lachte daraufhin herzlich auf und entgegnete: „Ach Micha! Du machst dir Gedanken! Ich hab mich früher so oft als mein eigener Vater ausgegeben um zu schwänzen, das peilen die doch auf keinem Auge! Außerdem hab ich ja größtenteils die Wahrheit gesagt.“ Er hielt einen Moment inne und schien zu überlegen, dann fragte er: „Bei welchem Arzt bist du denn?“

„Bei Herrn Doktor Koerner“, antwortete Micha.

„Hast du deine Versicherungskarte dabei?“, fuhr Gero fort zu fragen. Der Blonde musste das allerdings verneinen. „Trottel! So was hat man doch immer dabei!“ Micha zuckte bei dem Tonfall etwas zusammen, doch gleich darauf wurde Geros Stimme wieder etwas sanfter: „Naja was soll’s, vielleicht kannst du die Karte ja noch innerhalb des Quartals nachreichen oder so was.“
 

Micha ging nervös zu der jungen Frau hinter der Empfangstheke. Er warf Gero, der hinter ihm stand, noch einmal einen gequälten Blick zu und begrüßte die Frau dann freundlich.

„Guten Morgen, haben Sie einen Termin?“, fragte sie, offensichtlich unter Zeitdruck. Eingeschüchtert schüttelte Micha den Kopf. Er hatte ganz vergessen, dass er einen Termin benötigte. „Dann tut es mir leid“, fuhr die Dame fort. „Sie brauchen einen Termin.“

„Aber…“, wollte Micha gerade ansetzen, da klingelte das Telefon und die Frau beantwortete den Anruf.

Micha sah noch einmal zu Gero. Er hoffte, dass dieser nun aufgab und ihn zur Schule gehen ließ, aber der dachte wohl gar nicht daran, denn er schob sich nun vor Micha, wartete, bis das Telefonat beendet war und sagte dann: „Hören Sie, es tut uns leid, dass wir keinen Termin ausgemacht haben, aber das werden wir jetzt nachholen, er…“

„Es tut mir leid, aber wir sind heute Vormittag absolut voll“, schnitt sie ihm das Wort ab und blätterte geschäftig in einigen Patientenakten.

Micha spürte förmlich, wie Gero sich zusammenriss, um nicht auszurasten und alles zu versauen. Er wagte es kaum dem Älteren, der neben ihm stand, ins Gesicht zu sehen, doch als er es dann doch tat, erkannte er, wie der sich zu einem Lächeln zwang. Dies misslang ihm jedoch gründlich und er glich mehr einem Wahnsinnigen.

„Wertes Fräulein, Sie werden es doch wohl noch schaffen ihn zwischen zwei von diesen alten Menschen zu stecken, die sowieso jede verdammte Woche hier rumvegetieren! Es wird auch kaum lange dauern.“ Gerade weil er seine Stimme krampfhaft ruhig hielt, hörte es sich extrem nach einer Drohung an.

Das ‚werte Fräulein’ sah nun wieder zu ihm auf, sich eine Haarsträhne aus der Stirn pustend. Sie musterte die beiden herablassend und fragte dann: „Worum geht es denn?“

„Er ist gestern Nacht auf den Kopf geknallt.“ Gero hatte die Frage für Micha beantwortet und die Arzthelferin sah ihn durchdringend an und fragte dann: „Und Sie waren dabei?“ Gero nickte. „Dann hätten Sie gleich einen Notarzt rufen sollen, oder ihn ins Krankenhaus bringen sollen, dann hätten wir hier jetzt kein Problem.“

„Wir hätten hier auch kein Problem, wenn Sie nicht so arrogant wären und endlich ihren scheiß Job machen würden und ihm einen Termin gäben!“, knurrte Gero geringschätzig. Für einen Moment weiteten sich die Augen der Frau und sie starrte ihn mit offenem Mund an.

Schließlich schien sie sich allerdings dazu zu entschließen Gero zu ignorieren und wandte sich stattdessen an Micha: „Kann ich dann bitte Ihre Karte haben?“

„Die habe ich vergessen“, murmelte Micha und wagte es nicht sie anzusehen. Ihm reichte es, den vernichtenden Blick auf sich zu spüren.

„Sie brauchen gar nicht so zu schauen! Das kann ja mal passieren, er wird sie Ihnen noch vorbeibringen!“, vernahm er wieder Geros Stimme.

„Ist ja gut, Sie müssen nicht gleich ausfallend werden. Ich kann Sie um zehn Uhr reinquetschen. Wie ist denn Ihr Name? Sind Sie sonst auch bei uns?“

„Ich heiße Micha Kainrath. Herr Koerner ist unser Hausarzt.“ Die Frau nickte, hatte die Tischplatte zur Seite geschoben und somit Akten, die darunter hingen, freigegeben, sah sie kurz durch und zog dann Michas heraus.

„Ah, da haben wir Sie ja. Nehmen Sie bitte im Wartezimmer Platz.“
 

„Na toll, jetzt dürfen wir hier zwei Stunden rumflacken! Jetzt noch mal nach Hause zu fahren würde sich auch nicht lohnen. So’n Mist!“, maulte Gero, als er sich in einen der Stühle fallen ließ.

„Sag mal“, murmelte Micha, als er neben ihm Platz genommen hatte. „Hast du dir eigentlich Sorgen um mich gemacht, oder warum standest du vorhin auf meinem Weg?“ Er mied es peinlichst genau Gero ins Gesicht zu sehen, doch als er kurz zu diesem schielte, erkannte er, dass der wohl ebenso wenig erpicht auf Augenkontakt war. Dennoch antwortete er: „Naja, schon irgendwie ’n bisschen, aber wenn man mit dir befreundet sein will, muss man sich auch ständig Sorgen machen, weil du dauernd irgendwas anstellst.“

„Tut mir leid, ich mach das wirklich nicht absichtlich“, entgegnete Micha schuldbewusst, doch Gero lachte verhalten auf und meinte: „Das ist mir auch klar, aber irgendwie scheinst du ein Talent dafür zu haben, dir irgendwas zu tun.“ Daraufhin schwiegen sie wieder eine Weile.
 

Wartezimmer waren seltsame Räume. Die Leute, die eintraten grüßten die, die schon saßen, und diese grüßten zurück. Gesprochen wurde kaum und wenn dann nur sehr gedämpft, man traute sich kaum laut zu sprechen aus Angst die anderen zu stören, oder dass diese etwas Privates aufschnappen könnten. Es war eigentlich lächerlich, doch anscheinend war es ein ungeschriebenes Gesetz, denn sogar Gero hielt sich daran.

Albert Einstein hatte offensichtlich bei seiner Relativitätstheorie einen entscheidenden Faktor vergessen, denn nicht nur die Zeit, sondern auch der Raum schien relativ zu sein.

Einige der Leute blätterten in den angebotenen Zeitschriften, doch weder Gero, noch Micha hatten sich eine genommen, sie hatten es beide stillschweigend verneint.

Hin und wieder liefen an der offenen Tür der Arzt oder eine weitere junge Frau vorbei und gelegentlich riefen sie einen Patienten auf.

Manchmal kamen die dann auch wieder vorbei um sich ihre Jacken und Mäntel an der Garderobe anzuziehen und dann zu gehen, oder es kamen neue Patienten, die erst mit der Frau an der Empfangstheke sprachen, dann ihre Winterkleidung aufhängten, hereinkamen und das übliche Ritual vollzogen.

Micha fühlte sich hier wahnsinnig fehl am Platze und er vermutete, dass es Gero nicht anders ging; hier waren außer ihnen nur alte Menschen, vielleicht um die siebzig, achtzig Jahre alt.

„Du, Gero?“, fragte Micha schließlich leise, als er die unangenehme Stille nicht mehr aushielt.

„Hm?“, machte dieser. Er hatte es schlauer gemacht, er hatte sich einfach in den Stuhl sinken lassen, die Augen geschlossen und döste.

„Kommst du mit rein?“, erkundigte sich Micha, auch wenn es ihm etwas peinlich war.

„Von mir aus“, erwiderte Gero, ohne die Augen zu öffnen.

Es wunderte Micha. Eigentlich hatte er sich auf eine Diskussion oder wenigstens ein bisschen Unwillen eingestellt, aber Gero schien ja fast schon nichts anderes erwartet zu haben, als dass er mit hineinkam.

Doch er wollte es dabei belassen. So ließ er den Kopf zwischen den Schultern hängen und schloss ebenfalls die Augen.
 

Nach einigen Minuten bemerkte er, wie er zur Seite kippte, nur ganz subtil, kaum zu sehen. Doch er befand sich schon im Halbschlaf, so kümmerte es ihn kaum, er ließ es einfach geschehen, hatte nicht den Elan etwas gegen diese Situation zu tun.

Nach einigen Sekunden kippte er schneller.

Irgendetwas würde ihn schon abfangen.

Und er sollte Recht behalten, denn schließlich traf sein Kopf auf etwas.

Was es war, war Micha relativ gleichgültig, es war bequem, warm und fast schon weich, so ließ er seinen Kopf darauf gebettet.

Irgendwann hörte er jedoch ein Räuspern. Es drang von weiter Ferne zu ihm, doch als sich eine Hand an seinen Kopf legte und ihn weg schob von dem bequemen, warmen Etwas, murrte er und öffnete die Augen.

Nun musste er erkennen, dass es Gero war, der Michas Kopf von seiner Schulter schob. Hatte er sich tatsächlich an Gero gelehnt?

„Gero, habe ich…?“, setzte er an und stockte dann, als er Geros gehobene Augenbrauen erkannte.

„Du hast gesabbert“, sagte der Rothaarige ruhig.

Erschrocken wischte Micha sich über Mundwinkel und Kinn und musste feststellen, dass Gero Recht hatte.

„Oh, das tut mir leid, ich wollte dich nicht…“ Er unterbrach sich erneut.

Hieß das, hätte er nicht angefangen zu sabbern, hätte Gero ihn schlafen lassen? An seiner Schulter angelehnt? Was geschah in letzter Zeit nur?

Etwas zerstreut sah er sich im Wartezimmer um, es war kaum mehr jemand ja, außer einer alten Dame, die sie mit scharfem Blick beobachtete und einem Mann, der in ein Magazin vertieft schien.

„Wie viel Uhr haben wir denn?“, fragte Micha, um das peinliche Thema zu überspielen.

Gero zückte sein Handy, warf einen kurzen Blick auf das Display und murmelte: „Kurz nach zehn, du hast einen ganz schön festen Schlaf, mein Lieber…“ Micha zog es vor nicht darauf zu antworten, sondern einfach aus dem Fenster zu starren. Es hatte wieder zu schneien begonnen.

„Oh Mann!“, kam es nach zwei oder drei weiteren Minuten des Wartens von Gero. „Warum bist du eigentlich nicht privat versichert oder so was? Dann bräuchtest du gar keine Karte, die Leute sind viel freundlicher und du wärst schon nach einer halben Stunde spätestens dran gekommen!“

„Als wärst du privat versichert“, murrte Micha, doch Gero entgegnete: „Jetzt nicht mehr, aber früher war ich’s über meine Mutter. Glaub mir, das ist so wahnsinnig viel angenehmer!“
 

„Kainrath?“ Es war die junge Frau, die sie schon in Empfang genommen hatte.

Micha stand auf und folgte ihr den Flur entlang ins Sprechzimmer des Arztes.

„Setzen Sie sich doch“, sagte sie höflich, als hätte sie die Auseinandersetzung vom Morgen schon wieder vergessen. Damit schloss sie die Tür wieder und ließ die beiden allein. Gero war tatsächlich mit hineingekommen.

Nach zwei weiteren Minuten des Wartens kam der Arzt herein.

Er war groß und hager, trug ein dezent kariertes Hemd und sein schwarzes Haar begann an den Seiten zu ergrauen.

„Guten Morgen, Micha“, grüßte er den Blonden und gab ihm die Hand; dieser erwiderte den Gruß höflich.

„Ihnen auch einen schönen guten Morgen; wie heißen Sie doch gleich, wenn ich fragen darf?“, wandte er sich nun an Gero.

„Hellinger, guten Morgen.“, antwortete der Rothaarige artig und setzte sich wieder, nachdem er sich zum Händeschütteln erhoben hatte.

Der Arzt setzte sich ebenfalls und sah in Michas Krankenakte.

„Du bist also gestürzt?“, fragte er und sah auf. Micha nickte. „Und bist auf den Kopf gefallen?“, fuhr er fort und erneut nickte Micha. „Und Sie waren dabei, Herr Hellinger?“, nun wandte er sich Gero zu. „Wie ist das passiert?“

„Ich hab ihn gestern Abend noch mit dem Auto nach Hause gefahren und er ist beim Aussteigen gestolpert. Danach war er ein paar Minuten bewusstlos, aber sein Puls und seine Atmung waren normal“, erzählte Gero. Micha wunderte sich etwas. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass Gero das überprüft hatte, wahrscheinlich war er wirklich bewusstlos gewesen.

Der Arzt nickte und schrieb sich etwas auf, dann fragte er: „Und wie lange hat die Bewusstlosigkeit gedauert?“ Gero überlegte einen Moment, dann erwiderte er: „Nicht lange, vielleicht zwei Minuten.“

„Und hat er die Augen gleich aufgemacht oder erst nach Aufforderung?“

„Ich musste ihn auffordern.“

„Konnte er sprechen? War er orientiert?“

„Sprechen konnte er, aber orientiert war er nur halbwegs.“

Die Fragerei fuhr fort und zum Schluss wurde auch noch Micha nach seinem aktuellen Befinden gefragt.

Als er fertig war, gab der Arzt ihnen mit einem milden Lächeln die Hand und verordnete Micha lediglich Bettruhe für den Rest der Woche.

Anscheinend war es nichts Schlimmes und das hatte er nur durch diese Fragerei herausgefunden.
 

Außerhalb der Arztpraxis, als sie sich noch ein Attest hatten ausschreiben lassen, klopfte Gero Micha auf die Schulter und meinte: „Na ein Glück, dass nichts ist, ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, wärst du jetzt an irgendwelchen inneren Blutungen verreckt.“

„Sag so was nicht“, versetzte Micha und setzte sich in Bewegung. Er mochte es nicht, wenn man über solche Dinge scherzte, denn es gab Menschen, die daran starben.

„Stell dich nicht so an, ich sag doch nur, dass ich froh bin.“ Gero schien etwas gekränkt, doch Micha blieb stehen, sah ihn durchdringend an, umarmte ihn dann und sagte: „Danke.“ Unschlüssig erwiderte Gero die Umarmung und fragte verwirrt: „Für was denn?“

„Dafür dass du dir Sorgen machst und mit mir hierher kommst und jetzt froh bist. Danke!“ Er ließ wieder von ihm ab und ging weiter.

Einen Moment lang blieb Gero noch stehen, dann kam er ihm hinterher und maulte: „Lass dieses ganze Umarme aber bloß nicht zur Gewohnheit werden! Das ist mir nämlich viel zu schwul!“

„Tut mir leid“, lächelte Micha. Er war gut gelaunt.
 


 

Wuahahaha!

Ich mag Geros Methode des Schulschwänzens xD Und das funktioniert wirklich (jaja, von wegen man darf keine Nonne anlügen xDD)

Wie dem auch sei, lG, Terrormopf

Erkenntnis

Mein Lieben =)

Ich habe es tatsächlich nicht geschafft auf auch nur einen einzigen Kommentar zu antworten, dabei gebt ihr euch doch extra die Mühe und schreibt mir! Es tut mir wirklich leid.

Dafür gibt es das neue Kapitel schon heute.

Naja, eigentlich liegt es daran, dass ich übers Wochenende auf der Animagic bin =) Und wie letztes Jahr als Sakura aus TRC

Jetzt aber: Viel Spaß!
 


 

Er lag im Bett.

Flach auf dem Rücken.

Gleichmäßig atmete er durch den geöffneten Mund ein und aus.

Den Blick hatte er starr gegen die Decke gerichtet.

Er dachte nach.

Über Gero. Und sich.

Was war das eigentlich zwischen ihnen?

Sie waren befreundet. Zumindest würde Gero das sagen. Aber was sollte er selbst sagen? Ihm kam das nicht vor wie eine normale Freundschaft, zumindest von seiner Seite her nicht.

Aber wenn er nicht nur Freundschaft für Gero empfand, was dann?

„Hey! Bist du scheintot, oder was?“, ertönte eine laute Stimme neben Michas Ohr und dieser schrak auf; erblickte Gero, der daraufhin lachte.

„Gero?“, fragte er verwirrt und lehnte sich gegen die Wand am Kopfende seines Bettes. „Wie bist du hier rein gekommen?“

„Deine Eltern haben mich rein gelassen. Hast du mich nicht klingeln hören?“ Micha schüttelte abwesend den Kopf, noch immer halb bei seinen Gedankengängen von zuvor. Dennoch lächelte er und fragte: „Und was machst du hier?“

„Stör ich dich beim Totstellen, oder was? Soll ich wieder gehen?“ Er schien nicht beleidigt, eher amüsiert, dennoch entgegnete Micha: „Nein, bleib hier, ich hab nur nachgedacht.“

„Über den Tod? Micha, eine Gehirnerschütterung ist nicht tödlich, zumindest nicht, dass ich wüsste, und sonst hätte der Arzt sicher was gesagt.“

„Nein, das ist es doch gar nicht und nun hör doch mal auf ständig vom Tod zu reden!“

„Ist ja gut, ist ja gut. Worüber hast du denn nachgedacht?“

Micha biss sich auf die Unterlippe. Er konnte Gero doch keinesfalls davon erzählen, dann würde er nämlich nicht mehr nur tot spielen…

„Na?“, erkundigte sich Gero.

„Ehm, über Chemie“, schwindelte Micha und hoffte, dass Gero ihm diese dreiste Lüge abnahm. Er hatte das Gesicht von Gero abgewandt, schielte aber dennoch wieder und wieder nervös zu ihm. Noch immer ließ ihn der Gedanke von zuvor nicht los.

„Na klar“, lachte Gero. „Als würdest du in deiner Freizeit über Chemie nachdenken! Wohl eher über eine Möglichkeit deinen Chemielehrer umzubringen, ohne dass du geschnappt wirst!“ Mit diesen Worten ließ Gero sich auf dem Bett nieder.

Nun sah Micha doch wieder zu ihm und wollte gerade etwas sagen, da vergaß er es und fragte: „Woher hast du die Blutergüsse und warum hast du so ein Veilchen und ein Pflaster unterm Auge?“ Und wieso zur Hölle war Micha das nicht schon aufgefallen als Gero ins Zimmer gekommen war?

„Soso, du bist also auch so’n Blitzmerker der Firma Langsam, was?“ Gero lächelte mild.

„Gero lass das, wie ist das passiert?“ Micha kniete sich vor ihn, sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an und war kurz davor Geros linke Wange zu berühren, da zog er die Hand wieder zurück und schluckte unwillkürlich.

„Ich hatte nur ’ne kleine Auseinandersetzung.“ Gero zuckte mit den Schultern. Micha keuchte empört auf und entgegnete: „Eine kleine Auseinandersetzung? Gero! Mit wem um Gottes Willen hast du dich geprügelt?“

„Du hörst dich an wie so ’ne Mutter, krieg dich wieder ein“, murrte Gero und ließ sich auf den Rücken fallen. Micha blieb sitzen, nahm seinen Blick aber dennoch nicht von den Merkmalen dieser Schlägerei.

„Gero, mit wem? Warum?“, fragte Micha noch einmal, diesmal ruhiger, nicht mehr so hysterisch. Im ersten Moment schwieg Gero und Micha sah auf seine Füße. Wieso wollte Gero ihm denn nichts davon erzählen?

„Mit diesen Typen“, murmelte Gero dann schließlich doch und Micha blickte wieder auf, forderte Gero damit auf weiter zu sprechen. Doch dieser sah offensichtlich keinen Grund dazu Micha anzusehen, sondern hatte das Gesicht abgewandt und musterte Michas Wand.

„Mit welchen Typen?“, hakte der Blonde schließlich doch nach.

„Die, die vorgestern bei mir waren und an Weihnachten im Galgen und davor schon…“ Er lehnte es offensichtlich immer noch ab Micha anzusehen, doch diesem war das relativ egal und er fragte: „Und wieso hast du dich auf einmal mit ihnen geprügelt? Waren das nicht deine Freunde?“

„Micha, du bist irgendwie ein verdrehter Stöpke… Freunde sind doch eigentlich was Anderes. Ich bin früher mit denen unterwegs gewesen, frag mich nicht warum, aber wirklich befreundet waren wir nie. Und irgendwann hab ich dann Ella kennen gelernt und über sie die anderen. Und von da an hab ich mich immer seltener mit den zwielichtigen Kameraden blicken lassen.“

„Aber warum hast du es überhaupt getan?“, rutschte es Micha heraus.

„Getan? Was getan?“

„Naja, mit ihnen unterwegs sein, andere schlagen, du weißt schon“, murmelte er. Irgendwie hatte er ein schlechtes Gefühl bei diesem Thema; vielleicht hatte es einfach zu viel mit ihm selbst zu tun.

„Keine Ahnung, sie hatten die gleichen Ansichten wie ich und ihre Methode der Problembewältigung hat mir gefallen; man muss mal nicht nachdenken, einfach nur draufhauen.“ Er hielt einen Moment in seiner Erklärung inne und seufzte. Dann sah er schließlich doch zu Micha und lächelte etwas gequält: „Ganz schön bescheuert, was?“ Micha nickte abwesend. Wieso hatte Gero sich denn jetzt mit ihnen geschlagen? Was ergab das für einen Sinn? Selbst wenn seine Ansichten sich geändert hatten, so musste er sich doch nicht gleich in eine Prügelei stürzen, oder?

„Pass auf, dass dir der Rauch nicht zu den Ohren rauskommt“, versetzte Gero mit erhobener Augenbraue und riss Micha aus seinen Gedanken. Als der ihn allerdings nur fragend und verständnislos ansah, seufzte er: „Vom Denken, Micha, ich hab’s ja schon richtig rattern gehört.“

„Ach so“, murmelte Micha. Und als Gero wieder begann die Wand zu betrachten, rang er sich schließlich doch dazu durch ihn zu fragen: „Und warum hast du dich mit ihnen geschlagen?“

„Deinetwegen“, lautete die schlichte Antwort.

„Meinetwegen?“ Mehr brachte Micha nicht heraus. Mit weit geöffneten Augen und ungläubigem Blick sah er zu Gero, der den Blick allerdings nicht erwiderte.

„Ja, so sieht’s aus.“ Erneut hielt er inne. Micha jedoch gab sich damit nicht zufrieden, sondern fragte: „Aber warum hast du dich denn mit ihnen geprügelt? Was haben sie gemacht?“

„Du gibst auch nie Ruhe, was?“ Er seufzte. „Tja, gestern hab ich sie in der Stadt getroffen, daraufhin sind wir einen trinken gegangen, weil ich sie ja vorgestern, als du gekommen bist, rausgeworfen hab. Und die haben gelabert! Haben mich schon die ganze Zeit genervt und irgendwann sind sie auf dich zu sprechen gekommen.“ Unruhig schluckte Micha und wartete darauf, dass Gero fortfuhr, doch vergeblich, so murmelte er: „Was haben sie gesagt?“

„Nichts von Bedeutung, totalen Schwachsinn; meinten halt das Maul aufreißen zu müssen. Und irgendwann hatte ich keinen Bock mehr auf das Gelaber und bin gegangen, woraufhin sie mir gefolgt sind. Und die ganze Zeit meinten sie dumme Scherze und noch dümmere Sprüche reißen zu müssen.“

„Und dann?“ So gleichförmig Gero auch sprach, es bereitete Micha dennoch eine Gänsehaut.

Er konnte es fast schon vor sich sehen, wie Gero genervt aus dem Galgen, wenn sie denn im Galgen gewesen waren, lief, die Jacke noch nicht ganz angezogen, die Mütze nicht auf dem Kopf, was er nun im Laufen erledigte. Wie die beiden Kerle ihm lachend hinterher kamen, der Eine einen Arm um Geros Schulter legte und, noch immer grinsend, auf ihn einredete, ihn dann auf die Schulter klopfte und schließlich und endlich von ihm abließ. Geros Wangen und seine Nase hatten mit Sicherheit einen kräftigen Rot-Ton angenommen - vor Kälte und angestautem Zorn.

„Und dann hab ich erst dem Einen und dann dem Anderen das Maul gestopft. Na ja, dabei bin ich halt auch nicht ganz ohne Blessuren davongekommen, wie du siehst.“

„Und was ist mit dem Pflaster?“

„Ach, das ist aufgeplatzt, musste geklebt werden…“ Gero grinste schief und Micha fragte atemlos: „Und das nur, weil sie mich beleidigt haben?“

„Nein“, entgegnete der Rothaarige. „Zumindest nicht nur, schließlich haben sie mich auch wahnsinnig genervt.“ Er hatte seinen Blick Micha endlich wieder zugewandt und dieser murmelte noch einmal: „Und das, weil sie mich beleidigt haben…“ Aber er kam gar nicht dazu den Satz zu beenden, denn Gero hatte eine Hand auf seine Brust gelegt, kam ihm ganz nahe und grinste, die Zähne bleckend: „Ich glaub, dir sollte ich auch mal das Maul stopfen.“

Michas Herz stand für einen Moment still. Was meinte Gero damit? Was sollte dieses schelmische Lächeln auf den Lippen des Anderen, die Hand auf seiner Brust?

Die Fragen wurden ihm gleich beantwortet, denn Gero übte leicht Druck auf seine Hand aus und schubste Micha so zurück in die Kissen.

Der Blonde hatte die Augen zugekniffen und erwartete, was nun kam. Er hatte wirklich keine Ahnung, es gab eigentlich nur zwei Möglichkeiten, wovon die eine wohl niemals stattfinden würde. Also konnte es nur darauf hinauslaufen, dass Gero ihn schlug.

Doch nichts dergleichen geschah.

So öffnete Micha die Augen wieder und gewahrte das Gesicht Geros dem seinen ganz nahe.

Er hielt den Atem an, konnte es doch Möglichkeit Nummer zwei werden?

Doch stattdessen begann Gero zu lachen, entfernte sich wieder von ihm und grinste: „Hast du jetzt allen ernstes erwartet, dass ich dir eine mitgebe?“ Doch abrupt verschwand das Lächeln von seinem Gesicht und er wurde ernst: „Du kennst mich ja auch überhaupt nicht, oder? Was hätte ich denn für einen Grund dich jetzt zu schlagen?“

„Na ja, vielleicht nerve ich dich ja…“, ließ Micha unsicher vernehmen, doch Gero hob nur die Augenbrauen und entgegnete: „Wenn du mich so unglaublich nerven würdest, wär ich wohl kaum zu dir gekommen.“

Da hatte er allerdings Recht.

Eine Stille entstand, bis der Rothaarige schließlich meinte: „Aber na ja, genug von mir geredet. Wie geht’s dir, oder besser gesagt deinem Kopf? Alles heil? Keine Schmerzen?“

Leicht lächelte Micha. Es war ein schönes Gefühl, wenn Gero sich nach seinem Befinden erkundigte und es, wenn auch etwas ironisch verpackt, doch ehrlich meinte.

„Mir geht’s gut“, antwortete er. „Kopfschmerzen hatte ich gestern ein wenig, aber jetzt geht’s mir wieder gut, aber ich bleib lieber liegen, sonst machen meine Eltern mir die Hölle heiß.“

„Aber es ist doch Samstag, in die Schule können sie dich eh nicht schicken…“

„Ja schon, aber sie werden sauer sein wegen gestern, weil wenn es mir jetzt schon wieder gut geht, hätte ich gestern auch zur Schule gehen können.“

„Du hast aber doch ein Attest für diese Woche“, warf Gero verständnislos ein, woraufhin Micha erwiderte: „Ja schon, aber meine Eltern sind da etwas eigen.“

„Offensichtlich.“ Sie schwiegen einen Moment, dann sprach Gero weiter: „Wenn du am Montag wieder in der Schule bist, machst du am Besten gleich einen Nachschreibetermin für die Chemieklausur aus. Dann sagst du mir, wann du schreibst und wir können zusammen lernen.“

„Du bietest mir an mit dir zu lernen?“, fragte Micha, Erstaunen schwang in seiner Stimme mit und mit einem leichten Lächeln erwiderte Gero: „So sieht’s aus.“

„Ich danke dir! Danke, danke, danke!“, rief Micha aus und seine Augen strahlten.

„Is schon gut, ich sterb ja nicht dran dir in Chemie ein bisschen unter die Arme zu greifen.“ Er zuckte mit den Achseln. Micha jedoch konnte sein Glück kaum fassen. Wenn er mit Gero lernte, würde er es sicher auf eine Drei schaffen, denn irgendwas machte Gero beim Erklären, dass Micha es meistens auf Anhieb verstand.

Gero gähnte, woraufhin Micha auf die Uhr sah, es war erst kurz nach vier.

„Bist du müde?“, erkundigte er sich erstaunt und bemühte sich von dem Gähnen nicht angesteckt zu werden, was ihm allerdings nur halbwegs gelang. Der Rothaarige wuschelte sich kurz durch die Haare, fuhr sich übers Gesicht und murmelte: „Geht, aber du gähnst doch auch.“

„Das ist ein Reflex“, entgegnete Micha und Gero grinste daraufhin: „Das sagen sie alle. Kommst du kurz mit raus?“

„Willst du eine rauchen?“, fragte Micha und Gero nickte. Er seufzte daraufhin, nickte aber dennoch, erhob sich aus dem Bett, schlüpfte in seine Hausschuhe und ging zum Kleiderschrank, um sich etwas überzuziehen.

„Kannst du mir noch mal eine von deinen putzigen, kleinen Jacken leihen?“, vernahm er da Geros Stimme hinter sich. Er drehte sich gar nicht erst um, sondern zog eine vom Bügel und reichte sie Gero. Der bedankte sich und ging den letzten Schritt zur Balkontür, um den Vorhang zurückzuziehen und die Tür zu öffnen.

Micha folgte ihm auf den Balkon und stellte fröstelnd fest, dass es doch kälter war als erwartet, vielleicht waren Schlafanzug, Pulli und nackte Füße in Filzpantoffeln auch einfach nicht die geeignete Kleidung.

Gero lehnte sich gegen die Brüstung und zündete sich seine Zigarette an.

„Wieso rauchst du eigentlich?“, fragte Micha nach einer Minute des Schweigens. Gero zuckte wieder mit den Achseln und meinte gleichgültig: „Keine Ahnung, hab halt irgendwann mal angefangen.“

„Und wie alt warst du da?“

„Dreizehn oder vierzehn, weiß ich nicht mehr genau.“

„Also schon ungefähr sieben Jahre?“

„Also brauchst du in Mathe keine Nachhilfe?“, grinste Gero. Micha seufzte daraufhin. Sieben Jahre, das war eine lange Zeit.

Es fröstelte ihn und er rieb sich unwillkürlich über die Oberarme. Gero zog nur eine Augenbraue hoch und versetzte: „Ist dir kalt?“

„Irgendwie schon ein bisschen“, murmelte Micha und Gero entgegnete: „Dann geh doch rein und zieh dir irgendwie ein bisschen noch was über.“ Der Blonde schüttelte daraufhin den Kopf, zog nur die Beine auf den Stuhl auf dem er saß, umfasste sie und lehnte das Kinn auf seine Knie.

„Trottel.“ Kam es von Gero und Micha erwiderte nur müde: „Danke.“ Er hatte keine Lust und keinen Nerv auf Geros Sticheleien einzugehen und mit diesem einen Streit vom Zaun zu brechen.

Es hatte ohnehin keinen Sinn, denn alle Wehr trug doch nur zu Geros Amüsement bei.

Der Rothaarige ließ sich dadurch nicht reizen, sondern gähnte noch einmal herzhaft, was er allerdings unterbrach um ein unterdrücktes „Au!“ hervorzubringen und sich an seine lädierte Wange zu fassen.

