Days of Horror von Mikito (Bomben auf der Christopher Street) ================================================================================ Kapitel 26: Samstags - 14. Juli ------------------------------- ~~~~ 27. Revier ~~~~ Äußerlich ruhig und gefasst betrat Dee MacLane das 27. Revier. Nach seinem Alptraum hatte er nicht mehr schlafen können. Ohne nach links und rechts zu sehen, wollte er einfach nur in das Büro schlendern. Doch jemand stellte sich ihm in den Weg. „Guten morgen, Dee. Wir haben die Leiche identifiziert. Willst du wissen, wer er war?“ „Leg den Bericht einfach auf meinen Schreibtisch, Ted. Ich seh ihn mir gleich an, ich brauche erst einen Kaffee,“ versuchte Dee das Gespräch abzukürzen und änderte auch dementsprechend seine Richtung und steuerte nun auf den Personalraum zu. Doch Ted ließ sich nicht so leicht abschütteln. „Scott Allister. Alter 22 Jahre...“ „Habt ihr seine Adresse hier?“ Er nahm Ted die Akte, aus der dieser eben vorgelesen hatte, aus der Hand und sah auf die Bilder, die sie von ihm gemacht hatten, als er gefunden wurde und auch nachdem sie ihn einigermaßen wieder ansehnlich gemacht hatten. Ein Bild zum Herumzeigen halt. „Er hatte keine Chance...“ murmelte Dee und klappte schwermütig die Akte zu. „Dee? Ist alles in Ordnung mit dir?“ „Ja... Nein... Was denkst du, Ted? Was meinst du, wie es mir gehen sollte?“ knurrte Dee seinen Kollegen unwillig an. Schob ihn zur Seite und verließ den Personalraum, ohne sich den Kaffee zu genehmigen, für den er eigentlich dorthin gegangen war. Verblüfft über den plötzlichen Stimmungsumschwung sah Ted Dee hinterher. Er hatte also recht, mutmaßte er mal für sich. Gestern hatten sie noch alle darüber geredet und Dee’s ruhige und gefasste Art gelobt, doch das war, wie er nun wusste, nichts anderes als nach außen getragene Fassade. Irgend etwas musste passiert sein, entweder in der letzten Nacht, oder es hing mit dem Bombenattentat direkt zusammen, dass er seine Verletzlichkeit so offen zeigte. Ted nahm sich einen Kaffee und würde darüber kein Wort verlieren. Sie alle mochten die MacLane’s und es war Dee’s gutes Recht, in dieser so unwirklichen Situation mal auszurasten. Jedenfalls sah er es so. Dee hatte es ins Büro gezogen und nun saß er auf der Fensterbank und schaute hinaus. Wie schon in der Nacht zuvor ließ er seinen Traum Revue passieren. Doch er kam zu keinem anderen Ergebnis, als dass Ryo verletzt worden sein musste. Denn wenn Dee es nicht war, musste es wohl sein Mann sein. Aber mit wem sollte er darüber reden. Nein, das musste er mit sich ganz alleine ausmachen. Auf dem Weg zur Arbeit hatte er sich heute sogar eine Schachtel Zigaretten gekauft und diese ließ er nun durch seine Finger gleiten, noch unschlüssig, ob er eine anstecken sollte oder nicht. Ryo hatte es geschafft und ihn davon losbekommen und nun... er sehnte sich so nach seinem Mann und seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Nicht nur die, sondern wenn man es genau betrachtete, sein ganzer Körper schrie vor Spannung und sehnte sich nach Erholung. Erholung, die er ihm verwehrte. Nach langem Grübeln riss er die Packung auf und schob sich einen von diesen Giftstengeln, wie Ryo sie immer genannt hatte, zwischen die Lippen. Es war ja nicht für immer, aber er brauchte sie für die Nerven, redete er sich ein und schickte Ryo gedanklich eine Entschuldigung zu, bevor er das Feuerzeug aufklappte und sich den Stengel Nikotin