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Bittersweet memories – Forgotten, not lost

Sirius x ? & James x Lily
von

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???

Prolog
 

„Die Vergangenheit ist ein Prolog.“

Anonym
 

„Schneller!“, trieb sie ihren Besen an.

Sie lehnte sich weiter nach vorn, in der Hoffnung so ihre Geschwindigkeit zu erhöhen.

„Oh, Merlin! Bitte, lass mich nicht zu spät sein!, flehte sie innerlich.

Wie sehr bereute sie doch alles, was sie getan hatte!

Da endlich kam es in Sicht. Sie verlagerte ihren Oberkörper noch ein Stück weiter, um den Besen auf die Erde zu zusteuern, denn etwas zwang sie schon hier zu landen. Noch bevor ihre Füße überhaupt den Boden berührt hatten, war sie bereits abgesprungen.

Der Regen strömte unaufhaltsam auf sie herab und schon längst war sie bis auf die Haut durchnässt, ihre Kleider hingen nunmehr nur noch wie ein einziger nasser Sack an ihrem Körper. Wieder und wieder forderte sie ihre Beine dazu auf, schneller zu laufen.

Plötzlich stolperte sie über einen Stein, den sie in der Dunkelheit nicht hatte sehen können und fiel zu Boden. Sogleich stand sie aber wieder auf, auch wenn in ihrer Hose am rechten Bein nun ein Riss war, der den Blick auf ihr aufgeschürftes Knie frei gab und ihre Hände ebenso mitgenommen aussahen. All das nahm sie kaum war, vollkommen zielgerichtet steuerte sie auf etwas, in ein paar hundert Metern Entfernung, zu.

In Gedanken immer wieder beim gleichen Satz:

„Bitte, lass mich noch rechtzeitig kommen!“

Eine bedrückende Stille lag über dem ganzen Ort. Kein Tier war zu hören, nicht mal das Zirpen einer Grille.

Es war ruhig.

Zu ruhig.

Kein Tosen von sich brechenden Wellen war zu vernehmen, das Meer lag ganz spiegelglatt und still da, als wenn es auf etwas warten würde.

Es herrschte fast schon eine Totenstille.

Das einzige Geräusch das existierte, war das des prasselnden Regens auf Boden und Wasser.

Die salzige Luft des Meeres brannte in ihren Augen und ihrer Lunge. Ihr Knie schmerzte mit jedem Schritt mehr.

Doch sie durfte jetzt keine Schwäche zeigen. Nicht jetzt. Nein, nicht jetzt!

In einiger Entfernung kam endlich das näher, wonach sie gesucht hatte. Unbarmherzig rannte sie weiter, die Schmerzen überall in ihren Seiten ignorierend. Ihr Zielort wurde schließlich immer greifbarer.

Nah an den Rand der Klippen gebaut, erhob sich aus der Dunkelheit ein kleines doppelstöckiges Haus. Es machte den Anschein, als ob es schon längere Zeit verlassen stünde, denn Algen, Moos und Flechten bahnten sich ihren Weg über das modrige Holz und den brüchigen Stein.

„Endlich!“, dachte sie, als sie vor einer Art Veranda angekommen war.

Drei Stufen trennten sie noch von der Tür, dann war sie oben. Eine ängstliche Nervosität breitete sich in ihr aus, schnell hob sie ihre Hand und innerlich noch immer flehend, griff sie nach dem Türknauf. Erst nur sehr widerwillig schien die Tür ihr Inneres preisgeben zu wollen, doch dann öffnete sie sich urplötzlich mit einem Ruck ...

The same procedure as every year, James!

@Egyptprincess: Vielen vielen Dank! Hab mich wirklich unheimlich über dein Kommi gefreut. *jubel*

Die Person aus dem ersten Kapitel wirst du wahrscheinlich bald schon selber erraten können, vielleicht sogar bereits nach diesem Chap. Bildchen und Beschreibungen sind ja jetzt da und es werden bestimmt noch mehr!^^
 

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Kapitel 1 – The same procedure as every year, James!
 

»Necesse est maximorum minima esse initia.«

Notwendigerweise sind sehr kleine Dinge die Anfänge sehr großer Dinge.

Publilius Syrus (ca. 1. Jh. v. Chr.), römischer Mimen-Autor
 

Die Tür des Zuges öffnete sich wie jedes Jahr auf magische Weise und gab den Blick auf den kleinen dunklen Hogsmead-Bahnhof frei. Sie trat heraus und atmete die frische Luft tief ein. Der Geruch des letzten Regenschauers war noch deutlich zu riechen und sie nahm einen weiteren tiefen Zug dieser angenehmen Frische, auf dass ihre Lebensgeister wieder neu erweckt würden.

Nun streckte sie stolz ihre Brust raus und marschierte erhobenen Hauptes zu den Kutschen, zusammen mit dem Rest der großen Schülermasse. Sie bemerkte die vielen Augenpaare, die sie trafen und ihr hinterher folgten, deshalb straffte sie ihre Brust noch etwas mehr.

Von der Seite her spürte sie ebenfalls zwei Blicke, die die ganze Zeit auf sie gerichtet waren. Mit einem Lächeln im Gesicht tat sie, als ob sie nichts bemerken würde, aber innerlich jubelte sie geradezu vor Freude, da sie bereits zu wissen glaubte, welcher Natur sie waren. Erst als sie ein Grunzen vernahm, stieg ein leicht misstrauisches Gefühl in ihr hoch und aus den Augenwinkeln musterte sie verstohlen die beiden Gesichter.

Der eine Blick traf sie nur hin und wieder und auch nur dann zuckte es in dem Gesicht und es verzog sich ein paar Sekunden zu einer belustigten Grimasse. Der andere jedoch, war völlig ungeniert die ganze Zeit auf sie gerichtet und das Grinsen in diesem Gesicht wurde immer breiter, bis es schließlich von einem Ohr zum anderen ging und die Grinsende nicht mehr an sich halten konnte und lauthals in ein Kichern ausbrach.

Nun platzte ihr die Geduld:

„Darf ich bitte erfahren, was ihr beiden so verdammt komisch findet?! Warum grinst ihr mich die ganze Zeit schon so an?“, fragte Lily scharf und stemmte die Hände in die Hüften.

Sie betrachtete die beiden Mädchen vor sich mit einem bösen Blick, den sie sich bei Professor McGonagall extra für solche Gelegenheiten abgeschaut hatte. Daraufhin versteckte sich das kleinere der beiden Mädchen hinter ihrer Freundin, allerdings war es unüberhör- und sehbar, dass sie hemmungslos weiter kicherte. Das erstickte Lachen (anscheinend hatte sie sich die Hand in den Mund gesteckt, um das Geräusch zu dämpfen) drang deutlich zu Lilys Ohr und sie beobachtete wie die vielen dunkelbraunen Locken immer wieder erzitterten. Vollkommen empört schaute sie ihrer anderen Freundin ins Gesicht und machte ihr unmissverständlich klar, dass sie eine Antwort erwartete. Sofort.

„Lily, beruhig dich!“, sprach Caitlín Brianna Gallagher mit ihrer typisch samtig dunklen Stimme zu ihr.

Die babyblauen Augen ihres Gegenübers blickten sie entschuldigend an.

„Weißt du, Belli und ich, wir meinen es nicht böse, aber …“, erneut zuckte es in Caites Gesicht, denn scheinbar führte sie einen inneren Kampf gegen das eigene Grinsen.

„Aber was?! Verdammt noch mal was ist bloß mit euch los?! Hab ich irgendwo Furunkel im Gesicht oder bin ich etwa in Drachenmist getreten?“, Lily spürte wie sie sich langsam aber sicher in Rage redete, doch es war ihr egal.

Sie war wütend, weil sie vor ein paar Minuten noch so stolz gewesen war und sich nun über ein kleines Kichermonster und eine, innerlich scheinbar zerrissene, Caite ärgern musste.

„Es ist nur … dein …“, doch hier hatte Caite wohl ihren inneren Kampf verloren und schloss sich dem Kichermonster auf dem Boden an.

„Ich höre!“, schrie Lily mehr aus, als sie rief und funkelte ihre beiden Freundinnen gefährlich an.

„Nun, Evans, dir ist es vielleicht nicht aufgefallen, aber du stolzierst schon den ganzen Tag herum, als wärst du die Zaubereiministerin persönlich.“, antwortete eine, nur allzu bekannte, Stimme endlich auf Lilys Frage.

Oh, wie Lily sie hasste! Denn, wo die eine nervende Stimme war, da konnte die noch viel schlimmere nicht weit entfernt sein.

Nur äußerst widerwillig drehte sich Lily also um und natürlich, da erblickte sie ihren schlimmsten Alptraum wieder mal!

Es war nicht nur ein Alptraum, wie sich Lily gedanklich verbesserte, sondern sogar ein Alptraum im Doppelpack!

Sirius Black stand vor ihr und entblößte seine perfekten weißen Zähne, neben ihm sein (fast) Zwilling und bester Kumpel, James Potter, der natürlich wieder mal seine berühmte Pottergrimasse zur Schau trug, wie immer, wenn er Lily sah.

„Dich, Black, habe ich nicht gefragt!“, spie sie ihm entgegen.

„Und wie kannst du nur behaupten, dass ich rumstolzieren würde, denn das tust ja, wenn überhaupt, nur du! Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, du vertrittst nicht die Meinung von ganz Hogwarts!“, schleuderte sie dem grinsenden Gesicht entgegen.

„Aber, aber, Evans! Benimmt sich so eine vorbildliche Vertrauensschülerin?“, er wedelte mit seinem Zeigefinger vor ihrem Gesicht herum.

„Was sollen denn die kleinen Erstklässler von dir denken?“, sprach er in einem gespielt entsetzten Tonfall.

„Black, du solltest lieber aufpassen, denn sonst zeigt die vorbildliche Vertrauensschülerin gleich, was sie mit Regelbrechern und Nervensägen, wie dir, macht! Ach ja und deinem Freund, Potter, auch!“, sie blickte erst jetzt den anderen schwarzhaarigen Jungen neben Black an, der sie bereits, die ganze Zeit wie ein Honigkuchenpferd blöd angrinste.

„Evans, wie schön, dass du mich bemerkt hast! Weißt du, dass dir diese roten Wangen ganz ausgezeichnet stehen?“, machte er ihr wieder eins seiner dämlichen Komplimente.

„Potter, fang du nicht auch noch an! Du hast mich heute schon genug genervt!“, keifte Lily ihn an.

„Da wir gerade dabei sind, Evans. Willst du …“, doch er wurde von ihr in seiner Lieblingsfrage unterbrochen.

„Wage es ja nicht, Potter! Oder du und dein Freund werdet für den Rest des Jahres jeden Tag Strafarbeiten machen dürfen!“, drohte ihm Lily.

Black schien von Lilys Drohung jedoch nicht beeindruckt zu sein, sondern grinste sogar zufrieden:

„Siehst du, Jamie? Ich hatte doch Recht! Es war gut es umzuändern.“

Nun wurde Lily doch misstrauisch. Sie wusste, dass es nichts Gutes heißen konnte solche Worte aus Blacks Mund zu hören.

„Moment mal! Was war gut? Was habt ihr umgeändert? Schon wieder einer euren dummen Streiche?“, hakte Lily nach.

„Evans, wir machen keine dummen Streiche, sondern erfinden nur intelligente, ausgeklügelte und für die Allgemeinheit sehr erheiternde Ablenkungen von humoröser Art!“, sprach Potter, in einem belehrenden Tonfall, den man sonst nur von Lehrern kannte, zu Lily.

„Genau, Jamie hat Recht! Betrachte es als Abwechslung vom überaus langweiligen Schulalltag.“, fügte Black noch hinzu, was Lilys Geduldsfaden endgültig platzen ließ.

„Verdammt! Hört auf so einen Mist zu erzählen und sagt mir endlich, was ihr bitteschön umgeändert habt!“

Warum nur musste sie sich auch mit diesen beiden Idioten wieder rumschlagen?

„Ganz einfach Evans! Schau mal an dir runter.“, grinste Black und deutete auf ihre Bluse.

Lily folgte seinem Finger mit ihrem Blick und riss entsetzt die Augen auf. Ihr neues und erst im Zug poliertes Vertrauensschülerabzeichen hatte sich verändert, statt nur einem V für Vertrauensschüler, stand da jetzt auch noch ein D daneben.

„Was?! Black, was soll das heißen, VD? Voll dämlich? O wie einfallsreich, Black, ich lach mich kaputt!“, keifte Lily ihn an.

„Nein, Evans, du beleidigst mich!“, spielte Black den Empörten.

„Das wäre weit unter meinem Niveau und so etwas würde ich auch nie von dir behaupten! Diese Idee ist meinem kreativen Kopf heute Morgen entsprungen, als ich dich auf dem Bahnsteig sah. Der gute James wollte mich vorhin zwar davor bewahren …“

„Genau!“, nickte Potter eifrig.

Als ob Lily es interessieren würde, was Potter angeblich gemacht hatte!

„… aber betrachte es einfach als Zeichen meiner unendlichen Ehrfurcht vor deiner neuen Herrschaft als Vertrauensdiktatorin!“

Lily war geschockt. Blacks Worte hallten in ihrem Kopf nach, doch noch waren sie nicht zu einer brauchbaren Information verarbeitet worden, die sie hätte reagieren lassen können.

Aber Black wäre natürlich nicht Black gewesen, hätte er nicht noch einen drauf gesetzt und Lilys noch vorhandene Beherrschung damit endgültig zum Einsturz gebracht.

„Ich hab es auch noch mal extra groß auf deinen Umhang hinten gezaubert, damit jeder Bescheid weiß!“

Und mit diesem Worten nahmen Sirius Black und James Potter ihre Beine in die Hand und liefen los, bevor Lily in die Reichweite ihrer Hälse kam. Nun bereute es Lily, zum ersten Mal in ihrem Leben, nicht mehr Sport getrieben zu haben, als in kürzester Zeit möglichst viele Seiten eines Buches umzublättern, denn Potter und Black waren leider beide gut trainierte Quidditchspieler. Sie machten einen riesigen Satz und verschwanden in einer Kutsche, dessen Tür die restlichen Rumtreiber, Remus Lupin und Peter Pettigrew, die sich zuvor schon davongeschlichen hatten, bereits für sie aufhielten.

Aber natürlich ließ es Potter sich nicht nehmen sie, die wütend hinterher stürmende Lily, nochmals zu ärgern. Er musste schließlich immer das letzte Wort haben.

Mit breitem Grinsen verkündete er Lily, was schließlich auch noch den allerletzten ihrer Nervenfasern sprengte:

„Evans, wenn du willst kannst du meine Diktatorin sein. Ich lasse mich gern von dir beherrschen und rumkommandieren. Bei dir würde ich sogar freiwillig nachsitzen!“

„POTTER!!!“

Doch genau in diesem Moment fuhr die Kutsche los und zurück blieb eine, halb vor Wut, halb vor Erschöpfung, schnaufende Lily. Während sie der Kutsche mörderische Blicke hinterher warf, verwünschte sie die beiden Rumtreiber auf eine Weise, von der sie nicht mal selbst gedacht hatte, dass sie solche Wörter überhaupt kannte.

Sie brauchte einige Augenblicke, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte, dann holte sie fluchend ihren Zauberstab hervor und machte sich daran Blacks „kreatives Werk“ zu beseitigen, während sie, den zwei heimlich lachenden Gestalten hinter sich, bitterböse Blicke zuwarf.
 

Erschöpft und mit einem Herzschlag bis zum Halse lehnte sich Sirius zurück und genoss das aufsteigende Glücksgefühl, das er immer hatte, nach einem gelungenen Streich. Leider hinderte ihn eine sorgenvolle Stimme daran, es vollends auszukosten.

„Ich glaube ihr hättet Lily nicht so verärgern sollen! Das wird noch schlimme Folgen für euch haben, Jungs!“

„Ach, Remus, sei doch nicht so ein Spielverderber! Ich genieße hier gerade meinen Erfolg, also sag so was nicht!“, stöhnte er über die Bedenken seines Freundes.

„Also ich fand es voll cool von euch! Evans Gesicht war nachher mehr rot wie ihre Haare.“

Auf diese Aussage hin, warf James Peter einen finsteren Blick zu und schon war dieser wieder still.

„Sirius hat Recht. Außerdem wird das ja wohl nur schlimme Folgen für ihn haben, denn ich hab doch nichts gemacht!“, meinte James mit seinem typischen Unschuldsblick.

„James, das glaubst du ja wohl selber nicht!“, Remus verdrehte die Augen.

„Du hast Lily mit auf die peitschende Weide gebracht und das musst du jetzt ausbaden! Sie war sowieso bereits sauer, dass du sie heute schon dreimal wieder nach einem Date gefragt hast.“

„Und dreimal hat sie nein gesagt. Versteh einer die Frauen …“, meinte James kopfschüttelnd.

„Oder besser gesagt: Versteh einer die Streberin, Lily Evans!“, warf Sirius ein.

„Was willst du bloß mit so einer Langweilerin, James?! Die erklärt dir doch bestimmt selbst beim Gehen, ob du den Fuß richtig aufgesetzt hast oder ob du jetzt eine Strafarbeit für falsches Laufen bekommst!“

„Hey! Sag so etwas nicht über Evans!“, erwiderte James, vollkommen erbost über seinen Kommentar.

„Sobald sie erstmal mit mir ausgegangen ist …“

„Was sie nicht tun wird.“, unterbrach Sirius ihn, was James jedoch ignorierte.

„… habe ich den Beweis, dass sie keine Langweilerin ist, sondern das tollste, wunderbarste, witzigste, schönste …“

„Ja, James, ist gut!“, schnitt Remus ihm das Wort ab.

„Aber Sirius hat Recht, sie wird nicht mit dir ausgehen.“

„Warum denn nicht? James sieht doch gut aus und bekommt alle Mädchen.“, fragte Peter, sichtlich irritiert.

Für diesen absolut dummen Kommentar, in Sirius Augen, musste er Peter erstmal auf den Hinterkopf hauen, bevor er zur üblichen Erklärung ansetzte.

„Man, Peter! Erstmal bekomme wirklich nur ich alle Mädchen.“

Von James war ein „Was?!“ zu hören, dass Sirius aber geflissentlich überging.

„Und zweitens hasst Evans ihn.“

„Wenn du eine realistische Chance bei ihr haben willst, dann lass sie doch mal in Ruhe, James!“, versuchte Remus seinen Freund zu überzeugen.

Der winkte aber nur ab:

„Remus, ich werde bestimmt nicht aufgeben! Irgendwann muss sie ja mal „ja“ sagen. Sie ziert sich nur, das tun Mädchen am Anfang alle immer.“

Diesmal hielt Sirius, was selbst für ihn erstaunlich war, die Klappe. Aber immerhin ging es hier um seinen besten Freund und er wollte James nicht allen Mut nehmen, zumal er es eh nicht glauben würde. Doch Sirius wusste halt, genauso wahrscheinlich wie Remus, der sich ebenfalls vornehm zurück hielt und es vorzog aus dem Fenster zu gucken, dass Evans sich keineswegs seit nunmehr zwei Jahren zierte, sondern James schlichtweg, in jeder Hinsicht, verabscheute.

„Ich werde es nachher noch mal versuchen. Bis dahin hat sie sich bestimmt beruhigt. Was meint ihr?“, fragte James seine Freunde um Rat.

Sirius enthielt sich auch diesmal jedweder Antwort und schloss sich Remus „Beschäftigung“ an, während sie beide Peter das Reden überließen, der James eifrig in seinem Unterfangen unterstützte.
 

Grummelnd ließ sich Lily auf ihren Platz am Gryffindortisch fallen. Ihre Freundinnen hatten sich zwar die ganze Kutschfahrt über zusammengerissen und nichts mehr zu dem „Ereignis“ von vorhin gesagt, allerdings erwischte sie Lily, doch noch, hin und wieder dabei, wie sie das Gesicht gefährlich nahe einem Grinsen verzogen. Deswegen hatte sich Lily geweigert, bisher auch nur ein Wort mit ihnen zu reden.

„Lily?“, versuchte es Caite jetzt zaghaft.

„Was?!“, fauchte diese nur zurück.

„Oh! Schon gut!“, Caite hob beschwichtigend die Arme und wandte sich wieder ab.

Eigentlich tat es Lily leid. Sie wollte Caite nicht so anschnauzen, aber wenn es um diese Jungs ging war sie halt manchmal etwas aggressiv.

„Vertrauensdiktatorin?! Na warte Black, das bekommst du noch zurück!“, dachte Lily wütend.

O wie sie sie hasste!

Die Rumtreiber. Das waren Sirius Black, Remus Lupin, Peter Pettigrew und natürlich, die Nervensäge, James Potter.

Wie konnte man sich nur so einen bescheuerten und kindischen Namen geben?!

Sie sollten sich in die „Blödsinnmacher“ oder „bescheuerte-Witze-Erfinder“ umbennen, fand Lily. Dauernd bauten sie nur Mist und sorgten somit dafür, dass Gryffindor wieder Punkte abgezogen bekam, Punkte die zum Großteil Lily durch harte Arbeit erreicht hatte. Deswegen war ihr Haus, seit sie an dieser Schule war, auch immer, von Slytherin oder Ravenclaw, in der Hausmeisterschaft besiegt worden, da diese Trottel es am letzten Schultag bisher jedes Mal noch geschafft hatten Professor McGonagall so zu verärgern, dass sie ihr eigenes Haus um den Triumph gebracht hatte.

Plötzlich ging die Tür auf und besagte Lehrerin unterbrach Lily in ihrem Gedankengang. Hinter Professor McGonagall kamen ein paar durchnässte und ängstliche kleine Zwerge hereinmarschiert, die neuen Erstklässler. Lily hatte wieder mal nicht gemerkt wie lange sie sich ihrem Hass gegenüber den Rumtreibern schon hingegeben hatte.

Sie mochte die Auswahl, auch wenn es jedes Jahr das gleiche war und alle ihre Mitschüler über die langwierige Prozedur stöhnten. Es erinnerte sie immer an ihren eigenen ersten Schultag in Hogwarts.
 

Das Quietschen einer Tür riss alle, auch Lily, mit einem Male aus ihren Gedanken. Professor McGonagall war zurückgekehrt und Lily spürte wie ihr Herz augenblicklich wieder anfing schneller zu schlagen.

„Stellt euch bitte jeweils zu zweit hintereinander und folgt mir in die große Halle.“

Es entstand ein kurzes Gewusel, indem sich die nervösen Schüler versuchten richtig aufzustellen, doch schließlich schafften es alle und liefen nun Professor McGonagall nach.

Diese führte sie zurück zur Eingangshalle und von dort aus, durch eine riesige Doppeltür, in die berühmte große Halle.

Zum zweiten Mal an diesem Tag war Lily einfach nur sprachlos. Mit offenem Mund bestaunte sie alles und wäre wahrscheinlich stehen geblieben, hätte sie das blondhaarige Mädchen nicht weiter gezogen, die scheinbar keinen besonderen Blick für die Schönheit dieser Halle übrig hatte.

Es gab vier lange Tische an denen die übrigen Schüler Platz genommen hatten und sie entweder belustigt oder gelangweilt ansahen. Die Lehrer befanden sich am anderen Ende der Halle, ihr Tisch stand quer zu denen der Schüler.

Über ihrer aller Köpfe schwebten Tausende von Kerzen, die die Halle erleuchteten und sie in ein warmes Licht tauchten. Doch das, was Lily am meisten faszinierte, war noch über den Kerzen, die Decke.

Es sah aus, als ob es gar keine geben würde, da Lily den abendlichen Sternenhimmel betrachten konnte. Allerdings wusste sie aus der ’Geschichte Hogwarts’, dass die Decke so verzaubert war, dass sie immer dem Himmel glich. Bevor es Lily überhaupt richtig realisiert hatte, war die Schülerreihe schon vorne vor dem Lehrertisch zum Stehen gekommen. Automatisch blickte Lily hoch und ja, da saß er wirklich und lächelte ihnen allen freundlich zu, Albus Dumbledore, der Schulleiter von Hogwarts.

Seine Haare und sein Bart waren wirklich so lang, wie es Lily auf dem Bild der Schokofroschkarte gesehen hatte. Hinter seinen halbmondartigen Brillengläsern blitzten ihnen seine hellblauen Augen entgegen, die er über die Neuen wandern ließ. Auch von der Ferne konnte Lily verstehen, warum die Leute so beeindruckt von diesem Mann waren, denn er strahlte eine mächtige und wissende Aura aus, der sich auch Lily einfach nicht entziehen konnte.
 

Für Lily war es schön in Erinnerungen zu schwelgen, sie fand sie waren wie ein alter Film, den man aus einer verstaubten Ecke eines Schrankes hervorholte und wenn man erstmal eine Sekunde davon gesehen hatte, kam alles wieder zurück.

Doch nun konnte sie sich inzwischen kaum mehr vorstellen, dass sie selbst mal so ein kleines nervöses Etwas gewesen sein soll. Einfach völlig unmöglich!

Professor McGonagall, die kurz zuvor nochmals verschwunden war, kam nun zurück, in der einen Hand einen dreibeinigen Stuhl, in der anderen einen stark mitgenommen aussehenden Hut.

„Der sprechende Hut.“, flüsterte Lily ohne es zu merken.

Noch heute konnte sie sich genau seine Worte wieder in den Kopf rufen, der Klang seiner Stimme war fest abgespeichert in ihrem Gedächtnis.
 

„Na lass mal sehen … Slytherin eindeutig nicht, dafür bist du zu ehrlich, aber auch nicht Hufflepuff … junge, junge du hast ein Köpfchen, aus dir wird noch mal ’ne ordentliche Hexe!“

„Wirklich?“, dachte Lily und jubelte innerlich.

„Wenn ich’s dir doch sage! Also Ravenclaw wäre wirklich sehr gut für dich … aber da sehe ich auch Mut, oh ja, du bist ein tapferes Mädchen! Hm, was mach ich bloß mit dir …? Eigentlich würde ich sagen, eindeutig eine Ravenclaw …“

„Bitte, ich will nach Gryffindor!“, flehte Lily innerlich.

„Gryffindor? Bist du dir sicher, dass du dort richtig aufgehoben bist?“

„Ja!“, schoss es Lily sofort als Antwort durch den Kopf, ohne überhaupt darüber nachzudenken.

„Na gut, wenn du dahin willst … dann stimme ich dir zu!“

Und so verkündete der Hut lauthals: „Gryffindor!“

Überglücklich nahm Lily den Hut ab und flüsterte dabei noch ein leises „Dankeschön!“, dann lief sie auf den laut jubelnden Tisch zu, wo sie die anderen Mitschüler begrüßten. Sie ließ sich erleichtert neben dem Mädchen mit dem langen Namen nieder, die auch sofort anfing zu plappern.
 

Das plappernde Mädchen saß auch heute wieder neben Lily und war, wie könnte es auch anders sein, am Quatschen.

Isabella Esmeralda Aurelia Maria Cruz interessierte es scheinbar gar nicht (oder es fiel ihr nicht auf), dass ihr niemand zuhörte und redete fröhlich weiter über ihre Ferien bei ihrer Großfamilie in Spanien. Keiner hatte sie je bei ihrem vollen Namen gerufen, von allen wurde sie stets nur „Belli“ genannt. Lily wusste noch genau, wer als Erster darauf gekommen war. Es war ein gewisser jemand, mit einer Abneigung gegen zu viele Buchstaben in einem Wort, gewesen.

Erinnerungen dieser Art waren es, die Lily jedes Jahr auch wieder traurig machten … und wütend.

Plötzlich viel ihr auf, dass es still geworden war in der Halle und selbst Belli aufgehört hatte zu reden, also war es wohl soweit. Der sprechende Hut lag, wie jedes Jahr, auf seinem Stammplatz und alle Welt erwartete nun sein neues Lied, mit dem er die Erstklässler immer zu begrüßen pflegte.

Doch irgendetwas, Lily wusste nicht genau was (doch es zog in ihrer Magengegend kurz, was ein untrügliches Zeichen meistens für Ärger war), war … anders.

Da öffnete sich auf einmal ein Riss nahe der Krempe des Hutes und schon beim ersten Ton war Lily klar, warum ihr Körper ihr ein Zeichen gegeben hatte.

Lauter Gesang breitete sich in der Halle aus:
 

Was geht?!

Da bin isch mal wieder,

der größte aller Buchstabenverbieger.

Hogwarts Reimkönig ist hier,

der auserwählte Star, von den großen Vier.

Die gute Hufflepuff war’s,

die Helga, die mich auflas von der Straß’.

Rowena, die Kluge hat’s sogleich erkannt,

mein Talent zum Sprechen am laufenden Metaphernband.

Doch Godric ist’s erst gewesen, der es zu nutzen verstand,

denn er war der coolste und konnte so allerhand.

Slytherin, der Schlangenheini, mir jedoch misstraute,

er erst wollte wissen, auf was für Blut, ich meine Herkunft baute.

Aber das Löwenherz, setzte sich durch,

und die feige Schlange war auf einmal nur noch ein kleiner Lurch.

Dat is jetzt schon a bissel her,

doch seitdem ist mein Ruhm nicht weniger geworden, sondern immer mehr.

Nun wird’s wieder Zeit, man verlangt Antwort von mir,

ich sag euch Kinder, es ist nicht leicht zu sein das höchste Tier.

In Hufflepuff die Nettesten sind,

dagegen in Ravenclaw du entdeckst das schlauste Kind.

Die Tollsten aber kommen nach Godric seinem Haus,

hier du findest die besten Freunde und die schönste Maus.

Der Rest, der Abschaum und die Idioten,

sie folgen Slytherins Ruf, wo Kontakt mit der Außenwelt ist verboten.

Typen wie den Schniefelus triffst du bei diesen Leut’,

das Haare waschen er nicht hat kapiert, bis heut’.

Genug gefaselt, genug gelabert jetzt,

denn nun wird wieder aufgesetzt!

Zeit ist Geld und mein Terminplaner ist voll,

also folgen wir weiter McGonagalls Verlaufsprotokoll.

Mein Solo ist jetzt zu end’, doch ein paar letzte Worte hab ich noch:

Die Herren Rumtreiber ihre Grüße entsenden an alle neuen Dreikäsehoch!
 

Mit diesen Worten verabschiedete sich der „sprechende Hut“ und mit einem Puffgeräusch verwandelte er sich, urplötzlich, vor Lilys Augen, in einen normalen schwarzen Zaubererhut.

Das schien das Stichwort für Black gewesen zu sein, er sprang auf den Tisch und Potter richtete seinen Zauberstab auf ihn. Besser gesagt auf seinen Hut, denn mit einem Male verfärbte dieser sich von schwarz nach braun und von neu nach alt.

Der sprechende Hut!

Black nahm ihn ab und verbeugte sich theatralisch, als wenn er ein Schauspieler nach einer gelungenen Aufführung wäre … doch niemand sagte auch nur einen Ton.

Scheinbar waren sie alle, genauso wie Lily, noch zu geschockt von den eben von statten gegangenen Ereignissen. Lily war nicht einmal in der Lage sich aufzuregen, so erstarrt war sie noch. Jedermann in der Halle schaute Black an, der nun die Arme vor der Brust verschränkte und sich gespielt empört umsah. Aber in der gesamten Halle blieb es weiterhin so ruhig, man hätte sogar einen Flubberwurm kriechen hören können. Niemand wagte es scheinbar einen Ton von sich zu geben oder war in der Lage dazu.

Dann wurde die Stille plötzlich durchbrochen. Ein glockenhelles Lachen war zu vernehmen mit einem darauf folgenden Klatschen, dass Black erst vollkommen irritiert, aber dann zufrieden schauen ließ.

Lily schaute zu der Quelle des Gelächters, wie lange hatte sie das schon nicht mehr so laut gehört? Wann hatte sie es überhaupt das letzte Mal gehört?

Die Kettenreaktion, die dieses Lachen auslöste, lenkte Lilys Gedanken wieder ab, denn keine zehn Sekunden später, hatte fast die gesamte Halle Mühe sich noch auf ihren Stühlen zu halten.

Nur wenige, unter ihnen natürlich die Slytherins, schlossen sich nicht der allgemeinen Fröhlichkeit an und auch Lily gehörte dazu. Aber sie kämpfte, kämpfte wie noch nie gegen die eigenen Lachmuskeln, die doch so liebend gern mal wieder beansprucht werden wollten. Während also mindestens die Hälfte der Schülerschaft schon lachtränenverschmierte Gesichter aufweisen konnte, tobte in Lily immer noch ein innerer Zweikampf zwischen ihrem Herz und ihrem Kopf. Denn der eine Kontrahent fand das ganze ebenfalls lustig und wollte Lily dazu animieren mitzumachen und der andere, war ihr Hass auf die Rumtreiber, der sie erinnerte, dass sie noch immer sauer auf sie war und dass es falsch wäre jetzt zu lachen.

Also kurz gesagt:

Eine Auseinandersetzung zwischen Lilys Gefühlen und ihrem Gewissen.

Doch ihr Kampf wurde je beendet, als sich eine mächtige Stimme über das allgemeine Gelächter erhob, wütender und zorniger als Lily es jemals zuvor erlebt hatte.

„POTTER! BLACK! LUPIN! PETTIGREW!“, Professor McGongall brüllte diese Namen wie eine angrifflustige Löwin quer durch den gesamten Raum, in dem sofort wieder Totenstille herrschte.

Allen blieb das Lachen im Halse stecken. Zu ihrer eigenen Zufriedenheit bemerkte Lily, wie selbst die sonst so mutigen Rumtreiber auf einmal ganz klein wurden. Pettigrew zitterte am ganzen Leib und sah aus, als ob er sich gleich in die Hose machen würde. Lupin schaute betreten zu Boden und bekam einen roten Kopf. Black lächelte zwar noch, aber Lily bemerkte, wie er heftig schluckte und nicht einmal in der Lage war zu blinzeln und Potter … versuchte trotz allem scheinbar immer noch cool aussehen zu wollen und fuhr sich ein paar mal durchs Haar.

„Wie können Sie es wagen?! Noch nie hat ein Schüler meines Hauses, mir solch eine Schande bereitet!“, Professor McGonagall benutzte das übliche Repertoire an Wörtern mit denen sie, mit den Rumtreibern, zu kommunizieren pflegte.

„Strafarbeit für Sie alle! Einen Monat lang, jeden Montag und Freitag, vor meinem Büro! Siebzig Punkte Abzug von Gryffindor!“, keifte sie in abgehackten Sätzen, während sich ihre Nasenflügel immer wieder aufs Heftigste aufblähten.

„Und grinsen Sie gefälligst nicht so Mr. Potter! Ich schäme mich selbst in Grund und Boden, dass Sie es jedes Jahr aufs Neue schaffen, am ersten Tag mein Haus in die Minuspunkte zu bringen!“, schimpfte sie Potter aus, der wie immer blöd vor sich hin grinste.

Irgendwie hatten es die Rumtreiber oder zumindest ein Teil von ihnen (meistens Black und Potter), es geschafft, jedes Jahr gleich beim großen Fest, Punkte zu verlieren und zwar so viele, dass Gryffindor mindestens eine Woche immer in den Minuspunkten stand. Doch sie störten sich daran überhaupt nicht, sondern erklärten es letztes Jahr, irgendwann in den Schreipausen von Professor McGonagall, sogar als eine Rumtreibertradition, die sie wahren müssten.

„Gerade von Ihnen und Mr. Lupin hätte ich etwas mehr dieses Jahr erwartet!“, sagte Professor McGonagall bissig, mit einem schwer enttäuschten Blick auf Lupin und Potter, woraufhin Erstgenannter etwas kleiner wurde.

Potter aber schaute genauso irritiert, wie Lily sich selbst fühlte, denn warum sollte man von Potter plötzlich mehr erwarten?

Lupin war natürlich klar, er war Vertrauensschüler dieses Jahr geworden, wie Lily ärgerlich dachte.

Aber Potter?!

Er steigerte sich doch höchstens in seinen aneinander Reihungen von Blödsinn.

„Warum denn von mir?“

„Stellen Sie sich nicht dumm, Mr. Potter! Oder haben Sie Ihren Brief nicht genau gelesen?“, fragte Professor McGonagall barsch nach.

„Ähm …“, zum ersten Mal an diesem Abend wurde Potter doch tatsächlich etwas rot.

„Das hätte ich mir ja denken können!“, schimpfte sie und warf ihre Hände entnervt in die Luft.

„Ich habe Sie zum Mannschaftskapitän gemacht und will für Sie nur hoffen, dass Sie nicht bereits weiteren Schabernack geplant haben, denn sonst könnte es sein, dass ich es mir noch mal überlege und Ihren Besen stattdessen als Feuerholz benutze!“

Mit einem letzten finsteren Blick auf die vier Rumtreiber, von denen nun einer wiederum grinste, als hätte er eine Überdosis Felix Felicis eingenommen, stapfte sie wieder davon zum Lehrertisch, wo sie schon von einem schmunzelnd drein blickenden Dumbledore erwartet wurde.

Lily hörte, wie Black anscheinend seine Sprache als Erster wieder fand.

„The same procedure as every year, James!”, feixte Black.

Beide brachen daraufhin in lautes Gelächter aus, dem sich Pettigrew zaghaft anschloss, immer mit vorsichtigem Blick auf den Lehrertisch und das Lupin nur mit einem “Ihr bringt mich noch ins Grab!” quittierte.

Lily jedoch schüttelte, wie jedes Jahr, in diesem Moment nur den Kopf und murmelte:

„Kindsköpfe!“
 

Mannschaftskapitän. Mit einem seligen Lächeln im Gesicht, ließ sich James in einen der kuscheligen roten Gryffindorsessel nahe am Kamin fallen. Wogen des Glücks durchpflügten seinen ganzen Körper.

