Days of Horror von Mikito (Bomben auf der Christopher Street) ================================================================================ Kapitel 27: Samstag - 14. Juli Nachmittag ----------------------------------------- ~~~~ In Black’s Büro ~~~~ Leises Klopfen ließ Black den Kopf heben und den Wartenden mit einem leicht gereizten „Herein!“ schon vorwarnen, dass er nicht gerade bester Laune war. Die Tür öffnete sich sofort und ein schlanker Mann mit einem Lächeln auf den Lippen trat ein. „Sorry, dass ich erst jetzt eintreffe, aber ich hatte...“ „Du konntest dich nicht losreißen von deinem Lover. Richtig, Steve Cotton?!“ Black erhob sich und kam um den Schreibtisch herum auf Steve zu, reichte ihm die Hand und klopfte ihm dazu auch noch auf die Schulter. „Wie geht’s Tony und Sara? Setz dich, wir müssen reden, heute abend treffen wir wieder Dee und Chris und da will ich ihm wenigstens ein bisschen Freude bescheren. Hast du das mitgebracht, worum ich dich gebeten habe?“ „Ja, hier!“ Steve griff in die Innenseite seiner Jacke und holte einen Umschlag hervor, den er seinem Boss reichte. Dass Black so viel redete, war ihm nicht ganz geheuer. Irgendwie schien es Steve, dass dieser ein wenig von der Rolle war. Kein Wunder, wenn man bedachte, wo sich Mick gerade herumschlich. Steve nahm auf der Couch Platz und schlug die Beine übereinander. Er wusste, er hatte es hier gut getroffen. Seit damals, wo er fast von seinem Vater umgebracht worden wäre, bis hierhin war ein weiter Weg gewesen. Nur gut, dass er so gute Freunde in dieser Zeit gefunden hatte. Ryo und Dee waren wohl die ersten, die in ihm nicht nur den eiskalten Mafiasohn gesehen hatten, und dann Tony. Das war schon eine Geschichte für sich. Dass sie trotz allem, was passiert war, zueinander gefunden hatten, war schon ein großes Stück Arbeit gewesen. Nun ja, es war ja auch nicht leicht, dem Sohn zu verzeihen, dass dessen Vater für den Verlust der eigenen Familie zuständig gewesen war. Und aus der einmaligen Rache, die Tony gegen Steve ausführen wollte, war Liebe geworden. Eine Liebe, die jetzt schon seit gut sechs Jahren hielt und sich noch mehr vertieft hatte. „Sehr schön...“ wurde Steve aus seinen Erinnerungen gerissen. „Möchtest du was trinken?“ „Nein! Danke! Gibt es schon was neues von Mick?“ „Er ist irgendwo in Mexiko unterwegs.“ „Von Ryo?“ „Nein. Auch nichts neues vom Bomber. Dee wurde gestern verletzt, aber nicht schlimm. Ein Kratzer, wie ich erfahren habe.“ Erleichtert atmete Steve auf. „Soll ich bleiben, bis Mick zurück ist, oder werde ich wieder komplett integriert?“ „Erst einmal, bis er zurück ist. Dann sehen wir weiter. Du weißt, was das bedeutet?“ Steve nickte. Keine Anrufe zu Tony und kein Wort zu irgendwem, wo er steckte. „Dann mach ich mich an die Arbeit. Irgend etwas Wichtiges?“ „Ja. Du könntest einen gewissen Patrick McNear checken. Background, was er die letzten Jahre gemacht hat. Das ganze Programm, und lass dich nur nicht von diesem Kerl erwischen. Er wohnt in Manhattan Fifth Avenue oben beim Central Park.“ „Teure Gegend,“ murmelte Steve und machte sich gedanklich Notizen. Black hasste Schreibkram. Jedenfalls solchen, den man vermeiden konnte. Schließlich war das, was er tun sollte, illegal und somit bedurfte es nur ein Fetzen Papier, damit man ihnen etwas nachweisen konnte. Und wenn niemand etwas aufschrieb, konnte auch niemand etwas Belastendes finden. „Wessen Auftrag? Bis wann?“ „So schnell es geht. Es eilt, denke ich. Chris hat mich darum gebeten... Er arbeitet mit Dee zusammen. Ich erklär es dir heute abend auf dem Weg zum Hug and Bell!