anzündete. ~~~~ Ryo’s Gefängnis ~~~~ Kaffeeduft stieg ihm in die Nase und er öffnete seine Augen, konnte nicht glauben, was er dort drüben auf den Tisch sah. Frühstück. Ryo rappelte sich auf und tapste zu dem Tisch, fuhr wie in Trance über den Kaffeebecher und das Sandwich, welches daneben lag. Bevor er es zwischen die Finger nahm, hörte er hinter sich eine Stimme und drehte sich um. Sein Peiniger lehnte an der Wand und sah ihn von oben bis unten an. „Guten morgen, Schneewittchen. Dein Frühstück, weil du mir gehorcht hast,“ erklang es sanft von ihm, ohne dass er sich jedoch bewegte. Wieder trug er seine Halbmaske. Auch wenn er beabsichtigte, Ryo nicht mehr frei zu lassen, konnte und wollte er kein unnötiges Risiko eingehen. „Danke!“ murmelte Ryo und nahm den Kaffeebecher, der aus Pappe war, vorsichtig zwischen die kühlen Finger. Der Genuss war noch besser als nur der Geruch, musste er feststellen, als die ersten Tropfen seine Kehle hinabrannen. „Ich bin fair zu dir, Schneewittchen. Deswegen stelle ich dich vor die Wahl,“ unterbrach der Maskierte Ryo’s Frühstück und betrat nun den Raum, hockte sich auf den Tisch direkt neben das Frühstück. Kurz spielt Ryo mit dem Gedanken, ihm den Kaffee ins Gesicht zu schütten und zu fliehen, aber dann fiel es ihm wieder ein. Ließ seine Aktion im Nichts verhallen. Der Schlüssel. Der Kerl musste ihn bei sich tragen, oder war die Tür nur angelehnt? Doch bevor er etwas in diese Richtung unternehmen konnte und würde, musste er aufpassen, wie die Tür aufging und ob es einen Schlüssel gab. Rasch schob er das jedoch zur Seite, um sich weiter auf das Gespräch oder eher auf sein Essen zu konzentrieren. Fragend runzelte er seine Stirn eine Spur. Hatte er sich zu früh gefreut, fragte sich Ryo. Waren das Essen, der Kaffee vergiftet? Nein, warum sollte dieser Kerl so was tun. Nein, er würde ihn leiden lassen, langsam, aber er würde ihn nicht töten. Jedenfalls vorläufig noch nicht. So schätzte Ryo seine derzeitige Lage ein. Neugierig geworden stellte er den Becher wieder hin und sah seinen Peiniger abwartend an. Denn auch wenn er dieser Meinung war, konnte auch er sich irren. „Welche Wahl?“ „Du kannst essen und trinken, oder es bleiben lassen. Das liegt bei dir. Nur bin ich so fair und sage dir, dass ich etwas untergemischt habe. Sowohl im Getränk als auch auf dem Belag. Wie du wohl richtig annimmst. Was es ist, überlasse ich deiner Phantasie. Immerhin will ich dich noch eine Weile zum Spielen haben, Schneewittchen,“ grinste er und legte Ryo eine Hand unter das Kinn, damit dieser ihn ansah, was eigentlich nicht nötig war. „Drogen?“ Wollte sein Peiniger ihn abhängig machen und ihn dann, nachdem er süchtig war, quälen, weil er ihm diese wieder entzog? Das würde er ihm sogar zutrauen. „Wer weiß? Vielleicht von allem ein wenig... Du bist doch so clever, Schneewittchen. Drogen schicken dich mir zu schnell irgendwohin ins Traumland. Deswegen werde ich die Dosis gering halten... sagen wir mal, dass es meine eigene Kreation ist. Du kannst es dir wohl schon denken. Gut, ich werde es dir verraten, um dir zu beweisen, dass du mir vertrauen kannst. Ein wenig Crystal und ein paar Krümel Aphrodisiakum, mit einem Hauch Strychnin gemixt, damit du in Stimmung kommst. Und bevor ich es vergesse, sollte ich jemals hereinkommen und feststellen, dass du dir einen runtergewedelt hast, wirst du Ärger bekommen, großen Ärger.