Ehrlich gesagt, James hatte damit gerechnet, nachdem der vorherige Kapitän, Sturgis Podmore, letztes Jahr seinen Abschluss gemacht hatte. Aber letztendlich war es doch überraschend gekommen. Man wird schließlich nicht alle Tage angeschrieen und gleichzeitig zum Quidditchkapitän seines Hauses ernannt. Sein Gehirn lief auf Hochtouren, gedanklich arbeitete James schon die ersten Trainingseinheiten aus und überlegte sich neue Spielzüge mit denen sie dieses Jahr endlich, den heiß ersehnten Quidditchpokal für Gryffindor holen würden.

Ein Plumpsen vom Sessel gegenüber ließ James aus seiner kleinen Quidditchwelt wieder zurückkehren. Sirius hatte soeben einen von den neuen zwergenhaften Erstklässler von seinem Platz befördert und sich selbst auf eben jenem fallen gelassen. Ein Grinsen, das dem von James starke Konkurrenz machte, breitete sich auf seinem Gesicht aus.

„Na, James, welche neuen Taktiken werden wir dieses Jahr denn üben?“, Sirius brauchte nicht zu fragen, er wusste auch so immer, worüber James nachdachte.

„Du glaubst also, dass du es wieder in die Mannschaft schaffst?“, antwortete James mit einer Gegenfrage, wobei er sein Grinsen nicht verbergen konnte.

„Gibt es denn einen besseren Treiber als mich?“, konterte Sirius wiederum.

„Nun, wenn James selbst der Klatscher wäre, dann gäbe es wahrscheinlich keine bessere Treiberin als Lily Evans.“, antwortete Remus, der zusammen mit Peter auf dem Sofa saß und ausnahmsweise mal von seinem Buch aufsah.

Sirius schnaubte und stimmte Remus lachend zu, während von Peter ein schrilles Lachen kam, er war wohl gerade im Stimmbruch.

James überging Remus Aussage einfach, Kommentare dieser Art war er von seinen Freunden schon gewohnt. Aber er war sich absolut sicher, dass Lily Evans tief in ihrem Herzen in ihn verliebt war und das einfach nur noch nicht zugeben wollte.

„Apropos, Evans.“, James Augen bekamen ein bestimmtes Funkeln, als er ein gewisses rothaariges Mädchen, einer angriffslustige Raubkatze gleich, auf sie alle zustürmen sah.

Sirius stöhnte auf, aber James fuhr sich automatisch durch sein Haar und legte sein, wie er glaubte, schönstes Lächeln auf.

„Evans, du Traum meiner schlaflosen Nächte! Bist du gekommen, weil du jetzt doch unbedingt ein Date mit mir willst? Ich muss sagen, ich hab zwar schon viele Angebote heute bekommen, aber …“

„Halt die Klappe, Potter!“, unterbrach die Rothaarige James wütend und funkelte ihn mit ihren grünen Augen gefährlich an.

O wie er dieses Grün liebte!

„Ich komme wegen deinem bescheuerten Freund!“, sie deutete auf Sirius, der sie eher gelangweilt anblickte, während James sich ehrlich zugestehen musste, dass er ein bisschen enttäuscht war.

„Was willst du, Evans?“, fragte Sirius sie in einem beiläufigen Ton.

„Black, warum hast du den kleinen Jungen vom Sessel geschubst? Das war mehr als unfair von dir gewesen! Du hattest kein Recht das zu tun!“, schimpfte sie drauf los.

„Wegen dieser kleinen Sache regst du dich so auf?“

Sirius fing an zu lachen.

„Ich hab ihm doch nur klar gemacht, wem diese Sessel gehören.“

„Verdammt, Black jetzt reicht’s mir! Fünf Punkte Abzug von Gryffindor und von dir, Lupin, hätte ich erwartet, dass du ein bisschen mehr Verantwortung zeigst.“, sagte sie enttäuscht zu Remus, der sich versuchte hinter seinem Buch zu verstecken, dann schritt sie von dannen.
 

„Kann ja nicht jeder so ein Spießer sein wie du, Evans!“, rief Sirius ihr noch schlecht gelaunt hinterher.

Was fiel dieser Zicke ein ihm einfach fünf Punkte abzuziehen! Das passierte Sirius sonst nur, wenn ihnen ein Streich gelungen war.

„Nenn Evans, nicht Spießer!“, beschwerte sich James nun lautstark.

Auch das noch!

„Wenn sie aber nichts anderes ist …“, Sirius Laune war nun endgültig am Tiefpunkt angekommen, wenn es um Evans ging war mit James einfach nicht mehr zu reden.

Er erhob sich, da er seinen besten Freund nicht noch anschreien wollte, was er unter Garantie im weiteren Verlauf dieses Gesprächs tun würde und stapfte zum Porträtloch.

„Wo gehst du jetzt noch hin?“, erkundigte sich Remus überrascht.

„Raus.“, war seine knappe Antwort.

Eine Runde um den See oder ein Zusammentreffen mit Schniefelus würde ihm jetzt gut tun.

Er war so in seiner schlechten Laune über Evans versunken, dass er nicht mitbekam wie das Porträt von der anderen Seite geöffnet wurde.

RUMMS!

Sirius wurde unsanft auf den kalten Steinfußboden zurückgeschleudert, er spürte jetzt schon Stellen auf denen sich wohl bald Kolonien von blauen Flecken tummeln würde und merkte wie sein Umhang nunmehr halb an ihm hing und auch die anderen Kleidungsstücke sich nicht mehr an ihrem ordnungsgemäßen Platz befanden.

„Pass gefälligst auf, du Idiot oder läufst du nur mit geschlossenen Augen durch die Gegend?!“, keifte ihn da eine Stimme an.

Gerade wollte er schon eine Entschuldigung brummeln, aber als er diese Stimme gehört hatte, hatte er es sich sofort anders überlegt.

„Pass doch selber auf, Roberts! Denn dasselbe könnte ich auch dich fragen!“, gab er bissig zurück.

Das Mädchen mit den straßenköterblonden Locken zog arrogant eine Augenbraue in die Höhe und betrachtete ihn, aus ihren dunkelblauen Augen, mit einer eisigen Kälte:

„Was rede ich überhaupt mit so einem Idioten wie dir, Black?! Du verschwendest meine Zeit, also geh mir jetzt gefälligst aus dem Weg!“, sie schob sich an ihm vorbei und würdigte ihn keines weiteren Blickes mehr.

„Keine Sorge, mir ist es auch kein Vergnügen mit dir zu sprechen!“, schickte er ihr noch hinterher.

„Na, toll! Jetzt ist mein Tag wirklich im Kessel!“, dachte Sirius, über seine unsanfte Begegnung mit seiner zweitliebsten Hassfeindin, direkt nach Evans, Melody Roberts.

„Sag mal, wird das heute noch was oder muss ich ewig hier so zur Seite hängen?!“, meckerte ihn jetzt auch noch die fette Dame an.

„Ist ja gut!“, fauchte Sirius.

Beim Rausgehen fiel ihm etwas Silbernes auf, das vor dem Porträt auf dem Steinfußboden lag. Gedankenverloren hob Sirius es auf, stellte kurz fest, dass es eine Kette war und verstaute es tief in seiner Umhangtasche.

Seine Schritte hallten durch die einsamen Gänge des Schlosses, während seine momentanen Gedanken schon längst wieder das kleine silberne Ding in seiner Tasche aus seinem Kopf vertrieben hatten.
 


 

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Kommis???*ganzliebguck*

Flower-Power

Huhuuuuu^^

Es geht weiter - heute seht ihr auch mal ein bisschen mehr von Mel. Ich hoffe sie gefällt euch. *g*

Kritik, Lob und sonstige Anmerkung aller Art sind nicht nur erlaubt, sondern sogar sehr erwünscht! =)
 

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Kapitel 2 – Flower-Power
 

„Wie das Licht durch sehr kleine Löcher dringt, so geben kleine Dinge den Charakter eines Menschen zu erkennen.“

Samuel Smiles (1812-1904), engl. Autor und Reformer
 

Am nächsten Morgen riss ein rothaariges Geschöpf urplötzlich die Augen auf und schaute sich, mit schreckensgeweiteten Blick, panisch um.

Lilys Herz klopfte heftig und ihre Atmung ging stoßweise, bis sie bemerkte, dass sie sich ja in ihrem sicheren Bett im Schlafsaal befand. Nach dieser beruhigenden Erkenntnis ließ die Panik langsam wieder von ihr ab.

Es war nur ein Alptraum gewesen … wahrscheinlich allerdings der Schlimmste, den Lily in ihrem ganzen Leben gehabt hatte, denn es gab einfach keine Möglichkeit, diese Horrorvorstellung jemals zu Toppen!

Lily legte den Kopf wieder zurück auf ihr weiches Kissen und betrachtete die rote Decke ihres Himmelbetts. Ein paar Minuten lag sie so da und versuchte sich an die Einzelheiten ihres Traums zu erinnern.

Potter war darin vorgekommen, natürlich, keiner von Lilys Alpträumen war möglich, ohne ihn. Er verfolgte sie sogar bis in ihr Unterbewusstsein. Diesmal war jedoch auch sein Kumpel, Black, dort gewesen … er hatte den Ministeriumsanwalt gespielt.
 

Lily wurde von Wachzauberern in einen großen steinernen Raum geführt, auf hohen dunklen Eichenholzbänken saßen die Vertreter des Zaubereiministeriums. Am ganzen Leib zitternd, trat Lily vor und nahm, auf dem einsamen Stuhl in der Mitte, Platz.

„Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Vorsitzender, hiermit beginnt die Verhandlung, die Allgemeinheit gegen Liliana Rose Evans“, sprach der Zaubereranwalt, Sirius Black, der mit gehässigem Blick auf die bibbernde Lily hinab sah.

„Miss Evans, Sie haben ganz Hogwarts unter Ihre Kontrolle gebracht und jeden Einzelnen dazu versklavt, Ihnen zu dienen und aufs Wort zu gehorchen. Bei Missachtung Ihres Befehls wurden die Schüler mit massivem Punkteabzug bestraft und mussten tagelange Strafarbeiten verrichten. Mit dieser Terrorherrschaft, als selbsternannte Vertrauensdiktatorin, haben Sie eindeutig Ihre Machtbefugnisse missbraucht, die Ihnen, durch die Übergabe des Vertrauensschüleramtes, in die Hände gefallen waren. Haben Sie noch irgendetwas zu sagen, bevor der ehrenwerte Vorsitzende, sein gerechtes Urteil über Sie fällen wird?“

„Bitte!“, flehte Lily.

„Ich wollte das doch gar nicht, ich wollte mein Amt nicht missbrauchen! Bitte schicken Sie mich nicht nach Askaban, alles nur das nicht!“

Lily war vollkommen verzweifelt und hatte eine schreckliche Angst, davor auf der berüchtigten Gefängnisinsel „lebendig begraben“ zu werden. Nur noch größer war die Angst ihre Familie und Freunde nie wieder zu sehen oder womöglich in ihre enttäuschten Gesichter blicken zu müssen.

Sie hatte doch nur gewollt, dass sich alle an die Regeln halten!

„Herr Vorsitzender, Sie haben die Angeklagte gehört. Fällen Sie nun Ihr Urteil über diese gemeingefährliche Verbrecherin!“, Sirius Black verließ, unter Beifall und begeisterten Mädchenschreien aus dem Publikum, seinen Platz.

Für ihn, watschelte nun Pettigrew daher, er trug den Zaubereiminister auf Blacks Platz, den sprechenden Hut.

„Das Urteil ist gefällt von mir,

die höchste Straße wollt ich geben dir.

Doch du hast erweichet mein Herz,

drum werd ich ersparen dir den schrecklichsten Schmerz.

Eine Alternative hab ich längst kreiert,

ein moralisch’ Vorbild wirst haben, bis du bist krepiert.

Also sollst von nun an du, auf ewig gebunden sein,

an den, der so gern möcht’ werden dein.“

„WAS?!“, Lily war wie erstarrt vor Schreck, doch da ging schon die Tür auf und wer kam hereinspaziert?

Potter!

„Na, Evans! Jetzt musst du wohl doch mal mit mir ausgehen.“, er grinste sie wieder mit seiner üblichen Grimasse an und kam Lily näher. Eindeutig zu nah!

Lily schrie und lief weg, hinaus aus dem Raum mit den vielen Augen, die sich alle, mit einem hämischen Blick, auf sie gerichtet hatten, hinein in einen dunklen Tunnel, aber sie spürte, dass Potter dicht hinter ihr war. Sein Gesicht war überall!

Auf einmal stand da Petunia, ihre ältere Schwester und Lily flehte sie um Hilfe an.

„Verschwinde, du Missgeburt! Mit Freaks will ich nichts zu tun haben!“, sie stieß Lily von sich und der Klang ihres Lachens war grausam und schrill in Lilys Ohren.

Dann fing Petunia an, sich vor Lilys Augen, aufzulösen, aber ihr Gelächter war noch immer zu hören, während Lily weiter rannte. Schließlich jedoch kam Potter näher und näher, sie konnte seinen Atem schon auf ihrer Haut spüren. Lilys Nackenhärchen stellten sich auf, sie wollte fort, doch sie konnte nicht, das Lachen im Hintergrund war inzwischen glockenhell geworden und Potter streckte seine Hand nach ihrem Arm aus …
 

Lily erschauderte bei dem Gedanken an Potters ausgestreckten Arm.

Merlin sei dank, war sie in genau in diesem Moment aufgewacht! Sie betete inständig darum, niemals wieder so einen schlimmen Alptraum zu bekommen oder dann zumindest einen ohne Potter!

„GUTEN MORGEN ALLE MITEINANDER!“, Lily zuckte zusammen, als sie so plötzlich wieder aus ihren Gedanken geholt wurde.

„ZEIT ZUM AUFSTEHEN! ES IST WIEDER MAL EIN WUNDERSCHÖNER TAG!“

Lily schloss die Augen und lächelte. Diesen allmorgendlichen Weckruf hatte sie in den Ferien wirklich vermisst, vor allem, wenn man stattdessen mit Petunias Türgepolter Vorlieb nehmen musste.

Mitten im Schlafsaal stand eine kleine zierliche Gestalt im quietschgelben Nachthemd und strahlte nun, aus seinen schokobraunen Augen heraus, jedem zerzausten Gesicht zu das sich da von seinem gemütlichen Kopfkissen erhob.

Isabella Esmeralda Aurelia Maria Cruz machte sich, wie an jedem anderen Tag des Jahres, wohl auch an diesem ersten Schultag, keine Gedanken darüber, dass nicht jede ihrer Zimmergenossinnen, vielleicht eine solch extreme Frühaufsteherin wie sie selbst sein könnte.

Nein, warum auch?

Es war die Angewohnheit der quirligen Spanierin, jeden neuen Morgen mit einem Jubelschrei zu begrüßen und das, seit Lily denken konnte. Sie selbst sah dieses Ritual ganz und gar nicht schlimm, denn sie gehörte selber zu den Frühaufstehern, allerdings würde sie nie, wie Belli, durch den ganzen Schlafsaal trompeten, dass sie wach war. Jedoch fand Lily diese Angewohnheit Bellis auch sehr praktisch, denn die fröhliche Spanierin zog sie eindeutig jedem gewöhnlichem Wecker, mit seinem nervtötendem Geklingel, vor und verschlafen konnten man auch nicht, da sich dieser „Wecker“ ja von allein stellte.

Lily beobachtete die anderen Mädchen, die alle erst zur Hälfte wach zu sein schienen. Caite, im Bett gegenüber, rieb sich den Schlaf noch aus den Augen, während Megan McCaufield und Holly Jones beide sehr irritiert in der Gegend rumguckten, als wüssten sie nicht, wo sie sich genau befänden und was so gerade eben passiert war, am lautesten machte sich allerdings die wasserstoffblonde Grace Hopkins bemerkbar, die sich fluchend von ihrem Bett erhob. Nach Lilys Meinung gab es in ganz Hogwarts keinen schlimmeren Morgenmuffel als dieses Mädchen, die sich jeden Morgen so aufführte als hätte sie soeben ihre Tage bekommen.

Es dauerte nicht lange, da hörte man einen entsetzten Aufschrei, von eben jenem Bett, der Lily prompt die Augen verdrehen ließ:

„VEDAMMT NOCH MAL, CRUZ!“

Einem verletzten Nilpferd gleich, stampfte Grace nun auf das Schlaf störende Geschöpf in Gelb zu und hielt ihr eine hochmodische pinke Armbanduhr, mit lauter kleinen kitschigen, silbrig schimmernden, Anhängern, unter die Nase.

„Siehst du das, Cruz? Fünf nach sechs! Weißt du wie viel Zeit ich jetzt von meinem Schönheitsschlaf wieder, wegen dir allein, verloren habe?!“, schnauzte Grace Belli an.

„Aber weißt du auch, wie viel Zeit du, ohne mich, von diesem wunderschönen Tag, verpasst hättest?“, grinste Belli zurück.

Lily wusste, dass Belli es geschafft hatte und die empfindliche Grenze, von Grace Hopkins Geduld am Morgen, zum wiederholten Male überschritten hatte.

Belli gehörte zu Lilys und Caites Leidwesen eben zu der Kategorie Mensch, die immer erst redete, bevor sie überhaupt das Gehirn zum Nachdenken einschaltete. Allerdings war Lily überzeugt, dass Belli in dieser alltäglichen Situation stets wusste, was sie tat (dafür war sie einfach schon zu oft aufgetreten), aber hier einfach wieder ihre vorlaute und freche Seite zum Vorschein kam.

Aber schließlich kamen am Ende beide Eigenschaften auf ein und denselben Nenner hinaus:

Belli war sich nicht im Klaren darüber, dass man manchmal einfach besser die Klappe halten sollte.

Also eilten Caite und Lily, wie üblich, zur Rettung, schnell an ihre Seite und zogen sie ein gutes Stück von Graces ausgestreckten Armen zurück, die nun ihrerseits von ihren Freundinnen zurückgedrängt wurde. Schließlich schafften es Megan und Holly, dass Grace sich wieder soweit entspannte, dass sie keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit, insbesondere die fröhliche Frühaufsteherin, darstellte und mit einem letzten tödlichen Blick verschwanden die drei im Bad, das nun, die ganze nächste Stunde oder sogar noch länger, belegt sein würde.

Seufzend ließ sich Lily auf ihr Bett fallen, wieder mal ein ganz normaler Morgen in Hogwarts!

„Ich weiß gar nicht, was die immer hat.“, meinte Belli belustigt und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.

„So früh kann es schließlich gar nicht sein, denn, Roberts, die Schlafmütze, ist doch auch schon wach!“

Abrupt richtete Lily sich auf und starrte das Bett an, das direkt neben ihrem, links vom Fenster, stand. Es war leer.
 

„So ein Mist!“, fluchte sie bei der fünften Durchsuchung der Sofaritzen.

Wieder und wieder durchkämmte Mel den Gemeinschaftsraum, schaute in jede Ecke und hob alle Kissen hoch, ja sogar die Bücher, die sie gestern noch gelesen hatte, schüttelte Mel aus … aber nichts!

Vielleicht draußen?

Sie musste jetzt eh weg, bevor die anderen kamen und eventuell nervige Fragen stellen würden. Angestrengt dachte Mel darüber nach, wo sie sich gestern noch aufgehalten hatte. Aber ihr fielen nur die große Halle, die Bibliothek und die Eulerei ein, die üblichen Orte eben, die sie zu besuchen pflegte.

Geschwind flüchtete sie also aus dem gemütlichen roten Kaminzimmer und kletterte durch das Porträtloch. Kurz blieb Mel stehen.

Irgendwas hatte sie doch vergessen!

Vielleicht hätte sie gestern Abend doch nicht mehr so viel lernen sollen, das Merken dieser komplizierten Formeln und Zaubersprüche, hatte alles andere aus Mels Gedächtnis verdrängt.

Sie schüttelte ihren Kopf, was dachte sie da für einen Unsinn! Es gab schließlich nichts Wichtigeres!

Wütend auf sich selbst, machte Mel sich auf den Weg in die Eulerei. Sador wollte sie sowieso noch einen Besuch abstatten.
 

Sirius bekam große Augen. Mit einem Male war jeder noch so böser Gedanke über das frühe Aufstehen aus seinem Kopf vertrieben. Wie ein ausgehungerter Löwe sich auf seine Beute stürzte, so langte Sirius nun beherzt nach Pfannkuchen, Toast mit Bohnen, Speck, Eiern und Würstchen. Seine vier Teller vor ihm, füllten sich schnell mit einer, nach seinen Maßstäben, angemessenen Menge und überglücklich, endlich mal wieder ein so reichhaltiges Frühstück genießen zu können, stach er mit seiner Gabel zu und wagte sich in dem schwierigen Unterfangen, gleich fünf Pfannkuchen auf einmal in seinen Mund zu stecken.

Sein Gegenüber warf ihm, über die Zeitung hinweg, einen warnenden Blick zu, während die anderen beiden Gestalten daneben, ihn erwartungsvoll ansahen.

„Sirius lass das lieber sein! Denk dran, was das letzte Mal passiert ist, als du versucht hast, dir dieses dreistöckige Sandwich in den Mund zu stopfen!“, wurde Sirius, an ein gewisses Ereignis, eines bestimmten vorherigen Essens, erinnert.

„Ach, Remus!“, schmollte nun sein bester Freund etwas rum.

„Jetzt sei doch nicht wieder so ein Spielverderber! Bermans Gesicht damals war doch einfach nur zum Brüllen!“, meinte James grinsend.

„Genau!“, stimmte Peter ihm zu.

„Ja, das war es schon …“, antwortete Remus und versuchte nur allzu eindeutig ein Auflachen zu unterdrücken, was damit endete, dass er eine komisch verzerrte Grimasse zog.

„… aber ihr vergesst wohl dabei, dass Sirius an diesem Tag fast abgekratzt wäre!“, rief ihnen, ein wieder ernsthafter, Remus den Vorfall aus dem letzten Schuljahr ins Gedächtnis zurück.
 

Sirius blickte stolz sein Mittagessen an, ein dreistöckiges Sandwich, das er soeben erst fertig gebaut hatte.

„Sirius, das schaffst du nicht!“, ärgerte sein bester Freund ihn.

Sirius schaute in das grinsende Gesicht seines Gegenübers und kniff die Augen zusammen, wie immer, wenn er eine Herausforderung roch.

„Was schaff ich, deiner Meinung nach, nicht?“, erkundigte sich Sirius.

„Na, dein Kunstwerk zu verspeisen. Du gibst doch bestimmt bei der Hälfte auf!“, reizte James ihn.

„Ach ja! Ich wette, dass ich es sogar in einem Bissen runterkriege!“, wehrte sich Sirius gegen James Behauptungen.

„Das glaub ich nicht.“, meinte James mit süffisantem Grinsen.

„Natürlich krieg ich das hin!“, erwiderte Sirius erbost.

„Beweis es doch!“, forderte sein bester Freund ihn auf.

Das ließ er nicht auf sich sitzen. Sirius ignorierte das Kopfschütteln von Remus und auch den ungläubigen Blick von Peter, griff nach seinem kreativen Meisterwerk, drückte es noch ein wenig zurecht und ließ es dann in seiner weit geöffneten Luke, mit ein bisschen Nachhilfe von roher Gewalt, verschwinden.

Zu erst hatte Sirius, beim Anblick der erstaunten Visagen seiner Freunde, noch ein triumphierendes Grinsen im Gesicht (so weit das denn überhaupt möglich war), doch bereits wenige Sekunden später wurde ihm klar, dass er den Mund wohl doch, im wahrsten Sinne des Wortes, etwas zu voll genommen hatte.

Seine Schluckversuche endeten damit, dass er anfing zu röcheln und zu husten, inzwischen hatten einige Sandwichteile anscheinend die falsche Abzweigung in seiner Kehle benutzt.

James, der sich zuerst noch laut über Sirius kleines Problem amüsiert hatte, klang nun leicht panisch:

„Scheiße, Sirius! Hör auf mit dem Mist!“

Doch Sirius konnte ihm nicht mehr antworten, denn genau in diesem Moment kippte er von der Bank und lag nun nach Atem ringend auf dem Boden.

Scheinbar wurden jetzt auch andere auf ihn aufmerksam, denn es bildete sich ein Kreis um ihn, doch sein Blick wurde immer verschwommener und er konnte ihre Gesichter nicht mehr erkennen. Deutlich vernahm Sirius den Klang von James Stimme, sein bester Freund fluchte, wo denn die Lehrer in solchen Situationen seien, zum Bestrafen wären sie immer da, zum Helfen anscheinend nie. Er konnte ein paar Mädchen weinen und schluchzen hören und wenn ihn nicht gerade etwas Wichtigeres beschäftigt hätte, dann hätte Sirius bestimmt darüber die Augen verdreht. Allerdings erschien ihm, im Moment, sein Überlebenskampf gegen ein Haufen Salatblätter und drei hartnäckige Käsescheiben, doch bedeutender.

Auf einmal spürte er, wie er wieder auf die Beine gezogen wurde und ein heftiger Schlag auf den Rücken ließ ihn kräftig husten, jedoch nicht kräftig genug, um sein Kunstwerk aus seinem Mund zu bekommen. Dieses Verfahren wurde drei oder vier Mal wiederholt, mit dem Ergebnis, dass Sirius immer noch mit dem Tod rang und höchstens nun auch ein paar blaue Flecken auf seinem Rücken vorweisen konnte.

Dann ließen Sirius Stützer ihn auf einmal los und er glaubte schon wieder zu Boden fallen zu müssen, als er plötzlich das Gefühl hatte, ein Klatscher würde ihn mit voller Wucht mitten in den Rücken treffen. Nun meinte er zwar spüren zu können, dass seine Wirbelsäule angeknackst war, aber der Schlag tat seine Wirkung. Sirius „Mittagessen“ oder was davon noch übrig war, kam endlich wieder zum Vorschein. Das matschige Etwas verließ pfeilschnell seinen Mund und flog quer durch die gesamte Halle, bis es auf einen Widerstand am Hufflepufftisch traf, John Berman.
 

Seit diesem Tag war John Berman nicht mehr besonders gut auf die vier Jungs zu sprechen, aber wer wäre das noch, wenn er auf einmal ein halbdurchgekautes Sandwich im Gesicht kleben hätte und sich die Verantwortlichen, mindestens eine halbe Stunde, vor lauter Lachen, über deinen Anblick, nicht mehr beruhigen könnten?

Von Professor McGonagall bekamen sie dafür, nachher noch einen Anschiss, obwohl sie ihnen „wegen Blödheit“, wie sie selbst meinte, keine Punkte abziehen könne, dazu zählte auch ihre Frage, warum sie nicht auf die schlaue Idee gekommen wären, mal ihren Zauberstab zu benutzen.

„Außerdem lag Sirius den Rest des Tages mit überdehntem Kiefer und geprellter Wirbelsäure im Krankenflügel und konnte sich danach auch eine Woche lang nur flüssig ernähren, weil er den Mund nicht mehr aufgekriegt hat!“, versuchte sein Freund ihn nochmals, mit Vernunftargumenten, abzuhalten.

Doch Sirius ließ sich auch diesmal nicht von Remus Bedenken aufhalten. Gabel, samt aufgespießten Pfannkuchen, verschwand in seinem großen Gierschlund. James und Peter betrachteten, mit neugierigen Augen, jede von seinen Bewegungen und Reaktionen, während Remus, kopfschüttelnd und scheinbar desinteressiert sich dem Tagespropheten zugewandt hatte.

Spätestens jedoch, als Sirius sich an seinen Hals griff, musste er zugeben, dass sein Freund schon wieder Recht behalten hatte. Ein Stück Pfannkuchen hatte sich wohl vor seine Luftröhre geschoben und röchelnd kämpfte Sirius, zum zweiten Mal, mit dem Erstickungstod. Seine Freunde, darunter auch der fluchende Remus, wollten ihm schon zur Hilfe eilen, als er einen harten Schlag auf den Rücken bekam und das mörderische Pfannkuchenstück, hustend wieder vor ihm, auf seinem Teller, landete. Endlich befreit, schnappte Sirius nach Luft.

Er wusste nicht, wer ihn da gerettet hatte, aber wer auch immer es sein mochte, Sirius war dankbar, dass er wieder spüren durfte, wie sich seine Lungenflügel mit Atemluft füllten.

„An deiner Stelle, Black, würde ich den Mund nicht immer so voll nehmen! Dieser Rat gilt übrigens für alle Lebenslagen, aber es wäre schon ein großer Fortschritt, wenn du ihn wenigstens beim Essen mal beherzigen würdest.“, in diesem Moment verdrehte Sirius die Augen und war überzeugt, es wäre doch besser gewesen, an einem Stück Pfannkuchen zu verrecken, als sich von diesem Jemand hinter seinem Rücken retten zu lassen.

Stöhnend drehte Sirius sich um.

„Ich hab dich nicht darum gebeten mir zu helfen, Roberts!“, sagte Sirius entnervt.

„Und schon gar nicht, dass du mir auch noch eine deiner ach so klugen und freundlichen Lebensweisheiten mitteilst.“, giftete er seine blonde Helferin an.

„Oh, kein Problem, Black! Ich verspreche, dass ich bestimmt nie wieder dein Leben retten werde, aber tu mir nur wenigstens einen Gefallen:

Röchle beim nächsten Mal, wenn du abkratzt, nicht so laut, das nervt nämlich, weißt du?!“, zischte sie ihm zu, bevor sie, mit wehendem Umhang und erhobenen Hauptes, aus der großen Halle verschwand.

„Man, das war mal wieder ein Auftritt!“, meinte James zu seinem besten Freund.

„Jetzt sag noch mal einer, Evans wäre schlimm.“

Sirius antwortete nichts, sondern widmete sich lieber wieder seinem Frühstück zu und es vergingen keine drei Minuten bis Sirius wieder glücklich mampfend dasaß und den ganzen Ärger von gerade, vergessen hatte.
 

Als Lily, Belli und Caite die große Halle zum Frühstück betraten, stürmte an ihnen ein blondes Etwas vorbei. Aus den Augenwinkeln heraus blickte Lily sie an, doch Mel schaute stur geradeaus und lief an ihnen vorbei, als wenn sie gar nicht existent wären.

Erst als Belli und Caite sie an den Armen weiter zogen, bemerkte Lily, dass sie stehen geblieben war. Über sich selbst ärgernd, setzte Lily eilig ihre Beine wieder in Bewegung und nahm, möglichst weit von den Rumtreibern entfernt, Platz. Der kurze Anblick von James Potter, der natürlich in ihre Richtung grinsen musste, jagte ihr, in Erinnerung an ihren Traum, bereits wieder einen unangenehmen Schauer über den Rücken.

Schnell butterte sie sich ein Toast und hörte, etwas gedankenverloren, Bellis üblichem Morgengeplapper zu:

„… und meine Nana war wieder böse auf Tío Alfonso, weil er den Briefkasten unserer Muggelnachbarn verhext hatte … spanisches Zaubereiministerium sagt, dass das Ding Señor Zapatero fast den Arm abgebissen hätte … habt ihr schon Emily Abbens neuen Umhang gesehen … hab mich halb todgelacht … Berta Jorkins hat erzählt …“

Erst als ihr braun-weiß gescheckter Steinkauz, Artus, schon auf ihrem Kopf landete, um auf sich aufmerksam zu machen, schreckte Lily wieder aus ihren Gedanken hoch. Sie nahm ihm den Brief von ihren Eltern ab und belohnte das erschöpfte Eulenmännchen noch mit einem Stück von ihrem Toast, bevor es sich auf den Weg zurück zur Eulerei machte.

Es waren die üblichen besorgten Fragen, die ihre Eltern an Lily schrieben:

Ob sie gut angekommen sei, alles dabei habe, gut esse und wie es ihr und ihren Freundinnen ginge.

Auch Belli und Caite hatten Post von Zuhause bekommen und während Belli mit ihrem bissigen Papagei, Chico, einem Ara, noch um ihren Brief kämpfte, streichelte Caite, beim Lesen, sanft das Gefieder ihrer weißen Schneeeule, Frieda.

Lily beschloss sich heute Mittag schleunigst um eine Antwort zu kümmern, denn sie kannte ihre Eltern gut genug und wusste, dass wenn sie nicht alsbald einen Brief bekämen, sie vielleicht sogar versuchen würden Dumbledore zu kontaktieren, nur aus Sorge, dass ihrem Lily-Schatz etwas zugestoßen sein könnte.

Kurz darauf landete eine weitere braune Eule vor Lily und sie nahm auch dieser ihre Last ab, bevor sie sie mit drei kleinen bronzenen Münzen bezahlte und der Vogel sich wieder in die Lüfte erhob.

Sofort verschanzte Lily sich auch schon, wie jeden Morgen, hinter dem Tagespropheten. Alles und war der Artikel noch so klein, wurde von ihr genauestens studiert, zum Glück war Lily eine schnelle Leserin, so hatte sie es bisher fast jedes Mal geschafft, ihre Zeitung auszulesen.
 

„… Gringotts erhöht den Zinssatz … Greg Stewart, Besitzer des Hogsmead Pubs „Drei Besen“, verstorben. Seine Tochter Rosmerta hat angekündigt die Leitung zu übernehmen … Celestina Warbeck muss fünf ihrer Auftritte absagen … schwerer Fall von Drachenpocken … die Leiterin des St. Mungo-Hospitals, Mary Wright, sagt, dass Miss Warbeck genauso behandelt werden würde wie alle anderen Patienten … Mysteriöser Mord am Minister für Zauberkatastrophen immer noch nicht aufgeklärt … heiße Spur fehlt … Muggelzeugen berichten von seltsam kostümierten Gestalten … neuer Minister wird der ehemalige Stellvertreter, Joseph McKinnon … neuer Stellvertreter, Cornelius Fudge … Zaubereiminister Nobby Leach kündigt in seiner Rede, vor dem Verbund für alte Zaubererfamilien an, dass …“
 

„Caite! Caite!“, Lily schaute von ihrer Zeitung auf und erblickte ein dunkelhaariges Mädchen, das aufgeregt auf ihre Freundin zulief.

Der Name der Ravenclaw war Sheila Ciara Gallagher und sie war Caites jüngere Schwester.

Ihr Anblick überraschte Lily maßlos, denn dieses Mädchen war fast nicht wieder zu erkennen. Als sie Sheila das letzte Mal gesehen hatte, war sie noch süß, klein und pummelig gewesen und wirklich jeder hatte sie immer für mindestens zwei Jahre jünger eingeschätzt, als sie wirklich gewesen war.

Aber jetzt?

Sheila wirkte nun wie eine Jugendliche, die auch gut bei ihnen hätte Platz nehmen können, sie wäre nicht aufgefallen, höchstens durch ihr außergewöhnliches Äußeres. Genauso wie Caite, schien sich nun nämlich auch bei Sheila die Gallagher-Schönheit bemerkbar zu machen.

Das lange dunkelbraune Haar glänzte durch das einfallende Licht der Septembersonne, ihre elfenbeinfarbene Haut war ebenmäßig und rein, zwischen dunklen Wimpern schauten die schönen rehbraunen Augen hervor und ihre Figur würde wohl jedes Topmodel aus der Muggelwelt vor Neid erblassen lassen. Lily wollte in diesem Moment lieber nicht an sich selbst runterschauen.

„Du, Caite, ich glaub ich hab doch was Zuhause liegen gelassen. Ich finde nämlich mein Zaubertränkebuch nicht und hast du zufällig mein schwarzes Oberteil eingesteckt? Du weißt schon, das Schulterfreie.“, erkundigte sich Sheila ganz aufgelöst bei ihrer Schwester.

„Ja, natürlich. Ich kenn doch meinen kleinen Schussel!“, lachte Caite ausgelassen.

Daraufhin sah Sheila sie mit einem schmollenden Blick an und verschränkte die Arme vor der Brust, sodass sie nun wirkte wie ein kleines süßes Mädchen, dessen Mutter ihr keine Süßigkeiten geben wollte.

„Ach komm schon, Schwesterherz! Ich mein’s doch nicht böse.“, Caite blickte ihre Schwester verzeihend an, die sich auch sogleich überzeugen ließ, ihre beleidigte Haltung aufgab und Caite umarmte.

„Ich gebe es dir nach dem Unterricht, OK?“, fragte Caite.

„Ist gut, dann sehen wir uns also nachher! Muss jetzt los, wir haben gleich Verwandlung bei McGonagall.“, meinte Sheila fröhlich und drehte sich um, doch mitten drin bemerkte Lily, wie sie kurz stoppte.

Sie folgte Sheilas Blick, er ging nach links, den Tisch entlang und blieb an jemandem hängen, Sirius Black. Scheinbar hatte er Sheila schon eine ganze Weile beobachtet. Er schenkte er ihr sein berühmtes Black’sches Lächeln, unter dem noch jede rot angelaufen war und das eins der Lieblingsschwärmthemen auf allen Mädchenklos Hogwarts war. Auch Sheila errötete und lächelte ihm kurz schüchtern zurück, bevor sie sich wieder zu ihren gackernden Freundinnen an den Ravenclawtisch gesellte. Lily musterte Caite, der Sheilas Verhalten ebenfalls aufgefallen zu sein schien, denn sie betrachtete nun ihrerseits Black, der sich schon längst wieder seinen Freunden zugewandt hatte, allerdings mit einem Blick, der es Lily eiskalt den Rücken runter laufen ließ. Einen solchen Ausdruck in Caites Augen hatte Lily bisher noch nie gesehen und sie konnte kaum glauben, dass dieser wirklich ihrer sanften und friedfertigen Freundin gehören sollte, spiegelte er doch das absolute Gegenteil wieder. Nichts als tiefes Misstrauen, blanke Wut … und purer Hass lag darin.

