Zum Inhalt der Seite

Tochter des geschmolzenen Steines von Sternen und Mond

? x Murthag
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ausbruch

Hi, ich hab hier nur zwei kleine Bemerkungen;

1) Die Prüfungs note, die in diesem Kapitel vorkommt, ist im Schweizer-Notenmassstab. Dort ist die 1 die Schlechteste und die 6 die beste Note.

2) Das Mädchen aus unserer Welt hat noch keinen Namen, und ich bin in dieser Hinsicht nicht besonders fantasievoll, also macht bitte Vorschläge! Sonst muss sie durch die ganze FF hindurch namenslos bleiben.^^
 

~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~°~
 

Gereizt liege ich auf meinem Bett, meinen linken Arm erhoben, ihn wütend betrachtend. Er ist voller roter Striemen, einige davon bluten leicht. In meiner rechten Hand liegt eine Schere, noch leicht geöffnet. Ich höre von unten die Stimme meiner Mutter, schreiend. Meine Schwester antwortet keinen Deut leiser. Wütend schliesse ich meine Augen und balle meine linke Hand zur Faust. Dann öffne ich sie wieder; meine Augen und meine Faust, hebe meine rechte Hand mit der Schere, öffne sie und fahre kraftvoll über meinen bereits zerschundenen Arm. Schmerz durchzuckt mich, ich freue mich darüber und ziehe die Klinge gleich nochmals über den Unterarm. Noch kann man nichts sehen, nur feine, weisse Linien, aber ich weiss, später werden sie rot und der Schmerz wird ebenfalls noch einige Zeit bleiben. Das freut mich und für eine kurze Zeit lächle ich... bis ich wieder den Streit zwischen meiner Mutter und meiner Schwester höre. Gequält seufze ich auf, denn mir steht auch noch so etwas bevor: Ich habe mal wieder fast nichts in einer Prüfung gewusst und die Note sieht dementsprechend aus. Das muss ich meiner Mutter noch beichten und dann wird das Gebrüll auch bei mir losgehen. Ich stehe auf, streife meinen Ärmel herunter, lege die Schere in meine Schreibtischschublade und gehe zur Zimmertür. Gerade als ich sie öffne, rauscht meine Schwester an mir vorbei. Ich schliesse die Tür hinter mir und steige die Treppe hinab. Im Wohnzimmer sehe ich meine Mutter auf dem Sofa sitzen, den Kopf in die Hände gestützt. "Mama, kann ich mit dir reden?", frage ich sie leise.

Ein genervtes "was?" ist die Antwort, die mich kurz und leicht zusammenzucken lässt. Ich hasse Streit, ich habe regelrecht Angst vor ihm.

"Ich habe dir doch gesagt, dass die Mathematikprüfung vor ein paar Tagen nicht so gut gewesen ist", beginne ich zögernd.

"Ja, und?", will meine Mutter wütend und ungeduldig wissen.

"Ich habe eine 1,5 geschrieben", meine ich dann resigniert... und schon geht eine Schimpftirade über mich hinweg. Eine Weile lasse ich es über mich ergehen, bis ich spüre, wie die Wut in mir hochsteigt. Ich weiss doch selber, dass ich es eigentlich besser könnte, mein Gott, dass muss sie mir doch nicht dauern sagen. Sie tut es trotzdem und irgendwann höre ich meine eigene Stimme, wie ich zurückschreie, von wegen, dass sie keine Ahnung habe, was in mir vorgehe etc. Auch das geht eine Zeit lang so weiter, ich werde immer wütender. Schweigend starre ich meine Mutter an, drehe mich um, ziehe meine Schuhe an, öffne die Haustür und gehe. Ich höre meine Mutter hinter mir herschreien, aber das kümmert mich nicht. Ich gehe immerr weiter, aus dem Dorf hinaus in den Wald, den Hügel hoch. Ich kann stundenlang spazieren gehen, ohne müde zu werden und dieses Mal werde ich das auch, das habe ich mir vorgenommen. Ich entferne mich von dem Wanderweg zum Schloss auf dem Hügel, dem ich bis jetzt gefolgt bin, und gehe weiter in den Wald, ein wenig den Hang hinab. Ich erinnere mich; als wir früher manchmal noch zum Schloss hoch spaziert sind, sind wir einmal auch hierher gekommen. Ich blicke wieder den Hang hoch, an dieser Stelle ist er sehr steil. Wenn meine Erinnerungen mich nicht täuschen, ist dort oben eine kleine Höhle. Ohne Eile fange ich an zu klettern. Es dauert wirklich nicht lange, bis ich oben bin. Teilnahmslos schaue ich zurück auf das Dorf, das man ein wenig durch die Bäume sehen kann. Dann drehe ich mich wieder zur Höhle um. Ich lege mich auf den Bauch und schiebe mich so vorwärts durch den Gang. Kriechen ist nicht möglich. Ich hoffe, dass es irgendwo eine Stelle hat, wo der Gang breiter ist, zumindest so, dass ich mich ein wenig aufsetzen und mir die Pulsader aufschneiden kann. Nach einer halben Ewigkeit und jeder Menge Kriechtiere wird der Gang tatsächlich leicht breiter. Ich robbe noch ein Stück vorwärts, bis ich mich aufsetze. Hier ist eine Art Höhle, von der zwei Gänge abzweigen. Mir ist ein wenig mulmig zu Mute hier unten, aber was solls, ich werde sowieso nicht mehr lange leben. Gerade, als ich in meine Hosentasche greife, sehe ich ein seltsames Licht am Ende des einen Tunnels. Neugierig wie ich bin, robbe ich also dorthin um zu sehen, was das ist. Ich vermute mal, es ist Tageslicht, aber es ist so hell! Geblendet schliesse ich meine Augen und taste mich vorsichtig vorwärts. Das Licht wird immer heller und auf einmal spüre ich einen sanften Wind auf meinem Gesicht. Das Licht scheint schwächer zu werden und vorsichtig hebe ich meine Augenlieder... nur um sie gleich so weit wie möglich aufzureissen. Vor mir breitet sich eine unglaublich schöne Berglandschaft mit einem strahlend blauen Himmel aus. Nichts davon hat Ähnlichkeit mit dem kleinen Dorf in der Ostschweiz, das umgeben ist von sanften Hügeln und in dem - als ich in den Gang reingekrochen bin - nicht gerade das schönste Wetter ist. Ich richte mich schwankend auf, mir ist leicht schwindlig.

