September Storm von Turbofreak ================================================================================ Kapitel 5: Der Tag danach ------------------------- Es ist sich glatt ausgegangen, zum Adventwochenende wieder was zustande zu bringen. Viel Spaß dabei und nur nicht an meiner Art, manche Dinge in der Luft hängen zu lassen, verzweifeln *g* Spät nachts wachte April aus einem unglaublichen Traum auf. Sie hatte geträumt, wie Fireball und sie sich geliebt hatten. Alleine bei dem Gedanken daran, stieg in April eine ihr unbekannte Wärme und Zufriedenheit auf. Verschlafen rieb sie sich die Augen und setzte sich im Bett auf. Ihr tat jeder Knochen weh, deshalb war sie aufgewacht. Als sich ihre Augen endlich an die Dunkelheit in ihrem Zimmer gewöhnt hatten, wurde April endlich klar, dass es kein Traum gewesen war. Sie war nicht in ihrem Zimmer, sie war neben Fireball im Bett eingeschlafen! Es war kein Traum, es war wirklich passiert. All die positiven Gefühle, die Geborgenheit und die zärtlichen Berührungen, die ihr der Japaner geschenkt hatte, waren wirklich passiert. Verträumt blickte April zu Fireball hinunter, der sich neben ihr eingerollt hatte und selig schlief. Leise stand April auf und suchte nach ihren Sachen um sich anzuziehen. Anschließend verließ sie mucksmäuschenstill das Zimmer und schlich ebenso leise in die Küche hinüber. Sie war durstig. Aber als sie in der Küche stand, wurde ihr schlagartig klar, was sie getan hatte. Sie hatte Chris betrogen! Sie war ihrem Freund fremdgegangen! Schockiert über sich selbst, setzte April eine Kanne Kaffee auf und setzte sich frustriert an den Küchentisch. Was hatte sie nur getan? Ihre Arme stützte sie auf die Tischplatte und ließ den Kopf in die Hände sinken. Sie starrte in ihre schwarze Tasse und allmählich wurde ihr die Tragweite ihres Handelns bewusst. April hatte ihren Freund hintergangen. Sie hatte den schlimmsten Vertrauensbruch begangen, den man einem Menschen antun konnte. Und April hatte nichts Eiligeres zu tun, als Chris mit einem seiner besten Freunde zu betrügen! Stundenlang saß April in ihren Gedanken versunken am Küchentisch. All die schönen und warmen Gefühle machten mit jeder Minute, die sie länger über ihr Handeln nachdachte, nagenden Gewissensbissen Platz. April würde Chris nie wieder unter die Augen treten können. Es war ja schon schlimm genug, dass sie sich auf diese Dummheit eingelassen hatte, aber dann auch noch mit Fireball. April konnte sich noch lebhaft den letzten Wutausbruch von Chris in Erinnerung rufen, den er wegen dieses Geschenks von Fireball ausgefasst hatte. Wie würde ihr Freund erst reagieren, wenn er herausfand, dass sie wirklich eine Nacht mit ihm verbracht hatte? Verzweifelt schüttelte April den Kopf. Soweit durfte es nicht kommen. Sie musste Fireball unbedingt daran hindern, es jemanden zu erzählen. Wenn er nichts ausplauderte und sie Stillschweigen über diesen Ausrutscher bewahrte, würde Chris es nie erfahren. Niemand durfte es erfahren, auch nicht Saber oder Colt. Gerade letzterer würde sie immer wieder damit aufziehen und wahrscheinlich würde er sich bei Chris im Handumdrehen verplappert haben. Wie zum Teufel kam sie nur darauf, ihre Beziehung mit Chris derart auf den Prüfstand zu stellen? April hatte die erstbeste Gelegenheit genützt, um Chris untreu zu werden. Nicht einmal eine Woche war seit ihrem Abschied vergangen und April hatte schon den ersten kapitalen Bock abgeschossen. Aber neben ihren Schuldgefühlen regte sich noch eine andere Stimme in April. Es war eine kleine, leise Stimme, die neben ihren riesigen Gewissensbissen kaum wahrnehmbar war, aber sie war da. Sie klopfte April insgeheim auf die Schulter und lobte sie, endlich ihre Gefühle frei gelassen zu