Tochter des geschmolzenen Steines von Sternen und Mond von Teufelsstern (? x Murthag) ================================================================================ Kapitel 1: Drachenfamilie ------------------------- Vor lauter Erstaunen klappt mein Mund nur hilflos auf und zu, ohne einen Ton hervorzubringen. Dann versuche ich mich auf die Frage zu konzentrieren. "Ich bin durch diese kleine Höhle hergekommen", antworte ich schliesslich und deute auf den dunklen Eingang. Der Drache kommt ein paar Schritte näher, die Erde bebt unter seinen Schritten. 'Und wohin führt dieser Gang?', will er nun wissen. Ich öffne den Mund um zu antworten, aber mir fällt die Antwort nicht ein. Gerade eben hab ich es noch gewusst und jetzt... nichts, nur Leere. Angst kriecht wie ein Schwarm Ameisen meinen Rücken hoch. Ich bin doch gerade durch diesen Gang gekommen, warum weiss ich dann jetzt nicht mehr, wo er hinführt? Der Drache bemerkt meine Unsicherheit und fragt jetzt: 'Wie ist dein Name?' Erschrocken bemerke ich, dass genau dasselbe wie vorhin passiert. Die Antworten scheinen mir zu entwischen und zu verschwinden. Jetzt weiss ich nicht mal mehr meinen Namen! Auch alles andere, an das ich mich zu erinnern versuche, verschwindet. Vielleicht auf Nimmerwiedersehen. "Ich weiss es nicht", antworte ich deshalb leise und schaue deprimiert auf den Boden. Der Drache schaut mich weiterhin an, scheint direkt in meine Seele und meine Gedanken hineinschauen zu können. Diese komische , die ich vorhin schon in meinem Geist gespürt habe, wird irgendwie stärker. Ich schaue den Drachen mit misstrauisch gerunzelter Stirn an. 'Du sprichst die Wahrheit, du hast wirklich dein Gedächtnis verloren. Aus diesem Grund; komm mit.' Langsam wendet er sich und läuft los in Richtung Bergkuppe. Ein wenig entsetzt bemerke ich, dass sie nur ein paar hundert Meter oberhalb von uns ist. Ich blicke zurück zum Drachen, und beeile mich, ihn einzuholen, denn er macht ziemlich grosse Schritte, weshalb ich im Laufschritt neben ihm hergehen muss. Der Stimme nach ist der Drache übrigens männlich. Kurze Zeit später sind wir auf der Bergkuppe angelangt. Unter uns breitet sich eine kleine Hochebene aus, geschützt von der Berggipfeln ringsum. Und auf dieser Hochebene spielen kleine Drachen aller Farben miteinander, gutmütig beobachtet von grossen Drachen, die in der Nähe sind. Der Grüne neben mir brüllt auf einmal los, sodass ich zusammenzucke und ihn anstarre. Genau wie alle anderen. Ich spüre eine seltsame Spannung in der Luft, als sich der Grüne auch schon wieder mir zuwendet. 'Ich habe ihnen kurz erklärt, warum ich dich nicht zumindest verjagt habe und jetzt folge mir. Ich heisse übrigens Armeno.' Ruhig schreitet er den Hang hinab, und ich rutsche und schlittere hinter im her. 'Du fragst dich sicher, wo wir hier überhaupt sind. Nun, dieses riesige Gebirge liegt zwischen den Ländern Alagäsia und Reminon. Das Gebirge ist riesig und tükisch und das sosehr, dass weder Alagäsia im Süden noch Reminon im Norden es durchqueren konnten. Deshalb ist es auf jeder Karte auch als eigenes Land eingezeichnet unter dem Name Nebelland. Der Name kommt von dem Nebel, der sich in den Tälern - und somit auch am Rande des Gebirges - fast nie lichtet. Diese Hochebene liegt im Westen, in der Nähe des Meeres, denn die jungen Drachen haben noch kein so gutes Immunsystem wie wir Alten und durch das Meer ist die Luft hier wärmer. Die anderen erwachsenen Drachen hier sind hauptsächlich Weibchen. Einige