Wolfstraum von ToterKeks (Mini-Wettbewerb mit kiskil-lilla) ================================================================================ Kapitel 1: Wolfstarum --------------------- Wolfstraum Wovon die Wölfe träumen... Noch nie hatte er sie gesehen. Wölfe. Staunend richtete er den Blick wieder auf das Geschehen unter sich. Zuvor hatte er in den Mond geblickt, einen Mond der wunderbar und voll war. Es war eine traumhafte Nacht. Er beobachtete die Tiere, wie sie kämpften. Sie kamen ihm so fremd vor... Zwar hatte er schön öfters ‚normale‘ Wölfe gesehen, doch diese waren anders. Größer. Stärker. Und irgendwie ... magischer. Werwölfe. Von ihnen sollten Menschen sich fernhalten und wenn sie einen sehen und es überleben sollten, war es Pflicht, dies zu melden, damit die Tiere gejagt werden konnten. Doch er hatte es nicht verstanden. Warum wurden diese Tiere so verbissen gejagt? Was taten sie? In nahezu jeder Nacht hatte er sich rausgeschlichen um diese Tiere, die ihn aus irgendeinem Grund so sehr faszinierten, zu sehen. Heute, in einer Vollmondnacht war es soweit. Er beobachtete sie! Und er war sich sicher, dass sie ihn noch nicht bemerkt hatten. Oft schon in dieser Nacht hatte er versucht die Augen von ihnen zu wenden, doch er starrte sie immer wieder bewundernd an. Seine Sicht war zwar durch die Äste des Baumes in den er sich versteckt hielt behindert, aber das störte ihn wenig. Er hatte nichts gehört. Nichtmal die leisen Kratzgeräusche, so gebannt war er. Er spürte auch nichts. Nicht den Atem in seinem Nacken, nicht das Herannahen eines fremden Wesens. Hörte nicht das Grollen, was aus seiner Kehle kam. Sah nicht den Blick aus feuerroten Augen, der sich in seinen Rücken bohrte. Saß da, sah, hörte, fühlte und roch nichts. Was ihm zum Verhängnis wurde. Diese Nacht ist ein Kissen, auf dem wir beide liegen und wir mischen die Haare, ruhelos im Schlaf, ich sah seltsame Bilder, hab im Traum mich verwandelt, bekam Klauen und Zähne, als dein Blick mich traf. Unruhig erwachte Mariku, blickte sich zuerst desorientiert um. Kurz meinte er, im Wald zu sein, doch schließlich nahm er seine Umgebung wirklich wahr. Er war in einem dunklen Zimmer, dessen Fenster geöffnet war, wodurch Geräusche von draußen nach innen kamen und ihn zuerst hatten glauben ließen, er sei noch im Wald. Im Wald war er nicht, nein. Doch wo dann? Wem gehörte dieses Zimmer? Die Erinnerung kam zurück, in Form von einem einzigen Namen: Malik. Sein Freund. Lächelnd drehte er sich um, schmiegte sich eng an Malik und versuchte, wieder einzuschlafen. Es gelang. Doch es war kein ruhiger, kein erholsamer Schlaf. Was sah er? Was fühlte er? Etwas war seltsam, etwas war anders ... Da waren Wölfe ... Waren es wirklich Wölfe? Sie sahen so aus ... Aber wo war er? Im Wald? Ja, es musste der Wald sein, denn woanders ließen die Wölfe sich nie blicken. Aber er sah keine Bäume. Ein Schrei. Er schreckte hoch. Wer hatte geschrien? Er selber. Schmerzen. Wo kamen diese Schmerzen her? Sie vergingen. Etwas war anders. Er war anders. Doch warum? Dann sah, spürte er es. Fell. Er hatte ein Fell bekommen, Klauen und Zähne. Er war einer von ihnen! Ein Wolf! Wie war das möglich? Ein Rufen. Wer rief da? War es ein Traum? Was war wahr, was nicht? Er wusste es nicht, konnte nicht unterscheiden. „Mariku!“ Da war es wieder. Wem gehörte diese Stimme? Was wollte sie von ihm? Schmerz. Diesmal im Nacken. Einer der Wölfe hatte ihn gepackt, zog ihn mit. Er sräubte sich dagegen. Aber warum? Etwa nur weil er wissen wollte, wer ihn da rief? Doch er sah es. Ein Junge stand da, im Wald. Wer war er? Er kannte ihn, sein Gesicht war so vertraut, doch ... Er wusste seinen Namen nicht. „Geh nicht!“ Das Rufen war, schwach, mehr ein Flehen. Mariku sah den Jungen an. 'Warum nicht?', wollte er fragen, doch der Blick des Jungen bannte ihn. Liebe, Angst, Sorge, Trauer uns Schmerz spiegelten sich darin. Er konnte dem nicht standhalten. Er wollte diesen Jungen nicht sehen! Wieder dieser Schmerz im Nacken. Er schloss die Augen, ließ sich mitzerren. Wohin? Das wusste er nicht. Wusste gar nichts. Nur ... Vor dem Fenster im Tiere Schrie mit heiserer Kehle Und mit blutigen Pfoten Streifen sie umher, Die Gewehre in Anschlag, lehnten Jäger an Bäumen, hielten Ausschau nach Beute unter’m Sternenmeer. „MALIK!