„Caite ist alles in Ordnung?“, auch Belli schien das merkwürdige Verhalten ihrer Freundin aufgefallen zu sein.

„Was?“, Caites Gesicht verlor den bösartigen Ausdruck und sofort war sie wieder die Alte.

„Nein, alles in Ordnung. Wieso?“

„Ach … nichts. Einfach nur so.“, antwortete Lily diesmal.

Sie und Belli sahen sich an, doch Belli zuckte nur kurz mit den Schultern und Lily beschloss es ihr gleichzutun. Vielleicht war es doch irgendwie logisch, für Caite, ihn so anzusehen, denn schließlich verachtete sie Sirius Black, mehr als jeden anderen Jungen in Hogwarts.
 

„Mr. Potter, Mr. Lupin, Mr. Pettigrew und Mr. Black, Ihre neuen Stundenpläne für dieses Jahr.”, Professor McGonagall überreichte jedem von ihnen ein Stück Pergament.

Dann wandte sie sich noch mal an James:

„Mr. Potter überlegen Sie sich bitte, wann Sie die Auswahlspiele für das neue Team dieses Jahr machen wollen, der Termin muss rechzeitig feststehen.“

„Ja, Professor und dieses Jahr werden wir den Pokal auf jeden Fall holen!“, sagte James, von sich selbst, ganz und gar überzeugt.

Dafür schenkte sie ihm eins ihrer seltenen Lächeln, das hieß ihre Lippen waren nicht mehr der gewöhnliche gerade Strich, sondern bogen sich ganz leicht und auch nur für Leute erkennbar, die mit ihrer üblichen Mimik vertraut waren, nach oben.

Dann wurde sie aber schnell wieder ernst:

„Außerdem möchte ich Sie alle daran erinnern, heute Abend um acht, an meiner Bürotür zu sein, da Ihr Nachsitzen beginnt. Ach und Mr. Black“, wandte sich die Professorin, dann mit einem harten Gesichtsausdruck, an seinen besten Freund, „Sie werden heute ein wenig länger bleiben und zwei Wochen lang auch Mittwochs erscheinen. Seien Sie bloß froh, dass Mr. Filch Mr.Snape früh genug gefunden hat, ansonsten wäre es noch mal zwei Wochen länger für Sie geworden. Ihre so genannten Gründe will ich gar nicht hören.“, stoppte sie Sirius, noch bevor der erste Ton seinen Mund hatte verlassen können.

„Nur wegen Ihnen, musste ich Gryffindor wiederum zwanzig Punkte abziehen! Wenn das so weiter geht werden wir, aufgrund Ihrer alleinigen Fehltritte, noch am Ende des Jahres in den Minuspunkten stehen.“, schimpfte sie rum, bevor sie, mit einem letzten zornig funkelndem Blick auf Sirius, weiterging.

„Alter, was hast du denn wieder mit dem armen kleinen Schniefelus gemacht, dass Gonni so ausflippt?“, fragte James grinsend.

„Er ist selbst dran schuld, wenn er mir auch noch auflauert, wenn ich schlechte Laune habe. Der Idiot hat wirklich geglaubt, dass er es mit mir allein aufnehmen könnte, ihm hat wohl unsere kleine Extraeinlage für ihn, im Lied des sprechenden Hutes, nicht gefallen.“, meinte Sirius mit einem gemeinem Grinsen im Gesicht.

„Allerdings hat sein gewaltiger Riechkolben leider um die Ecke geragt und nun ja, da musste ich ihn zum Ruhig stellen, eben in eine Ritterrüstung stecken. Scheinbar hat er es aber geschafft sie zu Fall zu bringen, denn eigentlich hatte ich ihn mit einem Schweigezauber belegt.“, endete Sirius breit grinsend seine Erzählung über sein letztes nächtliches Abenteuer.

Drei Rumtreiber fingen an zu lachen, einer nicht, Remus, auch wenn er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte.

Als James sich wieder beruhigt hatte, beugte er sich über seinen neuen Stundenplan und wie jedes Jahr beschwerten sich Sirius und er lautstark darüber, dass er ja viel zu voll sei.

„Im Fünften stehen nun mal die ZAGs an, also muss er natürlich ein bisschen voller sein.“, meinte Remus achselzuckend.

„Ein bisschen? Das nennst du ein bisschen, Remus?!“, empört sah Sirius ihn an.

„Wo sollen Jamie und ich denn unsere ganzen Dates dieses Jahr unterbringen? Wir haben Verpflichtungen zu erfüllen!“, beschwerte sich Sirius und holte sich ein zustimmendes Nicken bei James ab.

Remus stöhnte auf:

„Meine Güte! Es gibt noch andere Dinge als Mädchen. Vielleicht solltest du lieber mal deine wirklichen Verpflichtungen wahrnehmen!“

„Quidditch?“, fragte James.

„Nein, lernen und Verantwortung tragen. Ihr seit ja schließlich keine zwölf mehr!“

James sah Sirius an und dieser schaute zurück und nickte, der Fall war eindeutig klar.

„Remus, du brauchst dringend ein Mädchen, damit du mal die Vorzüge des weiblichen Geschlechts kennen lernst …“, meinte James.

„... und dich jemand endlich von diesen schrecklichen Büchern wegbekommt.“, ergänzte Sirius noch.

Auf diese Aussage hin wurde Remus Gesicht auf einmal wie versteinert und er sprang auf.

„Ich brauche keine Freundin. Ich bin glücklich so wie es ist.“, sagte er ungewöhnlich kalt, bevor er seine Freunde verließ und sich höchstwahrscheinlich aufmachte zu seinem zweiten Zuhause, der Bibliothek.

James blickte seine beiden Freunde an und diesmal schien selbst Peter seinen Blick deuten zu können.

Es wurde Zeit ihrem Freund endlich zu helfen.
 

Als Lily den Raum betrat, nahm sie sofort in der ersten Reihe ganz links Platz. Rechts neben ihr saßen schon Caite und Belli, wovon Letztere ihren Freundinnen natürlich gerade das neueste Gerücht erzählen musste.

Es war Lilys Angewohnheit möglichst immer in der ersten Reihe zu sitzen (was kein besonders große Problem war, da die meisten anderen diese Plätze mieden, wie die Vampire die Helligkeit), dort wo der Lehrer Lily auch ganz bestimmt nicht übersehen konnte und sie alles mitbekam. Und dann gab es da auch noch diesen zweiten Grund, der sich über die Jahre ergeben hatte, denn vier gewisse Idioten nahmen grundsätzlich immer hinten rechts ihre Sitzplätze ein und je weiter sie von den Rumtreibern entfernt war, desto besser fühlte sich Lily.

Langsam, aber sicher trudelten auch ihre anderen Mitschüler aus Gryffindor und Ravenclaw ein, die mit Lily jetzt zusammen Verteidigung gegen die dunklen Künste hatten. Ihren neuen Lehrer hatten sie bisher noch nicht zu Gesicht gekriegt, denn gestern Abend war er, aus unerfindlichen Gründen, noch nicht angereist gewesen. Allmählich fand Lily es etwas komisch, dass kein Lehrer es schaffte länger als ein Jahr durchzuhalten.

Ihre erste Lehrerin, in diesem Fach, Professor Shivi Shydom, hatte, am Ende des Schuljahres, Hogwarts zwangsweise, wegen einem akuten Nervenzusammenbruch, verlassen. Diese Frau war zwar schon immer kurz davor gewesen, wie Lily dachte, trotzdem war es nicht richtig von Potter und Black gewesen, ihr nachts auf dem Gang aufzulauern und so zu tun als wären sie der Blutige Baron, sodass die arme Frau einen Totalschaden erlitten hatte. Allerdings musste Lily zugeben, dass sie ihr nie eine Träne hinterher geweint hatte, auch wenn sie stets Mitleid für die nervöse und ängstliche Frau gespürt hatte, die sich eindeutig in Fach- und Berufswahl vergriffen hatte.

Lilys zweiter Lehrer war ein ziemlich strenger Kerl und nur rein zufällig, auch der Bruder ihrer Verwandlungslehrerin gewesen. Bei Marcus McGonagall hatte Lily vieles gelernt, denn er war ein erfahrener Auror und kannte sich von daher gut aus in den dunklen Künsten. Lily hatte sich einfach nur gefreut endlich mal richtigen Unterricht in diesem Fach zu erleben, im Gegensatz zu den Stunden bei ihrer vorherigen Lehrerin, wo sie ihr Buch hatten abschreiben dürfen. Leider hatte aber auch dieser Lehrer sie wieder verlassen müssen, denn er war vom Ministerium urplötzlich zurück in die Aurorenabteilung gerufen worden. Lily wusste bis heute nicht, warum.

Im dritten Jahr kam dann ein Mann in die Klasse, bei dem Lily Angst hatte, er könnte jeden Moment zusammenbrechen, so alt und gebrechlich war er schon. So weit Lily wusste, war Professor Adam Sievon ein Schulfreund von Professor Dumbledore gewesen, der es auf seine wirklich alten Tage noch mal hatte wissen wollen. Bestimmt hatte er im Laufe seines Lebens ziemlich viel Wissen angesammelt, doch leider nützte das seinen Schülern wenig. Fast jede Stunde erzählte er ausnahmslos das gleiche, mit der festen Überzeugung es zum ersten Mal zu sagen. „Grandie“, wie er von den Schülern immer heimlich genannt worden war, hatte nämlich sprichwörtlich ein Gedächtnis wie ein Sieb gehabt. Weder hatte er sich seine Unterrichtsthemen merken können, noch wie seine Schüler hießen. Auch er hatte aber gehen müssen, allerdings hatten die Medi-Magier größte Probleme gehabt, ihn aus dem Klassenzimmer zu entfernen, von dem er geglaubt hatte es sei sein Wohnzimmer und er müsse es vor den Eindringlingen verteidigen. Lily hatte vor kurzem gelesen, dass er gestorben sei, nachdem er, seit Ende ihres dritten Schuljahrs, sein Leben nunmehr im St. Mungo gefristet hatte.

Professor Caedes Noctivagus war schon auf dem Stundenplan aufgefallen, da sie VgddK nun nur noch abends gehabt hatten und dass auch noch unten, in den dunklen Kerkern. Dieser Mann war schlichtweg faszinierend, mysteriös und gleichzeitig auch sehr unheimlich gewesen. So lange er in Hogwarts unterrichtet hatte, war eine ungewöhnliche neue Phase eingetreten, in der nicht mehr Potter und Black den Hauptanteil jedes Mädchengesprächs ausgemacht hatten. Selbst Lily hatte sich auf merkwürdige Weise zu ihm hingezogen gefühlt und hatte sich gefreut, wie eine Schneekönigin, als er ihr einmal ein Kompliment zu ihrer schönen Haarfarbe gemacht hatte. Deswegen war sie zuerst auch erschüttert gewesen, dass er, auf Befehl Dumbledores, Hogwarts hatte verlassen müssen, jedoch hatte sie ihre Meinung schnell geändert, als sie die Wahrheit erfahren hatte, nämlich, dass ihr Lehrer ein Vampir gewesen war und versucht hatte, eine Schülerin aus der Siebten zu beißen. Nun saß Lily also wieder mal hier, in diesem Raum, der schon drei Lehrer hatte kommen und gehen sehen und wartete darauf, was für ein Wesen sie dieses Jahr als Lehrer präsentiert bekämen. Eigentlich war es Lily ziemlich egal, solange er ihnen etwas beibringen und die Rumtreiber unter Kontrolle haben würde.

Doch Lily sollte enttäuscht werden und das in jeder Hinsicht.

Denn herein kam erstmal kein Mann, sondern ein komisches buntes Etwas, dass man aufgrund von bestimmten Merkmalen doch noch als Frau identifizieren konnte.

Lily wusste, dass es Leute gab, die unter der Rot-Grün-Blindheit litten, genauso wie natürlich Menschen existierten, die wirklich blind waren, doch was diese Frau für eine Augenkrankheit hatte, wollte Lily lieber nicht wissen. In einem langen türkisen Rock, braunen Ledersandalen (die noch von den alten Römern hätten stammen können) und einem neongelben Umhang, der scheinbar extra mit verschiedenfarbigen Flicken benäht war, sollte da also ihre neue Lehrerin in Verteidigung gegen die dunklen Künste stehen. Lily kam sie jedoch eher wie jemand vor, der nicht mal wusste wie dieses Fach geschrieben wird, geschweige denn Ahnung von den dunklen Künsten hatte.

„Meine lieben Kinder, ich wünsche euch einen wunderschönen guten Tag! Ist es nicht herrliches Wetter draußen?“, fragte das kunterbunte Wesen und strahlte sie alle freudig erregt an.

Lily guckte nur komisch, denn so eine Frage hatte ein Lehrer ihr noch nie gestellt.

Als niemand antwortete fuhr sie unbekümmert fort:

„Professor Flosops ist mein Name, aber nennt mich doch einfach nur Chadna, denn so werde ich von allen meinen Brüdern und Schwestern genannt und schließlich sind wir ja alle eine große Familie!“, endete „Chadna“ ihren kurzen Namensvortrag und nahm auf dem Pult Platz.

Alle sahen sie ausnahmslos mit offenem Mund an und konnten nicht glauben, was sie da gehört hatten.

Ein Lehrer bot ihnen das „Du“ an?

Für Lily war es geradezu eine quälende Vorstellung, waren Lehrer doch Respektspersonen, zu denen sie, ihr ganzes Leben lang, hatte aufgesehen.

Und nun sollte sie einen von ihnen duzen?

Gerade als, die immer noch fröhlich strahlende Lehrerin, erneut zum Sprechen ansetzten wollte, ging die Tür auf und vier außer Atem gekommene Jungs traten herein. Black und Potter warfen der Lehrerin noch einen komisch amüsierten Seitenblick zu, bevor sie auf ihre Plätze spazierten, gefolgt von Pettrigrew, der dem Lehrkörper jedoch ständig einen nervösen Blick zuwarf. Lupin hingegen blieb vorne und entschuldigte sich eifrig für das zu späte Kommen von ihnen allen.

Die Professorin oder Chadna unterbrach ihn sofort:

„Aber mein lieber Junge, warum entschuldigst du dich denn?“, fragte sie irritiert und wiegte den Kopf etwas hin und her, während sie Lupin betrachtete.

„Wenn deine Freunde und du später kommen wolltet, habe ich natürlich nichts dagegen.“, Lupin schaute das braunhaarige Wesen mit einem so verwirrten Blick an, als hätte die Lehrerin soeben sein Weltbild zerstört.

„Ihr könnt auch in Zukunft immer dann kommen, wenn es euch beliebt und wenn ihr keine Lust mehr auf meinen Unterricht habt, dann verschwindet ihr wieder. Es ist eure freie Entscheidung, ich würde euch doch nie dazu zwingen mir zu zuhören. Allerdings bin ich mir sicher, dass wir eine Menge Spaß zusammen haben werden! Im meinem Unterricht sind alle Freunde, niemand ist besser oder schlechter als der andere.“, verkündete sie mit süßlicher Stimme.

Lupin starrte sie absolut perplex an:

„Sie wollen uns also keine Punkte abziehen?“

Sie lächelte weiter ihr klein-Mädchen-Lächeln:

„Chadna, mein Junge. Chadna, nicht „Sie“, es ist übrigens indisch und heißt „Liebe“.“, erzählte sie mit träumerischem Blick.

„Aber natürlich nicht! Ich werde nie jemandem Punkte abziehen, denn dieses System fördert nur den Wettbewerb und das Konkurrenzdenken zwischen uns allen. Ihr alle wollt doch aber in den Unterricht kommen, um etwas zu lernen und nicht nur, damit gute Leistungen belohnt werden.“, einige Schüler sahen sich, mit einem Ausdruck im Gesicht, an, der Chadna eindeutig für verrückt erklärte.

„Ich bin überzeugt, dass der Schulleiter am Ende des Jahres erkennen wird, dass meine Art zu unterrichten besser ist und dass sie fortan in ganz Hogwarts gelten wird. Denn schließlich sind wir alle eine Familie!“

Lily beobachtete wie Lupin sich verdattert auf seinen Stuhl setzte, neben zwei Gestalten, die jeweils eine Hand an ihrem Bauch und eine in ihrem Mund hatten und sich nur so bogen vor Lachen. Dieses eine Male konnte Lily es ihnen sogar nicht verdenken, denn wenn sie selbst nicht zu geschockt gewesen wäre und nicht so viel Anstand gehabt hätte, sie würde wahrscheinlich auch brüllen vor Lachen.

„Nun meine lieben Schwestern und Brüder, wer kann mir die mächtigste Art der Magie nennen, die es gibt?“, stellte Chadna überraschenderweise eine Frage.

Ein paar schüchterne Hände gingen langsam in die Höhe, darunter auch Lilys.

Die Lehrerin aber schüttelte nur den Kopf:

„Bitte, meine lieben Kinder, ihr müsst doch nicht eure Arme heben, wenn ihr mit mir sprechen wollt! Ich bin eure Freundin, also könnt ihr ganz normal mit mir reden.“

Daraufhin sanken die wenigen Hände schnell wieder und wiederum musterten alle Schüler die neue Lehrerin, mit den seltsamen Lehrmethoden, mit einem komischen Blick.

Lily konnte nicht mehr, diese Frau warf alle Prinzipien durcheinander, die sie über die Jahre gelernt hatte.

„Die stablose Magie ist die Mächtigste, die es gibt.“, rief Potter in den Raum hinein.

Doch die bunt gekleidete Frau schüttelte ihren Kopf.

„Der Patronus-Zauber.“, sagte jemand anders.

„Die verbotenen Flüche.“, kam es aus einer hinteren Ecke.

„Die Zaubertrankbrauerei.“, versuchte es ein Ravenclaw.

Aber Chadna schüttelte immer die langen hellbraunen Haaren, die zum Teil wirr von ihrem Kopf abstanden und in die grüne, blaue, rote und gelbe Bändchen eingearbeitet waren, mit einem Lächeln im Gesicht, das Lily gewaltig auf die Nerven ging.

„Meine lieben Kinder, natürlich ist nichts von alledem die mächtigste Art der Magie. Wie ich befürchtet habe, seid ihr all die Jahre das Falsche gelehrt worden. Das Mächtigste, was es gibt ist …“, sie machte eine dramatische Pause, bevor sie in einem fast schwärmerischem Ton fortfuhr, „die Liebe!“, sagte sie mit einem verträumten Augenaufschlag.

Alle schauten sie baff an, dann brach ein großes Gelächter aus, doch ihre Lehrerin lächelte selig weiter.

„Lacht nur, denn Fröhlichkeit ist etwas Gutes! Im meinem Unterricht werdet ihr jedoch erfahren, wie mächtig die Kraft der Liebe ist und wie man sie richtig zur Verteidigung, gegen die so genannten dunklen Künste, einsetzt.“

Lily wusste nicht, ob sie nun lachen oder weinen sollte.
 

„Mein Kind!“, sagte ihre neue Lehrerin, Professor Flosops.

Genervt schaute Mel auf und musste leider feststellen, dass diese naive Schreckschraube im Clownskostüm wirklich sie meinte.

Wieso immer sie?

„Was?!“, fragte sie ungehalten, vor dieser Frau hatte sie keinen Respekt und schließlich sollte sie mit ihr reden wie mit einer Freundin.

Mel hatte keine Freunde.

„Mein liebes Mädchen“, fuhr Chadna unbekümmert fort, „würdest du bitte nach vorne kommen und uns deinen Namen sagen.“

Am liebsten wäre Mel schreiend raus gerannt, doch sie wollte es sich nicht schon am ersten Tag mit ihr eventuell verscherzen, auch wenn sie noch so unfähig war. Also ging Mel brav nach vorne und sagte der Lehrerin, mit einem falschen Lächeln, ihren Namen.

„Melody! Nein, was für ein schöner Name. Er erinnert mich an die Musik …“, und mit verklärtem Blick folgte nun ein zwanzigminütiger Monolog von Professor Flosops zum Thema „die geheimen Mächte der Musik und was sie alles mit der Liebe gemeinsam hat“.

Fast wäre Mel im Stehen eingepennt, als ihre schrecklich süße Stimme sie doch wieder die Augen aufschlagen ließ:

„… nun Melody, was tust du wenn du jemandem gegenüberstehst, von dem du weißt, dass er dich angreifen will?“

„Ich ziehe meinen Zauberstab und greife natürlich zuerst an, am besten mit einem Schockzauber.“, antwortete Mel schnell und verdrehte innerlich die Augen, über so eine dämliche Frage.

„Mein Kind, das ist natürlich die falsche Antwort“, Mel zog verwundert eine Augenbraue hoch, „denn mit einem Zauber dieser Art könntest du deinen Gegner verletzten und letzten Endes sind sie doch alle nur verirrte Schäfchen, die nicht mehr den Weg zurück zur Familie finden.“, langsam konnte Mel dieses Gesäusel wirklich nicht mehr hören.

„Und was sollen wir stattdessen tun? Ihn vielleicht umarmen?!“, fragte Potter unter dem Gelächter seines Freundes Black, wobei jeder normal denkende Mensch natürlich gemerkt hätte, dass er es nicht ernst meinte.

„Mein Junge, du bist leider schon etwas zu weit.“, meinte die Lehrerin augenzwinkernd.

„Diese Lektion kommt erst ein paar Stunden später, denn zuerst musst du deinen Gegner richtig ansprechen, sodass er dir auch zuhört.“, ihre Augen bekamen wiederum diesen verträumten Ausdruck.

„Am besten nimmt man dafür die schönste Sprache der Welt … Blumen!“

Mel konnte es nicht glauben. Das musste einfach ein Witz sein.

Aber das war es nicht, sie verlangte tatsächlich, dass Mel allen anderen den Zauberspruch für einen Blumenstrauß zeigte, bevor sie den Rest der Stunde damit verbrachten, von Chadna deren Schönheit begutachten zu lassen.

„Oh, nein! Eine Biene!“, kreischte Emily Abben.

Jemand musste wohl aus Versehen eine mit herbeigezaubert haben.

„Ich bin allergisch gegen die!“, sie duckte sich panisch, als die Biene über ihrem Kopf vorbei flog.

Auch andere, insbesondere ängstliche Ravenclawmädchen, liefen vor dem kleinen Insekt weg, das wahrscheinlich den Weg nach draußen suchte.

„Ich mach das schon!“, rief da ein blonder Junge mit Vertrauensschülerabzeichen.

Er richtete seinen Zauberstab auf das Tier, das sich gerade auf dem Fußboden befand und murmelte:

Stu-

Conflagrare!“, zischte da plötzlich eine Stimme neben Mel.

Sofort ging die Biene in Flammen auf, von dem winzigen Insekt blieb nicht mal ein Häuflein Asche zurück. Alle schauten überrascht und zum Teil auch entsetzt Professor Flosops an, die aber selig lächelte.

„Tut mir leid, meine Kinder! Doch ich wollte nicht, dass dieses Geschöpf einem meiner Schwestern und Brüder Angst einjagt.“, sie blickte verzeihend zu Emily, die nun wieder unter dem Tisch hervor kam.

Mel fand es einfach nur grausam eine kleine Biene, wegen einer panischen Emily Abben, zu verbrennen. Diese Frau wurde ihr wirklich immer unsympathischer.
 

Als Sirius den Raum nach zwei Stunden bei Chadna verließ, stürzte er sofort zu Boden, er konnte sich einfach nicht mehr auf den Beinen halten vor lauter Lachen. James hielt sich mit Mühe gerade noch so an der Wand, bevor er sich seinem Freund auf dem Boden anschloss und mit den Fäusten auf den Steinfußboden hämmerte.

Nicht nur ihnen allein ging es nicht so, denn fast von überall her auf dem Gang hörte man munteres Gelächter, über „die neue Art zu unterrichten“.

Durch seine Lachtränen in den Augen, nahm Sirius die Welt nunmehr verschwommen wahr, doch er erkannte noch Remus, der ihm die Hand reichte und ihn wieder auf die Beine zog. Neben ihm stand Peter, der sich seinen großen Bauch hielt und keuchte, entweder vor Lachschmerzen oder weil er wieder mal das Luftholen zwischendurch vergessen hatte.

„Wie-wie Dumbledore so … so eine Frau hier unterrichten lassen kann, ist mir schleierhaft.“, meinte Remus sichtbar geschockt.

„Nehm’s ihm … nicht … übel, Remus.“, japste James zwischen seinen Lachern.

„Er ist wahrscheinlich froh, überhaupt noch jemanden zu finden! Allmählich heißt es, der Job sei verflucht.“

„Diesmal hat er wohl wirklich niemanden gefunden, wenn er so etwas einstellt.“, lachte Sirius.

„Aber immerhin wissen wir jetzt, wie man den perfekten Blumenstrauß macht und Peter ist sogar der Beste.“, meinte Sirius mit Blick auf seinen dicklichen Freund, der nun etwas rot wurde.

James gab ihm einen Rippenstoß und flötete:

„Aber Peter, es braucht dir doch nicht peinlich zu sein! Dein Sträußchen war halt am besten!“

Mit dem gleichen träumerischen Ausdruck wie Professor Flosops, setzte Sirius bester Freund noch hinzu:

„Rosen – Die Blumen der Liebe! O Peter, damit hättest du jeden überzeugt, denn es gibt ja keine schönere Sprache, als die, dieser zarten bunten Geschöpfe. Nehmt euch ein Beispiel an ihm, meine Kinder, denn Peter hat verstanden, dass man mit diesem einzigen Symbol der Liebe, die ganzen sinnlosen Kriege beenden kann. Meine Brüder und Schwestern, ein Hoch auf Peter den Friedensstifter!“

Nun konnte auch Remus über ihre neue Lehrerin lachen, Peter war immer noch rot, und James grinste breit, während Sirius schon längst wieder am Boden lag, nicht wissend, wann er je wieder in der Lage wäre aufzustehen
 


 

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Antworten auf Kommis schreib ich übrigens immer unten hin.^^
 

@Nicce: Nochmals vielen lieben Dank für dein Kommi! =) Freut mich, dass dir dieses "Rumtreiberspezial" gefallen hat. Ich denke so etwas ähnliches wird es noch öfter geben.^^

Der Eremit

Wotcher!

Und schon wieder ein neues Chap.^^ Am Anfang wird es sehr oft hier updates geben, weil ich bisher schon 13 Kapitel fertig habe. Danach ... tja, äh ich sach mal, ich bin ziemlich faul ... das könnte ne Geduldsprobe werden, falls dann überhaupt noch jemand Interesse an der ff hat.
 

Denn mal viel Spaß wieder beim Lesen!!! =)
 

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Link zum Song: http://youtube.com/watch?v=BKxnJ5iyC-w
 

Kapitel 3 – Der Eremit
 

»Where did I go wrong, I lost a friend

Somewhere along in the bitterness

And would I've stayed up with you all night

Had I known how to save a life?«
 

“How to save a life” – The Fray
 

„Guten Morgen, Zukunftsdeuter!“, erklang eine gehauchte Stimme aus dem Hintergrund.

Erschrocken drehten sich alle zu der kleinen, dünnen Gestalt um, die erst jetzt aus dem Schatten trat.

„Typisch!“, wie Mel dachte.

„Dieser Typ liebt einfach den Überraschungsmoment.“

Professor Sugam Nomis war ein hagerer Mann, von knochiger Statur und bleicher Haut, da er Hogwarts nur äußerst selten zu verlassen pflegte und von daher ihm die Sonne mehr als Symbol in der Wahrsagekunst bekannt war, denn als Tageslicht spendendes Objekt am Firmament. Seine einst lange pechschwarze Mähne und der kurze Bart waren längst ergraut und inzwischen übersät von vielen weißen Stellen, doch für einen Mann seines hohen Alters trug er noch erstaunlich viele Haare auf dem Haupte. Die dunklen Schatten um seine Augen, gepaart mit dem restlichen äußeren Erscheinungsbild, nährten die immer noch hartnäckige Geschichte (die von einigen Schülern auch liebend gern mit haarsträubenden Berichten über Särge und Blutkonserven, in seinem Hinterzimmer, am Leben erhalten wurde), dass er ein Vampir wäre, aber natürlich war das wieder mal nur Teil von Hogwarts ständig brodelnder Gerüchteküche.

Die tiefen Ringe unter seinen Augen zumindest, kamen nicht von nächtlichen Ausflügen auf Friedhöfe, sondern, wie er selbst auf die Frage eines Schülers einst antwortete, davon, dass er sich ständig um die Zukunft Gedanken mache und der Ruf des Schicksals ihn, nun mal zu jeder Tageszeit, ereilen könne.

Man mochte über ihn sagen, was man wollte, aber ein Scharlatan war er sicher nicht.

Der Professor stammte aus einer alten Zigeunerfamilie, die ihren Ursprung bis zu einem berühmten samaritanischen Magier zurückführte, der bereits in der antiken Welt umhergezogen und seine Künste unter Beweis gestellt hatte.

Außerdem war der Professor, bevor er an dieser Schule zu unterrichten begann, Schüler der bekannten Seherin, Cassandra Trelawney, gewesen. Schon zu Lebzeiten eine Legende, war diese Frau im Tod zu einem regelrechten Mythos geworden und als ihr erster und einziger Lehrling, hätte sich der Professor also durchaus etwas auf sich einbilden können, doch der Prahler passte eben nicht zu ihm.

Nur in einer Stunde hatte er sich einmal dazu hinreißen lassen und ihnen allen, in den höchsten Tönen, von den Fähigkeiten seiner ehemaligen Meisterin, vorgeschwärmt. Eine unglaubliche Frau sei sie gewesen, mit einer Ausstrahlung die jeden gefesselt hätte und Dinge hätte sie gesehen, wie noch keiner vor oder nach ihr.

Den Professor selbst umgab auch eine merkwürdige Aura, denn wann immer er einen auch ansah, so schien es stets, als wüsste er etwas mehr über dich, als sogar du selbst, als könne er in dich hineinschauen wie in ein Buch und darin lesen.

Mel vermied so weit es ging den Blick in seine Augen.

Genauso wie zu seinem Fach, hatte Mel auch zu ihrem Lehrer ein zwiegespaltenes Verhältnis. Auf der einen Seite, mochte und bewunderte sie diesen klugen Mann, aber auf der anderen Seite fand sie, war er ebenso ein komischer alter Kauz, mit einem leichten Hang zum Sadismus.

Machte ihr Lehrer nämlich eine Vorhersage, drückte er sich zumeist so aus, dass er seine Zuhörer entweder vollends verwirrte oder gar in Angst und Schrecken versetzte. Er liebte es einfach, sich in Andeutungen und kleinen Gestiken zu verlieren und ergötzte sich dann umso mehr noch an den Reaktionen, die die Gesichter seiner Lauscher zeigten. Das war wohl einfach seine ganz eigene und seltsame Art von Humor.

Der Professor war inzwischen vorne angekommen und ließ seinen Blick über die Schüler schweifen, ein Ritual, das er nur allzu gern pflegte. Hier und da verharrte er mit seinen Augen länger, machte ein besorgtes Gesicht und zog vielleicht sogar die Augenbrauen hoch, immer bewusst, was er bei den meisten seiner Schüler damit auslöste. Einige zitterten, andere schluckten nur schwer und wiederum andere, wie Black und Potter, blieben (leider) ganz locker und grinsten ihren Lehrer gelangweilt an.

Mel konnte der Professor ebenfalls nicht schocken. Sie wusste, dass dieses allmorgendliche Ritual nichts weiter als ein Spiel von ihm war, um den Ängstlichen und Abergläubischen von ihnen einen kleinen Schreck zu verpassen.

Das war mit ein Grund, warum Mel ihn gerne als Sadisten bezeichnete, denn was war diese Angewohnheit anderes?

Für ihn mochte es eine Belustigung sein, aber für die meisten seiner Schüler hingegen war es die quälende Vorstellung, von etwas Schlimmen, das er in ihrer Zukunft gesehen hatte.

„Ihnen ist natürlich bewusst, dass dieses Jahr Ihre ZAGs stattfinden“, begann der Professor seinen Vortrag, nachdem er sein kleines Spiel endlich beendet hatte, „eine unglaublich wichtige Hürde in Ihrer aller Leben auf dem Weg in die Zukunft. Wie ich gesehen habe, liegt bei einigen noch ein dichter Nebelschleier über diesem Abschnitt, interessanter Weise war ein mancher dunkler, als der von anderen …“, wieder ließ er seine dunklen Augen auf Wanderschaft gehen und schaffte es bei einigen, damit prompt ein entsetztes Augenaufreißen auszulösen.

Dann fuhr er wieder fort und erklärte ihnen allen die Themen für dieses Jahr und welche voraussichtlich in ihren Prüfungen dran kommen würden. Mel war schlichtweg erstaunt, wie sachlich ihr Lehrer bleiben konnte, nicht einmal machte er auch nur eine Andeutung oder erschreckende Gestik, dennoch wirkten seine Worte wie immer sorgfältig gewählt.

„Beginnen werden wir dieses Jahr mit der Kunst des Kartenlesens, dem Tarot. Es ist ein eher simpler Zweig der Wahrsagerei und deswegen äußerst beliebt in Prüfungen.

Selbst die Muggel beherrschen dieses Gebiet der „Magie“ oder zumindest glauben sie das.“, bemerkte er mit einem sarkastischen Unterton, denn es gehörte quasi zu seinen Hobbys, auf der Hellseherei der nichtmagischen Menschen rumzuhacken.

Seiner Meinung nach gab es nichts Stümperhafteres als ein paar Muggel, die aus Tierkadavern versuchten das Wetter zu bestimmen.

„Ich denke und hoffe, dass jeder von Ihnen wohl etwas zu diesem Thema in seiner Prüfung sagen können wird, auch wenn mir bereits jetzt der Buchstabe T sehr oft in meinen Träumen erscheint.“, erneut sogen einige scharf die Luft ein.

Ein T stand für Troll und als schlechteste Zensur war sie natürlich auch die am meisten gefürchtete von allen.

„Natürlich weiß ich, dass mich viele von Ihnen enttäuschen werden, doch bin ich auch zuversichtlich, dass mich zumindest eine Person angenehm überraschen wird.“, ein leises Flüstern und Blicke wurden daraufhin ausgetauscht, Professor Nomis aber zeigte nur eins seiner schwachen Lächeln und verharrte mit seinen Augen an einem Punkt, irgendwo hinter ihnen an der Wand.

„Kommen wir zurück zum Tarot. Schlagen Sie bitte Ihre Bücher auf und lesen Sie als Einführung die Seiten 14-17, wo Sie alle wichtigen Hintergrundinformationen erhalten werden.“, lautete sein Auftrag.

Ein Rascheln war zu hören und eine Minuten später war es mucksmäuschenstill in der Klasse, jeder war dabei den Abschnitt über „Wenn das Schicksal durch die Karten spricht …“, durchzuarbeiten und sich hastige Notizen zu machen.

„Alle fertig?“, fragte Professor Nomis nach einer Viertelstunde.

Zustimmendes Nicken von allen Seiten.

„Schön, dann können wir ja jetzt mit der eigentlichen Arbeit beginnen. Ich möchte, dass Sie sich bis zum Ende der Stunde zu zweit zusammensetzten und dem anderen jeweils drei Karten deuten.“, aufgeregtes Stühle kratzen, die meisten sprangen bei diesen Worten schon auf und wollten sich einen Partner suchen.

„Na, toll!“, stöhnte Mel innerlich.

„Gruppenarbeit!“

Gab es irgendetwas, das sie mehr hasste?

Mel war eben eine Einzelgängerin und erledigte ihre Aufgaben dementsprechend auch lieber allein. Es war nun mal besser so.

„Moment!“, erhob sich da die Stimme des Professors nochmals und ließ alle in ihrer Bewegung erstarren.

„Ich denke es ist besser, wenn ich die Einteilung mache, denn bei Freunden können die Karten zu voreingenommen sein.“, ein allgemeines Murren war im Klassenzimmer zu vernehmen, die wenigsten schienen für die Vorurteile von ein paar Karten Verständnis zu haben.

Den Professor brachte das jedoch nicht aus der Ruhe:

„Also lassen Sie mal sehen …“

Eine kurze Zeit lang wanderte sein Blick schnell, von einem Gesicht zum nächsten, bis er, zufrieden lächelnd, sein Schweigen schließlich brach:

„Mr. Potter, gehen Sie doch bitte zu Mr. Savage, hierher.“, Mel beobachtete, wie sich ein äußerst widerwilliger Potter von seinem Platz neben Black erhob und zu Christopher Savage rüber ging, auch er nicht begeistert, die beiden waren Kontrahenten aus dem Quidditch.

„… Mr. Prewett zu Miss Abben. Miss Cruz geht zu Miss Hopkins …“

Trotz dieser eindeutig schlechten Partnerauswahl, sah Mel Cruz grinsen, als sie auf den Tisch einer zornigen wasserstoffblonden Gestalt zuspazierte.

Wenn Blicke töten könnten!

Die beiden gaben ein mehr als interessantes Bild ab, Cruz, die dauergrinsende Frohnatur und Hopkins, die aufgetakelte Hogwartsdiva, die Mel im Moment durchaus fähig zu sein schien, einen Mord vor ihrer aller Augen zu begehen.

Während der Professor, mit einem fast schon schalkhaften Aufblitzen in den Augen, weiter die komischsten Konstellationen zusammenstellte, blickte sich Mel angestrengt im Klassenzimmer um.

Wer blieb denn da eigentlich noch für sie übrig?

Die meisten Leute hatte der Professor wohl schon verteilt, sie musste die Letzte sein.