haben. Sie sprach ihr Mut zu, Chris den Rücken zu kehren und es mit Fireball zu versuchen. Auch, wenn sie nicht alles von ihm wusste, so waren diese Gefühle stark genug, um schlimme Jahre zu überstehen, so, wie sie es die letzten Jahre getan hatten. Widerstrebend schüttelte April den Kopf, sie mahnte sich zur Vernunft. Fireball würde in sechs Monaten wieder in Tokio sein, Lichtjahre weg von Yuma und weg von ihr. Sie ermahnte sich, ihre Gefühle nicht überhand nehmen zu lassen, ihr Verstand wollte keine Beziehung mit Fireball. Er hatte sie zu sehr verletzt und er würde ihr wieder Schmerzen zufügen. Vielleicht nicht heute, vielleicht nicht morgen, aber er würde sie wieder heulend alleine zurücklassen. „Aber hallo, riecht der Kaffee gut!“, ein gut gelaunter Colt pflanzte sich zu April an den Küchentisch. Mittlerweile war es Morgen geworden und Colt machte seinem ländlichen Lebensstil alle Ehre. Seine innere Uhr hatte sich so gut eingestellt, dass er normalerweise mit den ersten Sonnenstrahlen aus dem Bett fiel. Auch an Board hatte sich das nicht geändert, inzwischen war er immer der erste in der Küche. Na ja, fast immer, denn an diesem Morgen hatte April ihn geschlagen. April brummte: „Morgen!“ Ihre Laune war seit ihrer Grüblerei so schlecht geworden, dass sie sich selbst nicht riechen konnte. Colt war das nicht entgangen. Nachdem am Vorabend keine Geräusche mehr von Fireballs Zimmer auf den Gang herausgedrungen waren und Saber zehn Minuten vor ihm die Flinte ins Korn geworfen hatte, war auch Colt endlich in seinem Quartier verschwunden. An Aprils nach unten hängenden Mundwinkeln und den dunklen Rändern unter den Augen meinte der Cowboy den Ausgang der Schlacht erraten zu können. April und Fireball hatten sich nicht wieder vertragen und vielleicht war der Krach gestern sogar noch in eine zweite Runde gegangen, in der der Heißsporn mal austeilte. Colt zog es vor, April nicht mehr anzusprechen und deshalb packte er sein Lächeln auch gleich weg. Er hatte das dumpfe Gefühl, dass ein lieb gemeintes Lächeln schon falsch von der Blondine aufgefasst werden könnte und so verhielt sich Colt an diesem Morgen ungewöhnlich still. Wenig später kam auch Saber in die Küche. Seine Laune unterschied sich nicht von der, die er ansonsten auch hatte. Mit einem höflichen „Guten Morgen, allerseits!“ setzte er sich an seinen Platz und schmierte sich in aller Ruhe sein Butterbrot. Saber war an diesem Morgen ausgeruht und voller Tatendrang. Allerdings konnte er an den Mienen seiner beiden Kollegen ablesen, dass sie für eine Tagesplanung noch nicht bereit waren. Und ohne den vierten im Bunde sollte er sowieso nicht starten. Saber begnügte sich deshalb mit Schweigen. Aber er saß nicht untätig bei Kaffee und Brötchen. Wie immer hatte er Stift und Papier zur Seite gelegt und tüftelte an irgendwelchen Formeln und Taktiken herum, die Colt als Strategien beim Fußball einordnen würde. Der Schotte wollte für jeden Fall gerüstet sein. Er spielte die unmöglichsten Szenarien durch, die ihm einfielen und das waren einige. Angefangen bei den offensichtlichen Differenzen im Team bis hin zu neuartigen Outridertechnologien war alles bei seinen Plänen vertreten. Der Vormittag war für die drei Freunde schon im vollen Gange, als endlich auch Fireball am Frühstückstisch erschien. Ihn quälten an diesem Morgen Rückenschmerzen und erst nachdem er Schmerzmittel eingenommen und endlich keinen schmerzverzerrten Gesichtsausdruck mehr hatte, wagte er sich zu den anderen in die Küche. Er hatte April in der Nacht sehr wohl aufstehen gehört, war aber nicht mehr in der Stimmung gewesen mit ihr zu reden. Stattdessen hatte er es sich im Bett bequem gemacht und hatte versucht, seinen Rücken zu entlasten. Nun stand er mit dem Becken an die Anrichte gelehnt und lächelte in die Runde: „Hi! Wann landen wir auf New Witchita?