“ Ein Daumen glitt über Ryo’s Lippen. „Sie sind ja ganz trocken... du sollst doch auf dich aufpassen...“ schnurrte der Entführer sanft und küsste Ryo zärtlich. Sofort wich der Gefangene zurück. Wild funkelten seine dunklen Augen kurz auf. „Du wolltest keinen Sex...“ fauchte er. „Schneewittchen... Schneewittchen... Wer redet denn von Sex. Nein, du wirst mich bald anflehen, dass ich dir das gebe. Dass ich dich nehme,“ blieb dieser ruhig sitzen und schmunzelte nur über Ryo’s verbalen Angriff. „Niemals...“ „Tja, dann wirst du wohl verhungern.“ Ungläubig sah Ryo zu, wie sein Entführer das Sandwich und den Becher nahm und zur Toilette rüberging. „Nein... nicht...“ keuchte er und fühlte sich geschlagen. „So ist es gut... Hier, iss,“ reichte er es Ryo zurück, der es mit bebenden Händen entgegennahm. „Ich lass dich allein... sei brav und denk immer daran, du bist jetzt mein. Ach, und noch was. Gestern ging wieder eine Bombe hoch und dein beklagenswerter Exwitwer war mittendrin...“ Lachend verließ er den Verschlag und ließ einen Ryo mit weit offenen Augen und Mund zurück. „Dee... Dee... nein... nicht, bitte.“ Er sackte dort, wo er stand, einfach zusammen. Was brauchte er Brot und Kaffee, wenn sich sowieso alles nur um Dee drehte, wonach sein Herz schrie. ~~~~ 27. Revier ~~~~ „Einen wunderschönen guten morgen, Dee!“ Mit diesen fröhlichen Worten betrat Chris Jackson das Büro, warf seine Jacke auf den Stuhl und ging zu Dee hinüber, um ebenfalls einen Blick hinaus zu werfen. „Na, alles klar bei dir? Wie geht’s deinem Arm... Dee?“ Erst jetzt fiel ihm auf, dass anscheinend irgend etwas passiert sein musste. Nicht nur, dass er die Kippe in MacLane’s Hand irritiert anblickte, auch dessen Augen schienen von gestern auf heute ihren Glanz völlig verloren zu haben. „Mensch... Dee?!“ Jackson legte eine Hand auf Dee’s Schulter und hoffte, so zu seinem Partner und wohl inzwischen auch Freund durchzudringen. „Es ist nichts...“ Dee drückte die Zigarette aus und stand auf, ging zu seinem Schreibtisch und ließ sich in den Stuhl sinken. „Sie haben den Jungen von gestern identifiziert. Wir sollten rausfinden, ob ihn jemand hier kennt, ihn vermisst...“ Dee schloss die Augen und warf die Akte rüber auf Chris’ Seite. Doch dieser warf keinen Blick dorthin, sondern setzte sich auf Dee’s Seite auf den Schreibtisch und sah ihn abwartend an. „WAS?“ knurrte Dee genervt und sah Chris auch dementsprechend an. „Ich dachte, wir wollten miteinander reden, wenn jemand mit irgendwas nicht klarkommt. Frisst du es wieder in dich rein? Du weißt, dass du damit alleine nicht klarkommst, nicht in dieser Situation. Aber ich werde dich nicht noch einmal dazu auffordern... Es ist dein Leben... dein Inneres, das du zerstörst... aber bitte, ich sag nichts mehr.“ Ergeben seufzte er auf, hob abwehrend die Hände und glitt vom Tisch, ging zu seiner Seite. „Auch wenn es dich nicht interessiert... Ich hatte einen schlechten Traum, das ist alles,“ nuschelte Dee. Atmete dann durch und erzählte Chris davon. Noch immer konnte er den Schmerz spüren, das Blut fast riechen. Als er jetzt jedoch davon erzählte, hörte es sich fast lächerlich an. „Und du meinst, dass du Ryo gespürt hast...“ meinte Chris sanft und blieb trotzdem auf seiner Seite. Dee brauchte jetzt keine Streicheleinheiten, sondern eher einen guten Ratschlag. Doch woher sollte er so was auf die Schnelle ziehen, er war schließlich kein Gott, nur ein normaler Mensch. „Hört sich unvernünftig an?