„Miss Roberts …“, er schaute Mel mit einem süffisanten Grinsen an und sah sich dann im Raum um, sie folgte seinem Blick, bis der Professor bei jemandem stoppte.

Mel glaubte einen Herzinfarkt erleiden zu müssen.

Sie betete darum, dass ihr Lehrer die nächsten Worte nicht aussprechen würde, aber mit Gebeten hatte Mel ja noch nie Glück gehabt.

„… geht zu Mr. Black.“

Er hatte die Worte doch ausgesprochen.

„Das ist ein ganz schlimmer Alptraum, aber gleich wach ich auf!“, versuchte Mel sich verzweifelt einzureden.

Eine knurrende Stimme überzeugt sie jedoch schnell vom Gegenteil:

„Ey, Roberts, bist du da vorne festgewachsen?! Jetzt beeil dich mal, ich will das hinter mir haben!“

„Ganz ruhig, Mel!“, flüsterte sie sich selbst zu, während sie mit bebenden Händen ihre Sachen nahm und langsam zu dem schwarzhaarigen Jungen rübermarschierte, der mit verschränkten Armen bereits ungeduldig auf sie wartete.

„Wird das heute noch was oder muss ich nachhelfen?“, fragte er sichtlich genervt.

„Nur nicht so viel Begeisterung, Black! Ich bin genauso wenig scharf auf deine Anwesenheit von weniger als fünf Metern Sicherheitsabstand!“, meinte Mel patzig und ließ sich an Blacks Tisch fallen.

„Du solltest lieber dein unglaubliches Glück genießen! Schließlich würden andere Mädchen morden, nur um mir so nah sein zu können!“, erwiderte er überheblich und betrachtete sie ausgiebig von oben bis unten.

„Hört, hört! Mr. Großkotz hat gesprochen!“, ging es Mel wütend durch den Kopf.

„Schön! Und ich würde morden, nur um von dir ganz weit weg zu sein.“, keifte sie zurück.

„Ach ja und warum tust du es nicht gerade jetzt? Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, wir sind uns im Moment ziemlich nah!“, bemerkte er spitz.

Mel verdreht die Augen:

„Weil ich im Gegensatz zu dir, Black, so etwas wie ein moralisches Gewissen besitze.“

Mit einem zuckersüßen Lächeln sprach sie weiter:

„Aber keine Sorge! Du kannst sicher sein, auf der Liste meiner potentiellen Mordopfer stehst du ganz weit oben, ich hab deinen Namen sogar mit einem schönen Muster umkringelt!“

„Na, da bin ich ja beruhigt!“, tat Black erleichtert.

„Dann brauche ich mir ja keine Sorgen zu machen, dass du mich eventuell irgendwann mal mögen könntest, das war nämlich schon immer meine einzige Angst!“

„Darum brauchst du dir wirklich keine Gedanken zu machen! Bevor ich dich mag, geht Evans freiwillig mit deinem Kumpel, Potter, aus.“, schoss Mel zurück.

„Und bis ich dich irgendwie mal nett finde, hat Schniefelus …“

„Chrm, chrm!“, wurde Black von einer Stimme unterbrochen.

Sie blickten beide erschrocken zu dem, in dunkellila gekleideten, Wesen auf.

„Auch wenn ich zugeben muss, dass Ihr kleiner Streit sehr interessant mit anzuhören ist, denke ich doch, dass Sie beide aus Ihrer Arbeit mehr nutzen ziehen werden.“

Black und sie murmelten eine Entschuldigung und der Professor schritt weiter zum nächsten Tisch, wo Hopkins sich strikt weigerte, sich von Cruz ihre Zukunft vorhersagen zu lassen.

Als eine Hand plötzlich vor ihrem Gesicht herumfuchtelte, wendete Mel ihre Aufmerksamkeit zwangsweise wieder ihrem Partner zu.

„Ich schlage vor, wir schließen einen kurzen Waffenstillstand und bringen diese Sache schnellstmöglich hinter uns!“, reichte ihr Black großmütig die „Friedenspfeife“.

„Ich gebe es zwar nicht gern zu und noch weniger heiße ich deine Vorschläge gut, aber diesmal hast du es sogar geschafft, etwas mit Logik zu sagen!“

Wenn sie ihm schon zustimmen musste, wieso sollte sie es dann nett tun?

„Wie wär’s, wenn wir dann mal anfangen?“, fragte Black zähneknirschend.

Mel wusste, dass er ihr am liebsten jetzt noch ein paar Nettigkeiten zurückgeben würde und war fast angenehm überrascht, als er es bleiben ließ.

Schweigend mischte er die Karten und verteilte sie auf dem Tisch.

„Los, such dir ein paar Karten raus. Ich fange an!“, verkündete Black kurzerhand.

Das ließ sich Mel natürlich nicht gefallen:

„Nichts da, Black!“, meinte sie trotzig.

„Entweder du ziehst jetzt drei Karten hervor oder es passiert gar nichts!“

Grummelnd griff ihr Gegenüber in den Kartenhaufen, anscheinend wollte er eine weitere Auseinandersetzung vermeiden, um umso baldiger fertig zu werden und damit wieder von ihr wegzukommen.

„Also, zuerst deine Vergangenheit … da hast du“, Mel drehte die erste Karte um, „…den Teufel.“

„Was? Die haben meiner geliebten Mutter tatsächlich eine Karte gewidmet? Das wäre doch nicht nötig gewesen!“, tat Black tief gerührt.

„Halt die Klappe und hör zu!“, schnauzte Mel ihn an, doch sie konnte nicht mehr verhindern, dass sich ihre Mundwinkel zu einem kleinen Lächeln verzogen.

Hastig lenkte sie ihre Konzentration auf ihre Aufgabe zurück und brachte so ihre Gesichtszüge wieder unter Kontrolle.

„Der Teufel steht für Abhängigkeit, feste Grenzen, Versuchung und dass das Negative überwiegt“, las sie laut vor, „das heißt wohl, dass du früher schlechte Erfahrungen gemacht hast und eingeengt wurdest.“

Erstaunlicherweise ließ ihr Gegenüber diesen Teil mal unkommentiert und hüllte sich stattdessen in Schweigen.

Überrascht zog Mel kurz eine Augenbraue hoch.

„Was?!“, fragte Black unfreundlich.

„Nichts.“, antwortete sie schnell und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder den restlichen Karten zu.

„Machen wir weiter … bei der Gegenwart hast du den Narr. Er steht für Unbeschwertheit, Sorglosigkeit, Leichtigkeit, Leichtsinnigkeit, Lebendigkeit, Lebenslust und Unbefangenheit.“

„Heißt wohl, mir geht’s gerade verdammt gut.“, fand Black seine Sprache (leider) wieder und grinste.

„Und dass du verdammt leichtsinnig bist!“, konnte sich Mel die Bemerkung nicht verkneifen.

„Musst du denn immer alles schlecht reden?“, reagierte Black sichtbar genervt.

Mel überging seine Frage einfach und deckte die letzte Karte auf.

„Sehen wir jetzt mal in deine Zukunft … da steht das Gericht. Also wird für dich bald eine neue Phase beginnen, eine Leidenszeit zu Ende gehen und du hörst auf innere und äußere Botschaften. Kurz gesagt: Bald wird sich dein Leben wohl sehr verändern und du selbst wirst dafür der Auslöser sein.“, endete Mel ihren Vortrag.

„Jetzt bin ich wirklich viel schlauer als vorher!“, kam der sarkastische Kommentar, daraufhin von Black.

Mel rollte entnervt mit den Augen:

„Black, hör auf mit deinen blöden Witzen!“

Doch auf ihre Worte hin, grinste er nur süffisant:

„Beim Festbankett fandest du meine Witze aber gar nicht so blöd.“

„Ich weiß nicht, was du meinst.“, erwiderte sie kühl.

„Ach, komm schon, Roberts! Ich hab’s doch genau gesehen und gehört, du warst die Erste, die gelacht hat!“, grinste er siegessicher weiter.

Mel spürte wie ihre Wangen ein wenig warm wurden, denn leider musste sie ausnahmsweise zugeben, dass Black wirklich Recht hatte. Wiederum verfluchte sie sich und verstand nicht, welches Einhorn sie da gestern geritten hatte.

„Auch ein blinder Hippogreif findet mal ein Frettchen, Black.“, versuchte es Mel nun mit einer anderen Taktik.

„Chrm, chrm.“, drang da wieder eine Stimme aus dem Hintergrund in ihre kleine Auseinandersetzung ein.

Überrascht drehten sich beide um.

Professor Nomis wirkte erstaunlicherweise kein bisschen säuerlich, sondern auf seinen schmalen Lippen zeichnete sich sogar ein zufriedenes Lächeln ab.

„Wiederum war Ihr Streit sehr amüsant für uns alle zu verfolgen.“

„Uns?“, dachte Mel erschrocken und blickte am Professor vorbei, tatsächlich hatte wohl jeder im ganzen Raum mitgehört, so wie sie beide angegrinst wurden.

„Sehr lehrreich, wirklich sehr lehrreich …“, murmelte ihr Lehrer vor sich hin.

„Da habe ich wohl eindeutig die Richtigen zusammengesetzt!“

Schließlich fuhr er wieder lauter fort:

„Da, Miss Roberts und Mr. Black, ja so gut zusammenarbeiten, können Sie uns jetzt ja mal vorführen, wie man eine Vorhersage macht. Miss Roberts, wenn ich Sie bitten dürfte die Karten zu ziehen.“

Mel war alles andere als begeistert, sich vor allen anderen, von Black ihr Schicksal vorhersagen zu lassen, zog aber trotzdem drei Karten hervor.

„Mr. Black, was sagen uns nun denn die Karten über Ihre Partnerin?“, wandte sich Professor Nomis an ihren Partner.

„Die Karten, äh ja, sie sagen, dass …“, Mel beobachtete wie Black die erste Karte, wie ein Fragezeichen, betrachtete und daraufhin ein wenig verzweifelt in seinem Buch nach ihr suchte.

„So ein Trottel!“

Mel verspürte nicht das geringste Mitleid für ihn, schließlich war er ganz eindeutig Schuld an ihrem Streit.

„Ja, Mr. Black?“, hakte ihr Lehrer nach.

„Nun in der Vergangenheit hat sie den Turm.“, er hatte scheinbar endlich die richtige Seite gefunden.

„Er steht für drastische Veränderungen, Zusammenbruch des Egos, alte Systeme stürzen ein, Auseinandersetzungen, innere Unruhe und das Durchleben von stürmischen Zeiten.“

„Gut, Mr. Black. Und was sagt uns das?“

„Das ist einfach!“, grinste Black seinen Lehrer an.

„Ganz klar: Pubertät!“

Seine Aussage brachte ihm natürlich wieder ein paar Lacher ein, deutlich rauszuhören war besonders das affektierte Lachen vom Nebentisch.

„Stimmt das, Miss Roberts?“, fragte Professor Nomis sie plötzlich, als sie gerade ihren Blick abwenden wollte, genervt von Hopkins Geschmachte und Einschleimerei.

„Ja.“, war ihre kurze und knappe Antwort, aber sie spürte dennoch, dass ihr Lehrer sie noch einige Augenblicke durchdringend ansah.

„Also, Mr. Black, wie geht es in der Gegenwart weiter?“, wandte er sich wieder an ihren Nebenmann.

„Das ist so ein alter Opa auf der Karte … der Eremit.“, las Black vor.

„Der Eremit?“, Professor Nomis zog eine Augenbraue hoch.

„Interessant! Erzählen Sie den anderen bitte, was es mit ihm auf sich hat.“

„Der Eremit …“, Black stoppte kurz, scheinbar erstaunt, doch je mehr er las, desto mehr verzogen sich seine Lippen zu einem breiten Grinsen, „… steht für die Suche nach dem eigenen Lebensweg, Isolation, Resignation, Distanz, Abgeschiedenheit, Weisheit, Einsamkeit und Reifezeit.“, Black endete seinen Vortrag mit einem besonders fiesem Grinsen in ihre Richtung und Mel brauchte nicht aufzuschauen, um zu wissen, dass er bei Weitem nicht der Einzigste im Raum war.

Zum Glück ließ Professor Nomis diesen Teil unkommentiert.

„Kommen wir nun zur wichtigsten Karte, der der Zukunft! Was sagt sie für Miss Roberts voraus, Mr. Black?“

Black kam der Anweisung von Professor Nomis zwar nach, stutze aber als er die Karte umgedreht hatte.

„Nun?“, fragte ihr Lehrer.

Black öffnete den Mund um zu antworten, doch vorher warf er Mel noch einen Blick zu, der so gar nicht zu Black passte.

Dann wandte er sich an den Professor:

„Den Tod.“

Black hielt eine Karte in die Höhe, auf der ein Skelett mit einer Sichel abgebildet war.
 

Als das Klingeln zur Pause erklang, packte Lily eilig ihre Sachen zusammen und sagte Caite noch schnell, dass sie und Belli schon mal vorgehen sollten zum Mittagessen, bevor sie das Klassenzimmer für alte Runen auch schon verließ.

Lily beeilte sich und sauste durch die Gänge zum Gryffindorturm, legte ihre Tasche ordentlich in der Ecke ab und kramte Pergament und Feder heraus. Hastig verfasste sie eine Antwort für ihre Eltern, mit demselben Inhalt wie jedes Jahr, schließlich stellten ihre Eltern, Lily, auch immer die gleichen besorgten Fragen, dann machte sie sich mit dem Brief auf zur Eulerei.

Unterwegs musste sie Peeves ausweichen, der hinter einer Ritterrüstung zum Pokalzimmer lauerte und sie wohl erschrecken wollte. Doch Lily hatte ihn bereits kichern hören und konnte ihm daher geschickt ausweichen. Sie bekam noch mit, wie er ihr laut fluchend, etwas mit Sicherheit Gemeines, hinterher rief.

In der Eulerei angekommen, hielt Lily Ausschau nach Artus und entdeckte ihn auch alsbald neben Frieda, Caites Eule. Scheinbar war er noch sehr erschöpft, denn Lily hatte so ihre liebe Mühe, ihn endlich wach zu kriegen. Mürrisch und mit vorwurfsvollem Blick, betrachtete er seine Besitzerin aus seinen großen honiggelben Augen.

„Tut mir Leid! Aber du kennst ja Mum und Dad.“, entschuldigte sich Lily ehrlich.

Anschließend band sie ihm den Brief ans Bein und streichelte ihn nochmals ausgiebig, wovon er sich anscheinend wieder freundlich stimmen ließ.

Lily wusste ganz genau, wie gerne Artus gekrault wurde, er war wahrscheinlich verschmuster als jede Katze.

Nun etwas besser gelaunt und mit einem sanften Kniff in Lilys Finger, verabschiedete sich ihr braun-weißer Postbote in die Lüfte. Lily blickte ihm nur kurz nach, dann drehte sie sich auch schon um, um zum Mittagessen zu gehen, als die Tür plötzlich aufging.

Lily starrte sie an und die Person starrte kurz, genauso überrascht, zurück, doch dann löste sie ihren Blickkontakt wieder und Mel schritt an Lily vorbei, als wenn sie gar nicht da wäre.

Vollkommen perplex schaute Lily ihr erst hinterher, dann, ohne zu wissen, was sie da eigentlich tat, räusperte sie sich.

Erst ignorierte das blonde Mädchen sie ganz offensichtlich, aber nachdem fünften oder sechsten Mal, konnte sie schließlich doch nicht mehr so tun, als hätte sie es nicht gehört.

„Verdammt, Evans! Was willst du?“, fragte Mel sie genervt, ohne sich umzudrehen.

„Nur nicht so freundlich, Roberts! Sonst kommt noch einer auf die Idee, dich vielleicht zu mögen.“, erwiderte Lily sauer.

„Wenn es das war, was du mir sagen wolltest, dann kannst du ja jetzt wieder gehen und mich allein lassen!“, sagte sie kalt und schaute Lily auch weiterhin nicht an.

„Oh, tut mir schrecklich Leid! Ich vergaß, dass du Menschen ja hasst. Unterhalt dich also ruhig weiter mit deiner Eule!“

Mit diesen Worten ließ Lily Mel allein, stürmte durch die Tür und die Treppen runter. In ihrem Bauch brodelte es nur so vor Wut.

Warum hatte sie sich überhaupt dazu hinreißen lassen, etwas zu sagen?
 

Sirius war genervt. Er konnte es nicht einfach mehr hören. Alle Nase lang kam jemand vorbei und erkundigte sich, ob das mit der Karte nur ein Rumtreiberscherz oder wirklich echter Zufall gewesen wäre.

Wie sollte er denn so, sein Mittagessen in Ruhe genießen können, wenn ihn alle zwei Minuten jemand nervte?

Er verstand die ganze Aufregung nicht.

Glaubten denn etwa alle, dass, bloß weil er so eine blöde Karte gezogen hatte, Roberts jeden Moment Tod umfallen könnte?

Und selbst wenn es so wäre, bisher hatte es doch nie irgendjemanden gekümmert, was sie machte oder wo sie war, genauso wenig wie sie an anderen Lebewesen, außer Tieren, interessiert gewesen war.

Aber das war eben typisch Hogwarts!

Irgendwo gab es immer Leute, die bei solchen Todesomen Panik kriegten und sich so aufführten, als wenn morgen die Welt untergehen würde.

Sirius aber hielt das ganze nur für einen dummen Zufall, genauso wie seine Freunde und letzten Endes war dieser ganze Wahrsagekram, für ihn, eh schlichtweg Humbug und Einbildung. Vielleicht war das ganze sogar nur einer dieser merkwürdigen Witze von Professor Nomis gewesen, sein betrübtes Gesicht, dass er gemacht hatte, nachdem Sirius ihm die Karte gezeigt hatte, würde dafür sprechen. Nach Sirius Meinung, gäbe es für den Professor sicher nichts Schöneres als einen zu Tode geängstigten Schüler, an dem er seine sadistische Ader ausleben konnte.

Dumm nur, dass er jetzt zwar ganz viele panische Leute mit diesem Witz hervorgebracht hatte, aber der eigentliche Todgeweihte nicht dabei war.

Roberts hatte die Nachricht ihres baldigen Ablebens, ohne eine sichtbare Erschütterung, aufgenommen und war fast schon gemütlich aus dem Klassenzimmer spaziert.

„Was haben wir als nächstes?“, fragte sein bester Freund und lehnte sich bereits satt und zufrieden zurück.

„Verwandlung.“, murmelte Remus.

„Oh, nein!“, stöhnte Sirius.

„Gonni am Nachmittag und Gonni am Abend, da wird sie wieder besonders gute Laune haben, so wie ich sie kenne.“

„Wiefo Gonfi am Fafend?“, fragte Peter mit vollem Mund.

„Man, Peter! Weil wir nachsitzen müssen, schon vergessen?“, stöhnte Sirius wieder mal über das schlechte Gedächtnis seines Freundes.

Peter erwiderte nichts darauf und mampfte still weiter.

„Das mir das als Vertrauensschüler passieren muss!“, klagte Remus.

„Komm schon, Remus! Als wir die Sache angefangen haben zu planen, konnten wir doch nicht ahnen, dass Dumbledore allen Ernstes auf die Idee kommen würde, einen Rumtreiber in Amt und Würden zu bringen! Ich glaube, der hat von seinen vielen Süßigkeiten einen Zuckerschock bekommen, als er die Entscheidung getroffen hat.“, meinte James mit breitem Grinsen.

„Entweder das oder er hat im „Drei Besen“, mit Slughorn zusammen, ein paar Met über’n Durst getrunken.“, stellte Sirius seine Theorie vor.

„Oder ich soll einfach das Kindermädchen für euch beide spielen.“, seufzte Remus.

James und er schauten sich an und brachen in ein langes Gelächter aus, was ihnen sofort misstrauische Blicke von einem rothaarigen Mädchen einbrachte.

„Mama Remus, heißt das beim nächsten Mal, wenn ich Schniefelus verhexe, kriege ich Hausarrest im Gryffindorturm von dir?“, fragte James mit einer Kleinkinderstimme.

„Warum unbedingt ich?“, fragte Remus verzweifelt.

„Weil du der Verantwortungsvollste von uns bist, Mama Remus!“, strahlte James ihn an.

Er stöhnte entnervt auf:

„Was hat Dumbledore nur für seltsame Einfälle! Als nächstes kommt der noch auf die Idee, einen von uns zum Schulsprecher zu ernennen.“

Alle vier lachten bei dieser Vorstellung. Für Sirius war sie so irreal, wie die, dass Lily Evans jemandem jemals freiwillig einen Streich spielen könnte.
 

Um Punkt 14.00 Uhr, saßen alle Schüler aus Slytherin und Gryffindor auf ihren Plätzen, selbst die Rumtreiber waren fünf Minuten vorher schon eingetrudelt, zu Lilys größter Überraschung. Aber schließlich wusste jeder, dass mit der Frau im smaragdgrünen Umhang und den Adleraugen, nicht gut Kirschen essen war, sobald nur eine einzige Regel übertreten wurde.

Normalerweise begann Professor McGonagall ihren Unterricht jedes Jahr zuerst mit einigen Wiederholungsaufgaben, doch dieses Mal hielt sie ihnen vorher noch einen Vortrag zur „immensen Wichtigkeit“ der ZAGs und warum sie von jedem erwartete in ihrem Fach auch ja die Prüfung zu bestehen. Bei diesen Worten, glitt ihr Blick besonders häufig zu einem der Rumtreiber, Peter Pettigrew. Der Junge konnte machen was er wollte, in Verwandlung kam er nie auf einen grünen Zweig.

Der anschließende Wiederholungstest lief für Lily recht gut, glücklicherweise war sie natürlich den gesamten Stoff des letzten Jahres in den Sommerferien noch mal durchgegangen, das kam ihr jetzt zugute. Nur bei einer Übung patzte Lily und wieder mal wurde ihr bewusst, warum Verwandlung nicht ihr Lieblingsfach war.

Die ganze freie Zeit über war Lily ihre Aufzeichnungen immer wieder durchgegangen, nur eine Sache musste sie übersehen haben, die die sie jetzt nicht mehr beherrschte. Verbissen dachte Lily nach, aber nicht mal der Zauberspruch wollte ihr noch einfallen. Wütend betrachtete sie Potter und Black, die beide mit einem einzigen Wink ihres Zauberstabs, dass zustande brachten, wofür sie ständig üben musste.

Die beiden waren einfach überall gut und dass obwohl sie sich ihr Können stets nur aus dem Umhang schüttelten, Verwandlung machte da keine Ausnahme. Doch es gab jemanden, der sie zumindest in diesem Fach noch bei weitem übertraf.

Wenn Professor McGonagall einen Lieblingsschüler hatte, dann war das weder Lily, noch Black oder Potter, sondern Mel. Kein Zauberspruch der schwer genug, keine Formel die zu kompliziert war, für Melody Roberts. Sie war schlichtweg immer die Beste egal, wie viel Konkurrenz, die beiden Vollidioten, hinten rechts, ihr auch machten.

Lily war nicht eifersüchtig, höchstens von Neid zerfressen.

Am Ende der zwei Stunden waren alle sichtlich erschöpft und froh, dass der Schultag endlich vorbei war. Lily war wahrscheinlich die Einzige, die schon geistig bei ihren Hausaufgaben war, als Professor McGonagall sie überraschenderweise noch mal zurück rief.

„Mr. Potter, Mr. Black, Mr. Lupin und Mr. Pettigrew, würden Sie bitte ebenfalls auf ein Wort noch hier bleiben!“

„Hey, Evans! Du hast doch nicht etwa was angestellt? Oder warum musst du noch bleiben?“, flüsterte Potter ihr zu, mit einem verschmitzten Grinsen.

„Lass mich in Ruhe, Potter!“, zischte Lily zurück und versuchte möglichst viel Abstand zu ihm zu gewinnen.

Sein Atem so nah an ihrer Haut weckte schon wieder ungute Erinnerungen an heute Morgen.

„Miss Evans, ich möchte Ihnen und Mr. Lupin nur kurz mitteilen, dass diesen Samstag eine Versammlung der Vertrauensschüler und Schulsprecher stattfindet. Bitte sein Sie beide, pünktlich um acht Uhr abends, beim Porträt von Schönbert dem Schleimigen. Das wäre alles, Sie, Miss Evans, können jetzt wieder gehen.“, Lily nickte und verabschiedete sich höflich von ihrer Hauslehrerin, die Jungs wurden von ihr einfach „übersehen“.
 

„Nun zu Ihnen, meine Herren!“, wandte sich seine Hauslehrerin, etwas steif, an seine Freunde und James, der erst jetzt wieder aus seinen Tagträumen aufwachte (er hatte einem gewissen rothaarigem Mädchen noch lange hinter her gesehen, obwohl sie längst durch die geöffnete Tür verschwunden war).

„Ihre Strafarbeit wird ein wenig abgeändert.“

„Sie fällt aus?“, fragte James schon hoffnungsvoll.

„Nein, Mr. Potter!“, sagte sie scharf.

„Aber statt um acht an meiner Bürotür zu sein, kommen Sie vier, bitte alle gleich zum Pokalzimmer. Wie mir Mr. Filch vorhin mitteilte, hat Peeves wohl wieder mal einige Schleimbomben hoch gehen lassen und Ihre Aufgabe wird sein, den Dreck zu beseitigen.“

„Schleimbomben?! Würg!“, empörte sich sein bester Freund.

„Die stinken doch immer so und wir werden bestimmt nicht fertig, selbst wenn wir die ganze Nacht durchputzen!“

Das hätte Sie sich überlegen müssen, bevor Sie die Schulregeln gebrochen haben, Mr. Black! Außerdem brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, das Pokalzimmer wird schon noch sauber werden, schließlich können Sie am Mittwoch ja mit Ihrer Arbeit fortfahren!“, keifte sie mit bebenden Nasenflügeln.

Dann wandte sie sich mit drohender Stimme wieder an alle:

„Wir sehen uns heute Abend meine Herren und wehe Sie sind nicht pünktlich!“
 

„Das hätten Sie sich überlegen müssen, bevor Sie die Schulregeln gebrochen haben!“, äffte Sirius ihre Hauslehrerin nach.

„Merlin! Den Gestank werde ich doch bestimmt, eine ganze Woche lang, nicht wieder von meinen Händen kriegen! Warum können wir nicht Klos putzen, so wie immer?“, entrüstete er sich.

Remus sah kurz von seinem Buch auf:

„Wie McGonagall es schon gesagt hat, das hättest du dir vorher überlegen müssen! Außerdem ist es ja nicht das erste Mal, dass wir das Pokalzimmer putzen.“

Sein bester Freund und Sirius schauten sich an und beiden huschte ein Grinsen übers Gesicht.

„Stimmt.“, meinte Sirius jetzt wieder fröhlicher.

Das Pokalzimmer weckte bei ihm und James immer Erinnerungen an ein bestimmtes Ereignis, das die beiden untrennbar miteinander verband.

„Sag mal Jamie, wann sind denn jetzt die Tryouts fürs Team?“, fragte Sirius und lehnte sich entspannt in seinem Sessel zurück.

„Ich dachte so an Sonntag.“, antwortete James.

„Hm.“, kam es nur von ihm.

Am Funkeln in seinen Augen erkannte Sirius, dass jetzt wohl wieder mal ein längerer Vortrag von James über sein Lieblingsthema folgen würde.

„Wir werden dieses Jahr einige neue Spieler brauchen.“

„Hm.“, Sirius schloss die Augen.

Es war das Beste, in dieser Situation, James immer zu zustimmen, denn ansonsten konnte es passieren, dass er die ganze Nacht mit einem weiter diskutieren würde, nur um zu beweisen, dass bei Quidditchfragen natürlich er Recht hatte. Sirius sprach da aus Erfahrung und an Augenringen hatte er im Moment wirklich kein Interesse.

„Podmore hat das Team total den Bach runter gehen lassen, nur weil er keine neuen Spieler wollte.“, inzwischen war James aufgesprungen und tigerte vor dem Kamin herum.

„Hm.“

„Ich denke, du wirst auf jeden Fall im Team bleiben, aber wir brauchen noch einen weiteren Treiber und neue Jäger.

„Hm.“

„Beim Hüter könnten wir uns auch mal nach einem umsehen, der sogar mal den Quaffel fängt.“

„Hm.“

„Und wir müssen einen neuen Sucher finden.“

„H … Was?!“, Sirius wäre beinah aus dem Sessel gefallen, so abrupt richtete er sich kerzengerade auf.

Auch Peter und Remus sahen James erstaunt an, die ebenfalls eher halbwegs dem Quidditchgerede ihres Freundes gefolgt zu sein schien.

„Ihr habt schon richtig gehört! Wir brauchen einen Sucher.“, wiederholte James.

„Aber, James, bist du nicht der Sucher?“, stellte Peter vorsichtig eine Frage.

„Natürlich ist er das, Peter.“, antwortete Sirius und gab ihm mal wieder eine Kopfnuss.

„Du willst doch nicht allen Ernstes die Position wechseln, James?“, fragte er schockiert.

„Doch.“, verkündete dieser mit fester Stimme.

„Aber warum? Wir dachten immer Sucher zu sein macht dir Spaß!“, mischte sich jetzt auch Remus ein.

„Das tat es auch. Aber die Position des Jägers gefällt mir eben besser, mit dem Quaffel bin ich noch erfolgreicher.“, erklärte James seine Entscheidung.

„Ich bin nur Sucher geworden, weil das meine einzige Chance war, ins Team zu kommen. Podmore, der Idiot“, an dieser Stelle fuchtelte James wild mit den Armen rum, „wollte ja partout nicht einen Spieler auswechseln. Nur einen neuen Sucher brauchte er zwangsweise und da kam ich.“

„Stimmt, ich kann mich erinnern! Du musstest ihn eine ganze Woche lang nerven, dass er dich überhaupt zu den Tryouts zugelassen hat, nur weil du erst ein Zweitklässler warst.“, fiel es Sirius plötzlich wieder ein.

„Deswegen will ich ab jetzt Jäger sein und das passt doch auch viel besser zu einem ruhmreichen Kapitän!“, grinste James.

„Bleibt aber immer noch die Frage, wer deinen Job übernimmt?“, gab Remus zu Bedenken.

„Einigermaßen gute Jäger findest du, wie Sand am Meer und Treiber ergänzen sich im Team, da fällt es nicht so stark ins Gewicht, wenn einer mal ein bisschen schlechter ist, als der andere. Hüter wird schon schwerer und einen richtig guten Sucher zu finden, ist wirklich reine Glückssache. Die meisten schaffen es ja nicht mal, diesen Ball zu sehen, geschweige denn ihn während eines Spiels auf einem Besen zu verfolgen.“, meinte Remus kopfschüttelnd.

„Irgendwer wird sich schon noch finden.“, verkündete James trotzig.

„Und dieses Jahr holen wir uns dann den Pokal! Ich kann das blöde Grinsen deiner Cousine nämlich nicht mehr ertragen, wenn ich ehrlich bin!“, wandte er sich mit einem finsteren Blick an Sirius.

„Geht mir genauso! Wollen wir bloß hoffen, dass sie es dieses Jahr nicht wieder übertreibt, sonst könnte es mir wieder Mal passieren, dass mir der Klatscher ausrutscht.“, sagte Sirius betont unschuldig.

„Denk dran, beim letzten Mal hat McGonagall dich nachher für ein Spiel gesperrt!“, erinnerte ihn Remus sorgenvoll.

Peter blickte Sirius mit großen Augen an, in denen etwas Bewunderndes lag:

„Ich hätte nie gedacht, dass du mal so was mit einem Mädchen machst, Sirius.“

„Ach, Peter!“, tat Sirius ganz ernst.

„Es ist zwar ein großes Familiengeheimnis der Blacks, aber ich erzähle dir trotzdem diese rührende Geschichte! Bella ist gar kein Mädchen, das liebe Tantchen Druella hat mal den Fehler gemacht und einen Kessel voll Verhütungstrank stehen gelassen. Mein guter Cousin ist leider reingeplumpst und muss durch die Überdosis weiblicher Hormone, seitdem ihr Leben als Mädchen fristen, ist aber in ihrem tiefsten Herzen ein Junge geblieben.“

Peter sah ihn, mit offenem Mund, baff an.

„Jetzt verstehe ich, warum sie, ich meine, er so ist. So etwas habe ich mir eigentlich schon immer gedacht.“, meinte er nachdenklich.

James konnte anscheinend nicht immer an sich halten, Remus und Sirius schlossen sich ihm an, während Peter sie nur irritiert ansah und murmelte:

„Also, mir tut Bellatrix irgendwie leid. Ich würde auch kein Mädchen sein wollen.“
 

Lily beobachtete wieder mal kopfschüttelnd die Rumtreiber. Sie wusste eigentlich gar nicht, warum sie sich um diese vier kleinen Jungs Gedanken machte, aber es war einfach Lilys Art, so etwas zu tun.

Sie wollte sich gerade wieder ihrem Aufsatz in Verwandlung widmen, als das Porträt aufging und ein ganzer lebender Bücherstapel einzutreten schien.

Es war Mel, die sich damit abmühte, ein Dutzend verstaubter Folianten zu den Mädchenschlafsälen bringen zu wollen.

Lily musste plötzlich wieder an Bellis Worte vom Mittagessen zurückdenken, sie hatte ihnen natürlich groß und breit von der Wahrsagestunde berichtet. Im Gegensatz zu Belli, die vor Aufregung ganz zappelig gewesen war, waren, Caite und sie, beide sehr gelassen geblieben. Lily glaubte nicht an diesen Unfug, Wahrsagerei war schließlich ein sehr ungenaues Fach, dass hatte ihr Professor McGonagall selbst gesagt.

Da passierte es irgendwie (und Lily brauchte sich nicht umzublicken, sie wusste wie), dass Mels Schnürsenkel sich öffneten und prompt stolperte das blonde Mädchen natürlich und fiel, mitsamt ihrer Bücher, der Länge nach zu Boden.

Ein paar lachten über ihr Missgeschick, einige Mädchen zeigten mit dem Finger auf sie und kicherten, andere bedachten sie nur mit einem gemeinen Grinsen, aber auf jeden Fall hatte sie es soeben geschafft, die Aufmerksamkeit des gesamten Gemeinschaftsraums auf sich zu ziehen.

Trotz dieser massiven Anzahl von Schaulustigen, kam keiner auf die ganz simple Idee, ihr mal zu helfen. Keiner, bis auf eine.

Mel schaute Lily überrascht an, als diese ihr eins ihrer Bücher reichte, aber hatte die Rothaarige geglaubt, auch nur eine Sekunde, so etwas wie Dankbarkeit in ihren blau-grünen Augen lesen zu können, wurde sie rasch eines besseren belehrt, denn Mel riss ihr das Buch unwirsch aus der Hand und reihte es auf ihrem wackligen Stapel ein.

„Ich brauche keine Hilfe von dir, Evans!“, zischte sie und holte ihren Zauberstab hervor, womit sie jetzt den Stapel vor sich herschweben ließ.

„Hey! Sprich nicht so mit Evans, Roberts!“, musste sich jetzt eine andere Stimme leider wieder mal einmischen.

Lily warf dem schwarzhaarigen Jungen einen wütenden Blick zu, doch bevor sie ihn anschreien konnte, tat es jemand anderes.

„Ich spreche mit ihr wie ich will, Potter!“, keifte Mel ihn an.

Potter hob daraufhin, drohend den Zauberstab, was das Kommando für seine drei idiotischen Freunde wohl war, sich ebenfalls einmischen zu müssen.

„Komm schon, James, lass es sein!“, hörte sie Lupin sagen, während Pettigrew erfolglos versuchte, Potter zurückzudrängen.

„Jag ihr einen schönen Fluch an den Hals!“, feuerte Black hingegen seinen Freund an.

„Wovon träumst du eigentlich nachts, Black? Warte das will ich gar nicht wissen.“, stoppte Mel Black, als er bereits den Mund geöffnet hatte, um zu antworten.

„Aber bevor es Potter mit mir aufnehmen kann, lernst du noch wie ein normaler Mensch zu essen, statt wie ein Hund zu fressen!“, höhnte Mel.

„Jetzt reicht’s! Entschuldige dich gefälligst bei Sirius und Evans!“, forderte ein wütender Potter nun lautstark von Mel.

„Potter, sei still! Ich kann sehr gut für mich allein sprechen. Wenn du hier irgendjemandem einen Fluch aufhalst, ziehe ich dir Punkte ab und melde dich bei Professor McGonagall.“, drohte sie ihm an.

„Außerdem müsstest du dich ja auch entschuldigen oder war es Black, der ihre Schnürsenkel heimlich geöffnet hat?“, fragte Lily scharf nach, die Hände in die Hüften gestemmt.

Auf ihre Worte hin, fuhr sich Potter durchs Haar und versuchte es mit seinem Unschuldslächeln, während Black die Arme hinter dem Rücken verschränkte und so tat, als wüsste er von nichts.

„Hab ich’s mir doch gedacht! Na wartet, dafür …“

Doch Lily wurde in ihrer Standpauke unterbrochen.

„Halt dich da raus, Evans!“, sprach Mel kühl.

Irritiert blickte sie das Mädchen neben sich an.

„Aber …“

„Das ist meine Angelegenheit.“, wiederholte sie ebenso kalt.

„Aber sie müssen bestraft werden!“, entrüstete sich Lily.

„Ich sagte schon, es ist meine Sache und bei solchen Idioten, wie den beiden, hilft die schlimmste Strafe ja sowieso nicht. Sie werden nie erwachsen, egal wie viel Nachsitzen sie noch bekommen werden.“, sprach Mel mit herablassendem Blick.