“ „Guten Morgen, Dornröschen.“, Colt grinste von einem Ohr zum anderen. Endlich jemand, der beim Kaffeetrinken lächelte und für Späße aufgelegt war. Ohne auf Saber oder April zu achten, zog er Fireball auf: „Ich dachte schon, April hätte dich krankenhausreif geprügelt, weil du gar nicht aufgestanden bist.“ Unbewusst stieg Fireball die Röte ins Gesicht, er dachte an vergangene Nacht und fragte sich im selben Atemzug, was Colt wohl meinte. Kurzerhand entschied er sich, das Thema in eine andere Richtung zu lenken: „Ich hatte gestern Abend noch einiges, worüber ich nachdenken musste, ja.“, verschmitzt fügte er noch hinzu: „Außerdem hat hier jemand gesagt, ich solle mich hier wohl fühlen. Und dazu gehört nun mal ausschlafen.“ „Der Idiot war dann wohl ich, oder?“, Colt verzog leidig das Gesicht. Der Japaner verdarb ihm aber auch jeden Spaß. Wieso wollte weder April noch Fireball mit Details zum gestrigen Abend rausrücken? So dramatisch konnte es doch wirklich nicht gewesen sein, wie beide taten! Colt keuchte aufgebracht und schob den Hut aus seinem Gesicht. Saber entfleuchte ein kurzes Auflachen. Irgendwie hatte er diese Frühstücksszenen vermisst. Seit er als Ausbildner beim Oberkommando arbeitete, hatte er regelmäßig alleine frühstücken müssen und wenn Synthia ihm Gesellschaft geleistet hatte, sprachen sie meist nur über den Tagesablauf. Er entschied sich dazu, Colt von seiner Schmach, eine Retourkutsche bekommen zu haben, zu erlösen und nickte Fireball zu: „In einer Stunde sollten wir dort sein. Also bitte rasch frühstücken, anziehen und dann: An die Arbeit, Shinji.“ Demonstrativ nahm Fireball noch einen Schluck von seinem Kaffee, ehe er salutierte: „Aye, Captain!“ Grinsend verließ er die Küche wieder um sich seiner typischen Fünfminutenkatzenwäsche zu unterziehen. Im Vorbeigehen warf er April einen kurzen Blick zu. Er zwinkerte ihr zu und seine Augen strahlten. April hatte im Handumdrehen erkannt, wie glücklich Fireball nach all den Problemen war. Tränen stiegen ihr in die Augen, sie war todunglücklich. Sie konnte Fireball keinen Dämpfer verpassen und dennoch musste sie es tun, wenn sie Chris behalten wollte. Sie hatte seinen Augen angesehen, wie viele Hoffnungen sie ihm letzte Nacht gemacht hatte. April würde ihm einen Stich ins Herz verpassen, wenn sie diese Hoffnungen ein für alle Mal zerschlug. Sie hasste sich dafür, jetzt schon. Der Landeanflug auf New Witchita war Fireballs erstes richtiges Flugmanöver und entgegen aller Befürchtungen, vor allem von Colts Seiten, hatte er den Vogel sicher und mit einigem Geschick gelandet. Gleich nach der Landung spuckte Ramrod III schon wieder seitenweise Fehlerprotokolle aus. April legte genervt die Hände in den Nacken und fauchte: „Irgendein Idiot hat vor dem Abflug noch gemeint, unser Baby würde wie ein Kätzchen schnurren. …Nie wieder lasse ich Anfänger die Arbeit eines Profis machen!“ Colt lehnte sich zu April zurück und lachte lauthals: „Das lass Mandy mal lieber nicht hören. Immerhin ist sie keine blutige Anfängerin mehr, Schätzchen!“ Mit funkelnden Augen drehte sich April zu Colt herum. Ihre Hände krallten sich in den Seitenrahmen ihrer Satteleinheit. Schnippisch kommentierte sie Colts Aussage: „Sie kann vielleicht fliegen. Aber die Arbeit eines Testpiloten kann sie nicht machen! Sonst würde ich mich hier nicht mit Kinderkrankheiten rumärgern müssen, die sie offensichtlich übersehen hat!