Part I - Wie alles begann...
Titel: Daydreamer
Autorin: Firefox_Takara
Widmung: BlackSilverLady – Irgendwie hat die Geschichte nun lange Zeit auf meinem PC herumgegammelt und hätten wir es nicht davon gehabt, hätte sie wohl weiterhin dort geruht. So habe ich sie endlich in Teile unterteilt und weitergeschrieben. Also, als kleines Dankeschön ist der Anfang dir gewidmet, Katzenhäschen ^^
Serie: Beyblade
Genre: Shonen-Ai, Vampire, AU
Pairing: Kai x Rei || Boris x Yuriy
Part: I von X
Beta: cada *knuddel* Vielen lieben Dank *flauschel* ^^
Historische Daten / Fakten: Sind auch in dieser FF vorhanden. Wahrscheinlich genauso viele wie beim ersten Teil, da bin ich mir nicht so ganz sicher. Wenn ihr's genauer wissen wollt, fragt mich einfach.
Disclaimer: Yuriy, Boris, Kai und Rei gehören noch immer Takao Aoki, der Song „Daydreaming“ gehört den Toten Hosen. Dafür gehören mir sowohl die Story, als auch die Gebrüder Juwes, welche ich jedoch sofort gegen Kai, Rei, Yuriy oder Boris eintauschen würde, Alec und Cassandra. Ich verdiene hiermit kein Geld, Kommis werden allerdings mit Freuden entgegengenommen.
Comment: Das hier ist sozusagen die Ergänzung zu „Daydreamer“, es ist die selbe Geschichte nur aus anderer Sicht und mit anderen Elementen. Lest es einfach, dann wisst ihr, was ich meine.
Comment²: Ich hoffe, die Geschichte gefällt euch. ^^
Comment³: Da der OneShot doch länger wurde, als gedacht, habe ich mich entschieden ihn in verschiedene Parts zu unterteilen. Hier also zunächst einmal der erste Part. ^_^
~*~
Part I – Wie alles begann...
~*~
Schnee bedeckt die Landschaft, die ich betrachte. Eine feine Schicht weißen Pulverschnees hüllt das Land in sich ein und lässt es so unschuldig wirken, dass man dem trügerischen Schein beinahe Glauben schenken mag. Doch wer so viel Zeit wie ich in dieser Stadt verbracht hat, weiß es um einiges besser.
Paris ist die Stadt der Sünde.
Eine einzige, schöne Verführung. Und ein jeder, der einmal von ihr verführt wurde, kann sich ihrem Bann nicht mehr entziehen.
Nahezu träumerisch lasse ich meinen Blick schweifen. Ich liebe die Aussicht, die man von hier oben hat, man sieht die gesamte Stadt unter sich. Es ist, als würde sie einem zu Füßen liegen, als wäre man Herr über sie. Doch Paris lässt sich nicht zähmen, sie ist wild.
Es heißt, Paris ist die Stadt der Liebe. Und das ist sie auch.
Der Schnee, der sie bedeckt, lässt sie wie die unschuldige erste Liebe wirken.
Ein leises Lachen neben mir lässt mich aus meinen Gedanken fahren. Er hat die lästige Angewohnheit immer meine Gedanken zu stören. Mit ärgerlichem Blick begegne ich den smaragdgrünen Augen meines Begleiters.
„Sag mir, was du so lustig findest, Boris, damit ich mitlachen kann“, fordere ich ihn auf.
Erschrocken blickt er mich von der Seite an, bevor er seinen Blick wieder schmunzelnd auf die Stadt unter uns richtet. Dann winkt er ab.
„Nichts, nur... Es scheint uns immer wieder in diese Stadt zu ziehen. In die Stadt, in der alles angefangen hat. Findest du es nicht irgendwie amüsant?“, fragt er mich.
Ich kann nur eine Augenbraue hochziehen.
Gewiss, für ihn hat alles in Paris angefangen, seine Geschichte hat in Paris angefangen. Doch meine eigene Geschichte ist eine andere als die seinige.
~*~
Meine Geschichte findet ihren Anfang im Spätsommer 1690, als ich in den frühen Morgenstunden das Licht der Welt erblickte um genau zu sein. Es war in Moskau, der Stadt, die ich seit meiner Lebenszeit nicht mehr besucht habe. Sie ist Vergangenheit für mich, ich verbinde mit ihr das Leben vor dem Tod.
Doch das wahre Leben hat für mich erst nach dem Tod angefangen, als hätte ich die Jahre zuvor nur geschlafen.
Meine Eltern waren arme Bauernsleute, wir hatten nur wenig Geld. Doch machte es mir nie viel aus arm zu sein, denn ich war glücklich. Meine Tante und mein Onkel lebten mit uns auf einem Grundstück, ebenso wie mein Cousin Yuriy. Er war mir immer wie ein Bruder, wir waren unzertrennlich. Man kann sogar sagen, wir entdeckten die Welt allein für uns. Manchmal da schien es mir, als würde es auf dieser Welt nur uns beide geben.
In unserer Nachbarschaft lebte ein Junge, sehr klein und mit großer Nase, er wurde oft gehänselt. Zu meiner Schande muss auch ich gestehen ihn ab und an geärgert zu haben. Wir waren Kinder, wir waren dumm und unreif. Obgleich es mir auch heute noch gelegentlich so scheint, als seien wir immer noch dumm und unreif. Ich erinnere mich nicht mal mehr an seinen Namen, doch ich weiß noch, dass er eines Tages einfach verschwand. Spurlos und wie vom Erdenboden verschluckt. Es hieß damals, er habe die Stadt verlassen, da er es nicht mehr ertragen konnte. Damals wurde mir das erste mal klar, wie leicht man doch Einfluss auf das Leben anderer nehmen kann.
Es vergingen Jahre, in denen ich nicht mal mehr einen Gedanken an diesen Jungen mit den violetten Haaren und den roten Augen verschwendete. Gewiss, denn Yuriy und ich wurden langsam erwachsen. Wir mussten arbeiten und an unsere Zukunft denken, da blieb für solch etwas banales gar keine Zeit übrig.
Eines Abends, wir zählten beide siebenundzwanzig Lebensjahre, wollten wir den Tag in der Stammkneipe unserer Väter ausklingen lassen. Doch sollten wir nie in dieser Kneipe ankommen...