„Besser nie erwachsen, als schon lebendig tot, Roberts.“, knurrte Black.

Lily könnte schwören, dass es in Mel Gesicht kurz bei Blacks Worten gezuckt hätte, aber Lily fand nicht die geringsten Anzeichen, dass er sie irgendwie getroffen hätte.

„Besser lebendig tot, als ein Narr wie du, Black.“, erwiderte sie arrogant.

„Lieber bin ich ein Narr, als ein verbitterter Eremit!“, schoss es da schnell von Blacks Seite zurück.

„Bei dir macht es wenigstens nichts aus, dass du bald sterben wirst, vermissen wird dich ja eh keiner!“

Mels Blick blieb auf Blacks Worte hin, erschreckend ausdruckslos, als würde es ihr nichts ausmachen, was Black da gesagt hatte. Langsam drehte sie sich um und ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren, stieg sie die Treppen rauf, ihr Bücherstapel immer hinter ihr her schwebend.

Lily blickte zu Black, der verbissen den Boden anstarrte. Potter musterte seinen Freund mit einem Blick aus Besorgnis und Erstaunen, Pettigrew schaute mal wieder wie ein Fragezeichen in der Gegend rum und Lupin sah seinen Freund fast schon vorwurfsvoll an.

Bevor Lily dazu ansetzte, die vier Jungs vor ihr erneut zur Schnecke zu machen, ging ihr nur ein einziger trauriger Gedanke durch den Kopf.

Eine Frage, auf die sich seit drei Jahren einfach keine passende Antwort finden lassen wollte:

„Warum?“
 


 

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Soooooooooooooooo, hier kommen wieder eure Antworten ;) :
 

@eva-04: Juhuu ein neuer Kommischreiber! *sich freu*

Jaja, die gute Chadna, da war meine Reli-Unterricht doch einmal zu was nutze. Ich danke meiner Lehrerin von Herzen für diese Inspiration.^^

Für James und Lily hab ich ja zum Glück noch genug Zeit, aber in meinem Kopf ist schon ne ungefähre Idee, wie das mal funktionieren soll. ;)
 

@Nicce: Ne, bei Chadna ist so ziemlich alles locker, was auch nur irgendwie locker sein kann. Ich mag sie trotzdem! *lach*

Gefällt dir die ff jetzt noch etwas besser???^^
 

Und hier kommt nun der Teil, wo ich auf die Knie falle und euch mit großen Kulleräuglein wieder ganz lieb um Kommis bitte, also ...

*hinknie und Engelsblick aufsetzt* Büüüüüüdde schreibt mir was!!!

Das unzertrennbare Band

Huhuuuuuuuu!

Ich hab's nachgezählt, dieses Chap ist eindeutig noch länger, als das vorherige. Sorry, aber kann mich selten bremsen!^^

Diesmal geht's fast ausschließlich um Sirius und James, die erste Begegnung der beiden und ihre Folgen. Dazu muss ich allerdings sagen, dass es damals als ich es geplant und geschrieben habe, den siebten Band noch nicht gab. Hab mir also selber was überlegt! *g*

Versuche mich größtenteils an Rowlings Vorgaben zu halten, aber z.B. Bellatrix und Narzissa sind bei mir auch jünger. Ich hoffe das stört euch nicht zu sehr, hab das früher einfach nicht gewusst. :(

Aber zurück zum Chap ... Äuglein aufklappen, Konzentration ansammeln und hand bitte bequem auf Maus positionieren - es geht los! =)
 

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Kapitel 4 – Das unzertrennbare Band
 

»Libenter homines id, quod volunt, credunt.«

Gern glauben die Menschen das, was sie wollen.

Gaius Iulius Caesar (100 v. Chr. – 44 v. Chr.), römischer Staatsmann, Feldherr u. Autor
 

„Schniefelus scheint über den Sommer wieder mal das Haare waschen vergessen zu haben, sein schmieriger Vorhang tropft ja fast!“, lästerte James über seinen Lieblingsfeind und -opfer.

Bedächtiges Schweigen.

Genervt musste James zur Kenntnis nehmen, dass auch dieser erneute Versuch in die Hose gegangen war.

Remus war damit beschäftigt, auf einem Stück Roastbeef rumzukauen und sich weiter über einen Fleck in seiner Hose zu ärgern, den er soeben selbst verursacht hatte.

Sein Nebenmann hingegen stach auf sein Steak ein, als wenn er es vor dem Verzehr erst noch umbringen müsste, während beide, Sirius und Remus, stets darauf bedacht waren, ihren Banknachbarn nicht mal des kleinsten Blickes zu würdigen.

Und Peter hatte vermutlich einfach nichts mitbekommen, denn er knabberte weiterhin mit glasigem Blick an seinem Salat. Seit seine Mutter, die immer besorgte Mrs. Pettigrew, ihren „Petie“ auf Diät gesetzt hatte, schien er beim Essen das Denken runter zufahren. Vielleicht um sich nicht bewusst zu machen, welch schrecklich gesundes Zeug er da zu sich nehmen musste.

„Ja, James!“, antwortete der Schwarzhaarige sich deshalb nun lautstark selbst.

„Bestimmt wird man dort, wo sein Fett drauf getropft ist, nachher durch den Tisch sehen können.“

Keine Reaktion.

Seine Freunde gingen alle immer noch ihren vorherigen Tätigkeiten nach, was James dazu veranlasste, mit dem Gedanken zu spielen, Professor McGonagall vor versammelter Mannschaft zu küssen, nur um endlich wieder Aufmerksamkeit zu bekommen, bis ihm einfiel, dass das doch ziemlich eklig wäre.

„Hast du was gesagt, James?“, fragte Peter ihn plötzlich ganz irritiert.

Anscheinend war er endlich aus seiner Trance aufgewacht.

„Nein, Peter.“, meinte James Augen rollend.

„Das hast du dir nur eingebildet.“

Von dieser Antwort vollkommen überzeugt, bekamen Peters wässrige Augen wiederum einen abwesenden Ausdruck und er mümmelte weiter sein Kaninchenfutter.

James aber verschränkte die Arme und gab ein verärgertes Stöhnen von sich.

Normalerweise ging es in ihrer Ecke immer am Lautesten und Lustigsten zu, aber wegen dieser Kleinigkeit von heute Nachmittag, hatten sich Remus und Sirius natürlich in die Wolle kriegen müssen. Und wie immer, war auch dieser erneute Streit, zwischen „Verantwortungsbewusstsein“ und „Leichtsinnigkeit“, damit geendet, dass Sirius wutentbrannt rausgestürmt war und Remus sich murmelnd und fluchend („Dieser alte Sturkopf!“) in den Jungenschlafsaal zurückgezogen hatte.

Peter hatte nur etwas bedröppelt aus der Wäsche geschaut und James hatte erst zu einer viertelstündigen Erklärung ansetzten müssen, bevor er ihn guten Gewissens zu Remus hatte hinauf schicken können, mit dem Auftrag ihn zu beruhigen, aber für gewöhnlich hatte sein besonnener Freund ja glücklicherweise weniger das Problem dargestellt.

Der wirklichen Herausforderung war nämlich James hinterher geeilt.

Sirius war von jeher ein überaus temperamentvoller und teilweise auch jähzorniger Mensch gewesen, was schon so manche Male zu mehr oder weniger großen Katastrophen geführt hatte. Oft hatte er schon Sachen getan oder besonders Dinge gesagt, die ihm im Nachhinein, so wusste es zumindest James, bitter Leid getan hatten. Doch wenn zwei Charaktereigenschaften seinen Freund wirklich beschrieben, dann waren es „Stolz“ und „Sturheit“. Obwohl … die Bezeichnung „stur“ oder „Dickkopf“ war kaum passend, sie wurde Sirius Charakter nicht im Mindesten gerecht, „Titanschädel“ traf es da schon eher.

Genau diese Eigenschaften machten es so schwer zu Sirius, nach einem Streit, durchzudringen, denn er war zu stur um einen möglichen Fehler auch nur ansatzweise zu zugeben und zu stolz, um sich nachher zu entschuldigen und wenn Sirius erstmal sauer war, dann machte er die Schotten absolut dicht für jedermann. So offen er für die meisten auch wirkte, so verschlossen konnte der Blackpross auch sein.

Wo es seinen Freund in solchen Situationen hin verzog, darüber brauchte James nicht mal mehr nachzudenken, zu oft hatten sie an diesem, Sirius’ Lieblingsort, schon zusammen gestanden und geredet, Streiche ausgeheckt, über Mitschüler gelästert, die „Qualitäten“ verschiedener Mädchen verglichen und sogar über die Zukunft philosophiert.

Es war die typische Phase des Anschweigens gefolgt, in der Sirius den beleidigten alten Hippogreif spielte und stur an James vorbei gesehen hatte, doch der hatte gewusst, wie man Sirius wieder zum Sprechen brachte.

James war wohl einer der wenigen, vermutlich sogar der Einzige, der Sirius Mauer des Schweigens überwinden konnte, seine Taktik war jedoch recht simpel:

Reden … solange bis Sirius aufgeben würde.

Diesmal hatte James eine ganze Weile gebraucht, doch schlussendlich hatte er Sirius wohl lange genug mit seinem Gequatsche genervt und die übliche Schimpfwelle war über ihn hereingebrochen. Hätte ein Fremder zugehört, er hätte gedacht, dass Sirius Blacks schlimmster Feind, Remus Lupin heißen würde.

Kurz vor dem Abendessen, war ihm Sirius dann wieder so weit entspannt geschienen, dass er wieder auf die Allgemeinheit hatte losgelassen werden können. Doch im Schlafsaal der Gryffindorjungen war dann anschließend etwas geschehen, womit James so nicht gerechnet hatte.
 

Da stand ihr braunhaariger Freund also vor ihnen, die Arme ineinander verschränkt, die Brust, an der das frisch polierte Vertrauensschülerabzeichen blinkte, war ungewohnt selbstbewusst rausgestreckt. Er wirkte ganz ruhig, aber der Ausdruck seines Gesicht war nicht der sonst so vertraut tadelnde, mit dem er seine beiden Freunde immer zur Mäßigung bewegen wollte, sondern über alle Maßen Ernst. Die goldbraunen Augen waren starr auf Sirius gerichtet. James spürte instinktiv, dass Remus diesmal nicht die üblichen sorgenvollen Sätze in petto haben würde.

Sirius blickte zerknirscht drein, James hatte ihn den ganzen Weg so weit bearbeitet, dass er nun hoffentlich, wenigstens so etwas, wie eine kleine Entschuldigung, gegenüber Remus zu Stande bringen würde.

Denn Sirius war vorhin bei ihrem Streit zeitweise wirklich beleidigend geworden, etwas was James zwischen Freunden nicht akzeptierte, genauso wenig wie er Streit mochte.

„Remus …“, Sirius befangenes Gesicht hatte einen Punkt irgendwo schräg rechts seines Freundes fixiert, „… ich … vorhin …“, brummelte Sirius schwerfällig weiter, „… das war … nicht nett.“

Zu ihrer allen Erstaunens winkte Remus allerdings ab.

„Lass gut sein, Sirius! Ich wäre nicht mit dir befreundet, hätte ich mich an deine Ausbrüche nicht längst gewöhnt.“, Sirius schien etwas beschämt, denn er senkte seinen Blick.

„Außerdem weißt du, Sirius, dass nicht ich es bin bei dem du dich entschuldigen musst, sondern Melody Roberts. Was du zu ihr gesagt hast, war wirklich mehr als gemein, es war einfach nur widerwärtig und abstoßend.“, Remus Augen schauten nicht böse auf Sirius, doch der scharfe Ton seiner Stimme verriet wie ernst ihm die ganze Sache war.

Ein kurzer Blick auf seinen besten Freund sagte James, dass die Arbeit der ganzen letzten Stunde, soeben von Remus’ zwei Sätzen zerstört worden war.

„Lässt du jetzt auch den Verrauensschüler raushängen?!“, Sirius Lippen bebten und seine Fäuste hatten sich verkrampft.

„Ich werde mich nicht bei der entschuldigen. Sie ist selbst dran schuld, dass ich so was zu ihr sage. Sie hat angefangen!“, rief Sirius wütend.

Remus blieb sehr ruhig, mit kühler Stimme verkündete er:

„Wenn du das so siehst, dann habe ich dir vorerst nichts mehr zu sagen.“

„Schön.“, knurrte Sirius zurück.

„Ich dir nämlich auch nicht.“

Beide drehten sich demonstrativ um und während Sirius eiligst aus dem Schlafsaal stürmte, die Tür hinter sich zuknallend, verschanzte sich Remus hinter einem besonders dicken Geschichtswälzer.

James sah Peter an, diese zuckte jedoch nur mit den Schultern und ließ sich auf sein Bett fallen, ein paar Schokofrösche aus seinem Geheimversteck hervorziehend. Er warf dem entnervt stöhnenden James einen zu, der dem Schokotier auch prompt den Kopf abbiss.

Das würde bestimmt noch eine lange Nacht werden!
 

Und somit waren sie wieder beim Anfang der Geschichte angelangt, was zu besagten Problem von James geführt hatte.

James hasste es zu schweigen, es bedeutete, dass man eine ganze Weile nicht reden durfte und genau das war doch eine seiner Lieblingsbeschäftigungen. Die momentane Kommunikation allerdings beschränkte sich gerade mal auf ein Minimum von Lauten. Erlaubt waren Grummeln, Brummen, Grunzen und „Reich mir mal die Kartoffeln.“.

James verstand nicht, warum Remus nicht einfach Sirius’ Entschuldigung annehmen wollte.

Warum sollte er sich bei Roberts entschuldigen?

Hatte sie nicht sogar angefangen?

„Wer austeilt, der muss auch einstecken können!“, sagte James Vater immer.

Gut, das was Sirius gesagt hatte, war vielleicht nicht ganz in Ordnung gewesen, aber er hatte es ja auch nicht zu einem anderen Menschen, sondern zu Roberts gesagt.

Und ohnehin war es eh nur das, was alle anderen seit Jahren bereits gedacht hatten, sich jedoch keiner bisher getraut hatte auszusprechen.

Niemand würde Melody Roberts je auch nur eine Träne hinterher weinen.

Niemand.

Außer vielleicht …

James wandte seine Aufmerksamkeit seinem Lieblingsanstarrobjekt zu.
 

So oft Lily konnte, warf sie dem schwarzhaarigen Jungen am anderen Ende des Tisches finstere Blicke zu.

Nicht, dass er es bemerken würde, sah er doch kaum von seinem Teller auf, aber trotzdem sandte sie ihm weiterhin einen bösartigen Gesichtsausdruck nach dem anderen zu.

Erst als ein altbekanntes Grinsegesicht, ihm gegenüber, ihr wieder mal seine Aufmerksamkeit schenken musste, wandte Lily ihren Augen entnervt ab von Black und starrte dagegen ihr kaum berührtes Essen an.

„Lily, hörst du überhaupt zu?“

Sie schreckte hoch, als sie plötzlich ihren Namen hörte.

Verwirrt blickte sie Caite an:

„Entschuldige, was hast du gesagt?“

„Was ist nur heute los mit dir?“, Caite musterte sie eindringlich.

„Du bist doch sonst nicht so unaufmerksam.“

Lily konnte eindeutig die aufrichtige Sorge in den babyblauen Augen erkennen.

„Nichts! Ich war nur in Gedanken.“, tat Lily ihre Besorgnis ab.

„Und seit wann denkst du so viel über Sirius Black nach?“, hakte Caite argwöhnisch nach.

Verblüfft sah Lily sie an.

„Lily, wir sind deine Freunde! Glaubst du uns sind deine Blicke etwa nicht aufgefallen?“, Caite gab Belli einen Seitenstoß.

„Äh, ja … genau.“, reagierte die kleine Südländerin ungewohnt träge, während sie sich die schmerzenden Rippen rieb.

Lily machte ihr keinen Vorwurf, sie hatte an Bellis ungewohnt stiller Art und der träumerischen Abwesenheit sofort erkannt, dass die Spanierin wieder mal auf Wolke 7 schwebte. Etwas, das für gewöhnlich einmal pro Woche vorkam.

„Na und? Er hat es nicht anders verdient, dieses unsensible Rhinozeros!“, verteidigte sich Lily und steigerte sich sofort wieder in ihren Hass auf diesen Jungen rein.

„Er ist ein gemeiner arroganter Schönling, den die Gefühle anderer nicht die Bertie Botts Bohne interessieren! So verletzende Worte, konnten ja nur wieder von Mr. Casanova stammen, schließlich kümmern ihn ja auch all die weinenden Mädchen nicht, denen er, nach einem kleinen Ausflug in sein Bett, das Herz gebrochen hatte, weil sie langweilig und uninteressant für ihn geworden waren! Nein, nicht doch Don Juan, den besten Freund von Sunnyboy dem Quidditchwunder! Außerdem ist er ja ein Rumtreiber, dieser …“

Aber Lily wurde leider in ihrem Vortrag über „Lily Evans’ Ansichten zum Thema Sirius Black“ unterbrochen, gerade als sie sich erst richtig warm geschimpft hatte.

„Lily, beruhig dich bitte wieder! Wir wissen alle, dass Black ein absoluter Vollidiot ist.“, erneut gab Caite Belli einen Seitenstoß.

„Äh … natürlich! Du hast absolut Recht!“

Lily wusste, dass Belli so nur Ärger entgehen wollte, denn eigentlich war sie immer die, die die vier Jungs vor Caite und besonders vor ihr verteidigte. Nur, ob es schlichtweg daran lag, dass sie diese vier Trottel witzig fand oder aber eher an der Tatsache, dass die Spanierin mal auf einer Party mit Sirius Black rumgeknutscht hatte, darüber war sich Lily bisher noch nicht sicher.

„Es geht doch“, fuhr Caite mit ernstem Blick auf Lily fort, „einzig und allein darum, wen es getroffen hat!“

„So ein Quatsch!“, kam es da etwas zu schnell von Lilys Seite.

„Egal, wer es gewesen wäre …“

„Lily, sei doch ehrlich!“, Caite sah sie durchdringend an, doch Lily wich ihren Augen aus.

„Bei jedem anderen hättest du dich vielleicht auch aufgeregt, aber bei ihr nimmst du es dir zu Herzen, als wenn du selbst das Opfer gewesen wärest.“

Lily schnaubte.

„Caite hat Recht, Lily!“, mischte sich nun auch noch Belli ein.

„Sie verdient dein Mitleid nicht, das weißt du.“

Langsam wurde Lily wirklich zornig, aber ihre Freundinnen schienen nicht mit ihren schwachsinnigen Behauptungen aufhören zu wollen.

„Du willst immer noch das Gute in ihr sehen, Lily und das seit drei Jahren. Aber du musst lernen es endlich zu akzeptieren!“

Caite ergriff Lilys Hände und zwang sie über den Tisch hinweg sie anzusehen.

„Ich bitte dich, Lily, was vorbei ist, ist nun mal vorbei.“

„Jetzt reicht’s!“

Das war der Tropfen, der das Fass bei Lily zum Überlaufen brachte oder hatte Caite da einfach nur eine wunde Stelle getroffen?

„Es hat nichts mit ihr zu tun, sondern nur mit diesem gefühllosen Obermacho, ansonsten ist sie mir vollkommen gleichgültig!“

Und mit diesen Worten erhob sich Lily Evans und ließ zwei Augen rollende Freundinnen und einen gaffenden Potter zurück.

Als Lily jedoch bei der Treppe angelangt war, wurde ihre soeben getätigte Aussage auf eine harte Probe gestellt.

Langes rotes Haar näherte sich einer straßenköterblonden Lockenmähne. Hellgrüne Augen trafen auf tief blau-grüne, aber das zaghaft aufmunternde Lächeln bekam keine Erwiderung, nur eiskalte Ignoranz.

Am liebsten wäre Lily stehen geblieben, hätte sich umgedreht und ihr etwas hinterher gerufen, auch wenn sie wusste, dass solche Aktionen nichts brachten.

Doch stattdessen lief Lily verbissen weiter, das Echo von Caites Worten hallte in ihrem Kopf immer noch nach.
 

Nur äußerst widerwillig erhob sich Sirius von seinem Platz. Den Mädchen, denen er sonst so gern zuzwinkerte, wurden heute, trotz größter Schmachterei und tiefster Ausschnitte, nicht von ihm beachtet. Er überließ es James ihren enttäuschten Fan-Club mit einem verschmitzten Lächeln zu besänftigen, Sirius war für so etwas gerade nicht in Stimmung.

Das war alles nur Roberts Schuld!

Erst gestern hatte sie ihm den Tag endgültig versaut und heute hatte sie es schon wieder geschafft. Wegen ihr allein sprach jetzt auch noch dieser sture alte Kürbiskopf nicht mehr mit ihm, allerdings hatte Sirius nicht vor an diesem Zustand vorerst etwas zu ändern, denn er verstand Remus diesmal wirklich nicht. Warum sollte er sich bei diesem Misanthropen entschuldigen, schließlich hatte sie doch angefangen!

Sirius konnte sie einfach nicht ausstehen! Dieses Mädchen, das sich in einem immerwährenden Zustand permanenter Unfreundlichkeit befand, war abweisend, kalt, arrogant, überheblich, gehässig, zynisch und eine verbohrte Streberin.

Nicht mal gut aussehen tat sie!

Alles also Gründe, die sie für Sirius weder sympathisch noch „interessant“ machten und jene Liste hätte man endlos so fortsetzten können.

Allerdings machte sie sich glücklicherweise, bis auf ein paar unfreundliche Kommentare, normalerweise nicht bemerkbar. Es hatte sogar ganze Zeiten gegeben, in denen Sirius glatt ihre Existenz vergessen hatte, so unscheinbar war sie für gewöhnlich und mied andere Menschen, wo sie nur konnte.

Und nun waren sie gerade mal zwei Tage hier und dieses Gör ging ihm schon so auf den Kesselkuchen, dass sie Sirius sogar seine Flirtlaune verdorben hatte.

Das Mädchen wurde langsam wirklich zur Plage!

Gemächlich schritt Sirius den Tisch entlang, besonders scharf war er ja nicht, jetzt sofort zum Pokalzimmer zu gehen, aber Remus hatte natürlich darauf bestanden. Allmählich ging Sirius dieses Vertrauensschülergehabe ernsthaft auf die Nerven. Hatte es ihm am Anfang noch Spaß gemacht, Remus mit seinem Abzeichen aufzuziehen, so konnte er nun den Glanz, des frisch polierten V’s, in seinen Augen nicht mehr ertragen.

Aus den Augenwinkeln, erkannte Sirius auf einmal einen nur allzu vertrauten und lästigen Haufen blonder Locken. Er wollte sie zwar eigentlich ignorieren, aber sein Blick glitt dennoch, „aus reiner Neugier“, versuchte er es sich einzureden, zu der einsamen Gestalt am Rande des Gryffindortisches. Halb über ein Buch gebeugt, löffelte sie nebenbei ihre Tomatensuppe, ihre Umgebung, dazu gehörte auch Sirius, wurde wie immer mit Nicht-Beachtung gestraft.

Sirius war eigentlich überrascht sie hier zu sehen, jedes andere Mädchen hätte sich, nach seiner Aussage, bestimmt die Augen aus dem Kopf geheult. Ihr Gesicht aber zeigte nicht mal die Spur einer Träne oder überhaupt einer Regung, es war ausdruckslos wie immer. Also, waren seine Worte wohl doch nicht so verletzend gewesen, wie Evans und Remus behauptet hatten, dachte Sirius trotzig. Vielleicht hatte dieses Mädchen aber auch schlichtweg keine Gefühle, die man hätte verletzten können.

Wie auch immer, als Sirius die große Halle verließ, vertrieb er jeden Gedanken an diesen Plagegeist aus seinem Kopf und auch die kleine Stimme aus den hinteren Gefilden (die sich verdammt nach Remus anhörte), wurde wieder hinter Schloss und Riegel gebracht und in die Tiefen seiner Hirnwindungen verbannt. Als Rumtreiber war Sirius eben sehr gut darin, sein Gewissen ständig zu ignorieren (falls es denn überhaupt mal schaffte sein Verließ zu verlassen).

Stattdessen wandte er sich schöneren Dingen zu:

Nachsitzen mit Gonni!

Eigentlich kein Grund zur Freude, aber im Moment war Sirius fast alles recht, was ihn ablenkte und immerhin fand ihr Nachsitzen diesmal im Pokalzimmer statt.

Der Gedanke daran und alle anderen, die damit verbunden waren, wurden wieder freigesetzt und schafften es wenigstens einen Teil von Sirius’ schlechter Laune wieder zu vertreiben. Er blickte seinen besten Kumpel an …
 

… und James erwiderte sein Grinsen doppelt so breit. Zum einen, weil Sirius endlich wieder normal wurde und zum anderen natürlich, weil er genau wusste, woran sein Freund gerade dachte. Manchmal kam es James selbst verrückt vor, als wenn sie zwar zwei Köpfe aber ein Hirn wären.

Nie hätte er es für möglich gehalten, dass es jemanden gab, der ihm so verdammt ähnlich war und fast musste er lachen, wenn er daran dachte, dass seine anfänglichen Gefühle gegenüber Sirius das völlige Gegenteil widergespiegelt hatten.
 

„GRYFFINDOR!“, rief der Hut lauthals.

Nein, James konnte es nicht glauben, wollte es einfach nicht wahr haben. Das war vollkommen unmöglich, der Hut musste einen Fehler gemacht haben. Noch nie, in der langen Geschichte Hogwarts, da war sich James absolut sicher, war so einer nach Gryffindor gekommen. Dumbledore würde bestimmt gleich verkünden, dass alles ein schrecklicher Irrtum gewesen sei, doch James Erwartungen wurden bitter enttäuscht.

Ihr Schulleiter war sogar einer der wenigen, der klatschte, die meisten anderen tuschelten nur schockiert oder überrascht miteinander. Mit finsterem Blick beobachtete James, wie sich der schwarzhaarige Junge elegant und mit einem, wie James fand, bösartigen Lächeln im Gesicht, zu den anderen Gryffindors begab, die auch mehr geschockt, denn begeistert aussahen.

Als er ein besonders lautes Klatschen vernahm, drehte sich James nach der Quelle um, neben einem bekannten roten Haarschopf, stand ein Mädchen mit einer langen blonden Lockenmähne und schien sich, im Gegensatz zu ihm, über die Entscheidung des Hutes sehr zu freuen.

Das machte sie von vornherein für James erstmal unsympathisch, denn er verstand nicht, warum sie das tat.

Wie konnte sie einem Black applaudieren?

Diese Familie schwarzer Magier, die, nach James Meinung, alle eigentlich nach Slytherin gehörten. Sie waren abgrundtief böse, das wusste James genau, schließlich hatte einer von ihnen seinen Großvater einst im Streit umgebracht. Seinen Opa, Ignatius Potter, den mutigen Auror und ehemaligen Zaubereiminister, den er nie kennen gelernt hatte, besiegt und getötet im Duell von einem Black.

Sirius Black.

James hatte also allen Grund, geraden diesen Black zu verabscheuen, allein nur, dass er sich seinen Namen mit einem Mörder teilte, zeigte ja bereits, was für ein Mensch er war.
 

Ja, er hatte Sirius am Anfang wirklich nicht gemocht, obwohl „gehasst“ traf es wohl besser. Die Vorrausetzungen für eine Freundschaft waren wohl mehr als denkbar schlecht, aber Dumbledore sei Dank, hatte sich die Geschichte dann ja doch vollkommen anders entwickelt als erwartet. James erinnerte sich noch genau an den heftigen Streit, mit dem alles angefangen hatte …
 

James gähnte. Hatte es ihm vorher noch gefallen, wie dieser kleine Typ ihn bewundert hatte, ging ihm „Paul“ (oder so ähnlich) mit den seltsamen Krankheitsgeschichten seiner Tante Missy, jetzt gewaltig auf die Nerven. Gelangweilt überließ es James Remus dem Zwerg, namens „Pierce“, neben ihm zuzuhören und freundlich zu nicken, als ob ihn jedes seiner Worte interessieren würde.

Den braunhaarigen Remus kannte James bereits aus dem Zug, er war ihm sehr sympathisch, allerdings ein bisschen zu pflichtbewusst und schüchtern für seinen Geschmack. Das würde James noch ändern müssen.

Er blickte am Tisch entlang nach links und seine Augen erfassten sofort den markanten Haarschopf, der aus allen anderen hervorstach.

Das lange rote Haar hing glatt über ihre Schultern, während sie sich immer wieder eine kürzere Strähne hinter das Ohr strich, ihre schneeweiße Haut war rein und unterstrich ihre auffällige Haarfarbe nochmals, aus dem Gesicht strahlte einem ein Paar freundlicher hellgrüner Augen entgegen und sie besaß ein Temperament, das genauso feurig war wie der Ton ihres Haares und das Lily Evans zu geborenen Opfer seiner Sticheleien machte.

Während James angestrengt darüber nachdachte, wie er sie nun aufs Neue reizen könnte, um ihre Aufmerksamkeit wieder zu erlangen, beobachtete er, wie sie sich angeregt mit zwei anderen Mädchen unterhielt.

Das eine war recht klein für ihr Alter und hob sich, durch ihr südländisches Aussehen, stark von den normalen englischen Bleichgesichtern ab. Viele große dunkelbraune fast schwarze Locken hingen ihren Rücken bis zur Hälfte hinab und hüpften jedes mal in einem lustigen Takt, wann immer sie auch sprach (und das tat sie eigentlich die ganze Zeit) und dieses durch starke körperliche Gestik unterstützte, dass man hätte meinen können, sie hätte irgendeine schlimme Krankheit. James erinnerte sich nicht mehr an ihren Namen, nur dass er sehr lang gewesen war und spanisch geklungen hatte.

Das andere Mädchen, neben Lily Evans, hingegen bildete zu ihren beiden auffälligen Mitschülerinnen einen mehr als starken Kontrast, konnte man sie doch mit nur einem einzigen Wort wirklich beschreiben:

unscheinbar.

Im Gegensatz zu dem südländischen Mädchen, dessen Haare gleichmäßig gelockt waren, schien ihres ein einziges Wirrwarr zu sein, denn manche Teile waren stärker gekräuselt, andere nur gewellt. Trotz des Haarbandes, mit dem sie scheinbar versucht hatte ihre Mähne zu bändigen, hingen ihr einige verwaschenblonde Haarsträhnen ins bleiche Gesicht. Überhaupt sah sie sehr blass aus, als wäre sie zu lange der Sonne nicht mehr begegnet. Ihr sonstiges Aussehen konnte man auch nur als allgemein einstufen, es war absolut durchschnittlich, nichts an ihr schien erwähnenswert oder herausragend, außer vielleicht den ausdrucksstarken blauen Augen, die nicht zu ihr zu passen schienen. Alles in allem ein Mädchen, dass man schnell vergas. Seine Mutter würde jetzt wohl höflicherweise sagen, dass das Mädchen so ein berühmtes „Allerweltsgesicht“ hätte.

Nach einiger Zeit bemerkte James, dass die drei erstaunlich oft ihren Kopf dem Tischende zu wanden, was natürlich sofort James’ Neugierde weckte. Mit seinen haselnussbraunen Augen, folgte er den ihren und was er dort erblickte, ließ ihn erstarren. Die vielen Ereignisse und neuen Eindrücke hatten James ihn vergessen lassen, doch nun entflammte erneut der Hass in ihm, Hass auf alle Schwarzmagier, Hass auf das Haus der Blacks, Hass auf den Mörder seines Großvaters, Hass auf Sirius Black.

„Du kennst ihn gar nicht! Er ist ganz anders als der Rest seiner Familie!“, erboste sich das blonde Mädchen plötzlich sehr laut.

James wusste nicht, warum sie das gesagt hatte, aber das war ihm auch egal, denn allein, dass sie es gesagt hatte war für ihn Grund genug sich einzumischen:

„Alle Blacks sind gleich! Kennst du einen, kennst du alle!“, und er funkelte den einsamen schwarzhaarigen Jungen am Ende des Tisches böse an, als wenn er ihn damit vertreiben könnte.

„Was weißt du schon, Potter!“, giftete ihn im Gegenzug die Blonde an.

„Und außerdem, hat dir deine Mama nicht beigebracht, dass man die Gespräche anderer Leute nicht belauscht?!“, fragte sie mit herablassendem Blick und hochgezogener Augenbraue.

Wie konnte die es nur wagen?

Immerhin war er James Edward Potter!

„Wer bist du denn überhaupt, dass du glaubst, du wüsstest von wem du da sprichst?“, erwiderte James zornig mit einer Gegenfrage.

„Melody Roberts.“, stellte sich das Mädchen mit wütendem Blick vor.

„Roberts“, der Name sagte James überhaupt nichts, zumindest ihr Vater war also wahrscheinlich muggelstämmig.

„Und im Gegensatz zu dir, weiß ich wenigstens, dass du absolut falsch liegst mit deinem Urteil über Sirius!“, schrie sie ihn jetzt an, dass nur so die Funken aus ihren Augen sprühten.

James wurde immer wütender auf dieses Mädchen.

Was bildete die sich ein?!

Er war unbeeindruckt von ihren Argumenten, denn so wie sie von Black redete, schien sie überhaupt keine Ahnung von ihm und seiner Familie zu haben.

„Und ob ich Recht hab! Meine Eltern sind Auroren und haben mir genug über die Blacks erzählt. Ihre Seelen sind genauso schwarz, wie ihr Name!“, blaffte er sie an.

Bevor das blonde Mädchen darauf etwas Passendes erwidern konnte, um ihren Streit fort zu setzten, mischte sich auf einmal eine knurrende Stimme vom Ende des Tisches in ihr „Gespräch“ ein.

„Hast du ein Problem damit, dass ich in deinem Haus bin, Potter?“

Sirius Blacks Augen waren zu Schlitzen verengt und betrachteten James mit drohendem Ausdruck.
 

Fünf vor acht. Sirius war sich sicher, dass Gonni bestimmt nicht eine Minute eher oder später als zur festgelegten Zeit eintreffen würde.

Beim Gedanken an seine strenge Hauslehrerin, musste er an den Moment zurückdenken, an dem er zum ersten Mal von ihr zur Schnecke gemacht worden war.
 

Sturmgraue Augen bohrten sich in haselnussbraune, man könnte meinen, dass die beiden selbst mit ihren Sehorganen einen stummen Kampf ausfochten.

„Allerdings, Black! Also, warum gehst du nicht zu deinen Slytherinfreunden, wo du hingehörst, sowie deine Schwester!“, erwiderte Potter nun und wies mit seinem Arm zum anderen Ende der Halle, wo die Schlangen saßen.

Sirius glaubte sich verhört zu haben.

Schwester?!

Seine Wut auf diesen Potter wuchs langsam ins Grenzenlose, dieser Junge hatte von nichts eine Ahnung!

„Sie ist nicht meine Schwester, sondern meine Cousine!“, knurrte Sirius und kniff die Augen zusammen.

Er erhob sich von seinem Platz, sein Blick war weiterhin nur auf Potter fixiert, dass alle anderen an ihrem Tisch bereits mithörten, registrierte er nur am Rande und war ihm auch vollkommen egal.

„Als ob es mich interessieren würde, welcher aus deiner stinkenden Familie das war. Ihr gehört doch eh alle nach Slytherin!“, Potter stand nun ebenfalls auf und hob, wie zur Drohung, seinen Zauberstab.

Dumpf nahm Sirius noch die Stimme von einem Mädchen war, das sie wohl dazu animieren wollte, aufzuhören. Aber ihre Mühe war vergebens, hier ging es schließlich nur um ihn und Potter, also tat er es ihm und gleich und zog auch seinen Zauberstab.

„Du hast doch keinen blassen Schimmer, wie man damit umgeht, Potter!“, höhnte Sirius und deutete auf die magische Waffe seines Gegenübers.

„Geh lieber und hol deine Aurorenmami, damit sie dich beschützen kann!“, rief er ihm in einem verächtlichen Ton entgegen.

„Na warte, wenn du unbedingt willst, beweis ich es dir!“, anscheinend hatte Sirius da einen Nerv getroffen.

„Ich bin ein Potter und von einem hochnäsigen Black lass ich mich bestimmt nicht beleidigen!“

Wieder hörte Sirius noch die Stimme eines Mädchens schreien, aber es war eh längst zu spät, denn er und Potter hatten ihre Zauber beide bereits ausgesprochen.

Von einem Moment auf den anderen, hatte Sirius das Gefühl, als würde er sich in eine Steinstatue verwandeln. Seine Arme und Beine schnappten beide zusammen und er viel zu Boden, nicht in der Lage auch nur den großen Zeh zu rühren. Wenigstens wusste er, dass Potter ebenfalls getroffen worden war und wäre er dazu in der Lage gewesen, Sirius hätte darüber fies gegrinst, wie der sich jetzt wahrscheinlich mit seinen tanzenden Beinen rumschlagen musste.

Aber viel Zeit zum fröhlich sein blieb Sirius nicht mehr, denn eine Stimme, die der der alten Furie Zuhause arge Konkurrenz, zumindest in Sachen Lautstärke, bereitete, ließ nun Sirius’ Trommelfell erzittern:

„POTTER! BLACK! WAS FÄLLT IHNEN EIGENTLICH EIN! KAUM SIND SIE IN DIESER SCHULE ANGEKOMMEN, SCHON VERFLUCHEN SIE SICH GEGENSEITIG!“

Er spürte den finsteren Blick von Professor McGonagall auf sich Ruhen und mit einem Male wurde ihm sehr unbehaglich. Ein schrecklicher Gedanke drängte sich in sein Bewusstsein und er wünschte sich, dass sie ihn lieber hier die ganze Nacht liegen lassen würde, als weiter zu sprechen.