“ Aprils Laune war nach wie vor im Keller. Zu allem Überfluss kam nun auch der Schlafmangel hinzu und langsam wurde April unausstehlich. Colt wiederum störte das absolut nicht. Er schob Aprils ganzes Gehabe auf ihren verletzten Stolz und diese Delle dürfte ihr Fireball zugefügt haben. Gut, am Vorabend war sie auch schon ein wenig grantig gewesen, aber im Vergleich zu jetzt, war sie da lammfromm gewesen. Deshalb ging Colt davon aus, dass Fireball die gute April ziemlich gekränkt haben dürfte. Seit der Japaner aufgestanden war, mied April jeden Augenkontakt, sie sprach nicht mit ihm. Überhaupt behandelte sie Fireball noch schlechter als vorher. Langsam keimte die Befürchtung auf, dass er mit seiner blöden Idee zur Aussprache alles noch schlimmer gemacht hatte. Aber wenn er einen Blick auf Fireball riskierte, der, im Gegensatz zu April, wenigstens mit einem leichten Lächeln im Gesicht, durch den Tag wackelte, zerwarf das seine Theorie wieder. Saber beobachtete vorerst das Geplänkel, das sich zwischen April und dem Scharfschützen aufzuschaukeln begann. Eigentlich war er davon ausgegangen, dass sich April und Fireball in den Haaren liegen würden, aber ganz offenbar war den beiden am Vorabend schon der Stoff zum Streiten ausgegangen und April suchte jetzt eine andere Herausforderung. Mit Schrecken stellte Saber einmal mehr fest, wie sehr sich jeder einzelne der Star Sheriffs in der letzten Zeit verändert hatte. Aus der immer fröhlichen, nur manchmal zickigen April war ein streitsüchtiger Drachen geworden. Zumindest kam es Saber so vor. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass April früher in einer Tour gemeckert hatte und mit jedem an Board einen Machtkampf austragen hatte wollen. Im Gegensatz zu April war Fireball ein richtiger Ruhepol geworden. Keine Wutausbrüche mehr, zumindest noch nicht, und er versuchte sich auch nicht mehr dauernd mit Colt zu messen. Der Kuhhirte wiederum war ein sehr fürsorglicher Kamerad geworden, noch mehr und noch offensichtlicher als er es damals schon gewesen war. Nur Saber selbst schien sich nicht geändert zu haben. Saber hatte sich immer im Hintergrund gehalten und nur eingegriffen, wenn es nicht mehr anders gegangen war. Mit einem unverständlichen Stirnrunzeln wandte sich Saber an Fireball, der die Schultern anzog und leise brummte: „Ich hab den Verdacht, dass im ersten Satz Kaffee irgendwas drin war.“ Saber nickte genervt: „Muss wohl so sein.“, er kratzte sich kurz den Nacken und nickte Fireball dann zu: „Hast du was dagegen, mit mir die Vorräte auffüllen zu gehen? Bis die zwei da in die Puschen kommen, sitzen wir im Trockenen.“ Nicht ganz so behände wie früher sprang Fireball aus seiner Satteleinheit und verließ vor Saber das riesige Raumschiff. Der Tag auf New Witchita war noch frisch, aber die vielen Menschen auf den Straßen zeigten deutlich, wie viel Leben diese Stadt besaß. Saber war mit einer langen Liste hinter Fireball nachgegangen. Erst am Fuß der Rampe hatte er den jungen Spund wieder eingeholt. Fireball war nämlich stehen geblieben und starrte ungläubig in die Ferne. Als er Saber neben sich bemerkte, kratzte er sich fragend an der Stirn und biss sich auf die Lippen. Mit zusammengezogenen Augenbrauen hüstelte er schließlich: „Und du bist dir sicher, dass das hier New Witchita ist, Boss?“ Überlegen grinste Saber. Die Stadt hatte sich grundlegend verändert. Überall blühte es und Wasser konnte man förmlich riechen. Als die vier Freunde die Stadt das letzte Mal aufgesucht hatten, war alles noch von Wüste umgeben gewesen, und Wasser war Mangelware gewesen. Inzwischen aber hatte das Bündnis auch den entfernter gelegenen Planeten Nutzen gebracht, nicht nur durch Alkalit oder Satelliten, die das Wetter steuerten. Die Städte florierten aufgrund der guten Handelsbeziehungen zwischen den einzelnen Planeten und brachten allen den Wohlstand. Der blonde Recke klopfte Fireball auf die Schulter: „Auch wenn du das hier alles kaum glauben kannst, so stecken nicht die faulen Tricks des großen Lazardo dahinter. Das haben alles die Einwohner vollbracht.