„Tut es noch weh?“, fragte Micha leicht besorgt und musterte Gero eingängig. Der entgegnete allerdings: „Nein, es prickelt angenehm! Schwachkopf!“

„Warum wurde es eigentlich nicht genäht?“, erkundigte sich Micha wieder und beobachtete Gero weiter, der seinen Kiefer kreisen ließ, um offenbar die Schmerzensgrenze auszutesten.

„Weil Nähen total übertrieben gewesen wäre… So ’ne kleine Wunde wäre mit einem Stich versorgt und da kann man doch auch kleben.“ Micha nickte abwesend. „Wenigstens bin ich kein Fußballspieler“, lachte er dann.

„Wieso das denn?“, fragte Micha perplex und Gero entgegnete: „Die werden getackert.“

„Getackert?“, keuchte Micha und unwillkürlich schlich sich das Bild eines Bürotackers in seinen Kopf. Gero lachte daraufhin nur noch lauter. „Doch nicht mit so nem fetten Ding wie du sie kennst!“ Woher hatte Gero gewusst, dass er daran gedacht hatte?

Aber eigentlich war es bei seiner Reaktion nahe liegend gewesen. Wahrscheinlich dachten die meisten Menschen in erster Linie daran.

„Was soll ich mit der Kippe machen?“, riss Gero ihn aus seinen Gedanken und brachte Micha dazu ihm einen verwirrten Blick zuzuwerfen. Doch er fasste sich wieder und sagte hastig: „Mach sie einfach auf dem Boden aus, ich räum sie später weg.“

„Wenn du meinst“, versetzte Gero und tat was Micha ihm gesagt hatte. „Ich werd dann auch mal wieder gehen, wollte mich eigentlich nur nach deinem Befinden erkundigen, aber dir geht’s ja offensichtlich wieder ganz gut.“ Sie waren wieder hineingegangen und diesmal legte Gero Michas Jacke ordentlich über die Lehne seines Sofas. „Meld dich mal bei mir, wenn du deinen Nachschreibetermin weißt, dann besprechen wir alles weitere.“ Micha nickte und begleitete Gero noch nach unten zur Haustür.

„Halt die Ohren steif, Kurzer“ Mit diesen Worten wuschelte ihm Gero noch einmal durchs Haar und öffnete die Tür.

„Du auch“, erwiderte Micha und lächelte leicht. „Ciao!“

„Tschö, man sieht sich!“
 

Er schloss seine Zimmertür hinter sich und ließ sich dann aufs Bett fallen, nur um wieder seine Gedanken von zuvor aufzunehmen.

Er und Gero.

Gero und er.

Es war ein seltsames Gefühl, wenn der Andere so vertraut mit ihm umging, ihm durch die Haare wuschelte. Was war er für Gero?

Bei anderen Freunden verhielt er sich vollkommen anders, distanzierter.

Vielleicht sah er in ihm eine Art kleinen Bruder? Auf den man Acht gab, den man verteidigte und für den man den Leuten, die schlecht über ihn redeten eine reinschlug?

Diese Vorstellung war irgendwie frustrierend.

Und dass er es frustrierend fand konnte eigentlich nur eines bedeuten, weswegen er am liebsten nicht nur irgendwas wie eine leichte Gehirnerschütterung hätte, sondern im Koma läge.

Ausgerechnet in Gero hatte er sich verlieben müssen!

So ein Mist!
 


 

Das nächste Kapitel kommt erst am Sonntag, dem 10. August, nur als Info =)

LG, Terrormopf

Der Römer und der Sträfling

So, meine Lieben.

Jetzt bin ich achtzehn und verantwortungsbewusst, das heißt, ich werde es diese Woche nicht versäumen euch zu schreiben.

Dennoch viel Spaß beim Kapitel =)
 


 

„Römer!“

„Römer? Was meinst du damit?“, fragte Benne erstaunt und sah von den Kugeln auf.

„Na an Fasnacht!“, rief Gero. „Ich geh als Römer! Ha, das ist genial!“ Sie waren seit langem mal wieder im Grisu. Und auch Ella war mitgekommen; sie sah schon wieder recht gut aus.

Benne schüttelte daraufhin seufzend den Kopf, stieß zu und die schwarze Acht rollte fast schon höhnisch langsam ins richtige Loch.

„Jawoll! Gewonnen, Bess, wir haben gewonnen!“, jubelte er und von der Ruhe des Stoßes war nun nichts mehr zu spüren. Gero, der mit Micha ein Team gebildet hatte, grummelte irgendetwas Unverständliches und stellte sich zu Ella, um den letzten Rest seines Eistees zu trinken.

Es war Micha fast unheimlich. Die Beiden gingen miteinander um, als seien sie seit Gezeiten die besten Freunde und auch Micha gegenüber verhielt sich Ella vollkommen normal. Einzig Bess hielt ihn auf Abstand, wobei er zugeben musste, dass ihm das gar nicht so unrecht war, da er sich nach ihrem Geständnis in ihrer Nähe mehr unwohl fühlte.

„Ich geh eine Rauchen, kommt wer mit?“, fragte Gero in die Runde und als niemand sich meldete, ging Micha zu ihm, Gero würde ihn so oder so dazu zwingen, und sagte resignierend: „Ja, es ist mir eine Freude dich zu begleiten.“

„Schön, wenn man Freunde hat, die einen begleiten“, entgegnete Gero daraufhin und sprach das „Freunde“ und das „Begleiten“ überdeutlich und –laut aus. Allerdings scherten sich die anderen nicht großartig darum. So nahm er seine leere Bierflasche und ging damit und seinen Zigaretten zur Theke, um es beim Vorbeigehen abzustellen und sich im Raucherbereich auf einen der Barhocker zu setzen.

Micha folgte ihm schweigend. Er war wieder bei seinen Gedanken, die ihn die ganze letzte Woche nicht losgelassen hatten. Es waren jene, die ihn schon am letzten Samstag gepeinigt hatten. Jetzt wünschte er, er wäre doch nicht mitgekommen, denn mit Gero alleine zu sein war ein seltsames Gefühl. Worüber sollte er mit ihm sprechen? Wie sollte er sich insgesamt verhalten? Es durfte nicht auffallen, denn fiel es auf, würde er bald Geschichte sein.

Seit er sich im Klaren über diese Sache war, war alles nur noch verwirrender und noch ausgeprägter. Die kleinsten Berührungen jagten ihm beinahe die Röte ins Gesicht, wenn Gero ihn ansprach, schlug sein Herz mit doppelter Geschwindigkeit und nur wenn sich ihre Blicke trafen, spürte er, wie sich sein Bauch zusammenzog.

„Was ist denn heute los, Micha?“, fragte Gero, stupste ihn leicht an und suchte den Augenkontakt. Alle drei Folgen auf einmal; Micha verfluchte sich innerlich.

Doch er versuchte ruhig zu bleiben und antwortete: „Nichts, ich bin nur etwas müde.“

„Sicher? Vielleicht ist ja doch etwas Schlimmeres bei deinem Sturz letzte Woche passiert; ist dir schlecht? Hast du Kopfschmerzen?“ Geros besorgte Worte schafften es auch nicht unbedingt sein Gefühlschoas zu ordnen, so sah Micha schnell weg und schüttelte den Kopf. „Was ist denn dann? Du bist schon den ganzen Abend so merkwürdig, ich hab das Gefühl, als wolltest du mir ausweichen; hab ich was getan? Ist irgendwas passiert?“ Erneut schüttelte Micha den Kopf, noch immer den Augenkontakt vermeidend. „Nun sag schon, ich bin doch nicht bescheuert! Was ist los?“

‚Ich hab mich in dich verliebt, bitte küss mich.’ Micha musste innerlich verbittert auflachen. Ja, das sollte er sagen, dann läge er wenigstens bald im Koma und müsste sich nicht mehr mit seinen Gedanken abquälen.

„Nun sag schon. Mann, ich mach mir langsam echt Sorgen.“ Ja, mit diesen Worten machte Gero es noch besser. Wieso musste er auf einmal den Fürsorglichen raushängen lassen?

Oder war er schon früher so gewesen und Micha hatte es einfach nur nie bemerkt?

„Wieso verstehst du dich wieder so gut mit Ella?“, fragte Micha schließlich.

„Ja, super, Micha, wechsle das Thema. Aber bitte, wenn du nicht darüber reden willst, dann tu’s halt nicht. Kann mir ja eigentlich egal sein.“ Kam es Micha nun nur so vor oder hörte es sich an, als sei es Gero eben nicht egal? Der Rothaarige schwieg einen Moment, bis er fortfuhr: „Ich hab den Kontakt zu Ella nicht einfach abbrechen lassen. Wirklich im Streit haben wir uns ja nicht getrennt und soweit ich das mitbekommen habe, hat sie sich wieder beruhigt.“

„Meinst du wirklich?“, fragte Micha und wagte es nun doch einen Blick zu Gero zu werfen, der das Kinn in eine Handfläche gestützt hatte und ihn anstarrte.

„Nein“, entgegnete er nach einigen Sekunden des Schweigens, hob den Kopf und nahm einen Zug seiner Zigarette. „Aber wär doch nett, wenn es so wäre, oder?“ Micha sah wieder weg und nickte stumm. „Naja, ich kenne ihre Beweggründe nicht, aber sie geht oberflächlich gesehen wieder mit mir um, wie mit einem Freund. Vielleicht hat Bess ihr ja ins Gewissen geredet, mit der hat sie in letzter Zeit nämlich viel unternommen und…“

„Mit Bess?“, unterbrach Micha ihn und vergaß beinahe das Atmen. Bess wusste von seiner Homosexualität!

Was war, wenn er sich zu auffällig verhalten hatte? Was war, wenn sie etwas vollkommen Falsches in seine Freundschaft mit Gero hineininterpretierte und damit zu Ella gegangen war? Es war nicht auszudenken!

Sollte es so sein, was würde Ella dann denken? Würde sie denken, dass es auf Gegenseitigkeit beruhte? Und wenn, würde sie sich selbst dann die Schuld an allem geben? Würde sie beginnen sämtlichen Selbstrespekt zu verlieren und sich selbst zu hassen?

„Ja, mit Bess. Was erstaunt dich das denn so? Die Beiden sind schon Ewigkeiten beste Freundinnen, die erzählen sich alles. Glaub mir, Bess ist mit Sicherheit die einzige Person die weiß, wie ich im Bett bin, obwohl ich noch nie Sex mit ihr hatte.“ Er hielt inne und schien einen Augenblick nachzudenken, bis er wieder skeptisch zu Micha sah und sagte: „Nein! Du hast aber nichts mit Bess angefangen?“ Wie kam er darauf? Und wieso klang er mehr schockiert als glücklich darüber?

Gero schien Michas Schweigen und seine entgleisten Gesichtszüge allerdings falsch zu deuten, denn er keuchte: „Du hast also tatsächlich mit Bess…?“

„Nein!“, rief Micha und unterbrach Gero das zweite Mal. Und er wusste beim besten Willen nicht, ob Gero gerade erleichtert ausgeatmet hatte.

Hatte er es? Oder hatte er es nicht und Micha sah, beziehungsweise hörte, schon Gespenster? Es war zum Verzweifeln, in alles musste Micha etwas hineininterpretieren, wahrscheinlich würde ein Außenstehender die Szene ohnehin vollkommen anders beschreiben, so, wie sie wahrscheinlich wirklich war – außerhalb seiner leicht beeinflussten Sichtweise.

Auf jeden Fall erwiderte Gero nichts mehr daraufhin, sondern drückte seine Zigarette aus, winkte der Kellnerin, um sich eine Cola zu bestellen und nahm genüsslich einen Schluck, als sie kam. Und schließlich, als er offensichtlich das Gefühl hatte, sie hätten sich genug angeschwiegen, fragte er: „Als was willst du an Fasnacht gehen?“

„Eigentlich als gar nichts, ich mag Fasnacht nicht besonders“, antwortete Micha ehrlich.

„Ach komm schon, es gibt doch wohl nichts Geileres als Fasnacht, die fünfte Jahreszeit, Junge! Saufen, kleine Pseudo-Schlampen, die sich als Playboy-Bunnys verkleiden und eine göttliche Stimmung!“ Gero schien Fasnacht wirklich zu mögen, doch Micha schüttelte nur den Kopf. „Dann muss ich dir wohl sagen, dass du dieses Jahr Fasnacht lieben lernen wirst. Und wehe du sagst Benne, dass du Fasnacht nicht magst, der holt dann nämlich seine Fanfare vom Spielmannszug raus und zieht sie dir eiskalt über den Schädel.“

„Aber ich will wirklich nicht, Gero, das ist doch irgendwie alles so sinnlos…“

„Stimmt, und das ist der Sinn der Sache. Aber du brauchst ein Kostüm.“ Er überlegte einen Moment, dann schlich sich ein Grinsen auf seine Züge. „Wie wär’s mit einem Sträflingsanzug?“ Etwas irritiert blinzelte Micha Gero an und verstand nicht wirklich zu was er sich da gerade überreden ließ.

„Und wo soll ich den herbekommen?“, erkundigte er sich schließlich und Geros Grinsen wurde nur noch breiter.

„Als ich fünfzehn war, hab ich das gemacht, ich müsste das Kostüm noch irgendwo bei mir rumfliegen haben“, erklärte er nun und Micha schwante Übles. Dennoch zwang er sich zu einem Lächeln und fragte weiter: „Und du gehst als Römer? Mit einer Toga oder wie man das nennt?“

„Ach was! Ich mach doch nicht so einen popeligen Bürger, ich mach einen Soldat!“

„Haben die nicht Röcke getragen?“ Gero nickte auf die Frage hin und entgegnete gelassen: „Wenn die Schotten Kilts tragen können, kann ich auch ein Römerröckchen tragen, außerdem ist das nichts im Vergleich zu letztem Jahr, da bin ich gleich als Frau gegangen.“ Er lachte auf und Micha schaute ihn nur immer verwirrter an. Gero als Frau; das war eine schauderhafte Vorstellung, dazu war er viel zu maskulin - der Körperbau, die Gesichtszüge - es musste lächerlich ausgesehen haben.

„Das heißt, du wirst wirklich einen Römerrock anziehen? Hatten die da eigentlich noch was drunter?“ Er hatte die Frage schon ausgesprochen, bevor er merkte, was der Inhalt war und das Blut in seine Wangen schoss.

„Meine Fresse, ich muss es ja nicht originalgetreu machen, ich zieh natürlich Boxershorts drunter.“

„Und ist das nicht unglaublich kalt? Fasnacht ist doch dieses Jahr ab dem einunddreißigsten Januar. Wirst du dann nicht frieren?“ Er sollte aufhören solche Sachen zu sagen, vielleicht begann Gero sonst etwas zu vermuten!

„So lang werden wir nicht draußen stehen, außerdem zieh ich mir ne Jacke drüber und Klopfer halten auch warm, dann muss ich halt mehr trinken.“ Bei diesen Worten hoben sich Geros Mundwinkel erneut und steckte sich eine neue Zigarette an.

„Aber…“, setzte Micha gerade wieder an, da unterbrach ihn Gero: „Du warst wohl wirklich noch nicht oft an Fasnacht hier unterwegs, was? Es ist ja sowieso schon eine Schande, dass wir nicht in Sipplingen und bei den sonstigen Umzügen waren, da müssen wir wenigstens diese eine Woche richtig reinhauen und auf der Straße werden wir das kaum machen.“ Er hielt einen Moment inne und grinste dann. „Also zumindest nicht hauptsächlich.“

„Und wie ist das mit der Altersbeschränkung? Ist das nicht alles ab achtzehn?“

„Ich bitte dich, als würden die so streng kontrollieren, ich bin schon überall reingekommen, da war ich vierzehn!“

„Was du mit vierzehn schon alles gemacht hast“, murmelte Micha und hoffte, dass Gero es nicht hörte, doch der erwiderte daraufhin nur gelassen: „Es kann halt nicht jeder so ein Unschuldslamm sein wie du.“

Micha seufzte. Es hörte sich fast an, als mache ihm Gero nun einen Vorwurf, weil er mit vierzehn noch keinen Vollrausch hatte, nicht geraucht hatte, was er ja immer noch nicht tat, und sich in keine Clubs oder dergleichen geschlichen hatte.

„Mann, Micha, was ist denn los mit dir? Ehrlich, du bist zwar sonst auch nicht unbedingt derjenige, der große Reden schwingt, aber heute bist du wirklich schweigsam. Und ich werde das Gefühl nicht los, dass ich daran Schuld habe. Sag’s mir doch, dann kann ich wenigstens was tun; um Entschuldigung bitten, oder sonst was, aber das ist ja kaum auszuhalten mit dir heute Abend“, erzürnte sich Gero nach einigen Minuten des Schweigens, in denen er seine zweite Zigarette schon längst fertig geraucht hatte.

Micha spürte, wie seine Wangen heiß wurden und im das Blut in den Kopf schoss.

Er sprang von dem Barhocker auf und sagte: „Ich muss aufs Klo.“ Damit ließ er den etwas verwirrten Gero sitzen und ging in Richtung der Toiletten. Er hörte ihn nur noch perplex seinen Namen rufen, doch er drehte sich nicht um.
 

Er stand vor dem Spiegel und starrte sich in die blauen Augen. Nur wegen dem, was Gero gesagt hatte, war er tatsächlich errötet! Am liebsten hätte er sich dafür selbst geohrfeigt, doch wäre es wahrscheinlich ein Problem gewesen, den anderen dann den Handabdruck auf seiner Wange zu erklären; so ließ er es also bleiben. Stattdessen drehte er das eiskalte Wasser auf und spritzte sich etwas davon ins Gesicht, damit er wieder einen kühlen Kopf bekam.

Anschließend drehte er den Wasserhahn wieder zu und stützte die Hände auf dem Rand des Waschbeckens auf, nicht aufsehend.

Die Wassertropfen liefen sein Gesicht entlang, sammelten sich an Nase, Lippen und Kinn und tropften schließlich, inzwischen schon wieder widerlich lauwarm, auf die weiße Keramik.

„Verdammt!“, rief er, als Geros Worte erneut in seinem Kopf widerhallten. „Was soll ich ihm denn sagen? Die Wahrheit, dass ich in ihn verliebt bin ganz bestimmt nicht, dann lacht er mich entweder aus oder macht mich einen Kopf kürzer! Scheiße!“

Zu gerne hätte er jetzt seine Stirn gegen die geflieste Wand geschlagen, doch stattdessen fuhr er sich nur mit den Händen übers Gesicht, um das restliche Wasser zu entfernen und sah schließlich auf.
 

„Gero?“, keuchte er, als er den Rothaarigen im Spiegel erkannte. Sein Gesicht schien keinen Ausdruck zu haben. Alles was er tat, war, mit unergründlichem Blick ebenfalls auf Michas Spiegelbild zu sehen.

Micha hatte keine Ahnung wie lange sie so dastanden, einfach nur das Spiegelbild des jeweils Anderen anstarrten, kein Wort sagten, doch dann schloss Gero die Tür ganz und kam auf Micha zu, der sich inzwischen zu ihm umgedreht hatte.

Er baute sich vor dem Kleineren auf und Micha hatte das unschöne Gefühl, als würde er dadurch noch weiter in sich zusammensinken.

Dann packte er Micha am Kragen und schmetterte ihn gegen die nächstbeste Wand an der weder Papierspender, noch Waschbecken war. Micha schluckte schwer und sah furchtsam in die zu Schlitzen verengten und zornig funkelnden Augen Geros, die den seinen auf einmal so nahe waren.

Der harte Griff an seinem Kragen und der Aufprall nahmen ihm beinahe die Luft zum Atmen; oder war es die Angst?

„Was hast du da eben gesagt?“, brachte Gero zwischen zusammengepressten Zähnen hervor und Micha spürte, wie Gero sein Gesicht näher zum Eigenen zog und sich der Ellenbogen desselben Greifarmes immer fester gegen seinen Brustkorb drückte.

„Gero, bitte, du tust mir weh!“, wimmerte der Blonde und wagte es nun nicht mehr seinem Gegenüber in die Augen zu sehen.

„Ich tu dir also weh?“, fragte Gero mit leiser, zischender Stimme und Micha nickte vorsichtig, in der Hoffnung, Gero würde locker lassen, doch da hatte er sich geschnitten, denn der Schmerz wurde nun nur noch größer und Gero brüllte: „Das hoffe ich auch, dann das soll es auch! Was hast du da eben gesagt?“

„Bitte, lass mich los, Gero!“, brachte Micha hervor. Er wollte nicht auf die Frage antworten; zumindest nicht in dieser Situation.

„Ich habe dir eine Frage gestellt“, bemerkte nun Gero wieder mit flüsternder, wahnsinniger Stimme.

„Bitte!“ Micha hatte kaum mehr mit den Zehenspitzen Kontakt zum Boden und das war kein gutes Gefühl keinen Boden unter den Füßen zuhaben, nur die Wand im Rücken und vor sich einen rasenden Gero.

„Nichts“, japste Micha dann schließlich, war nicht zu mehr fähig, als diesem Japsen.

„Was, nichts?“

„Ich hab nichts gesagt, gar nichts!“ Langsam spürte er, wie er den Boden unter den Füßen zurückbekam und Gero langsam von ihm abließ. Als er ihn endgültig entließ, rutschte Micha an der Wand entlang herab, war nicht mehr fähig auf den eigenen Beinen zu stehen. Er fasste sich an die Kehle und stellte erschrocken fest, dass er zitterte. Er saß da auf dem schmutzigen Boden der Toilette und zitterte wie ein verängstigtes Mädchen!

„Das ist auch besser so“, schnaubte Gero herablassend und Micha sah mit weit geöffneten Augen und flachatmig zu ihm auf. Der Blick des Älteren lag vernichtend auf ihm, zeigte ihm ganz klar, nach wessen Pfeife er zu tanzen hatte.

Doch schon im nächsten Moment schien sich der Blick des Rothaarigen aufzuklaren. Er seufzte vernehmlich und hielt Micha dann die Hand hin, mit den Worten: „Komm Kurzer, ich helf dir beim Aufstehen.“

Eher widerwillig ergriff Micha die ihm dargebotene Hand und ließ sich von ihm aufhelfen. Es war paradox!

Es war klar, dass sie kein Wort mehr über die vergangenen Minuten verlieren würden, nie wieder, doch trotzdem wusste Gero nun davon, ob er wollte oder nicht.

Gemeinsam verließen sie die Toilette wieder, Micha auf wackeligen Beinen und Gero gut gelaunt das Lied, das gerade lief, mitpfeifend.

Was dachte sich Gero nur in solchen Momenten? Micha hätte viel um Geros Gedanken gegeben, doch blieben sie ihm verwehrt.

Nur war es doch seltsam, dass er ihm erst so brutal wehtat und ihm dann aufhalf, als wäre nichts zwischen ihnen gewesen. Glaubte er etwa, dass sich das Thema gegessen hatte, nur weil Micha es verleugnet hatte? Das waren ja schon fast mittelalterliche Ansichten! Jemanden so lange foltern, bis er gestand, egal ob schuldig oder nicht.

Wobei ‚Gestehen’ ja nicht wirklich auf ihn zutraf. Leugnen war allerdings auch nicht besser, denn dann fühlte er sich wie Petrus, der Jesus verleugnet hatte!

„Ach herrjemine! Was ist denn mit dir passiert, Micha, du bist ja fast leichenblass!“, rief Ella erschrocken, als sie die beiden kommen sah.

„Blass?“, fragte Micha abwesend.

„Ihm war plötzlich übel und er ist aufs Klo gerannt; hat sich übergeben müssen, der Ärmste“, unterbreitete Gero ihr gelassen die falsche Kunde.

„Übergeben?“, fragte Ella erschrocken und fasste Micha an die Stirn. „Fieber hast du wenigstens nicht. Meine Güte, hättest du doch früher bescheid gesagt, dann hätte dich jemand nach Hause bringen können!“

„Aber mir geht es doch…“, setzte Micha an, doch Gero unterbrach ihn ruppig: „Immer noch schlecht? Soll ich dich heimfahren?“ Und die Worte wurden mit einem Blick begleitet, der jegliche Widerrede überflüssig machte.

So nickte Micha nur stumm zu Boden blickend. Er fühlte sich in dem Augenblick irgendwie wie ein Kind, das ungehorsam gewesen war und deswegen schon vorzeitig nach Hause geschickt wurde. Aber was hatte er denn schlimmes getan? Mal abgesehen von dem unfreiwilligen Liebesgeständnis an einen der größten Schwulenhasser…
 


 


 

Nun, vielleicht bemerkt man, dass es langsam auf seinen Höhepunkt zugeht =)

Bis zur Antwort auf eure Kommentare, beziehungsweise nächste Woche; lG, Terrormopf

Der Schmotzige Dunschtig

So, dieses Kapitel spielt eine Woche später, nicht, dass ihr nachher irritiert seid...

Viel Spaß! =D
 


 

Während der Fasnachtszeit war Überlingen nicht mehr das gleiche verschlafene Städtchen, das alles auf alte Menschen und Touristen ausrichtete, wie es das sonst war. Nein, die Fasnacht war die Jahreszeit für die Jugend, zumindest machte diese sie dazu.

Bevor es Morgen wurde, kehrte kaum Ruhe ein, es wurde getrunken ohne Skrupel, zur unbändigen Freude der Sanitäter, überall wurde gefeiert. Man konnte sich viel herausnehmen, es kam sogar vor, dass sich einige Übermütige an Polizeiautos hängten – ohne irgendwelche Folgen außer einem milden Lächeln der Beamten.

Es war ein Ausnahmezustand.

Es war der Ausnahmezustand.
 

Der heutige Tag war der Schmotzige Dunschtig; der Beginn der Fasnacht.

Micha hatte sich strikt geweigert mit Bess irgendwann morgens um drei oder vier Uhr durch die Stadt zu laufen, um zu irgendwelchen Lehrern zu gehen, diese zu wecken und dann auch noch ein Frühstück zu verlangen.

So saß er nun nur in seiner Klasse und hörte gelangweilt dem Gespräch zwischen der Lehrerin und seinen Klassenkameraden zu. Keiner hatte Lust auf die paar Minuten Unterricht, bis sie von den Zehntklässlern, die jedes Jahr an der Schule diesen Tag organisierten, befreit wurden. Wobei befreien nicht das treffende Wort war.

Denn nachdem sie das Klassenzimmer verließen, mussten sie sich alle in der Aula versammeln und dem Programm, das sich die Zehner überlegt hatten, folgen. Das diesjährige Thema war ‚Retro’. Micha musste zugeben, dass es nicht schlecht gemacht war, aber es interessierte ihn dennoch nicht.

Er hatte seit dem letzten Wochenende auf überhaupt nichts mehr Lust. Er hatte keine Lust gehabt mit Gero zu telefonieren, als dieser angerufen hatte, er hatte keine Lust gehabt sich mit ihm zu verabreden und hatte dann keine Lust gehabt zu dieser Verabredung zu gehen, um sich das Kostüm von Gero abzuholen und er hatte auch keine Lust gehabt sich von diesem dazu überreden zu lassen, sich mit ihm und den anderen am heutigen ersten Tag der Fasnacht zu treffen.

Als die Narrenmutter und der Narrenvater, beides Männer, kamen und sie befreiten, Brezeln und Bonbons in die Horde kreischender Unterstufenschüler warfen, seufzte Micha nur. Nun ging also der zweite, anstrengendere Teil des Tages los.

Bess stand schon seit einigen Minuten bei ihm und schwieg sich aus. Sie wollten zusammen in die Stadt laufen und dort mit Gero, Ella und Benne zusammentreffen.
 

Es nieselte leicht, als sie hinunterliefen. Micha hatte Bess seine Jacke geliehen, weil sie keine dabei hatte und nur ein leichtes, luftiges, Feenkostüm trug.

„Sag mal, Micha?“, murmelte sie schließlich, als sie auf halber Strecke in die Stadt waren.

„Ja?“, entgegnete er, stur auf die nasse Straße vor ihm sehend.

„Ich habe bei dir wirklich überhaupt keine Chance, oder?“ Micha sah auf und verwirrt in ihr lächelndes Gesicht.

„Was?“, erkundigte er sich kopfschüttelnd, glaubte, sich verhört zu haben.

„Du hast schon richtig gehört.“ Sie lächelte noch immer und es war ein freundliches Lächeln, auch wenn ein Hauch Melancholie darin lag. „Aber das ist okay, ich muss damit klarkommen, ist ja nicht deine Schuld, oder Absicht, oder sonst was…“ Sie unterbrach sich und verringerte das Tempo deutlich, bis sie schließlich, noch immer Michas verwirrten Blick auf sich, fortfuhr: „Gibt es denn jemand Anderen für dich?“

Erschrocken schnappte Micha nach Luft; war das eine Anspielung? Hatte sie also wirklich etwas mitbekommen? Unsicher, ob er richtig reagierte, druckste er: „Wie kommst du denn darauf?“ Er hatte nicht gelogen, er war die Frage geschickt umgangen! Er sollte wohl Politiker werden.

„Naja, also in letzter Zeit ist es irgendwie offensichtlich, dass du…“, setzte sie an, doch Micha unterbrach sie stürmisch: „Nein! Ich bin mit Gero wirklich nur befreundet, da ist nichts, auch wenn es vielleicht so aussieht, zwischen uns ist rein gar nichts, weniger als nichts, nur Freundschaft, sonst nichts. Das wäre ja auch irgendwie total absurd, wenn ich mich ausgerechnet in einen wie Gero verlieben würde. Oh Gott, das wäre wirklich schwachsinnig, das…“ Er hielt inne, als er bemerkte, dass Bess stehen blieb und ihr Mund auffiel, die Augenbrauen sich ungläubig hoben.

Und jetzt bemerkte er auch, dass er wohl doch nicht das Zeug zum Politiker hatte, denn offensichtlich war sie niemals von Gero ausgegangen, sie hatte ihn auch wirklich nicht erwähnt und jetzt hatte er sich selbst um Kopf und Kragen geredet. So blieb ihm seiner Ansicht nach nichts übrig, als zu seufzen: „Es ist schwachsinnig.“

„Gero?“ Bess hatte anscheinend ihre Sprache wieder gefunden, doch weitergehen konnte sie wohl noch immer nicht. „Das… Ich kann kaum… Habt ihr euch geküsst? Hattet ihr Sex? Seid ihr zusammen, ohne dass irgendjemand etwas davon bemerkt hat oder wissen es die anderen schon längst? Und was…“

„Hör auf!“, fiel ihr Micha ins Wort und errötete. Allein die Vorstellung, dass Gero mit ihm… Es trieb ihm wahrhaftig die Schamesröte ins Gesicht.

Natürlich hatte er schon Sex gehabt, aber mit Robin! Und das war doch etwas vollkommen Anderes. Mit Gero wäre das so… so… unvorstellbar!

Bei dem Gedanken daran durchfuhr seinen Körper ein Schauer. Und Bilder entstanden vor seinem Geistigen Auge, die er eigentlich nicht sehen wollte! So presste er die Lider aufeinander, schüttelte heftig den Kopf und versetzte: „Nein! Nein, wir sind doch nicht zusammen!“

„Aber ihr habt euch geküsst? Ist das eine Bettgeschichte? So was hätte ich Gero beim besten Willen nicht zugetraut und dann noch mit einem Kerl – nichts für ungut, Micha.“

„Nein! Wir haben gar nichts gemacht und Gero weiß auch nichts von…“ Mist, falscher Anfang! Er schluckte. „Gero ist auch nicht in mich… und sowieso ist das total absurd, was ich doch schon vorhin gesagt habe!“

„Aber du hättest es gerne?“ Sie hatte sich wieder in Bewegung gesetzt, nun offensichtlich beruhigt. Etwas abwesend setzte auch Micha wieder einen Fuß vor den Anderen und nickte, bis er sich schließlich der Frage vollkommen bewusst wurde und rief: „ Was? Ich meine: Nein, natürlich nicht! Schließlich will Gero doch…“

„Aber ich hab das Gefühl, dass er dich ganz schön ins Herz geschlossen hat“, murmelte sie und Micha bemerkte unwillkürlich, wie sein Herz für einen Schlag aussetzte. Er musste stark mit sich ringen, aber schließlich fragte er doch: „Hast du mit ihm geredet?“

„Nein, aber mit Ella, kurz bevor er Schluss gemacht hat. Sie hat gemeint, dass er so oft von dir redet und sie, wenn du da bist, das Gefühl hatte, du wärst ihm wichtiger als sie. Sie hat sich wirklich richtig eifersüchtig angehört. Außerdem hat sie erzählt, er sei in deiner Gegenwart immer viel ausgeglichener und wirke zufriedener mit sich und der Welt…“

„Das hat sie gesagt?“, fragte Micha verblüfft. Er selbst konnte schlecht bewerten, wie Gero war, wenn er nicht da war, aber Bess würde ihn, was das anging, bestimmt nicht belügen und Ella Bess nicht, das hatte ihm Gero am letzten Wochenende ja so bildlich erklärt.