„Kai, wo hast du nur heute deinen Kopf? Du scheinst mir heute sehr verträumt, mein Lieber. Gibt es da ein Mädchen, von dem du mir erzählen willst?“, neckte mich mein Cousin.
Ich schnaubte nur verächtlich und bedachte ihn mit einem bösen Blick. Schon immer war er ein neugieriger Zeitgenosse gewesen. Gerade wollte ich etwas erwidern, als eine Gestalt meinen Blick einfing. Auf seltsame Weise kam mir die kleine Statur bekannt vor, auch das violette Haar, die ungewöhnlich große Nase. Verwirrt wies ich meinen Begleiter daraufhin.
„Ist das nicht der Junge, der vor zehn Jahren verschwunden ist?“, fragte der Rothaarige mich irritiert.
Ich konnte nur nicken. Etwas kam uns verdächtig vor, schien sich der Junge doch in den vergangenen Jahren keinen Deut verändert zu haben. Unsere Neugierde war geweckt und wir traten an ihn heran. Als er uns entdeckte, weiteten sich seine Augen erschrocken. Scheinbar erinnerte er sich noch an uns. Eiligen Schrittes verließ er die Straße und rannte davon. Yuriy und ich nahmen sogleich die Verfolgung auf. Wir jagten durch die dunklen Gassen Moskaus, bis wir irgendwann nicht mehr wussten wo wir uns befanden, den Jungen hatten wir ebenso aus den Augen verloren.
„Wir... sollten umdrehen, Kai“, murmelte der Rotschopf beunruhigt.
Ja, er hatte Recht. Diese Gegend behagte mir nicht. Sie hatte etwas unangenehmes und nahezu gespenstisches an sich. Die Gassen waren dunkel und leer, wirken regelrecht unfreundlich. So wollten wir also gerade umkehren, als man uns den Weg versperrte. Es war der Lilahaarige, dem wir gefolgt waren und ein großgewachsener Blonder, der eigentlich unter die Kategorie fiel, der ich nicht im Dunklen begegnen wollte.
„Mir scheint, du hast uns da zwei ungebetene Gäste mitgebracht, mein Lieber“, meinte der Blonde und grinste.
Bei diesem Grinsen lief es mir eiskalt den Rücken hinunter, sah man doch die spitzen Eckzähne und wirkte es doch recht psychopathisch. Ehe Yuriy oder ich eine Möglichkeit hatten zu entkommen packte uns der blonde Hüne an den Armen und zerrte uns in Richtung einer großen Villa.
„Der Meister wird sicherlich nicht sehr erfreut über euch beide sein, ich frage mich, was er mit euch machen wird“, kicherte der Kleinere.
Ein ungutes Gefühl breitete sich in mir aus, meine Augen suchten automatisch den Blick Yuriys, welchem die Angst ebenso ins Gesicht geschrieben stand wie mir. Wir hatten keine Ahnung was diese beiden nun mit uns vorhatten. Nie hätten wir damals gedacht, dass es das Beste sein sollte, was uns jemals geschehen war.
Als wir die Villa betraten, war ich wie verzaubert. Es war, als hätten wir eine andere Welt betreten. Edle, bodenlange Vorhänge umrahmten große Fenster, purpurne Teppiche bedeckten teure Parkettfußböden, glänzende, mächtige Kronleuchter tauchten alles in ein goldenes Licht, die Menschen waren ebenso edel wie anmutig, laute Musik und Stimmengewirr kam uns entgegen und feine Kellner liefen mit Tabletts herum, auf denen Weingläser mit rotem Inhalt standen. Für einen armen Bauernjungen wie mich war das nahezu paradiesisch. Noch nie in meinem Leben hatte ich etwas so schönes gesehen.
Der Blonde führte uns durch den Flur, durch die große Halle und bis hin zu einem Thron. Es war ein mächtiger Thron, der einem König alle Ehre erweisen würde und um ihn scharrten sich die schönsten Menschen, die mir je begegnet waren und sie schwatzten angeregt mit dem, der auf dem Thron saß. Ein junger Mann, sicherlich nicht viel älter als mein Cousin und ich es waren, saß dort, goldblondes Haar umrahmte sein bleiches, markantes Gesicht, azurblaue Augen schienen sich in die meinigen zu bohren und seine Kleidung zeichnete ihn nicht nur als reichen Edelmann, sondern auch als eine Art Herrscher aus. Für mich stand sogleich außer Frage, dass dies der „Meister“ war, von dem die beiden anderen zuvor geredet hatten. Eben diese verbeugten sich nun vor dem jungen Mann.
„Meister, diese beiden hier haben vor der Villa herumgelungert“, erklärte der Hüne.
„Sollen wir sie... noch auf die Speisekarte setzen?“, fragte der Lilahaarige grinsend.
Der Meister musterte Yuriy und mich eingehend, ich fühlte mich von seinem Blick bloßgestellt. Schließlich schritt er auf mich zu und blickte mir lange tief in die Augen. Die azurblauen Augen wirkten faszinierend, sie zogen einen regelrecht in ihren Bann. Schließlich grinste er mich an und nahm meine Hand, führte sie zu seinem Mund und hauchte einen Kuss darauf.
„Mein Name ist Alexander Ljubov, ich bin hoch erfreut Eure Bekanntschaft zu machen. Verratet mir Euren Namen“, stellte er sich vor.
„K... Kai Hiwatari und das ist mein Cousin Yuriy Iwanov“, stotterte ich zusammen.
Nie zuvor hatte mich jemand so unsicher gemacht und so sehr eingeschüchtert, wie Alexander. Noch immer musterte er mich und trat dann nickend an seinen Thron zurück. Ich verstand nicht...
„Ihr gefallt mir, blaues Haar und rote Augen, rotes Haar und blaue Augen. Wie dieses chinesische Zeichen, dieses schwarz-weiße, wisst Ihr was ich meine? Dieses Kreissymbol, das die Balance darstellt. Ausgeglichenheit. Ihr gefallt mir“, lachte er.