“ „Wow…“, Fireball verlor sich im Staunen. Er hatte hier alles ganz anders in Erinnerung. Nichts als Wüste, ein paar Casinos und haufenweise kleine Boutiquen. Das war alles nicht mehr. Inzwischen strotzte die Stadt nur so vor Wolkenkratzern, Parks und Hotels. Still schickte Fireball ein Dankeschön an den lieben Herren im Himmel, dass sie April an Board gelassen hatten. Hätte sie erst einmal einen Fuß in die Stadt gesetzt, war ihre Mission schon wieder vergessen und wer würde zum Shoppen wieder herhalten müssen? Fireball war sich sicher, egal wie sehr April ihm die kalte Schulter zeigte, sobald es um einen geeigneten Träger für ihre ergatterten Schätze ging, war er die erste Adresse. Schweigend machten sich die beiden Star Sheriffs auf um neue Vorräte für Ramrod einzukaufen, während sie April und Colt mit den Fehlerprotokollen und ihrem Streit alleine ließen. Die beiden Männer entschieden sich, ihre Einkäufe mit einem Taxi zu Ramrod zu bringen. Saber war das Fehlen des Red Fury erst aufgefallen, als sie nun in der Stadt standen, voll bepackt und Steed auch keine Lösung war. Während die beiden Männer alles ins Taxi stopften, ging Saber dem auf den Grund. Er wusste, dass der junge Mann neben ihm eigentlich nie ohne fahrbaren Untersatz verreiste. Umso mehr verunsicherte ihn die Tatsache, dass Fireball ohne sein Auto zu Ramrod zurückgekehrt war. Er stupste Fireball deswegen kurz an: „Wo ist eigentlich dein Red Fury Turbo abgeblieben, Fireball?“ „Das ist jetzt vielleicht nicht der günstigste Zeitpunkt, um das zu erklären, Säbelschwinger“, Fireball sah bedrückt zu Boden, als er ins Taxi einstieg: „Ich hab nach wie vor keine Fahrerlaubnis. Und deswegen auch kein Auto.“ „Bitte sag, dass das nicht wahr ist“, Saber schloss verdattert die Augen. Ihm war klar, dass Fireball die ganze Angelegenheit sehr geschickt in Worte verpackt hatte. Was ihm sein Pilot so allerdings mitgeteilt hatte, war eine mittelschwere Katastrophe. Bei einem Rennfahrer hieß keine Fahrerlaubnis, nicht gesund zu sein. Sofort riegelte sich in Saber alles ab. Das war ein absolutes Desaster. Fireball hatte weder einen Wagen, noch war er körperlich dazu in der Lage, sich mit den Outridern zu messen, falls diese wirklich auftauchten. Sauer schnappte er Fireball deswegen an: „Wann hattest du vor, mir das zu sagen, Fireball? Wenn wir unter Beschuss geraten?“ Fireball schwieg Saber allerdings nur an. Er musste das nicht neben den sperrangelweit offenen Ohren des Taxifahrers erklären. Der Rennfahrer gab dem Fahrer das Ziel der Fahrt an und wich Sabers fordernden Blicken so gut es ging aus. Nachdem Ramrods Computer die letzte Seite des Fehlerprotokolls gedruckt hatte, hatte sich April sofort daran gemacht, die Fehler auszumerzen und auszubessern. Allerdings hielt sie das nicht davon ab, sich weiterhin mit Colt zu streiten. Es war eine wünschenswerte Ablenkung für die Blondine. Denn immerhin musste sie so nicht dauernd an vergangene Nacht und nicht an den Hochverrat, den sie damit begangen hatte, denken. Sie konnte auch ihre schlechte Laune herrlich an dem Cowboy auslassen. Dieser war schließlich nicht so zart besaitet wie manch andere Mitglieder dieses Teams. Aber auch Colts Geduld fand irgendwann ein Ende. Spätestens nachdem April ihn zum siebten Mal einen verdammten Klugscheißer genannt hatte, stand er auf. Er stapfte auf Aprils Satteleinheit zu und baute sich drohend vor ihr auf. So konnte sie nicht die ganze Zeit mit ihm umspringen und das würde er ihr jetzt auch ein für alle Mal sagen. „Wie wär’s zur Abwechslung mal damit, wenn du deinen aufgestauten Frust nicht an mir sondern an demjenigen auslässt, der ihn verursacht hat? April, du kannst mich jetzt dafür hassen oder auch nicht, aber du musst ganz dringend mal darüber nachdenken, was du eigentlich willst. Willst du den pensionierten Rennfahrer, mit all seinen Problemen und seinen Gefühlen, oder willst du den komischen Testfahrer, der, wie ich vermute, nicht nur Autos testet? Egal, was du machst, aber mach es schnell.