„Wenn ich mich recht entsinne, dann ja. Und sie sagte, dass er, wenn er von dir spricht, immer ganz strahlende Augen bekäme und dass er öfter erwähnt hat, wie stolz er auf dich sei, keine Ahnung warum.“ Sie zuckte zur Bestätigung ihrer Worte mit den Achseln. Inzwischen waren sie bei der Geraden Bergstraße angekommen und am Fuße derer wollten die anderen auf sie warten.

So bat Micha Bess noch um Stillschweigen vor ihren Freunden, was sie ihm mit einem Lächeln versprach und dann setzten sie schweigend ihren Weg fort, um den Rest nicht zu lange warten zu lassen.
 

Am Mittag hatten sie dem Umzug und dem anschließenden Narrenbaumsetzen zugesehen und Micha hatte festgestellt, dass Ella und Bess beliebte Opfer der Hästräger waren, denn ein ums andere Mal wurden sie mitgenommen und waren danach kaum wieder am Platz, da wurden sie erneut entführt. Und wenn nicht das, dann wurde ihnen mit Freude die Frisur ruiniert oder sie wurden zum Narrenmarsch tanzen auf die Straße gezogen.

Über den Nachmittag waren sie im Galgen gewesen und die Jungs hatten tief ins Glas geschaut. Auch die Mädchen hatten getrunken, aber bei ihnen hielt es sich noch im Rahmen, genauso wie bei Micha.

Zum Essen waren sie zu „Brigitte’s Imbiß“ gegangen, einer kleinen Bude, die vorm Münster stand, an der Würstchen, Steak und Pommes verkauft wurden. Benne und Gero schworen darauf und allein an ihrem Verhalten, wenn sie Hunger hatten – sie schlugen sich auf den Bauch und riefen: „Brigitte, komm glei!“ – merkte man das.

Als es dann Abend wurde, beschlossen sie umzuziehen. Da es die ‚Disco’ im Rathauskeller nicht mehr gab, die Stadt hatte ihn an einen Café-Besitzer vermietet, wurde diese in die Kapuzinerkirche verlegt, wo sich allerdings Gero sträubte hinzugehen. So blieb eigentlich nur noch eine andere Möglichkeit: Die „Gruft“.

Ein Keller in der Nähe der Stadtbücherei und direkt am Stadtgraben gelegen. Benne hatte Micha davon erzählt. Es war nichts Großes, einfach ein längliches Gewölbe, am einen Ende die Bar aufgebaut, am anderen ein paar Bierbänke an die Wand gestellt, in der Mitte dazwischen, an der dritten Wand, das DJ-Pult.

Gerade wollte Micha, hinter Benne und Ella, hineingehen, da wurde er von einem der beiden Türsteher aufgehalten und relativ unfreundlich nach dem Ausweis gefragt. Etwas verlegen gab Micha ihm diesen, doch anstatt, dass der Einlass ihm gewährt wurde, wurde er ruppig darauf hingewiesen, dass die Gruft erst ab achtzehn war und er draußen zu bleiben habe.

Gero, der noch hinter Bess, die hinter Micha war, stand, bekam davon nur die Hälfte mit, drängte sich aber dennoch vor das Mädchen, sodass er nun unmittelbar hinter Micha stand und so deutlich, wie es ihm möglich war, und er hatte darin offensichtlich Übung, fragte er: „Wo is’n hier das Problem?“

„Der Kleine is nich alt genug“, klärte ihn der Türsteher auf.

„Ach, so’n Schwachsinn! Das is mein kleiner Bruder, ich pass schon auf den auf!“, rief Gero da überschwänglich und der Türsteher musterte ihn skeptisch.

„Darf ich dann bitte mal deinen Ausweis sehen?“, fragte der junge Mann in der schwarzen Jacke.

„Was? Wieso das denn? Mann, ich bin zwanzig, was willst du denn mit meinem Ausweis?“, empörte sich nun Gero und der Türsteher rollte genervt mit den Augen.

Micha war die Sache mehr als peinlich und am liebsten hätte er Gero am Arm gepackt, ihn weggeschleift und ihm erklärt, dass das schon in Ordnung sei und das alles seine Richtigkeit hatte.

Doch nun zwängte sich Bess zwischen die Beiden und sah prüfend auf den Türsteher. Dann lachte sie auf, schob die beiden Jungs nach hinten, ging auf den Mann zu und rief: „Dän! Mein Gott, dich hab ich ja schon ne halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen! Wie geht’s dir denn?“ Sie umarmte ihn und als er ihre Stimme hörte, klarte sich auch sein zuvor noch verbissener Gesichtsausdruck auf und er erwiderte die Umarmung, während er antwortete: „Gut geht’s mir und dir doch hoffentlich auch, Bess!“

Als der andere Türsteher ihren Namen vernahm, kam er ebenfalls auf sie zu, drückte sie an sich und meinte: „Hey, schön dich mal wieder zu sehen!“

„Dito!“, versetzte sie strahlend und setzte noch hinzu: „Mensch, dass man sich so wieder trifft!“

„Ehm, Bess?“, fragte nun Gero und tippte ihr leicht auf die Schulter, um auf sich aufmerksam zu machen.

„Kennst du die Beiden?“, fragte daraufhin dieser Dän und Bess grinste: „Klar, mit dem süßen Blonden bin ich zusammen und mit seinem großen Bruder schon Ewigkeiten befreundet!“

Micha schluckte, als er ihre Worte hörte und fühlte sich unwohl, als sie seine Hand ergriff und ihn nach vorne zog.

„Dein Freund? Seit wann suchst du dir Jüngere?“ Wieder Dän; der Andere schien schweigsamer.

„Einmal ist immer das erste Mal und es kommt schließlich auf die innere Reife an“, lachte sie daraufhin und sagte dann: „Können wir jetzt eigentlich rein? Weil mir wird langsam kalt, mein Schatz hat mir zwar schon seine Jacke geliehen, aber trotzdem ist es ganz schön kühl hier draußen.“ Sie hatte tatsächlich immer noch Michas Jacke an und als sie ihn als ‚ihren Schatz’ bezeichnete, errötete Micha kaum merklich.

„Klar, deine Freunde sind auch meine Freunde, aber wenn die Bullen kommen, sieh zu, dass er durch den Hinterausgang verschwindet…“

Und damit war die Sache geklärt.
 

„Connections muss man haben, nicht wahr, Jungs?“, grinste Bess, als sie die Stufen hinuntergegangen waren. Michas Hand hatte sie inzwischen wieder losgelassen. Gero klopfte ihr auf die Schulter und meinte, ebenfalls ein schelmisches Grinsen auf den Lippen: „Tjaja, man muss halt wissen, mit wem man ins Bett geht, nich?“ Sie streckte ihm daraufhin lediglich die Zunge heraus und verschwand dann in der Menge, um nach Ella und Benne zu suchen.

Micha und Gero blieben allein zurück.

Etwas schockiert fragte Micha, sich bemühend die laute Musik zu übertönen: „Sie hat wirklich mit dem Kerl geschlafen?“

Gero beugte sich zu ihm hinunter und rief zurück: „Offensichtlich, sonst hätte sie anders reagiert!“ Geros warmer Atem streifte seine Haut und eine Gänsehaut überkam Micha. Dass Gero ihm wieder so nahe kam, trotz diesem Geständnis am letzten Wochenende! Er hatte es nicht erwartet.

Aber stören wollte er sich daran ebenso wenig.

„Wir sollten auch nach Ella und Benne suchen!“, rief Gero und ein erneuter, angenehmer, Schauer überkam Micha. Er nickte nur und folgte Gero, der sich durch die Menschenmasse boxte.

Nach gar nicht all zu langer Zeit hatten sie die anderen entdeckt. Ella und Bess saßen auf den im Eck zusammengestellten Bierbänken und vor ihnen stand Benne in der Landsknechtuniform des Spielmannszugs – traditionell aus der Zeit in der die Stadt von den Schweden belagert wurde.

Als der Gero und Micha entdeckte, griff er in die Tasche, die sein halb aufgenähtes Wappen auf der Brust darstellte und zog noch zwei Bier heraus, die er Micha und Gero hinhielt. Er selbst hatte auch schon eines in der Hand, die Mädchen machten sich jetzt auf den Weg, sich ein Glas Sekt zu kaufen.

Die Beiden nahmen allerdings dankend das Bier an und Gero zückte sein Feuerzeug um damit die Flaschen zu öffnen. Dann stießen sie an und prosteten sich zu – Micha hatte den Ärger vom Reinkommen schon längst wieder vergessen.
 

Der Abend war schon fortgeschritten und während Micha sich beim Trinken vornehm zurückhielt, schien Gero das gegenteilige Ziel zu verfolgen. Nun standen sie zusammen draußen und Gero rauchte eine, weil man das ja drinnen nicht mehr durfte, worüber er sich schon ausgiebig ausgelassen hatte.

Micha jedoch taten die Füße weh, er konnte kaum mehr stehen. So setzte er sich auf einen der größeren Steine, die bei der Hauswand lagen.

„He, Micha!“, meinte schließlich Gero, nachdem sie sich eine Weile lang ausgeschwiegen hatten. Der sah erwartungsvoll zu ihm auf, gespannt, was jetzt folgen würde. „Das vom letzten Wochenende, du weißt schon…“ Micha sah wieder zu Boden und nickte vorsichtig, was kam nun wohl? „Na ja, irgendwie… das is scho scheiße.“

„Tut mir leid“, murmelte Micha, doch Gero brauste auf: „Jetzt lass mich doch ausreden!“ Erneut und diesmal verwirrt sah Micha auf.

„Also, das is scheiße, da sind wir uns wahrscheinlich einig, oder?“ Micha nickte. „Aber du kannst ja nichts dafür, zumindest nicht wirklich. Und auf dem Klo im Grisu… Ich hab dich wohl ’n bisschen zu hart angepackt; tut mir leid.“

„Ist okay“, erwiderte Micha perplex. Mit einer Entschuldigung hätte er jetzt wirklich nicht gerechnet, eher auf einen Schlag, oder eine Standpauke.

Nun setzte sich Gero neben ihn und schlug ihm mit der flachen Hand auf den Hinterkopf.

„Au!“, keuchte Micha und rieb sich den schmerzenden Hinterkopf, auch wenn er es übertrieb, da legte ihm Gero den Arm um die Schultern, drückte ihn einen Moment lang an sich und meinte: „Du bist echt so’n Volltrottel, weißt du das eigentlich?“ Micha lachte leise auf und nickte erneut. Sein Herz arbeitete gerade mit doppelter Leistung und er war froh, als Gero seinen Arm wieder zu sich nahm, weil er Angst hatte, dass dieser das irgendwie bemerken könnte.

Wobei es eigentlich egal war, er wusste um Michas Gefühle, warum sollte es ihn dann wundern, wenn Micha Herzklopfen bekam?
 

Nun verlief der Rest des Abends, beziehungsweise der Nacht, wirklich ausgelassen für Micha. Und er ging mit einem guten Gefühl nach Hause und mit einem Lächeln ging er schlafen. Sie hatten sich für den Samstag, an dem Hänselejuck war, das Hänsele war das älteste und traditionsreichste Mäschkerle der Stadt und nur Männer durften in der Zunft mitwirken, verabredet, den Freitag wollten sie aussetzen, in Überlingen war ohnehin nichts los, so wollten sie sich da ausruhen. Außerdem hatten Ella und Bess darauf bestanden auch noch am Nachmittag zum großen Umzug zu gehen, wo sämtliche Zünfte der Umgebung mitjuckten. Benne war das eigentlich egal, er musste mit dem Spielmannszug ohnehin mitlaufen, da hatte er gar nichts zu melden.

Aber irgendwie freute sich Micha schon darauf. Auf dem großen Umzug war er seit seiner Kindheit nicht mehr gewesen und wenn der Abend nur annäherungsweise so grandios wurde wie heute, dann war er schon fabelhaft.
 


 

Also, das nächste Kapitel kommt schon Donnerstag oder Freitag, dafür kommt das darauf folgende erst am Dreißigsten oder am Einunddreißigsten, weil ich bis dahin auf einer Segelfreizeit bin =D

Bis dahin!

LG, Terrormopf :]

PS: Wer übrigens mal ein Hänsele sehen will, schaut's euch in Google an =) da gibt's auch Links zum Überlinger Narrenmarsch...

Hänselejuck

Hallo =)

Wie versprochen Donnerstag.

Einige von euch müssen ja jetzt wieder in die Schule (arme Steph)... ich hab noch zwei Wochen =) Hehe

Nun, ich hoffe, dass euch das Kapitel gefällt, auf Kommentare kann ich ja leider nicht antworten, weil ich nämlich auf der Ostsee sein werde.

Viel vergnügen!
 


 

Der Freitag war gekommen und gegangen und nun war Samstag.

Micha freute sich schon wahnsinnig auf dieses Erlebnis. Nach Geros Entschuldigung ging es ihm viel besser und er hatte das Gefühl wieder ausgelassener mit diesem umgehen zu können.

Der Große Umzug war ein voller Erfolg. Ella und Bess waren wieder einmal beliebte Opfer und Gero und Micha standen am Rand und scherzten ausgelassen. Dann und wann trank Gero mit den Mädchen einen Klopfer; Micha hatte auch einen probiert, aber es hatte ihn regelrecht geschüttelt, er mochte die Dinger einfach nicht. So sah er einfach nur zu, wie sie die Flaschen auf die flache Hand klopften, dann den Deckel abschraubten, sich diesen auf die Nasenspitze klemmten und, den Flaschenhals zwischen den Zähnen, anstießen, um schließlich den Kopf in den Nacken zu legen und das Getränk in einem Zug zu leeren.

Nein, Micha begnügte sich mit dem Bonbon, das Bess ihm gegeben hatte. Sie hatte eine Hand voll von einem der Hästräger bekommen.

Gero war wirklich eine wahre Augenweide in seinem Kostüm. Es war dem Blonden erst heute aufgefallen, aber es war wirklich faszinierend ihn so zu sehen, mit Brustpanzer, Schwert und Helm, natürlich alles aus Plastik und natürlich dem Röckchen und es konnte wirklich als solches bezeichnet werden, denn es bedeckte höchstens zwei Drittel der Oberschenkel.

Was allerdings so gar nicht in dieses Bild passte, waren Geros Springerstiefel. Hochgeschnürte Sandalen wären durchaus passender gewesen, aber das konnte man verzeihen, denn Gero sollte ja nicht den Rest der Fasnacht mit einer Grippe im Bett verbringen.

Ellas einziger Kommentar zu dem Kostüm war gewesen: „Du hättest dir wenigstens die Beine rasieren können.“ Das wurde von Gero allerdings nur mit einem müden Lächeln abgetan. Benne hatte gegrinst und gesagt: „Das war also doch kein Scherz… du scheinst ja auf Röcke zu stehen.“ Daraufhin hatte Gero erwidert: „Wenn die Damen in meiner Umgebung so wenige anziehen, muss ich mir selbst weiterhelfen.“ Bess hingegen hatte Gero auf den Brustpanzer geklopft und gelacht: „Wenn du noch etwas zunimmst, machst du dem guten Gaius Bonus Konkurrenz.“ Und Gero hatte daraufhin nur gefragt, wer das sei, doch Bess war durch diese Frage anscheinend beleidigt, denn sie sprach für die nächsten fünf Minuten kein Wort mehr mit Gero und auf die Antwort musste er auch verzichten.

Und Micha? Der äußerte sich gar nicht dazu. Man könnte fast sagen, er war ein stiller Genießer.
 

Am Abend war dann der Hänselejuck.

Es war wirklich immer wieder aufs Neue eine Wonne für die Augen. In den Fenstern der Altstadtgebäude standen Kerzen und die Inhaber lehnten sich heraus um einen Blick auf das geschehen in der Straße zu erhaschen.

Und irgendwann hörte man die ersten Klänge des Überlinger Narrenmarsches, was für allgemeines Johlen sorgte.

Dann ging es los. Erst eine der Kapellen, dann die kleinsten Hänsele, dazwischen einige große, wahrscheinlich die Väter, die die Kinder nicht ganz allein lassen wollten.

Es war ein Meer von Hänsele. Die Pailletten schillerten im Licht der Laternen und Kerzen und die weißen Schweißtücher stachen auf dem nahezu schwarzen Häs heraus.

Das Häs bestand aus weißem Leinen, auf das Filzplättchen in Streifen aufgenäht waren. Es war immer die gleiche Norm: drei Reihen schwarz, dann Bunt in der Farbfolge gelb – blau – rot – grün und immer am Ansatz Pailletten. Bei der Kappe, die das ganze Gesicht bedeckte, war das etwas anders. Das war vorwiegend schwarz bestimmt und der Gesichtsteil mit silbernen Pailletten gespickt, der Rüssel endete mit rotem, in Streifen geschnittenen Filz, der Parfümiert war und der den Zuschauern gerne unter die Nase gerieben wurde. Außerdem befand sich ein Fuchsschwanz an der Kappe.

Zu dem Häs gehörten außerdem weiße Handschuhe, schwarzes Schuhwerk und – natürlich – eine Karbatsche, die gerne geschnellt wurde, zur Freude der Zuschauer, die sich ganz an die Hauswände drängen mussten, damit sie nicht getroffen wurden.

Und wenn diese Hästräger sich mit den Zuschauern unterhielten, dann nur mit verstellter, schnarrender Stimme.

Und wirklich nur Männer steckten unter diesem Häs. Wenn man eine Frau darin erwischte, drohte ihr der Wurf – splitterfasernackt – in den Hänselebrunnen.

Als Micha erfahren hatte, dass es auch Kleiderbestimmungen für unter das Häs gab, hatte er lachen müssen, denn sie mussten tatsächlich weißes Hemd und schwarze Krawatte tragen! Und während des Umzuges war es natürlich streng verboten die Maske zu lüften.

Es war doch faszinierend, wie viele Hänsele es gab; und wie viele ausgerechnet an dem Platz an dem sie standen, ihre Karbatsche schwingen mussten. Aber man nahm es hin, drängte sich für die Zeit an die Hauswand und die Menschen, die hinter einem standen und johlte dennoch anerkennend, wenn es sich ausgeschnellt hatte, und klatschte begeistert in die Hände.
 

Als es vorbei war, beschlossen sie nicht noch auf die Hofstadt zu gehen und dem Treiben noch ein wenig mehr beizuwohnen, sondern in die „Gruft“ zu gehen, so lange es noch nicht voll war.

Es waren wieder die gleichen Türsteher da wie am Freitag, sodass es für Micha kein Problem war reinzukommen.

Die Stimmung war angenehm ausgelassen und auch Micha ließ sich dazu hinreißen ein paar Bier mehr zu trinken.

Irgendwann, es war wahrscheinlich schon weit nach Mitternacht, standen sie auf den Tischen und grölten die Lieder mit, die durch das Kellergewölbe hallten. Es waren Fasnachtslieder, bekannte Schlager eben, Evergreens. Gero stand neben Micha, den Arm um dessen Schultern gelegt, in der Hand eine Flasche Bier. Er war recht angetrunken, ebenso wie Micha. Gemeinsam sprangen sie auf und ab im Rhythmus der Musik und fragten sich, wie lange die Bierbank wohl dieser Belastung noch standhalten würde, denn sie waren bei weitem nicht die Einzigen, die auf diese Idee gekommen waren.

Auf einmal blieb Gero stehen, kam Micha ganz nahe, als wollte er ihn umarmen und Micha spürte die heiße Wange des Anderen an der seinen. Doch Gero nahm lediglich einen Schluck aus seiner Bierflasche.

Vor ihnen auf dem Boden standen Bess und Ella und prosteten den Beiden zu, sie waren noch relativ nüchtern, da beugte sich Gero zu ihnen hinunter und zog Micha mit nach unten. Er stellte seine Bierflasche neben sich ab, Micha tat es ihm verwundert nach.

„Wisst ihr, was ich jetzt richtig geil fände?“, lallte Gero und grinste die beiden an. „Wenn ihr beide hier und jetzt rummachen würdet! Ehrlich, das wär mal richtig geil!“ Micha sah ihn erstaunt von der Seite an, was sollte das denn jetzt?

„Du hast zu viel getrunken, Bärli! Sowas machen wir nicht“, lachte Bess und Ella fügte grinsend hinzu: „Nicht in der Öffentlichkeit!“

„Woah!“, rief Gero und flehte: „Kommt schon, nur ein Kuss! Nur ein kleiner!“

„Nur ein Küsschen?“, fragte Bess. „Na auf die Wange küssen kann ich sie gerne.“ Damit gab sie Ella einen Kuss auf die Backe, woraufhin die beiden auflachten.

„Nein! Ich will was richtig Heißes sehen!“

„Hör zu, Bärli“, sprach nun wieder Bess. „Wenn wir uns küssen, dann musst du deinen Gefolgsmann an deiner Seite auch küssen.“ Und Micha bemerkte, schwer schluckend, das Augenzwinkern, das Bess ihm zuwarf.

„Was? Wie meinst du das denn?“, fragte Gero verblüfft.

„Na wie in ‚American Pie’: Was ihr macht, machen wir auch.“ Ihr süffisantes Grinsen war noch breiter geworden. Micha kannte Gero in diesem Zustand und wusste, dass er zustimmen würde, so warf er schnell ein: „Nein Gero, ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee ist! Schließlich bin ich auch darin verwickelt und-“

„Deal!“, stimmte Gero zu, Michas Flehen ignorierend und gab Bess die Hand darauf. „Ihr aber zuerst!“ Bess und Ella fackelten nicht lange, sondern begannen sich zu küssen. Gero johlte bei diesem Anblick auf und Micha sah etwas beschämt zur Seite. Ihn überkam ein kalter Schauer, wenn er daran dachte, dass Gero ihn in einigen Augenblicken küssen würde. Und jeder konnte sie sehen!

Wieso hatte Gero dieser elenden Abmachung nur zugestimmt? Was war nur in ihn gefahren? Ruinierte er sich damit nicht selbst den Ruf?

„Jetzt ihr!“, hörte er plötzlich Ellas Stimme und ihm schoss die Röte ins Gesicht.

Sein Herz schien lauter zu schlagen als der Bass, der durch seinen Körper vibrierte. Ihm wurde plötzlich unglaublich heiß. Sein Atem beschleunigte sich, als er sich zu Gero umdrehte, der ihn grinsend musterte. Wieso grinste er? Hatte er ihn nicht noch vor einem viertel Jahr verurteilt, weil er Jungs küsste? Und hatte er ihm am letzten Wochenende deswegen nicht noch fast eine runtergehauen? Und nun würde Gero ihn küssen!

Gero wollte ihn küssen; so richtig!

Seine Augen waren weit aufgerissen, als sich Geros Gesicht dem seinen näherte und unruhig sah er auf Geros schmale Lippen, die den Seinen unweigerlich immer näher und näher kamen. Gero hatte seine Augen halb geschlossen und Micha glaubte, sein Grinsen wurde noch größer, als er die Panik in Michas Gesicht sah. War er wirklich schon so betrunken?

„Entspann dich mal! Is nur ’n Kuss!“, flüsterte der Rothaarige. Eigentlich hätte Micha ihn gar nicht hören können, ob der lauten Musik, doch es war ihm, als wären auf einmal alle Geräusche um ihn herum verstummt, ausgeblendet. Er hörte nichts als seinen Herzschlag und Geros Stimme, die diese Worte gesagt hatte.

Und er spürte den warmen, nach Alkohol und Rauch riechenden Atem auf seinem Gesicht.

Dann berührten sich ihre Lippen, nur ganz leicht, ganz sacht, aber es durchfuhr Micha wie ein Blitzschlag. Als Gero sanft begann ihn zu küssen, schloss er schließlich seine Augen und konnte nicht mehr anders, als sich ganz auf dieses Gefühl einzulassen. Alle Nervosität war mit einem Mal von ihm abgefallen und er tat noch einen Schritt auf Gero zu, sodass sich ihre Körper berührten.

Dann schlang er seine Arme um dessen Hals, fuhr mit seiner Hand durch das verschwitzte, rote Haar, krallte sich darin fest; zog den Kopf noch weiter runter zu sich. Von der Gier nach dem Mund des Anderen geleitet. Die andere Hand klammerte sich an Geros Nacken.

Auch dieser blieb nicht regungslos stehen, sondern hatte eine Hand in Michas Kreuz, sodass er ihn noch enger an sich drücken konnte. Die zweite Hand lag dem Blonden in der Flanke und als Gero eine Stelle unbedeckter Haut spürte, da Micha sich zu ihm nach oben reckte und so sein Oberteil hoch rutschte, fuhr er sanft mit seinen Fingern an dieser Stelle entlang, ließ seinen Handteller jedoch ganz ruhig auf Michas Hüfte ruhen.

Als Micha die zärtlichen Berührungen bemerkte, überzog eine Gänsehaut seinen Körper, sein Bauch zog sich zusammen unter den sanften Berührungen und er intensivierte den Kuss, soweit das noch möglich war.

Doch Gero löste den Kuss im nächsten Moment, machte allerdings keine Anstalten die Nähe zwischen ihnen zu trennen, sondern begann Michas Hals entlang zu küssen und blieb an dessen Halsbeuge hängen. Etwas erschrocken keuchte Micha auf, als er Geros heiße Lippen an diesen empfindlichen Stellen spürte, doch als Gero innehielt, vergrub er sein Gesicht in dessen rotem Haarschopf und genoss die Liebkosungen des Anderen, fragte sich, was als nächstes kommen würde.

Dieses Gefühl war unglaublich! Als explodierte ein Feuerwerk in seinem gesamten Körper. Ein unbändiges Gefühl des Glücks durchströmte ihn in diesem Moment und er ließ sich von Gero halten, denn er war sich sicher, dass seine Knie nicht mehr aus Knochen, sondern aus weichem Wachs bestanden.

„Hey, Jungs! Ganz ruhig, wenn ihr’s so nötig habt, nehmt euch doch wenigstens irgendwo ein Zimmer!“ Erst Ellas lachende Stimme rief die beiden wieder ins Bewusstsein zurück.

Realisierend, was sie da gerade taten, lösten sie sich schwer schnaufend voneinander und sahen sich noch einen Moment bestürzt in die Augen. Micha konnte aus Geros entsetztem Blick lesen, dass er das Gleiche gefühlt hatte wie Micha, doch schon im nächsten Augenblick wandten sie sich voneinander ab, beide hochrot in den Gesichtern.

„Na wenigstens konntet ihr beide Küsse genießen“, grinste Ella und Bess prustete auf diesen Kommentar hin los.

„Halt die Fresse!“, schnaufte Gero, sprang vom Tisch herunter und verschwand aus der Tür nach draußen, irgendetwas von „frischer Luft“ knurrend. Nun war Micha also mit den beiden Mädchen allein - von den restlichen Besuchern abgesehen.

„Na, Micha?“, fragte Bess und lächelte ihn an. „Hat es dir gefallen?“

„Ich… ich weiß nicht… es war…“, stotterte er und brach schließlich ab. Er hatte keine Ahnung, was er sagen sollte. Wäre es irgendjemand anders gewesen, er hätte den Mädchen alles erzählen können, doch es war Gero gewesen. Gero! Der Schwulenhasser schlechthin!

Würde Micha Ella und Bess nur ein Wort zu viel sagen, konnte er sich sein Grab auch gleich selbst schaufeln. Was sollte er nun tun?

„Ich muss aufs Klo!“, verkündete er prompt und lief zur gleichen Tür, durch die auch Gero hinausgestürmt war.

„Und bestell Gero schöne Grüße von uns!“, lachte Ella noch.
 

Als er durch die Tür ging, schlug ihm ein eisiger Wind entgegen, sodass er sich fröstelnd die Oberarme rieb und sich umsah. Auch hier draußen waren einige Leute, nicht zuletzt, weil hier zwei Dixi-Klos vor dem kleinen Bächlein standen.

Er erblickte Gero einige Meter entfernt mit dem Rücken an die Hauswand gelehnt dahocken; die Ellenbogen auf die Knie gestützt und die Finger in den Haaren verfangen.

Mit einiger Überwindung ging er zu ihm hin und musterte ihn. In diesem Römerkostüm musste ihm doch kalt sein! Mit den kurzen Ärmeln, dem leichten Stoff und vor allem dem kurzen Rock, der ihm über die Boxershorts gerutscht war.

„Dir ist doch nicht etwa kalt, oder?“, fragte er und lächelte.

„Nein“, sagte Gero, rührte sich aber keinen Millimeter.

„Im Lügen biste lausig, echt.“

„Halt die Fresse und fick dich, Arschloch!“ Nun sah Gero doch auf.

„Hör zu, was da drinnen passiert ist…“, setzte Micha an, doch Gero fiel ihm ins Wort: „Da war nichts! Ich bin betrunken und du blöde Schwuchtel hast das natürlich ausgenutzt! Also lass mich in Ruhe, das war einmalig! Noch mal fall ich auf so schwule Anmachen nich rein!“ Micha zuckte unter den harten Worten zusammen. Gero hatte ihn schon lange nicht mehr so beschimpft.

„Du hast Recht, ich habe die Situation ausgenutzt, tut mir leid.“ Micha wusste, dass es nicht so gewesen war, dass Gero ihnen das eingebrockt hatte, und auch dass Gero ihn an sich gedrückt hatte, seine Haut mit Fingern und Lippen liebkost hatte. Und er wusste ebenso gut, dass auch Gero das wusste. Aber der konnte mit dieser Situation gar nicht umgehen, also empfand Micha es als empfehlenswerter ihm nicht zu widersprechen, es sei denn, er wollte auf der Stelle sterben.

Gero lehnte seinen Kopf nach hinten, sodass er an der Wand lehnte. Dann holte er sich aus seiner Rocktasche eine Schachtel Zigaretten und zündete sich eine an. Das Feuerzeug steckte er wieder zurück in die Packung. Genüsslich nahm er einen Zug, stieß den Rauch schließlich wieder aus und fragte: „Ey scheiße, Mann. Warum haste’n das gemacht?“

„Weiß nicht.“ Micha zuckte mit den Schultern. „Irgendwie hat’s mich übermannt.“ Einen Moment lang sah Gero ihn durchdringend an, dann begann er zu lachen und meinte: „Ich bin halt einfach zu geil, wa?“

„Wahrscheinlich“, bejahte Micha und stimmte in das Lachen mit ein.
 

So.

Wehe mir kommt jemand mit "Das ist doch total unrealistisch", das ist es nämlich nicht, ich hab sowas nämlich schon mit eigenen Augen gesehen xD

Falls jemand noch Fragen spezifisch der Überlinger Fasnacht hat, scheut euch nicht zu fragen, ich schwärme euch gerne etwas vor. Das Bild eines Hänsele und den Link zum Überlinger Narrenmarsch habe ich übrigens bei den Charakteren beigefügt, falls ihr es euch ansehen wollt =)

LG, Terrormopf

Verwirrung

Halli hallo =)
 

Ich bin wieder zurück. Hach, es war wundervoll! Ehm, es war eine Segelfreizeit von meiner Gemeinde aus. Das machen die jedes Jahr und ich war jetzt das vierte Mal dabei und kann sagen, dass dies die beste war (dicht gefolgt von der 2. auf der Pedro Doncker - Diesmal waren wir auf der Flying Dutchman - jaa, Spongebobs Schiff =)

Aber genug davon, ich habe es am Samstag nicht mehr geschafft das Kapitel hochzuladen, weil ich einfach zu müde war und heute war ich erst im Gottesdienst und dann im Strandbad, deswegen komme ich erst jetzt dazu.