Männchen sind hier um für sie Nahrung zu besorgen. Die Mütter können das nicht selbst machen, weil ein Junges sofort in Panik gerät, wenn seine Mutter nicht da ist. Die anderen Männchen sind weiter im Osten, in den höheren Regionen. Durch die Küstennähe besteht hier leider die Gefahr, dass ein paar Abenteurer vorbeikommen, was bis jetzt zum Glück erst einmal vorgekommen ist, als wir schon weg waren. Ich habe ihn während einem Rundflug gesehen und in Ruhe gelassen, die Pumas haben ihn später verjagt.' Mittlerweile sind wir mitten unter den Drachen und ich schaue mich fasziniert um. Armeno legt sich hin, als mich etwas in der Kniekehle anstupst. Ich wäre beinahe umgefallen. Der Übeltäter ist ein kleiner, schwarzer Drache, der mir auch gar nicht viel höher als bis zu den Knien reicht. Ich lächle, setze mich auf den Boden und schaue den Kleinen einfach nur an. 'Sie heisst Nox, die Nacht', teilt mir eine eindeutig weibliche Stimme mit und eine wunderschöne, dunkelblaue Drachendame schaut mich aus einiger Entfernung freunlich an. 'Ein schöner Name, er passt zu ihr', antworte ich ihr automatisch in der Gedankensprache. 'Das gehört zu einem der Gründe, warum ich dich verschont habe', meldet sich jetzt wieder Armeno. Verwirrt drehe ich mich zu ihm um, Nox ist mir auf den Schoss geklettert und hat sich zusammengerollt. 'Du kannst die problemlos in der Gedankensprache unterhalten, und als ich mich mit dir in Kontakt gesetzt habe, hattest du eine leichte Blokade. Zwar kann das jeder Mensch beherrschen, aber die meisten brauchen sehr lange, bis sie es erlernt haben, du nicht. Auch von deinem Geist, deinen Gedanken, von deinem ganzen Verhalten her bist du nur zu einem Teil Mensch. Der andere ist mir unbekannt, denn er ist nicht Elfe, nicht Schatten, nicht Drachenreiter, noch sonst etwas mir bekanntes. Es hat eine winzige Ähnlichkeit mit dem Geist eines Drachen, weshalb ich dich auch aufnehmen würde, wenn du nichts dagegen hast.' 'Klar, gerne', senden meine Gedanken, bevor ich mich überhaupt bewusst entschieden habe. Aber die Antwort wäre ja eh die gleiche gewesen. 'Nun dann, willkommen in unserer Familie... Tochter.' Armeno neigt leicht den Kopf und seine Augen leuchten warm. '...Esder', meint Etwas in meinem Kopf und der kleine Drache auf meinen Beinen schlägt mir mit dem Schwanz auf die Hand. Schwester. Ich lächle. Am Abend, nachdem ich ebenfalls von den erlegten Hirschen gegessen habe, lege ich mich neben Nox an den Bauch ihrer Mutter Marina. Marina ist ab jetzt meine Adoptivmutter und Armeno mein Lehrer. Gleich morgen beginnen wir, denn die kleinen Drachen lernen bald das Fliegen und dann geht es tiefer ins Gebirge hinein. Es wäre also von Vorteil, wenn ich dann selber fliegen könnte, denn auch wenn sie nichts gegen mich haben, mögen die Drachen den Gedanken an einen Reiter auf dem Rücken doch nicht so sehr. Etwas abseits von den anderen setzen Armeno und ich uns auf den Boden, wobei er sich hinlegt und nicht setzt. 'Ich möchte als Erstes herausfinden, ob du vielleicht Knochen für Flügel hast. Bei einigen wenigen Rassen kommt das vor, dass die 'Grundknochen', also die Knochen, die den Flügel im Körper sozusagen festmachen, vorhanden sind, die Flügel selbst aber nicht. Diese Wesen können sich die Flügel dann wachsen und auch wieder verschwinden lassen.' Ich nicke, einerseits als Zeichen, dass ich verstanden habe, was er gesagt hat, und andererseits als Zeichen, dass ich einverstanden bin, dass er schauen kann, ob diese Knochen bei mir vorhanden sind. 