Und mit ihm lachten auch alle anderen. Auf einmal schien die Stimmung gelockert zu sein und die misstrauischen Blicke, die ich noch zuvor in meinem Nacken hatte spüren können, waren verschwunden.
„Leistet uns Gesellschaft, genießt unsere kleine, gesellige Runde und feiert! Hebt die Gläser, meine Lieben, wir haben Gäste und lasset uns auf ihr Wohl anstoßen! Auf Kai Hiwatari und Yuriy Iwanov!“, rief Alexander aus.
Es war keine freundliche Aufforderung oder gar eine Bitte, es war ein Befehl. Und tatsächlich stießen alle Anwesenden auf uns an. Der amüsierte Blick Alexanders ruhte noch immer auf Yuriy und mir. Er reichte uns zwei Gläser und noch bevor ich mein Glas an die Lippen ansetzte, merkte ich, dass es kein Wein war.
„Was? Sagt es Euch nicht zu? Dabei ist es doch noch ganz frisch. Und das Blut einer Jungfrau, äußerst bekömmlich. Ich bevorzuge es. Aber das handhabt wohl jeder anders“, meinte Alexander und lachte.
Er wirkte wie ein Verrückter, seine Worte ließen mich ihn geschockt anstarren.
„Lasst mich Euch kosten und ich sorge dafür, dass Ihr Gefallen am Geschmack des Blutes finden werdet“, erklang die Stimme des Blonden nahe an meinem Ohr.
Erschrocken fuhr ich herum. Damals wunderte ich mich, wie er so schnell hinter mich gelangen konnte. Doch ehe ich fragen konnte, wand er sich Yuriy zu und lächelte ihn nahezu verführerisch an.
„Ich denke, ich habe mich nicht richtig vorgestellt – Ich bin Alexander Ljubov, Herr der Untoten, Clanoberhaupt der Schattenvampire und Anführer aller Vampire Moskaus! Und wahrlich, es sind viele! Ich bin der, der sie erschaffen hat. Ich bin der, der auch Euch ewiges Leben schenken kann. Ich bin der, der sie alle überlebt hat. Sagt mir, würde Euch ein solches Leben nicht auch zusagen? Ein Leben in Luxus, Reichtum und das alles für die Ewigkeit?“
Die anderen Gäste, sie wirkten auf einmal nicht mehr wie edle Menschen sondern viel mehr wie Monster in Menschengestalt, hatten ihre Gesichter zu unangenehmen Fratzen verzogen. Sie standen um uns in einem Kreis, gaben Yuriy und mir keine Chance zu entkommen und uns gegenüber stand Alexander, blickte uns auffordernd an.
„Wieso wir?“, fragte mein Cousin.
Dafür bewunderte ich ihn nahezu, denn ich bekam kein einziges Wort heraus. Es war, als wäre meine Stimme verschwunden.
„Ich habe doch gesagt, Ihr gefallt mir, Himmel! Ist denn das so schwer?“, ärgerte sich Alexander.
Mein Blick löste sich von dem Blonden und schweifte ein weiteres Mal durch den Raum, ich hatte noch nie so viel Luxus auf einem Haufen gesehen. Es war seltsam, nie hatte mich Reichtum angezogen, nie war Macht für mich etwas verführerisches gewesen, doch hier schien alles anders zu sein – es war wahrlich eine andere Welt in die wir da geraten waren. Und zu meinem eigenen damaligen Entsetzen war ich ihr nicht abgeneigt. Im Gegenteil, sie zog mich magisch an. Ich dachte in diesem Moment eigentlich gar nicht nach, es war ein Impuls, eine Eingebung, ein einfaches Gefühl, das mich dazu brachte einen Schritt vorzutreten. Mutig hielt ich dem Blick der azurblauen Augen stand, widerstand sogar dem Drang zurückzuweichen, als Alexander auf mich zukam. Er legte einen Arm um meine Hüfte und hob mit der anderen Hand mein Kinn leicht an. Als er sich zu mir beugte, lief mir ein Schauer über den Rücken.
„Weißt Du, auf was Du Dich da einlässt, Kai Hiwatari?“, fragte er mich mit kühler Stimme.
Ich nickte schwach und die nächste Erinnerung, die ich habe, ist, dass ich mit Yuriy getanzt habe. Wir haben gelacht, gealbert, waren aufgedreht und lebendig wie nie. Und ich merkte, es war etwas anders.
Daran, wie es passierte, habe ich keinerlei Erinnerung mehr.
~*~
Es vergingen drei Jahre, in denen Yuriy und ich bei Alexander lebten. Wir fanden in diesen Jahren heraus, dass dieses Treffen, das wir damals gestört hatten, sozusagen das Clantreffen gewesen war und nur alle zehn Jahre stattfand. Auch fanden wir heraus, dass Alexander von Anfang an geplant hatte, uns dort hin zu locken, es war von Beginn an die Aufgabe des Lilahaarigen gewesen, Yuriy und mich zu dieser Villa zu führen. Doch eins hatten wir in diesen drei Jahren nicht herausgefunden, nämlich warum sich der Blonde für meinen Cousin und mich interessiert hatte.
Nun denn, sei's drum, es waren also drei Jahre vergangen und wir lebten noch immer in Moskau. Dass wir von Zuhause ausgerissen waren und nun in einer prunkvollen Villa lebten, ließ Gerüchte aufkommen. Es waren wahrlich keine schönen Gerüchte und sie taten unseren Eltern in den Seelen weh. So geschah es dann, dass Rai, ein junger Chinese, der schon zuvor bei Alexander gelebt hatte, in einer Winternacht zu Yuriy und mir trat und uns aufforderte zu packen. Entrüstet starrten der Rothaarige und ich ihn an.
„Aber weshalb?“, forderte der Rotschopf zu wissen.
„Es ist an der Zeit weiterzuziehen, wir werden noch in dieser Nacht Moskau verlassen. Die Menschen schöpfen Verdacht, dass etwas mit diesem Haus und seinen Bewohnern nicht stimmt“, erklärte uns der Chinese.
Doch verstanden wir noch immer nicht, was er meinte. Rai lächelte leicht und setzte sich dann schließlich zu uns. Wir waren in der Bibliothek der Villa, einer riesigen Schatzkammer, wie Yuriy es nannte.