Als jedoch das Gefühl in seine Peripherien zurückkehrte, wusste Sirius, dass sich sein Wunsch nicht erfüllen würde. Vor ihm stand nun eine vor Wut schnaufende Professor McGonagall, die ihre Augenbrauen und Lippen so fest zusammengepresst hatte, dass sie beide nur noch ein einziger Strich waren. Sirius fand, dass sie nun gewaltige Ähnlichkeit mit Feuribert hatte, dem bösen Drachen seines Lieblingscomics. Neben ihr stand Potter, mit etwas schmerzverzerrtem Gesicht, Professor McGonagall hatte ihn wohl den ganzen Weg, von einem zum anderen Ende des Tisches, entlang am Ohrläppchen mitgezogen.

„NOCH NIE, HAT EIN SCHÜLER MEINES HAUSES, MIR EINE SOLCHE SCHANDE GLEICH AM ERSTEN SCHULTAG BEREITET!“, ging es schreiend weiter.

„GLÜCKLICHERWEISE BRAUCHEN SIE WENGISTENS IHRE KOFFER NICHT MEHR ZU PACKEN, ALSO KÖNNEN SIE SOFORT DEN LETZTEN ZUG NOCH NACH LONDON ZURÜCK NEHMEN!“

Sirius starrte sie voller Entsetzten an. Nein, er wollte nicht wieder nach Hause, nicht zurück in dieses Gefängnis. Hogwarts war doch all die Jahre immer sein einziger Lichtblick gewesen, dass worauf er sich am meisten gefreut hatte, ihm Hoffnung geschenkt hatte.

Und jetzt sollte er es schon wieder verlassen?

Das war alles nur Potters Schuld!
 

James hörte Schritte. Natürlich, um Punkt acht Uhr kam ihre Hauslehrerin, den Gang hinunter geschritten.

So wie sie guckte, würde das wohl wieder mal eine sehr, sehr lange Nacht werden!

James konnte nicht wirklich sagen, dass er sich darüber freute das Pokalzimmer zu putzen, besonders nicht, wenn man Schleimbombenreste von den Vitrinen kratzten durfte.

„Schauen Sie nicht so, Mr. Potter!“, rief die Professorin ihm entgegen.

Die Worte kamen ihm sehr bekannt vor.
 

„SCHAUEN SIE NICHT SO!“, wies die Professorin sie beide zurecht.

Sie musste leiser fortfahren, denn von vielem Schreien war sie bereits heiser geworden.

„Die Konsequenzen hätten Sie sich vorher überlegen müssen!“

Konsequenzen?

Nein, über so was hatte James noch nie in seinem Leben nachgedacht. Egal, was er bisher immer angestellt hatte, normalerweise hatten seine Eltern ihm spätestens verziehen, wenn er sein Unschuldslächeln aufgesetzt hatte.

Das er Hogwarts jetzt allein wegen Black verlassen sollte, wollte James nicht akzeptieren, würde er nicht akzeptieren. Das war ganz klar Blacks Fehler, wäre er nicht in James’ Haus gekommen, dann hätte dieser auch nie einen Streit mit ihm begonnen.

„MINERVA!“ rief da auf einmal eine sanfte, aber bestimmte Stimme.

Die imposante Person des Schulleiters, Professor Dumbledore, trat direkt neben seine Hauslehrerin.

„Minerva, ich denke nicht, dass diese beiden jungen Herren uns schon an Ihrem ersten Tag wieder verlassen sollten.“

Nicht?

James spürte, wie sich sein Gesicht spontan wieder erhellte, am liebsten würde er Professor Dumbledore jetzt vor lauter Glück um den Hals fallen.

Professor McGonagall schnaubte jedoch nur.

Ohne darauf einzugehen, fuhr Dumbledore ruhig fort:

„Zweifelsohne haben Sie einen Fehler begangen, doch ich denke mit der richtigen Strafe“, er funkelte dabei ihn und Black mysteriös durch seine Halbmondgläser an, „wird das nicht wieder vorkommen. Außerdem musst du doch zugeben, dass sie scheinbar sehr talentiert sind, wenn sie diese Flüche bereits an ihrem ersten Abend beherrschen.“

Professor McGonagall sah so aus, als würde sie sich Dumbledores Worte noch einige Mal gut durch den Kopf gehen lassen, bevor sie ihm mit einem kurzen Nicken zustimmte.

Schwer erleichtert atmete James aus, angewidert nahm er war, dass sein Nebenmann leider auf dieselbe Idee gekommen war. Bevor er und Black sich jedoch wieder hasserfüllt anfunkeln konnten, übernahm Professor McGonagall diese Aufgabe.

„Freuen Sie sich nicht zu früh. 30 Punkte Abzug…“, Black und er starrten zu Boden, „…für jeden von Ihnen!“

„Was!“ riefen beide gleichzeitig empört, erneut warfen sich grimmige Blicke zu und starrten lieber wieder ihre Füße an.

„GANZ RECHT!“, wiederholte die Professorin nochmals laut.

„Dreißig Punkte für Sie beide! Es macht sowieso nichts, wie ich gesehen habe, stehen wir schon längst in den Minuspunkten, da wohl bereits ein anderer, vor Ihnen, Ihre Maßstäbe an Intelligenz gezeigt hat!“

James war überrascht das zu hören, er fragte sich zwar, welcher Gryffindor, dass gewesen sein könnte, aber das war jetzt nicht seine Angelegenheit.

„Ich muss mir jetzt nur noch eine Strafe für Sie einfallen lassen…“, murmelte seine Hauslehrerin nachdenklich.

Da ergriff plötzlich Dumbledore wieder das Wort:

„Minerva.“ sprach er freundlich, aber bestimmt zu ihr.

„Ich weiß, dass es eigentlich deine Aufgabe ist Ihnen eine Strafarbeit zu geben, allerdings muss ich dich dieses eine Mal bitten, dies mir zu überlassen.“

Fast schon empört schaute Minerva McGonagall ihn an.

„Aber Albus…“

Er hob die Hand.

„Kein aber Minerva! Ich muss dich darum bitten, doch verspreche ich dir, die Strafe wird nicht zu mild ausfallen.“

James fragte sich, welche Strafe Professor Dumbledore da für ihn und Black parat hielt, aber schlimmer als die von Professor McGonagall, konnte sie ja gar nicht sein.

„Da Mr. Potter und Mr. Black aufgrund von persönlichen Differenzen ihren Streit angefangen haben“, verkündete der Schulleiter an alle gerichtet, „geben ich ihnen eine Woche, um ihre Probleme miteinander aus der Welt zu schaffen.“

Verblüfft sah James den Schulleiter an.

Das war alles?

Kein Putzen, kein Schulregelnabschreiben, kein Nachsitzen, kein Bücher abstauben in der Bibliothek, nichts von alledem, worauf sein Vater ihn vorbereitet hatte?

Anscheinend wollte seine Hauslehrerin gerade aus demselben Gedanken dem Schulleiter ins Wort fallen, doch dieser gebot ihr Ruhe zu wahren.

„Damit dies jedoch auch klappt, halte ich es für das beste, wenn sich die beiden etwas näher kennen lernen.“, angewidert schaute James Black an.

Als ob er ihn besser kennen lernen wollte, er wusste doch bereits alles über Black, was er wissen musste.

„Dazu werde ich Sie auf magische Weise miteinander verbinden, sodass Sie sich, eine ganze Woche, nicht weiter als zwei Meter voneinander entfernen können.“

Zum ersten Mal in seinem Leben war James wirklich sprachlos.

Er wusste nicht, was er auf die Ankündigung des alten Mannes erwidern sollte und selbst wenn er es gewusst hätte, hätte er vor lauter Schreck keinen Ton rausbekommen.

Dumbledores Worte schienen sich mächtig Zeit zu lassen, auf ihrem Weg von James’ Ohr bis hinauf zum Sprachverarbeitungszentrum, dann langsam Drang die schreckliche Wahrheit in James’ Bewusstsein und das erste was sein Körper wieder von der Starre freigab, war natürlich sein Mundwerk.

„Da-Das kann doch nicht…kann doch nicht…“

„…mein Ernst sein, Mr. Potter?“ fragte er James, blitzte ihn dabei, aber fröhlich an.

„O doch, Mr. Potter! Das ist mein voller Ernst. Ich denke, dass es sogar eine der besten Ideen ist, die ich je hatte! Also, wenn Sie kurz einmal still halten würden…“ Dumbledore schwenkte kurz seinen Zauberstab und murmelte dabei einige Worte, während James nur entsetzt zu sehen konnte.

Dann strahlte Dumbledore sie wieder an:

„Das wäre geschafft! In einer Woche, genau um diese Zeit, sind Sie erlöst. Ich hoffe, dass bis dahin alles zwischen Ihnen geklärt ist.“

James konnte nicht mehr klar denken, er starrte auf seinen Arm und überlegte, ob das gerade wirklich passiert war oder ob seine Mutter gleich in sein Zimmer kommen würde, um ihn zu wecken.

Neben ihm fand Black wohl gerade erst seine Stimme wieder:

„Aber, Professor, eine Woche! Das überlebt keiner von uns!“

Ausnahmsweise (und James tat das wirklich nicht gern) musste er Black sogar zustimmen. Eine Woche wäre ihr beider Todesurteil und James fand doch, dass es vollkommen ausreichen würde, wenn Black stürbe, denn er hing sehr an seinem Leben.

„Mr. Black, ich dulde keine Widerworte mehr. Die eine Woche wird schneller vergehen, als Sie wahrscheinlich denken und jetzt wünsche ich Ihnen noch einen guten Appetit!“

Mit einem verschmitzten Lächeln drehte er sich um und ging zum Lehrertisch, gefolgt von Professor McGonagall.

Um sie herum, brach das Leben wieder aus und alle widmeten sich wieder ihren Gesprächen zu. Er und Black jedoch verweilten an dem Platz, wo ihr Schulleiter sie zurückgelassen hatte. Lieber funkelten sie sich noch ein bisschen gegenseitig an und wünschten dem anderen ein paar Furunkel an die unangenehmsten Stellen.

Aus dem Hintergrund hörte James eine vertraute Stimme nur ein einziges Wort sagen:

„Kindsköpfe!“
 

„Meine Herren! Sie wissen glaube ich gut genug, was Sie zu tun haben und wo Sie alles nötige finden werden. Die Regeln sind wie immer, keine Zauberei, keine sonstige Hilfe von Außen und stellen Sie vor allem keinen weiteren Blödsinn an! Gegen Mitternacht werden entweder ich oder Mr. Filch Sie drei“, die Professorin deutete auf James, Peter und Remus, „abholen.“

Dann wandte sie sich an ihn:

„Sie, Mr. Black, werden ja noch ein bisschen länger bleiben. Und wagen Sie es ja nicht zwischendurch abzuhauen, denn ich werde Sie erst persönlich entlassen!“

„Käme nie auf den Gedanken.“, murmelte Sirius entnervt.

„Das will ich auch hoffen!“, sagte seine Hauslehrerin scharf.

„Nun, fangen Sie an, bevor der Schleim noch fester wird!“, mit diesen Worten verabschiedete sich die Verwandlungslehrerin von den Vieren, die jetzt schweigend mit ihrer Arbeit begannen.

Sirius nahm den Spachtel in die Hand und ging zur ersten Vitrine. Hinter dem grünen Schleim am Glas, konnte Sirius die goldenen Quidditchpokale nur noch erahnen. In seinem Kopf verfluchte er den Poltergeist, auf jede nur erdenkliche Weise, als er anfing das nach alten Schweißsocken stinkende Zeug von der Scheibe zu kratzen und dabei auch noch feststellen musste, dass es inzwischen härter als jeder Felsbrocken geworden war. Er wollte nicht daran denken, wie müde er morgen früh auf alle Fälle sein würde.
 

Sirius fühlte sich wie gerädert. Kein Wunder, er hatte ja auch die ganze Nacht lang kein Auge zu bekommen. Noch mal schoss er dem Junge neben sich am Tisch einen wütenden Blick zu, bevor er ihn wieder ignorierte und sich seinem Frühstück widmete, aber auch die riesige Auswahl an Essen konnte ihn heute morgen irgendwie nicht wirklich aufheitern. Als er in der Früh in den Spiegel geschaut hatte, hatte ihn ja fast die Trollkeule getroffen, beim Anblick seiner leichenblassen Haut und den schwarzen Ringen unter seinen Augen. Sein nervtötender Zwilling, der aus unerfindlichen Gründen leider trotzdem frisch erholt aussah, hatte natürlich nichts Besseres zu tun gehabt, als darauf einen fiesen Spruch zu lassen. Und somit war der Streit, der die ganze Nacht gedauert hatte, also auch gleich am Dienstagmorgen fröhlich weitergegangen.

Ein lautes Krächzen und Flügelschlagen ließ Sirius aufblicken. Hunderte Eulen kamen in die große Halle herein geschwebt, um ihren Job als Postbote gerecht zu werden. Aus den Augenwinkeln beobachtete Sirius, wie ein großer dunkelbrauner Uhu auch vor seinem verhassten Anhängsel halt machte. Potters mürrisches Gesicht erhellte sich sogleich, als er sein Päckchen öffnete und die vielen bunten Süßigkeiten darin erblickte. Genüsslich kauend, ließ er sich es schmecken und reichte seinen farbenfrohen Süßkram den Tisch entlang weiter, Sirius bekam selbstverständlich nichts ab.

Irgendwie schmeckte Sirius sein Frühstück nun noch viel schlechter, aber eigentlich war er nicht neidisch auf Potter, sondern sogar sehr froh keine Post bekommen zu haben. Trotzdem wollte das drückende Gefühl in seinem Magen nicht vergehen, er konnte sich nicht mehr erinnern, wann er das letzte Mal Schokolade geschenkt bekommen hatte.

Ein Krächzen vor ihm, ließ Sirius plötzlich aufschauen.

Dort, zwischen Speck und Baked Beans, saß ein großer Vogel, dessen Gefieder fast gänzlich schwarz war, bis auf die grauen Stellen an Hals und Brust.

„Corvus!“, stammelte Sirius entsetzt.

Aus seinem spitzen kohlefarbenem Schnabel erklang, wie zur Zustimmung, ein erneutes Krächzen.

Die Nebelkrähe war der Briefträger der Familie Black und schon seit Generationen ihr Markenzeichen. Jeder familiäre Zweig hatte seine eigene Zucht und die Tiere durften sich selbstverständlich nur untereinander paaren, denn schließlich konnte man ja nicht zulassen, dass sich das Blut des Haustiers mit dem von gewöhnlichen Wildkrähen vermischte, man musste wissen, wo sein Bote seine Wurzeln hatte.

Als Sirius Blick auf den Brief fiel, den Corvus ans Bein gebunden hatte, stockte ihm für den Moment der Atem.

Er war feuerrot.

Ein Heuler!

Sirius spürte die intensiv interessierten Augen seiner Tischnachbarn, insbesondere die von Potter auf sich Ruhen und gab sich von daher größte Mühe, den Brief möglichst schnell und ohne zittrige Hände, an sich zu nehmen.

Als Corvus befreit war, verabschiedete er sich mit einem letzten lauten Krähenlaut, der fast schon nach Hohn klang und ließ noch eine seiner schwarzen Federn, als Andenken, auf dem Tisch zurück.

„Los, steh auf!“, wandte sich Sirius barsch an seinen Nebenmann, denn er wusste, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb.

Potter aber ignorierte ihn und aß seelenruhig weiter.

„Jetzt komm schon, POTTER! ICH HAB ECHT KEINEN BOCK DAS HIER DRIN ZU MACHEN!“, schrie Sirius nun halb aus Angst halb aus Verzweiflung, was da gleich auf ihn zukommen würde.

„Für dich, beweg ich mich doch nicht von meinem Frühstück weg, BLACK!“, schnauzte er Sirius an.

In seiner Verzweifelung und Wut über Potter, tat Sirius nun etwas sehr Dummes, was er allerdings erst zu spät als solches erkannte. Er versuchte von Potter wegzukommen und für einen Moment, nicht einmal eine Sekunde lang, dachte er, es würde tatsächlich klappen, doch dann machte sich der Zauber von Dumbledore bemerkbar.

Zwei Meter und nicht weiter kam Sirius, dann haute es ihn von den Beinen und er wurde zurückgezogen. Potter zog ihn an, wie eine Veela die Männer. Dummerweise (als wenn Sirius Unglück nicht schon perfekt wäre), fiel ihm der Brief aus der Hand. Schockiert beobachtete Sirius wie das rote Etwas zu Boden flatterte, ganz langsam, die Zeit schien stehen zu bleiben … und dann kam, was kommen musste.

„SIRIUS ORION BLACK!“, eine unangenehme Stimme, noch zehnmal lauter und schriller als sonst, ließ Sirius zusammenzucken und selbst die schwebenden Kerzen erzittern.

„DU BLUTSVERRÄTER, WIE KONNTEST DU DAS UNSERER FAMILIE NUR ANTUN! DER NAME „BLACK“ BEDEUTET DIR REIN GAR NICHTS! WIE KONNTEST DU NUR ZULASSEN, DASS DU IN GRYFFINDOR GELANDET BIST?! UND DANN LÄSST DU DICH AUCH NOCH AN DIESEN POTTERJUNGEN BINDEN! DU BIST, WIE IMMER NICHTS WEITER, ALS EINE SCHANDE FÜR DEINEN VATER UND MICH! SEI FROH, DASS WIR DICH NICHT NACH HAUSE HOLEN, DENN DANN KÖNNTEST DU WAS ERLEBEN!

WEHE DIR, DASS ICH NOCH MEHR SCHLECHTE SACHEN ÜBER DICH HÖRE, DENN DANN SOLLTEST DU ES NIE MEHR WAGEN, DASS NOBLE UND FÜRNEHME HAUS DER BLACKS ZU BETRETEN!“

Das war das Ende von Mrs. Blacks Standpauke, der Brief zerfledderte sich anschließend selbst und ging schlussendlich in Flammen auf. Wie versteinert sah Sirius auf die Stelle, von wo er gerade noch vom Heuler angeschrieen worden war. In der ganzen Halle war es mucksmäuschenstill, jeder hatte Sirius persönliche Demütigung mitbekommen und wartete anscheinend jetzt seine Reaktion ab.

Da vernahm er auf einmal ein leises Kichern vom anderen Ende der Halle, das rasch immer lauter und ausgelassener wurde.

O diese arrogante Lache kannte er mehr als gut!

Der nächste Moment kam und ging und hätte man Sirius nachher gefragt, er hätte nicht sagen können, welchen Zauber er benutzt hatte, so schnell war dieser Augenblick an ihm vorbeigezogen. Das schwarzhaarige Mädchen lag zusammengekrümmt an der Wand, aber in Sirius blieb weiterhin das Gefühl unbändiger Wut zurück.

„MR. BLACK!“, zum zweiten Mal wurde Sirius heute angeschrieen, doch diesmal von Professor McGonagall.

„Was fällt Ihnen eigentlich ein! Wie können Sie es wagen vor meinen Augen schon wieder den Zauberstab gegen einen Ihrer Mitschüler zu erheben! Und dann auch noch gegen Ihre eigene Cousine!“

Professor McGonagall sah ihn ähnlich an wie gestern Abend, doch diesmal jagten ihre zusammengekniffenen Adleraugen und die Zornesfalten Sirius keine Angst mehr ein.

Er gab nur ein verächtliches Schnauben von sich, da er wusste, dass jedes weitere Wort von ihm, ihn nur tiefer in den Drachenmist reiten würde.

„Wenn das so ist, haben Sie bestimmt nichts dagegen zwei Wochen nachzusitzen Mr. Black! Außerdem werde ich den Schulleiter von Ihrem erneuten Regelbruch unterrichten. Ach und zwanzig Punkte Abzug von Gryffindor und seien Sie froh, wenn Professor Slughorn Ihnen nicht noch weitere abzieht!“, keifte sie.

„Professor, Sie können ihm keine Woche Nachsitzen geben!“

Überrascht sahen McGonagall und besonders Sirius, Potter an.

„Jedenfalls nicht diese Woche. Denn sonst müsste ich ja mit und ich hab doch diesmal wirklich nichts gemacht!“

War ja klar! Wie hatte Sirius auch nur für eine Sekunde denken können, dass Potter so nett wäre sich für ihn einzusetzen. Es ging hier nicht um Mitleid, sondern um puren Eigennutz.

„Tut mir ja Leid, Potter, aber das haben Sie sich selbst zu zuschreiben, dank Ihres glorreichen Verhaltens vom gestrigen Abend. Also wird es Ihnen auch gar nicht schaden, Mr. Black bei seiner Arbeit, zu helfen!“

Sie schenkte Potter einen letzten drohenden Blick und ging dann auf Bellatrix zu, um sie in den Krankenflügel zu bringen.

„Vielen Dank auch, Black!“, zischte Potter, als die Professorin außer Hörweite war.

„Gern geschehen, Potter!“, zischte Sirius schlecht gelaunt zurück.

Die Woche wurde wirklich immer besser!
 

Mit dem Ärmel wischte sich James den Schweiß von der Stirn, seine erste Vitrine hatte er von den gröbsten Schleimspuren befreit, jetzt stank er von den Ellbogen abwärts wie ein Schweizer Käse. Nun kam aber erst der richtig lustige Teil, mit einem Spezialreiniger durfte James nun solange über das Glas wischen, bis es auch vom allerletzten grünen Krümel befreit war und danach würde es mit Sleek’s Scheibenpolitur weitergehen, bis alles wieder Kratzer frei wäre und er Blasen an den Händen hätte.

James stöhnte bei dem Gedanken an die viele Arbeit, die ihm noch bevorstand, putzte aber trotzdem brav weiter, Gonni’s Rumtreibermaß war schließlich für die Hälfte Woche schon genug gesättigt und seinen neuen Status als Teamkapitän der Gryffindors war er nicht scharf drauf sofort wieder zu verlieren, geschweige denn seinen Besen als Brennholz missbrauchen zu lassen.

Also, versuchte sich James die Arbeit etwas schmackhafter zu machen, in dem er sich mit seinem Lieblingstraum ablenkte. Es war immer genau dieselbe Szene, mit derselben Person, doch wurde James nicht müde, es sich immer wieder ganz genau auszumalen. Nicht mal Sirius wusste etwas von diesem Traum, er hätte James wahrscheinlich bloß ausgelacht, aber in seinem tiefsten Innern hoffte James stets, dass dieser Traum wahr werden würde.
 

Und während James nun genauso abwesend seinen Gedanken nachhing, wie seine drei Freunde, bemerkte keiner von ihnen, wie sich die dunkle alte Tür langsam öffnete, aufmerksam darauf bedacht kein Geräusch zu verursachen. Etwas huschte hinein, doch die vier Jungs hatten alle ihren Rücken der Tür zugewandt. Auf leisen Sohlen näherten sich die dunklen Schatten den ahnungslosen Gryffindors, als ein plötzliches Scheppern, alle Anwesenden zusammenzucken ließ …
 


 

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@Wolfdemon-Ai:Großes Dankeschön für dein Kommi!^^

Joah, bei Mel ist das so ein zwiespältiges Gefühl, ob man sie jetzt bedauern oder verachten soll. Aber verspreche, dass sie nicht immer so kalt bleiben wird, sie wird sich im Laufe der Zeit ... verändern. ;)
 

@Nicce: Thanks! Hach, wer hört so was nicht gern? *lol*
 

@eva-04: Hey du!^^

Die Antwort auf Lilys Frage ... hm, die ist wirklich interessant. Ich denke, wir werden im Laufe des fünften Schuljahrs teile davon erfahren, aber so richtig ... nee, da lass ich mir noch Zeit. :P Wichtig wäre allerdings auch zu wissen, nach was genau Lilys "warum" eigentlich fragt.^^

Ob es Mel wirklich getroffen hat??? Zuerst würde ich sagen nein, aber dann auch vielleicht auf eine gewisse Weise wieder ja ...

Mels Denkweise lernt man noch verstehen. ;)
 

@whatever92: Ein neuer Leser! *Jubelschrei*

Puh, gut dass dir die Länge gefällt, das war bisher nämlich noch nichts im Gegensatz zu einem Chap, das noch kommt.^^

"Sinvoller Inhalt"? *lol* Das hört sich doch mal toll an! ;)

Also, die kaum Fehler *hust* ... ähm, ja ... bin zwar nicht ganz doof, aber das meiste dürfte dann doch eher meiner Beta Tschini zu verdanken sein, die ich peinlicherweise bisher vergessen habe zu erwähnen. *upps*
 

Kommis, please!!! *extremliebguck*

Déjà-vu

Hey Leutz!

Nachdem ich euch letztes Mal mit so einem fiesen kleinen Cliff hab hängen lassen, kommt auch schon ganz schnell wieder das nächste Chap. Ich denke aber, dass das Ende euch etwas ... verwirren könnte. *g*

Aber es klärt sich früher oder später (eher später^^) alles auf!

Na ja, denn sach ich mal wieder Äktschn - es geht weiter!!!^^
 

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Kapitel 5 – Déjà-vu
 

„Es gibt Dinge, die man nicht gemeinsam erleben kann, ohne dass man Freundschaft schließt, und einen fast vier Meter großen Bergtroll zu erlegen gehört gewiss dazu.“

Harry Potter und der Stein der Weisen
 

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Und während James nun genauso abwesend seinen Gedanken nachhing, wie seine drei Freunde, bemerkte keiner von ihnen, wie sich die dunkle alte Tür langsam öffnete, aufmerksam darauf bedacht kein Geräusch zu verursachen. Etwas huschte hinein, doch die vier Jungs hatten alle ihren Rücken der Tür zugewandt. Auf leisen Sohlen näherten sich die dunklen Schatten den ahnungslosen Gryffindors, als ein plötzliches Scheppern alle Anwesenden zusammenzucken ließ …
 

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Sirius stampfte mit dem Fuß auf und fluchte unüberhörbar laut vor sich hin.

„Dieser verdammte bescheuerte Geist!“, entfuhr es ihm.

Seine Freunde warfen ihm alle einen kurzen Seitenblick zu, Remus verdrehte die Augen, Peter guckte erschrocken und James grinste breit, bevor sich alle wieder abwandten und ihre Aufmerksamkeit auf ihre Arbeit zurücklenkten.

Wütend bückte Sirius sich nach dem schleimbespritzten silbernen Pokal, der durch den Fall und den darauf folgenden Aufprall immer noch leicht hin und her schaukelte. Er konnte nur hoffen, dass dieser keine Macke abbekommen hatte, denn sonst würde es gewaltig Rappeln im Kessel! Gonni würde dafür sorgen, dass er den Rest seines Lebens putzend in diesem Zimmer zubrachte, betrachtete sie doch jedes verrostete Metallstück als Heiligtum dieser Schule.

O dieser vermaledeite Geist!

Sein Glück, dass er schon tot war. Denn ansonsten hätte es passieren können, dass Sirius sich beim Gedanken an die viele Extraarbeit selbst vergessen hätte. Peeves hatte nämlich nicht nur außerhalb seine Spuren hinterlassen. Was vorher durch dicke Schleimmauern dem Auge verborgen geblieben war, kam jetzt zum Vorschein. Dieser Blödmann hatte sich ebenfalls auch einen Spaß daraus gemacht, seine Bomben in den Vitrinen zu zünden und somit Sirius und seinen Freunden noch mehr Arbeit beschert.

Wut und eine gewisse Nervosität (Sirius hatte einmal erlebt, wie Gonni reagierte, wenn dem Schulsilber etwas zustieß und bei Merlin, er war nicht scharf darauf noch mal drei Tage lang ein Klingeln in seinen Ohren zu hören) beflügelten Sirius’ Hände und schnell war das silberne Metall wieder von allen Spuren von Peeves’ Untaten befreit. Zu seiner großen Erleichterung stellte Sirius fest, dass sich keine Kratzer oder sonstige etwaige Beschädigungen auf der Siegesauszeichnung fanden. Mit dem Lappen ging er wiederholt über einige Stellen, er wusste, dass den Adleraugen seiner Hauslehrerin nichts entgehen würde, doch das silbrige Metall schimmerte weiterhin glatt und rein, Sirius konnte sogar sein eigenes Spiegelbild daraus zurückblinzeln sehen.

Einen Moment lang starrte er es einfach nur an und betrachtete für sich sein erschöpftes und müdes Gesicht, bis etwas anderes seine Aufmerksamkeit ablenkte. Sirius runzelte die Stirn und fixierte die Spiegelung des Pokals noch genauer mit seinen grauen Augen.

War es ihm nur so vorkommen oder war da tatsächlich …

Angestrengt beobachtete er weiter sein Spiegelbild, aber als er auch nach einer Weile nichts außer seinem eigenen Gesicht darin erkennen konnte, stellte er den Pokal behutsam zurück auf seinen Platz im Schrank. Er wollte sich schon dem nächsten Objekt zuwenden, da warf er dem glänzenden Metall noch einen letzten Blick zu.

Sirius riss die Augen auf und drehte sich um.

Zu spät.
 

Wütend wischte Sirius einen weiteren Pokal ab. Wann immer er auch in die Spiegelung des silbernen Metalls hineinblickte, hatte er das Gefühl, dass sein dummes Cousinchen ihn daraus entgegengrinsen würde. Mit seinem Lappen versuchte er ihre höhnische Visage zu entfernen. Vergebens.

Dass heute bereits Samstag war, änderte nichts an der Tatsache, dass dieser Heuler Sirius noch immer schwer im Magen lag.

Wie könnte er auch jemals diese Demütigung vor der gesamten Schülerschaft Hogwarts’ vergessen?

Außerdem gab es ja genug Leute, die ihn scheinbar ständig daran erinnern wollten:

James Potter oder sein „nerviges Anhängsel“, wie Sirius ihn ebenfalls gern bezeichnete, Professor McGonagall, mit ihrem bösen Blick und noch bösartigeren Strafarbeiten (Myrthes Lebensgeschichte konnte er inzwischen auswendig runterbeten, so oft hatte sie sie dahergeflennt) und zu guter letzt gab es ja auch noch die Slytherins, die ihn jedes Mal auf so eine gemeine und hinterhältige Weise angrinsten, dass es Sirius fast schon kalt den Rücken runter lief.

Er wurde das Gefühl nicht los, dass da noch was auf ihn zukommen würde, aber einen zweiten Heuler würde er auch noch verkraften, Hauptsache er hatte sich für die erste Demütigung gerächt. Er mochte jetzt hier stehen und putzen müssen, aber Bellas erschrockene Fratze war es eindeutig wert gewesen!

Dieses Biest hätte nicht mal anfangen brauchen zu kichern, als wenn Sirius nicht auch so gewusst hätte, wem er diesen freundlichen Brief seiner werten Frau Mama zu verdanken hatte.

Schon immer war Bella nämlich eine kleinen Petze gewesen, egal was sie hatte besser dastehen lassen, Bella hatte es unter Garantie weitererzählt, wie andere unter den Folgen ihres Handelns zu leiden hatten, interessierte sie nicht. Ja, manchmal dachte Sirius sogar, dass sie es genoss. Es gab nur eine Sache, die für Bella wichtig war, bei ihren Eltern die ungeschlagene Nummer eins zu sein. So hatte sie damals auch ohne zu zögern das Geheimnis von Andromeda ausgeplaudert, nachdem diese ihrer Schwester anvertraut hatte, einen muggelstämmigen Zauberer zu lieben. Die Wahrheit hatte Sirius’ Lieblingscousine dazu gezwungen, das Haus, im Interesse des Lebens ihres Freundes und ihres eigenen, sofort zu verlassen. Sirius war zehn Jahre alt, als er mit ansehen musste, wie seine Mutter und sein Onkel Cygnus seine geliebte Cousine bei Nacht und Nebel aus dem Haus jagten. Es war Weihnachten 1970 gewesen.

Aber so liebenswürdig und vertrauensvoll war eben sein Cousinchen, später hatte Sirius Bellatrix selbst Andromeda als „Schlammblüterfreund“ und „Blutsverräter“ beschimpfen hören, was sie natürlich nochmals in der Familienachtung hatte aufsteigen lassen. Ja, Bella wurde wahrscheinlich noch mehr als Narzissa, das brave schöne Mädchen, das niemals Fragen stellte oder Widerworte gab, als Rettung der Familienehre betrachtet, nachdem Droma es sogar gewagt hatte, ihren Schlammblutfreund, Ted Tonks, zu heiraten. Seine Mutter hätte diesen Sommer fast den gesamten Wandteppich abgefackelt, als sie vollkommen außer sich, Dromas Namen aus ihrem Stammbaum entfernt hatte. Zu Sirius’ größtem Bedauern war es Kreacher jedoch gelungen, ihn zu retten.

O ja, wie sehr liebte Sirius doch seine wunderbare Familie, in der es nur so vor Herzlichkeit und Liebe wimmelte!

„Black“, dieser dumme schlichte Name, auf den jeder seiner Verwandten so verdammt stolz war ihn zu tragen, hatte ihm bisher nur Ärger eingebracht. Wie lange hatte Sirius sich ausgemalt nach Hogwarts zu kommen und echte Freunde zu finden, nicht solche hohlen und arroganten Idioten mit denen seine Eltern immer wollten, dass er sich mit ihnen anfreundete. Nein, wahre Freunde, die mit ihm durch dick und dünn gehen würden und bereit wären jeden noch so verrückten Mist mit ihm anzustellen, sowie die Personen aus den Comics, die Sirius früher aus den Mülltonnen der Muggelnachbarn heimlich stibitzt hatte. Aber wie immer war ihm sein guter Name vorausgeeilt und womit man ihn in Slytherin mit offenen Armen begrüßt hätte, löste bei den Gryffindors pures Misstrauen aus.

Aus den Augenwinkeln blickte er kurz zu Potter, der grimmig eine Medaille für besondere Verdienste an der Schule polierte. Irgendwie konnte Sirius ja verstehen, dass dieser sauer war, wegen der zusätzlichen Strafarbeit, andererseits war es wiederum auch seine Schuld gewesen, wenn dieser nicht hatte aufstehen wollen.

Wenigstens nervte Potter ihn heute nicht wieder mal mit irgendeinem dummen Streit. Warum dieser Junge ihn so unglaublich verabscheute, war Sirius schleierhaft, schließlich hatte er ihm nie etwas getan, war ihm nicht mal auf einem dieser langweiligen Feste seiner Eltern begegnet (Potters wurden grundsätzlich bei allen Einladungen übergangen) und trotzdem schien ihm Hass noch fast ein untertriebenes Wort, wenn er an Potters Gefühle ihm gegenüber dachte.

Aber was interessierte Sirius Potters merkwürdiges Gefühlsleben!

Morgen würde er ihn endlich los sein, Sirius konnte den Moment kaum mehr abwarten, in der er seine Freiheit zurück erlangen und auch endlich seine Privatsphäre auf dem Klo zurückbekommen würde.

Er hatte mal gehört, dass kein Mädchen alleine auf die Toilette gehen könnte, aber nach dieser Woche mit Potter war er überzeugt, dass Jungs eindeutig nicht für so etwas geschaffen worden waren. Von jetzt an war sich Sirius sicher, dass er auf ewig seine Einsamkeit mit dem weißen kalten Ding unter ihm genießen würde.

Das Licht der weißen Wandkerzen ließ den silbernen Pokal in Sirius’ Händen sanft schimmern.

Wie er so das Lichtspiel auf dem Pokal beobachtete, nahm Sirius wie in Zeitlupe eine Bewegung hinter ihm war und die darauf folgenden roten Funken. Gerade noch rechtzeitig drehte sich Sirius um.
 

Der Zauber hatte ihn bereits getroffen, Sirius konnte sich nicht mehr von der Stelle rühren. Seine Arme, seine Beine, ja sein gesamter Körper fühlten sich merkwürdig taub an, als wenn all diese Dinge nicht mehr zu ihm gehören würden. Wenn er sie nicht hätte sehen können und gewusst, dass sie da wären, Sirius hätte das Gefühl gehabt frei in der Luft zu schweben, nur ein kleiner Teil seines Gesichts von ihm vorhanden, alles andere spürte er nicht mehr.

Ein Zauberstab wurde ihm an die Kehle gedrückt, es war ein seltsames Gefühl, seinen Hals eigentlich nicht mehr wirklich wahrzunehmen, aber dennoch Druck und bohrenden Spitze des Holzes fühlen zu können.

„Was ist denn, Siri-Schätzchen?“, fragte ihn jemand mit einer verstellten Kleinkinderstimme.

„Kannst du dich etwa nicht mehr bewegen?“

Hasserfüllt blickte Sirius in ein Gesicht, dessen Lippen ein süffisantes Grinsen umspielte. Er versuchte etwas zu erwidern, doch nur unverständliche Laute verließen seine Lippen, woraufhin er ein Knurren ausstieß.

„O und der kleine Sirius kann auch nicht mehr sprechen.“, ging es im selben Tonfall weiter.

„Wie schade! Dabei waren wir doch alle so gespannt darauf, was du zu unserer kleinen Überraschung zu sagen hättest. Aber deine Sprachlosigkeit zeigt ja auch, dass sie uns scheinbar gelungen ist.“, höhnte die Stimme.

Ein arrogantes Gelächter breitete sich im Raum aus, die Sirius Wut weiter anwachsen ließ.
 

Einen winzigen Moment später und Sirius hätte nicht mehr ausweichen können. Nur um haaresbreite hatte ihn der Zauber verfehlt, er war selbst überrascht über seine schnellen Reflexe, aber was konnte man sich nicht alles antrainieren!