'Wie bist du hierhergekommen?', fragt eine tiefe Stimme donnernd in meinen Gedanken. Einem Gefühl folgend wirble ich erschrocken herum... und erblicke einen gigantischen, grünen Drachen.

Drachenfamilie

Vor lauter Erstaunen klappt mein Mund nur hilflos auf und zu, ohne einen Ton hervorzubringen. Dann versuche ich mich auf die Frage zu konzentrieren. "Ich bin durch diese kleine Höhle hergekommen", antworte ich schliesslich und deute auf den dunklen Eingang. Der Drache kommt ein paar Schritte näher, die Erde bebt unter seinen Schritten.

'Und wohin führt dieser Gang?', will er nun wissen.

Ich öffne den Mund um zu antworten, aber mir fällt die Antwort nicht ein. Gerade eben hab ich es noch gewusst und jetzt... nichts, nur Leere. Angst kriecht wie ein Schwarm Ameisen meinen Rücken hoch. Ich bin doch gerade durch diesen Gang gekommen, warum weiss ich dann jetzt nicht mehr, wo er hinführt?

Der Drache bemerkt meine Unsicherheit und fragt jetzt: 'Wie ist dein Name?'

Erschrocken bemerke ich, dass genau dasselbe wie vorhin passiert. Die Antworten scheinen mir zu entwischen und zu verschwinden. Jetzt weiss ich nicht mal mehr meinen Namen! Auch alles andere, an das ich mich zu erinnern versuche, verschwindet. Vielleicht auf Nimmerwiedersehen. "Ich weiss es nicht", antworte ich deshalb leise und schaue deprimiert auf den Boden. Der Drache schaut mich weiterhin an, scheint direkt in meine Seele und meine Gedanken hineinschauen zu können. Diese komische <Berührung>, die ich vorhin schon in meinem Geist gespürt habe, wird irgendwie stärker. Ich schaue den Drachen mit misstrauisch gerunzelter Stirn an.

'Du sprichst die Wahrheit, du hast wirklich dein Gedächtnis verloren. Aus diesem Grund; komm mit.' Langsam wendet er sich und läuft los in Richtung Bergkuppe. Ein wenig entsetzt bemerke ich, dass sie nur ein paar hundert Meter oberhalb von uns ist. Ich blicke zurück zum Drachen, und beeile mich, ihn einzuholen, denn er macht ziemlich grosse Schritte, weshalb ich im Laufschritt neben ihm hergehen muss. Der Stimme nach ist der Drache übrigens männlich.

Kurze Zeit später sind wir auf der Bergkuppe angelangt. Unter uns breitet sich eine kleine Hochebene aus, geschützt von der Berggipfeln ringsum. Und auf dieser Hochebene spielen kleine Drachen aller Farben miteinander, gutmütig beobachtet von grossen Drachen, die in der Nähe sind. Der Grüne neben mir brüllt auf einmal los, sodass ich zusammenzucke und ihn anstarre. Genau wie alle anderen. Ich spüre eine seltsame Spannung in der Luft, als sich der Grüne auch schon wieder mir zuwendet. 'Ich habe ihnen kurz erklärt, warum ich dich nicht zumindest verjagt habe und jetzt folge mir. Ich heisse übrigens Armeno.' Ruhig schreitet er den Hang hinab, und ich rutsche und schlittere hinter im her. 'Du fragst dich sicher, wo wir hier überhaupt sind. Nun, dieses riesige Gebirge liegt zwischen den Ländern Alagäsia und Reminon. Das Gebirge ist riesig und tükisch und das sosehr, dass weder Alagäsia im Süden noch Reminon im Norden es durchqueren konnten. Deshalb ist es auf jeder Karte auch als eigenes Land eingezeichnet unter dem Name Nebelland. Der Name kommt von dem Nebel, der sich in den Tälern - und somit auch am Rande des Gebirges - fast nie lichtet. Diese Hochebene liegt im Westen, in der Nähe des Meeres, denn die jungen Drachen haben noch kein so gutes Immunsystem wie wir Alten und durch das Meer ist die Luft hier wärmer. Die anderen erwachsenen Drachen hier sind hauptsächlich Weibchen. Einige Männchen sind hier um für sie Nahrung zu besorgen. Die Mütter können das nicht selbst machen, weil ein Junges sofort in Panik gerät, wenn seine Mutter nicht da ist. Die anderen Männchen sind weiter im Osten, in den höheren Regionen. Durch die Küstennähe besteht hier leider die Gefahr, dass ein paar Abenteurer vorbeikommen, was bis jetzt zum Glück erst einmal vorgekommen ist, als wir schon weg waren. Ich habe ihn während einem Rundflug gesehen und in Ruhe gelassen, die Pumas haben ihn später verjagt.' Mittlerweile sind wir mitten unter den Drachen und ich schaue mich fasziniert um. Armeno legt sich hin, als mich etwas in der Kniekehle anstupst. Ich wäre beinahe umgefallen. Der Übeltäter ist ein kleiner, schwarzer Drache, der mir auch gar nicht viel höher als bis zu den Knien reicht. Ich lächle, setze mich auf den Boden und schaue den Kleinen einfach nur an.

'Sie heisst Nox, die Nacht', teilt mir eine eindeutig weibliche Stimme mit und eine wunderschöne, dunkelblaue Drachendame schaut mich aus einiger Entfernung freunlich an.

'Ein schöner Name, er passt zu ihr', antworte ich ihr automatisch in der Gedankensprache.

'Das gehört zu einem der Gründe, warum ich dich verschont habe', meldet sich jetzt wieder Armeno. Verwirrt drehe ich mich zu ihm um, Nox ist mir auf den Schoss geklettert und hat sich zusammengerollt. 'Du kannst die problemlos in der Gedankensprache unterhalten, und als ich mich mit dir in Kontakt gesetzt habe, hattest du eine leichte Blokade. Zwar kann das jeder Mensch beherrschen, aber die meisten brauchen sehr lange, bis sie es erlernt haben, du nicht. Auch von deinem Geist, deinen Gedanken, von deinem ganzen Verhalten her bist du nur zu einem Teil Mensch. Der andere ist mir unbekannt, denn er ist nicht Elfe, nicht Schatten, nicht Drachenreiter, noch sonst etwas mir bekanntes. Es hat eine winzige Ähnlichkeit mit dem Geist eines Drachen, weshalb ich dich auch aufnehmen würde, wenn du nichts dagegen hast.'