Entschuldigt bitte und viel Spaß!
 


 

„Hey Micha, komm rein und setz dich zu mir aufs Sofa“, wurde er von Gero an dessen Tür begrüßt. Es wunderte ihn, dass er nicht schon von draußen laute Musik vernahm und auch im Haus lediglich der Fernseher zu laufen schien; dabei hatte Gero ihm doch gesagt, dass die anderen auch hierher kommen würden, zum Vorglühen, weil sie später noch in den Galgen gehen wollten; Sonntag Abends war sonst nichts los.

Dennoch setzte er sich brav auf das Sofa und wartete, bis Gero sich neben ihn setzte, dann fragte er: „Und wo sind die anderen?“

„Keine Ahnung“, kam die Antwort prompt von Gero, der den Fernseher ausschaltete.

„Wieso machst du denn jetzt den Fernseher aus?“

„Weil ich mich halt grad auf dich konzentrieren will.“

„Auf mich?“ Er verstand nicht, was Gero damit bezweckte. Jedoch beschloss er sich nicht durch diese Aussage verwirren zu lassen, sondern fragte lieber: „Und warum sind die anderen nicht da?“

„Weil ich sie nicht eingeladen habe“, war die schlichte Antwort.

„Aber ich dachte…“

„Dass wir hier vorglühen. Ja, verdammt, aber das habe ich nur gesagt, damit du herkommst!“ Geros Stimme hörte sich alles Andere als ruhig an, und auch wenn er noch etwas heiser war, so war er dennoch in der Lage Micha anzuherrschen.

„Aber warum hast du mich denn nicht einfach gefragt?“, erkundigte sich Micha, wenn auch etwas kleinlaut, befürchtete schon wieder von Gero verbal eine verpasst zu bekommen. Der jedoch sah ihn nur unentwegt an und schüttelte bedächtig den Kopf, während er langsam sagte: „Was für eine dumme Frage.“

Der Blonde wandte den Blick ab.

Es war in der Tat eine dumme Frage.

Hätte Gero ihn gebeten allein zu ihm zu kommen, wäre er dieser Bitte gewiss nicht nachgekommen; hätte sich nach dem gestrigen Abend – dem gestrigen Kuss – niemals mehr allein in dieses Haus gewagt. Als er an den Kuss dachte, spürte er, wie ihm das Blut in den Kopf schoss. Er hätte es nicht so weit kommen lassen dürfen!

Er hätte Gero aufhalten müssen!

Am Ende wollte Gero ihn jetzt dafür zur Rechenschaft ziehen?

Erschrocken blickte er wieder auf und in Geros Augen. Verwirrt blieb er an diesen hängen; er konnte kein zorniges Funkeln in ihnen wahrnehmen, keinen verräterischen Glanz, der auf Mordlust hinwies. Geros Blick war für ihn undefinierbar.

Aber fesselnd.

Er wollte wegsehen, wollte nicht mehr, dass Gero ihm ebenfalls in die Augen sah, wollte nicht, dass der in den blauen Augen lesen konnte wie in einem offenen Buch.

Er wollte es nicht.

Aber ebenso schaffte er es nicht; ein seltsames Gefühl keimte in seiner Brust auf, es war keine Angst, mehr eine Art Nervosität und mit einem Mal wurde seine Kehle unglaublich trocken, sodass er kaum mehr schlucken konnte, gleichzeitig spürte er, wie seine Handflächen feucht wurden.

Was bedeutete dieser Blick Geros? Was wollte er ihm damit sagen?

Micha wusste in dem Moment nur, dass er weg wollte. Weg von diesem Blick. So weit weg wie möglich.

Oder wenigstens nur seine ausgetrocknete Kehle benetzen.

So erhob er sich versteift, um in die Küche zu gehen, da hielt Gero ihn fest.

„Lass mich los, ich will mir nur ein…“

„Bleib hier!“, unterbrach ihn Gero und zog ihn mit ernstem Gesichtsausdruck zurück aufs Sofa. Nur widerwillig nahm Micha Platz und sah Gero diesmal nicht ins Gesicht.

„Micha, wegen gestern, das…“, setzte Gero daraufhin an, brach jedoch wieder ab.

Micha seufzte. Also lief es tatsächlich darauf hinaus. Er wandte sich nun doch wieder dem Rothaarigen zu und sagte mit fester Stimme: „Gero, was gestern Abend passiert ist tut mir leid, es war keine gute Idee, dass wir uns küssen und es tut mir auch leid, dass ich so dermaßen die Kontrolle verloren habe und…“

„Halt die Fresse!“, fuhr ihm Gero erneut über den Mund und Micha zuckte etwas verschreckt zurück. „Du weißt, dass es nicht so war, ich weiß es und die Mädchen wissen es, also lass den Scheiß!“

„Aber…“

„Nichts ‚aber’, Micha! Wir haben uns geküsst, auch wenn ich mich nicht mehr ganz so gut daran erinnern kann und die Vorstellung einfach nur absurd, krank, pervers, abartig…“

„Ist gut“, unterbrach diesmal Micha ihn und sah beschämt zu Boden.

„Jaja, okay. Ich wollte dir eigentlich sagen, dass ich mich nur noch an das Gefühl erinnern kann.“ Er hörte auf zu reden und die Stille drückte auf Michas Nerven, bis er aufsprang und rief: „Toll, Gero! Aber die Übelkeit muss nicht zwangsläufig von dem Kuss kommen, schließlich hast du ’ne Menge getrunken! Und nur zu deiner Information, dich zu küssen war auch nicht unbedingt das Gelbe vom Ei! Weißt du wie es schmeckt einen Raucher zu küssen? Als würde man ’nen Aschenbecher ablecken und das ist alles andere als appetitlich. Danke, dass du mir noch einmal vorgehalten hast, was für ein Trottel ich bin, mich in dich zu verlieben und dich zu küssen, obwohl dieser Kuss keineswegs von mir ausging! Und ich war auch nicht derjenige, der dir den Hals geküsst hat! Kann ich etwas dafür, dass ich mich da gehen lasse? Dass ich den Moment wenigstens genieße? Den Moment, den ich nie wieder erleben werde! Den, den ich mir schon lange wünsche, den ich mir herbeigesehnt hatte!

Und nun lass mich zufrieden, ich gehe.“

Er wandte sich so schnell wie möglich von Gero ab, weil er nicht wollte, dass der sah, wie ihm vor Wut und Frustration die Tränen in die Augen schossen. Doch er schluckte sie so gut es ging hinunter und ging zur Tür, die er öffnete, um hindurchzugehen.

Aber er konnte gar nicht so schnell reagieren, da stand Gero neben ihm und hatte sie schon wieder zugeschlagen. Er packte Micha grob bei den Schultern, drehte ihn um und presste ihn gegen die Tür, sodass der Blonde schmerzhaft mit dem Rücken aufschlug und gequält aufkeuchte.

„Hör auf so etwas zu sagen!“ Geros Stimme zitterte, so wütend schien er, doch Micha wandte lediglich weiterhin den Kopf ab – sich zu wehren ließ er gleich bleiben, gegen Gero hatte er ja doch keine Chance – und sagte wütend: „Ich soll aufhören zu sagen, dass diese Abmachung auf deinem Mist gewachsen ist? Dass du mir zugeraunt hast, dass es doch ‚nur’ ein Kuss sei? Dass du die Hand in meiner Seite hattest?

Nein, ich höre nicht auf, weil es die verdammte Wahrheit ist. Und wenn dir das nicht passt, dann schlag mich halt, verpass mir halt eine, so wie du’s sonst immer getan hast!“

Und tatsächlich: Gero ließ Michas linke Schulter los und holte aus.

Ließ die Faust niedersausen.

Zu gerne hätte Micha in dem Augenblick Geros wutverzerrten Gesichtsausdruck gesehen.

Nur warum traf die Faust nicht in sein Gesicht? Warum wartete er vergebens auf den Schmerz?

Ein Blick geradeaus lieferte ihm die Antwort: Gero hatte den Schlag abgebremst, weswegen die Faust nun lediglich vor seinem Gesicht schwebte. Jedoch konnte er jetzt auch nicht mehr umhin in des Rothaarigen Gesicht zu sehen und dieser Gesichtsausdruck verwirrte ihn noch mehr als der nicht ausgeführte Schlag.

Ernst lag in Geros Augen, keine ungezügelte Wut. Und noch etwas war in ihnen, was Micha noch nie zuvor in ihnen erkannt hatte: Scheu.

„Was ist los?“, fragte Micha leise, es sollte keinesfalls provozierend klingen.

„Ich“, setzte Gero an und stockte, sah dann auf die geballte Faust knapp vor Michas Gesicht. „Ich will dich nicht schlagen. Und ich kann es nicht, außerdem wollte ich nicht, dass du kommst, um dir eine zu verpassen.“ Trotz seiner Worte blieb die Faust an Ort und Stelle, auch wenn sie sich etwas lockerte. Micha nutzte diese kleine Geste, legte sanft seine Hand auf die Geros und drückte sie nach unten. Dann schob er Gero etwas von sich, um sich selbst aus dieser bedrängten Position zu befreien, sich in den Raum, vor das Sofa zu stellen, weiter weg von Gero, bis er schließlich fragte: „Gero, was ist los? Wieso sollte ich kommen? Ich bin jetzt hier, also sag es mir.“

Im ersten Augenblick jedoch reagierte Gero nicht auf seine Worte; starrte nur benommen auf seine inzwischen geöffnete Hand.

Micha fühlte sich mit jeder Sekunde die verstrich unwohler und verkrampfte sich unwillkürlich. Was sollte dieses merkwürdige Verhalten Geros und die Worte, die Gero gemurmelt hatte.

Plötzlich sah Gero auf, der Blick entschlossen, keinerlei Scheu mehr, keinerlei Zweifel. Instinktiv wich Micha zurück und stieß an die Sofakante, weshalb er auf dieses fiel. Seine Finger krallten sich in den Belag der Couch, als Gero auf ihn zu kam und das Atmen wurde schwerer.

„Ist mir jetzt alles…“, begann Gero zu sprechen und je näher er Micha kam, desto langsamer wurden seine Schritte. „…scheiß…“ Fast war er bei Micha angekommen, was diesen dazu brachte sich zurückzulehnen, um wieder mehr Distanz zwischen sie zu bringen.

Seine Gedanken rasten. Was sollte das nun wieder? Hatte Gero es sich nun doch anders überlegt und wollte ihn jetzt schlagen? Es hörte sich jedenfalls nicht so an, als galten die Worte Micha, sondern mehr ihm selbst.

„…egal.“ Nun war er direkt vor Micha, hatte die Hände nach seinen Schultern ausgestreckt. Seine Stimme war leiser geworden, was in Micha Panik aufsteigen ließ.

Sein Körper erbebte, als er die Hände Geros wieder an sich spürte. Seine Muskeln spannten sich an, er zitterte und presste die Lider aufeinander.

Doch anstatt der erwarteten Grobheit wurde er nur sanft zurück in die Kissen gedrückt, spürte wie Gero neben ihm ein Knie auf der Sitzfläche abstützte und dann trafen ihre Lippen wieder aufeinander.

Schlagartig riss Micha die Augen auf, konnte seinem Tastsinn nicht mehr trauen, doch als er in Geros Gesicht sah, der die Augen geschlossen hatte, zweifelte er zudem an seinem Sehvermögen.

Gero küsste ihn!

Schon das zweite Mal!

Was sollte er nun tun? Den Kuss erwidern? Konnte er das denn wirklich?

Keine Frage, er hatte sich in Gero verliebt, dennoch wusste er nicht, was dieses Verhalten des Anderen zu bedeuten hatte.

Er spürte Geros Hand durch sein Haar streicheln genoss die Zärtlichkeit und musste ein Schnurren fast unterdrücken. Und auch die andere Hand, die sanft an seinem Hals, zur Hälfte in seinem Nacken ruhte, leicht seinen Haaransatz kraulte, machte ihm den nächsten Schritt nicht leichter.

Denn er legte nun selbst die Hände gegen Geros Brust und versuchte ihn von sich zu schieben, doch der Größere ließ sich nicht bewegen und je stärker Micha versuchte ihn weg zu stoßen, desto verlangender, desto ruppiger wurden seine Berührungen, bis Micha verzweifelt gegen die Lippen des Rothaarigen rief: „Gero, hör auf! Bitte!“

Geros Bewegungen erstarben und er rührte sich einige Sekunden gar nicht, bis er endlich von Micha abließ und der erst einmal tief durchatmete, bewillt dem Anderen keinesfalls in die Augen zu sehen. Doch der hatte seinerseits ebenfalls nicht das Bedürfnis Micha in dem Augenblick anzusehen, sondern setzte sich lediglich neben ihn, etwas flachatmig, und schwieg.

„Gero“ Micha machte eine kleine Pause, bis er weiter sprach: „Was sollte das?“

„Ich habe dich geküsst; so wie gestern Abend.“ Seine Stimme klang monoton, die Worte mechanisch aufgesagt.

„Nein, gestern Abend war es eine Art Wette und wir hatten etwas getrunken, es ist nicht das Gleiche. Wieso… wieso hast du mich jetzt geküsst?“ Eine blasse Röte zierte nun Michas Wangen und er nestelte nervös am Saum seines Pullis herum. Doch die Antwort auf die er wartete blieb aus. So wandte er das Antlitz doch zu Gero und sah dessen Gesicht ausdruckslos, den Blick starr auf die Handinnenflächen gerichtet. „Gero?“, fragte er noch einmal sanft nach.

Der Rothaarige sah nicht auf, rührte sich in keinster Weise, alles was er tat, war zu sagen: „Ich wollte es wissen.“

„Hör auf in Rätseln zu reden und sieh mich wenigstens an, wenn ich mit dir rede! So viel Anstand habe ich doch wohl noch verdient, wenn du mich unter einem Vorwand hierher bestellst und dann über mich herfällst!“, brauste Micha daraufhin auf. Der Anblick, den Gero ihm in dem Moment bot, war ihm alles andere als geheuer. Es besorgte ihn sogar.

Und zum Glück wandte Gero ihm jetzt doch das Gesicht zu.

Doch anstatt etwas dazu zu sagen, warf er Micha auf den Rücken und kniete sich über ihn.

Vor Schreck fiepte Micha schrill auf und glaubte schon, Gero würde ihn erneut küssen wollen, da ergriff dieser das Wort: „Gestern, das Gefühl, es war keine Übelkeit, kein Ekel. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Es war, als hätte ich aufgehört zu denken, als würde sich alles in mir auf eine angenehme Art zusammenziehen. Und es war verdammt gut, dieses Gefühl! So gut, dass es mir Angst macht! Und jetzt will ich wissen, ob ich es auch spüre, wenn ich nicht betrunken bin, wenn niemand da ist außer uns, wenn keine Musik läuft; ob es dasselbe Gefühl ist!“

Micha schwieg. Seine Brust hob und senkte sich gleichmäßig und er sah ruhig in Geros hin und her huschende Augen.

Dann legte er dem Anderen die rechte Hand an die Wange, streichelte leicht über die raue, unrasierte Haut und fragte: „Und?“

Der Rothaarige zuckte daraufhin nur mit den Schultern und entgegnete leise: „Ich weiß es nicht genau.“

„Dann…“ Nun legte er dem Älteren auch die Linke Hand an die Wange, fuhr ihm langsam in den Nacken, sodass er seinen Kopf näher zu sich ziehen konnte. „Solltest du es noch einmal versuchen.“ Und mit den Worten küsste er Gero sanft auf die Lippen, wartete darauf, dass dieser den nächsten Schritt machte.

Und er tat ihn wirklich, ließ den Kuss leidenschaftlicher werden.

Michas Gedanken reduzierten sich auf ein Minimum und er glaubte, das Glücksgefühl, das ihn durchströmte, wäre noch stärker als das am Vorabend.

Das flaue Gefühl, das bis eben in seinem Magen gewesen war, verflüchtigte sich nun, machte Platz für eine Wärme, die Micha noch nie gespürt hatte, ausgehend von seinem Herzen.

Doch im nächsten Moment wurde ihm kalt.

Gero hatte sich von ihm gelöst und sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Er wich vor ihm zurück, beinahe als sähe er in Micha den Leibhaftigen. Der wiederum richtete sich auf, auf die Unterarme gestützt, und fragte besorgt: „Was ist los?“ Doch Gero schüttelte nur den Kopf und murmelte: „Warum? Warum spüre ich es wieder? Ich kann mich doch nicht in einen Mann…“ Er stockte und sah auf, in Michas Augen, die ihn verzweifelt um eine Antwort baten, doch alles was er dem Blonden entgegenschmetterte, war: „Raus hier! Sofort! Verschwinde aus meinem Haus!“

Erschrocken zuckte Micha zusammen und rührte sich im ersten Moment nicht. Er hatte die Worte zwar vernommen, doch sie begreifen war etwas Anderes.

Hatten sie sich nicht noch vor ein paar Sekunden geküsst? Wieso taten sie das jetzt nicht mehr? Und weswegen brüllte Gero nun?

Der Blonde blinzelte einige Male, bis er endlich verstand, was sein Gegenüber von ihm wollte und die Wucht mit der ihn diese Erkenntnis traf ließ ihn schwer schlucken. Langsam erhob er sich und schwankte im ersten Moment, bis er, noch immer wackelig auf den Beinen, zur Tür ging, ohne noch einmal zu Gero zu sehen, oder etwas zu erwidern.

Er ging einfach.
 


 

Nun, das nächste Kapitel ist das Letzte.

Ich glaube, für jemanden, der Michas und Geros Gedankengänge und Gefühle nicht so genau kennt, könnte es schwer sein das ganze nachzuvollziehen, also geniert euch nicht mich zu fragen, wenn etwas unklar ist =) (Denn ich glaube, ich würde da nicht ganz durchblicken...)

LG, Terrormopf

Kalte Füße

So, hier ist das letzte Kapitel.

Kennt ihr die sogenannte Erfüllungsmelancholie? Mein Gott, wie trifft dieses Wort doch auf mich zu!

Ja, auch in diesem Fall war der Weg das Ziel .__.

Ich hoffe, euch gefällt das letzte Kapitel =)

Viel Spaß damit!
 


 

Als er zu Hause die Tür aufschloss schallten ihm die Stimmen seiner Eltern entgegen. Sie stritten sich also wieder einmal.

Für einen Moment blieb er unschlüssig in der Tür stehen.

Die Beschimpfungen und Beleidigungen, die sie sich gegenseitig an den Kopf warfen ließen Micha seufzen. Es wäre doch besser, wenn sie sich scheiden ließen, denn so war es für sie alle nur eine Tortur und würden sie getrennt leben hätten sie wenigstens alle ihre Ruhe.

Niedergeschlagen schloss er die Tür hinter sich.

Eigentlich hatte er sich darauf gefreut sich jetzt erst einmal etwas Warmes zu Trinken zu machen, doch darauf musste er nun wohl oder übel verzichten.

Während er durch den Schnee stapfte ließ er die Szene bei Gero noch einmal Revue passieren.

Der Rothaarige hatte ihn geküsst.

Weil er das gleiche gefühlt hatte wie Micha; weil es ihm ergangen war wie Micha.

Und dann? Was war dann passiert?

Für einen Moment war es ihm vorgekommen, als wäre alles in Ordnung gewesen, als wäre die Welt ein heiler Ort, doch dann war die Ernüchterung auf dem Fuße gefolgt. Weswegen hatte Gero ihn hinausgeworfen? Warum?

Auf dem Nach Hause Weg hatte er es mehr oder weniger geschafft diese Frage zu verdrängen, doch nun konnte er das nicht länger. Das was er empfand konnte doch nicht auf Einseitigkeit beruhen, Gero musste einfach das Gleiche fühlen, es ging nicht anders!

Mit klammen Händen zog er seinen Schal etwas enger um seinen Hals und fuhr sich mit dem Handrücken über die laufende Nase, dann steckte er sie wieder zurück in die Jackentasche.

Er war noch nie zuvor so verwirrt gewesen.

Wollte Gero ihn nun nie wieder sehen? Wie hatte das passieren können? Er war doch nur zu ihm gekommen, um mit den anderen zu feiern, Spaß zu haben, doch anstatt dessen hatte Gero ihn geküsst.

Hätte er es weiter verhindern sollen? Vielleicht wäre der Rothaarige dann nicht mehr so wütend auf Micha. Aber es lag doch gar nicht an ihm!

Gero war über ihn hergefallen! Er hatte gewusst, dass Micha in ihn verliebt war, wieso hätte der sich dann also anders verhalten sollen?

Es schien doch alles nur ein schlechter Scherz zu sein. Und wie schlecht!

Micha musste ein bitteres Auflachen unterdrücken, als er auch noch bemerkte, wie seine Schuhe langsam durchnässten. Wäre er doch heute erst gar nicht aufgestanden.

Er hatte doch nicht gewollt, dass ihre Freundschaft so in die Brüche ging.

Wollte Gero ihn nun nie wieder sehen? Niemals mehr? Nie?

Was würde er sagen, wenn er Micha auf der Straße begegnete? Was würde er tun? Ihn einfach ignorieren? Micha graute es vor diesem Gedanken.

Erneut seufzte er. Innerhalb so weniger Minuten konnte eine so wunderbare Freundschaft also den Bach runtergehen. Was für eine Ironie.

Er ging einfach weiter, achtete kaum auf den Weg, doch als er sich am Fuße des Burgbergs wieder fand bereute er das. Unschlüssig blieb er stehen. Seine Schritte hätten ihn gewiss vor Geros Haustür gebracht, doch wollte er dorthin? Konnte er es?

Wie würde Gero wohl reagieren? Wahrscheinlich würde er ihn zuerst perplex anstarren, ihn dann anbrüllen und ihm schlussendlich die Tür vor der Nase zuschlagen.

Erneut zog er den Schal enger und verknotete ihn diesmal, damit er sich nicht wieder so leicht löste.

Dann fasste er seinen Entschluss und stapfte den Berg hinauf.
 

„Was willst du wieder hier?“ Eine nette Begrüßung, wie Micha fand. Zumindest freundlicher als er sie erwartet hatte. Ein nervöses Lächeln zierte seine Lippen und er fragte: „Kann ich reinkommen? Es ist kalt hier draußen.“ Ohne jeglichen Kommentar machte Gero die Tür weiter auf und trat beiseite, um den Kleineren einzulassen.

„Danke.“
 

„Also?“, fragte Gero als er Micha, im Türrahmen mit verschränkten Armen lehnend, dabei zusah, wie der sich einen Tee machte. Sein Blick wirkte mürrisch und die Worte ohne jegliche Emotionen.

„Was wolltest du grad machen? Störe ich dich?“, versuchte Micha nervös der Frage auszuweichen.

„Lenk nicht ab, was willst du hier? Wieso bist du nicht zu Hause?“ Ebenso monoton wie zuvor.

Mit bebenden Fingern tunkte Micha den Teebeutel in die Tasse. Eigentlich antwortete er Gero nur nicht, weil er selbst keine Antwort auf diese Frage hatte. Er wollte doch nicht hier sein, fühlte sich im Moment so unwohl in der Gegenwart des Älteren.

Und der dachte nicht daran locker zu lassen, sondern befahl: „Sprich!“

Er zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, bin halt jetzt hier.“ Es wunderte ihn, dass Gero ihm dafür nichts an den Kopf warf, weder verbal, noch nonverbal. Er schwieg nur und Micha spürte weiterhin seinen Blick im Rücken.

„Ich wollte eigentlich grad ins Bett gehen“, antwortete er nun auf die Frage, die Micha ihm eben gestellt hatte.

„Oh“ Es war das Einzige, was Micha dazu einfiel, bis er schließlich fort fuhr: „Tut mir leid, dass ich dich störe. Das wollte ich nicht, ich kann auch gleich wieder gehen.“

„Trink wenigstens deinen Tee noch.“ Damit ging er ins Esszimmer und setzte sich. Einige Sekunden später hatte sich Micha dazu durchgerungen ihm zu folgen und setzte sich ihm gegenüber, den Blick auf die Flüssigkeit in der Tasse gerichtet.

„Brauchst du Zucker oder Milch?“, fragte Gero schließlich; Micha schüttelte den Kopf.

Dann schwiegen sie wieder.

Und als Micha ausgetrunken hatte, erhoben sie sich. Gero stellte die Tasse und den Löffel in die Spülmaschine und begleitete Micha dann zur Tür, wartete, bis der sich angezogen hatte und öffnete diese dann.

Im Türrahmen blieb Micha stehen und drehte sich zu Gero um. War kurz davor etwas zu sagen, doch ließ es.

Vielleicht gab es ja doch eine Chance darauf, dass sie weiterhin Freunde blieben.

Ohne noch ein Wort zu verlieren wandte er sich um und ging aus der Tür.

Langsam schloss sich diese hinter ihm, als er losging.

Und als er das Schließgeräusch vernahm blieb er stehen, sah auf seine Schuhe. Seine durchnässten Schuhe.
 

Er drehte sich um und stürmte auf Geros Tür zu, hämmerte wie wild dagegen, bis Gero ihm öffnete und ihn erstaunt musterte.

Doch er hatte gar nicht die Gelegenheit etwas zu sagen, denn Micha umarmte ihn stürmisch, sodass er einige Schritte zurück stolperte und an die Tür zum Treppenhaus stieß. Micha hingegen lehnte seine Stirn gegen Geros Brust, die für einen Moment stockte und sich erst dann wieder hob und senkte, wenn auch nicht ganz gleichmäßig und etwas schneller als gewöhnlich.

„Bitte! Gero, ich… meine Eltern, sie haben sich schon wieder gestritten! Ich will nicht nach Hause, wenigstens nicht heute! Bitte, kann ich nicht heute bei dir bleiben? Bitte!“ Seine Stimme zitterte, ebenso wie seine Hände, die sich in das weiße T-Shirt Geros gekrallt hatten, und der Rest seines Körpers. Im ersten Moment blieb Gero steif stehen, doch dann legte auch er vorsichtig seine Arme um Michas Körper, lehnte sein Kinn auf den Kopf des Anderen.

„Ist okay.“ Er verschränkte die Hände in Michas Kreuz. „Ist schon in Ordnung.“

Micha spürte wie Geros Atemzüge langsam gleichmäßiger und ruhiger wurden, doch er selbst konnte sich nur schwer beruhigen, nahm Geros Geruch wahr. Schwach roch er nach Zigaretten und noch nach ihm selbst, dieser Körpereigene Geruch, den jeder Mensch hatte, der individuell war und den Micha an Gero so liebte.

Micha hatte keine Ahnung wie lange sie so dastanden. Er zitterte noch immer, auch wenn er nicht wusste weswegen und verwundert nahm er wahr, wie auch Geros Körper begann leicht zu erbeben. Aber er wollte sich nie wieder aus dieser Umarmung lösen. Fühlte sich so wohl. Dennoch sagte Gero ruhig: „Wir sollten die Tür zumachen, es wird kalt.“

Ach deshalb zitterten sie!

Micha hatte es kaum bemerkt.

Widerwillig ließ er Gero los, damit dieser seinen Vorschlag in die Tat umsetzen konnte, und bemerkte erst jetzt richtig, dass dieser ja nur mit T-Shirt und Boxershorts bekleidet war, doch er wollte wieder an Geros Brust lehnen, dessen Herzschlag hören und das Vibrieren der Brust spüren, wenn er redete. Das war ein schönes Gefühl.

„Wir sollten schlafen gehen.“ Micha nickte langsam, den Blick auf die Fliesen auf dem Boden gerichtet. Im nächsten Moment spürte er Geros Hand, die ihm übers Haar streichelte. „Du bist schon so einer…“ Mit diesen Worten ging er die Treppe hinauf und ließ Micha stehen. Der blinzelte im ersten Moment verwirrt und sah Gero zerstreut hinterher, dann machte er sich daran sich der Jacke, der Schuhe und der anderen Winterkleidung zu entledigen, bis er Gero folgte.

In dessen Schlafzimmer war das Licht schon gelöscht und Gero lag im Bett. Micha schaltete das Licht nicht an, sondern zog sich einfach aus, die Kleider achtlos auf den Boden fallen lassend, und schlüpfte dann, ebenfalls in T-Shirt und Boxershorts, zum Rothaarigen unter die Decke.

Doch schlafen konnte er nicht, dazu raste sein Herz viel zu schnell und zu heftig.

Einige Minuten lang starrte er einfach nur in die Dunkelheit, bis er es nicht mehr aushielt und sich umdrehte.

„Gero?“, fragte er leise. „Gero, bist du wach?“ Er stupste den anderen vorsichtig an und dieser brummte etwas unverständliches, bis er sich, auf ein erneutes und nicht mehr so zaghaftes Stupsen, zu Micha umdrehte, ihn verschlafen ansah und fragte: „Was is?“

„Ich kann nicht schlafen“, flüsterte Micha.

„Und was soll ich da jetzt machen? Dir ’n Wiegenlied singen, oder was?“, knurrte Gero und wollte ihm schon wieder den Rücken zudrehen, da sagte Micha hastig: „Nein, aber…“ Gero seufzte und sah ihn auffordernd an, dass er weiter sprach. „Ich weiß nicht. Ich kann nicht schlafen, wenn das zwischen uns ungeklärt ist.“

„Dann schlaf eben nicht“, murrte der Rothaarige.

„Gero, ich hab mich wirklich in dich verliebt, und es tut mir leid, aber… ich kann nichts dagegen tun und…“ Es kostete ihn einiges an Überwindung Gero das zu sagen und dessen Schweigen brachte ihn etwas aus dem Konzept. So presste er die Lippen aufeinander und sagte schließlich: „Tut mir leid.“

„Halt die Klappe.“

„Nein, wirklich, ich will nicht, dass unsere Freundschaft nur deswegen kaputt geht, das tut mir so…“ Gero jedoch kam ihm etwas näher und sagte kühl: „Ich sagte doch, du solltest still sein.“ Und im nächsten Moment spürte Micha die Lippen des Älteren auf seinen. Doch schon Sekunden danach hatte Gero sich wieder von ihm gelöst, grinste schief und meinte: „Offensichtlich bist du allerdings nur so ruhig zu stellen.“

„Kannst du…“ Er brach ab. Die Bitte war schwachsinnig; Gero würde das sowieso nicht tun, also brauchte er sich damit auch gar nicht lächerlich zu machen.

„Was?“ Seine Stimme klang ungewohnt sanft.

Und Micha hatte in dem Moment keine Lust mehr darauf zu achten, ob er sich lächerlich machte oder nicht, was sollte schon geschehen? „Kannst du deine Arme um mich legen?“

„Wenn’s sein muss.“ Schüchtern nickte Micha und rutschte etwas näher an Gero. Der allerdings schubste ihn weg, sodass er wieder auf dem Rücken lag.

Frustriert wollte Micha sich schon damit abfinden und schloss die Augen, da spürte er, wie Gero ihn an sich zog und hörte ihn flüstern: „Willst du etwa nicht mehr?“ Er erwiderte nichts darauf, sondern genoss es in den Armen des Anderen zu liegen; das Gefühl, als Gero ihn noch etwas näher an sich zog, sodass sich ihre Körper berührten.

Er ergriff eine Hand Geros und seufzte wohlig, da spürte er, wie Gero einen seiner klammen Füße zwischen die Beine nahm. Verwirrt fragte er: „Was soll das?“

Und mit müder Stimme antwortete ihm Gero: „Du hast kalte Füße.“
 


 

Nun weiß ich nicht recht, was ich sagen soll...

Ich hoffe, es hat euch gefallen.