„Alexander existiert schon länger als diese Stadt hier steht und ich begleite ihn nun schon seit... ich weiß gar nicht, wie lange ich ihn nun schon begleite... Er hält es nie sehr lange in einer Stadt aus, er hat in verschiedenen Städten dieser Welt seine Wohnsitze und von Zeit zu Zeit, wenn ihm die Räume zu eng werden, wie er es formuliert, ziehen wir um.“
Verstehend nickte ich. So konnte er den Problemen, Gerüchten und Verdächtigungen ausweichen, er zog von Stadt zu Stadt und hielt sich einfach lange genug fern, bis Gras über die Sache gewachsen war.
Noch in der selben Nacht verließen wir Moskau.
~*~
Es verschlug uns zur damaligen Zeit nach Asien, wie wir herausfanden Alexanders bevorzugte Heimat. Ihm gefielen die Kultur, die Leute und die Landschaften. Wir vier lebten in Hongkong, Rais Heimat wie er uns sagte. Doch recht lange hielt es unseren blonden Gönner nicht in dieser atemberaubenden Stadt. Ich wäre damals gern noch ein paar Jahre, vielleicht sogar das ein oder andere Jahrzehnt, länger dort geblieben. Allerdings verließen wir die Stadt und ihre Pracht bereits nach nur fünf Jahren und bereisten ab dem Jahre 1725 Europa.
Meine Erinnerungen können mir gar nicht mehr all die Städte sagen, die wir bereist haben. Es waren so viele, dass ich irgendwann aufhörte sie zu zählen. Doch erinnere ich mich noch sehr gut daran, dass wir im Jahre 1727 in Paris waren, denn es war das Jahr in dem Alexander nach Moskau zurück wollte.
„Es ist soweit. Es ist nun ein Jahrzehnt, dass ihr bei mir seid. Und somit steht auch das große 'Familientreffen' an. Wir werden uns wieder nach Moskau aufmachen, ich verspüre seit einigen Tagen sowieso das Bedürfnis wieder Russland zu bereisen. Auf, geht packen meine Lieben“, forderte uns der Blonde auf.
Doch hatten weder Yuriy noch ich das Verlangen in unsere Heimat zurück zu kehren, zum einen lebten dort noch unsere Familien und unsere ehemaligen Freunde – was würden sie sagen uns nach zehn Jahren wiederzusehen und das, wobei wir noch genauso aussahen wie vor einem Jahrzehnt? Außerdem sagte uns Paris weit mehr zu. Und Interesse an diesem Clantreffen hatten wir auch nicht, wir wollten nichts mit diesen Vampiren zu tun haben. So trat mein Cousin an Alexander heran und beichtete ihm dies. Damals standen wir beide vor ihm, wie zwei kleine Jungen, die ihrem Vater etwas schlimmes zu beichten hatten. Sein kritischer Blick ruhte auf uns.
„Nun gut. Bleibt hier, ich überlasse euch die Villa mit ihrer Einrichtung, tut was ihr wollt, ihr seid freie Vampire! Gründet euren eigenen Clan, bleibt hier und versauert oder wonach euch sonst der Sinn steht. Nur... solltet ihr euch nun von mir lossagen, habt ihr kein Recht je wieder bei mir angekrochen zu kommen, nur damit ihr es wisst. Sollten sich unsere Wege nun trennen, solltet ihr nun dem Clantreffen nicht beiwohnen, so gehört ihr nicht zu diesem meinem Clan und seid auch nicht mehr länger meine Schützlinge, ihr seid dann auf euch gestellt“, warnte er uns.
Wir waren überrascht von seinem großzügigen Angebot uns das Anwesen in Paris zu überlassen und stimmten nach nicht allzu langer Überlegung zu. Es war zwar eine unglaubliche und lehrreiche Zeit, die wir mit Rai und Alexander verbracht hatten, doch wurde es Zeit für uns, unseren eigenen Weg einzuschlagen und dieser – dessen waren Yuriy und ich uns sicher – führte nicht zum Vampirclan des Blonden.
Als es dämmerte wollten sich Rai und Alexander auf den Weg machen, Yuriy und ich verabschiedeten uns von ihnen. Der Chinese umarmte uns, als sein wir seine Kinder, die das Elternhaus verlassen wollten. Und in seltsamer Weise verspürte ich auch einen Stich in meiner Brust, der weit mehr schmerzte, als damals, als ich meine Eltern in Moskau hatte zurücklassen müssen.
„Passt auf euch auf, sonst trete ich euch persönlich in eure untoten Hinterteile“, wisperte der Schwarzhaarige.
„Und pass du auf dich und Alexander auf“, entgegnete ich lächelnd.
Der Blonde richtete kein weiteres Wort mehr an uns, nur einen Blick, der mehr sagte als tausend Worte. Es schmerzte mich sehr die beiden wegfahren zu sehen, doch tröstete mich die Anwesenheit meines Cousins.
~*~
Tatsächlich sahen wir Rai und Alexander nicht wieder, sie kamen nach dem Clantreffen nicht zurück nach Frankreich und wir hatten keine Ahnung wo sie waren. Yuriy und ich hingegen hatten uns die Villa so eingerichtet, wie sie uns zusagte und genossen das Leben in der pulsierenden Hauptstadt. Unser Geld verdienten wir mit Architektur, wir entwarfen große Bauten für diese große Stadt. Während mein Cousin sich mehr für die Entwürfe von Häusern interessierte, wollte ich etwas bedeutenderes kreieren – hätte ich damals gewusst, dass mein Torbogen, den ich nur so dahin geschmiert hatte, heute noch bekannt sein würde, ich hätte wohl laut gelacht. Der „Arc de Triumph“, ich hatte an einem Mittag vor dem Louvre gestanden und nahezu eine Vision davon gehabt, ich musste an einen Torbogen denken, der mir in Rom begegnet war. Jedoch hatte ich meinen damaligen Entwurf im nahe gelegenen Park, in dem ich die Skizze zu Papier brachte, liegen lassen. Inzwischen heißt es, Napoleon hätte den Triumphbogen in Auftrag gegeben, in Anlehnung an den Konstantinbogen in Rom. Allerdings kann ich nun wohl kaum die Geschichtsbücher umschreiben und sagen es war meine Idee, nicht?