'Klar, gerne', senden meine Gedanken, bevor ich mich überhaupt bewusst entschieden habe. Aber die Antwort wäre ja eh die gleiche gewesen.

'Nun dann, willkommen in unserer Familie... Tochter.' Armeno neigt leicht den Kopf und seine Augen leuchten warm.

'...Esder', meint Etwas in meinem Kopf und der kleine Drache auf meinen Beinen schlägt mir mit dem Schwanz auf die Hand. Schwester. Ich lächle.
 

Am Abend, nachdem ich ebenfalls von den erlegten Hirschen gegessen habe, lege ich mich neben Nox an den Bauch ihrer Mutter Marina. Marina ist ab jetzt meine Adoptivmutter und Armeno mein Lehrer. Gleich morgen beginnen wir, denn die kleinen Drachen lernen bald das Fliegen und dann geht es tiefer ins Gebirge hinein. Es wäre also von Vorteil, wenn ich dann selber fliegen könnte, denn auch wenn sie nichts gegen mich haben, mögen die Drachen den Gedanken an einen Reiter auf dem Rücken doch nicht so sehr.
 

Etwas abseits von den anderen setzen Armeno und ich uns auf den Boden, wobei er sich hinlegt und nicht setzt. 'Ich möchte als Erstes herausfinden, ob du vielleicht Knochen für Flügel hast. Bei einigen wenigen Rassen kommt das vor, dass die 'Grundknochen', also die Knochen, die den Flügel im Körper sozusagen festmachen, vorhanden sind, die Flügel selbst aber nicht. Diese Wesen können sich die Flügel dann wachsen und auch wieder verschwinden lassen.' Ich nicke, einerseits als Zeichen, dass ich verstanden habe, was er gesagt hat, und andererseits als Zeichen, dass ich einverstanden bin, dass er schauen kann, ob diese Knochen bei mir vorhanden sind. 'Wie ich mir gedacht habe, sie sind vorhanden. Versuchen wir also, sie wachsen zu lassen. Konzentriere dich auf deinen Körper, blende alles andere aus. Dann konzentriere dich vermehrt auf deinen Rücken, deine Schultern, suche die Knochen, das, was an den Knochen dran ist.' Ich tue, wie mir geheissen. Es ist schwierig, manchmal bin ich kurz davor und verliere das Gefühl wieder. Ich merke, wie mein Körper total verspannt ist und versuche, ihn zu lockern, bevor ich es nochmals versuche. Ich atme tief durch, schliesse meine Augen und schaue in mich hinein. Die Sonne beginnt schon, am Horizont zu versinken, während ich mich immer noch in meinem Körper umschaue. Dann beginne ich vor meinem inneren Augen die einzelnen Knochen zu sehen und schaue mir meinen Rücken an. Die Wirbelsäule, die Schulterblätter, die Rippen und da! Zwischen den Rippen eine seltsame Verbindung, eine Art V-Förmige Verknöcherung. Und daran ist etwas Seltsames, Magisches! Ich nähere mich ihm vorsichtig, versuche es mit Geisterhänden zu öffnen, sanft, als würde ich eine Blume öffnen. Ein schwarzer Blitz, jemand schreit, unglaubliche Schmerzen zerreissen meinen Rücken, ich krümme mich nach vorne, schreie, schreie mit die Lunge aus dem Hals, umklammere mich mit meinen Armen selbst, Sterne scheinen vor meinen Augen zu explodieren, stütze ich ab, als das Gewicht auf meinem Rücken zu gross wird, berühre mit meiner Stirn fast den Boden, dann endlich, endlich versiegt der Schmerz ein wenig, lässt ein wenig nach und nur ein zwar immernoch schmerzendes, aber nicht mehr ganz so schlimmes Brennen bleibt zurück. Schweiss läuft in Strömen über mein Gesicht, meine Arme. Ich zittere, keuche. Ein unglaubliches Gewicht auf meinem Rücken drückt mich nieder. Es riecht nach Blut. Ängstlich schaue ich hoch zu Armeno. Der wiederum starrt mich an, besser gesagt, etwas NEBEN mir. Zitternd drehe ich meinen Kopf. Durch die Erschöpfung schaffe ich es nicht einmal, gross erstaunt zu sein. Aus meinem Rücken ragen zwei riesige Flügel -so gross, wie die eines Drachen, aber an einem menschengrossen Körper - aus Knochen... und ohne Membrane. Da das für mich zu unlogisch ist, dass man mit membranlosen Flügeln fliegen kann, fasse ich die Luft zwischen den Knochen an. Sie ist hart, steinhart, und kalt. Meine Finger werden sofort taub.

'Alles in Ordnung mit dir?', fragt mich der fassungslose Armeno. 'Ich... es tut mir Leid, ich wusste nicht, dass die Knochen wortwörtlich aus dir herauswachsen, normalerweise macht das Fleich wegen der Magie von selbst Platz und wird nicht zerstört, wie jetzt bei dir...'

'Ist schon ok, ich lebe ja noch.' Schwankend erhebe ich mich. Wie am Anfang versuche ich, meinen Körper zu fühlen, vorallem meine Flügel zu fühlen. Tatsächlich spüre ich etwas neues, versuche, es zu bewegen. Ein sanftes Rauschen erfüllt die Luft, meine Knochenflügel bewegen sich sanft. Trotz meiner Müdigkeit lächle ich.

'Komm, wir gehen zurück zu den anderen. Die Flügel lässt du am besten mal draussen, du musst ja noch das Fliegen lernen. Ich weiss nicht, wie du sie verschwinden lassen kannst, aber ich denke, wir sollten das eh erst probieren, wenn du stärker bist, nicht, dass du nochmal solche Schmerzen erdulden musst.'
 

Nach dem Essen kuschle ich mich wieder an Marinas warmen Bauch, Nox neben mir. Es dauert aber eine Weile, bis ich eine bequeme Stellung gefunden habe, die Flügel sind doch etwas sperrig... so ein bisschen.