“ ~~~~ Irgendwo in China Town ~~~~ Summend verlötete er die nächste Bombe. Wie sehr er sie liebte, diese kleinen unscheinbaren Dinger. Die nur einmal kurz aufblitzen und so schnell vergingen. Fast wie eine Sternschnuppe. Doch ihn würde man in Erinnerung behalten. Er würde nicht vergessen werden wie diese Sternenstreifen. Nein, er hatte ein Zeichen gesetzt und dank seinem Bruder war er nun wieder frohgelaunt und schaffte für ihn die gewünschte Bombe. Doch das hieß nicht, dass er sein Ziel aus den Augen verloren hatte. Nein. Doch er musste noch etwas organisieren. Er brauchte vier Taschen. Er hatte es sich schon so schön ausgemalt und er würde es durchziehen, auch wenn dabei Heteros zu Schaden kamen. Die waren ja auch nicht besser als diese Schwuchteln. Nein, er würde radikal alles niedermähen. Ein Wiehern stieg aus seiner Kehle und er lachte laut auf, bevor er sich wieder konzentrierte und mit der kleinen gemeinen Bombe weitermachte. ~~~~ Irgendwo in Mexiko ~~~~ Mick Prescott hielt sich an dem Überrollbügel des Jeeps krampfhaft fest. Petro Dalanô, mit dem er durch Mexiko fuhr, traf auf dieser Straße wirklich jedes Schlagloch. Gut, wenn man bedachte, dass dies eher ein Treiberweg war, konnte man darüber hinweg sehen, aber so wie Mick von Petro gehört hatte, war dies die Hauptstraße zu dem verlassenen Nest etwas westlich von Durango in der gleichnamigen Provinz. Jeder Schlag tat seinem Nacken nicht gut. Er hatte die letzten Tage kaum geschlafen und er war schlicht gesagt übermüdet. Dennoch wollte er jetzt nicht rasten. Nicht, nachdem Petro endlich eine Spur gefunden hatte zu dem Ort an dem man vor Jahren dieses Ritual der ‚Entmannung’ durchgeführt hatte. „Gott, Petro... sind wir nicht bald da?“ keuchte er, als der Jeep gut einen Meter hochhob, bevor alle vier Räder des Allradgetriebes wieder Bodenkontakt hatten. Doch Petro kicherte nur neben ihm und erfreute sich an dem Ausflug. Schon lange hatte er sich nach so was gesehnt. Nach einem Auftrag, der all seine Kenntnisse erforderte, und da kam dieser Gringo und bat um so was Banales. Gut, man konnte halt nicht alles haben, aber das Geld stimmte und deswegen hatte er zugestimmt. Schon zwei Tage, nachdem Mick ihn beauftragt hatte, war ihm zu Ohren gekommen, dass es hier in der Gegend vor einigen Jahren zu so einem Ritual gekommen war. Nun würden sie bald erfahren, ob es die Person betraf, die Mick suchte. Wenn es ein Treffer war, würde die Bezahlung nochmals steigen, so hatte dieser Gringo versprochen. Nun, Geld regierte die Welt und hier in Mexiko galt man nur was, wenn man das nötige Bare auch vorweisen konnte. „Jep, Sir. Nicht mehr weit. Noch 20 Meilen.“ Prescott stöhnte verhalten auf, das würde die längste Reise, die er je gemacht hatte. Nun, das stimmte nicht ganz, aber auf alle Fälle war es die längste, die er in seiner Erinnerung speichern würde. ~~~~ Hug and Bell ~~~~ Wie gewohnt waren Chris und Dee die ersten, die im Hug and Bell ankamen. Sofort gingen sie hinauf in das Zimmer und warteten. Wie gewohnt begann Dee schon recht bald, in diesem Zimmer hin und her zu tigern. Ständig schaute er auf die Uhr, oder frustriert zur Tür. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er lieber weitergesucht, als diesen doch so unfruchtbaren Treffen mit Black und Co. beizuwohnen und somit Zeit zu verschwenden. Endlich, Dee wollte schon gehen, öffnete sich die Tür und Black trat ein. Doch diesmal nicht gefolgt von Mick, sondern von Steve Cotton, Aarons zweiter linker Hand sozusagen. Auch wenn Steve erst seit vier Jahren für Black arbeitete, hatte er sich dessen Vertrauen hart erarbeitet, und bisher hatte er seinen Boss, und inzwischen auch guten Freund, nicht enttäuscht. Eigentlich gedachte Steve das auch in Zukunft nicht zu tun, aber wer wusste schon, was einem die Zukunft brachte. „Hi! Dee!“ sagte er mit seiner ruhigen Art, die er sich im Umgang mit seinem langjährigen Freund Tony angeeignet hatte. „Steve?“ Etwas ungläubig schaute Dee den inzwischen mal wieder blondgefärbten jungen Mann an, der ihn strahlend in die Arme nahm. „Schön, dich zu sehen. Du glaubst gar nicht, was wir durchstehen müssen. Nicht hier zu sein und nur... Wer ist das?“ unterbrach er sich und schaute Chris an. „Dee’s momentaner Partner, Chris Jackson. Ein langjähriger Bekannter von mir und Dee’s Commissioner. Er ist auf meinem Anraten hier und du kannst frei und offen vor ihm reden,“ erklärte Black und nahm sich wie üblich erst einmal was zu trinken, um die Kehle zu befeuchten. „Was macht Sara?