Bis auf dieses Ärgernis war unsere Zeit zu zweit in Paris wirklich schön. Schön und doch irgendwie einsam... Obgleich wir 1730 eine junge Frau kennen lernten, Julia, sie war ebenso ein Vampir und wir freundeten uns an. Und dennoch fehlte uns etwas ganz bestimmtes, nur wussten wir zu jener Zeit noch nicht, was es war...
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Part II - Boris & Rei
Titel: Daydreamer
Autorin: Firefox_Takara
Widmung: fin_wölfin – hah, als kleiner Dank, weil ohne dich ja nicht einmal der erste Teil entstanden wäre xD
Serie: Beyblade
Genre: Shonen-Ai, Vampire, AU
Pairing: Kai x Rei || Boris x Yuriy
Part: II von X
Beta: cada *knuddel* Vielen lieben Dank *flauschel* ^^
Historische Daten / Fakten: Sind auch in dieser FF vorhanden. Wahrscheinlich genauso viele wie beim ersten Teil, da bin ich mir nicht so ganz sicher. Wenn ihr's genauer wissen wollt, fragt mich einfach.
Disclaimer: Yuriy, Boris, Kai und Rei gehören noch immer Takao Aoki, der Song „Daydreaming“ gehört den Toten Hosen. Dafür gehören mir sowohl die Story, als auch die Gebrüder Juwes, welche ich jedoch sofort gegen Kai, Rei, Yuriy oder Boris eintauschen würde, Alec und Cassandra. Ich verdiene hiermit kein Geld, Kommis werden allerdings mit Freuden entgegengenommen.
Comment: Das hier ist sozusagen die Ergänzung zu „Daydreamer“, es ist die selbe Geschichte nur aus anderer Sicht und mit anderen Elementen. Lest es einfach, dann wisst ihr, was ich meine.
Comment²: Hier der zweite Part. ^_^ ...hat ja lange genug gedauert. xD"
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Part II – Boris & Rei
~*~
Ein Jahrhundert sollte vergehen, ehe wir das fanden, was uns damals so sehnlichst fehlte. In diesen hundert Jahren lebten wir in Saus und Braus, feierten große, prächtige Feste und genossen jeden Tag wie wir es noch nie getan hatten. Wir lebten das Leben auf eine Weise, die den letzten Tropfen Blut aus ihm heraussaugte und wir genossen jeden einzelnen. Doch eine leise Stimme tief in meinem Herzen sagte mir, dass noch etwas wichtiges fehlte.
Es war Herbst im Jahre 1833 und Yuriy und ich machten einen Spaziergang entlang der Seine, wie wir es schon so viele Abende zuvor getan hatten. Doch dieser Abend war anders als jeder Abend zuvor. Zwei Menschen kamen uns entgegen, allein dies verwunderte mich, hatten die meisten Bürger doch Angst vor den Vampiren, von denen sich alle erzählten. Sie mussten Besucher sein, noch nicht lange in unserer Stadt. So schlich sich ein verräterisches Grinsen auf Yuriys Gesicht. Mein Cousin schien dort im Licht des Mondes bereits unsere nächste Mahlzeit zu sehen.
Der eine von beiden hatte graues Haar und ich sah, dass Yuriy ihn bereits fixierte wie ein Raubtier seine ahnungslose Beute, mir sollte es nur recht sein, so sagte der andere mir doch bei weitem mehr zu. Er hatte langes, schwarzes Haar, war etwas kleiner als der Grauhaarige und war scheinbar Asiate, soweit ich das erkennen konnte. Wir traten näher und ich sah, wie sich das Mondlicht golden in den Augen des Schwarzhaarigen spiegelte. Oder waren es gar seine Augen selbst, die golden waren? Damals vermochte ich es nicht sagen zu können.
Während mein Cousin auf den Grauhaarigen zutrat, näherte ich mich dem Asiaten an und warf ihm ein verführerisches Lächeln zu. Vor ihm machte ich Halt und verbeugte mich leicht.
„Es ist mir eine Ehre eine so bezaubernde Schönheit wie Euch kennen zu lernen. Wie darf ich Euch nennen?“, fragte ich, als ich seine Hand zu meinen Lippen führte und einen Kuss darauf platzierte.
„R... Rei... Rei Kon...“, nuschelte der Schwarzhaarige scheinbar verlegen.
Eine dezente Röte legte sich über sein Gesicht und ließ ihn unwiderstehlich wirken. Solch ein bezauberndes Wesen war mir noch nie begegnet, ich war nahezu gefangen in seinem Bann. Es war wie damals, als ich Alexander das erste Mal begegnete, nur nicht so ängstigend, viel mehr... angenehm.
„Ihr seid nicht von hier, oder Rei Kon?“, fragte ich, um ein Gespräch zu beginnen.
„N... Nein... Boris und ich, wir kommen aus San Francisco... Wir sind nur geschäftlich hier...“
„Geschäftlich? Also keine gemeinsame Reise unter Liebenden?“
Ein freches Grinsen schlich sich auf meine Lippen, als die Gesichtsfarbe des Asiaten noch dunkler wurde und er verschämt den Blick abwendete. Ich muss wohl gestehen, dass meine Frage recht vorlaut war. Leise lachte ich auf.
„Verzeiht meine Unverschämtheit, manchmal fehlt es mir an Benehmen. Das bemängelte schon meine Mutter, als ich noch klein war“, meinte ich nur.
„Wie... ist euer Name?“, fragte mich nun der Schwarzhaarige.
„Kai Hiwatari“, entgegnete ich ihm.
„Und seid ihr von hier?“, wollte er weiter wissen.
„Nun... nicht direkt, ich lebe nur schon seit langer Zeit in Paris mit meinem Cousin zusammen.“
Er verwickelte mich an diesem Abend in ein Gespräch über meinen Cousin und mich, was wir in dieser Stadt taten und was man in der schönsten Stadt der Welt erleben konnte. Ich dafür fragte ihn aus, über seine Geschäftlichkeiten, seinen Aufenthalt hier und seine momentane Bleibe.