Eine neue Fähigkeit

Müde rolle ich mich auf den Rücken und blinzle. Das Sonnenlicht blendet mich, aber geweckt hat mich was anderes. Mit einer unglaublichen Wucht landet etwas auf meinen Bauch, sodass ich mich zusammenkrümme und laut "Auuu!!" schreie. Wütend starre ich auf meinen Bauch, von wo aus mich ein schwarzes Augenpaar anschaut. Ich seufze auf. War ja klar: Nox. 'Los, runter da', befehle ich ihr und schubse sie auf den Boden, bevor ich aufstehe.

'Tut mir Leid', meint die Schwarze, aber ich kann das Grinsen deutlich an ihren Augen ablesen und in ihren Gedanken regelrecht hören.

'Schon ok. Warum weckst du mich aber so unsanft?'

'Armeno lässt nach dir schicken, du musst auch noch das fliegen lernen, heute gehen wir.'

'Heute schon?' Ich bin erstaunt, wir wollen doch eigentlich erst morgen oder übermorgen fliegen.

'Ja', meint meine kleine Schwester, während wir auf eine kleine Erhöhung zulaufen, bei der ich trainiere, 'Armeno meint, es ziehe ein Unwetter herauf, das wahrscheinlich mehrere Tage dauert. Wir sind noch zu ungeübt im Fliegen, um es bei solchen Bedingungen zu tun.'

Wortlos nicke ich. Wir sind angekommen.

'Guten Morgen, Armeno', begrüsse ich den Drachen.

'Guten Morgen, Kleine.'

'Nox hat mir erzählt, dass wir heute schon fliegen werden. Wird ein Tag den reichen, um mich das Fliegen zu lehren?'

'Du weisst ja bereits, wie du deine Flügel bewegen kannst, das einzige, was wir noch zu tun haben ist, dass du diese Bewegungen geziehlt machen musst. Der Rest ist ein Kinderspiel. Heute wird aber Nox deine Lehrerin sein, sie ist auch noch nicht besonders geschickt. Ich schaue euch aus einiger Entfernung zu.' Mit diesen Worten und eine Schmunzeln in dir Richtung von Nox entfernt er sich.

'Ich höre', meine ich zu der Kleinen und schaue sie an. Ich habe null Ahnung vom Fliegen.

'Aaaaalso', meint sie gedehnt, 'am besten stösst du dich vom Boden ab, damit du schon mal in der Luft bist. Dann kommt der Reflex mit dem Flügelschlagen eigentlich von alleine, aber wenn man nicht geübt bist, versucht man ganz schnell zu schlagen, was dann meistens auch schiefgeht.' Sie schaut mich mit einem Unschuldsblick an. Mir geht ein Licht auf. 'Darum bist du also so unsanft auf mir gelandet.'

'Genau', sagt sie beschämt und schaut auf dem Boden. Ich weiss genau, dass die das nicht macht, weil es ihr Leid tut, mir weh getan zu haben, sondern vielmehr, weil sie einen Fehler zugeben musste und eine Bruchlandung gemacht hat! Für sie eine riesengrosse Schande. 'Du musst versuchen ruhige, grosse Bewegungen mit den Flügeln zu machen, aber pass auf: Deine Flügel sind sehr gross und dein Körpergewicht klein. Der Unterschied ist grösser, als bei uns Drachen. Du musst also Acht geben, dass du nicht zusehr abhebst.'

Ich hebe eine Augenbraue, das wird schon nicht so schlimm sein, Nox übertreibt sicher mal wieder.

'Also, versuchen wir's', meint sie jetzt und hüpft in die Luft. Wie wild flattert sie am Anfang mit den Flügeln, aber sie kriegt es schnell unter Kontrolle. Trotzdem landet sie schon nach kurzer Zeit wieder auf dem Boden. Ich tue es ihr nach, und springe ebenfalls leicht in die Luft. So kraftvoll wie möglich bewege ich meine Flügel, ich habe keine Lust, gleich wieder auf dem Boden zu landen und viel Kraft ist es ja eh nicht. Denkste. Die Luft zischt nur so an mir vorbei, und ich muss erschreckt bemerken, dass ich ganz schön weit oben bin. SEHR weit oben. Vor lauter Schreck bewege ich meine Flügel nicht mehr und falle natürlich im Sturzflug und kopfvoran runter. Laut schreie ich auf. Das ist der Horror! Panisch versuche ich meine Flügel zu bewegen und schiesse sofort wieder in die Höhe. 'Scheisse, schon wieder zu viel Kraft.' Aber langsam bekomme ich ein Gefühl dafür. Ich lasse mich jetzt ganz bewusst fallen, aber mit den Füssen voran. Zehn Meter oder so, bevor ich aufknalle, bewege ich ganz sanft meine Flügel und schaffe es sogar, eine halbwegs elegante Landung hinzubringen.

'Ich hab dich doch gewarnt', rügt Nox mich natürlich gleich kopfschüttelnd.

'Jaja, schon gut.'

Wir üben noch eine ganze Weile das Fliegen, bis am frühen Nachmittag Marina zu uns kommt und uns sagt, wir sollen uns noch ein wenig ausruhen, da wir in der Nacht fliegen werden.
 

Nox und ich, wir konnten natürlich nicht schlafen, aber das Dösen hat doch ein bisschen geholfen. Wir essen so viel wir können von dem Hirsch, auch ich reisse so grosse Stücke wie möglich mit meinen Fingernägeln heraus und stopfe es in mich rein.

'Was hast du da eigentlich?', fragt mich plötzlich ein kleiner, pinkfarbener Drache und schauf auf den Stoff an mir. Ich schaue ebenfalls an mir herunter und runzle die Stirn. Das Zeug, das ich trage, ist voller Blut von gestern und den erlegten Tieren, dreckig und zerrissen. 'Keine Ahnung', antworte ich schulterzuckend und ziehe das ganze Zeug aus. Es hat eh gejuckt und war unbequem.

'Dürfen wir die dann haben?', fragt eine ganze Schar kleiner Drachen und schaut mich treuherzig an.

Ich grinse nur, und werfe ihnen das Zeug zu.
 

Die Sonne scheint uns in den Rücken, als wir auf den östlichen Rand der Hochebene zugehen.

'Wohin gehen wir eigentlich?', frage ich Nox.

'Zu einer sogenannten Absprungshilfe. Ich weiss auf nicht genau, was das ist.'

Einige Zeit später wissen wir es: Eine Klippe!

'Da springen wir runter?', frage ich Armeno aufgeregt.