'Wie ich mir gedacht habe, sie sind vorhanden. Versuchen wir also, sie wachsen zu lassen. Konzentriere dich auf deinen Körper, blende alles andere aus. Dann konzentriere dich vermehrt auf deinen Rücken, deine Schultern, suche die Knochen, das, was an den Knochen dran ist.' Ich tue, wie mir geheissen. Es ist schwierig, manchmal bin ich kurz davor und verliere das Gefühl wieder. Ich merke, wie mein Körper total verspannt ist und versuche, ihn zu lockern, bevor ich es nochmals versuche. Ich atme tief durch, schliesse meine Augen und schaue in mich hinein. Die Sonne beginnt schon, am Horizont zu versinken, während ich mich immer noch in meinem Körper umschaue. Dann beginne ich vor meinem inneren Augen die einzelnen Knochen zu sehen und schaue mir meinen Rücken an. Die Wirbelsäule, die Schulterblätter, die Rippen und da! Zwischen den Rippen eine seltsame Verbindung, eine Art V-Förmige Verknöcherung. Und daran ist etwas Seltsames, Magisches! Ich nähere mich ihm vorsichtig, versuche es mit Geisterhänden zu öffnen, sanft, als würde ich eine Blume öffnen. Ein schwarzer Blitz, jemand schreit, unglaubliche Schmerzen zerreissen meinen Rücken, ich krümme mich nach vorne, schreie, schreie mit die Lunge aus dem Hals, umklammere mich mit meinen Armen selbst, Sterne scheinen vor meinen Augen zu explodieren, stütze ich ab, als das Gewicht auf meinem Rücken zu gross wird, berühre mit meiner Stirn fast den Boden, dann endlich, endlich versiegt der Schmerz ein wenig, lässt ein wenig nach und nur ein zwar immernoch schmerzendes, aber nicht mehr ganz so schlimmes Brennen bleibt zurück. Schweiss läuft in Strömen über mein Gesicht, meine Arme. Ich zittere, keuche. Ein unglaubliches Gewicht auf meinem Rücken drückt mich nieder. Es riecht nach Blut. Ängstlich schaue ich hoch zu Armeno. Der wiederum starrt mich an, besser gesagt, etwas NEBEN mir. Zitternd drehe ich meinen Kopf. Durch die Erschöpfung schaffe ich es nicht einmal, gross erstaunt zu sein. Aus meinem Rücken ragen zwei riesige Flügel -so gross, wie die eines Drachen, aber an einem menschengrossen Körper - aus Knochen... und ohne Membrane. Da das für mich zu unlogisch ist, dass man mit membranlosen Flügeln fliegen kann, fasse ich die Luft zwischen den Knochen an. Sie ist hart, steinhart, und kalt. Meine Finger werden sofort taub. 'Alles in Ordnung mit dir?', fragt mich der fassungslose Armeno. 'Ich... es tut mir Leid, ich wusste nicht, dass die Knochen wortwörtlich aus dir herauswachsen, normalerweise macht das Fleich wegen der Magie von selbst Platz und wird nicht zerstört, wie jetzt bei dir...' 'Ist schon ok, ich lebe ja noch.' Schwankend erhebe ich mich. Wie am Anfang versuche ich, meinen Körper zu fühlen, vorallem meine Flügel zu fühlen. Tatsächlich spüre ich etwas neues, versuche, es zu bewegen. Ein sanftes Rauschen erfüllt die Luft, meine Knochenflügel bewegen sich sanft. Trotz meiner Müdigkeit lächle ich. 'Komm, wir gehen zurück zu den anderen. Die Flügel lässt du am besten mal draussen, du musst ja noch das Fliegen lernen. Ich weiss nicht, wie du sie verschwinden lassen kannst, aber ich denke, wir sollten das eh erst probieren, wenn du stärker bist, nicht, dass du nochmal solche Schmerzen erdulden musst.' Nach dem Essen kuschle ich mich wieder an Marinas warmen Bauch, Nox neben mir. Es dauert aber eine Weile, bis ich eine bequeme Stellung gefunden habe, die Flügel sind doch etwas sperrig... so ein bisschen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)