An jenem Abend stellte ich es mir interessant vor noch einmal Kontakt zu dieser schwarzhaarigen Schönheit aufzunehmen und ihn erst später zu kosten. Denn in dieser Vollmondnacht schien er mir noch zu unschuldig zum Sterben. Mit einem Grinsen merkte ich, dass scheinbar auch Yuriy zum Entschluss gekommen war es heute Nacht sein zu lassen. Wir unterhielten uns, bis mich mein Cousin zu sich rief. Es wurde bald Tag und zuvor mussten wir unbedingt verschwinden. Mit Bedauern im Blick musterte ich den Chinesen ein letztes Mal.
„Ich würde gern mehr von Euch erfahren, doch leider müssen mein Cousin und ich nun gehen... Gehabt Euch wohl, Rei Kon“, sagte ich noch zu ihm, bevor ich Rei den Rücken zudrehte und mit Yuriy an meiner Seite verschwand.
~*~
Einige Abende darauf saßen Yuriy und ich gemeinsam in unserem Arbeitszimmer. Während mein Cousin nur lustlos in einem Sessel saß und aus dem Fenster auf die sternenklare Nacht blickte, beschäftigte ich mich mit den Einladungen zu unserem alljährlichem Winterball.
„Es ist so öde und trist...“, seufzte der Rothaarige neben mir.
„Wovon sprichst du, Yuriy?“, fragte ich ihn daraufhin.
„Vom Leben... so öde und trist...“
„Wie kommst du dazu so etwas zu sagen? War das Leben für uns nicht immer ein Fest? Weshalb bist du so betrübt?“, wollte ich wissen.
„Dieser... Boris... er hat etwas aufregendes... Ein solcher Mensch ist mir noch nie begegnet... Und du kannst nicht verleugnen, dass dir sein Begleiter zusagte“, entgegnete Yuriy wohl etwas aus dem Zusammenhang gerissen.
„Mh... er hatte etwas reizvolles, das muss ich zugeben... Was hältst du davon, wenn ich die beiden zu unserem Winterball einlade?“, schlug ich ihm nachdenklich vor.
„Das ist die beste Idee, die ich je aus deinem Munde hörte, mein Lieber.“
Sogleich setzte ich einige einfache Zeilen auf:
Wir trafen uns vor einigen Nächten am Ufer der Seine. Yuriy und ich wünschen uns, dass es nicht bei diesem einen Treffen bleibt. In vier Tagen ist in unserer Villa ein großer Maskenball. Ich würde mich freuen, würdest du kommen, Rei. Und Yuriy wäre nicht abgeneigt, würdest du auch Boris mitbringen.
Mit herzlichsten Grüßen, Kai H.
„Und wie soll diese Einladung nun ihren Weg zu den beiden finden?“, erklang Yuriys Stimme hinter mir.
Nachdenklich starrte er das Papier an, als die Türe geöffnet wurde. Herein trat, ohne zu klopfen und ohne jeglichen Anstand, Julia. Die Brünette gesellte sich zu uns und bemühte sich mir über die Schulter zu schauen. Was durch meinen Cousin, welcher dieser Tätigkeit bereits nachging, um einiges erschwert wurde.
„Mh... Rei... und Boris... Rei Kon und Boris Kuznetsov?“, fragte sie neugierig.
„Woher kennst du ihre Namen?“, wollte Yuriy nun wissen.
„Nun... ich habe vor einigen Nächten ein sehr nettes Mädchen kennen gelernt, sie erzählte mir sie sei Dienstmagd im Hause LesDemondes und sprach auch davon, dass ihr Herr momentan Besuch von zwei jungen Geschäftsmännern hätte. Wenn ich mich nicht irre, so lauteten ihre Namen so...“
„Doch seit wann ist Verlass auf dein Gedächtnis, liebste Julia?“, fragte ich spitz.
„Oh, wenn es um die Dinge geht, die mir schöne Frauen erzählen, so ist mein Gedächtnis exzellent, liebster Kai“, entgegnete sie mir.
„Denkst du, du kannst der Dienstmagd die Einladung geben, sodass sie ihren Weg zu den beiden finden mag?“
Der Nachdruck der Frage spiegelte sich in den Augen meines Cousins. Es schien ihm sehr wichtig die beiden dort zu wissen.
„Natürlich. Ich werde mich freuen das hübsche Mädchen ein weiteres Mal zu treffen und gewiss werde ich auch für euch die Einladung zustellen“, stimmte die Brünette schließlich zu.
~*~
Die Zeit zu unserem großen Winterball schien sich hinzuziehen bis zur Unendlichkeit. Als es schließlich endlich soweit war und unsere Villa den alljährlichen Glanz ausstrahlte, den sie nur auszustrahlen vermochte, wenn ein Fest solchen Ausmaßes hier stattfand, standen Yuriy und ich mit nachdenklichen Gesichtern inmitten unserer unzähligen Gäste und hielten Ausschau nach zwei ganz bestimmten und ebenso besonderen Menschen.
Der Saal war geschmückt und die prunkvollen Kronleuchter, die es Julia so sehr angetan hatten, erhellten ihn zur Genüge. Ich liebte es schon immer, wenn es einem erschien, als sei Tag, obgleich doch inzwischen die Turmuhr zehn schlug. Es ist dann ein bisschen, als würden wir noch leben. Unsere Gäste schienen ebenso guter Stimmung zu sein, denn es wurde laut geschwatzt und viel getanzt.
Irgendwann verlor ich Yuriy jedoch aus den Augen, als ich von einem Tanz mit Julia wieder kam, war er einfach verschwunden. Mein Blick suchte verwundert den Raum ab und blieb dann an einem schwarzhaarigen jungen Mann hängen, der eine recht aufwendige Katzenmaske trug. Mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen rückte ich meine eigene Maske, eine rote Vogelmaske, die an einen Phönix erinnerte, zurecht und schritt auf ihn zu.
„Eine streunende Katze? Auf meinem Ball? Was verschafft mir nur das Vergnügen?“
Erschrocken blickten mich die goldenen Augen an und ich hätte auf alles geschworen, er wurde unter der Maske rot!
„I... ich... Boris hat mich stehen lassen...“, seufzte der Schwarzhaarige.
Ich konnte mir schon denken, für wen der Grauhaarige seinen Freund hatte stehen lassen. Das erklärte auch Yuriys plötzliches Verschwinden.