Sowie auch den nächsten Automatismus, den Sirius bereits erlernt hatte, denn nun zog er selber den Zauberstab und entwaffnete seinen Gegner, der noch viel zu überrascht schien, dass sein Vorhaben gescheitert war. Mit beiden Zauberstäben in den Händen, war es nun an Sirius, der sein Gegenüber bedrohte.

„Ein Angriff von hinten ist mehr als feige, Potter!“, Sirius blickte dem schwarzhaarigen Jungen fest in die Augen.

Was war es, was er da in seinen braunen Augen erkennen konnte?

Angst?

Scham?

Oder gar Reue?

Sirius schüttelte besonders den letzten Gedanken wieder ab, es war lächerlich so etwas zu denken, schließlich handelte es sich hier um Potter! Der wusste wahrscheinlich nicht mal wie das Wort geschrieben wurde, geschweige denn, dass er jemals auch nur ein ähnliches Gefühl ihm gegenüber bezeugen würde.

Und trotzdem musste Sirius zugeben, dass er von diesem hinterhältigen Angriff überrascht gewesen war.

„So was Erbärmliches hätte nicht mal ich dir zugetraut. Also, wiederhol doch noch mal, wer von uns beiden nach Slyhterin sollte!“
 

Wie konnte dieser Black es wagen!

Er, nach Slytherin?

Es stand ja wohl absolut außer Frage, wer dort hingehörte von ihnen beiden.

James kochte vor Wut, sein Potterstolz war angegriffen worden. Blacks Gehabe hatte er diese Woche schon genug akzeptiert, seine letzten Worte waren eindeutig zu weit gegangen.

Die leise Stimme in ihm, die ihm sagte, dass Black gar nicht mal so Unrecht hatte, ignorierte James. Er war nur einen Moment schwach geworden, redete er sich ein, James hatte ihn gar nicht angreifen wollen, doch der Hass hatte ihn schließlich doch übermannt.

Nun standen sie sich also gegenüber und ließen den anderen nicht eine einzige Sekunde aus den Augen. Seit den letzten Worten von Black war die Spannung zwischen ihnen beiden noch geladener, jeder schien die erste Reaktion des Gegners abzuwarten.

Da tat Black etwas, was James nie von ihm erwartet hätte.

Er gab ihm seinen Zauberstab zurück.
 

In ihren pechschwarzen Augen fand sich nichts als Hohn und Arroganz und die dunklen Schatten, die sie umrandeten, verliehen ihrem Blick etwas Düsteres und ließen sie geradezu unberechenbar wirken. Schwere Lider, gesäumt von vielen langen Wimpern, verstärkten diesen Eindruck wiederum und intensivierten die Wirkung ihrer Augen. Das Gesicht hatte angenehme gleichmäßige Züge, die Wangenknochen waren ausgeprägt, die Nase gerade und schmal und von der bleichen Haut hoben sich die dunkelroten vollen Lippen ab. Ihr Haar fiel offen, in vollem Glanze, auf ihre Schultern, seine Nachtschwärze vervollständigte das düstere und dennoch ansehnliche Bild dieses Mädchens. Doch trotz all dieser Attribute konnte man sie nicht als klassische Schönheit beschreiben, es schien vielmehr, als würde sich in ihrem Gesicht ihre eigene Vorstellung von diesem Begriff widerspiegeln, etwas was nicht unbedingt mit Symmetrie oder anderen Idealen zu tun hatte.

Sie reckte ihren Kopf, um Sirius ansehen zu können und innerlich spürte er wenigstens einen kleinen Triumph darüber, dass sie inzwischen weitaus kleiner war als er. Ein paar Strähnen ihres Haares fielen ihr dabei auf eine Art ins Gesicht, die Sirius mehr als bekannt vorkam. Eine gewisse Ähnlichkeit, so sehr er sie auch immer zu leugnen versuchte, war dennoch vorhanden.

Bellatrix Black, Tochter von Cygnus und Druella und seine Cousine, blickte ihn mit einem hämischen Grinsen an, während sie ihren Zauberstab schmerzvoll an seine Kehle drückte.

„Was ist Sirilein?“, Bella runzelte übertrieben die Stirn.

„Du guckst so komisch. Fühlst du dich vielleicht einsam, weil du deinen

Pottie-Freund nicht sehen kannst? Das können wir ändern.“, sie lachte hysterisch und nickte nach rechts.

Sirius konnte nicht sehen zu wem, aber er wusste noch, dass es der Platz gewesen war, wo James gestanden hatte.

Aus dem Schatten seines Blickfeldes kamen drei Figuren näher. Sirius konnte seinen besten Freund schnell in der Mitte ausmachen. Links von ihm ging ein bleicher Junge, in einem langen schwarzen Umhang, der dem Tod persönlich Konkurrenz machte und ebenso dunklen Haaren, die sein Gesicht zum größten Teil wie einen fettigen Vorhang verdeckten. Gut erkennbar ragte jedoch die übergroße Hakennase hervor, unter ihr waren die dünnen Lippen schwach gekräuselt. Schniefelus, alias Severus Snape, hielt seinen Stab, genauso wie Bellatrix ihren an Sirius’ Kehle, an den Hals von seinem besten Freund, während James’ Arme gleichzeitig von einem bulligen Typen festgehalten wurden.

Er schien mehr Schrank zu sein als Mensch, denn sein Kreuz war ungewöhnlich breit und die Muskeln, allein für sein Alter, übertrieben ausgeprägt. Um Nase und Kinn wucherte der Ansatz eines für Zaubereradligen vornehmen Bartes. Das dunkelbraune Haar war ordentlich zurückgekämmt, wie „geschniegelt“, einen besseren Ausdruck gab es nicht dafür und für einen Moment bohrten sich seine kalten teerbraunen Augen in die seinen. Rudolphus Lestrange, Bruder von Rabastan, Sohn einer der reinblütigsten Familien überhaupt und von Sirius auch gern als Bellas Schoßhündchen bezeichnet.

Direkt ihm gegenüber blieben sie mit ihrem Opfer stehen, Sirius konnte James genau in die Augen sehen. Und wie immer wusste Sirius, dass James das gleiche fühlte wie er, unbändige Wut, zugegebener Maßen war dies diesmal wirklich kein Kunststück aus James’ Augen zu lesen. Aber Sirius meinte immerhin noch zu wissen, dass er auch noch darüber nachdachte, wie er Schniefelus’ Fettflecken jemals wieder aus seinem Umhang bekommen sollte.
 

Verdattert sah Potter erst seinen Stab und dann ihn an, der seinen Blick mit einer kühlen Entschlossenheit erwiderte.

Sirius war selbst überrascht über sein Handeln, doch das war es, was sein Instinkt ihm sagte.

„Vielleicht bist du ja so feige und greifst deine Gegner von hinten an, aber ich nicht! Ich habe keine Angst mich mit dir zu duellieren, Potter! Also nimm jetzt deinen verdammten Zauberstab!“

Zuerst baff, dann wütend, riss Potter ihm den Zauberstab aus der Hand.

„Nennst du mich etwa einen Feigling, Black?!“, aus seinen Augen sprühten geradezu die Funken.

„Allerdings! Wenn du immer deine Gegner von hinten angreifst“, Sirius kniff die Augen zusammen, „dann bist du ein verdammter Feigling!“

Potters empfindlichster Nerv war getroffen worden, Sirius wusste das, er selbst würde nämlich auch nicht anders als er jetzt reagieren.

„Niemand nennt mich einen Feigling! Vor allem nicht du, Black!“

Beide erhoben wie auf Kommando ihre Zauberstäbe und die erste Silbe lag Sirius schon auf der Zunge, da wurden sie plötzlich von einer Stimme unterbrochen.

„Sieh an, sieh an. Potter und Black streiten sich schon wieder? Geht der Plan des alten Narr etwa nicht auf?“
 

Wenn ihm schon der andere, James glaubte sich zu erinnern, dass er Lestrange hieß, das Blut aus den Händen abquetschte, konnte ihn dann nicht wenigstens Schniefelus loslassen?

Wie sollte er überhaupt die Fettflecken seiner Pranken je wieder aus seinem Umhang bekommen? Die gingen doch bestimmt nie wieder raus!
 

Ein großer blonder Junge, mit einem blassen Gesicht, stand auf der Türschwelle, in seinen Zügen spiegelte sich ein arrogantes Grinsen wieder.

„Wer bist du? Was willst du hier?“, blaffte James ihn an.

Er wollte in seinem Kampf mit Black nicht gestört werden, das war seine Angelegenheit.

Der Junge, der bestimmt schon in der Fünften oder Sechsten sein musste, ließ sich von James’ Gerede nicht abhalten und kam näher. Nun erblickte James etwas, was ihm gar nicht gefiel, denn auf dem Umhang des Typen klebte doch tatsächlich ein Vertrauensschülerabzeichen. Ausgerechnet auch noch das von Slytherin!

Außerdem war er auch nicht allein gekommen. Hinter ihm trotteten zwei dümmliche aussehende Kerle in den Raum. Der eine war sehr groß und hatte Gorillaarme, der andere war breit, wie der eine groß war und hatte eine schöne Portion Pickel im Gesicht. Kurz blickte James zu Black.

„Ob er etwas damit zu tun hat?“

Wenn ja, war er ein guter Schauspieler, denn er schaute genauso überrascht wie James.

Der Junge war nun wieder zum Stehen gekommen und blickte den beiden süffisant lächelnd ins Gesicht.

„Was ich will Potter? Nun als Vertrauensschüler von Slytherin habe ich die Aufgabe, auf die Mitschüler meines Hauses Acht zu geben und da der da“, er zeigte auf Black, „nicht besonders … nett war zu Bellatrix, komme ich jetzt nur meinen Pflichten nach.“
 

„Na, Cousin, bist du jetzt wieder glücklich?“, fragte Bella nach.

„Jetzt könnt ihr euch wenigstens ansehen, wenn ihr leidet. Wie sagen die Muggel“, dieses Wort spie sie geradezu aus, „doch gleich … geteiltes Leid ist halbes Leid? Ihr könnt ja jetzt ausprobieren, ob das stimmt.“, Bellatrix ließ ein weiteres hysterisches Lachen erklingen, in das zumindest der Schrank mit einfiel und das Echo von hinten sagte Sirius, dass mindestens noch zwei weitere Leute sich im Raum befinden mussten, die sich um Remus und Peter kümmerten.

Wenn Sirius nur könnte, dann würde er Bella … aber er war gelähmt.

Es war wohl eine schlechte Idee zu versuchen, irgendwas zu tun, wenn man nicht mal in der Lage war, mit dem kleinen Finger zu wackeln.

Sie brauchten einen Plan. Und zwar schnell.
 

„Halt's Maul, Malfoy! Du kannst auch gleich sagen, dass meine liebe Cousine dir die Hölle heiß macht, wenn du sie nicht rächst!“

Sirius war schnell klar geworden, was er mit „Pflichten“ meinte.

„Kein Wunder, dass er seine zwei Gorillas mitbringt, alleine hat er wohl zu viel Schiss!“

Der Gedanke ließ Sirius unwillkürlich grinsen. Malfoys Wangen verfärbten sich durch eine blasse Zornesröte von weiß hin zu einem zarten rosa.

Das Black, hättest du lieber nicht sagen sollen!“, zischte Malfoy.

„Crabbe! Goyle!“, rief Malfoy den beiden massigen Jungs zu, die auf sein Kommando auch sofort herbei kamen und ihre Muskeln spielen ließen.

„Machst du dir ohne deine zwei Gorillabodyguards etwa in die Hose, Malfoy?!“, rief ihm Potter zu.

Sirius konnte ein Lächeln darüber nicht unterdrücken, Potter dachte wohl genau dasselbe wie er.

Konnte das denn sein?

Doch darüber nachzudenken hatte er keine Zeit mehr, denn Malfoys Geduldsfaden schien nun überspannt worden zu sein.
 

So langsam fühlten sich James’ Hände taub an, Lestranges Griff war aber auch absolut eisern und dass obwohl James selbst nicht gerade schwach war.

Aber seinem Kumpel erging es wahrscheinlich noch schlechter, der Lähmzauber von Bellatrix, schien Sirius gerade noch so atmen zu lassen, ganz zu schweigen von Remus und Peter. Der eine wurde von Evan Rosier in die Zange genommen, der andere von Graham Avery bedroht.

Er spürte, wie Schniefelus’ Druck seines Zauberstabs von Sekunde zu Sekunde stärker wurde, als wollte dieser ein Loch in seine Kehle bohren, nicht das James bezweifeln würde, dass es einer von Schniefelus’ tiefsten Wünschen war, genau das zu tun.

Bellatrix hingegen schien sich allein nur an Sirius’ hilfloser Lage, ihr ganz und gar ausgeliefert zu sein, zu befriedigen. James konnte gut genug erkennen, wie sich dieses Biest an seinem Anblick ergötzte. Von Sirius dagegen kam nichts als Feindseligkeit, der Hass hing geradezu spürbar im Raum.

„Na, Sirilein, was stelle ich mit dir zuerst an?“, ihr Finger fuhr seine Brust entlang, was Sirius ausschauen ließ, als ob er ein paar von den grünen Schleimklumpen auf den Boden gegessen hätte.

„Fällt dir eine passende Strafe ein, für einen Blutsverräter wie dich? Ach, ich vergas“, sie lachte überheblich, “du kannst ja leider nicht antworten! Da muss ich mir wohl selber was ausdenken …“

Da mischte sich Schniefelus auf seiner Seite ein:

„Vergiss nicht, dass es mein Recht ist ihn zuerst fertig zu machen, Bella! Es ist meine Rache.“

Mit einem wütenden Funkeln in den Augen, was sie gleich viel hässlicher als sonst aussehen ließ, drehte sich Bellatrix zu Schniefelus um.

„Sei du bloß erstmal still, Snape!“, herrschte sie ihn an.

„Ich hab noch viel mehr Rechte, da er mein Cousin ist und unseren guten Namen seit Jahren in den Schmutz zieht.“

„Es ist dennoch meine Rache!“, wich Schniefelus nicht einen Schritt von seiner Forderung ab.

„Du kommst schon noch dran, aber stell dich gefälligst hinten an!“, keifte sie zurück. „Ohne mich würdest du jetzt gar nichts bekommen, höchstens eine weitere Demütigung von meinem Cousin, bei dem jämmerlichen Versuch, dich zu rächen.“

Endlich verstand James, worum es überhaupt ging, anscheinend war Schniefelus immer noch sauer über die Tatsache, dass sie ihn so großzügig im Lied des Hutes erwähnt hatten und Sirius’ kleiner Aktion mit der Ritterrüstung vom gestrigen Abend.

Nun waren Schniefelus scheinbar die Argumente ausgegangen, denn er guckte zwar weiterhin finster zu Bellatrix, wusste aber wohl, dass er sich nicht durchsetzten konnte. Vielleicht war es auch der drohende Blick von Lestrange gewesen, der ihn zum Schweigen gebracht hatte.

James’ Augen aber funkelten.
 

James wich Malfoys erstem Zauber ohne Probleme aus und sofort brach ein heftiger Kampf zwischen den fünfen aus. Während sich Malfoy nun auf Black stürzte, musste sich James, der mit dem Rücken zu Black stand, sich mit Malfoys „Bodyguards“ rumschlagen. Da sie anscheinend genauso dumm waren, wie sie aussahen, war ihr Repertoire an Zaubersprüchen jedoch selbst für ihr Alter sehr begrenzt und James konnte sie in Schach halten. Nach einer Weile schienen sie genug von ihrer eigenen „Zauberstabherumfuchtelei“ zu haben, wie James dachte und versuchten ihn stattdessen lieber mit ihren „natürlichen Waffen“ zu treffen, ihren Fäusten.
 

„So was Schniefelus, lässt du dich von einem Mädchen rumkommandieren?“, lachte er leise.

„Halt dich da raus, Potter!“, er drückte seinen Zauberstab noch stärker gegen seine Kehle, wenn das denn überhaupt noch möglich war.

„Du bekommst auch noch dein Fett weg!“, zischte Schniefelus.

„Nein, danke! Du solltest lieber mal bei deinem eigenen Fett anfangen, das wäre nützlicher.“, triezte er ihn weiter.

„Potter, sei still!“

„Kannst du diesen Blödmann nicht mal ruhig stellen, Snape?“, anscheinend fühlte sie sich in ihren tiefsinnigen Gedankengängen über eine mögliche Quälmethode gestört.

„Kümmere dich um deinen eigenen Kram.“, seine Abneigung war nun nicht länger zu überhören.

„Vorsicht!“, Bellatrix Augen verengten sich zu Schlitzen.

„Sonst bekommst du gar nichts ab.“

„Vergiss nicht, dass es meine Idee war!“, sprach er kühl.

„Ich hab alles mit angehört, ohne mich wüsstet ihr überhaupt nicht, dass die vier heute Abend hier wären und der leise Sohlen Zauber war auch meine Entwicklung.“

„Ach ja, toll! Aber ohne mich wärst du hier ganz allein. Vergiss du nicht, was du bist, Snape …“, sie zog arrogant die Augenbrauen in die Höhe, als würde sie von oben auf ihn herab sehen, „… und welche Stellung du hast, im Gegensatz zu mir!“

Für einen kurzen Moment blitze etwas in den schwarzen Augen auf, der Druck auf James’ Kehle nahm auf einmal ab. Schniefelus war vollkommen auf Bellatrix fokussiert, schließlich ließ der Druck sogar ganz nach, der Stab befand sich nun Zentimeter von James’ Hals entfernt. Anscheinend war der sonst so kühle und emotionslose Schniefelus durch irgendwas, was Bellatrix gesagt hatte, doch in Rage geraten, sodass er nun seine eigentliche Aufgabe, James zu bedrohen, ganz vergas. Doch noch immer waren James’ Handgelenke fest aneinander gepresst, durch Lestrange, sein Griff nach wie vor eisern.

„Wiederhol das noch mal.“, sagte Schniefelus ganz langsam, an den Stellen, wo seine Hand seine Waffe umklammerte, traten die weißen Knöchel hervor.

„Snape, du kannst es nicht bestreiten! Ich weiß alles, was nötig ist.“, ihre Lippen umspielte wieder das typisch höhnische Grinsen.

Da hob Schniefelus seinen Zauberstab an und richtete ihn auf Bella, die schien verblüfft, doch für James’ war sein Moment jetzt gekommen. Denn Lestranges Aufmerksamkeit war nun auch abgelenkt, was sich auch auf seinen Griff ausweitete und diese Chance nutzte James jetzt. Blitzschnell zog er seine Hände zurück und dank seiner guten Quidditchreflexe gelang es ihm, seinen Zauberstab aus Lestranges Hosentasche zu ziehen.

Mit einem Petrificus Totalus machte James rasch kurzen Prozess mit seinem starken aber behäbigen Schrank-Gegner, der sofort umfiel und steif wie ein Brett zu Boden krachte. Bellatrix und Snape, zu sehr auf den jeweils anderen konzentriert, bekamen erst durch das Geräusch, das Lestranges Körper verursacht hatte, mit, dass James sich befreit hatte. Jedoch schaffte er es noch einen Zauber in Bellatrix Richtung abzufeuern, dem sie allerdings auswich, bevor er selbst in Deckung gehen musste.

Avery und Rosier wollten Bellatrix scheinbar zur Hilfe eilen, denn sie machten Anstalten, sich zu bewegen, doch sie gab ihnen durch einen einzigen Blick zu verstehen, dass sie gefälligst stehen zu bleiben hatten.

„Snape, du Idiot!“, schrie Bellatrix ihren fahlgesichtigen Kompanien an.

„Pass gefälligst das nächste Mal besser auf Potter auf, wegen dir scheitert unser ganzes Vorhaben!“

„Du solltest lieber selber mal aufpassen, Cousinchen!“, erklang da eine Stimme hinter ihr.
 

Malfoy war, zu Sirius’ Bedauern, doch nicht so schwach, wie er glauben wollte. Wann immer er Zeit hatte, warf er Blicke hinter sich zu Potter, der anscheinend keine Probleme mit seinen zwei Gorillagegnern hatte. Sirius hingegen bekam deutliche Probleme mit Malfoy fertig zu werden.

„Hier macht sich wohl der Altersunterschied deutlich bemerkbar.“, wie Sirius grimmig dachte.

Schließlich war Malfoy ein Sechstklässler und Sirius hatte trotz aller „Erfahrung“ durch seine Eltern, einfach noch nicht genug Übung im Duellieren. Aus den Augenwinkeln beobachtete Sirius, wie Potter eine der beiden massigen Gestalten niederstreckte und sogleich gegen die andere weiterkämpfte. Für seine Unaufmerksamkeit jedoch wurde Sirius sofort bestraft, denn einer von Malfoys Flüchen traf ihn frontal auf die Brust. Er wurde gegen ein zwei Meter entferntes Regal geschleudert und spürte plötzlich einen starken stechenden Schmerz in der linken Hand. Neben ihm hörte er etwas anderes auch gegen die Wand knallen und zu Boden gehen. Dieses „etwas anderes“ war Potter, der durch das magische Band logischerweise automatisch mitgezogen worden war. Sirius beobachtete, wie dieser sich unter stöhnen nun immer wieder verzweifelt versuchte aufzurichten.

„Na, sieh an Black! Potter scheint dich ja doch mehr zu mögen, als du denkst, schließlich lässt er sich aus Solidarität scheinbar gleich mit gegen die Wand schleudern!“, höhnte Malfoy.

Sein dämlicher Freund, mit den vielen Pickeln, machte zwar den Eindruck, als hätte er immer noch nicht verstanden, was passiert war, grunzte aber über Malfoys „Witz“. Den Schmerz vollkommen ignorierend, stand Sirius auf der Stelle wieder auf und setzte sein Duell mit Malfoy fort und kämpfte jetzt auch gleichzeitig noch gegen den anderen Typen.

Plötzlich sah er dann aber zu seinem Schrecken, dass sich der andere der beiden Gorillajungen wieder vom Boden erhoben hatte und sich, dem sich gerade aufrichtenden Potter, heimlich näherte. Kurz entschlossen drehte er sich um und Sirius schoss einen Fluch gegen ihn ab, der den Typen auch prompt im Rücken traf, sodass er jaulend zusammenbrach.
 

Endlich konnte Sirius sein Gliedmaßen wieder spüren, seine Stunde hatte geschlagen!

Bella, die Dumme, hatte wohl nicht mehr damit gerechnet, dass er sich noch befreien könnte, denn sein Zauberstab steckte immer noch an derselben Stelle in seiner Hosentasche und ebengenannter wurde auch sofort von ihm gezogen. Während sich James ein Duell mit Schniefelus lieferte, flogen nun auch zwischen Sirius und Bellatrix die Zauber hin und her.

Unfreiwillig musste Sirius zugeben, dass seine Cousine nicht schlecht war. Im Gegensatz zu früher, schien sie sich doch um einiges verbessert zu haben. Er würde nur zu gern wissen, woher sie plötzlich all diese Zauber kannte.
 

James war zusammen mit Sirius einer der besten in Verteidigung gegen die dunklen Künste und für ihr Alter waren beide mehr als Fortgeschritten. Doch Schniefelus benutzte da Sprüche, von denen hatte James, selbst als Sohn von Auroren, noch nie etwas gehört.

Trotzdem war sich James absolut sicher zu gewinnen, denn schließlich war er einfach besser!

Außerdem gab es da noch einen Vorteil, den Bellatrix und Schniefelus nicht hatten …

Immer wieder riskierte James einen Seitenblick zu Sirius und als hätte er diesen gerufen, erwiderte er James’ Blick heimlich aus den Augenwinkeln.
 

Verwirrt blickte James auf den großen Klumpen. Der andere bullige Typ, den er schon besiegt glaubte, lag nun jaulend neben ihm auf dem Boden. Anscheinend war er wieder aufgestanden, doch bevor er James überwältigen hatte können, musste ihn etwas getroffen haben. Black hielt seinen Zauberstab noch in James’ Richtung, als er plötzlich von einem von Malfoys Flüchen getroffen wurde und wieder neben James gegen die Wand schleuderte.

„Black hat mir geholfen? Wieso?“

James verstand nicht, aber bevor er weiter denken konnte, kamen schon Malfoy und der andere „Gorilla“ auf ihn zu. Endlich schaffte es James sich aufzurichten, doch sein Glück währte nur kurz. Kaum hatte er seinen Zauberstab gehoben, lag er auch schon wieder neben Black auf dem Boden.

Malfoy grinste höhnisch:

„Ich hatte mir ja schon gedacht, dass ihr nicht viel Zeit beanspruchen werdet!“

Sie lachten verächtlich und James spürte, wie es in ihm zu kochen begann. Er sah zu Black, der ihm nun sein Gesicht zuwandte. James verstand ihn, ohne, dass dieser ein Wort zu sagen brauchte.

Blacks Blick sprach deutlich das aus, was James tief in sich drinnen zwar schon wusste, aber aus Stolz nicht hatte zugeben wollen:

„Alleine schafft es keiner von uns Malfoy zu besiegen. Nur zusammen haben wir eine Chance!“
 

Sirius hatte James’ Blicke längst bemerkt, er konnte sich denken, was dieser vorhatte. Ein paar Zeichen mit den Augen und er war sich sicher. Sirius wusste es einfach, so wie er die meisten von James’ Gedanken erraten konnte, vielleicht kamen sie aber auch einfach immer auf dieselben Ideen, weil sie sich so ähnlich waren. Er wartete auf James’ Zeichen.
 

Erstaunt bemerkte Sirius, wie Potter langsam mit dem Kopf nickte. Er hatte ihn also nicht nur verstanden, nein, er stimmte Sirius sogar zu!

Im Hintergrund konnte er das hämische Lachen von Malfoy und seinem „Freund“ hören, der anscheinend gerade wieder einen Witz über die beiden am Boden liegenden Erstklässler gemacht hatte. Sirius’ Lippen umspielten ein leichtes Grinsen, Malfoy würde gleich sein blaues Wunder erleben!

„Auf drei?“, flüsterte er Potter zu.

Dieser nickte erneut, diesmal allerdings auch mit einem eindeutigen Grinsen.

Beide bewegten sich vorsichtig um sich bereit zum Angriff zu machen, ohne dass ihre Gegner dies mitbekamen, die lieber lautstark darüber rätselten, ob ihre beiden Opfer im Wald zuerst von einem Werwolf oder einer anderen stinkenden Kreatur gefunden würden.
 

Ein kurzes Blinzeln in seine Richtung und Sirius machte sich bereit. Geduldig kämpfte er weiter mit Bella, die wieder mal in eine ihrer verrückten Lachen verfiel, wahrscheinlich, weil sie dachte, dass sie am gewinnen sei. Aber sie wusste ja nicht …
 

„Eins …“, flüsterte James. Eine boshafte Freude machte sich in ihm breit, gleich würde Malfoy nicht mehr so hämisch grinsen.
 

„… zwei …“, sprach Sirius schon etwas lauter. Es juckte ihn gewaltig in seinen Fingern es Malfoy heimzuzahlen, sodass ihm hören und sehen vergehen möge.
 

Da! Eine kurze Bewegung mit der zauberstablosen Hand hinter seinem Rücken. Das war James’ Signal!
 

„…DREI!“, riefen er und Sirius gleichzeitig und sprangen wieder auf ihre Beine. Vollkommen überrascht sahen Malfoy und der fette Kerl sie perplex an. Anscheinend brauchten sie beide einen Moment um zu verstehen, was gerade passiert war und genau das nutzten James und Sirius jetzt aus.

„Rictumsempra!“, brüllten beide und den pickeligen Jungen riss es mit einer Rolle von den Füßen und er knallte gegen das Waschbecken in der Ecke, das auch sogleich zerbrach. Sein Aufprall glich einem kleinen Erdbeben und eine Wasserfontäne schoss aus der kaputten Sanitäranlage, sodass das Gesicht des Jungen fortwährend bespritzt wurde, trotzdem rührte sich der Koloss nicht mehr, sondern blieb bewusstlos und mit heraus hängender Zunge liegen.
 

Verbissen kämpfte James weiter mit seinem Lieblingsfeind, dieser hatte eindeutig mehr drauf, als er ihm zugetraut hätte. Doch er würde verlieren, Schniefelus war ja so dumm, schon jetzt siegesgewiss auszusehen.

Wenn der wüsste …

Da hörte James neben sich etwas zu Boden gehen, Bellatrix hatte scheinbar seinen besten Freund getroffen und war nun wie verrückt am Jubeln über ihren Triumph. Das lenkte nicht nur James, sondern auch Schniefelus von ihrem Kampf ab, er starrte zur Seite, unentschlossen, ob er sich über ihren Sieg freuen oder ärgern sollte.

Bellatrix aber stolzierte zu ihrem Opfer hin und schaute James in sein Gesicht, das er zu einer schreckvollen Miene verzogen hatte.

„Na, Potter, gibst du jetzt auf?“, lachte Bellatrix.

„Traust du dich nicht ohne meinen kleinen Cousin weiter zu kämpfen?“, sie klimperte übertrieben mit den Augen und verzog ihr Gesicht zu einem Schmollmund.

Doch daraufhin legte James nur ein schiefes Grinsen auf, was Bella und Schniefelus beide zu irritieren schien.

„Wer sagt denn, dass Sirius nicht mehr weiter kämpfen kann?“

Sirius öffnete so plötzlich wieder die Augen, sein typisches Siegeslächeln auf den Lippen, dass die beiden es noch nicht richtig realisiert hatten, da wurde Bellatrix schon von den Füßen geschleudert und blieb ein paar Meter weiter schließlich bewusstlos liegen.
 

Auf Sirius' Gesicht erschien sogleich ein triumphierendes Lächeln. Ihr erster Gegner war ein Kinderspiel gewesen! Vor lauter Freude über diesen Sieg, hatte er wohl Malfoy etwas vernachlässigt, der sich jedoch sofort für ihren Angriff rächte. Aber diesmal stand Sirius nicht mehr allein vor seinem Feind.

„Protego!“, rief James, gerade, als Sirius erst den roten Lichtblitz bemerkte, der auf ihn zusteuerte.

Der Zauber prallte ab und zerstörte dafür eine weitere Vitrine in dem ohnehin schon total kaputten Pokalzimmer. Sirius hatte keine Zeit sich darüber zu wundern, dass James ihn beschützt hatte, denn der Kampf ging ja weiter.

„Expelliarmus!“, brüllte Sirius als Malfoy seinen Zauberstab aus lauter Wut schon auf James gerichtet hatte.

Im hohen Bogen flog Malfoy nun auf den Boden und Sirius fing seinen Zauberstab auf.
 

Schniefelus hatte wohl im Gegensatz zu Bella zumindest geahnt, dass da etwas im Busche war, doch James’ Zauber traf ihn trotz Protego noch. Gekonnt fing er Schniefelus’ magische Waffe auf, der Expelliarmus war schon immer James’ Spezilagebiet gewesen.

„Das wirst du büßen, Potter!“

„Ach, Schniefelus! So langsam müsstest du doch mal kapiert haben, dass das mit der Rache bei dir nicht klappt.“, grinste James.

„Potter, du wirst schon noch sehen! Und dann kannst du nicht mehr durch die Schule stolzie …“

Ratzeputz!“, aus Schniefelus’ Mund quollen viele große rosa Blubberbläschen.

„Du redest eindeutig zu viel Mist, Schniefi! Dir muss man ja mal den Mund waschen. Und jetzt solltest du dich hinlegen, um dich ein wenig zu beruhigen!“, höhnte James.

Mit einem weiteren Zauber machte James seinen Feind bewegungs- und sprachunfähig.

Aus Schniefelus’ Augen sprach jedoch weiterhin der pure Hass, aber James Potter hatte sich an diesen Blick längst gewöhnt. Er war seit der ersten Klasse nie anders und James konnte nicht sagen, dass er diesem Jungen andere Gefühle entgegenbrachte.
 

James und Sirius stürmten beide zu Malfoy. Als dieser sich gerade wieder aufrichten wollte, richteten beide ihre Zauberstäbe auf seine Brust. Hasserfüllt funkelte er sie an.

„Wie könnt ihr beiden Schwächlinge es wagen mich zu bedrohen?!“

„Hm … lass mich mal überlegen …“, Sirius tat als, ob er angestrengt nachdenken würde.

Dann wandte er sich an James:

„Mr. Potter, könnten Sie mir vielleicht helfen?“

James spielte sofort mit:

„Aber natürlich, Mr. Black.“

„Also, warum bedrohen wir Mr. Malfoy?“

„Nun, ja, Mr. Black, alles, was ich dazu sagen kann ist, dass Mr. Malfoy ein feiges Arschloch ist, das uns mitten in der Nacht mit seinen Bodyguards überfallen hat, weil er Schiss vor Ihrer Cousine hat.“

Sirius wandte sich mit einem fetten Grinsen wieder an Malfoy:

„Reicht Ihnen das als Antwort, Mr. Malfoy?“

Der Hass, der aus Malfoys kalten grauen Augen sprach, war für James nun geradezu fühlbar, das schmälert sein triumphierendes Lächeln jedoch keineswegs.

„Na, wartet das werdet ihr beiden noch bitter bereuen! Bald wird euch beiden Schwächlingen das Lachen noch vergehen, denn niemand redet so mit mir, Lucius Malfoy, Sohn von Abrax…“

„Silencio!“, rief James und sofort war Malfoy still.

„Tut mir ja leid, Mr. Malfoy, aber Ihre Familiengeschichte interessiert uns ehrlich gesagt nicht die Bertie Botts Bohne!“

Mit einem Schlenker seines Zauberstabs fesselte Sirius nun Malfoy, der sie beide mit seinen Blicken wohl am liebsten umbringen wollte. Nachdem das erledigt war, trat erstmal eine peinliche Stille zwischen die beiden ermüdeten Kämpfer.

James sah Sirius an und er verspürte keinen Hass mehr dabei. Eigentlich war Sirius doch sogar ganz in Ordnung, vielleicht hatte er wirklich zu vorschnell über ihn geurteilt?
 

Sirius war etwas ratlos, was er nun sagen sollte. Er hatte nicht mehr das Gefühl, dass James Augen ihn, wie sonst immer, voller Abscheu anblickten. Da er es kurz machen wollte, schaute er James fest an und reichte ihm die Hand.

„Freunde?“, fragte er ihn.
 

Überrascht schaute James auf die Hand, die Sirius ihm da hinhielt. Er bot ihm doch tatsächlich seine Freundschaft an, nach allem, was James über ihn gesagt hatte. Aber wollte er mit einem Black wirklich befreundet sein?

„Kann man ihm überhaupt vertrauen?“, stellte sich James selbst die Frage.
 

Sirius wurde etwas nervös, ließ sich aber nichts anmerken. Ruhig hielt er James immer noch seine Hand hin, die dieser bestimmt schon eine Minute angestarrt hatte. Dann plötzlich schaute er auf und blickte Sirius direkt an.

Wenn er jetzt „nein“ sagen würde, wären sie wohl auf Ewig Feinde, aber, wenn er „ja“ sagen würde …
 

Mit einem zufriedenen Grinsen blickte Sirius auf die beiden verschnürten Pakete vor ihm herab. Auf Avery und Rosiers Gesicht war jedoch kein Lächeln vorzufinden, der eine starrte ihn feindselig und auch ein bisschen ängstlich an und der andere hatte die Augen merkwürdig verdreht.

Als die beiden gemerkt hatten, dass Sirius nur den Bewusstlosen gespielt hatte, wollten sie Bellatrix und Schniefelus zur Hilfe eilen.

Doch sie hatten dabei nicht mit Peter gerechnet.

Dieser hatte sofort seine Chance ergriffen und war Rosier mit voller Wucht auf den Fuß getreten und klein wie er war, hatte er sich seiner Klammer rasch entwinden können. Natürlich war Rosier ihm gefolgt, doch wenn es drauf ankam und besonders wenn er Panik hatte, kamen Peter immer die besten Ideen. Mit einem Quieken war er schnell um die Ecke einer Vitrine gesaust und Rosier, dumm wie er war, war ihm natürlich direkt hinterher gestürmt, ohne mit Peters Einfallsreichtum zu rechnen. Die Glastür trug immer noch die Spuren seines Gesichts zur Schau und ein bisschen Blut klebte ebenfalls daran. Rosiers machte nun einen etwas zermatschten Eindruck, denn seine Nase stand nun in einem komischen Winkel ab. Kein schöner Anblick mit dem ganzen Blut auch noch dabei.

Während Peter sich also mit einem Trick beholfen hatte, war es bei Remus mehr so gewesen, dass nicht er vor seinem Gegner hatte fliehen müssen, sondern sein Gegner beim Ausblick der sicheren Niederlage, selber wegrennen wollte. Er hatte Remus also plötzlich losgelassen, um den Raum noch rechtzeitig zu verlassen, aber ein einfacher Zauber von dem Braunhaarigen hatte genügt und Hasenfuß Avery war zu Boden gegangen.
 

James hatte sich entschieden. Er ließ seine kindischen Überzeugungen von allen Blacks hinter sich und überwand seinen Stolz.

„Freunde!“, sagte er und grinste Sirius an.
 

Sirius brauchte einen Moment um zu kapieren, was passiert war, bevor er breit zurückgrinste. Ohne so recht zu wissen, warum brachen beide auf einmal in lautes Gelächter aus.
 

„Was machen wir nun mit ihnen?“, fragte Peter etwas zitternd.

„Na, was wohl? Wir gehen zu McGonagall und sagen ihr was geschehen ist!“, meinte Remus.

„Auf keinen Fall!“, antworteten James und Sirius gleichzeitig.
 

Lange noch kugelten sich James und Sirius einfach so auf dem Boden vor lauter lachen, auch wenn sie beide nicht wirklich wussten, warum. Keiner von beiden verschwendete noch einen Gedanken an ihre Strafarbeit, geschweige denn das Chaos, das sie hinterlassen hatten, lieber unterhielten sie sich über Gott und die Welt.