“ Dee hob den Blick und hoffte, dass Chris seine Bedenken rasch zerstreuen würde, als plötzlich die Tür aufflog und ein junger Bursche mitten in der Tür erschien. „Morgen z’amm. Ich hab mal Kaffee gebracht... Die da draußen sagten, ich soll einfach mal durchgehen. Ich hoffe, ich stör nicht bei was wichtigem... Ups... anscheinend doch... Sorry...“ Sofort verstummte Robin. Stellte den Kaffee auf den Schreibtisch. Einen vor Dee, den andern vor Chris, dem er ein nettes strahlendes Lächeln schenkte. „Wenn du einen Moment wartest... Robin!“ meinte Chris und lächelte ihn genauso leicht an. Das war zwar nicht, was Dee jetzt hören wollte, aber es freute ihn, dass es wenigstens einen Grund zum Fröhlichsein gab. „Schon gut. Danke für den Kaffee, Robin. Bei euch alles klar?“ „Dank dir, MacLane. Jep. Wir wollen nachher wieder aufmachen. Wollte mich nur rasch noch mal bei euch beiden bedanken.“ Er zuckte leicht mit der Schulter, konnte den Blick aber kaum von Chris wenden. „Also dann... vielleicht schafft ihr es ja heute zum Essen. Geht natürlich auf Kosten des Hauses.“ „Vielleicht, wenn wir Zeit haben,“ bremste Chris den Jüngeren und fragte sich wiederholt, warum er den letzten Abend so genossen hatte. Die Antwort kam auch schon prompt von Robin, denn er schenkte ihm wieder dieses Lächeln mit einem kleinen Grübchen in der Wange, welches ihn unwiderstehlich machte. „Chris... Zeig ihm doch mal das Bild.“ Jackson öffnete die Akte und das erste Bild, das ihm entgegenflatterte, war das, welches im Hinterhof aufgenommen worden war. Robin, der sich bereits interessiert vorgebeugt hatte, zuckte zurück. Deutlich konnte man ihm ansehen, dass er das am frühen Morgen nicht brauchte. „Hier... schau dir das an,“ schob Chris ihm das verbesserte Bild hin. Nur zögerlich senkte Robin den Blick. „Den kenne ich... ich weiß zwar nicht, wie er heißt, aber er kam immer und aß Speck, Eier mit zwei Scheiben leicht getoasteten Toast. Dazu wollte er immer Kakao. Gestern war er nicht da... stimmt. Tut mir leid, dass ich nicht helfen kann.“ Wieder zuckte er leicht mit der Schulter und legte verlegen eine Hand in den Nacken. „Aber ich frag mal im Diner... oder soll ich das Bild aushängen? Kein Thema. Dann hättet ihr schneller Ergebnisse, als wenn ihr von Tür zu Tür geht,“ warf er vorsichtig seinen Vorschlag in die Runde. „Angenommen, Robin. Ich hoffe nur, dass deine Chefs nichts dagegen haben. Wir wollen nicht schuld sein, wenn euren Gästen der Appetit vergeht,“ warf Dee ein und schmunzelte das erste Mal. „Hey! Das sieht besser aus als das grimmige von eben,“ warf Robin ein. „Ja. Da hast du wahrscheinlich sogar recht.“ „Gibt’s Nachrichten von Ryo?“ fragte Robin ernsthaft. Dee warf Chris einen Blick über die Schreibtische zu, der mehr sagte als tausend Worte. „Er hat es mir gestern gesagt. Ich sag es keinem weiter. Ich dachte, dass Ryo, na ja, im Krankenhaus liegt oder so... Du weißt ja, wie die Leute reden. Nach der gefakten Beerdigung...“ Chris entschloss sich, offen zu sein. „Er hat einen Traum von Ryo gehabt, in dem er fühlte, wie dieser Schmerzen hatte.“ „CHRIS!