„Darf ich dir dann solange die Zeit vertreiben? Vielleicht mit einem Tanz?“
Auffordernd blickte ich ihn an und hielt ihm meine Hand entgegen. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen nahm er sie schließlich in die seinige und ich führte ihn auf das Parkett. Und wahrlich, wir tanzten! Wir tanzten wohl den ganzen Abend. Ich weiß nicht, wie viele Stunden wir in mitten der vielen eng umschlungenen Liebespaare verbrachten, doch sie kamen mir vor wie Tage. Er war mir so nah, dass ich das Blut in seinen Adern und sein Herz rasen hörte. Sein Geruch war unbeschreiblich und unwiderstehlich. Es war wohl der Moment, in dem ich beschloss ihn nie wieder loszulassen.
Doch irgendwann hat auch der schönste Tanz ein Ende und wir stellten uns mit zwei Gläsern Rotwein auf die Veranda. Das Mondlicht glänzte auf den seidigen, schwarzen Haaren und die Musik drang leise an meine Ohren. Es war eine wundervolle Atmosphäre und so entschied ich alles auf eine Karte zu setzen.
„Was denkst du über das Leben, Rei?“, wollte ich von ihm wissen.
„Mh? Wie meinst du das?“
„Denkst du nicht auch manchmal, dass es zu kurz ist?“
„Inwiefern zu kurz?“
„Es gibt so viel zu sehen da draußen in der Welt. So viel zu entdecken und so viel zu erleben. Die Welt ist unendlich groß, doch ein Menschenleben ist so unendlich kurz. Es reicht nicht annähernd, um all die schönen Dinge, die unsere Welt zu bieten hat, zu bewundern“, erklärte ich ihm.
„Da hast du wahrscheinlich recht...“
Der Blick des Schwarzhaarigen wurde träumerisch und richtete sich auf den Mond.
„Was würdest du gern von der Welt sehen?“, fragte ich ihn.
„Vieles... sehr vieles... Mein ganzes Leben schon interessierte mich Europa und Paris ist wohl mein erster großer Traum, der in Erfüllung geht. Doch Europa ist so groß...“, seufzte Rei kaum hörbar.
„Wahrlich das stimmt. Und es ist wunderschön. Ein jedes Land schöner als das, aus dem man gerade kommt“, antwortete ich mit wehmütigem Lächeln.
„Und China, die Heimat meiner Mutter... ich wollte sie so gern einmal selbst sehen“, fuhr Rei fort.
„Ein schönes Land. Schön und mächtig. Es ist, gewiss, einen Besuch wert“, stimmte ich zu.
„Auch die Heimat vom Vater meines besten Freundes würde mich reizen. Die russische Kultur hat einen gewissen Reiz...“
„Ja, ja, schön ist sie, die Heimat“, seufzte nun ich träumerisch, schwelgend in Kindheitserinnerungen.
Verwundert blickte Rei zu mir.
„Wie kann es sein, dass du das alles schon gesehen hast? Du bist doch kaum einen Deut älter, als ich es bin“, fragte der Schwarzhaarige mich.
„Sagen wir, ich bin älter, als ich aussehe“, entgegnete ich grinsend.
„Mhm...“
Eine Zeit lang schwiegen wir uns an, bevor Rei es war, der den Blick ein weiteres Mal auf mich richtete.
„Bist du ein Vampir?“
Die Frage kam so unvermittelt und unverblümt, dass es mich nahezu aus meinen Schuhen gerissen hätte. Verwundert und mit großen Augen starrte ich ihn an.
„Wie kommst du zu so einer Annahme?“
„Ich weiß nicht... etwas in deinem Blick... Deine Augen strahlen eine Weisheit und Lebenserfahrung aus, die nicht zu deinem äußeren Alter passt...“
„Und wenn es so wäre? Würdest du dann schreiend wegrennen und mich den Behörden ausliefern?“
„Hätte ich das vor, hätte ich die Vermutung gar nicht erst geäußert, sondern wäre gleich schreiend weggelaufen. Ich bin kein kleines Mädchen. Ich habe keine Angst vor der Dunkelheit.“
„Aber wäre das nicht sicherer?“
„Mh... vielleicht... aber wer will schon immer sicher sein?“
Ich musste lachen über diese absurde Situation. Noch nie war mir ein Sterblicher begegnet, der so ohne Sorge mit einem Vampir umging.
„Gut, dann will ich dir deine Frage beantworten. Ja.“
Nachdenklich nickte der Schwarzhaarige und starrte auf das Wasser der Seine.
„Mach mich zu einem von euch.“
„Was? Was redest du da?“, wollte ich erschrocken wissen.
Nein, wirklich, noch nie war mir ein Mensch begegnet, der so war wie er. Doch Reis Blick wurde einfach nur trauriger.
„Du hast mich vorhin gefragt, was ich von der Welt noch sehen will... Es gibt so viel, aber ich werde es nicht mehr sehen... Ich bin krank, doch die Ärzte wissen nicht, was es ist... Wahrscheinlich werde ich nie die Chance haben, recht viel mehr zu sehen, als San Francisco... Deshalb genieße ich Paris auch so sehr... Mein Vater hatte sich große Sorgen gemacht, ob ich überhaupt mit her gehen sollte, doch ich habe darauf bestanden.“
Es war Leukämie, eine Krankheit, die erst in zwölf Jahren wirklich erforscht werden sollte.
„Und deshalb willst du einfach dein Leben aufgeben, um ewig zu leben?“, fragte ich ihn.
„Ja. Ich möchte noch so viel sehen. Ich bitte dich, erfüll mir diesen Wunsch, Kai.“
Er sah mich aus flehenden, goldenen Augen an und ich hätte gar nicht widersprechen können – selbst, wenn ich es vorgehabt hätte. Ich legte meine Arme um seine Taille und zog ihn eng an meinen Körper.
Niemals werde ich seinen Geschmack vergessen, so unvergleichlich süßlich, ein bisschen wie frische Erdbeeren.