“ stellte Dee leise die Frage, die ihm auf der Seele brannte, seit er Steve gesehen hatte. Sein kleiner Sonnenschein fehlte ihm so sehr. Wenn er wenigstens Sara um sich hätte haben können. Aber er wollte sie auch nicht wieder in Gefahr bringen. Deswegen nahm er dieses momentane Sehnen nach ihr auch so gut wie möglich hin. „Ach... ihr geht’s gut. Sie blüht richtig auf. Nur jeden Tag fragt sie nach dir und Ryo. Sie vermisst euch genauso, wie sie dir wohl fehlt, wenn nicht sogar mehr. Hier, das hab ich dir mitgebracht.“ Steve griff in seine Jacke und zog einen Umschlag heraus, reichte ihn Dee. Dieser drehte sich herum, öffnete ihn und zog einige Bilder von Sara heraus. Er musste sich auf die Lippen beißen und hinter seinen Augen sammelten sich bereits Tränen. Rasch ließ er die Bilder zurückgleiten. Später wollte er sie sich nochmals in aller Ruhe ansehen und dann konnte er auch seinen Gefühlen nachgeben. Zu Hause, wo er so allein war, dass ihn keiner störte, wenn er weinte. Kurz räusperte er sich und durchbrach somit die Stille, die im Raum geherrscht hatte. „Gibt’s was Neues?“ „Prescott ist in Mexiko unterwegs. Aber bisher habe ich noch keine weitere Benachrichtigung erhalten. Nur soviel: er trifft sich in den nächsten Stunden mit dem Clan dort, der dieses Ritual durchgeführt haben soll.“ „Und was soll das bringen?“ „Wenn einer sich an die Einheit von dem Kerl erinnert, vielleicht einen Namen, dann kann Mick weiter nachforschen. Ohne Name oder einen Hinweis wurde er bisher bei den Behörden lachend hinaus eskortiert. Er soll wiederkommen, wenn er etwas in der Hand hat. Ohne so was würden sie keinen Namen oder Wohnort preisgeben. Auch der Verdacht den er ihnen genannt hat, zog nicht. Deswegen ist er dort,“ erklärte Aaron und man konnte sehen, dass ihm die Trennung auch etwas nahe ging. „Wie geht’s deinem Arm?“ „Er zwickt hin und wieder, dort wo er auf den Nerv getroffen ist. Aber nicht weiter schlimm.“ „Dee! Wir finden ihn!“ „Ich weiß, Steve. Das hör ich jedes Mal, wenn wir uns hier treffen, und glaub mir, ich kann das nicht mehr hören.“ Dee lehnte sich seitlich ans Fenster und blickte hinaus. Sein Blick suchte nicht etwas, er musste nur wissen, dass es noch mehr gab als nur diese Gedanken, die ihn fast wahnsinnig machten. „Es ist nicht deine Schuld, Dee!“ seufzte Black auf und leerte sein Glas in einem Zug. „Hörst du?“ wurde er energischer. Kurz nur blickte Dee in den Raum, fixierte Black, und wenn er jetzt seiner Wut über den Verlust und sein Versagen nachgegeben hätte, würden sie sich gleich wieder hier schlagen und diesmal würde er nicht eher ruhen, bis Black vernichtend geschlagen vor ihm kauerte. „Wenn du nichts Neues hast, bin ich weg,“ erklärte er. Stieß sich von der Wand ab, ging rasch zur Tür und schon hörte man, wie er die paar Stufen nach unten nahm. „Was hat er denn?“ Verwundert schaute Black ihm hinterher. So kannte er Dee nicht. Bisher war er immer etwas mürrisch gewesen, gut, das lag wohl an der Situation. Aber dass er so einfach davon stürmte. Jackson fühlte den Blick der beiden auf sich ruhen. Nein, er würde nichts sagen. Das, was er von Dee erfahren hatte, blieb unter ihnen. Er konnte und wollte das Vertrauen, das Dee in ihn setzte, nicht missbrauchen. „Er hat schlecht geträumt. Das ist...“ „Von Ryo? Hab ich recht?“ warf Steve ein und unterbrach rasch die Worte von Jackson. „Sie stehen sich so nah, dass einer den Satz von dem anderen beendet. Da kann es auch sein, dass er den Schmerz des anderen fühlt. Jedenfalls habe ich das mal gehört bei Zwillingen, aber ob das auch auf die beiden zutrifft...“ Steve ging zum Fenster und blickte hinaus. Nein, er konnte nichts erkennen, was Dee’s Augenmerk erregt hätte. Also musste es so sein, wie er eben gesagt hatte. „Sie sind ein einmaliges Paar. Wisst ihr, ich war dabei, als Dee schwanger war. Er war genauso mürrisch wie eine schwangere Frau. Launisch und...