Und denkt daran, demnächst gibt es auch noch Einzelkapitel, also müsst ihr euch nicht endgültig von den Beiden verabschieden (ich hab's schließlich auch nicht geschafft xD)

LG, Terrormopf

Extra: Händchen halten

Meine Lieben.

Die Hauptstory ist zwar abgeschlossen, aber ich habe euch ja noch Extrakapitel versprochen =)

Sie sollen keinen Epilog oder so etwas darstellen, ich habe sie eigentlich nur geschrieben, um den Abschiedsschmerz zu verringern...

Bisher habe ich es nicht geschafft jemandem auf den Kommentar vom verherigen Kapitel zu danken. Noch keinem und ich schäme mich wirklich schrecklich, aber ich werde es noch nachholen (und wenn es heute Nacht sein muss...). Allerdings hatte ich diese Woche wieder Schule und die nimmt mich ab jetzt wohl fast vollständig ein (weil ich ja auch jeden Dreck wählen musste, der noch zusätzlich zu wählen war =__="). Es tut mir wirklich leid und ich bitte deswegen um Verzeihung.
 

@ Steph: Du bekommst dein versprochenes Kapitel mit Robin noch, keine Angst, aber ich muss erst die Zeit (und leider auch die Lust, wie ich hiermit bekenne) dazu finden, also gedulde dich noch etwas =)
 

Aber jetzt viel Spaß beim Lesen!
 


 

Der Fernseher flimmerte in der Dunkelheit, die sie Umgab und sandte ein hartes, bläuliches Licht aus.

Micha war bei ihm, wie eigentlich fast immer.

Sie waren zusammen. Ausgesprochen hatte es keiner von ihnen, aber irgendwie brauchten sie das auch nicht, denn es war einfach so und dessen waren sie sich beide gewahr. Nein, es bedurfte keinerlei Worte.

Gero war noch immer verwirrt. Er wusste nicht hundertprozentig, ob das was er tat das Richtige war, aber das war meistens der Fall. Er tat einfach. Und von Micha bekam er unglaublich viel.

Bedingungslose Liebe, Ruhe, Geborgenheit – auch wenn ihm diese Tatsache irgendwie selbst in seinen Gedanken peinlich war – und vor allem das Gefühl etwas Besonderes und der Einzige zu sein. Er hasste es nicht aus der breiten Masse hervorzustechen, einfach nur durchschnittlich zu sein und bei Micha, da war er sich ausnahmsweise hundertprozentig sicher, würde er nie selbstverständlich sein, nie zu etwas Alltäglichem verkommen. Und irgendwie gab ihm das eine Art von Zufriedenheit, die er zuvor nur selten erfahren hatte.

„Woran denkst du?“, fragte schließlich der Blonde Junge – wohlgemerkt Junge - in seinen Armen und sah zu ihm auf. Sie lagen gemeinsam auf dem Sofa und sahen Fernsehen.

„An nichts“, erwiderte Gero und streichelte Micha behutsam über den Bauch.

„Glaub ich dir nicht, mit einem Abischnitt von 1,3 kann man nicht nichts denken; also?“ Er legte seine Hand auf Geros und brachte sie damit zum Stillstand.

„Sei einfach still, ich will weiter den Film sehen.“ Damit drückte er dem Kleineren einen sanften Kuss auf die Lippen und sah zum Bildschirm, doch mit Bedauern musste er feststellen, dass gerade Werbung lief. So sah er wieder zu Micha und erblickte diesen wissend lächeln.

„Lass das scheiß Grinsen!“, knurrte Gero und drehte Michas Gesicht von sich weg.

„Ist das, woran du gedacht hast denn wirklich so schlimm?“, erkundigte sich Micha und wandte Gero sein Antlitz wieder zu.

„Du nervst.“

„Tut mir leid.“

„Und jetzt noch mehr.“

„Dann sag mir doch einfach, worüber du nachgedacht hast.“ Ein Lächeln hatte sich auf Michas Lippen gestohlen, doch Gero knurrte nur: „Na gut, ich hab daran gedacht wie toll es ist einen kleinen blonden Sklaven zu haben.“

„Ich bin aber nicht dein Sklave“, murrte Micha und schob die Unterlippe leicht beleidigt nach vorne. Als Gero das sah, wusste er nicht, ob Micha überhaupt bemerkte, dass er das immer tat, wenn er eingeschnappt war.

„Das denkst du“, grinste Gero und setzte hinzu: „Los, hol mir ein Bier!“

„Hol dir dein Bier selber!“, brummte Micha und wandte nun doch das Gesicht ab. Gero lachte daraufhin, lehnte seine Wange an Michas und flüsterte: „Das war doch nur ein Scherz, tut mir leid.“

„Ehrlich?“, fragte der Blonde unsicher. Er mochte zwar versuchen sich zweifelnd und in dem Augenblick unnahbar zu stellen, doch allein die Tatsache, dass er seine Finger zwischen Geros legte und sich noch näher an ihn schmuste, zeigte diesem, dass er ihn nur foppen wollte.

„Ehrlich“, flüsterte Gero und wollte ihn auf die Wange küssen, doch Micha drehte sich in dem Moment geschickt, sodass er Geros Gesicht festhalten konnte und ihn selbst in einen Kuss verwickeln konnte.

Irgendwie war es putzig, wie Micha immer wieder extrem seine Nähe suchte.

Oh ja, er liebte das Gefühl gebraucht zu werden.
 

Am nächsten Tag, nachdem Micha Schulschluss hatte, waren sie gemeinsam in der Stadt unterwegs, weil Micha noch einiges für den Unterricht benötigte. Unter anderem einen neuen Block, Patronen für seinen Füller und Materialien für eine GFS. GFS, das waren Gleichwertige Feststellungen von Schülerleistungen. Man konnte entweder eine Präsentation halten oder etwas Schriftliches abgeben und das wurde benotet, was dann wie eine Klausur zählte.

Das Wetter war, wie so oft einfach nur widerwärtig: Schneeregen.

Sie erledigten erst die Einkäufe.

Doch redeten sie kaum miteinander. Gero erntete nur hin und wieder einen traurigen Blick von Micha, denn jedes Mal, wenn der seine Hand berührte, zog Gero sie fast schon erschrocken zurück. Und dann gab er vor Michas enttäuschten Blick nicht zu bemerken. Und wenn ihm das nicht gelang, dann tat er so, als ließe ihn das kalt.

Aber eigentlich tat es das nicht.

Er hielt ja eigentlich gerne Michas Hand oder berührte seine sanften Lippen, oder streichelte ihm durch das samtige Haar, nur konnte er das nicht, wenn sie unter Menschen waren. Er konnte es einfach nicht und das machte ihm zu schaffen, weil er eben doch Michas unglückliche Blicke bemerkte und er wusste, dass Micha sich nach seiner Nähe sehnte.

Die ganze Zeit wollte er Michas Hand ergreifen, nur irgendwas hielt ihn zurück, irgendetwas, das seine Hand wegschnellen ließ, sobald Micha sie berührte, als sei sein Arm von einem Gummiband geleitet.

In der Bibliothek musste Micha in den zweiten Stock, um nach Fachliteratur über Photosynthese zu schauen.

Gero ging ihm schweigend voraus. Er hatte es übernommen, die Dame an der Kasse danach zu fragen, weil Micha sich stets genierte fremde Menschen anzusprechen.

Die Bibliothek bestand aus drei Etagen. In der Mitte war eine große Treppe und rund herum waren die Bücherregale aufgestellt, sodass sie fast kleine Räume abtrennten. In der Mitte dieser ‚Räume’, an der Wand, stand jeweils ein Schreibtisch mit einer Leselampe darauf.

Am heutigen Tag war nicht viel los und Gero ließ sich, während Micha sich bei der Literatur umsah, auf den Stuhl beim Schreibtisch nieder und stützte die Stirn in die Hände.

Es war zum Verzweifeln! Mit Frauen hatte er immer wunderbar umgehen können, die hatte er in aller Öffentlichkeit geküsst, die hatte er in aller Öffentlichkeit umarmt und mit denen hatte er in aller Öffentlichkeit Händchen gehalten, nur war Micha keine Frau. Und er konnte sich zu diesen Sachen einfach nicht überwinden.

„Sag mal, Gero?“, erklang nun Michas Stimme und Gero sah auf, in der Befürchtung, Micha würde dieses Thema nun zur Sprache bringen. „Kennst du dich eigentlich mit Photosynthese aus?“

„Ein bisschen“, kam es erleichtert von Gero zurück.

„Kannst du mir dann vielleicht helfen?“

„Ob ich das kann weiß ich nicht, aber ich werd’s versuchen“, lächelte er und erhob sich.

Noch einmal sah er auf den Gang hinaus, um sicherzustellen, dass wirklich niemand da war, dann nahm er Michas Gesicht zwischen seine Hände und küsste ihn vorsichtig. Er meinte es als eine Art Entschuldigung und Micha erwiderte den Kuss sogar leicht, doch als Gero etwas zurückwich, um Micha den nächsten Schritt zu überlassen, da drehte sich dieser um und sagte ungerührt: „Ich sollte mich beeilen, sie schließen bald.“

Gero stand hinter ihm und sah ihn an. Er war entrüstet.

Das war das erste Mal gewesen, dass er nach einem Kuss, der von ihm ausging, kein glückliches Strahlen von Micha bekam. War Micha etwa sauer auf ihn?

Nein! Das konnte nicht sein! Micha war nie sauer.

Oder doch?

Er fand es schon fast selbst faszinierend wie schnell er sich von Micha aus dem Konzept bringen ließ, doch er sagte nichts, sondern setzte sich einfach wieder und wartete darauf, dass Micha sich seine Bücher zusammengesucht hatte.

Kurz bevor die Bücherei schloss, entlieh Micha die Bücher und sie machten sich auf den Weg zu Geros Auto; schweigend.

Als sie die Aufkircherstraße hinauffuhren, fragte Gero schließlich, die Stille durchbrechend: „Willst du nach Hause oder kommst du noch mit zu mir?“

„Ich weiß nicht… Ich sollte gleich mit meiner GFS anfangen…“

„Dann komm mit zu mir, wir machen das zusammen“, schlug Gero vor, in der Hoffnung wenigstens jetzt ein strahlendes Lächeln seitens Micha zu bekommen und sah zu seinem Beifahrer. Doch der sah aus dem Fenster zu seiner Rechten und murmelte: „Na gut.“

Gero unterdrückte ein Seufzen. ‚Na gut’. Na das konnte was werden.
 

„Hey Micha, nun lass mich dir doch einen Kuss geben“, murrte Gero, als sie in seiner Wohnung gemeinsam über die Bücher gebeugt saßen und Micha sich stets von ihm abwandte.

„Ich muss aber arbeiten.“

„Aber sonst konntest du mich zwischen deinen Hausaufgaben auch immer küssen.“

„Ich will dich jetzt aber nicht küssen!“ Er wurde lauter und schien gereizt. Wieso war Micha gereizt? Er war es doch sonst nur in den seltensten Fällen.

„Aber ich dich“, versuchte Gero es erneut, doch Micha stand auf und ging in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen.

„Na toll, jetzt willst du mich küssen und in der Stadtbücherei, nachdem du geschaut hast, dass auch ja niemand so etwas abartiges sieht. Aber sonst willst du nicht einmal meine Hand nehmen! Verwandle ich mich vor anderen Leuten irgendwie in ein widerliches Wesen, dass deine Hand zurückschnellt, wenn ich sie nur berühre?“ Er war wieder zurückgekommen und hatte sich gesetzt.

„Nein, so ist das nicht“, ließ Gero kleinlaut verläuten. Er wagte es nicht Micha ins Gesicht zu sehen, denn sonst würde sein ohnehin schon schlechtes Gewissen mit Sicherheit noch schlechter werden.

„Wie ist es dann?“, fragte Micha nun und mit einem Schlucken stellte Gero fest, dass der Jüngere seine Hand ergriffen hatte und er sah schließlich doch auf in Michas verzweifelt fragende Augen. „Gero, sag mir doch, woran es liegt. Es verletzt mich nämlich. Wirklich, es tut mir weh, wenn du mich so verleugnest. Weißt du? Ich will dich nämlich nicht nur hier haben, ich will, dass du überall mir gehörst. Ich will nicht, dass dir auf der Straße Mädchen hinterher schauen und glauben, du seist mit deinem kleinen Cousin unterwegs.“

Gero erinnerte sich nur zu gut an den Zwischenfall vom letzten Wochenende, als sie zusammen im Galgen gesessen hatten und ein Mädchen gekommen war, sich an ihn rangeworfen hatte und als Micha dazwischengehen wollte, hatte sie zu Gero gesagt, er solle seinem kleinen Cousin Geld für ein Taxi nach Hause geben. Natürlich hatte Gero sie grob zurück gewiesen, doch offensichtlich hatte es Micha nicht so kalt gelassen, wie er es zunächst vorgegeben hatte.

„Es tut mir wirklich leid, Micha, aber ich kann nicht.“

„Was soll das heißen, du kannst nicht? Hier kannst du mich doch auch küssen oder meine Hand nehmen!“

„Ich meine in der Öffentlichkeit“, murmelte Gero und wandte den Blick wieder ab er konnte einfach nicht mehr in dieses tieftraurige Blau sehen. „Versteh mich doch, das ist… mit einem Schlag alles anders, alles… neu, das geht nicht so einfach. Aber eigentlich will ich ja auch mit dir umgehen wie ich sonst mit meinen Freundinnen umgegangen bin, aber es ist einfach etwas Anderes und ich glaube, ich brauche Zeit dafür.“

„Und wie viel Zeit?“, fragte Micha. Er hatte Geros Hand nicht losgelassen.

„Keine Ahnung, woher soll ich das denn wissen, hab’s ja nicht schon mal durchgemacht.“ Micha seufzte.

Gero konnte ihm die Reaktion nicht verübeln.

„Gero, ich liebe dich“, flüsterte Micha schließlich nach einiger Zeit des Schweigens und Gero sah auf, allerdings nur, um Michas Blick auf ihre Hände gerichtet zu sehen. „Und es ist okay für mich, dass wir keinen Sex haben.“ Sex? Mit einem Mann? Darüber hatte Gero noch gar nicht nachgedacht!

Er spürte, wie sämtliche Farbe aus seinem Gesicht wich und hörte Micha im nächsten Moment verhalten lachen, doch prompt maulte er: „Hör auf zu lachen und über solche Sachen zu reden, Sex zwischen Männern, das ist…“

„Abartig, ich weiß“, seufzte Micha erneut. „Gero, ich verlange wirklich nicht viel von dir, aber ich will doch wenigstens, dass du dazu stehst, wenn du mich schon mehr magst als einen gewöhnlichen Freund. Aber wie sollen es andere akzeptieren, wenn du es nicht einmal selbst akzeptierst?“

Verdammt! Jetzt hatte diese Blondine mal wieder Recht. Und er hatte das Gefühl, als wäre er ein Kind, dem etwas zum fünften Mal erklärt wurde und das es immer noch nicht verstand. Und er hasste dieses Gefühl, so donnerte er: „ Halt doch die Klappe! Was weißt du schon? Du hattest noch nie einen Ruf, der mit einem Mal null und nichtig geworden ist! Du hast doch keine Ahnung.“

„Mag sein, aber wenn es dir so sehr zu schaffen macht, dann kannst du deinen Ruf ja wieder aufbauen, bitte, mit mir Schluss machen wäre der erste Schritt dazu.“ Michas Stimme klang bitter, doch Gero hatte andere Sorgen als darauf zu achten und im nächsten Moment brüllte er: „Um Schluss zu machen sollte man doch erst einmal eine Beziehung führen, oder? Und ich kann mich nicht daran erinnern jemals etwas in der Art gesagt zu haben!“

Er hatte es kaum gebrüllt, da bereute er die Worte, aber sie zurücknehmen ging schlecht.

Micha saß ihm gegenüber und sah ihm in die Augen. Gero war sich sicher, dass in diesem Augenblick tausende Gedanken hinter diesem Blau hin und her rasten und Micha am liebsten losgeheult und –geschrieen hätte, doch alles was er tat, war, sein Zeug zusammenzusuchen, sich zu erheben und zu gehen, während er sagte: „Da hast du wohl recht. Verzeih mir deine Zeit in Anspruch genommen zu haben.“

Gero saß lediglich weiterhin auf seinem Platz.

Irgendwann, als es spät wurde, erhob er sich, um unter die Dusche und dann ins Bett zu gehen.

Doch als er im Bett lag, konnte er nicht schlafen. Er dachte ständig über die Worte nach, die er Micha entgegengeschmettert hatte. Es war nicht richtig gewesen so etwas zu sagen.

Micha hatte ihm eigentlich nur die Wahrheit gesagt, aber er hatte die Wahrheit nicht hören wollen und war natürlich ausgerastet.

Nur wusste er schon länger was die Wahrheit war, denn dieses lästige Stimmchen in seinem Kopf, was fast jeden Menschen plagte und von den Wise Guys liebevoll ‚Jack’ genannt wurde, hatte es ihm schon zuvor ständig vorgehalten und nun hatte Jack noch mehr zu tun.

Und sobald Gero bemerkte, dass er begann sich vor sich selbst zu rechtfertigen, warf er sich auf die andere Seite und erklärte sich für verrückt.

Demnach hatte er sich in dieser Nacht sechsunddreißig Mal für verrückt erklärt.
 

Es vergingen mehrere Tage in denen sich Micha nicht meldete und Gero hatte nicht die Motivation sich zu melden.

Ihm war erst später aufgegangen, dass Micha ihm gesagt hatte, dass er ihn liebe. Aber nun war es wahrscheinlich vorbei damit.

Nachdem allerdings eine ganze Woche vergangen war, hielt Gero es nicht mehr aus; er rief bei Micha zu Hause an, doch er erreichte nur Michas Mutter, die ihn darüber aufklärte, dass Micha in der Stadt sei, Bücher zurückbringen. Der Rothaarige bedankte sich für die Information, zog sich hastig Schuhe und Jacke über und lief in die Stadt, in der Hoffnung Micha in der Bücherei zu erwischen.
 

Und er sollte Glück haben, denn Micha stand gerade in der Schlange an der Kasse, um die Bücher abzugeben.

„Micha!“, rief Gero seinen Namen und überrascht drehte sich der Blonde zu ihm um. Gero hatte die Hände auf die Knie gestützt, schnaufte schwer und über sein gerötetes Gesicht rann der Schweiß, weil er den ganzen Weg bis hierher gerannt war.

„Gero?“, fragte Micha perplex und kam auf ihn zu, während er fragte: „Was ist denn? Ist etwas passiert? Du wirkst so gehetzt.“

„Deine Mutter hat mir gesagt, dass du die Bücher zurückgibst und dann wollte ich dich noch erwischen“, erklärte Gero und richtete sich nun auf, eine Hand in die Stechende Seite zu drücken.

„Hast du Seitenstechen? Was ist denn nun passiert?“, fragte Micha erneut und Gero spürte unwillkürlich alle Blicke auf sich. Doch er riss sich zusammen, atmete noch einmal tief durch und sagte dann: „Ich hab nachgedacht über das, was du gesagt hast.“

„Über das was ich…?“, wiederholte Micha und sah Gero aus großen Augen an.

„Ja. Und ich... na ja, ich liebe dich auch.“ Er sprach so leise wie möglich, aber doch noch so laut, dass Micha ihn verstand. Ihm in die Augen zu sehen wagte er in dem Moment nicht, aber als er kurz zu ihm linste, schienen dessen Augen noch größer zu werden und im nächsten Moment ließ er die Bücher fallen, die er noch im Arm gehabt hatte und fiel ihm um den Hals.

Gero allerdings spürte die befremdlichen Blicke nun noch mehr auf sich. Er stand nur stocksteif da, erwiderte Michas Geste keineswegs. Der fasste sich allerdings auch recht schnell wieder und ließ von ihm ab, sich etwas verlegen räuspernd. Dann machte er sich daran die Bücher vom Boden aufzusammeln und wollte schon zurück zur Schlange gehen, um sich wieder hinten anzustellen, da schritt Gero neben ihn und ergriff seine Hand.

Es durchfuhr ihn wie ein kalter Schauer und es kam ihm vor, als würde er von Blicken durchbohrt werden, doch als er sich verstohlen umsah, erkannte er nur ein blaues Augenpaar, das ihn anstrahlte.
 


 

Nun. Ich wollte auch noch einmal eine allgemeine Anmerkung machen:

Einige haben sich ein Adult-Kapitel gewünscht... Nein. Tut mir leid.

Aber erstens würde ich mich schon während des schreibens zu Tode genieren und des weiteren bleibt das Michas und Geros Privatsphäre (ja, ich gestehe ihnen soetwas zu xD).

Nächsten Samstag kommt noch ein Extrakapitel und den Samstag drauf auch und dann ist voraussichtlich Schluss =)

LG, Terrormopf

Extra: Wolken sind weich

Hallo =)

Diesmal mache ich lieber keine Versprechungen bezüglich der Antworten, weil ich es ja mal wieder nicht geschafft habe... Ich würde es ehrlich gesagt verstehen, wenn demnächst die ersten Brief- ENS- oder Kommentarbomben bei mir eintrudeln uû

Aber ich hab echt gar keine Zeit dafür, ich checke vielleicht gerade mal meine Nachrichten und mehr mache ich kaum im Internet...

Aber seid euch im Klaren darüber, dass ich mich wirklich über jeden einzelnen Kommentar freue!

Und nun viel Spaß =)
 


 

„Gero, ich brauche Hilfe!“, quengelte Micha. Er lag auf dem Sofa in Geros Wohnung, den Kopf in dessen Schoß und vor dem Gesicht seine Chemie-Zusammenfassung.

„Sei still, ich muss auch lernen!“, brummte Gero und ignorierte Micha schlicht, sah weiterhin auf den Inhalt des Ordners, der halb an Michas Kopf lehnte.

„Aber ich versteh das nicht“, versetzte Micha und schob die Unterlippe vor, was jedoch nicht viel brachte, da Gero sein Gesicht ohnehin nicht sehen konnte. Der Rothaarige seufzte nur und sagte: „Dann lies es dir halt noch mal durch, ich hab keine Zeit dir zu helfen.“

„Aber ich schreib doch am Montag ne Klausur über das Thema!“

„Und ist das mein Problem? Ich muss mich in das Thema für die Hausarbeit einlesen, ich muss mich konzentrieren, also sei ruhig.“

„Aber wenn du doch auch was für Chemie machen musst, dann kannst du mir doch auch helfen, dann bist du auch eingearbeitet!“

„Mit deiner Kindergartenchemie? Micha, wir haben nicht mehr nur organische Chemie und die Oktettregel und das Zeug. Was hättest du denn gemacht, wärst du nicht bei mir gewesen; oder wenn ich nicht da gewesen wäre?“

„Dann hätte ich dich angerufen“, ließ Micha trotzig vernehmen und Gero seufzte erneut. Der Blonde glaubte genau zu wissen, dass Gero sich einmal mehr fragte, was zum Teufel ihn dazu verleitet hatte, eine Beziehung mit Micha einzugehen, aber ihm war das relativ egal; Liebe war Liebe, fertig. Und nun brauchte er Hilfe in Chemie.

„Komm schon Gero, es geht auch ganz schnell, du bekommst auch was dafür“, versprach Micha, in der Hoffnung, Gero damit willig zu bekommen.

„Hab ich eigentlich eine Wahl? Wenn ich dir nicht helfe, quengelst du sowieso die ganze Zeit rum, du bist schrecklich!“ Er klappte den Ordner zu und legte ihn auf den Wohnzimmertisch.

Über Michas Lippen schlich sich derweil ein Grinsen und er setzte sich auf, küsste Gero auf die Wange und sagte: „Danke, du bist der Beste!“

„Das will ich aber auch hoffen. Was bekomme ich denn jetzt eigentlich dafür?“

„Was immer du willst“, lächelte Micha und nun verzogen sich Geros Mundwinkel zu einem Grinsen und er fragte: „Alles?“

Micha allerdings zog die Augenbrauen hoch und versetzte ungerührt: „Schwein!“

„War doch nur’n Witz! Ich überleg mir noch was. Also, wo ist dein Problem?“

Gero hatte seinen Arm auf die Rückenlehne des Sofas gelehnt und die Finger ruhten auf Michas Schulter. Genau diese leichten, subtilen Berührungen waren es, die Micha an Gero schätzte. Er rutschte noch etwas näher zu Gero heran, um zu prüfen, ob Geros Finger seinem Arm folgen würden und sie taten es; nun lag der Arm des Rothaarigen um die Schultern Michas.

„He, was is jetzt, soll ich dir was erklären oder nicht?“, vernahm Micha plötzlich Geros Stimme und die Finger an seinem Arm, die sich einen Weg zu seiner Haut unter dem Ärmel des T-Shirt gesucht hatten, liebkosten zärtlich die Haut.

„Oh, entschuldige, ich musste nur grad an was denken.“ Er lächelte etwas verlegen und bemerkte, wie er errötete. Gero zog daraufhin nur eine Braue hoch und fragte skeptisch: „Und an was?“ Das Lächeln des Blonden wurde breiter und sicherer und er grinste: „Nur daran, dass ich dich liebe.“ Damit lehnte er sich über Gero und drückte diesem einen Kuss auf, den dieser leicht erwiderte. Als Micha wieder neben ihm saß und sich an ihn kuschelte, brummte Gero: „Schön für dich. Was soll ich dir denn jetzt erklären?“

„Ich hab keine Lust mehr auf Chemie, lass uns was Anderes machen!“

„Nichtsnutz! Lernen ist keine Sache der Lust!“, tadelte Gero ihn und Micha lächelte: „Stimmt, aber Küssen.“ Und er wollte Gero gerade wieder küssen, hatte sich schon fast auf dessen Schoß gesetzt, da drückte der ihn auf seinen Platz zurück, stand auf und sagte, während er zum Balkon ging: „Ich geh jetzt eine rauchen und wenn ich wieder komme hast du dich besser mal entschieden, ob ich dir jetzt was erklären soll oder nicht. Wenn ja, dann tu ich das; wenn nein, dann mach ich bei meiner Hausarbeit weiter.“ Er schloss die Tür hinter sich.

Etwas verwirrt sah Micha ihm hinterher und dann auf seine Chemiezusammenfassung.

Er seufzte.

Eigentlich hatte Gero ja vollkommen Recht; schreiben musste er die Klausur so oder so, ob er nun wollte, oder nicht. Er sollte lernen.

Vor einem Jahr hätte Micha niemals gedacht, dass Gero einen positiven Einfluss auf ihn haben könnte, es war so absurd und abwegig gewesen. Aber nun war es Tatsache.

Wobei Micha Geros extremes Pflichtbewusstsein, seit er auf die Uni ging, schon leicht übertrieben fand. Und dennoch konnte er ohne schlechtes Gewissen sagen, dass die guten Zeiten überwogen.

Es war schön. Sein Leben war nie schöner gewesen und er nie mehr er selbst.
 

Die Tür öffnete sich wieder und Gero kam herein.

„Also?“, war die Frage, die er dem Blonden stellte und er setzte sich wieder neben ihn.

„Du musst es mir erklären, ich hab keine Ahnung von dem Zeug! Wie kann das denn funktionieren, dass zwei Oxoniumionen und zwei Elektronen zu Wasser und Wasserstoff reagieren?“

„Ach Micha, das hab ich dir doch schon zwei Mal erklärt“, seufzte Gero, doch sollte es bei diesem Kommentar bleiben, denn dann begann er es Micha ein drittes Mal zu erklären; ruhig und geduldig.

Doch als Micha es auch nach vier weiteren Versuchen nicht kapierte, verließ Gero die Geduld und er versetzte wütend: „Vergiss es, Micha! Lern es einfach auswendig, du hast Chemie ja sowieso abgewählt, also wirst du es nie wieder brauchen!“ Er nahm sich seinen Ordner wieder zur Hand und blätterte zornig darin, bis er die richtige Seite wieder aufgeschlagen hatte.

„Gero?“, fragte Micha kleinlaut und sah mit großen Augen seinen Freund an, der mit zusammengezogenen Brauen in seine Unterlagen stierte. „Gero, tut mir leid.“ Er flüsterte und Gero beachtete ihn nicht, ob er ihn schlicht und ergreifend ignorierte oder sein beten um Entschuldigung nicht vernommen hatte, wusste Micha nicht, also versuchte er es noch einmal ein wenig lauter: „Tut mir leid, dass ich so begriffsstutzig bin, Gero, wirklich!“

„Hör auf zu sagen, dass es dir leid tut, kannst ja nix dafür, dass du darin nicht begabt bist, du hast halt andere Stärken.“ Gero schloss für einen Moment die Augen und sah dann zu Micha, der den Blick schuldbewusst erwiderte.

„Guck nicht wie so ’n vertrottelter Dackel, da wird man ja wahnsinnig!“

„Verzeih bitte.“ Er wandte den Blick ab und wieder legte sich eine leichte Röte auf seine Wangen.

„Weißt du eigentlich, dass du wahnsinnig nervig bist, wenn du andauernd um Entschuldigung bittest?“

Schuldbewusst nickte Micha und spürte, wie Gero aufstand.

„Wo willst du hin? Geh doch nicht weg, es tut mir doch leid!“, rief er und sah abrupt auf. Und nun sah er, wie Gero vor ihm stand, sich streckte und er sagte: „Wer hat denn gesagt, dass ich weggehe? Ich kann nur nicht mehr lernen, mir reicht’s für heute; ich dachte, dir ging’s genauso?“

Micha lächelte daraufhin. Er hatte ernsthaft angenommen, Gero würde weggehen.

Er hatte immer noch Angst davor, dass Gero eines Tages mit einem Mädchen im Arm ankam und ihm verkündete, das sei seine neue Freundin aber er musste sich endlich von dieser Furcht lösen. Gero liebte ihn und er wusste es.

Zwar sagte Gero es ihm nicht häufig, dafür war es jedes Mal etwas Besonderes und Micha hatte jedes Mal, wenn er die süßen Worte über Geros raue Lippen fleuchen hörte, das Gefühl, als wäre er im siebten Himmel.

„Liebst du mich?“, fragte er und sah seinem Gegenüber ernst in die Augen.

„Was soll die Frage denn jetzt?“, wollte Gero wissen und musterte ihn fragend.

„Bitte, sag’s mir!“, flehte Micha und erfasste Geros Hände mit den Seinen. Verwirrt schüttelte Gero den Kopf, doch als Micha den Blick nicht abwandte und auch seine Hände nicht losließ, fragte er weiter: „Micha, was ist denn in dich gefahren? Drehst du jetzt völlig am Rad?“ Bei der Ruppigkeit der Worte hatte Micha das Gefühl aus allen Himmeln zu fallen.

Was hatte das zu bedeuten? Am Ende etwa, dass Gero ihn nicht mehr liebte? Am Ende fühlte er sich sogar wieder zu Ella hingezogen?

Gero setzte sich neben ihn. Micha bekam nicht wirklich etwas davon mit; er steigerte sich nur weiter in seine Wahnvorstellungen hinein.

Erst als Gero ihn in seine Arme zog, sein Haupt küsste und leise sagte: „Natürlich liebe ich dich, du Dummkopf, du glaubst doch nicht, dass sich das irgendwie ändern könnte?“, kam Micha wieder zu sich und atmete auf.

„Ich liebe dich auch“, flüsterte er und richtete sich auf, um Geros Lippen flüchtig zu küssen. Sie schmeckten sogar nach diesen süßen Worten.

Und die Wolke, die ihn auffing, war weich.
 

... Dieses Kapitel habe ich noch während der laufenden Story geschrieben xD

Wie schon beim letzten Kapitel gesagt, die Extras haben keinen bestimmten Platz, an dem man sie einordnen könnte...

Ich hoffe, es hat euch gefallen, LG, Terrormopf

Extra: Liegen bleiben

Ihr seid die Besten!