~*~
Wie ich am darauffolgenden Morgen feststellen durfte, hatte Yuriy wohl die selben Pläne mit Boris, wie ich sie mit Rei gehabt hatte. Unsere neu gefundenen Begleiter blieben bei uns in Paris und wir zeigten ihnen das Leben, wie es sein sollte. Zu sechst genossen wir die größten und prächtigsten Feste und das dunkle Nachtleben in Paris. Wie sich herausstellte, hatte auch Julia endlich eine Begleiterin für die Ewigkeit gefunden, die junge Magd Mathilda.
Wir lebten mehr, als die meisten Lebenden.
Nur leider war das Glück nicht von Dauer...
Es war im Herbst 1870, als der Bürgermeister unserer geliebten Stadt, Étienne Arago, auf uns aufmerksam wurde. Das Treiben der Vampire schien ihm zu missfallen. Oh, inzwischen waren wir auch nahezu eine Plage, Paris war die Stadt der Untoten, der Treffpunkt für so viele von uns. Nur war das für Arago ein Grund, uns Vampirjäger auf die Hälse zu schicken.
Die Juwes-Brüder Paul und Jean.
Yuriy und ich, wir kannten sie zur Genüge. Schon als wir noch mit Alexander und Rai reisten, war uns die Juwes-Familie auf den Fersen. Deshalb beschlossen mein Cousin und ich eines Nachmittags mit unseren Gefährten eine Flucht zu planen. Zu jenem Zeitpunkt hatten sich Julia und Mathilda jedoch bereits verzogen, sie waren ohne ein Wort des Abschieds gegangen. Vampire sind wohl doch im Grunde ihres Herzens sehr egoistisch.
„Die Juwes-Brüder sind gefährlich“, teilte ich damals Boris und Rei mit.
„Kennt ihr sie schon lange?“, wollte Rei besorgt von mir wissen.
Mein Kleiner schmiegte sich an mich und ich merkte, dass er sich große Sorgen machte. Nicht nur, wohin Julia und Mathilda verschwunden waren, sondern auch, was nun aus uns werden sollte. Beruhigend strich ich ihm durch das lange Haar.
„Kennen ist das falsche Wort. Seit drei Generationen jagt uns die Familie Juwes nun schon durch aller Herren Länder. Wir kamen nach Paris, um endlich Ruhe vor ihnen zu finden“, schnaubte Yuriy ärgerlich.
Boris, welcher sich auch für mich als guter Freund herausgestellt hatte, massierte dem Rotschopf den Nacken, da mein Cousin nicht nur sauer sondern auch extrem angespannt war.
„Und was sollen wir nun tun?“, hörte ich Boris flüstern.
„Wir sollten Paris verlassen, so schnell es uns möglich ist. Sobald es dämmert“, antwortete ich ihm stirnrunzelnd.
So stand es für uns fest, dass wir am Abend des sechsundzwanzigsten Paris verlassen würden. Erleichterung machte sich in mir breit beim Gedanken weit weg von der Gefahr zu sein. Ich wollte auf keinen Fall riskieren, dass meinem Kater oder meinen Freunden etwas geschah.
Mein Kater... so nannte ich ihn seit unserem Maskenball. Aber auch, weil er schnurrte, als wäre er in seinem letzten Leben eine Katze gewesen. Er wurde dann meistens rot, wenn ich ihn so rief. Dafür nannte er mich liebevoll seinen Phönix. Als ich ihn einst fragte, wieso, da meinte er nur, dass ich es gewesen wäre, der ihm in der Zeit seines Lebens, als es schien, als würde alles zu Asche zerfallen, half, wieder aufzustehen.
Nachdenklich und besorgt lag ich an jenem Abend im Bett und kraulte den Nacken meines Gefährten, welcher friedlich an mich gekuschelt schlief. Im Nachhinein bin ich sehr dankbar für meine Schlaflosigkeit.
„Brennt alles nieder!“
Der Ruf hallte durch unsere gesamte Villa und schreckte mich aus meinen Gedanken.
„Rei! Rei, wach auf!“, zischte ich hastig und rüttelte ihn an der Schulter.
„Was ist denn?“, fragte er mich verschlafen.
„Sie sind im Haus! Sie werden es niederbrennen. Wir müssen weg hier!“
Nun schien auch er die schnellen Schritte und die Rufe zu hören. Ängstlich und erschrocken blickte er mich an, als ich ihn auf den Balkon zog.
„Schnell, wir müssen fliehen“, forderte ich ihn auf, als ich die Flammen sah, die den unteren Stock bereits durchdrungen hatten.
„Nein, halt. Das können wir nicht tun! Yuriy und Boris sind doch noch hier!“
Er versuchte mich aufzuhalten, doch als ich hörte, wie sie gewaltsam die Tür zu unserem Schlafgemach aufbrachen, hob ich meinen Gefährten auf die Arme und sprang mit ihm zusammen in die Nacht hinaus.
„Wie konntest du das tun?! Wie konntest du sie zurücklassen?!“, fauchte er mich wütend an, als wir bei den Stallungen waren.
Rasch stieg ich auf eines der vier Pferde, die wir für unsere geplante Flucht bereits hier hatten, und blickte Rei auffordernd an.
„Ich kenne Yuriy, er kann überleben. Die beiden werden es schaffen, wir müssen uns darum kümmern, dass auch wir es schaffen. Und jetzt komm her!“, forderte ich.
Unsicher setzte sich der Schwarzhaarige hinter mich und klammerte sich an mir fest. Als wir Paris verließen, spürte ich, wie er an meinen Rücken gelehnt weinte. Doch ich sagte nichts.
Wir ritten die ganze Nacht, als sei der Teufel hinter uns her. Und wahrlich, das war er auch.
Ich spürte, wie die Sonne langsam aufging und ich roch es auch. Es roch nach verbranntem Fleisch. Kaum, dass wir an einem Hafen ankamen, suchten wir das nächstbeste Schiff und gingen an Bord. Das Pferd ließen wir zurück, ich war mir sicher, jemand würde sich seiner annehmen. An Bord und vor allem unter Deck machte sich in mir Erleichterung breit. Jedoch auch Schmerz. Ich machte mir Sorgen, was wohl mit Yuriy und Boris passiert war.
„Verzeiht, aber wohin fährt dieses Schiff?“, fragte Rei einen der Matrosen.
„In die Handelsstadt Chicago“, lautete die Auskunft.
~*~