“ leise lachte er auf, als er an die diversen Ereignisse dachte, die er schon alles mit den MacLane’s durchgemacht oder eher erlebt hatte. „Ich wünschte mir, dass sie das alles unbeschadet überstehen. Aber das wird wohl ein Traum bleiben.“ Tief seufzte er auf. Sah sich um und fühlte vier Augen auf sich gerichtet. „Du scheinst ihn wirklich zu mögen?“ fragte Jackson. „Er hat mir mal geholfen, als ich in Lebensgefahr schwebte. Durch die MacLane’s habe ich die Liebe meines Lebens getroffen. Ja, ich mag ihn. Ich mag sie beide.“ ~~~~ Irgendwo in China Town ~~~~ Er war fertig. Es war gelungen. Er brauchte nur noch seinen Bruder anzurufen und er konnte sich sein kleines niedliches Bömbchen abholen. Gut, er hatte sich Zeit gelassen. Aber das würde er schon verstehen, wenn er ihm von seinem Plan erzählte. „Nein... das werde ich nicht... er würde mich daran hindern... das weiß ich... Er hat nur noch sein Ziel vor Augen. Seine Sache. Mich... mich braucht er doch nur, weil er unfähig ist, das selbst zu basteln... Ich bin nicht blöd... nein, bin ich nicht, Bruder. Du bekommst dein Spielzeug, wenn ich meine gezündet habe...“ Ein irres Funkeln stahl sich in den Blick, der nicht stillstand sondern hin und her huschte, als sei er auf der Suche nach etwas, was er nicht finden konnte. „Erst ich... erst ich...“ kicherte er. ~~~~ Blossom’s ~~~~ Dee war nicht, wie er es erst vorgehabt, hatte in sein Apartment gegangen, sondern in den Club ‚Blossom’s’. Er wusste nicht warum oder wieso, aber wenn er wieder in der Wohnung war, verlor er jedes Mal ein Stück mehr von sich selbst. Obwohl er sich dort Ryo näher fühlte als sonst wo. Aber er hatte auch Angst. Schiere Angst sich dort zu verlieren. Es war schon dunkel und er wusste, nach einem Blick auf seine Uhr, die ein Geschenk von Ryo zu ihrem zweiten Hochzeitstag gewesen war, dass es bereits 10 Uhr abends war. „Suchst du Abwechslung?“ wurde er rücklings angesprochen, während er gedankenversunken in seinen Cocktail starrte. Er blieb stur sitzen, wusste er ja, wenn keine Reaktion erfolgte, dass sich derjenige rasch vom Acker machen würde, doch diesmal hatte Dee sich geirrt. „Ich kann dich schnell auf andere Gedanken bringen,“ erklang es schon näher an seinem Ohr. Dee rührte sich auch weiterhin nicht. Zweimal ließ er es durchgehen, aber wenn dieser Bursche ihn jetzt auch noch ein drittes Mal anmachte, dann würde er ihn... Bevor er jedoch nur daran denken konnte, es sich auszumalen, seinen Frust an einem Unbeteiligten abzulassen, legten sich ihm starke Arme um den Nacken und begannen ihn zu massieren. Wobei wieder eine Stimme erklang. Anders als die erste, samtiger, weicher. Dee erkannte sie sofort und dennoch blieb er sitzen. Genoss mit geschlossenen Augen die Massage. Spürte, wie er sich unter diesen langen, geschmeidigen Fingern mehr und mehr entspannte. Dee wusste, er hätte sofort reagieren sollen, aber er war einfach nur erledigt. Warum durfte er sich nicht auch einmal gehen lassen, abschalten. Gott, wie sehr vermisste er ihn. Es waren jetzt Ryo’s Hände in seinem Nacken, die er zu spüren glaubte. Die Hände seines geliebten Mannes, die ihn vom Alltag befreiten. Doch sein Thekentraum zerriss, als er die Stimme hörte. „Schlechten Tag gehabt?“ fragte diese und massierte sanft weiter. „Danke, es geht so,“ war auch nur seine schlichte Antwort. „Pat, bitte... es... es reicht.“ „Du bist aber noch immer hier ganz schön verspannt,“ erklärte dieser und kümmerte sich auch gleich um diese Stelle ein bisschen intensiver. Beugte sich leicht vor. Sein Atem strich sanft über Dee’s Nacken. „Vertrau mir doch einfach... so wie früher...“ schnurrte er und Dee schien wie Wachs unter diesen Händen zu werden. Seufzte leise und machte seinen Kopf locker, so dass er nun erst richtig die Wirkung der Massage genießen konnte. „Siehst du... so ist es viel besser...“ ****** TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)