Lost von TayaTheStrange ================================================================================ Kapitel 1: KangTa ----------------- Lost Sein Freund benahm sich seltsam. Er sah bei lauten Geräuschen verschreckt um sich und zuckte zusammen, wenn jemand seinen Namen rief. Seine Augen bewegten sich wie die eines Tieres, das sich in jedem Moment in der Falle sah. Ihre Begrüßung nach so langer Zeit war kaum so ausgefallen, wie KangTa sie sich erhofft hatte. Das Jahrgangstreffen ihrer alten Schule fand nach mehreren Problemen nun doch endlich statt und als er Wind davon bekam, dass sein bester Freund Tony auch zugesagt hatte, war seine Freude umso größer gewesen. Als KangTa endlich ankam - die Feier fand in einem alten Schullandheim in einer eher ländlichen Umgebung statt – war sein Freund schon anwesend. Tony saß mit dem Rücken zu ihm und schien leicht verträumt das allgemeine Treiben im Saal zu beobachten. Er grinste und schlich sich an. KangTa wollte nicht gemein sein, er wollte den zwar Älteren aber doch Kleineren nur etwas erschrecken. Seine Hand schnellte nach vorn und packte Tony im Nacken. Nicht sonderlich fest, aber kräftig genug. Währendessen freute er sich schon auf dessen erschrocken verdutztes Gesicht. Doch, wie schon zuvor erwähnt, kam es anders. Einen Augenblick lang schien sein Freund regelrecht eingefroren vor Schreck. KangTa spürte fast, wie die Kälte in seine Fingerspitzen kroch. Dann folgte ein lautes Scheppern. Tony war abrupt aufgesprungen und hatte sich umgedreht. Dabei war sein Stuhl zu Boden geschleudert worden. Noch im selben Zug vernahm KangTa die Worte: „Nein! Ich hab nichts Falsches…“ Doch der Satz wurde von dem gehetzt Aussehenden nicht zum Ende geführt. Endlich trafen sich ihre Blicke und die Angst wich aus den Augen Tonys. Dieser atmete hörbar erleichtert aus und begann dabei zu lächeln. „Chil Hyun! Man, hast du mich erschreckt.“ Sein Freund hoffte scheinbar, KangTa mit diesem Übergang vom vorher Geschehenen abzulenken. Dieser hatte auch mitgespielt und Tony herzlich begrüßt. Doch nun, wo er im Dunkeln neben dem jetzt Schlafenden saß, kam ihm das ganze fast noch seltsamer vor. Dass das Schullandheim als Veranstaltungsort gewählt worden war, brachte einen großen Vorteil mit sich. Man musste nicht mitten in der Nacht halb tot und Sternhagel voll den Weg nach hause finden. So hatte KangTa, nachdem sie einige Stunden gefeiert hatten, dafür gesorgt, dass Tony kein Glas mehr bekam und ihn in dieses abgelegene Zimmer gebracht. Sein Freund war nämlich dabei, sich kräftig zu betrinken, was KangTa zum ersten Mal sah. Es war auch nicht so einfach, ihn von der Party wegzubekommen. Letzten Endes hatte der Jüngere ihn aber auf ein Futon gedrückt und Tony war sofort eingeschlafen. Es war sehr still. Er lehnte mit dem Rücken an der Wand und beobachtete die schlafende Gestalt neben sich. Was war nur in Tony gefahren? Warum verhielt er sich so? KangTa dachte an früher. Sie hatten sich seit einem Jahr nicht gesehen. Er hatte sich oft bemüht, seinen Freund zu treffen, doch dieser hatte jedes Mal abgesagt. Vor diesem Jahr begegneten sie sich fast regelmäßig auf Eröffnungsgalern, Konzerten oder einfach nur so. Tony lachte viel, trieb seine Späße mit ihm und war nie um eine Antwort verlegen.. Und plötzlich kam es ihm so vor, als wäre er weit weg gegangen. Ihr Kontakt bracht fast völlig ab. Sie hatten nur gelegentlich telefoniert und Tonys Veränderung schlug sich auch in dessen Stimme nieder. KangTa hatte zu Anfang angenommen, dass dieser nur überarbeitet war und ihm gesagt, er solle kürzer treten. Tony antwortete ihm jedes Mal, dass er sich keine Sorgen machen solle. Er würde das schon schaffen. Doch mit der Zeit sagte er diesen Satz nicht mehr. Er erschien KangTa wie ein verschrecktes Kind und dieser wusste einfach nicht, wie er damit umgehen sollte. Durch eines der Fenster fiel stumm das Mondlicht in den Raum. Ein Teil davon ergoss sich über seine Füße, der Rest seines Körpers verweilte im Schatten. Doch Tony wurde fast völlig von dem weißen schein bedeckt. KangTa betrachtete seinen Freund sehr eingängig. Und da waren sie, diese Narben, die er schon vorher bemerkt hatte. Sie zogen sich, größere und kleinere, über die Hände und waren auch vereinzelt auf den Armen zu sehen. Tonys Versuch, sie mit einem langärmeligen Hemd zu vertuschen, hatte nicht ganz funktioniert. Außerdem war der Ansatz eines großen blauen Flecks, der sich vom Hals aus bis irgendwo ins Innere des Hemdes zog, kaum zu übersehen gewesen. Natürlich wurde KangTas Freund nicht nur von ihm selbst darauf angesprochen. Doch jedes Mal erfand Tony eine Ausrede. Den Fleck hatte er sich bei einem kleinen Treppensturz zugezogen und seine Hände waren das Ergebnis von Missgeschicken beim Kochen. Ersteres könnte KangTa ihm ja sogar noch abnehmen, doch Missgeschicke beim Kochen? Er kannte Tony und dieser war in der Küche ganz bestimmt nicht so außerordentlich ungeschickt. All dies ging KangTa durch den Kopf, den er etwas anhob, als sein Freund sich leise murmelnd zur Seite drehte. KangTas Hand näherte sich der Tonys zitternd. Er hatte Angst, ihn damit vielleicht zu wecken und wieder diese Panik in seinen Augen zu sehen. Und bei diesem Gedanken erreichte er die Hand seines Freundes. Er barg sie in seinen eigenen und lehnte den Kopf dagegen. Seine Augen schlossen sich immer fester. KangTas Fragen ließen sich einfach nicht beantworten und diese Tatsache trieb die Verzweiflung in seinen Geist. Genau diese Verzweiflung war es, die sich jetzt auf Tony zu übertragen schien. Nach einigen Minuten begann seine Hand zu zucken und dieses übertrug sich auf seinen gesamten Körper. KangTa blickte erschrocken auf und kniete sich neben seinen Freund. Dessen Augen bewegten sich unruhig unter den Lidern. „Seung Ho! Was ist los? Seung Ho!“ Leicht panisch sprach KangTa ihn an, doch Tony erwachte nicht. Stattdessen vergrößerte sich die Unruhe und mit ihr rangen sich Wortfetzen aus seinem Mund. „Nei- … bitte ich…ich will nicht…“ „Gott! Seung Ho! Bitte wach auf, du träumst nur!“ Tränen stiegen KangTa in die Augen. Tonys Kopf ruckte von einer Seite auf die andere. Sein ganzer Körper verfiel in Bewegung. Es schien, als wollte er um jeden Preis von dem Ort, an dem er sich befand, entkommen. Doch Tony schaffte es nicht. In diesem Traum wurde er gezwungen, alles wieder zu sehen, das er für diesen Abend verdrängt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)