'Natürlich', meint er ämusiert.

Nox und ich beginnen vor Freude loszuquietschen und die anderen Jungdrachen fallen mit ein.

Gespielt streng schaut uns Armeno an. 'Wenn ihr euch schon so freut, dann macht auch endlich. Na los, hop hop, wir Alten wollen auch noch!'

Wir rennen - immer noch quietschend - auf den Klippenrand zu, springen ab, lassen uns eine Weile fallen und fliegen dann den Wänden entlang. (Wer den Film kennt, dem kommt die Szene vlt. bekannt vor^^, ich hab mich vom ersten Flug von Eragon und Saphira mit dem Sattel inspirieren lassen) Ein unglaubliches Glücksgefühl durchströmt mich, ich kann nicht mehr aufhören zu grinsen. Wir drehen andauernt Kapriolen, Saltos, Schrauben und so weiter, einfach nur aus Freude zum Fliegen. Nachdem wir uns beruhigt haben, steigen wir höher und fliegen - nun ein wenig ruhiger - ins Landesinnere.

'ATTACKE!!', schreit plötzlich etwas in meinen Gedanken. Ich drehe mich so schnell wie möglich um, was sich wegen der Flügel etwas schwierig gestaltet. Ein schwazer Blitz schiesst auf mich zu. Reflexartig lasse ich mich fallen, um meiner Schwester auszuweichen. Was folgt, ist eine lustige und ziemlich wilde Verfolgungsjagt, wobei wir von den anderen jungen Drachen angefeuert werden. Die Grossen schauen uns nur gutmütig zu.
 

Lange nach Mitternacht sind wir trotz des hohen Tempos immer noch nicht angekommen. Langsam werde ich ziemlich müde und ich hab Mühe, meine Augen offen zu halten. 'Wie lange dauert es noch, Armeno?'

'Nicht mehr lange. Schau, man kann schon die vier höchsten Berge sehen, wo unser Ziel liegt.'

Ich blicke nach vorne und sehe tatsächlich vier monströse Berge, die noch höher sind, als die ringsum. Die Gipfel verschwinden in den Wolken und zwar nicht nur die Spitzen!

Als wir näherkommen, ertönt ein fürchterliches Gebrüll. Erschrocken zucke ich zusammen, aber es war nur eine Begrüssung, denn ein majestätischer, schwarzer Drache kommt auf uns zugeflogen... besser gesagt auf Marina. Glücklich begrüssen sich die zwei, anscheinend sind sie Gefährten.

Kurze Zeit später landen wir in einem der Täler zwischen den Bergen. Nox und ich legen uns sofort nebeneinander auf den Boden, rollen uns ein und schlafen.
 

Tage später stehe ich auf einem Vorsprung ziemlich hoch oben und schaue über die Berglandschaft. Die Aussicht ist wunderschön und tröstet mich ein wenig darüber hinweg, dass ich bis jetzt keine neuen Fähigkeiten erlernt und noch nicht mal entdeckt habe.

'Weisst du denn überhaupt, nach was suchen?'

Ich drehe meinen Kopf. Hinter mir steht... oder schwebt irgendetwas. Es ist schwierig zu erkennen, aber ich glaube, es ist ein Pferd... nein, ein Einhorn! Ein schwarzes Einhorn! Seine Züge scheinen aber immer wieder zu zerfliessen, wie ein Schatten.

'Ich grüsse dich', sage ich, während ich leicht meinen Kopf neige. Die Kraft des Einhorns ist unglaublich stark, die Luft um es herum flimmert. 'Zu deiner Frage; nein, ich weiss es nicht.' Meinen Kopf drehe ich wieder nach vorne.

Ein leises Lachen ertönt in meinen Gedanken. 'Hast du schon mal versucht, deine Gestalt zu wandeln?'

Ich runzle die Stirn. Stimmt, das habe ich noch nicht versucht.

'Schwesterchen, es gibt Futter. Komm her, oder ich lass dir nichts übrig', ertönt es dann in meinen Gedanken.

'Dann würde ich sie mal nicht warten lassen', meint das Einhorn hinter mir, 'vielleicht sehen wir uns ja wieder.'

Ich nicke, ohne mich umzudrehen, lasse mich nach vorne über den Felsen fallen und fliege in Richtung der Drachen.
 

Am nächsten Tag gehe ich wieder auf den Felsvorsprung, hoffend, dass das Einhorn wieder da ist.

'Mein Name ist übrigens Umbra, das bedeutet <Schatten> oder <Totengeist>.'

'Ich habe keinen Namen', antworte ich.

'Das macht nichts, wir sind ja nicht wegen der Namen hier. Konzentriere dich auf deinen Körper... spüre ihn... und dann lass ihn fliessen, verlasse deine Gestalt... spüre, wie die Hülle, die dich in dieser Gestalt hält, verschwindet... wie sich dein Fleisch wandelt... zwingen ihm keine Form auf, denn man kann sich nicht in alles verwandeln... lass es einfach fliessen, es findet seine ander Form alleine...'

Es ist seltsam, das Gefühl, wie wenn man träumt, absolut unwirklich. Dennoch spüre ich ganz genau, dass ich mich verwandle, ich beuge mich nach vorne, mein Gesicht wir länger, meine Knochen verschieben sich, überall wachsen mir Haare, ein Fell. Meine Augen sind geschlossen.

Als ich meine Augen wieder öffne, sehe ich zwei Bilder; meine Augen befinden sich jetzt seitlich an meinem Kopf. Erstaunt drehe ich ihn, um mich anzusehen. Ich habe mich in eine Art Pferd verwandelt, ein schwarzes Pferd mit Klauen statt Hufen und Knochenflügeln.

Gefangen!

Danke erstmals für die Kommis und die Namensvorschläge.

Und zur Zeichenerklärung: alles was in Anführungszeichen("...") ist, ist normales Gerede, alles was kursiv und in Anführungszeichen ("...") ist, ist Gedankenrede und alles in den Gänsefüsschen («...«) wird (meistens ironisch) betont.

____________________________
 

Erfreut drehe ich mich um mich selbst. Noch bin ich relativ ungeschickt auf vier Beinen, aber ich gewöhne mich recht schnell daran.

"Ich würde besser mal stehen bleiben, eine Verwandlung kostet Kraft. Du fällst sonst nur noch um."