“ Nach dieser unmissverständlichen Ansage schnappte sich Colt den Packen Fehlermeldungen, den das System wegen der Maverick-Waffensysteme ausgespuckt hatte, und drehte sich von April weg. Sie war eine gute Freundin, aber auch Colts Gutmütigkeit hatte Grenzen. Und seit die blonde Ingenieurin nun mit dem Casanova für Arme zusammen war, war sie dauernd auf der Höhe und nahm auf niemanden mehr Rücksicht. Nicht einmal auf ihre engsten Freunde. Colt hatte manchmal keine Lust mehr, mit April so eng befreundet zu sein. Aber, und das gestand sich der Kuhhirte im selben Atemzug auch ein, manchmal war die Freundschaft auch mit Saber oder Fireball anstrengend. Eingeschnappt und zornig hieb April auf die Tasten ihrer Tastatur ein. Sie war sauer auf sich selbst. Sie trug ihre Gefühle derart offen zur Schau, obwohl sie das nicht wollte. April war sich ganz sicher, wenn sie Colt nur einmal ungeschickt in die Augen sah, wüsste er sofort, was am letzten Abend genau passiert war. April zerfraß das schlechte Gewissen immer mehr. Sie wollte nicht mehr daran denken, aber sie tat es trotzdem. Wenn sie manchmal die Augen schloss, um sie von dem hellen Licht des Bildschirms zu erholen, drangen Bilder des letzten Abends hervor. Sie sah Fireball vor sich, wie er eingeschüchtert vor ihr zurückwich. April sah sein schelmisches Lächeln vor sich, das manchmal für den Bruchteil einer Sekunde nur aufflammte. Seufzend rieb sich April die Augen. Sie fühlte sich schrecklich. So schrecklich wie selten zuvor. Niedergeschlagen murmelte sie: „Tut mir leid, Colt.“ Die beiden bemerkten plötzlich das lautstarke Debattieren ihrer Freunde, die offenbar mit dem Einkauf wieder kamen. Je näher die beiden Männer der Brücke kamen, desto besser konnte man sie verstehen. Colt machte April darauf aufmerksam und gespannt hörten sie zu, was sich Fireball und Saber zu sagen hatten. Denn eines war klar: Waren die beiden so laut, dass man sie vom Gang auf die Brücke hören konnte, war das Thema mit Sicherheit brandheiß und interessant. „…Ich weiß gar nicht, was du hast, Saber. Wäre es dir lieber gewesen, wenn ich dir statt einem netten ‚Hi!’ gleich das blöde Attest in die Hände drücke? Mir macht das auch keinen Spaß, das kannst du mir glauben.“ „Ich hätte dich ohne mit der Wimper zu zucken raus geschickt, wenn wir im Nahkampf wären. Du wärst draufgegangen, nur weil du mir das verfluchte Attest nicht zeigst! Was glaubst du eigentlich, warum dir das dein Arzt mitgegeben hat?! Zum Spaß oder was?“ Eines war Colt und April sofort klar, Saber war sauer. Aber richtig sauer. Er keifte seinen Freund ungehalten an, was er das letzte Mal mit Fireball im Krankenhaus fabriziert hatte. Und wieder war Fireball derjenige, der von Saber angeschnauzt wurde. Langsam aber sicher kam Colt zu dem Schluss, dass Fireball wieder irgendwas vor dem blonden Recken verheimlicht hatte. Da ging die Tür zur Brücke auch schon auf und gab die Sicht auf die zwei Männer frei. Und hätte Colt vom Ton her noch behauptet, dass Saber stinksauer war, so sprach dessen Körpersprache ganz andere Bände. Der Cowboy sah dem Schotten sofort an, dass er nur deswegen so aufgebracht war, weil er sich offensichtlich Sorgen gemacht hatte und alte Vorwürfe in ihm aufkeimten. Dieses Mal wollte Saber alles richtig machen, und deshalb legte der Schotte auch besonderes Augenmerk auf alle seine Freunde und ließ sich nicht mehr so leicht mit Ausreden abspeisen. So auch in diesem Fall. Fireball trat neben Saber ein und blickte ihn schuldbewusst an: „Wie oft denn noch? Es tut mir leid, Saber. Ich bin davon ausgegangen, dass ihr alle wisst, dass ich noch keine Fahrerlaubnis habe.