Ihr schreibt mir zu jede Kapitel, obwohl ich es nie schaffe mich zu bedanken. Ihr seid so toll! <3

Nun, dies wird wohl für einige Zeit das letzte Kapitel bleiben, das ich hochlade.

ich hoffe, es gefällt euch.

Viel Spaß!
 


 

„Gero?“, flüsterte Micha.

Sie waren beide seit ungefähr zehn Minute wach. Geweckt vom Regen, der unermüdlich gegen die Fenster trommelte.

Ein Brummen war die Antwort.

Micha machte sich allerdings nichts daraus, sondern rollte sich zu ihm hinüber, legte seinen Kopf auf die Brust des Größeren, umschloss dessen Bein mit seinen.

„Gero, warum regnet es?“, fragte er leise und genoss es, als Gero einen Arm um ihn legte und ihn mit den Fingerspitzen streichelte.

„Weil“, so begann Gero noch immer nicht ganz wach. „Die Luft den Druck ausgleicht, dadurch hier ein Hoch entsteht, sich Wolken bilden und die Luftfeuchtigkeit zu hoch ist, sodass sich Tropfen bilden, die zu schwer werden, dadurch von der Gravitation angezogen werden und hinabfallen…“

„Du bist mir zu intelligent“, murrte Micha.

„Oder du bist einfach nur zu dumm“, entgegnete Gero gelassen und Micha schnaubte empört.

„Du bist so unglaublich freundlich.“

„Bei so dämlichen Fragen.“

„Die Frage war eigentlich mehr rhetorisch gewesen, aber von mir aus, dann bin ich eben zu dumm, da kann man wohl nichts machen.“ Er wollte sich schon von Gero lösen und sich aufsetzen, da hielt dieser ihn zurück, bewegte sich sonst allerdings nicht, sondern brummte nur: „Nun sei doch nicht gleich beleidigt, ich finde es auch nicht schön, dass es ausgerechnet dann regnen muss, wenn wir frei haben.“

„Ich wäre heute eigentlich gern ins Strandbad gegangen“, murmelte Micha und Gero seufzte daraufhin: „So wie jeden Tag.“

„Na und? Wir wohnen immerhin am See, da kann man das doch wohl auch genießen!“

„Du bist anstrengend.“ Mit diesen Worten schob Gero ihn nun doch von sich und stand auf.

„Wohin gehst du?“, fragte Micha, der sich ebenfalls aufgesetzt hatte, als Gero aus dem Zimmer schlappte.

„Aufs Klo und dann frühstücken“, antwortete dieser und war schon in den Flur verschwunden.

Micha ließ sich nur seufzend ins Bett zurück fallen; nie konnte Gero mal im Bett liegen bleiben, selbst bei dem Wetter.

„Was ist?“, vernahm er da wieder dessen Stimme und erblickte ihn im Türrahmen stehend. „Willst du auch jetzt frühstücken oder willst du noch schlafen?“

„Ich komme sofort“, ächzte der Gefragte.
 

„Gero?“, flüsterte Micha.

Sie waren schon seit einigen Minuten wach, geweckt von den hellen und warmen Sonnenstrahlen, die durch das Fenster ins Zimmer fielen.

Ein Brummen war die Antwort.

„Gero, die Sonne scheint“, stellte Micha fest und hob den Kopf etwas von dessen Brust, um auf die Uhr zu sehen.

„Schön für dich“, murrte Gero und strich sich mit seiner freien Hand, die nicht um Micha gelegt war, übers Gesicht.

„Freust du dich nicht? Das heißt, wir können heute raus“, lächelte Micha und rutschte noch etwas näher an Gero heran, doch der meinte: „Micha, lass uns doch heute zu Hause bleiben.“

„Aber wir waren doch auch schon gestern zu Hause.“

„Aber gestern nur, weil es geregnet hat, wir können das gute Wetter auch nur auf der Terrasse genießen. Oder?“

„Du willst lernen, gib’s zu!“ Mit den Worten ließ er von Gero ab und setzte sich auf. Er seufzte. „Gero, du hast nie Zeit für mich!“

„Aber ich bin doch da.“ Er setzte sich ebenfalls auf, schlang von hinten die Arme um Michas Oberkörper und zog ihn an sich, um ihn dann sanft in den Nacken zu küssen.

„Aber nicht richtig“ Erneut seufzte Micha, legte aber dennoch seine Hände auf Geros. „Vielleicht bin ich auch einfach nur selbstsüchtig geworden, aber du bist fast nie da, bist ja andauernd in Isny, dein Studium absolvieren und an den Wochenenden, wenn du hier bist, dann lernst du und jetzt hast du einmal Urlaub und willst trotzdem lernen.“

„Micha…“

„Ich weiß, wir telefonieren viel und wenn du da bist, dann bist du auch bei mir; aber eben nicht in Gedanken, ich will, dass du ganz bei mir bist, wenn ich dich schon so selten sehe.“

Mittlerweile schien Gero schon genervt zu sein, denn er stöhnte auf und sagte: „Ich konnte mir meinen Studienort auch nicht direkt vor die Haustür legen und Isny war nun mal das nächste, wenigstens bin ich an den Wochenenden da, also beschwer dich nicht, ich hätte auch nach Hamburg an die Uni gehen können, die hätten mich mit Kusshand genommen, aber ich bin extra hier geblieben, damit ich dich öfter sehen kann und jetzt ist dir das auch nicht recht!“

„Nein, Gero, versteh das bitte nicht falsch“, flüsterte Micha und lehnte den Kopf auf Geros Schulter hinter ihm. „Ich bin doch froh, dass du hier bist und ich bin auch unglaublich glücklich, dass du deinen Urlaub hast, wenn ich Sommerferien habe, ich sage doch nur, dass ich mir wünsche, dass du dein Studium in Isny lässt.“

„Dann kann ich aber nicht mehr jedes Wochenende kommen.“ Er lehnte seinen Kopf an Michas und der versetzte daraufhin nur: „Dann wird es wohl so sein müssen.“

„Was soll das denn jetzt heißen?“, brauste Gero plötzlich auf. „Heißt das, es ist dir egal, wenn ich Wochenlang in Isny bin und mich nie mit dir treffe? Bitte, wenn du das so toll findest, ich werd sicher ein hübsches Mädchen da finden, das mir Gesellschaft leistet, da gibt es schließlich genug!“

„Was?“, keuchte Micha perplex.

„Ja! Wenn du mich ja nicht sehen willst…“ Er war aufgestanden und aus dem Zimmer gegangen.

Micha ließ sich zurück ins Bett fallen. Nein, Gero konnte wirklich nicht liegen bleiben und nun verdrehte er ihm auch noch die Wörter im Munde.

Als er von unten ein Geräusch vernahm, das sich stark danach anhörte, als wäre die Terrassentür zugeknallt worden, seufzte er, ging ans offene Fenster und rief hinaus, da die Terrasse, auf der Gero nun wahrscheinlich erst einmal eine rauchen würde, direkt darunter lag: „Machst du Frühstück?“

„Mach dir dein scheiß Frühstück selbst!“
 

„Gero?“, flüsterte Micha.

Sie waren beide schon längst wach, geweckt von dem Zwitschern der Vögel, die die Worte humane Zeiten nicht kannten und fröhlich ihre Lieder sangen.

Ein Knurren war die Antwort.

„Gero, machst du das Fenster zu? Die Vögel sind so laut.“ Micha hütete sich Gero auch nur in geringster Art und Weise zu berühren; sie hatten den ganzen gestrigen Tag nur gestritten.

„Wir können auch die Kanone aus dem Keller holen, damit du auf die Spatzen schießen kannst“, brummte Gero schließlich. Er war noch immer schlecht auf den Blonden zu sprechen und diesmal lag das nicht an der allmorgendlichen schlechten Laune. Leider fiel Micha daraufhin allerdings kein guter Konter ein, weswegen er lediglich den Kopf schüttelte und sagte: „Gero, das mit gestern…“

„Ja, ich weiß“, unterbrach ihn Gero. Micha drehte sich etwas verwirrt und doch hoffnungsvoll, ob Gero ihn doch verstanden hatte, zu ihm um und fragte: „Das heißt, du weißt, wie ich es…“

„Ich fahr morgen wieder nach Isny, dann bist du mich los, keine Sorge.“

„Nein, Gero! Bleib da, geh nicht weg!“

„Wie jetzt, ich dachte, ich solle mehr in Isny bleiben?“

„Nein, ich meine, doch! Ich meine, das sollst du machen, wenn du lernen musst, weil ich dich hier dann doch nur ablenke.“

„Aber wie soll ich mich denn konzentrieren, wenn ich dich drei Wochen lang nicht sehe?“

„Wie meinst du das?“ Nun war Micha verwirrt, was hatte diese Aussage von Gero denn jetzt wieder zu bedeuten?

„Na wenn ich dich so lange nicht sehe muss ich erst recht die ganze Zeit an dich denken und mich ständig fragen, ob es dir gut geht, weil man bei dir ja nie weiß, wann du dir selbst ein Bein stellst und dir dabei das Genick brichst. Da hab ich es lieber, wenn du die ganze Zeit um mich rum wuselst und mich ab und zu ablenkst und aufpasst, dass ich nicht nur lerne oder das Essen und Trinken und Schlafen nicht vergesse. Aber wenn du sagst, dass ich auch wegbleiben kann, dann werd ich das wohl tun können.“ Micha schluckte unwillkürlich. War er Gero wirklich so wichtig?

Er rutschte, wenn auch mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, an Gero heran, schmiegte sich an ihn und flüsterte: „Ich hatte es doch gar nicht so gemeint, ich freue mich doch auch, wenn ich dich am Wochenende sehe und stelle dich dann über alles Andere. Was ich meinte, war, dass es für dich vielleicht leichter ist, wenn du ab und zu in Isny bleibst und dort lernst, wo du von gar nichts abgelenkt wirst, und dann, hoffentlich die meisten Wochenenden, hierher zurückkommst und dich nur entspannst, weil es sonst immer so eine halbe Sache ist und so ist es doch sicher angenehmer.“

Gero atmete daraufhin geräuschvoll aus.

Er hatte Micha in seine Arme geschlossen und ihn gleichmäßig atmend angehört und nun schwieg er, was Micha nervös werden ließ. Doch schließlich lächelte er und flüsterte: „Du kannst ja auch mal mich besuchen kommen.“ Es war keine direkte Antwort und Micha wusste nicht so recht etwas damit anzufangen, deshalb fragte er vorsichtig: „Das heißt, du fährst morgen nicht nach Isny?“

„Genau das“, lächelte Gero und drückte Micha noch einen Kuss auf den blonden Schopf, bevor er aufstand.

„Du kannst auch nie liegen bleiben!“, rief Micha ihm nach, als er aus dem Schlafzimmer ging; von Gero kam allerdings nur ein abfälliges Lachen zurück.
 

„Hey Micha“, flüsterte eine Stimme ganz nah an seinem Ohr und der fremde Atem kitzelte ihn. So zog er die Schulter nach oben und brummte leicht. „Hey Micha, wach auf.“ Ein Kuss auf seine Wange folgte, doch er brummte nur erneut und drehte sich auf die andere Seite, er wollte weiter träumen. Doch nun begannen die Lippen ihn zu necken und so drehte er sich schließlich doch zu Gero um, blinzelte müde und murmelte: „Morgen.“ Daraufhin gab er seinem Gegenüber einen unschuldigen Guten-Morgen-Kuss und lächelte ihm strahlend entgegen.

„Hast du gut geschlafen?“, fragte Gero, der nun begann mit einer Michas Haarsträhnen zu spielen. Micha nickte und erwiderte die Frage, Gero bejahte ebenfalls.

„Wieso bist du vor mir wach?“, fragte Micha, nach einiger Zeit des Schweigens.

„Würde ich es dir erzählen, müsste ich dich umbringen“, grinste er und Micha lachte verhalten auf.

Sie sprachen wieder für eine Weile nicht und Micha konnte seine Finger nicht von Geros Tattoo lassen, fuhr es nach und war, wie so oft, gebannt davon. Doch schließlich ergriff Gero seine Hand und als Micha ihm fragend in die Augen sah, küsste er ihn nur auf die Stirn und umschloss ihn im nächsten Moment mit seinen Armen, um ihn an sich zu drücken und zu seufzen: „Ich bin so froh, dass ich dich hab.“

„Dann solltest du mir wirklich nicht erzählen, warum du heute vor mir wach warst“, lächelte Micha und schmuste sich an Gero. „Was wollen wir denn heute machen? Wollen wir in die Stadt oder ins Strandbad?“

„Lass uns doch zu Hause bleiben.“

„Du willst in die Stadt? Oh, gut, ich wollte nämlich auch nicht ins Strandbad, sie haben außerdem im Wetterbericht gestern eine Sturmwarnung gebracht.“

„Du bist anstrengend, weißt du das?“, stöhnte Gero schließlich und Micha grinste: „Ich liebe dich auch.“ Und damit stand diesmal er auf.
 

An jenem Abend saßen sie gemeinsam auf der Holzbank auf der Terrasse. Gero rauchte eine Zigarette. Micha hatte sich zwischen seine Beine gesetzt und den Rücken an Geros Brust gelehnt. Sie waren genau zur richtigen Zeit nach draußen gegangen, zum Sonnenuntergang. Micha wusste genau, dass das ein wahnsinnig kitschiges Bild sein musste, aber er genoss diesen Moment einfach nur und Gero schien es nicht anders zu gehen, denn als er seine Zigarette ausgedrückt hatte, zog er Micha noch ein Stück näher an sich, küsste ihn auf die Schläfe und murmelte ihm einige Worte ins Ohr, die Micha erröten ließen.
 


 

Nun, damit verabschiede ich mich von euch, meinen treuen Lesern, ihr ward wirklich, wirklich toll! =')

Fühlt euch alle von mir geherzt, eure Terrormopf =)

Extra: Störfaktoren

Nun, nach langer Zeit habe ich mich dazu hinreißen lassen doch noch ein weiteres Extrakapitel zu verfassen.

Und das auch noch zu einem heiß begehrten Thema... Aber ich muss euch enttäuschen (?) es wird nicht explizit. Und ich möchte eigentlich keine Beschwerden darüber hören.

Ich muss euch aber warnen, denn Gero hat sein loses und unfeines Mundwerk behalten.

Dennoch hoffe ich, dass euch das Kapitel zusagt, auch wenn ihr es auf eigene Gefahr lest. Mir tat es einfach gut nach meinen letzten beiden - doch recht heftigen - FFs mal wieder etwas zu schreiben, auf das die Beschreibung "Fluff" zutrifft =)

Also, viel Spaß beim Lesen (es ist sogar recht lang)!
 


 

Micha hatte nun endlich – wenn auch mit Ach und Krach – seine Führerscheinprüfung bestanden und weil er schon zuvor 18 geworden war, bestand Gero nun auf die Härteprobe, zumindest war sie das für Micha: er übernahm das Fahren zum Top10 in Singen. Das Top10 war eine große Disco, zumindest größer als die Diskotheken der nahen Umgebung. Micha war noch kein einziges Mal da gewesen, aber Gero würde ihm den Weg wohl sagen.

Gero neben sich zu haben, machte ihn nervös, doch er konzentrierte sich auf die Straße und bemühte sich nicht in Geros breit grinsendes Gesicht zu sehen.

Sie waren mit dem Auto von Michas Eltern unterwegs; Gero hatte ihm sein Auto noch nicht anvertrauen wollen; in der Stadt hatte Micha schon damit fahren dürfen, aber hierhin war es wohl anders.

„Die nächste Ausfahrt musst du nehmen“, sagte Gero ruhig. Sie waren gerade auf der A98 unterwegs und Micha tat brav wie ihm geheißen.

Der Rotschopf lotste ihn weiter, bis sie auf dem Parkplatz bei der Disco zum Halten kamen.

Micha atmete tief durch. Er hatte es geschafft. Er hatte Gero und sich sicher zum Top10 gebracht, hatte die Autobahnfahrt im Dunklen gut überstanden und sein Freund hatte ihn nur einmal angebrüllt, als er an einer Kreuzung eine Lücke verpasst hatte und sie dadurch ewig nicht vom Fleck gekommen waren.

Das Einparken war auch problemlos verlaufen und er hatte, brav wie Gero es von ihm verlangt hatte, die Räder noch gerade gedreht.

„Ging doch“, sagte Gero und lächelte ihm zu. Micha hingegen war noch immer damit beschäftigt tief durchzuatmen und sich immer und immer wieder zu sagen, dass er es geschafft hatte. Er fuhr nicht wirklich gerne Auto; würde es wohl auch in Zukunft lieber Gero überlassen.

„Nun komm, lass uns reingehen“, vernahm er Geros Stimme von weiter weg und die Beifahrertür des Autos wurde zugeschlagen. Erst jetzt kam er wieder zur Besinnung, stieg ebenfalls aus und schloss das Auto ab, um dann Gero hinterher zu eilen.

„Hey Gero, warte doch einen Moment!“, rief er ihm nach und lief an Geros Seite, der für einen Augenblick stehen geblieben war.
 

Gero war betrunken.

Micha hatte es gar nicht so mitbekommen, doch nun traf es ihn mit voller Wucht, als Gero ihn in einer abgelegenen, dunklen Ecke gegen die Wand drängte und ihn küsste. Leidenschaftlich, verlangend.

Selten, sehr selten hatte Gero ihn so geküsst.

Micha musste unwillkürlich daran denken, dass sie noch nie Sex gehabt hatten. Würde das bald der nächste Schritt in ihrer Beziehung sein? Sex?

Micha keuchte auf, als er Geros Lippen und seine Zunge an seiner Halsbeuge spürte. Seine Finger verfingen sich wie automatisch in dem roten, widerspenstigen Haar. Es erinnerte ihn an die letzte Fasnacht. An ihren ersten Kuss.

Damals hatten Ella und Bess sie unterbrochen; aber wer sollte sie nun unterbrechen, wenn sie zu weit gingen? Ein Security?

Auf keinen Fall!

Micha durfte es nicht so weit kommen lassen!

„Gero…“, presste er zwischen aufeinander gepressten Kiefern hervor, um nicht laut aufzukeuchen.

„Hm?“, vernahm er dessen raue, heisere und tiefe Stimme und spürte, wie sie in jedem Teil seines Körpers vibrierte.

„Hör auf…“, befahl er halbherzig und in eben der Manier versuchte er auch Gero von sich zu schieben, doch der schien nicht auf seinen Willen eingehen zu wollen und fuhr fort.

Micha spürte nun seine Hände auf seinem Hintern und jetzt wurde seine Wehr stärker. Bestimmend sagte er: „Nicht hier!“ Wobei er es eher rufen musste, so wie die Worte zuvor, denn ob der lauten Musik und der harten Bässe verstand man sich kaum.

„Dann lass uns gehen.“ Gero richtete sich auf und schwankte im ersten Moment, doch dann boxte er sich durch die Menschenmassen, Micha immer dicht hinter ihm, ihm verzweifelnd folgend. Er ging zum Ausgang, zahlte und wartete ungeduldig auf den ungläubigen Micha. Es war noch nicht einmal eins und sie gingen schon wieder. Was hatte es für einen Sinn gehabt überhaupt hierher zu fahren? Betrinken hätte sich Gero auch zu Hause können.

Doch Gero zog ihn hinter sich her, an den Türsteher am Eingang vorbei und auf den Parkplatz auf der anderen Straßenseite hinter der Hecke, wo Micha geparkt hatte.

„Mach auf“, befahl er.

Mit zitternden Händen holte Micha den Schlüssel aus seiner Tasche hervor und dank der Zentralverriegelung waren nun alle Türen geöffnet.

Gero machte die hintere Tür auf und schob Micha auf die Rückbank, um sich zu ihm zu begeben und dann die Tür zu schließen.

Er sah Micha einen Moment lang in die Augen.

Die Geros waren glasig geworden, leicht blutunterlaufen, weil er zu viel getrunken hatte. Doch dann ging das Licht im Auto aus und sie saßen im Halbdunkel. Gero schien das als Zeichen zu sehen, denn er näherte sich Micha wieder, der zurückwich, bis er an die andere Wand des Autos stieß, dann berührten sich ihre Lippen wieder und je länger der Kuss dauerte, desto heißer schien es im Auto zu werden.

Gero begann Michas Hemd aufzuknöpfen.

Der wiederum hielt sich mit einer Hand am Griff über der Tür fest und war gottfroh, dass Gero ihm ein wenig Erfrischung verschaffte, doch hielt diese angenehme Kühle nicht lange an, denn schon begann der Ältere auf Michas blanker Brust heiße Küsse zu verteilen, was Micha schaudern machte.

Er berührte seine Brust mit seinen Lippen, seinen Bauch mit seinen Lippen, seiner Zunge und beides auch mit seinen Händen, mit denen er ihn schließlich auch an der Hüfte packte. Nun kam er Michas Ohr mit seinen Lippen wieder ganz nahe und hauchte, kaum verständlich, weil er auch leicht lallte: „Lass uns ficken.“

„Was?“, japste Micha erschrocken auf. „Hier?“

„Micha, ich will jetzt Sex! Ich will schon lange mit dir, aber ich hab’s noch nie auf die Reihe gebracht, also will ich dich…“

„Aber doch nicht hier! Nicht im Auto meiner Eltern! Vor einer Disco! Und vor allem nicht jetzt, wenn du betrunken bist.“ Er war entsetzt, wie ungehemmt Gero mit einem Mal zu sein schien.

„Micha ich liebe dich und deswegen habe ich jetzt auch das Recht dich flachzulegen.“ Eine interessante Argumentation, doch Micha blieb beharrlich: „Lass uns nach Hause fahren. Wir werden jetzt ganz bestimmt nicht miteinander schlafen.“

Oh, er hätte liebend gern hier und jetzt mit Gero geschlafen, doch wollte er erstens, dass dieser bei ihrem ersten Mal nüchtern war und zweitens hatte er ein schlechtes Gewissen es im Auto seiner Eltern zu tun.

„Aber ich will jetzt!“ Er hörte sich beinahe an wie ein kleines Kind und Micha wusste, warum Ella ihm den übermäßigen Alkoholkonsum damals verboten hatte. Er drängte den Größeren von sich und versuchte auszusteigen, doch der zog ihn wieder an sich und flüsterte ihm ins Ohr: „Dann lass es uns tun, wenn wir bei mir sind, Micha, aber versprich mir, dass ich dich heute Nacht noch…“

„Nein, sag es nicht, Gero“, bat Micha und getraute es sich kaum seinem Freund in die Augen zu sehen. Der allerdings kam ihm wieder näher, küsste ihn sanft und flüsterte: „Warum? Willst du nicht?“

„Doch!“, beeilte sich Micha zu sagen. „Doch natürlich möchte ich mit dir schlafen, aber…“ Er spürte wie seine Wangen heiß wurden. Es war seltsam sich mit Gero darüber zu unterhalten und irgendwie fand er es merkwürdig, dass Gero ihn zum Sex drängte.

„Aber?“, fragte Gero leise und legte seine Arme um Micha, der die Umarmung erwiderte, ihm vorsichtig über den Rücken streichelte und ihm den Nacken kraulte.

„Ich weiß auch nicht, es ist so ungewohnt mit dir darüber zu sprechen.“

„Hmm…“, machte Gero und Micha bemerkte unwillkürlich, wie sein Atem gleichmäßiger wurde. Es war also doch zu viel für ihn gewesen heute gleich nach der letzten Vorlesung nach Überlingen zu fahren und dann abends noch auszugehen und zu trinken.

„Nicht einschlafen, Gero, lass mich erst aussteigen, dann kann ich nach Hause fahren.“ Doch Gero begann schon leise zu schnarchen. Er musste wirklich wahnsinnig müde und erschöpft gewesen sein, wenn er so schnell einschlief. Aber es half nichts, Micha musste ihn wecken, wenn er nicht in dieser unbequemen Lage hier vor einer Disco übernachten wollte.

„Gero!“ Er rüttelte ihn sacht. Doch der Rothaarige schmiegte sich lediglich weiter an Micha, ließ die Umarmung fester, enger werden. Er hatte Michas blanke Brust als Kopfkissen verwendet, lag mit dem Oberkörper zwischen seinen Beinen.

„Gero! Los, wach auf!“ Sein Rütteln wurde heftiger und es zeigte endlich Wirkung, denn Gero blickte mit kaum geöffneten Lidern zu ihm auf und fragte: „Was ist denn, Micha?“

„Lass mich aufstehen, damit ich uns nach Hause fahren kann.“
 

Gero saß auf der Rückfahrt wieder auf dem Beifahrersitz, jedoch war er die ganze Zeit kurz vorm Einschlafen, murmelte allerdings immer wieder einige Sätze, wahrscheinlich weil er glaubte Micha so vorm Einnicken zu bewahren, doch war der noch mehr oder weniger hellwach.

„Schlaf doch ruhig bis wir ankommen, Gero, ich weck dich schon, keine Sorge.“

„Nein!“, erwiderte der dann aber, noch immer geringfügig lallend. „Nein, ich bleibe solidarisch.“

Micha seufzte vernehmlich und war froh, als sie endlich in die Langgasse einbogen. Er parkte ordnungsgemäß und wartete, bis Gero ausgestiegen war, um die Türen zu verriegeln. Die letzten Meter legten sie zu Fuß zurück und Gero stöhnte bei den Treppen und verfluchte sich, dass er ausgerechnet hier wohnen musste.

Endlich standen sie vor seiner Haustür und Micha kramte seinen Schlüssel hervor – ja, Gero hatte ihm einen Schlüssel zur Wohnung gegeben. Wenn er zu Hause Stress hatte, konnte er immer hierher kommen, ob Gero da war oder nicht, Micha wäre ihm fast heulend um den Hals gefallen – und schloss auf. Gero schlurfte gleich nach oben, ohne die Schuhe auszuziehen oder sonst etwas zu erledigen.

„Micha, hol mal Wasser!“, vernahm er Gero aus dem oberen Stockwerk. Er seufzte vernehmlich und folgte ihm dorthin, um dann ins Büro zu gehen und eine Flasche Wasser unter dem Schreibtisch hervorzuholen. Lächelnd musste er daran zurückdenken, wie er damals das erste Mal hier gewesen war und ihm die Knie vor Angst weich geworden waren.

„Beeil dich, Kurzer!“, maulte Gero aus dem Schlafzimmer nebenan.

„Nenn mich nicht so“, entgegnete Micha. „Und hör auf am Schlafzimmerfenster zu rauchen, du weißt, dass ich das nicht mag, weil dann das ganze Schlafzimmer nach Rauch riecht und ich nicht gerne in verrauchter Bettwäsche schlafe.“

„Ganz ruhig, Kurzer“, sagte Gero, schnippte die Kippe weg, schloss das Fenster und drehte sich zu ihm um.

„Ich hab doch gesagt, du sollst mich nicht so nennen“, murmelte Micha und reichte ihm etwas beleidigt die Wasserflasche.

„Wie dann? Schatz? Liebling? Hasipupsi?“

„Bist du eigentlich heute Abend total bescheuert?“, fragte Micha irritiert und nahm die Wasserflasche wieder entgegen, schraubte den Deckel darauf und stellte sie neben das Bett.

„Nein“, entgegnete Gero und ließ sich, mit Schuhen, Jacke und allem anderen aufs Bett fallen. „Nur betrunken.“

„Ach Gero, nicht mit den Schuhen und den Klamotten!“ Micha war langsam genervt von diesem unbeschwerten Gero. So hatte er sich den Abend ganz bestimmt nicht vorgestellt. Denn nun kniete er sich zu Gero aufs Bett und zog diesem erst die Schuhe, dann Jacke und Pullover und schließlich die Hose aus.

„He, Micha, wenn du sowieso damit beschäftigt bist mich auszuziehen, dann können wir auch gleich miteinander schlafen.“

„Nein, Gero! Und jetzt leg dich wieder hin und schlaf, schließlich warst du ja schon zu müde dich auszuziehen.“

„Nein, nein, das war alles Taktik.“

„Oh Gero, ich will jetzt nicht mit dir schlafen!“ Er legte sich Gero, der sich auf die Seite gedreht hatte, gegenüber und schaute ihn, den Kopf auf die Hand gestützt, aus großen blauen Augen an.

„Nun hab dich nicht so, du brauchst dich gar nicht so zu zieren, schließlich bist du derjenige von uns beiden, der schon Sex mit einem Mann hatte.“ Er streichelte ihm über die Wange.

„Und genau deshalb will ich jetzt keinen Sex. Gero, lass uns doch wenigstens auf morgen Abend warten, wenn du nicht mehr betrunken und ausgeschlafen bist.“

„Ich will aber nicht auf morgen Abend warten, sondern jetzt ficken!“ Er wurde langsam aufbrausend. Micha drehte sich jedoch lediglich auf die andere Seite, schloss die Augen und sagte entschlossen: „Nein.“

Doch nicht lange später spürte er Geros Körper hinter seinem; wie dieser seine Arme um ihn schlang, wie seine Hand sich den Weg unter sein Schlafanzugoberteil suchte und begann seine Haut zu liebkosen.

Oh Gott! Er hatte sich so lange nach solchen Berührungen von Gero gesehnt und er musste sich zusammenreißen, um sich nicht gegen ihn zu drücken und nicht doch schwach zu werden.

„Micha, ich liebe dich.“

„Ich dich auch.“ Seine Stimme zitterte! Und er spürte, wie ihn eine Gänsehaut überkam, als Gero seinen Nacken mit seinen heißen Lippen streifte. „Aber ich werde heute Nacht trotzdem nicht mit dir schlafen. Und komm ja nicht auf die Idee über mich herzufallen, wenn ich schlafe.“ Schlagartig erstarben Geros Bewegungen daraufhin und Micha spürte, wie er sich von ihm entfernte, hörte, wie die Federn ächzten, als er sich aufrichtete.

Micha hob ebenfalls den Oberkörper und blickte zu Gero, der ihn finster musterte.

„Für wen hältst du mich eigentlich?“, knurrte Gero und Micha erschrak etwas über den harschen Tonfall. „Glaubst du, ich könnte mich nicht eine Nacht gedulden? Denkst du, ich würde dich tatsächlich vergewaltigen, während du schläfst? Glaubst du wirklich, ich hätte mich so wenig im Griff und würde dich so wenig akzeptieren und lieben?“ Er schien verletzt.

„Gero… So war das doch nicht gemeint! Natürlich würdest du niemals einfach über mich herfallen, wenn ich es nicht will, ich habe es doch auch einfach nur so im Spaß und Halbschlaf dahergesagt.“ Er setzte sich ebenfalls auf, schmiegte sich an Geros Brust und hoffte diesen zu besänftigen. „Es tut mir leid, wirklich.“

„Lass mich“, murrte Gero und schob Micha von sich, legte sich wieder hin, Micha den Rücken zugewandt, um zu schlafen.

„Gero, ich liebe dich“, versuchte er es weiterhin und berührte ihn leicht an der Schulter.

„Jaja, ich dich auch. Gute Nacht.“

„Gero, bitte…“

„Was denn?“, brauste er auf, hatte sich nun doch wieder aufgesetzt und funkelte Micha zornig an.

„Versteh doch…“

„Was soll ich verstehen? Dass du mich für eine sexbesessene Bestie hältst, die alles vögelt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, ganz gleich ob wach oder schlafend?“

„Nein… du musst verstehen, dass… ich da nicht so gute Erfahrungen mit habe.“

„Wie meinst du das?“ Seine Stimme klang nun skeptisch.

„Eben dass ich schlechte Erfahrungen habe.“ Er versuchte sich nun um das Thema herumzuwinden, hatte es nur aus Verzweiflung gesagt, um Gero von seiner Wut abzubringen.

„Sprichst du von Robin?“, fragte Gero und schaute ihn durchdringend an. Micha nickte, obgleich er es nicht schaffte ihm in die Augen zu sehen. Die Hände hatte er in die Decke gekrallt, die Zehen eingerollt und schlug mit den Füßen immer wieder gegeneinander.