Ich befolge den Rat Umbras und stehe still. Von Müdigkeit merke ich allerdings nichts. Naja, auch egal.

"In wie viele Gestalten kann man sich verwandeln?", frage ich dann neugierig.

"Das ist sehr unterschiedlich, normal ist eine. Es gibt dann auch so genannte «Zwischenstufen«, bei denen man sich nur zum Teil verwandelt oder Vermischungen - wenn man mehr als zwei Gestalten hat. Wenn man sich zurück verwandeln möchte, macht man das Gleiche wie du vorhin, mit dem Unterschied, dass man sich die gewünschte Gestalt vorstellt. Probiers mal."

Ich tue, wie mir geheissen und ein paar Momente später stehe ich wieder auf zwei Beinen. Diesmal merke ich allerdings etwas von der Müdigkeit und ich setzte mich zur Sicherheit mal hin.

"Seit wann kannst du dich denn verwandeln?", höre ich eine wohlbekannte Stimme, als auch schon etwas von hinten gegen meinen Kopf knallt. Ich seufze auf, verbeisse einen Schmerzenslaut und schiele nach oben, wo ich das Augenpaar meines Schwesterchens sehe. "Seit gestern."

"Aha, und wer ist dieses Schattendings?"

"Ich heisse Umbra", meint das «Schattending« leicht pikiert.

"Freut mich, ich bin Nox."

Ich betrachte die beiden; sie geben irgendwie ein komisches Bild ab: ein kleines, hyperaktives Drachenweib und daneben ein elegantes, höfliches, ruhiges Schatteneinhorn. Der perfekte Gegensatz. Ich grinse. Wie nennt man das schon wieder? Der Beginn einer Freundschaft...
 

Die nächste Zeit besteht aus spielen, herumtollen und Kräfte messen, wobei Nox, Umbra und ich immer als Dreier-Team unterwegs sind. Die jungen Drachen werden grösser und sogar ein wenig erwachsener... abgesehen von den berühmten Ausnahmen wie Nox. Umbra ist ein bisschen lockerer geworden, aber immer noch die Stimme der Vernunft. Sie ist gar nicht so alt, wie ich angenommen habe, sondern auch noch sehr jung. Da sie aber in eine weisse Einhornherde hineingeboren wurde, wurde sie verstossen und musste schnell reifen. Ich selbst habe mich auch äussserlich ein wenig verändert: Meine Nägel sind zu Krallen geworden, meine Pupillen schlitzförmig, das Weisse in meinen Augen ist fast vollständig von grün-braun verdeckt worden, ich habe Muskeln aufgebaut und meine Haare reichen mir bis zur Hüfte. Da sie mir durch die Länge öfters im Weg sind, binde ich sie mit einem Band aus Gräsern zusammen.

Auf einem unserer Streifzüge, geraten wir dann eines schönen Tages etwas weiter südlich als normal. Und auch als wir sollten. Aber wie das halt so ist, interessiert uns das nicht besonders und wir gehen fröhlich weiter. Die Umgebung ist bereits um einiges flacher geworden - mehr eine Hügel- als eine Berglandschaft - als wir einen Geruch wahrnehmen, der dem meinen sehr ähnlich ist. Wir schleichen vorsichtig in die Richtung, aus der er kommt. Wir kommen zu einer winzigen Lichtung in derer Nähe ein Bach vorbei fliesst. Nox bleibt in einigem Abstand stehen, sie ist zu gross, um unbemerkt näher heran zu kommen. Umbra hat es dank ihrer Schattengestalt leichter und auch ich bin ohne meine Flügel klein genug. Am Rand der Lichtung angekommen, schiebe ich die Zweige eines Busches vor mir leise auseinander. Auf der Lichtung sitzt ein Wesen, das mir sehr ähnlich sieht. Seine Brust ist aber flacher und sein Haar kürzer. Auch trägt es solchen seltsamen Stoff, wie ich anfangs, dessen Nutzen mir mitsamt dem restlichen Wissen über Menschen vergessen gegangen ist.

"Ich glaube, es ist ein Mensch", meldet sich Umbra. Von den Dingen ausserhalb des Gebirges hat auch sie nicht viel Ahnung. "Seinem Geruch nach, ein männliches."

Ich lege den Kopf schief. Das Mensch sieht gut aus. (Anm.d.A. ich benutze absichtlich "das Mensch", da Menschen im Gebirge unbekannt sind und nur die Alten von ihnen wissen^^) Ich habe wohl zu laut gedacht, denn das Mensch schaut vom Feuer auf und in meine Richtung. Umbra verzieht sich hinter einen Baum und sieht mich warnend an. Nur zu gerne würde ich mich auch verstecken, aber das männliche Mensch, das mir so ähnlich ist, fasziniert mich zu sehr und ich kann mich nicht bewegen. Das Mensch steht auf und kommt in meine Richtung.

"Verdammt, verschwinden da!", raunt Umbra mir zu, aber ich kann mich immer noch nicht bewegen. Wie versteinert stehe ich hinter dem Busch und beobachte das Mensch, das immer weiter auf mich zukommt. Bis es vor dem Busch steht, der übrigens fast so hoch wie ein normaler Baum ist. Die Bäume hier sind aber nicht normal, sondern um einiges höher. Das Mensch schiebt die Zweige auseinander und will einen Schritt auf mich zumachen. Es hat aber wohl etwas anderes erwartet, denn es bleibt erstaunt stehen. Ich mustere es aus der Nähe. Seine Haare sind schwarz und etwa schulterlang, die Augen haben eine blaue Iris und die Pupille ist rund. Meine - durch die Dunkelheit des Waldes geweitet - dürfte jetzt auch rund erscheinen. Das Mensch ist etwas grösser als ich und ein wenig kräftiger gebaut, aber immer noch schlank. Ich spüre, wie sein Blick über meinen Körper huscht und es praktisch sofort leicht errötet. Verwundert ab dieser Reaktion runzle ich die Stirn und lege den Kopf leicht schief. Das Mensch zieht den obersten, bodenlangen Stoff aus und reicht ihn mir. Jetzt bin ich erst recht verwirrt, bis das Mensch - jetzt selber verwundert - hinzufügt: "Zieh das bitte an." Ich verstehe den Sinn zwar nicht, werfe mir das Ding aber trotzdem über die Schultern. Das Mensch bedeutet mir dann, ihm ans Feuer zu folgen. Ich spüre Umbras Erschrecken, aber das männliche Mensch reizt mich zu sehr, es wühlt mich irgendwie auf. Kurz schaue ich beruhigend zum Schatteneinhorn, als ich dem Mensch folge und ins Licht des Feuers trete. "Was machst du eigentlich so allein hier draussen?", fragt das Mensch und dreht sich zu mir um. Erstaunt reisst es seine Augen auf, als es meine durch das Licht wieder verengten, schlitzförmigen Pupillen sieht. "Was ist denn?", frage ich in Gedanken. Das Mensch macht einen Schritt rückwärts, ehe es sich fast und etwas aus einem Lederding an seiner Seite zieht. Es glänzt uns sieht gefährlich aus, es wirkt gefährlich.