“ „Nun fragt er sich, ob das möglich ist,“ sprach Jackson einfach weiter und sah nur auf Robin, denn die Augen, die Ärger versprachen, wollte er nicht anblicken. „Nun... Ich hab das schon gehört. Wenn die Verbindung eng war. Es soll sogar einer einmal mit einem blauen Auge aufgewacht sein, weil sein Freund eine verpasst bekommen hatte. Aber wie gesagt, das ist nur Hörensagen... Ryo verletzt?! Ich wünsch dass dies nicht stimmt... Für dich, Dee. Ich hoffe, ihr findet dieses Idioten bald, noch besser ihr knallt ihn gleich ab, das spart dann auch noch dem Steuerzahler die Gerichtskosten,“ witzelte er, um die hohe Spannung die in dem Büro herrschte zu durchbrechen. Erneut flog die Tür auf und schlug gegen die Wand. „Wie geht’s dir, Dee?!“ kam Patrick hereingeplatzt und schob Robin einfach aus dem Weg, damit er Dee erspähen konnte. „Gut. Danke der Nachfrage, Pat. Wie geht’s mit deinem Profil voran? Schon was neues?“ blieb Dee dienstlich. Er wollte so wenig wie möglich mit Pat zu tun haben, das war Geschichte und so wie er seinen Ex-Freund einschätzte, würde dieser zulangen, sobald Dee nur mal flüchtig aus der Deckung kam. „Gibst du mir noch das Bild, dann bin ich weg,“ brachte Robin sich wieder ins Spiel und schaute auf Chris. „Bin gleich zurück,“ erklärte Chris. Nahm die Akte und verschwand mit Robin aus dem Büro. Schließlich musste das Bild erst noch vergrößert werden und er wollte Dee und McNear nicht unnötig im Weg stehen. Patrick war froh, dass er mal kurz allein mit Dee reden konnte, und hockte sich auf die Schreibtischkante. „Nun?“ „Ich habe, denke ich, dich etwas gefragt. Das Profil von dem Bomber?“ erinnerte Dee ihn. „Dein Arm, werden auch keine Behinderungen aufkommen?“ „Ich fragte...“ „Schon gut. Ich hab mir halt Sorgen gemacht, als ich hörte, dass du verletzt worden warst. Darf ich das nicht?“ Dee erhob sich. Ging wieder zum Fenster und sah hinaus. Es dauerte einige Sekunden, bis er sich wieder umdrehte und McNear ruhig und gefasst anschaute. „Pat... Was soll das. Du weißt doch, dass ich verheiratet bin. Glücklich, wohlgemerkt. Was soll deine ständige Annäherung?“ Dee hatte es satt, ständig um den heißen Brei zu reden, und wollte das jetzt ein für allemal klären. Er hätte es schon vor Tagen machen sollen, als sie sich in dem Host Club getroffen hatten. Aber da hatte er selbst noch Zweifel gehabt, was Patricks plötzliches Erscheinen für ihn bedeuten sollte. „Ich dränge mich nicht auf. Ich möchte dir nur helfen. Ist das denn nicht erlaubt?“ „Du könntest mir helfen, wenn du deiner Arbeit nachgehst und mir einen kompletten Kerl präsentierst, der für das ganze verantwortlich ist.“ „Du erwartest ein Wunder. Ich hab noch nichts Neues und die Forensik hier ist auch ein wenig zurück...“ „Fuck! Patrick! Du hast den Bericht gelesen. Die ganze Arbeit von Wochen ging in Rauch auf. Also mach hier nicht die Spurensicherung zum bösen Buben. Du könntest wenigstens... Ach, ich hab doch keine Ahnung...“ Dee drehte sich weg und stützte sich auf der Fensterbank ab und blickte hinaus. Bemerkte nicht, wie Patrick sich von hinten näherte. Erst als er den Kuss im Nacken spürte, flog er förmlich herum. „Du bist völlig verspannt... du brauchst ein wenig Entspannung,“ hauchte Patrick und wollte seine Lippen auf Dee’s legen. Doch dieser schob ihn mit einem Ruck zurück. „Lass das!“ fauchte Dee. „Ich will dir helfen, Dee. Das weißt du. Wenn du so abgespannt bist, kann dein Blut nicht richtig zirkulieren...“ Erneut näherte sich Patrick, hielt jedoch plötzlich still, als die Tür ohne Anzuklopfen wieder geöffnet wurde und Chris hereinkam. Innerlich fluchte er, sah aber die Erleichterung in Dee’s Gesicht, die ihn erst recht anspornte. „Danke. Ich komm schon klar,“ sagte Dee und hockte sich auf die Fensterbank. Froh, dass Chris sich beeilt hatte. „Wir sehen uns noch, Dee!