“ Ja, das war der Name des Jungen! Wieder und wieder rief er ihn, wollte ihm sagen, er solle mitkommen. Doch der Junge kam nicht. Er verschwand einfach. Er war ein Tier. Diese Erkenntnis zerris ihn innerlich. Er war ein Tier und auch wenn er es nicht wollte, er würde seinen Freund zerfleischen. Er musste gehen! Von da an vergaß er alles. Er wehrte sich nicht, ließ sich einfach mitzerren, rannte schließlich mit ihnen, jagte. Mit den Wölfen. Satt, so satt. Die Pfoten blutig, aber ein voller Magen. Der Wald gehörte ihnen und wehe dem, der ihn ihnen streitig machte! Ein Schuss. Ein Wolf, der verletzt war. Ein weiterer Schuss zerriss die Stille. Heulen. Flucht. Jäger. Sie jadten ebenfalls, wollten die Wölfe ausrotten. Wollten, dass sie nicht mehr Wild- und Nutztiere rissen. Wollten alle von ihnen tot sehen. Doch ihre Beute floh. Noch viele Schüße fielen, doch alle entkamen. Die Jäger waren vergebens hier. Sie würden sterben. Vielleicht nicht jetzt, nicht heute, doch die Wölfe würden jeden von ihnen jagen, zu Tode hetzten. So wie es schon immer war. Warum konnten die Jäger sie nicht einfach in Ruhe lassen? Wovon die Wölfe träumen, will ich heut’ Nacht erfahr’n, will zwischen ihren Leibern vergessen, wer ich war. „Mariku!!!“ Unsanft wurde er wachgerüttelt. Sofort verschand das Gefühl ein Tier zu sein. Doch der Traum ging nicht. Fraß sich in seinem Kopf fest. Sorgenvoll blickte Malik ihn an. Sah ihn an, als wüsste er, was geschehen war. Beruhigend strich er Mariku übers Gesicht. „Es war ein Traum, Mariku. Nichts weiter.“ Doch da war mehr, Mariku sah es in seinen Augen. Er wusste etwas. Langsam schüttelte er den Kopf und setzte sich auf. „Es war kein Traum ...“, murmelte er. Und dann: „Ich will es wissen. Will wissen, ob sie einen Traum haben ...“ Er spürte, wie Malik ihn von hinten umarmte, die Arme um seine Brust schlang, sich an ihn drückte. „Geh nicht, Mariku. Bitte geh nicht! Lass mich nicht allein, während du zu ihnen gehst, zu denen, die meine ganze Familie getötet haben! Bitte!“ Es zieht mich in die Wälder, zu den Jägern und Wölfen, in die mondlosen Nächte fern von deinem Blick, ich hab’ Klauen und Zähne, ich zerfetze die Laken, und du bleibst auf dem Kissen dieser Nacht zurück. Doch Mariku hörte ihn kaum. Zu groß war der Wunsch, zu groß die Macht des vollen Mondes, der durch das Fenster hereinschien. Er musste gehen. Mit einem Ruck befreite er sich aus Maliks Armen, drehte sich zu ihm um und küsste ihn ein letztes Mal. Beinahe wäre daraus ein Biss geworden, doch Mariku reagierte schnell. Statt Malik zerfetzte er die Laken, auf denen sie saßen, wandte sich um, sprang durch das Fenster. Als Wolf. Malik ließ er zurück, doch der Anblick von ihm hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Er wusste nicht, was er war, wer er war, wusste nichts, ließ sich nur von seinen Istinkten leiten, doch er sah immer wieder das gleiche Bild vor Augen. Das Bild von einem Jungen, der auf einem Bett saß und ihm entsetzt hinterherblickte. Und er verspürte den Wunsch, in nicht allein da zu lassen. Ihn zu sich zu holen, ihm Gesellschaft zu geben. Er wollte nicht, dass dieser Junge allein war. Wovon die Wölfe träumen, will ich heut’ Nacht erfahr’n, will zwischen ihren Leibern vergessen, wer ich war. Da war er wieder, der Wunsch nach Freiheit, verspürten ihn alle? Oder war er der einzige? Doch nun waren andere Sachen wichtig. Die Jagd. Das Rudel. Sein Verstand war wieder klar, auch wenn er in Wolfsgestalt war. Er konnte wieder denken. Wollte er es eigentlich? Ja, er musste. Denn es gab etwas, was er herausfinden musste ... Wovon die Wölfe träumen, will ich heut’ Nacht erfahr’n, will zwischen ihren Leibern vergessen, wer ich war. Wovon die Wölfe träumen... Wovon die Wölfe träumen... Ein Haus. Überall Blut. Tote. Und Wölfe. Wölfe, die dabeiwaren zu gehen. Manche machten sich auch über die Menschen her. Mariku roch das Blut. Es machte Hunger und Lust. Lust auf mehr. Doch für diese Nacht war es genug. Die Familien einiger Jäger waren tot und der Morgen graute. Sie mussten gehen. Bald wären sie frei. Dann würde es keine Jäger mehr geben. ...werd’ ich nur fern von dir erfahrn ... Mariku hob den Kopf. Es war fast wieder soweit. Bald war wieder Vollmond. Dann würde er die Wölfe für kurze Zeit verlassen. Ob Malik auch bemerken würde, was der Traum der Wölfe war? Ob er sich freuen würde ihn und auch seine Familie wiederzusehen? ~Owari~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)