Hatake Kakashi: Die etwas andere Mission von Mikado ================================================================================ Kapitel 9: Traum oder Wirklichkeit? ----------------------------------- Ohne, dass es dafür einen ersichtlichen Grund gab, öffnete Miku mit einem Mal die Augen und war hellwach. Ihr war, als wäre etwas passiert, doch sie konnte sich an nichts erinnern. Verwirrt richtete sie sich auf, und schob dabei die Decke von ihren Schultern. Wo war sie? Um sie herum herrschte Dunkelheit. Ihr Herz begann zu klopfen. Sie tastete um sich. Das war nicht ihr Bett. Es roch so anders und war so… groß. „Mama?“ Es war, als hätte sie den vergangenen Tag vergessen, als hätte jemand an der Zeit gedreht und sie wieder in das Haus ihrer Familie geschickt. Irgendetwas war passiert. In der Dunkelheit um sie herum schienen sich die Schatten zu bewegen. „Mama?“ Ängstlich zog sie die Decke wieder hoch und rutsche mit dem Rücken an die Wand. Die Dunkelheit schien undurchdringlich. Ihre Seiten schmerzten, als wäre sie grade stundenlang gerannt. Auf ihrer kleinen Stirn standen Schweißperlen. „Mama!“ Der panische Schrei ließ Kakashi auf der anderen Seite der Tür aus dem Schlaf fahren. ‚Miku!’ Hastig rollte er sich aus der Decke und rappelte sich hoch. Wie hatte er nur einschlafen können? Mit wenigen Schritten erreichte er ihr Bett, das in dem flackernden Schein der Lampe aussah, wie ein Schlachtfeld. Unter einer großen Erhebung der Decke zitterte es. „Miku.“ Vorsichtig stellte er die Lampe auf den kleinen Tisch neben dem Bett. „Es ist gut, ich bin hier.“ Die Bettdecke rührte sich nicht. Kurz war er versucht, einfach die Decke zu heben und ihr zu zeigen, dass hier nichts war, was sie fürchten musste. Aber das stand ihm nicht zu. Sie hatte nach ihrer Mutter gerufen. Er war nicht ihre Mutter. Nur ein Fremder, der sich auf Wunsch der Hokage ihrer angenommen hatte. „Ich bleibe bei dir, gut so? Ich setzte mich…“, - ein umherschweifender Blick – „… hier neben den Tisch. Das Licht lasse ich an. Es passiert dir nichts, okay?“ Wieder keine Regung. Also setzte er sich stumm auf das breite Fensterbrett und zog sein Buch hervor. Irgendwann würde sie schon wieder Lebenszeichen von sich geben. So las der Ninja im Schein der Lampe sein Flirtparadies, während es unter der Decke alles andere als ruhig zuging. In Mikus Kopf rasten die Gedanken. Kakashis Stimme hatte sie in die Realität zurück geholt. Sie hatte nur geträumt. Oder…? Bilder tauchten vor ihrem inneren Auge auf, nicht sicher, ob sie aus einem Traum stammten oder aus einer vergangenen Wirklichkeit. Sie war gerannt, wurde getragen, brutal unter einen Arm geklemmt. Sie hatte geschrieen, aus Leibeskräften, bis man ihr den Mund knebelte. Dann war für eine Ewigkeit nichts mehr, alles schien in grünen Schlieren zu verschwimmen. An einen harten Aufprall konnte sie sich erinnern, an ein Gesicht, dass ihr bekannt vorkam, an hastig ausgesprochene Worte, deren Sinn sie nicht erkannte und dann – alleingelassen. Ein wenig Essen, ein wenig Wasser, zu wenig für einen einzigen Tag. Danach, was war danach gewesen? Und: Was war davor gewesen? Das Atmen unterm den Stofflagen fiel ihr schwer. Schmerzlich wurde ihr bewusst, dass etwas in ihr von vornherein geahnt hatte, dass auf ihr Rufen nicht ihre Mutter kommen würde. Sie hatte sie schon so lange nicht mehr gesehen. Plötzlich kam Bewegung in die Bettwäsche und Kakashi ließ seine Lektüre sinken. Unter der Decke kam ein hochrotes, verweintes Kindergesicht zum Vorschein, das erst mal ordentlich nach Luft schnappte. Unwillkürlich entfuhr ihm ein erleichterter Seufzer. Mittlerweile glomm das erste Rot am Horizont und im Zimmer wurde es langsam heller. Er dachte schon, sie würde nie aus ihrem Versteck hervor kommen. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke, und was er in ihren Augen las, verwunderte ihn. Es war nicht mehr dieser schüchterne Blick. Es wirkte, als sei ihr in der Zeit etwas klar geworden, als hätte sie auf einmal keine Angst mehr. Miku hatte endlich das gefunden, wonach sie gesucht hatte, sie wusste jetzt, weshalb sie aus dem Schlaf geschreckt war. Im Traum hatte sie sich daran erinnert, wie sie hierher gekommen war. Sie verstand es zwar noch immer nicht ganz, aber sie wusste, dass jetzt alles vorbei war und dass sie keine Angst mehr zu haben brauchte. „Ich hab’ was geträumt“, begann sie langsam und schälte sich nun vollständig aus dem Bett heraus. „Geträumt?