"RENN WEG!", höre ich auf einmal Nox, während ich zeitgleich ein Brüllen vom Himmel höre. Ich schaue nach oben und erblicke einen roten Drachen. Jetzt spüre ich auch die Anwesenheit des Bösen. Wie konnte ich das nur nicht bemerken! Ich lasse den Stoff fallen, wirble herum und renne in den Wald. Das Mensch folgt mir. Ein wenig vor mir erkenne ich Umbra und noch weiter vorne Nox. "Der Drache folgt uns auch!", ruft Nox. Und er folgt uns schnell, genau wie das Mensch. Schnell schätze ich die Situation ab: Umbra könnte locker entkommen, genauso wie Nox, sobald sie die Möglichkeit zum Fliegen hätte. So muss sie rennen, hätte aber immer noch eine Chance. Ich dagegen mit nur zwei Beinen und einer eher mühsamen Verwandlung habe nicht so gute Chancen. Ausserdem haben das Mensch und der fremde Drache wahrscheinlich nur mich gesehen. "Lauft alleine weiter, ich nehme einen anderen Weg!", rufe ich den anderen deshalb zu. Nox will widersprechen, schaut mir aber wie Umbra zuerst in die Gedanken und Gefühle. Sie verstehen, auch wenn ich ihre Traurigkeit spüre. Ich habe nämlich mal gehört, wie Armeno sagte, dass die Gebirgsdrachen unbekannt seien und niemand von ihnen wisse. Würde das Mensch aber Nox entdecken, könnte das die ganze Familie gefährden. Sie bleiben auf dem Weg nach Norden, während ich nach Nordosten abschwenke. Über mir höre ich den Drachen, höre, wie er sich fallen lässt. Ich springe nach rechts und entkomme seinen Klauen gerade noch, rutsche allerdings kurz, fange mich wieder und renne weiter. Wegen diesem Zwischenfall ist jetzt auch das Mensch näher gekommen, ich höre sein leises Keuchen. Ich überlege fieberhaft, wie ich sie ablenken könnte, als ein Baum seitlich vor mir einen seiner Äste direkt auf mich zuschnellen lässt. Ich erschrecke, springe aber geistesgegenwärtig nach oben, wo ich aber entsetzt feststellen muss, dass der Ast mir folgt! Dennoch trifft er mich nur an den Beinen, was mich einen Salto drehen und auf den Boden fallen lässt. Ich höre ein hässliches Knacken und bleibe benommen liegen, denn ich schaffe im Sprung schon mal eine Höhe von 10 Metern. Als ich wieder klar sehen kann, steht das Mensch über mir, das komische, glänzende Ding mir an den Hals haltend. "Es ist scharf", denke ich, ehe ich im Augenwinkel noch sehe, wie ein Stein auf meinen Kopf zufliegt.

Erste "Verhöre"

Blinzelnd öffne ich meine Augen und verziehe mein Gesicht. Mein rechtes Bein schmerzt, als würde es in Flammen stehen! Nur wäre das vermutlich noch angenehmer.

"Du bist also endlich aufgewacht", ertönt eine Stimme links von mir. Ich schaue hin und erkenne das männliche Mensch, das mich verfolgt hat. Da ich schon mal dabei bin, schaue ich mir auch gleich den Raum an, in dem ich bin. Die Wände sind aus Lehm und abgesehen von dem Ding, auf dem ich liege - und das ziemlich unbequem ist - hat es noch irgendeinen komische, kleine Holzplatte, die auf vier Ästen oder was liegt. Darauf steht noch so ein komisches Gefäss mit einer Flüssigkeit die erbärmlich stinkt. Die Wände sind durchbrochen von einem kleinen Loch, durch das Licht kommt, und einer Holzplatte, die in einer Wand steckt... oder was auch immer.

"Wie heisst du?", fragt jetzt das Mensch.

Ich drehe meinen Kopf zu ihm und erwiedere in Gedanken: "Ich habe keinen Namen."

"Quatsch, jeder hat einen."

"Nein, ich nicht."

Es schaut mich mit hochgezogenen Augenbrauen an und dann spüre ich seinen Geist in meinem. Sofort blocke ich ab, ich habe die Aura des Bösen nicht vergessen und ich muss um jeden Preis meine Familie schützen.

"Wirst du mich wohl in deine Gedanken lassen?", fragt das Mensch mit wütend gerunzelter Stirn.

"Nein!", werfe ich ebenso wütend zurück.

"Soll ich dir vielleicht nochmal dein Bein brechen?"

Ich bleibe ruhig und meine nur: "Lieber sterbe ich, als dich in meine Gedanken zu lassen."

Das Mensch grinst hämisch, aber sogar jetzt sieht es noch gut aus. "Keine Sorge, du wirst nicht sterben, ich kenne viel schlimmere Strafen..." Bevor es weitere Ausführungen machen kann, wird der Holzteil der Wand aufgestossen. Erschrocken starre ich die Wand an und bemerke das belustigte Schmunzeln des Menschen nicht. "Herr", höre ich eine Stimme, "der König wünscht Euch zu sehen." Das Mensch wirkt mürrisch, aber auch leicht ängstlich, als es antwortet: "Ich komme." Es steht auf, beugt sich zu mir runter und flüstert mir ins Ohr: "Keine Angst, du bist mich noch nicht los", ehe es aus dem Raum geht und das Holzteil hinter sich zumacht. Ich zittere leicht. Das Gefühl von seinem Gesicht so nah an meinem ist gar nicht mal so übel gewesen.
 