“ sprach Patrick in dessen Richtung, drehte sich dann um und verließ das Büro, jedoch erst, nachdem er Chris einen vernichtenden Blick zugeworfen hatte. „Scheint mich nicht zu mögen,“ grinste Chris vor sich hin. „Tja... wie es aussieht...“ seufzte Dee und lehnte seinen Kopf zurück gegen das Fenster. „Ich will ja nicht neugierig sein, aber ich mach mir Sorgen.“ „Mir geht’s schon besser...“ „Dee! Vielleicht solltest du mal mit einem Psychologen reden... oder mit der Amtsärztin hier.“ „Nein, das schaff ich schon allein. Solange du mir zuhörst und mit mir darüber redest, schaff ich das irgendwie.“ „Eigentlich meinte ich was anderes, was mir Sorgen bereitet,“ seufzte er und lehnte sich an den Schreibtisch, mit Blickrichtung zu Dee. „Da ist nichts... Wirklich!“ „Von meiner Seite aus würde ich das anders sehen. Egal, ich werde mich nicht einmischen, aber wenn du reden willst... Du weißt, wo du mich erreichst.“ „Ja. Bei Robin!“ grinste Dee und ihm war schon viel wohler. Obwohl, ganz würde er das geträumte erst abschütteln können, wenn er Ryo gesund und munter in seinen Armen halten würde. „Vermutlich... Ich weiß auch nicht. Fuck, Dee! Ich bin 42 Jahre und Robin ist 25. Er könnte mein Sohn sein.“ „Blödsinn, Chris. Okay, theoretisch hast du recht. Aber was soll’s. Wenn ihr euch mögt... lauf nicht davon, sondern nimm es so, wie es ist.“ „Du hast leicht reden,“ schnaubte er und streckte sich in alle Himmelsrichtungen. Dee spürte trotz seiner eigenen Gedanken, dass da noch mehr hinter Chris’ Verhalten lag, als er bisher gedacht hatte. „Ich hör dir gerne zu,“ erklärte er und schaute seinen Partner offen an, schob seine eigenen Sachen zur Seite. Vielleicht würde es ihn auch ein wenig ablenken, wenn er mal von anderer Leute Sorgen hörte. „Es ist... Bob. Ich glaub, ich hab dir schon mal von ihm erzählt.“ „Deinen Mann. Ja. Auch wenn ich mich zu diesem Zeitpunkt noch mieser und schlechter als heute gefühlte habe. Ich kann mich daran erinnern.“ Recht vage nur, aber dass dieser bei einer Routinekontrolle erschossen worden war, war in seinem Gedächtnis hängen geblieben, und auch, dass da irgend etwas im Testament gestanden hatte. Vermutlich ging es darum. „Ich fühle mich schuldig... Es ist fast so, als ob ich unsere Liebe verraten würde... Verstehst du?“ Und ob Dee verstand. Aber es war was anderes als das, was Chris wohl meinte oder gar dachte. „Wenn ich mich richtig entsinne, sagtest du, dass er in seinem Testament schrieb, dass er auf dich warten würde. Aber auch gleichzeitig gedroht, dass du für ihn weiterleben solltest. Wenn du mich fragst und meinen Rat hören willst,“ Dee machte eine kurze Pause, sah Chris an. Fuhr erst mit seinen Worten fort, als dieser nickte. „...Er hat es nicht direkt gesagt, aber wenn du leben sollst, dann heißt es auch lieben. Denn ein Leben ohne Liebe ist nichts. Denk einfach mal darüber nach...“ „Danke, Dee. Das werde ich.“ „Weißt du, was Ryo einmal zu mir sagte? ‚Dee, ich bereue jeden Tag, an dem wir nicht zusammen waren. Und das nur, weil ich so ein sturer Bock war’. Vergeude deine Zeit nicht mit langem Grübeln, Chris. Auch wenn es nicht auf Dauer sein sollte. Jetzt ist jetzt.“ Chris schwieg, nickte dann nach den Worten von Dee. Er wusste ja, dass dieser damit recht hatte, dennoch fühlte er sich im Vergleich mit Robin schrecklich alt. ***** TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)