“ Ihre Gelassenheit verwirrte ihn. Wo war das kleine Mädchen, das so erschrocken nach seiner Mutter gerufen hatte? Mit einem Ruck rutschte sie vom Bett und stand nun etwas verlassen im Raum. Ein komisches Geräusch ließ sie verschämt zur Seite sehen. Kakashi musste schmunzeln, als er darin ein Magenknurren erkannte. „Wie wäre es, wenn du mir bei einem Frühstück von deinem Traum erzählst?“ Obst und Frühstückflocken auf dem Tisch, davon eine große Schale mit Milch vor sich stehend, erzählte Miku, woran sie sich erinnerte. „… und dann bin ich aufgewacht.“ Sie legte ihre Stäbchen beiseite. Sie hatte sich für all das schon eine Erklärung ausgedacht – es konnte nicht anders gewesen sein. „Mich hat jemand entführt, hab ich recht? Ich wurde von zu Hause verschleppt, wie es mir meine Großmutter in ihren Geschichten immer erzählt hat. Bestimmt war jemand neidisch, weil Vater dieses Jahr so eine gute Ernte hatte und wollte mich für einen Anteil davon zurücktauschen. Aber dann haben mich andere gefunden und mich in dieses Dorf gebracht und somit können sie meine Familie nicht mehr erpressen, weil ich ja jetzt hier bin!“ Triumphierend strahlte sie Kakashi über ihre Müslischüssel an. Jetzt ergab das alles für sie einen Sinn, genau so muss es gewesen sein! Und sie hatte sich nur nicht daran erinnern können, weil sie sicher schreckliche Angst gehabt haben musste, was ja auch verständlich war, und deswegen alles vergessen hatte. Aber jetzt würde alles gut werden, jetzt könnte sie endlich wieder nach Hause. Sie würde Kakashi erzählen, wo sie mit ihrer Familie wohnte und vielleicht, nein, bestimmt, würde ihre Mutter ihn zum Essen einladen, weil er auf sie aufgepasst hatte… Während Miku sich in allen Farben ihre Rückkehr ausmalte, fiel es Kakashi schwer, seine unbekümmerte Miene aufrecht zu halten. Jemand wollte ihr Leben für einen Anteil der Ernte austauschen? Es war Kindergerede, aber was, wenn an der Geschichte etwas Wahres dran war? Er runzelte die Stirn. Sein Instinkt sagte ihm, dass sie damit noch lange nicht am Ende ihrer Reise angelangt waren und das der schwierigste Teil ihnen erst bevor stand. „Wann können wir zu mir nach Hause gehen, Kakashi?“ Miku schob ihre leere Schüssel in die Mitte des Tisches und sprang vom Boden auf. Sie wirkte so lebendig, dass er sie kaum wiedererkannte. „Na, immer langsam junge Frau. So schnell geht das nicht.“ Er versuchte, Zeit für sich zu gewinnen. Er musste mit Tsunade sprechen, am besten jetzt gleich. Und ohne das Mädchen. Enttäuscht verzog die Kleine ihre Miene zu einem Schmollmund. „Ich will aber nach Hause. Jetzt!“ Kakashi verdrehte die Augen. Vorher war sie ihm doch deutlich lieber gewesen. „Du bleibst erst mal hier und tust, was ich dir sage. Außerdem ist es unhöflich, zu gehen ohne sich zu verabschieden. Willst du, dass alle, die dir geholfen haben, schlecht von dir denken?“ Das diese Erwachsenen auch immer recht haben mussten. Widerstrebend schüttelte Miku den Kopf. „Na also.“ Zufrieden mit dem Ergebnis fuhr er ihr kurz über das Haar und machte sich daran, seine Sachen zusammenzusuchen. Interessiert lief Miku hinter ihm her und sah ihm dabei zu. „Wo willst du hin?“ fragte sie, als ihr klar wurde, dass er aus dem Haus gehen wollte. „Kann ich mit?“ Als Antwort bekam sie ein Kopfschütteln. „Ich muss noch was erledigen, das wird dich nur langweilen.“ „Bestimmt nicht“, beteuerte sie. Wollte er sie jetzt etwa alleine hier lassen? Sofort war ihre alte Unsicherheit wieder da. „Aber wenn keiner auf mich aufpasst, kommen die Entführer vielleicht wieder.“ Ganz so mutig, wie sie eben geprahlt hatte, war sie doch noch nicht. Immerhin war Kakashi hier der Einzige, den sie besser kannte. „Ich schicke dir jemanden, er wird dich genauso gut bewachen wie ich. Also keine Sorge, ja?“ Ganz zufrieden wirkte Miku nicht, als er mit dem Versprechen das Haus verließ, aber etwas besseres konnte er ihr nicht anbieten. Zuerst musste er ihre Geschichte prüfen, und vielleicht konnte derjenige, den er für den Aufpassdienst ausgewählt hatte, ihm bei der Aufklärung behilflich sein. Als Kakashi knapp an die Fensterscheibe des Hokage-Büro anklopfte, betrat grade eben diese Aufsichtsperson die Wohnung von dem grauhaarigen Ninja. „Hallo Miku.“ Ein zurückhaltendes Lächeln umspielte seine Lippen und er reichte dem kleinen Mädchen vor sich die Hand. „Mein Name ist Sai.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)