Während der Abwesenheit des Mensches kommt ein anderes Mensch in den Raum und meint, als es den noch vollen Becher gesehen hat: "Du musst das trinken." Na, wenn es unbedingt will. Nachdem ich den Becher geleert habe betrachte ich das Mensch, das den Becher nimmt und den Raum verlässt. Es ist leicht rundlich und hat eine ähnliche Brust wie ich, aber noch grösser. Ich seufze auf, mir ist ganz leicht langweilig hier. Sehnsüchtig blicke ich durch das Loch in der Wand nach aussen und unternehme auch einen halbherzigen Versuch, aufzustehen. Der Schmerz in meinem Bein ist aber zu gross. Wieder seufze ich auf.
 

Als endlich das Holzding wieder aufgestossen wird und das männliche Mensch wieder reinkommt, freue ich mich richtig. Es ist zwar böse, aber 1. sieht es gut aus, 2. riecht es gut und 3. habe ich dann eine Beschäftigung und sei es nur streiten. Das Mensch schaut mich erstaunt an, als ich es anlächle und schüttelt den Kopf. Es versteht mich allem Anschein nach nicht, wie ich in seinen Gedanken gelesen habe, bevor es mich entdeckt und rausgeworfen hat. Dann haben wir ja etwas gemeinsam, ich versteh es auch nicht. Es setzt sich neben mich auf das Ding, auf dem ich liege und fragt mich, woher ich komme.

"Aus dem Wald."

Genervtes Aufstöhnen und Augenverdrehen seinerseits. "Woher genau?"

"Weiss ich nicht."

Erneutes Aufstöhnen seinerseits. "Hast du eine Familie?"

"Nein."

Resigniertes Aufseufzen. "Verwandte?"

"Was ist das?"

Erneutes Augenverdrehen und Aufstöhen. "Warum sprichst du in Gedanken?"

"Wie soll ich denn sonst reden?"

Tiefes Ein- und Ausatmen zur Beruhigung seinerseits. "Wie wärst mit dem Mund?"

Bei der Erwähnung dieses Körperteils betrachte ich seinen Mund ein wenig eingehender. Ja, der könnte mir eindeutig noch gefallen, mit den schön geschwungenen, vollen Lippen...

Ein leises und absolut hässliches Lachen ertönt von dem Holzteil in der Wand her. Ich schaue dorthin und erblicke ein Mensch, das genau zu der Stimme passt. Das Mensch ist gross, hat graue Haare und ist durch und durch schlecht. Widerlich. Ich verziehe das Gesicht. Dann fängt es an zu sprechen und mir stellen sich vor Ekel die Nakenhaare auf. "Anscheinend war sie etwas zu lange alleine und hat das normale Sprechen verlernt."

"Was macht Ihr jetzt mir ihr, mein König?", fragt das gutaussehende Mensch.

"Wenn das Bein geheilt ist, bring sie zum Drachenei. Auch wenn es nicht schlüpft, sie hat viel magisches Potential, wir können sie brauchen. Da du ihr allem Anschein nach gefällst, wirst du sie ausbilden."

Auch wenn das Mensch hässlich ist und ich das mit dem Drachenei nicht so ganz verstehe, das mit dem ausbilden gefällt mir. Dann werde ich wohl noch einige Zeit mit dem gutaussehenden Mensch verbringen. Vielleicht kann ich das Böse ja auch aus ihm entfernen und das Mensch mitnehmen. Eine schöne Aussicht... auch wenn ein bisschen naiv.

Jedenfalls ist hiermit die <Befragung> erstmal beendet, was leider auch bedeutet, dass das gutaussehende Mensch wieder geht. Als ich alleine bin, baue ich einen Schutzwall um meine Gedanken und erlaube mir die ersten Gedanken an meine Familie. Trauer durchflutet mich. Ich vermisse sie, vermisse die Fröhlichkeit Noxes, die Ruhe Umbras, die Gutmütigkeit Marinas und die Gelassenheit Armenos. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich hier bewusstlos war, bevor ich heute aufgewacht bin, weiss nicht, wie viel Zeit vergangen ist. 'Hoffentlich haben es Nox und Umbra nach Hause geschafft und es geht ihnen gut. Vielleicht finden sie ja einen Weg, mich hier raus zu holen. Ich vermisse sie so.' Die Tränen, die mir in die Augen treten, wische ich aber weg. Wenn jemand reinkommt, wäre es besser, nicht gerade am heulen zu sein. Ich atme tief ein. Um wieder nach Hause zu kommen muss ich stark sein und das durchstehen, auch wenn es mit Sicherheit alles andere als leicht wird. Mit diesen Gedanken falle ich in einen unruhigen Schlaf.



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu dieser Fanfic (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Fianna
2008-07-16T16:19:00+00:00 16.07.2008 18:19
ich hätte ein paar namensvorschläge für dich:
Niamh (wird ni-ev ausgesprchen)
fainne
maeve
liadan(das sind alles 4 irisch-keltische namen, ich find, sie passen irgendwie sowohl in unsere welt als auch nach alagäsia)
atair (diesen name hab ich aus ner sternkarte)
alisia (deutsch ausgesprochen, nicht englisch)
aelea (den namen hab ich mir mal vor ner ewigkeit ausgedacht)
lea
stella
jasmina

und, kannst du was mit denen anfangen?

mfg,
Fianna
Von:  Jeanne_Maroon
2008-05-21T17:28:48+00:00 21.05.2008 19:28
hi,
ich finde deine story echt super und spannend. schreib bitte schnell weiter.
Von: abgemeldet
2008-04-02T18:56:32+00:00 02.04.2008 20:56
klingt spannend, ich mag Eragon (die Bücher) hoffe, du schreibst bald weiter.
mein namens-vorschlag: Nila
(könnte ein normaler Name unserer Welt sein und klingt trotzdem etwas fremd.. )
lg ste
ps. ich bin auch aus der Schweiz^^
Von: abgemeldet
2008-03-20T18:04:19+00:00 20.03.2008 19:04
wow nicht schlecht
ich hoffe es geht bald weiter XD
hm das mit dem namen is wirklich ein problem bin auch eine totale niete , wenn es um so was geht. aber ich hab ja ein namenslexicon (sost hätte niemand in meine ff einen bekommen^^°)
wenn du möchtest kann ich mal gucken
hoffe du schreibst bald weiter
viele liebe Grüße
Kathi ^.~


Zurück