„Heißt das, dass er dich während du geschlafen hast…“

„Ja!“, rief Micha, um keines der Wörter Geros dafür zu vernehmen. Es war ihm unangenehm darüber zu sprechen. Er hatte es noch nicht einmal Septima erzählt.

Er vernahm, wie Gero schwer schluckte und ihm selbst wurde der Mund trocken.

„Gibst du mir bitte die Wasserflasche?“, fragte er und wagte noch immer nicht aufzusehen. Gero leistete seiner Bitte folge und Micha trank etwas, bevor er die Falsche in den Händen behielt und sie abwesend hin und her drehte, an dem Etikett knibbelte.

„Bist du nicht aufgewacht?“, fragte Gero zögerlich.

„Natürlich bin ich aufgewacht“, entgegnete Micha, ruppiger als geplant.

„Und?“, fragte Gero fordernd, doch Micha erwiderte bitter: „Und was? Das hat ihn doch nicht gestört.“

„Tut mir leid, Micha, wirklich.“ Er hörte sich wahrhaftig betroffen an, doch Micha setzte ein Lächeln auf, wandte ihm das Gesicht zu und fragte: „Warum denn? Du kannst doch nichts dafür.“ Doch als er in Geros betroffenes Gesicht sah und die erdrückende Stille begann auf ihm zu lasten, spürte er plötzlich, wie ihm einige Tränen die Wange hinunterliefen.

„Micha, ich…“, setzte Gero an, doch Micha unterbrach ihn, indem er sich an ihn drückte und mit heiserer und unsicherer Stimme fragte: „Du machst so etwas doch nicht, oder? Du liebst mich doch wirklich und würdest so etwas nie tun, nicht wahr?“ Gero schien etwas überrumpelt, doch er legte seine Arme um Micha, drückte ihm einen Kuss auf das blonde Haupt und flüsterte: „Nicht weinen, Micha, nicht weinen. Ich würde so etwas nie tun. Ich liebe dich wirklich. Bitte weine nicht.“

„Aber es war so schrecklich! Ich hab es mir nie eingestanden, aber es war so ein elendes Gefühl, aufzuwachen und benutzt zu werden. Ich will das nie wieder, Gero! Bitte, versprich es mir!“

„Scht, ich versprech’s dir. Ich würde so was nie tun. Niemals!“ Er hörte sich zornig an, doch sobald er wieder begann sanft auf Micha einzusprechen, war seine Stimme wieder sanft, samtig weich.

„Bitte lass uns heute Nacht noch nicht miteinander schlafen“, bat Micha, als er sich wieder beruhigt und sich die Tränen von den Wangen gewischt hatte.

„Ich liebe dich“, entgegnete Gero lediglich und küsste zärtlich seine Lippen. „Und nun schlaf nur in Ruhe, ich pass schon auf dich auf.“

Micha legte sich tatsächlich hin und bemerkte beruhigt, dass Gero hinter ihm lag, seine Arme um ihn hatte und ihn an sich zog. Und endlich schlief er ein und hatte nun ein Gefühl der Sicherheit wie selten zuvor.
 

Das Frühstück dehnte sich und wurde mehr schon zu einem relativ schweigsamen Brunch, denn weil sie ja am Vorabend doch ziemlich lange wach gewesen waren, waren sie entsprechend spät aufgestanden. Michas Eltern wussten, dass er das Wochenende wie gewöhnlich bei Gero verbringen würde. Sie hatten seine Beziehung zu Gero inzwischen akzeptiert, es war ihnen auch eigentlich nichts Anderes übrig geblieben.

„Wann hast du eigentlich Semesterferien?“, fragte Micha schließlich und Gero antwortete umgehend: „Ende Juli. Gibst du mir das Nutella?“

Micha reichte ihm das Glas und fragte dann, wenn auch etwas schüchtern: „Wollen wir vielleicht zusammen wegfahren?“ Gero sah auf. Er hatte ihn diesen Morgen kaum angesehen und ihm noch gar nicht in die Augen geblickt. Doch dafür war der Blick, der Michas blaue Augen nun traf umso intensiver.

„Tut mir leid“, sagte Micha dann schnell und wich dem Blick Geros aus. „Es war nur ein Vorschlag, du musst nicht, wenn du nicht willst. Wirklich, das ist kein Problem, ich versteh das schon.“

„Schon in Ordnung“, erwiderte Gero und biss in sein Nutellabrötchen. „Ich würd gern mit dir irgendwo hinfahren, aber im Sommer kommt mein Vater immer her.“

„Dein Vater?“ Stimmt! Er hatte irgendwie noch nie darüber nachgedacht, dass Gero auch Eltern hatte. Er hatte auch nie nach diesen gefragt und von sich aus erzählte Gero ohnehin sehr wenig.

„Ja, mein Vater. Im Sommer nimmt er immer Urlaub und kommt zurück nach Deutschland.“

„Nach Deutschland? Arbeitet er im Ausland? Was macht er denn?“

„Nanu? Plötzlich so interessiert? Hast doch sonst nie nachgefragt.“ Micha konnte den Ausdruck in Geros Gesicht nicht genau deuten. Machte er ihm jetzt einen Vorwurf?

Oder machte er sich selbst einen, weil er nie nach Geros Eltern gefragt hatte? Wieso war ihm das auch nie in den Sinn gekommen? Natürlich hatte Gero Eltern; jeder Mensch hatte Eltern.

Geros Lippen umspielte ein Lächeln und nur deswegen traute Micha sich weiter nachzufragen: „Also arbeitet er im Ausland? Was macht er denn? Lebt deine Mama bei ihm? Hast du überhaupt Kontakt zu ihm?“

Gero lachte. Und für einen Moment schienen seine Augenringe wie verschwunden, doch dann, als er zur Antwort ansetzte und man seine raue, heisere Stimme vernehmen konnte, da wurde Micha sich wieder des vorigen Abends bewusst.

Er hatte keine Ahnung, ob Gero sich an das erinnerte, was zum Schluss vorgefallen war, was Micha ihm erzählt hatte. Auf der einen Seite hoffte er, dass Gero es dank des Vollsuffs vergessen hatte, weil es eines seiner intimsten Geheimnisse gewesen war, das er eigentlich irgendwo tief in seinem Innersten vergraben gehabt hatte. Doch auf der anderen Seite wollte er, dass Gero sich daran erinnerte. Es wäre eine Erleichterung zu wissen, dass Gero darüber bescheid wusste und niemandem jemals davon erzählen würde. Und dass er das niemals tun würde, war dem Blonden klar.

„Natürlich hab ich noch Kontakt zu ihm“, vernahm er da Geros Stimme, die ihn aus den Gedanken riss. „Ich telefonier mit ihm und schreib mit ihm. Und ja, er arbeitet im Ausland und hat einen ziemlich guten Verdienst, sonst könnte er wohl kaum das Haus hier und meine Wohnung in Isny bezahlen. Und meine Mutter ist tot. Ist schon gestorben, als ich noch klein war; Leukämie.“

Seine Mutter war tot? Micha stockte der Atem für einen Moment.

Was sollte er darauf erwidern? ‚Herzliches Beileid’? Das hörte sich so abgedroschen und steif an, so als würde man es nur so dahinsagen.

‚Es tut mir leid’? ‚Oh Gott’?

Er fühlte sich schrecklich ohnmächtig. Er hatte wirklich keine Ahnung was er sagen sollte und so schwieg er. Sah Gero nur mit traurigen Augen an. Der erwiderte den Blick für einen Moment, biss dann wieder von seinem Brötchen ab und sagte: „Musst nichts sagen, ist schon okay, ich bin größtenteils ohne meine Eltern groß geworden und meine Mutter kannte ich kaum.“

„Aber“, setzte Micha an, brach dann aber ab. Er war Gero dankbar dafür, dass der ihm erlaubte nichts zu sagen, dass er in diesem Augenblick nichts von ihm erwartete.

„Werde ich deinen Vater dann kennen lernen? Wirst du ihm davon erzählen?“ Er rührte in seinem Kakao.

„Davon, dass wir jetzt zusammen sind?“, fragte Gero und lehnte sich über den Tisch Micha entgegen. Dieser verstand die Geste und schloss die letzte Distanz zwischen ihnen, berührte sanft Geros Lippen mit den seinen.

„Nein“, fuhr Gero dann gelassen fort.

„Heißt das“, setzte Micha entrüstet an. „Du wirst ihm nicht erzählen, dass wir zusammen sind, dass du mich liebst? Wird er nie davon erfahren?“

„Lass mich doch ausreden“, sagte Gero dann. „Ich hab ihm doch schon längst davon erzählt.“

„Wirklich?“, erkundigte sich Micha erstaunt. „Und was hat er gesagt?“

„Na begeistert war er nicht, wie denn auch? Er hat sich schließlich Enkel gewünscht, aber es bleibt ihm doch nichts anderes übrig als es zu akzeptieren, oder?“ Er lachte, doch Micha rutschte unruhig auf dem Stuhl hin und her. Es war der Stuhl den Geros Vater bezahlt hatte. Geros Vater, der nicht begeistert von ihrer Beziehung war. Davon, dass Gero ihn liebte und er seinen Sohn liebte. Der ihn schon jetzt nicht wirklich mochte.

„Aber er will dich kennen lernen, deswegen können wir erst in der zweiten Hälfte deiner Sommerferien in den Urlaub fahren.“ Er lächelte und griff nach Michas Hand, um sie zu drücken. Die Geste zusammen mit den Worten beruhigte Micha wieder. Vielleicht würde es doch nicht so schlimm werden Geros Vater kennen zu lernen. Aber er hoffte, dass er nicht ganz so war, wie sein Sohn, denn die ersten Treffen mit dem waren ja doch recht gewaltig gewesen. Oder sollte er besser sagen gewalttätig?

„Was denkst du jetzt schon wieder?“, fragte Gero und steckte sich das letzte bisschen Brötchen in den Mund.

„Ich hoffe, dass dein Vater nicht so ist wie du…“

„Was?“, fragte Gero irritiert, hatte noch nicht ganz fertig gekaut und blickte seinen Freund irritiert an. „Wieso das denn?“

„Na unsere ersten Treffen waren ja nicht unbedingt so entspannt wie man es sich wünschen würde“, erklärte Micha und lächelte Gero sanft an. Dieser lachte daraufhin, stand auf, um den Tisch abzuräumen – Micha war schon vor ihm fertig gewesen – und sagte, während er in die Küche ging: „Keine Sorge, die Prügeleien hat mein Vater mit seiner Jugend hinter sich gelassen.“

„Wie alt ist dein Vater denn?“, fragte Micha, als er die Teller neben der Spüle abstellte. Und nur einen Wimpernschlag danach spürte er, wie Gero ihn an sich drückte. Er drückte ihm einen Kuss auf die Wange, liebkoste seinen Hals und sagte dann: „Vierzig. Wurde Vater, als er noch jünger war als ich jetzt.“

Micha legte seine Hände auf die Geros, die auf seinem Bauch ruhten, lehnte den Kopf gegen Geros.

„Glaubst du, dass er mich wenigstens ein bisschen mögen wird? So sehr, dass ich ihm wenigstens gleichgültig bin und er mich nicht hasst?“

„Er wird dich schon mögen, keine Sorge. Das wird schon alles“, flüsterte er ihm ins Ohr und im nächsten Moment spürte Micha Geros Zähne und seine Zunge daran. Er schluckte schwer, doch dann entwendete er sich Geros Griff und eilte sich aus der Küche zu kommen, rief Gero noch zu, er müsse Hausaufgaben machen.

Und damit war er schon im Treppenhaus, ging hinauf in Geros Arbeitszimmer – oder war es das seines Vaters? – dort hatte er seine Schulsachen deponiert.

Er setzte sich an den Schreibtisch und atmete für einen Moment tief durch, schloss die Augen. Doch als er sie wieder öffnete, sah er Gero im Türrahmen stehen und ihn angrinsen.

„Wir sind aber heute sehr empfindlich.“ Langsam kam er auf ihn zu und Micha kramte hastig sein Mathezeug aus seiner Schultasche heraus. Er schlug eilig das Buch auf, blätterte fieberhaft darin herum, bis er endlich die richtige Seite aufgeschlagen hatte. Und je langsamer Gero wurde und je näher er kam, desto hastiger und unruhiger wurde er.

Gero jedoch stellte sich ganz gelassen hinter ihn, legte ihm die Hände auf die Schultern und begann ihm diese und den Nacken zu massieren, weswegen Micha sich wieder etwas entspannen konnte, doch dann vernahm er Geros tiefe Stimme: „Du weißt, dass ich wirklich mit dir schlafen will?“

Vorbei war es mit der Entspannung.

„Ja, schon.“ Er bemerkte, wie seine Hände begannen zu zittern und legte sie hastig in seinen Schoß unter die Tischplatte.

„Bist du nervös?“ Er konnte das Grinsen Geros förmlich hören.

„Darf ich denn nicht?“

„Natürlich darfst du. Ich… ich bin…“ Er sprach nicht weiter und die massierenden Bewegungen starben ab.

„Du bist auch nervös?“ Gero antwortete nicht. Er beugte sich lediglich zu ihm hinunter, legte ihm die Arme um den Hals und sah über Michas Schulter auf dessen Buch.

„Brauchst du Hilfe?“, fragte er dann.

„Ich… also ich hätte nicht gedacht, dass du…“ Er wagte es kaum das auszusprechen und Gero kam ihm glücklicherweise zuvor: „Was denkst du denn? Denkst du, weil ich es schon mit ein paar Frauen getrieben hab, ist es mit dir nichts Besonderes mehr? Bist du denn bescheuert?“

„Nein, aber du…“

„Ja, ich weiß schon… Also für meine erste Freundin und Ella hab ich immer irgendein Kitsch-Zeug gemacht, die standen da total drauf, aber ich glaub, dass das bei dir weniger der Fall ist, oder?“ Micha legte ihm lächelnd die Hand in den Nacken, drehte ihm das Antlitz zu und zog Geros Kopf näher zu sich, sodass er ihn küssen konnte. Dann sagte er: „Du musst so was nicht für mich machen, es ist auch so in Ordnung. Mach dir nicht so viele Gedanken, denk dran, ich war vor dir mit Robin zusammen, ich bin einiges gewöhnt.“

Geros Griff wurde fester und er schmiegte seine Wange an Michas, der nun spürte, dass sich der Rotschopf heute noch nicht rasiert hatte. Dann sagte er: „Einiges ist wohl untertrieben. Glaub mir, Micha, ich werde so was niemals tun, niemals. Davor würd ich mir zur Not ein Foto von dir machen und damit ins Bad gehen.“

Micha musste unwillkürlich lächeln, dennoch verkrampfte sich sein Körper. Gero hatte es also nicht vergessen.

„Gero?“

„Hm?“

„Versprichst du mir was?“

„Was denn, Kurzer?“

„Du darfst es niemals irgendwem erzählen. Ich hab es bisher noch nicht einmal Septima gesagt. Niemand weiß davon bis auf Robin und mich. Und jetzt auch dir, aber bitte Gero, bitte, ich mach alles was du willst, nur erzähl es keinem!“

„Ich würde es niemals wagen so etwas weiter zu sagen, egal ob über den mir meist verhassten Menschen oder den von mir meist Geliebten.“

„Auch wenn du betrunken bist?“

„Besonders wenn ich betrunken bin. Micha, mag sein, dass ich meine Triebe und meine Sprache dann nicht mehr ganz unter Kontrolle habe, aber ich weiß genau, was ich sagen darf und was nicht.“ Micha biss die Zähne zusammen. Er war froh, dass er Gero hatte. Er war so unendlich froh. Und auch dass nun noch jemand anderes darüber bescheid wusste, dem er vertrauen konnte. Dass es nun nicht mehr allein auf seiner Seele lastete.

„Danke sehr.“
 

Die letzten Wochen vor den Sommerferien vergingen wie im Fluge. Gero war ebenfalls ziemlich im Stress, da er sich bemühte seine Hausarbeit, die er eigentlich erst nach den Semesterferien abgeben musste, nun schon grob fertig zu schreiben. Denn dann hatte er Zeit für seinen Vater und in der zweiten Hälfte der Ferien Zeit dafür mit Micha wegzufahren.

Und dann kamen die Ferien. Für Gero hatten sie schon eine halbe Woche vorher begonnen.

Aber Micha merkte, wie ihn sein Zeugnis recht kalt ließ und er angespannt blieb, ziemlich nervös war. Und das lag nur daran, dass der Tag der Ankunft Geros Vaters immer näher rückte. Schon übermorgen, am Freitag, würde es soweit sein.

Nun eilte sich Micha allerdings zu Gero zu kommen. Er wollte diesen noch fragen, was er alles beachten musste, wenn sein Vater da war, ob der einige Dinge überhaupt nicht ausstehen konnte…

Aber als er endlich in Geros Haus war, da stellte er seufzend fest, dass der im Büro war und die Tür zugezogen hatte. Das hieß, dass er an seiner Hausarbeit arbeitete und nicht dabei gestört werden wollte.

So machte Micha also wieder kehrt und ging ins untere Stockwerk zurück, um sich in die Küche zu stellen und etwas zu kochen.

Er dachte daran, dass er immer noch nicht mit Gero geschlafen hatte, dabei war es nun schon einige Wochen her, dass dieser Zwischenfall im Top10 passiert war. Allerdings war Gero weniger fordernd geworden. Wahrscheinlich lag ihm die Tatsache, dass Micha so etwas widerfahren war, schwer im Magen. Und auch wenn Micha liebend gerne mit Gero geschlafen hätte, er wollte warten, bis sie beide sich wirklich sicher waren.

Mit Ella hatte er es sich ja schon verscherzt, seit er mit Gero zusammen war. Sie hatte wohl geglaubt, dass der Kuss damals in der Gruft wirklich nur die Wetteinlösung gewesen war und dass sich da nichts weiter entwickeln könnte. Aber als sie von ihrer doch ernsten Beziehung erfahren hatte, da hatte Micha gewusst, dass es für sie wie ein Schlag ins Gesicht gewesen war.

Und seither sprach sie auch kaum noch mit den Beiden. Sie ging mit ihnen aus, wenn auch die anderen dabei waren, aber Micha spürte die noch immer vorwurfsvollen Blicke genau.

Er hatte auch schon mit Gero darüber geredet, weil er ein endlos schlechtes Gewissen hatte, aber der hatte nur abgewinkt und gemeint, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis sie sich damit abfinden würde.

Ella hatte sich wahrscheinlich gut mit Geros Vater verstanden. Zu Recht… von ihr hatte er immerhin Enkel erwarten können.

Er ließ die Spaghetti in den Topf mit kochendem und gesalzenem Wasser fallen und warf die Zwiebeln in die Pfanne, um sie scharf anzubraten.

Wie Geros Vater wohl aussah? Wahrscheinlich sah er seinem Sohn sehr ähnlich. Nur hatte er wahrscheinlich seine Naturhaarfarbe. Geros Naturhaarfarbe war ein wunderbares Schokoladenbraun; Micha hatte einmal ein Bild von vor zwei Jahren von ihm gesehen. Er hatte Gero daraufhin gefragt, warum der sich die Haare rot färbte, doch der hatte nur die Achseln gezuckt und geantwortet, dass es ihm so besser gefiele.

Nun folgten den Zwiebeln noch in Streifen geschnittene Möhren und Zucchini.

Hoffentlich moserte Gero heute nicht rum, dass Micha kein Fleisch machte.

Schließlich folgten noch Sahne und Brühe, damit das ganze eine Soße ergab.

Die Nudeln waren inzwischen auch al dente, sodass Micha sie abschütten konnte. Währenddessen rief er hoch: „Gero, ich hab gekocht! Das Essen ist fertig! Kommst du bitte?“

„Ja gleich!“, kam daraufhin die recht schlecht gelaunte Antwort von oben.

Micha deckte derweil schon den Tisch und brachte dann das Essen auf den Tisch. Er setzte sich und machte seinen Teller voll. Auf Gero zu warten hatte ohnehin nur den Sinn das Essen kalt werden zu lassen, da bei ihm „ja gleich“ eigentlich eher irgendwas zwischen zehn Minuten und einer halben Stunde bedeutete.

Also begann er zu essen. Doch zu seinem Erstaunen hörte er schon kurz darauf Gero die Treppe herunterpoltern. Er kam durch die Küche ins Esszimmer und setzte sich Micha gegenüber. Mit gekräuselten Nasenflügeln begutachtete er das vegetarische Essen. Er sagte aber nichts, sondern schöpfte sich lediglich Nudeln und dann Soße, begann stumm zu essen.

Micha ignorierte es einfach, dass Gero ihn noch nicht begrüßt hatte, sondern fragte: „Kommst du mit deiner Hausarbeit voran?“ Für einen Moment sah Gero ihn daraufhin an. Und Micha war sich sicher, dass dieser Blick seine Todesursache sein könnte.

Doch Gero sagte nichts, sondern konzentrierte sich wieder auf sein Essen.

Micha war ehrlich gesagt froh darum, denn in letzter Zeit rastete Gero doch recht schnell aus und war auch extrem reizbar.

So verlief das Essen schweigend, bis sie fertig waren und Gero fragte: „Und wie war dein Zeugnis?“

„Geht so“, antwortete Micha wahrheitsgemäß. Er hatte es zwar geschafft sich beispielsweise in Chemie auf eine drei zu steigern, doch in Französisch war er dafür auf eine vier runtergerutscht.

„Ich schau’s mir nachher mal an, ich sollte aber jetzt besser weiterarbeiten. Machst du die Küche?“ Gero hatte sich erhoben und wollte schon wieder zur Tür gehen, da stellte Micha sich ihm in den Weg und entgegnete: „Willst du nicht lieber mal eine kleine Pause machen? Dich nur für ein Stündchen zu mir gesellen? Du hast in den letzten Tagen pausenlos an der Hausarbeit gesessen und wenn ich dich nicht dran erinnern würde, würdest du glatt noch das Essen, Trinken und Schlafen vergessen; nur ans Rauchen denkst du. Eine Stunde entspannen wird dir nicht schaden. Danach kannst du dich bestimmt auch wieder besser konzentrieren.“

„Micha, ich will fertig werden mit dem Ding“, seufzte Gero und schob Micha zur Seite, öffnete die Tür und ging die Treppe hinauf. Micha folgte ihm und sagte vorwurfsvoll: „Du hast mich heute noch nicht einmal begrüßt! Gero, was bringt es dir denn, wenn du auf Biegen und Brechen weiter schreibst? Mach ’ne Pause, dann wird es dir wieder leichter fallen. Leg dich einfach nur aufs Sofa und leg die Beine hoch, schau ein bisschen Fernsehen und lass dein Gehirn mal kurz zur Ruhe kommen.“

Doch Gero saß schon wieder vor dem PC und ignorierte Micha, der neben ihm stand, geflissentlich. Da wurde es dem zu dumm. Kurzerhand zog er den Stuhl, auf dem Gero saß, zurück, setzte sich auf seinen Schoß und griff nach der Maus, die Gero vor Schreck losgelassen hatte.

Er speicherte ab, schloss die Dateien ab und fuhr dann den PC herunter.

„Bist du eigentlich bescheuert?“, brauste daraufhin Gero auf und Micha erhob sich wieder.

„Nein“, antwortete er ruhig. „Ich will nur nicht, dass du dich überarbeitest und dadurch unausstehlich wirst. Es ist doch nur eine Stunde, nun stell dich nicht so an!“

„Ich stell mich aber an! Diese eine Stunde muss ich nachher weniger arbeiten, wenn ich es jetzt erledige!“, brüllte Gero, doch Micha erwiderte gelassen: „Du hast du Wahl: Entweder du streitest dich jetzt eine Stunde lang mit mir oder du ruhst dich eine Stunde lang mit mir aus, aber arbeiten wirst du in der nächsten Stunde nicht.“ Er reichte Gero die Hand und lächelte. „Nun komm schon, ich will mich nicht streiten.“

Seufzend ergriff Gero die ihm dargebotene Hand, murmelte: „Aber wirklich nur eine Stunde.“ und folgte Micha wieder nach unten ins Wohnzimmer, wo dieser ihn zum Sofa führte.

Micha setzte sich und sagte Gero er solle sich hinlegen und den Kopf in seinen Schoß legen. Der tat wie ihm geheißen und als er dann da lag, schloss er die leicht geröteten und überanstrengten Augen.

Micha nutzte den Moment, um ihn sanft auf die Lippen zu küssen und spürte, wie Gero den Kuss ebenso zart erwiderte.

„Du wirst es nicht bereuen, glaub mir“, flüsterte Micha und streichelte Gero durchs Haar.

Und auch wenn der es niemals zugeben würde, Micha wusste, dass Gero das liebte.

„Ich hoffe es für dich“, murmelte der Rothaarige und Micha spürte, wie er sich langsam entspannte.

Micha genoss es Gero bei sich zu haben. In letzter Zeit hatten sie sich kaum gesehen, auch wenn Micha inzwischen praktisch hier wohnte. Gero war nur am Arbeiten und für Nähe und Zärtlichkeit hatte er keine Zeit mehr. Auch abends nicht, denn da war er zu müde, weil er doch recht spät schlafen ging und am nächsten Morgen früh wieder aufstand, um weiter zu schreiben.

Eigentlich würde sich Micha nun gerne ganz nahe an Gero schmiegen und einfach nur die Nähe zu ihm genießen, aber so entspannte sich dieser wohl besser und für die Zeit der Hausarbeit musste Micha sich wohl zurücknehmen.

„Willst du dich nicht zu mir legen?“, fragte Gero allerdings plötzlich und Micha hielt in seiner Bewegung inne. Gero schaute ihn von unten her an und Micha kam nicht umhin zu erkennen, dass etwas Bittendes in dem Blick lag.

So stand er auf und legte sich zu Gero, der ihn mit offenen Armen empfing und ihn dann in diese schloss. Es hatte doch einen erstaunlichen Vorteil, dass sie auf dem Sofa lagen, denn so mussten sie sich recht eng aneinander schmiegen.

Michas Herz klopfte. Er hatte es so sehr vermisst so in Geros Armen zu liegen und nun war es endlich wieder einmal so weit.

Er spürte Geros Lippen an seinem Nacken und an seinem Ohr, dann flüsterte dieser: „Ich liebe dich, Micha. Entschuldige bitte, dass ich in letzter Zeit so gereizt bin, aber die Hausarbeit macht mich wahnsinnig und ich möchte das so schnell wie möglich rum haben, damit ich wieder mehr Zeit für dich habe.“

„Ist schon okay“, erwiderte Micha und lächelte sachte. „Ich versteh das schon, aber du musst aufpassen, dass du nicht zu viel arbeitest.“

„Dafür habe ich ja dich“, flüsterte Gero und Micha spürte im Nacken, wie sich dessen Lippen zu einem Grinsen verformten. „Und wenn ich mit dem Drecksteil fertig bin, dann schlafen wir endlich miteinander.“

Micha erwiderte nichts darauf, sondern nickte nur kaum merklich. Er hatte die Augen geschlossen und atmete tief durch. In diesem Moment war es ihm egal, ob sie überhaupt jemals miteinander schliefen, in diesem Moment war er einfach nur glücklich und zufrieden in Geros Armen liegen zu dürfen und das Privileg zu genießen Geros Zärtlichkeit für sich allein in Anspruch nehmen zu können.

Als er Gero kennen gelernt hatte, hatte er sich nicht vorstellen können, dass Gero wirklich so liebenswert und so sanft sein konnte, aber er war eines Besseren belehrt worden. Und er war froh darum.

Doch da löste Gero eine Hand von Micha und der drehte seinen Kopf so weit es ging, um zu sehen, warum Gero das tat.

Dieser griff in seine Hosentasche, zog sein Handy heraus, tippte etwas hinein und legte es dann, über Micha hinweg greifend, auf den Wohnzimmertisch. Skeptisch fragte Micha: „Was war das denn?“ Aber Gero antwortete nur gelassen, Micha wieder näher an sich ziehend: „Ich hab mir den Wecker gestellt, falls wir einschlafen sollten.“

Der Blonde seufzte.

Gero ließ seine Hand unter Michas T-Shirt wandern und streichelte ihm sanft über seinen Bauch. Micha zuckte unwillkürlich zusammen, ob dieser unerwarteten Berührung, doch nur Bruchteile von Sekunden später genoss er diese Liebkosung. Es störte ihn nicht und er wusste, dass Gero diesmal nicht an irgendetwas anderes dachte, sondern nur bei dieser einen Berührung war, nur ganz und vollkommen bei ihm.

„Du tust mir gut“, vernahm er dann Geros Stimme ganz nah bei seinem Ohr und sein warmer Atem jagte ihm einen wohligen Schauer über den Rücken.

Micha konnte nun nicht anders. Er drehte sich um, sodass Geros Hand nun auf seinem Rücken ruhte und ihre Gesichter einander zugewandt waren. Dann lächelte er zufrieden und küsste Gero sanft.

Alle aus seiner Klasse waren hinunter an die Promenade gegangen, um die Ferien mit einem ordentlichen Rausch zu begrüßen. Sie hatten nicht verstanden, dass Micha nicht mitgekommen war, doch er bereute es keineswegs. Um nichts in der Welt wollte er diesen Moment tauschen. Diese Ruhe, diese schlichte Glückseligkeit.

Er spürte, wie die Anspannung in ihm mehr und mehr nachließ.

Alle äußeren Einflüsse verloren an Bedeutung. Ella, Geros Vater, seine eigenen Eltern, die Schule.

Nur noch sie beide waren wichtig.

Er lehnte den Kopf auf Geros Arm, schloss die Augen und genoss einfach nur.
 

Gero war seinem Vater tatsächlich wie aus dem Gesicht geschnitten.

Und sein gutes Aussehen hatte er eindeutig von seinem Vater.

Und auch für seine Tätowierung schien der Vater das Vorbild gewesen zu sein, denn als sie zusammen im Strandbad gewesen waren, hatte Micha dessen Tattoo sehen können. Er hatte auf der rechten Flanke zwei Hände, die zum Gebet zusammengelegt waren und einen Rosenkranz hielten, tätowiert.

Es war Gero wirklich anzusehen, dass es ihm gut tat seinen Vater wieder zu sehen und der hatte auch einen Heidenspaß mit seinem Sohn. Allein das nahm Micha etwas die Anspannung, auch wenn er dennoch sehr zurückhaltend war.

Und was ihm am meisten auffiel war, dass Geros Vater den gleichen, leicht verkorksten Humor hatte wie Gero selbst.

Insgesamt ging er recht locker mit der Situation um. Und doch bemerkte Micha die Blicke, die sie trafen, wenn Gero ihm einen flüchtigen Kuss gab, oder seine Hand ergriff.

Als sie wieder bei Gero waren und sein Vater kurz ins Bad verschwunden war, küsste Gero Micha, ergriff seine Hand und fragte: „Siehst du? Ist doch alles halb so wild, oder?“ Micha nickte, wenn auch etwas unsicher. Für ihn war es immer noch ungewohnt, dass Gero einen Vater hatte, der nun hier war.

„Wo schläft dein Vater denn eigentlich? Müssen wir noch das Sofa für uns vorbereiten?“, fragte Micha schließlich, doch Gero entgegnete lachend: „Er schläft in seinem Schlafzimmer. Das Zimmer neben dem Bad.“

Micha fiel erst jetzt auf, dass er noch nie auch nur einen Blick in dieses Zimmer geworfen hatte, aber es klang doch recht plausibel…

„Ich hoffe, du hast genug Bier geholt, Jungchen, wenn wir heute Abend grillen“, meinte Geros Vater gut gelaunt, als er zu den beiden ins Wohnzimmer kam.
 

Der Abend verging recht schnell, doch Micha wunderte sich. Gero trank kein einziges Bier. Dagegen sein Vater um so mehr. Und je mehr er trank, desto redseliger wurde er und nun glaubte auch Micha endlich, dass er von ihm angenommen und akzeptiert, ja fast sogar gemocht wurde.

Aber irgendwann begann er dann Witze zu machen und sie wurden immer schmutziger.