“ In dem Augenblick fielen April und Colt die Kinnladen bis zum Boden runter. Auch sie waren, wie Saber, davon ausgegangen, dass ihr Neuzugang fit war. Wie zum Teufel war er durch den Fitnesscheck des Oberkommando gekommen, wenn er nicht mal fahren durfte? In dem Augenblick fand April ihre Sprache wieder. Seit ihrer Entschuldigung hatte sie Colt angeschwiegen und ihre Arbeit gemacht. Als sie eben gehört hatte, dass der Rennfahrer ohne Fahrerlaubnis und damit auch ohne Gesundmeldung hier aufmarschiert war, geriet sie abermals in Rage. Rasch stand sie aus ihrer Satteleinheit auf und funkelte Fireball an: „Ohne Fahrerlaubnis? Bist du komplett wahnsinnig geworden? Wie sollen wir uns auf dich verlassen können, wenn du weder fahren noch fliegen darfst und de facto auch nicht in der Lage bist, dich selbst zu verteidigen?“ Zynisch reagierte Fireball auf dieses Argument: „Dich leg ich sogar noch auf die Matte, wenn ich auf beide Krücken gestützt gehen müsste.“ Hilfe suchend sah Fireball nun zu Colt, der sich als einziger noch nicht zu dem Debakel mit der mangelnden Gesundheit des Rennfahrers geäußert hatte. Der Japaner war wirklich davon ausgegangen, dass alle wussten, auf welches Risiko sie sich mit ihm als Piloten eingelassen hatten. Hatten sie darüber nicht nachgedacht, als sie alle anderen Bewerber für den Job hier abgelehnt hatten? Genervt ließ sich Fireball in seine Satteleinheit nieder. Er keuchte kurz auf, als er mit dem Rücken genau an die Ecke der Seitenverstrebung seiner Satteleinheit gestoßen war. Verzweifelt biss sich Fireball auf die Lippen und fuhr sich mit der rechten Hand über die schmerzende Stelle. Wenn er jetzt auch noch zeigte, wie höllisch weh das wirklich tat, obwohl er gar nicht richtig angekommen war, würden die drei das Vertrauen völlig verlieren. Saber und April mieden Fireball den restlichen Tag, obwohl er sich schon fast auf Knien für das Attest, das er ihnen nicht gezeigt hatte, entschuldigt hatte. Nur Colt verhielt sich ihm gegenüber normal und versuchte sogar, ihn aufzuheitern. Im Vergleich zu den beiden Blondinen verstand Colt den Rennfahrer sehr wohl. Es machte schon keinen Spaß wieder zu einer Einheit zurückkehren zu müssen, in der man von einem Commander verachtet und schlecht behandelt wurde, und am ersten Tag gleich ein ärztliches Attest vorzulegen, war gleich noch mal so unangenehm. Colt konnte sich vorstellen, was sich Fireball dabei gedacht hatte. Es machte kein gutes Bild, die Tasche noch gar nicht ausgepackt zu haben und gleich Forderungen zu stellen, was machbar war und was nicht. Der Schotte hatte sich bis zum Abendessen wieder beruhigt. Als ob nie was gewesen wäre, speisten sie zusammen. Saber war der Ansicht, den Polizisten für die Sache mit dem Attest genug leiden haben zu lassen, und behandelte ihn deshalb wieder wie immer. Fireball war nach wie vor ein enger Freund und Saber machte sich tierische Sorgen um ihn. Seit Saber damals die Akte gelesen hatte, verstummten die Vorwürfe in seinem Inneren nicht, auf Fireball nicht genügend aufgepasst zu haben und als er ihm nun das Attest verheimlicht hatte, war Saber aus seiner Haut gefahren. Er hatte sich damals geschworen, nie wieder solche Fehler zu machen, wie er sie auf Ramrod I gemacht hatte und noch bevor die Abenteuer wieder richtig begonnen hatten, wäre Saber blindlings davon ausgegangen, dass Fireball wieder völlig gesund war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)