Da erhob sich Gero plötzlich und sagte: „Tut mir leid, Papa, aber der Tag war doch recht anstrengend, Micha und ich gehen jetzt wohl besser ins Bett.“ Verdutzt blickten Geros Vater und Micha den Rothaarigen an, doch als Micha Geros eindringlichen Blick wahrnahm, da erhob er sich prompt und sagte: „Ist wohl wirklich besser, mir fallen auch gleich die Augen zu. Gute Nacht.“

„Nacht“, erwiderte dieser nur etwas verstimmt und trank noch einen Schluck Bier, als Gero Michas Hand ergriff und ihn aus dem Wohnzimmer zog.

Sie gingen hoch ins Schlafzimmer und Gero schloss die Tür hinter ihnen.

„Was war das denn?“, fragte Micha und ging an den Schrank, um sich einen frischen Schlafanzug herauszunehmen. Gero hielt das nicht für nötig, sondern zog sich lediglich die Hose aus, und sein Schlaf-Shirt an, während er antwortete: „Es wurde Zeit. Wenn mein Vater zu viel getrunken hat und anfängt Witze zu erzählen, dann sucht man besser schnell das Weite.“

„Sind die Witze etwa so schlecht?“, fragte Micha irritiert und öffnete die Tür, um ins Bad zu gehen; Gero folgte ihm, schloss die Badezimmertür ab.

„Daran liegt es nicht wirklich…“ Wie Micha nahm er sich seine Zahnbürste und tat sich Zahnpasta darauf.

„Woran dann?“, fragte Micha nun noch irritierter und begann sich die Zähne zu putzen.

„Ist doch egal“, entgegnete Gero daraufhin und begann ebenfalls mit dem Zähneputzen. Der Blonde hob nur die Augenbrauen und beschloss zu warten, bis sie mit der Zahnpflege fertig waren, um Gero weiter auf den Zahn zu fühlen.

Seltsamerweise schien Gero es heute damit genauer zu nehmen, als sonst, denn er schrubbte bestimmt gute fünf Minuten, bis er sich endlich den Mund mit Wasser ausspülte. Derweil hatte Micha sich auf den Badewannenrand gesetzt und gewartet. Nun fragte er aber endlich: „Warum willst du es mir denn nicht sagen?“

Gero schwieg und wusch sich das Gesicht ausgiebig, Micha hatte das schon erledigt.

„Was ist denn so schlimm? Macht er Schwulenwitze, oder was?“, fragte Micha schließlich und lächelte.

Doch das Lächeln verging ihm, als Geros Blick ihn traf.

Es war eigentlich ironisch gemeint gewesen.

„Ich wollte uns das ganz einfach ersparen“, entgegnete Gero nun ruppig. Und plötzlich schien er fertig zu sein, denn nun schloss er die Tür wieder auf und stampfte in ihr Schlafzimmer zurück. Micha tapste ihm hinterher, schloss die Tür hinter sich.

„Aber so schlimm ist das doch nicht, ich meine, ich bin doch einiges gewöhnt, du musst keine Rücksicht auf mich nehmen.“ Er lächelte unsicher, als Gero sich ins Bett legte, ihn keines Blickes würdigte. Und dann brummte der: „Vielleicht bist du ja einiges gewöhnt, ich nicht. Außerdem sind die Witze meines Vaters nicht gerade von der feinen Sorte…“

„Tut mir leid“, murmelte Micha und legte sich zu Gero.

„Warum?“, fragte der und Micha antwortete: „Wenn ich nicht wäre, dann wäre all das nicht so kompliziert und problematisch…“

„Du nervst“, brummte Gero wieder. „Bitte gefälligst nicht um Entschuldigung für deine Existenz!“

„Aber…“

„Nichts ‚aber’“, unterbrach Gero ihn unwirsch. „Es ist schließlich mein Vater, der die dummen Witze reißt.“

„Aber das ist doch nun mal seine Art und wenn er doch betrunken ist…“ Micha wollte nicht, dass Gero nun sauer auf seinen Vater war. Der allerdings entgegnete: „Und trotzdem muss er sich damit abfinden, dass er mit solchen Witzen jetzt auch seinen eigenen Sohn verarscht. Punkt. Und eigentlich wollte ich nicht mit dir darüber streiten.“

„Aber ich kann nicht schlafen, wenn es dir deswegen schlecht geht“, murmelte Micha.

„Dann lass uns eben nicht schlafen“, vernahm er nun wieder Geros Stimme und irgendwie hatte sich der Tonfall geändert. Entweder Micha schnappte über, oder da schwang ein Hauch Laszivität mit.

Nun drehte Gero sich zu ihm um und zog ihn zu sich, küsste ihn.

„Was wird das, Gero?“, fragte Micha etwas überrascht, als Gero einen Moment lang von seinen Lippen abließ, um sich seinem Hals zuzuwenden.

„Ich habe heute nichts getrunken“, flüsterte Gero zwischen zwei Küssen.

Und da vergaß Micha die Diskussion von zuvor. Gero wollte jetzt mit ihm schlafen!

„Ja, aber…“, setzte Micha an, da wandte sich Gero seinem Ohr zu und begann sanft sein Ohrläppchen zu liebkosen, woraufhin Micha ein Schauer überkam und er scharf die Luft einsog.

Geros Reaktion war ein Grinsen und er begann langsam Michas Schlafanzugoberteil aufzuknöpfen.

Mit jedem Knopf den er öffnete, küsste er die darunter frei gewordene Haut und als er beim letzten angelangt war, da bebte Michas Körper. Er setzte sich auf, Gero hatte sich über ihn gekniet.

So streifte der Rothaarige ihm langsam das Hemd von den Schultern und Micha fasste sein Gesicht, um ihn zu küssen. Leidenschaftlich.

„Ich liebe dich, Gero, ich liebe dich so sehr“, hauchte er ihm ins Ohr und spürte, wie dessen Körper erbebte.

Er musste lächeln und begann nun Gero das T-Shirt auszuziehen. Der ließ das bereitwillig geschehen und als Micha das Oberteil neben das Bett fallen ließ, da flüsterte er, Micha zurück in die Kissen drückend: „Du bist der erste und einzige Junge mit dem ich schlafen will, das muss für dich Liebesbeweis genug sein, denn ich glaube, es gibt kein Wort das beschreibt wie sehr ich dich liebe.“

Der Blonde ließ es zu, dass Gero nun begann ihm auch die Schlafanzughose auszuziehen, hob die Hüften an, damit es besser ging.

Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals.

Er wollte es.

Er wollte es so sehr!

Die unzähligen Male, die er mit Robin geschlafen hatte, waren schon jetzt nichts im Vergleich zu dem, was er in diesem Augenblick empfand.

Auch wenn es mit Gero das erste Mal sein würde, er hatte keine Angst. Er konnte kaum beschreiben, was er gerade fühlte. Es war Vorfreude, gepaart mit Lust und absoluter Hingabe und Vertrauen.

Gero küsste seine Brust, seine Arme, seinen Bauch.

Micha lehnte den Kopf in den Nacken und je tiefer Gero kam, desto flacher wurde sein Atem.

Seine Muskeln spannten sich an, nur um sich gleich darauf wieder zu entspannen. Jede einzelne Faser in ihm schrie förmlich nach Geros Berührungen.

Dieser zog ihn nun allerdings mit einem Ruck zu sich auf den Schoß und küsste ihn wieder auf die Lippen, hauchte ihm die Küsse eher darauf. Sie beide verlangten nach mehr und besonders Geros Hände, die Michas Rücken hinunter fuhren. Und sie machten nicht Halt am Bund der Boxershorts, sondern glitten hinein und legten sich um seinen Hintern.

Als sie dann zupackten musste Micha sich von Gero lösen und die Lippen aufeinander pressen, damit ihm kein Laut entglitt.

„Gero?“, fragte er dann fahrig. „Gero liebst du mich wirklich? Bitte sag mir, dass du mich wirklich liebst, bitte!“

„Ich liebe dich, Micha, ich liebe dich“, hauchte er und schnappte nach Michas Ohrmuschel.

Nun gingen auch endlich Michas Hände auf Wanderschaft. Er strich Gero über die breiten Schultern, fuhr das Tattoo unter der weichen Haut nach, erkundete dann Geros Brustmuskeln.

Doch plötzlich klopfte es an der Tür und Michas Bewegungen erstarben. Seine Muskeln verkrampften sich und er sah Gero fast schon ängstlich an.

Das konnte doch nur dessen Vater sein und wenn der nun hineinplatzte und sie so sah…!

Prompt brachte er Abstand zwischen sich und Gero und nun schaltete auch dieser: „Warte kurz!“, rief er seinem Vater zu, setzte sich neben Micha und zog die Decke über sie.

Und keine Sekunde zu früh, denn in dem Moment öffnete sich die Tür und ein Lichtspalt drang ins Zimmer, als Geros Vater seinen Kopf hereinstreckte.

„Ich wollte dir… euch nur eine gute Nacht wünschen… habe ich euch gestört?“, fragte er und ihm schien die Situation ebenso peinlich zu sein wie Micha und Gero.

Der Blonde bemühte sich seinen Atem unter Kontrolle zu halten. Dennoch konnte er nicht anders als zu glauben, dass Geros Vater jede Stelle auf seiner Haut genau sehen konnte, die sein Sohn geküsst hatte. Seine Wangen glühten, sein Haar war zerzaust und wahrscheinlich hatte er auch noch einen riesigen Knutschfleck am Hals…

Spätestens jetzt hatte er es sich mit Geros Vater versaut.

Gero wollte gerade ansetzen etwas zu sagen, da kam Micha ihm hastig zuvor: „Nein, keine Sorge, wir wollten gerade schlafen.“

Er hatte Angst, dass Gero hätte ‚ja’ sagen können.

Diese Situation war schrecklich!

„Nacht, Papa“, sagte Gero nach einem scheinbar endlosen Augenblick der alles erdrückenden Stille.

„Gute Nacht“, murmelte nun auch Micha, wagte es nicht zu dem Mann zu sehen, der in ihrer Schlafzimmertür stand. Stattdessen blickte er auf seinen Schatten, der sich in der Dunkelheit des Zimmers verlor.

„Tut mir leid, gute Nacht.“ Damit schloss Geros Vater die Tür wieder und Micha ließ sich nach hinten fallen, bedeckte sich die Augen mit den Händen. Er konnte es nicht fassen. Und erschüttert nuschelte er: „Er hat es gewusst. Er wusste, dass wir miteinander schlafen wollten. Oh Gott, Gero!“ Er vergrub das Gesicht an Geros Brust, der inzwischen neben ihm lag. „Das ist so peinlich! Jetzt hasst er mich bestimmt!“

Er war verzweifelt.

Gero hingegen seufzte und legte seine Arme um ihn. Dann sagte er leise: „Er hasst dich nicht. Er muss damit leben…“ Er hielt inne. Wahrscheinlich war es ihm ebenso peinlich wie Micha.

Damit war das Thema für diese Nacht wohl gegessen.

Dabei hatte Gero extra nichts getrunken. Nur für ihn.

„Tut mir leid, Gero, ehrlich“ Er wollte heulen. Das durfte doch einfach nicht wahr sein! Gero jedoch küsste seinen blonden Schopf sanft und erwiderte: „Ist okay. Kannst doch nichts dafür.“
 

„Kannst du nicht warten, bis ich herein oder irgendwas sage?“

Er wurde von Geros wütender Stimme geweckt und als er sich umsah erkannte er, dass dieser nicht neben ihm lag.

„Kann ich wissen, dass du es gerade mit einem Kerl treibst, wenn ich da bin?“ Diese ebenso zornige Stimme gehörte Geros Vater und sie drang aus dem Flur zu ihm.

„Mit wem ich es treibe geht dich ja wohl 'nen Scheißdreck an!“, brüllte wieder Gero. Aber sein Vater stand ihm in der Lautstärke in nichts nach und entgegnete: „Pass auf, was du sagst, schließlich finanziere ich deinen gesamten Lebensstil!“

„Schön, hättest halt verhüten müssen, wenn’s dir nicht passt!“

„Na das brauchst du ja jetzt nicht mehr tun, wenn du jetzt schon Kerle flachlegst!“

„Hör auf mir zu unterstellen, ich würde jeden x-beliebigen Typen ficken! Ich hab dir schon mal gesagt, dass das was ganz Anderes ist!“

Nun vernahm Micha wie sie geräuschvoll ins Erdgeschoss gingen und dort ihre Diskussion fort führten, Geros Vater war wieder an der Reihe etwas zu sagen: „Etwas ganz Anderes! Etwas ganz Besonderes! Du hörst dich an!“ Nun verstand er nicht mehr genau, was er sagte.

Oh Gott!

Ihm wurde schlecht.

Nun stritten Gero und sein Vater sich nur wegen ihm! Dabei war das doch die einzige Zeit im ganzen Jahr in der sie sich sahen.

Mit dem Gefühl, als ballte sich eine Faust um sein Herz und drückte es immer weiter zusammen, stand er auf und verließ geräuschlos das Schlafzimmer, um sich auf den oberen Treppenansatz zu setzen.

„Es geht dir doch nur darum, dass ich euch beim Sex erwischt hab!“, hörte er wieder die Stimme von Geros Vater.

„Wir hatten doch noch nicht einmal Sex! Und ich hätte es auch nicht toll gefunden, wenn du in mein Schlafzimmer reingeplatzt wärst, als ich noch mit Ella zusammen war! Bei mir hat das gar nichts mit Micha zu tun! Und bisher hast du dich ja auch so schrecklich liberal gegeben! Sag’s mir doch einfach, wenn du’s scheiße findest, dass ich mit ihm zusammen bin, dann kann ich dir nämlich sagen, dass ich auf deine Meinung scheiße und dann wissen wir beide woran wir sind!“

„Was erwartest du denn von mir? Dass ich Luftsprünge mache und jubele: ‚Juhu, mein Sohn ist schwul!’? Du spinnst doch! Und schließlich bist du derjenige, der sich hier anstellt!“

„Ach lass mich doch, ich geh eine rauchen!“

Kurz darauf vernahm Micha, wie die Balkontür zugeschlagen wurde.

Er erhob sich wankend und ging zurück ins Schlafzimmer, zog sich um.

Er sollte wohl besser gehen. Er wollte, dass Gero die Zeit mit seinem Vater genießen konnte.

Er ging hinunter. Geros Vater war in der Küche. Micha ging jedoch hinaus auf den Balkon zu seinem Freund. Der sah auf und brummte: „Na? Ausgeschlafen?“

Stumm nickte Micha, blieb etwas unschlüssig vor der Tür stehen.

„Ich gehe jetzt nach Hause, ich wollte mich nur noch eben von dir verabschieden.“ Damit wollte er sich umdrehen und wieder nach drinnen gehen, doch Gero fragte etwas verdutzt: „Hä? Warum willst du denn jetzt nach Hause gehen?“

„Naja… ich will einfach nicht, dass du dich mit deinem Vater streitest wegen mir. Wir können ja noch telefonieren, aber es wird wohl besser sein, wenn ich gehe.“ Es fiel ihm nicht leicht das zuzugeben. Er hatte sich wieder zu Gero umgedreht und nun schwiegen sie. Also versuchte Gero das Wortgefecht nicht abzustreiten?

„Rufst du mich dann in den nächsten Tagen mal an?“, fragte Micha etwas schüchtern.

„Ach, Morgen Micha“, vernahm er nun die Stimme Geros Vaters hinter sich, als der die Balkontür öffnete und zu ihnen in die warmen Sonnenstrahlen heraustrat.

„Guten Morgen“, murmelte Micha und wagte es nicht dem Mann ins Gesicht zu sehen. „Also bis dann, Gero. Auf Wiedersehen, Herr Hellinger, es war nett Sie kennen zu lernen.“ Er vermied noch immer den Augenkontakt zu Geros Vater, reichte ihm aber die Hand. Der allerdings ergriff diese nicht, sondern musterte den Blonden etwas verdutzt und fragte: „Wieso willst du denn schon gehen?“

„Naja… also ich…“, stotterte Micha und stellte fest, dass sich seine Wangen röteten.

„Nun setz dich doch endlich!“, mischte Gero sich endlich ein, ergriff Michas Hand und zog ihn neben sich auf die Bank. Sein Vater setzte sich ihnen gegenüber auf einen der beiden Stühle und sah Micha noch immer auffordernd an. Doch als der keine Anstalten machte noch etwas zu erwidern, sagte er: „Es muss dir nicht peinlich sein, was gestern war, ich meine…“

„Jetzt halt doch mal die Klappe, Papa!“, unterbrach Gero ihn ruppig, als er bemerkte, wie Michas Gesicht ein noch dunkleres Rot annahm. Die ganze Situation war ihm extrem unangenehm. Und er wünschte sich auf der Stelle im Boden zu versinken, so sehr schämte er sich.

„Hör auf so mit mir zu reden, immerhin bin ich dein Vater!“, brauste dieser nun auf. Gero allerdings drückte die Zigarette im Aschenbecher aus und brummte: „Ja ja, `tschuldigung.“

„Also ich geh wieder rein, ich muss noch ein paar Dokumente durchgehen. Wenn ihr mich braucht, ich bin im Arbeitszimmer.“ Mit diesen Worten erhob sich der Mann und ging wieder hinein.

Gero drückte Michas Hand leicht und fragte leise: „Willst du wirklich gehen?“

„Eigentlich will ich bei dir bleiben, aber ich will auch nicht, dass du dich mit deinem Vater streitest nur wegen mir, schließlich siehst du ihn so selten…“ Er lehnte den Kopf gegen Geros Schulter und seufzte.

„Ich würd mich auch mit ihm verkrachen, wenn du nicht da wärst, irgendeinen Grund zum Streiten finden wir immer. Dafür kannst du rein gar nichts“, antwortete Gero.

„Wir hätten gestern fast miteinander geschlafen“, murmelte Micha und hob den Kopf, um Gero anzusehen. Der erwiderte den Blick fest und nickte langsam.

„Glaubst du, es wäre schön geworden?“, fragte Micha zögerlich und legte seine Beine über eines Geros. Der zog ihn an sich, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu drücken und sagte dann, milde lächelnd: „Mit Sicherheit.“

„Glaubst du, dass wir es jemals schaffen werden miteinander zu schlafen?“, fragte Micha und dachte daran, dass sie es nun doch schon länger wollten, aber nie dazu gekommen waren.

„Wenn nicht, dann tick ich aus“, entgegnete Gero und setzte ein schiefes Grinsen auf. Micha schwieg und sah zu Boden.

Dann hob er den Blick, lächelte und streifte Geros Wade mit seinen Zehen.

„Ich auch“, sagte er schließlich und sein Lächeln wurde breiter. Gero lachte daraufhin: „Na das will ich sehen!“ Micha stimmte in sein Lachen mit ein und war froh, dass diese schrecklich bedrückende Stimmung nun verschwunden war.

Dann nahm sich Gero noch eine Zigarette aus der Packung und zündete sie sich an.

„Du rauchst zuviel“, mahnte Micha ihn, doch er erwiderte nur gelassen: „Ist nicht dein Problem.“ Dann pustete er den Rauch aus und küsste Micha. Der leckte sich anschließend über die Lippen und meinte ironisch: „Hmm, Aschenbechergeschmack… man sollte mal Kaugummi mit Aschegeschmack herausbringen, das ist ’ne Marktlücke…“

Gero lachte und gab ihm einen leichten Klaps auf den Hinterkopf.
 

Und langsam hatte es sich eingerenkt.

Micha hatte sich mit der Zeit besser mit Geros Vater verstanden, dennoch hatten sie die Thematik der Beziehung zu seinem Sohn geflissentlich außen vor gelassen.

Und so war Micha doch traurig, als er wieder gehen musste. Er brachte ihn zusammen mit Gero zum Flughafen und bekam sogar eine Umarmung zum Abschied. Dann war er zum Einchecken gegangen und Gero und Micha waren wieder nach Hause gefahren.

„Jetzt sind wir wieder allein“, hatte Gero gemeint und Micha hatte genickt.

In einer halben Woche würden sie miteinander nach Italien fahren. Micha freute sich schon darauf, aber irgendwie wurde es ihm doch noch recht flau im Magen, wenn er daran dachte. Zwei Wochen lang allein mit Gero.

Eigentlich sollte es gar nicht so ungewohnt sein, da er ja ohnehin fast schon bei diesem eingezogen war, aber normalerweise war Gero unter der Woche und manchmal auch am Wochenende in Isny. Micha hoffte nur, dass der Urlaub schön würde.
 

Und als sie endlich in ihrem Hotelzimmer waren, ließ Micha sich glücklich auf das Bett fallen.

Gero hatte auf ein Raucherzimmer bestanden, aber es roch gar nicht danach. Das einzige was davon zeugte, war, dass ein Aschenbecher auf dem Schreibtisch stand.

Gero ging als erstes hinaus auf den Balkon.

Und als er so schnell nicht wieder kam, stand Micha auf und folgte ihm hinaus. Er legte ihm den Arm um die Hüfte und sah mit ihm aufs Meer.

„Schön hier, nicht wahr?“, fragte Micha und strahlte Gero glücklich an. Der erwiderte jedoch etwas müde: „Ja, ganz nett.“ Dann ging er wieder hinein.

„Ist alles in Ordnung, Gero?“, fragte Micha besorgt und blieb in der Balkontür stehen, beobachtete Gero, wie der begann den Inhalt seines Koffers in den Schrank zu räumen.

„Ja ja, bin nur etwas müde von der Fahrt.“

„Sollen wir einen Kaffee trinken gehen?“, fragte Micha und kam zu Gero, um auch seine Kleider zu verräumen. Gero jedoch schüttelte bloß den Kopf und erwiderte: „Ist schon gut, ich muss mich nur ein wenig ausruhen.“

Er war die ganzen anspruchsvollen Strecken gefahren und sowieso den Hauptteil, weil Micha den Führerschein schließlich noch nicht so lange hatte und es sich noch nicht so recht zutraute lange Strecken zu fahren. Außerdem hasste er Tunnel und in der Schweiz, die sie ja durchfahren mussten, gab es viele und lange Tunnel.

„Willst du dich hinlegen?“, erkundigte sich Micha und räumte sein Necessaire ins Bad.

„Legst du dich mit mir hin?“, fragte Gero und räumte das letzte Hemd in den Schrank, dann half er Micha noch beim Rest.

„Wenn du willst, sonst kann ich dich auch ein wenig alleine lassen. Aber eine kleine Siesta kann eigentlich nicht schaden“, überlegte er und bedankte sich anschließend bei Gero für dessen Hilfe.

Gero zog sich eine Jogginghose und ein weites, weißes T-Shirt an, Micha zog sich eine Sweatshort an und ebenfalls ein Schlaf-Shirt, dann schlossen sie die Balkontüre und zogen den Vorhang zu. Die leicht schwüle Luft war drückend und machte müde, so hielt Micha einen Mittagsschlaf wirklich für keine schlechte Idee, besonders weil Gero am Abend wahrscheinlich ausgehen wollte.

Nun drang nur noch gedämpft Licht ins Zimmer und durch die orange-gelb-rot gemusterten Vorhänge wirkte es angenehm warm. Micha schlüpfte zu Gero ins Bett und schloss gerade die Augen, da zog dieser ihn an sich.

Er küsste ihn. Küsste ihn noch einmal.

„Wolltest du nicht schlafen?“, fragte Micha lächelnd, doch als Antwort bekam er nur einen leidenschaftlichen, verlangenden Kuss.

Er hockte sich auf Gero, fuhr ihm durch die Haare und beugte sich zu ihm hinunter, um ihn wieder zu küssen.

Gero nutzte die Gelegenheit um Micha das gerade erst angezogene T-Shirt wieder auszuziehen. Und als Micha sich wieder zu ihm hinunterbeugte, da drehte der den Spieß um, sodass Micha auf dem Rücken lag und er über ihm kniete.

„Ich liebe dich, Gero“, flüsterte Micha und sah den Rothaarigen aus großen, blauen Augen an.

„Ich liebe dich auch“, erwiderte dieser und hauchte Micha einen Kuss auf die Lippen

Und jetzt konnte sie niemand mehr stören.
 

Micha hatte den Kopf auf Geros Brust gelegt, sein Arm hing schlaff über Geros Bauch und sein Bein lag über dem Geros.

Er lag einfach nur da und war glückselig.

Es störte ihn nicht, dass sie so wohl den ganzen Nachmittag versäumten. Es störte ihn nicht, dass er nichts an hatte. Es störte ihn nicht, dass man von der Straße her den regen Verkehr durch die geschlossene Balkontür vernehmen konnte. Es störte ihn nicht, dass er verschwitzt war und dass es eigentlich viel zu warm war. Und es störte ihn nicht, dass Gero rauchte.

„Es war…“, setzte Gero an zu sprechen und etwas träge hob Micha den Kopf, sah Gero erwartungsvoll an.

„Wie war es?“, fragte er schließlich, als Gero nicht weiter sprach.

Er wusste, wie er selbst die Frage beantworten würde.

Er würde sagen, dass es nicht perfekt gewesen war, aber schöner als alles, was er je erlebt hatte.

„Es war anders…“, fuhr Gero nachdenklich fort.

Anders? Micha stützte sich auf und schaute Gero fragend an. War das jetzt schlecht?

Hatte es ihm nicht gefallen? Hasste er es? Würden sie jetzt nie wieder miteinander schlafen?

„Gero, das… ich… es tut mir leid… beim nächsten Mal wird es bestimmt besser und schöner und…“ Er wollte nicht, dass Gero den Sex mit ihm hasste! Das durfte nicht sein!

„Hab ich denn gesagt, dass es grausam war?“, unterbrach ihn Gero recht barsch. Langsam schüttelte Micha den Kopf und schluckte schwer. „Es war halt einfach anders… und seltsam. Aber von schlecht war nie die Rede. Es war nicht der beste Sex, den ich je hatte, aber es war…schön.“

Ehrlich und direkt. Micha lächelte.

„Und nun komm her“, murmelte Gero, drückte die Zigarette im Aschenbecher aus und zog Micha wieder zu sich, küsste ihn sanft und schloss dann die Augen, um schließlich doch zu seinem Schlaf zu kommen.

Micha beobachtete ihn noch eine Weile. Geros Gesichtszüge waren vollkommen entspannt, er wirkte zufrieden und glücklich. Und ebenso fühlte sich Micha.

Schließlich schloss auch er die Augen und schlief kurz darauf behaglich ein. Er hatte sich selten in seinem Leben so wohl und geborgen gefühlt.

Und das ausgerechnet in Geros Armen.



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Von:  Mado-chan
2013-02-16T22:07:50+00:00 16.02.2013 23:07
Okay.
Also ich mag die FF, auch wenn ich Micha verdammt nervig finde. Ganz ehrlich ich hätte Gero ja nicht noch so ne Chance gegeben, wenn der mich schlägt. Die Entwicklung der beiden ist aber echt schön zu lesen, auch wenn ich dank Micha ein oder zweimal überlegt hab die FF wieder weg zu klicken. Sorry, aber er ist so whiny, damit kann ich etwas schwer umgehen.
Ich habe aber seeehr über deinen Chemikerwitz mit dem Chlorradikal gelacht. XD Der war absolut geil.
Ich frage mich nur, hast du viel Ahnung von Chemie? O.O weil mich hat der Satz von Gero: "Wir machen nicht nur organische Chemie" irritiert. Organische Chemie ist sooooooo umfangreich. In der normalen Schule lernt man ja nicht mal komplett die Grundlagen. Zumindest war das an meiner Schule der Fall.
Ich finde es etwas schade, dass zum Ende hin Septima und Bess, Benne und so nur noch so wenig auftauchen. Vor allem Septima als beste Freundin von Micha hätte, meiner Meinung nach, etwas mehr eingebracht werden können. Besonders durch die Antipathie die sie, berechtigterweise, gegenüber Gero hat.

LG
Mado

Von:  Luca191
2011-04-25T06:31:17+00:00 25.04.2011 08:31
Also ich bin jetzt durch und muss sagen das ich diese FF sehr schön fand.
Du hast einen sehr angenhmen Schreibstil und die Idee war echt klasse.:D
Es hat mir sehr, sehr gut gefallen, vielen Dank fürs hochladen.:)
LG Luca
Von:  Yura-san
2010-08-28T09:41:44+00:00 28.08.2010 11:41
Deine Fanfic.. sie ist.. also... einfach.. nur... WOW!
Jetzt habe ich sie komplett durchgelesen, und ich bin einfach nur baff.
Super-toller Schreibstil, die Gefühle super-gut beschrieben und sonst einfach nur hammer!
Gero und Micha sidn zusammen ein SO süßes Paar, ich kann gar nicht genug von ihnen bekommen!
Ich liebe deine Fanfic so *~*
Ich kann gar nicht aufhören davon zu schwärmen ^-^
Da haben sich doch die Tage gelohnt, an denen ich noch vor der Schule zwei Kapis gelesen hab und deswegen immer viel zu spät losgefahren bin xD
Also echt, ich muss einfach nohcmal sagen:
wunderschöne Story!

Von:  Sherry_16
2009-12-19T07:20:16+00:00 19.12.2009 08:20
das war echt toll!
gero hat sich echt um 420° gedreht xD zum vergleich zu ihren ersten treffen *hüstel*
*~*
ich kann mich nur den anderen anschließen, finde es auch gut das du nicht alles beschrieben hast
^___~
*.* hoffe das war nich das letzte extra *////* ich mag die beiden so, und deinen schreibstil und überhaupt
alles toll *~*
weiter so!

Von:  eden-los
2009-12-08T17:24:19+00:00 08.12.2009 18:24
total süßes extra.... hab erst monate später lesen können, weil ich kein internet hatte.
Will noch mehr also schreib noch weitere geschichten.

lg lil
Von:  MaiRaike
2009-09-29T01:59:43+00:00 29.09.2009 03:59
Supersupersupersuper tolle Fanfic.

Eigentlich wollte ich heute früh ins Bett gehen.
Aber dann habe ich angefangen deine Fanfic zu lesen und jetzt ist es 4 Uhr.

Aufgrund meiner Müdigkeit, bin ich leider nicht ind der Lage einen langen, gut formulierten Kommentar zu schreiben. Deshalb muss ein simples Lob reichen.
Von:  chaos-kao
2009-08-06T15:25:09+00:00 06.08.2009 17:25
Hey, ich bin's nochmal ... nachdem ich die ganze FF jetzt noch einmal lese, ist mir ein Widerspruch aufgefallen. In Kapitel 8 hast du geschrieben, dass Geros Mutter Ella ganz verzweifelt wegen seiner Alkoholvergiftung angerufen hat und in dem Kapitel hier schreibst du, dass sie an Leukämie gestorben ist, als er noch klein war ^^'' Fällt wahrscheinlich kaum jemanden auf, wenn er nicht gerade beides ziemlich kurz nacheinander liest ^^''

Gruß
KaNi
Von:  chaos-kao
2009-08-06T11:17:24+00:00 06.08.2009 13:17
Ach, wie süß ist das denn *___* Wäre toll, wenn es noch mehr Extrakapitel gäbe, ich mag die beiden einfach nur total gerne ... die sind so knuffig zusammen ... und Gero ist richtig zahm geworden xDD
Liebe Grüße
KaNi
Von: abgemeldet
2009-08-06T10:05:46+00:00 06.08.2009 12:05
Haha, und außerdem war ich die erste, wollte ich noch einmal angemerkt haben xD
Von: abgemeldet
2009-08-06T10:05:15+00:00 06.08.2009 12:05
Wiiiieeee süß >.<
Und jetzt muss ich mich erst mal beschweren: Aber hey, nicht über das Kapitel oder "ausgelassene Szenen" xDDD Nein, sondern, weil das das erste Lebenszeichen seit Langem von dir ist... So hab ich das wenigstens im Gefühl...
Ich fand es gerade romantisch, dass du nicht alles beschrieben hast, da bleibt noch ein wenig Platz für meine Phantasie ^.~
Ich hoffe, dass du jetzt mal wieder ein wenig mehr von dir hören lässt... Vor allem bei mir *höhö*
Liebste Grüße


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