Mit dem Spaß war es allerdings vorbei, als Professor McGonagall in einem karierten schottischen Morgenrock hereingeschritten kam und beinahe einen Kreischanfall erlitt, sobald sie das Chaos und die drei am Boden liegenden Jungen erblickte.

„EIGENTLICH WOLLTE ICH SIE JA JETZT ENTLASSEN, ABER WIE ICH SEHE, HABEN SIE DAS CHAOS SOGAR NOCH MEHR VERGRÖßERT STATT BESEITIGT!“

Sirius und James wussten zwar beide, dass es keine gute Idee war, aber als sie kurz einmal einen Blick austauschten, konnten sie wieder nicht an sich halten und brachen in Gelächter aus. Professor McGonagalls Outfit fanden sie beide einfach nur zum Schreien!
 

James schüttelte den Kopf:

„Gonni würde uns niemals glauben, dass sie uns zuerst angegriffen haben. Und auf die Aussage von denen können wir uns kaum verlassen. Wenn sie das sieht“, James deutete auf das ganze Chaos und die zum Teil lädierten Slytherins, „dann sind wir schneller aus Hogwarts raus, bevor du „Quidditch“ sagen kannst.“
 

Daraufhin bekamen sie von ihrer Lehrerin einen so finsteren Blick, dass dieser wohl kaum mehr zu Toppen war und in einem bellenden Ton befahl sie:

„ZUM SCHULLEITER! SIE BEIDE! UND ZWAR SOFORT!“

Diese Ankündigung ließ sie sich augenblicklich wieder beruhigen und mit nunmehr gemischten Gefühlen folgten sie ihrer Hauslehrerin.

Vor einem steinernen Wasserspeier kam sie zum Stehen und rief laut: „Lackkritzzauberstab!“

Im ersten Moment waren beide verwundert, warum ihre Lehrerin so etwas durch die Gegend brüllte, doch als der Wasserspeier vor ihren Augen zum Leben erwachte und langsam eine Treppe frei gab, verstanden sie. Das war also der Weg in Dumbledores Büro.

„Sie gehen jetzt da rauf. Professor Dumbledore wird Sie schon erwarten. Ich kümmere mich jetzt um die verletzten Schüler und bis ich zurück bin sollten Sie sich eine gute Ausrede einfallen lassen, denn ansonsten verlassen Sie diese Schule schneller als sie „Quidditch“ sagen können!“

Mit diesen Worten verließ sie James und Sirius, die jetzt beide ein sehr flaues Gefühl im Magen verspürten. Über die Konsequenzen oder gar einen Rauswurf für ihr Handeln hatte keiner nachgedacht.

Ohne ein Wort zu sprechen, stiegen sie die Treppe zu Dumbledores Büro hinauf, bis sie vor eine große Tür kamen. Aus dem Raum drang ein lautes Stimmenwirrwarr.
 

„Aber sie oder Filch kommen sowieso gleich vorbei, also wird sie eh sehen, was passiert ist! Und wir können hier nicht raus, bestimmt hat sie zur Sicherheit einen Zauber über den Raum gelegt.“

Remus hatte Recht. Das Chaos könnten sie schnell wieder richten, aber die fünf Slytherins auf dem Boden würden sich nicht besonders gut machen.

Ratlos blickte Sirius zu seinem besten Freund, denn diesmal war er wirklich überfragt. Doch sein Kumpel wirkte kein bisschen verunsichert, im Gegenteil, James trug sogar sein berühmtes Potter-Grinsen im Gesicht, etwas was er sich für die ganz besonderen Gelegenheiten aufhob. Seine haselnussbraunen Augen waren auf einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand gerichtet, neugierig folgte Sirius James’ Blick und entdeckte das Bildnis einer riesigen Katze.

Natürlich, das war die Idee!

„James du bist genial!“, flüsterte Sirius.

„Das weiß ich schon, erzähl mir was neues!“, lachte James.

„Wovon redet ihr?“

Remus schaute genauso wie Peter, irritiert zwischen ihnen beiden hin und her.

„Wie wäre es, wenn ihr uns mal an euren Gedanken teilhaben lassen würdet?“

„Sofort.“, grinste Sirius und ging zum Bild der fetten weißen Angorakatze.

Er hob seine Hand und fing an über das Bild zu streicheln, genau da wo ihr Fell war. Die Katze gab nach einer Weile ein zufriedenes Schnurren von sich und verschwand durch eine Katzenklappe aus dem Bild. Daraufhin öffnete sich das Gemälde und der goldene Rahmen säumte nun ein viereckiges schwarzes Loch. Eine dunkelgraue Metallröhre führte davon weg, es sah ein bisschen aus wie eine Rutsche, doch konnte man nicht sehen, wo sie endete.

„Was zum Teufel ist das?“

„Das mein Freund, ist die Lösung für unser Problem!“

Levicorpus!

Die fünf Slyhterins schwebten wehrlos wie sie waren durch die Luft auf das Loch zu und James ließ sie schließlich einer nach dem anderen darin verschwinden.

„Moment mal!“, schien es Remus plötzlich siedend heiß einzufallen.

„Wohin führt dieser Gang überhaupt?“

Sirius zuckte mit den Schultern.

„Keine Ahnung.“

„Was soll das heißen „keine Ahnung“?!“, Remus starrte ihn entsetzt an.

„Remus, komm mal wieder runter!“, winkte Sirius gelassen ab.

„Erstens haben sie schließlich uns angegriffen, blöd wie sie waren …

„… und zweitens kommen sie schon lebend wieder raus.“, James schien über diese Tatsache bei Weitem nicht so glücklich wie sein braunhaariger Freund.

„Wir haben Filch mal beobachtet, wie er Müll reingekippt hat und aus reiner Neugier haben wir dann mal Mrs. Norris rein gesteckt, nachdem sie uns mit ihrer Hinterherschnüfflerei auf die Nerven gegangen war. Am nächsten Tag ist sie uns jedoch wieder begegnet, stinkend aber lebendig.“, endete James grinsend seine Erzählung.

Remus schüttelte nur den Kopf, machte sich dann aber lieber daran die Spuren des Chaos (und die waren wirklich zahlreich vorhanden) verschwinden zulassen.

Nach einer Weile sah das Pokalzimmer schließlich doch wieder einigermaßen ansehnlich aus, allenfalls so als ob sie eine kleine Schlacht mit den Schleimresten ausgefochten hätten, also machten sie sich erneut an die Arbeit, auch wenn kaum einer jetzt noch dazu große Lust hatte.

Um Mitternacht kam zum Glück diesmal Filch und nicht Gonni vorbei, was die Nervenanspannung der Rumtreiber doch gewaltig sinken ließ. Nur widerwillig, schickte er James, Remus und Peter ins Bett, bestimmt hätte er sie gerne zu noch fieseren Arbeiten gezwungen oder im Kerker aufgehängt, hasste Filch doch jeden Schüler und besonders die Rumtreiber, die ihm aber auch nur allzu gern das Leben schwer machten.

Sirius musste natürlich allein zurückbleiben und missmutig wischte er mehr schlecht als recht weiter Pokale und Scheiben ab.

Als er schon das Gefühl hatte so langsam nicht mehr zwischen Traum- und Wachsein unterscheiden zu können, geschweige denn von seinem Zeitgefühl, dass er gänzlich verloren hatte, kam endlich die Erlösung in Form von Professor McGonagall durch die Tür geschritten. Nach einem prüfenden Blick mit ihren scharfen Augen, erbarmte sie sich schließlich doch noch.

„Mr. Black, für heute ist es genug. Gehen Sie ins Bett und ruhen Sie sich, die letzten paar Stunden die Ihnen noch bleiben, aus. Hoffentlich haben Sie wenigstens dieses eine Mal etwas aus Ihren Vergehen gelernt, auch wenn ich stark annehmen muss, dass Sie gegen meine Strafen längst immun sind.“

Hundemüde gähnte Sirius irgendwas als Antwort, an das er sich später selber nicht mehr erinnerte. Er war nicht mal mehr in der Lage über den komischen Nachtaufzug seiner Lehrerin zu grinsen.

Und so wankte Sirius mehr den Weg entlang als er lief, das frühe Aufstehen und die viele Arbeit forderten ihren Tribut. Er gähnte in einer Tour vor sich hin und sehnte sich nach nichts anderem als seinem gemütlich weichen Kopfkissen. Selbst Peters Schnarchattacken würden ihn heute nicht eine Sekunde vom Schlaf abhalten können.

Und wie er sich so durch den finsteren Gang zum Gryffindorturm tastete, die Augen nur halb geöffnet und die Sinne sowieso schon betäubt, dachte er erst, dass er sich irren müsse. Er weckte das letzte bisschen Konzentration in sich und blinzelte genauer durch die Dunkelheit.
 

Sirius blieb genauso wie James stehen und horchte. Neben Dumbledores, kamen ihm wenigstens zwei Stimmen sehr bekannt vor, aber es fiel ihm einfach nicht ein, wer es sein könnte.

James hob den Arm und klopfte höflich an, sofort erstarb das Gerede drinnen und jemand rief:

„Herein!“

Sirius tauschte noch mal einen verwunderten Blick mit James aus, dann schritten beide mutig durch die Tür.

Als Sirius aufschaute blieb er genauso wie James, erstaunt stehen.

Was zum Hippogreif machte sie hier?
 

Eine Gestalt kam näher, aber selbst wenn es Filch war, diesmal konnte dieser Sirius nichts anhängen, doch war er sich für seinen schlaftrunkenen Zustand sehr sicher, dass es sich nicht um den schlurfende Hausmeister handelte.

Diese Figur ging merkwürdig starr geradeaus, nichts schien sie abzulenken, auch nicht er selbst, obwohl er mitten auf dem Flur stand und sie anstarrte. Als sie näher kam, konnte Sirius erkennen, dass die Person unter den Armen eine riesige Menge an Büchern mit sich schleppte. Und als sie noch näher kam, klappte Sirius vor Staunen sogar der Mund auf.

Es war Melody Roberts!
 

„Hey, Roberts! Was machst du denn hier?“, fragte James sie verwirrt.

Das Mädchen mit den blonden Locken sah die beiden Jungen erschrocken aus ihren dunkelblauen Augen an, doch jemand anderes antwortete James an Mels Stelle.

„Miss Roberts hatte eine persönliche Unterredung mit mir, Mr. Potter. Doch natürlich werden Sie Verständnis dafür haben, dass die Gründe dafür zwischen uns beiden bleiben. Genauso, wie ich Miss Roberts nicht erzählen werde, weswegen Sie und Mr. Black hier sind.“

Dumbledore funkelte die beiden durch seine Halbmondgläser an.

„Also, Miss Roberts, ich hoffe, dass wir das Problem geklärt haben. Sie müssen mich jetzt leider entschuldigen, aber wie Sie sehen, warten Mr. Potter und Mr. Black auf mich.“
 

Sie schritt den Gang weiter entlang, Sirius der genau vor ihr war, scheinbar ignorierend, ihr Gesicht war so ausdruckslos und starr wie noch nie, ihre Augen schauten durch ihn hindurch, als ob er gar nicht dastehen würde. Ihre Kleidung war noch genau dieselbe, wie von heute Abend (soweit Sirius noch in der Lage war sich zu erinnern), als wäre sie nie im Bett gewesen und sie schien unablässig Worte vor sich hin zu murmeln.

„Äh, Roberts, was machst du hier?“, Sirius’ Neugier siegte über seine Abneigung, denn irgendwie schien sie noch komischer drauf zu sein als sonst.

Doch sie reagierte absolut nicht, sondern ging weiter auf ihn zu.

„Ey, Roberts, ich hab dich was gefragt! Hörst du schlecht?“

Doch sie zeigte noch immer keine Reaktion, stattdessen lief sie jetzt in Sirius hinein und stolperte natürlich. Aus einem reinem Reflex, fing Sirius sie auf, ihre Bücher fielen mit einem dumpfen klang zu Boden. Sirius zwang sie ihn anzusehen, ihre Augen waren noch immer starr und nun kam nur noch eine gewisse Irritation hinzu.

„Meine Bücher … lernen … so viel zu tun … die Verwandlung einer Schnecke in einen Schwamm kostet den jungen Zauberer sehr viel Konzentration und Übung …“

Da dämmerte es Sirius langsam, was mit ihr los war.
 

Mel antwortete mit einem undurchdringbaren Blick:

„Ja, Professor Dumbledore. Auf Wiedersehen!“

Damit drehte sie sich um, beim Vorbeigehen konnte Sirius jedoch einen Blick in ihre Augen erhaschen und glaubte darin Wut zu erkennen. Er fand das mehr als merkwürdig, dass gerade sie bei Dumbledore war und dann auch noch um diese Tageszeit.

„Nun, wie ich gehört habe, haben Sie ihre Strafarbeit etwas falsch verstanden, denn eigentlich sollten Sie das Chaos im Pokalzimmer beseitigen und nicht vergrößern. Können Sie mir das erklären?“

„Es war nicht unsere Schuld Professor Dumbledore, sondern Malfoys!“

„Sirius hat Recht, Professor!“, half James ihm.

„Er hat uns mit seinen dämlichen Freunden angegriffen, wir haben uns nur so gut es ging verteidigt.“

„Soso, verteidigt.“, schmunzelte Dumbledore.

„Würden Sie mir bitte die ganze Geschichte erzählen, von dem Punkt an, als Sie das Pokalzimmer betreten haben?“

James und Sirius holten beide tief Luft und begannen ihre Erzählung. Sie ergänzten sich immer wieder gegenseitig, an manchen Stellen übertrieben sie auch ein bisschen, um die Dramatik zu heben, aber im Großen und Ganzen war das meiste die reine Wahrheit. Den Streit vorher ließen sie jedoch beide dezent aus.

Dumbledore stütze seine Ellbogen auf dem Schreibtisch ab und legte die Fingerspitzen zusammen.

„Nur damit ich das richtig verstanden habe. Mr. Malfoy, Mr. Crabbe und Mr. Goyle kamen in das Pokalzimmer herein, als Sie beide … eifrig am Putzen waren?“

Er schaute sie belustigt an, James und Sirius nickten und setzten die schönsten Unschuldsblicke auf die sie drauf hatten.

„Und dann wurden Sie von diesen Herren angegriffen, weil, wie Mr. Malfoy sagte, er als Vertrauensschüler von Slytherin Miss Black rächen müsse?“

Wieder nickten die beiden.

„Und Sie beide schafften es am Ende nur gemeinsam, Mr. Malfoy von seinem Vorhaben „abzubringen“?“

Erneutes nicken. Sirius schaute James an und er wusste, dass James dasselbe dachte, wie er:

Worauf wollte Dumbledore eigentlich hinaus?

„Nun, Mr. Black, Mr. Potter, wenn dass so ist, können Sie, nach einem kleinen Besuch im Krankenflügel“, er deutete auf Sirius’ Hand, die er selbst ganz vergessen hatte, „ins Bett gehen!“

Verblüfft schauten die beiden ihn an.

„Aber Professor, kriegen wir denn keine Strafe?“, fragte James ihn erstaunt.

„Strafe? Nein, Mr. Potter, Sie beide bekommen keine Strafe. Es ist doch schließlich, wie Sie gesagt haben. Sie haben sich nur „verteidigt“.“, er zwinkerte den beiden schelmisch zu.

„Allerdings wird es für die drei Herren aus Slytherin ein Nachspiel geben. Und ich fürchte, dass ich Mr. Malfoy noch mal daran erinnern muss, was seine wirklichen Pflichten als Vertrauensschüler sind, ansonsten habe ich ernsthaft über einen Ersatz für ihn nachzudenken.“

Sirius und James tauschten einen grinsenden Blick aus. Hoffentlich bekam Malfoy, was er verdient hatte!

„Aber jetzt wünsche ich Ihnen beiden eine geruhsame Nacht. Sie haben es sich verdient!“

Höflich verabschiedeten sich beide von Professor Dumbledore.

Als sie schon an der Tür waren, ertönte nochmals seine Stimme:

„Es freut mich doch sehr zu sehen, wie gut Sie inzwischen zusammenarbeiten!“

Er zwinkerte ihnen beiden zu und sie quittierten es mit einem nicht minder breiten Grinsen, bevor sie aus dem Büro des Schulleiters verschwanden und sich lachend auf den Weg zum Krankenflügel machten.
 

Roberts schlafwandelte wohl!

Regulus hatte das als kleiner Junge auch häufig gemacht und auch er hatte komisches Zeug vor sich hingebrabbelt. Sirius wusste, dass man Schlafwandler nicht wecken durfte, weil das nur zur Verwirrung und Schock führte.

Einen Moment lang spielte er mit dem Gedanken, sie einfach hier stehen zu lassen, aber dann entschied er sich doch anders. Er sagte nichts weiter, sondern drückte sie behutsam zurück in Richtung Gryffindorturm, wusste jedoch nicht, warum er das eigentlich tat.

Vielleicht, weil er Angst vor Remus’ und besonders Evans’ Reaktion hatte, falls er es nicht täte.

Vielleicht, weil er es auch einfach nicht für richtig hielt, sie hier mutterseelenallein und schlafwandelnd stehen zu lassen, die Chance, dass sie Filch in die Arme lief war mehr als wahrscheinlich.

Vielleicht war es aber auch nur Sirius’ Art, sich auf diese Weise bei ihr zu entschuldigen. Sein Gewissen wäre beruhigt (auch wenn er dessen Existenz bisher erfolgreich geleugnet hatte, genauso, wie, dass es ihm auch nur im Entferntesten Leid täte, was er zu ihr gesagt hatte) und sie würde nie etwas davon erfahren. Schlafwandler hatten keinerlei Erinnerung an ihre nächtlichen Ausflüge.

Fünf Minuten und ein „Schneewittchen“ später (Sirius wunderte sich über das neue seltsame Passwort), waren sie wieder im gemütliche roten Kaminzimmer, in dem noch das letzte Feuer glühte, angekommen.

Nach weiteren dreimaligen Fluchen von Sirius’ Seite über all die Dinge, die die Leute scheinbar arglos auf dem Boden liegen ließen und die man im schwächer werdenden Schein des ausgehenden Feuers natürlich nicht hatte sehen können, waren sie endlich bei der Treppe zu den Mädchenschlafsälen angekommen.

Den ganzen Weg bis hierhin hatte Roberts nicht aufgehört Wörter, Formeln und irgendwelche Buchstellen vor sich hin zu rezitieren, dass Sirius sich ernsthaft fragte, wie viel ein einzelner Mensch lernen konnte, aber außerhalb dessen interessierte sich dieses Mädchen ja für kaum etwas.

Er gab ihr einen letzten etwas heftigeren Schubs und hoffte, dass sie sich davon die Treppe hinauf befördern lassen würde (er selbst konnte wegen einem Zauber (leider) nicht hoch gehen, diese schmerzvolle Erfahrung hatten James und Sirius schon vor langer Zeit gemacht). Normalerweise waren Schlafwandler ja daran interessiert wieder in ihr eigenes Bett zurückzukehren, auch wenn sie nicht den Anschein machte heute dort schon gewesen zu sein. Sirius aber war müde und hatte keine Lust mehr, sich weiter um sie zu kümmern, er wollte nur noch schlafen.

Als er jedoch schon hoffnungsvoll dachte, dass sie sich bewegen würde, drehte sie sich um und sah ihn mit einem noch verwirrteren Blick an, als vorhin auf dem Flur. Wahrscheinlich war der Stoß doch etwas zu heftig gewesen, Sirius hoffte sie nicht aufgeweckt zu haben. Für einen Moment blieb der Ausdruck auf ihrem Gesicht, dann aber hellte er sich auf und verwandelte sich in pure Freude.

Ein Lächeln, so strahlend wie er es noch nie bei ihr gesehen hatte, zierte ihre Lippen. Sie stürmte auf ihn zu, schlang ihre Arme um seinen Nacken und klammerte sich an den völlig perplexen Sirius.

„Du-du bist wieder da!“, ihre Stimme schien vor Glück zu zittern.

Sirius war mit der Situation vollkommen überfordert.

War er gerade am Träumen, wenn ja war das wohl der verrückteste Traum, den er je gehabt hatte oder umarmte ihn die Melody Roberts wirklich?

Doch für ein imaginäres Bild seines Kopfes fühlte sich alles viel zu real an, der Druck ihrer Umklammerung, ihr Atem auf seiner Haut und das kitzelnde Gefühl ihrer Locken in seinem Nacken.

Vorsichtig drückte er sie etwas von sich weg, denn er wusste ja nicht ob sie noch schlafwandelte oder schon am Aufwachen war, außerdem waren ihre ungewohnte Nähe und Ausbrüche dieser Freude ihm fast schon unheimlich.

Sie starrte ihm ins Gesicht, dann weiteten sich ihre Augen etwas und sie machte einige Schritte rückwärts, ihren Blick nicht von ihm nehmend. Mit einer geschwinden Umdrehung drehte sie sich letztlich jedoch um und verschwand, ohne ein weiteres Wort zu sagen, die Treppe hinauf.

Ein merkwürdiges Gefühl breitete sich in Sirius aus, er konnte sich keinen Reim auf ihr Verhalten machen. Als die Müdigkeit sich jedoch wieder meldete und ihn an seinen ursprünglichen Plan erinnerte, an seiner Matratze zu horchen, verdrängte er es aus seinem Kopf mit dem Gedanken, dass sie einfach nur verwirrt gewesen wäre und dies keine tiefere Bedeutung gehabt hätte.

Ein lautes Schnarchen von Peters und Franks Betten empfing Sirius im Schlafsaal der Jungen. Ohne sich umzuziehen krabbelte er unter seine Decke, seine letzten Gedanken würde er beim Aufstehen vergessen haben, doch dieses seltsame Gefühl würde zurückbleiben. Das Gefühl, das etwas nicht stimmte.
 


 

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@eva-04: Dankeschön! =)

Das mit dem "warum" ist leider nicht so ganz richtig, dafür sprichst du mit deiner Vermutung ein anderes wichtigs Thema an.^^ Allerdings geht es dabei nicht um "die Rumtreiber", sondern nur um einen einzigen und seine Beziehung zu Mel.
 

@Nicce: Jep - so hab ich mir das gedacht. ;) Ich konnte mir einfach nie vorstellen, dass zwei aus so verschiedenen Familien sofort Freunde geworden sind. Aber laut JKR liege ich da ja falsch ...
 

Hoffe die vielen Wechsel zwischen Sirius & James und Erinnerung & Gegenwart habe euch nicht durcheinander gebracht?

Sorry, aber bei dem Chap konnte ich einfach nichts weglassen! *Sätze an sich klammer*

Na, aber ich hab euch nicht zu viel versprochen, oder?

Aufzeigen, wer Mels Verhalten jetzt völlig kapiert zu glauben hat *g* und die anderen schreiben der yanni jetzt brav ihre Ideen in Form eines Kommis auf! ;)

Docere & Doceri

So heut halt ich mal die Klappe und red nicht so viel.^^ Nur eine wichtige Ankündigung, bisher kamen die Kapitel ja alle zwei Tage ich streck das jetzt mal auf drei bis vier, damit ich nicht schon so bald meinen Vorrat aufgebraucht hab. ;)

Ansonsten, wie immer ganz dolle Spaß - mir persönlich gefällt dieses Chap mal ausnahmsweise seeehr gut! =)
 

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Link zum Song: http://youtube.com/watch?v=cJmghwq7k2I
 

Kapitel 6 – Docere & Doceri
 

»You took my hand, you showed me how

You promised me, you'd be around

Ahaaa that's right
 

I took your words and I believed

In everything you said to me

Yeaha – that’s right
 

If someone said three years from now

You'd be long gone

I'd stand up and punch them out

'Cause they're all wrong

I know - better

Cause you said forever

and ever

Who knew?«
 

“Who knew” - Pink
 

„… stehen! Los … rius! Wir … sen zu … tränke.“, eine dumpfe Stimme klang von ganz weit her an Sirius’ Ohr, doch der Schwarzhaarige ignorierte sie gekonnt und mit einem automatischen verärgertem Brummen, presste er sich sein schönes weiches Kopfkissen einfach auf die Ohren.

„Endlich wieder Ruhe!“, dachte er schon, soweit Sirius’ Denkvermögen um diese unmenschliche Uhrzeit überhaupt schon bereit war zu arbeiten.

Da spürte er wie es Hals abwärts plötzlich eisig kalt wurde. Jemand hatte es doch tatsächlich gewagt, Sirius seine schöne warme Decke zu klauen, sodass er jetzt schutzlos der morgigen Kälte des Schlafsaals ausgeliefert war. Und die nächste Unannehmlichkeit ließ sich auch nicht lange bitten. Mit einem gewaltigen Ruck wurde an Sirius’ Kopfkissen gezehrt und egal wie verbissen der Blackspross um sein Heiligtum kämpfte, am Ende verlor er doch den Kampf. Schließlich wurde es ihm gewaltsam entrissen und mit geschlossenen Augen tastete Sirius nun verzweifelt nach seinem gemütlichen Schutz zwischen der Traumwelt und dem Wachdasein.

„Sirius!“, wurde ihm da unsanft ins Ohr gebrüllt, doch noch immer hielt der Schwarzhaarige seine Augen beharrlich geschlossen.

„Steh endlich auf oder wir kommen noch zu spät zu Zaubertränke, verdammt!“

Aber Sirius stellte sich weiterhin stur schlafend, egal, dass seine Freunde längst wussten, dass er wach war. Sirius wollte das Ende seiner ohnehin sehr kurzen Nacht nicht so einfach akzeptieren.

„Lass mich mal.“, ohne die Augen geöffnet zu haben, wusste Sirius, dass James grinste.

„Hey Kumpel, entweder du bewegst deinen Arsch jetzt sofort aus dem Bett …“, an dieser Stelle konnte er hören das James’ Grinsen gemeiner wurde, „… oder ich gehe in die Küche …“, sollte er doch gehen, Hauptsache er ließ Sirius endlich weiterpennen, „… und sag den Hauselfen, dass du auf Diät gesetzt werden musst … lebenslang!“

Prompt schlug Sirius die Augen und richtete sich allzu schnell auf, was er sogleich bereute. Das helle Licht brannte unangenehm in seinen Augen und von der hastigen Bewegung wurde ihm etwas schwindlig. Trotzdem schleppte sich der mürrische Sirius aus seinem Bett und blinzelte sich missmutig und knurrend den Weg zum Bad für eine kurze Wäsche.
 

James lachte leise:

„Das klappt immer!“

Von Sirius kam ein Schnauben, das dem eines alten Pferdes im Todeskampf glich, doch trottete James’ Freund weiter Richtung Bad. Er, Remus und Peter hatten die aller größte Mühe, ihr Lachen zu verbergen, der darauf folgende Knall der Badezimmertür war heute Morgen ein wenig lauter als sonst.

Typisch Sirius!

Heute ließ er wieder mal besonders den Morgenmuffel raushängen, es gab eben Tage an denen er sich absolut weigerte aufzustehen oder andere an denen jeder freiwillig einen Sicherheitsabstand von drei Metern zu ihm einhielt und Peter schon jedes Mal, als Reaktion auf Sirius’ mörderische Laune, aus dem Schlafsaal flüchtete. Doch wenn James eins in Hogwarts gelernt hatte, dann, dass es für jedes Problem den passenden Zauber gab, man musste diesen nur erst mal finden.

Frech klopfte er gegen die Badezimmertür, von drinnen war als Antwort ein gefährliches Knurren zu hören, das jeden anderen die Flucht hätte antreten lassen, James Potter aber nur breit grinsen ließ.

„Ach, Sirius!“, flötete er.

„Ich wollte dir nur sagen, dass wir schon mal runtergehen …“, unverständliche Laute durchdrangen die schwere Holztür zwischen James und seinem Freund, (wahrscheinlich war es sogar besser, dass die Tür sie verzehrte), „… zum Frühstück.“, erwähnte James beiläufig.

Er zählte bis drei.

„Eins.“

Das Knurren und Murren verstummte augenblicklich.

„Zwei.“

Aufgeregtes Getrappel hinter dem Holz, es klang als befände sich außer Sirius noch eine Horde junger Hippogreife im Raum.

„Drei.“

Die Tür wurde schnell aufgerissen, ein schwarzer Schatten schnellte vorbei und Sirius blickte bereits wartend von der Schlafsaaltür auf seine Freunde, ein hungriges Grinsen im Gesicht.

„Na los, wo bleibt ihr denn? FRÜHSTÜCK!“, lachend stürmte Sirius die Treppen runter, es schien, als freute er sich wie ein kleiner Junge über die Aussicht einer reichhaltigen Mahlzeit.

Tja, es gab eben für alles einen Zauber und manchmal reichte schon ein einfaches Wort wie „Frühstück“ aus, um Morgenmuffeligkeit wegzuhexen.

„Vielleicht sollten wir Sirius sagen, wie spät es ist?“, fragte Peter vorsichtig.

Remus schüttelte schmunzelnd den Kopf:

„Besser nicht. Den Anblick gleich will ich mir um keinen Preis der Welt entgehen lassen!“

James grinste. Diese kleine Rache gönnte er seinem Freund nur allzu gerne, er war schlichtweg froh, dass Remus und Sirius ihren Streit über die Ereignisse der letzten Nacht wieder begraben hatten.

Die drei Jungen verließen zusammen den Schlafsaal der Fünftklässler und folgten ihrem verfressenem Freund hinunter in die große Halle.
 

Nebenan im Mädchenschlafsaal schreckte jetzt ebenfalls eine Gestalt aus einem wilden Gewirr von Bettlaken hoch.

Verwirrt sah sich Mel im Schlafsaal um, alle anderen Betten waren bereits leer, die Spuren der Nacht noch an ihnen zu erkennen. Nur der Schlafplatz rechts neben ihrem eigenen war bereits wieder fertig hergerichtet für die kommende Übernachtung. Lilys Decke steckte ordentlich im Bettrahmen fest, das rote Material spannte sich glatt über die Matratze, ihr flauschiges Kissen lag aufgeschüttelt am Kopfende und die dunkelroten Samtvorhänge waren sicher an das dunkelbraune Eichenholzgestell gebunden.

Oh, je! Kein gutes Zeichen!

Mels nervöser Blick wanderte zur Uhr auf ihrem Nachttisch.

07:45 Uhr.

07:45 Uhr?

07:45 Uhr!

Mit einem schnellen Satz sprang Mel auf die Beine, kurz wankte sie, bevor sie sich eiligst auf ins Bad machte.

Am liebsten würde sie ihren Kopf irgendwo gegen hauen.

Sie dämliche Kuh!

Brav hatte sie sich den Wecker gestern extra noch auf 08:00 Uhr gestellt, aber was hatte sie dabei natürlich vergessen?!

Dass sie dieses Schuljahr auch früher hatten, genauer gesagt, dass Mel heute um Punkt 08:00 Uhr bereits im Zaubertränkeunterricht sitzen sollte.

Ausgerechnet auch noch Zaubertränke!

Jedes andere Fach (mal abgesehen vielleicht von Verwandlung, Mel konnte sich bildlich vorstellen, wie Professor McGonagalls Nasenflügel sich selbst bei ihrem zu spätem Kommen aufblähen würden) hätte es ja sein können, aber nein! Sie mussten ja unbedingt an genau diesem Dienstagmorgen um acht Uhr Zaubertränke haben, genau das Fach, wo sich Mel keine einzige versäumte Minute leisten konnte.

Wütend über ihre eigene Blödheit begann sie mit ihrer Katzenwäsche. Sie klatschte sich ein wenig Wasser ins Gesicht, um die letzten Schatten der Schläfrigkeit zu vertreiben, steckte die Zahnbürste für einige Momente in den Mund und versuchte sich in dem hoffnungslosen Unterfangen ihre Lockenpracht durch ein Haarband zu zähmen.

Ein kurzer Blick in den Spiegel genügte Mel, um ihr zu sagen, dass sie heute Morgen mal wieder ganz besonders „entzückend“ ausschaute. Eben nur so, als hätte sie gerade einen wilden Besenflug hinter sich, mit dem Versuch die Schallmauer zu durchbrechen.

Aber das kümmerte Mel wenig.

Wen interessierte schon ihr äußeres Erscheinungsbild?

Mel wusste, dass sie mit diesem Aussehen niemals die Wahl zur Miss Hogwarts gewinnen würde und hatte sich bereits vor langer Zeit mit eben jener Tatsache abgefunden. Inzwischen warf sie dem Spiegel nur noch aus reiner Gewohnheit einen Blick zu. Im Gegensatz zu den ganzen Tussis (gewisse Leute aus ihrem Schlafsaal mit eingeschlossen) mussten bei Mel die Haare nicht auf möglichst komplizierte Weise hochgesteckt sein, sondern durften einfach nicht störend im Gesicht rumhängen. Nägel hatten nicht jeden Tag einem Chamäleon gleich die Farbe zu wechseln, entscheidend war nur, dass ihre Länge nicht beim Schreiben störte. Eine Toilette wurde von Mel nur aufgrund unumgänglicher natürlicher Bedürfnisse betreten und nicht um den Eyeliner nachzuziehen, sich das Näschen zu pudern oder damit zu prahlen, dass Potter oder Black einem auf den Arsch geschaut hatten. Nein, Mel verschwendete an solche Dinge keine Zeit, sie waren überflüssige vergeudete Minuten. In ihrem ganzen 15-jährigen Dasein hatte Mel bisher keine Schminke, Make-up oder sonstiges Gesichts verunstaltendes Zeug aufgelegt.

Es gab eben wichtigere Dinge.

Allerdings musste selbst Mel zugeben, dass sie an diesem Morgen einen wirklich jämmerlichen Eindruck machte. Ihre Haut war weitaus blasser als sonst, die Augen wirkten unnatürlich klein und waren rot unterlaufen. Auch fühlte sie sich viel erschöpfter als gestern Abend, als wäre sie die gesamte Nacht auf den Beinen gewesen.

Sie eilte zurück in den Schlafsaal und kramte den erstbesten Umhang hervor, doch als sie sich umziehen wollte, stutzte Mel.

Sie trug gar keinen Pyjama!

Mel hatte immer noch dieselben Sachen an, wie vom Vortag. Wenn sie jetzt so darüber nachdachte, konnte sie sich auch gar nicht erinnern ins Bett gegangen zu sein. Das Letzte, was sie noch wusste, war, dass sie in die Bibliothek gegangen war um sich mit noch ein paar weiteren Büchern über ihr diesjähriges Thema in Verwandlung zu versorgen. In eine Lektüre (Was tun wenn die Haarbürste fehlt oder ein unangekündigter Gast keinen Platz zum Sitzen hat? Ein nützliches Handbuch zur Umwandlung von Tieren in Alltagsgegenstände) hatte sie gleich dort reingeschaut. Der Inhalt war jedoch nicht sonderlich spannend gewesen, sie hatte gespürt, wie ihre Konzentration langsam aber sicher flöten gegangen war, doch hatte sie noch ein Kapitel auslesen wollen. Den Rückweg musste sie schlichtweg vergessen haben und vor Müdigkeit gleich ins Bett gefallen sein.

Das erklärte allerdings immer noch nicht ihr fast unzumutbares Gesicht. Doch wenn Mel so darüber nachdachte, kannte sie die Antwort bereits. Eine dumpfe Erinnerung sagte ihr, dass auch diese Nacht ihr Schlaf wieder unruhig gewesen war. Wahrscheinlich war sie wieder besonders oft hoch geschreckt, nichts Außergewöhnliches bei Mel.

Während sie ihr Tausend Pilze und Kräuter-Buch schnell in die Tasche stopfte, dachte Mel darüber nach, wie sehr sie sich in dieser Hinsicht doch verändert hatte.

Früher, war sie eine extreme Langschläferin gewesen, dass der Nachmittag in den frühen Morgen umfunktioniert worden war, war bei ihr keine Seltenheit, sondern Normalität gewesen.

Ihre Auntie* pflegte immer zu sagen:

„Neben dir könnte ein Riese „Drei kleine Zaubrerlein“ anfangen zu singen, du würdest dich nicht mal umdrehen, sondern friedlich weiter schlafen und von Einhörnern träumen!“

Aber heute?

Sie war noch immer jemand, der gerne lange im Bett blieb und das eigentlich auch brauchte, doch die Nächte in denen Mel in einem durchgeschlafen hatte, konnte sie inzwischen an einer Zaubererhand abzählen. Nun benötigte sie niemanden mehr, der ihr morgens den Eimer Wasser ins Gesicht kippte oder ihr so lange ins Ohr schrie, bis er heiser wurde. Oft genug schreckte sie auch so irgendwann morgens hoch und wenn dies mal nicht der Fall war, dann wurde Mel von ihrem mechanisch prähistorischem Weckerdingen wachterrorisiert.

Der sandbraune Bimmler mit dem messingfarbenen Zifferblatt, von anno 1930, machte einen so ohrenbetäubenden schrillen Lärm, dass selbst Mel von diesem Krach aufwachte. Ein schwaches Lächeln legte sich auf Mels Lippen, als sie daran dachte, wie sehr sich ihre Auntie doch in ihrer festgefahrenen Meinung von ihrem Schlafverhalten irrte. Es verging jedoch schnell, als Mel sich erinnerte, wem sie diesen altmodischen Klingelfritzen zu verdanken hatte.

Das Zifferblatt verriet Mel, dass für Frühstück nun keine Zeit mehr war, aber morgens war sie ohnehin keine große Esserin, ihr Magen war nämlich ein noch größerer Langschläfer als Mel selbst und wachte grundsätzlich erst drei Stunden nach ihr auf.

Ihr blieben nun also noch fünf Minuten, um in die Kerker zu flitzten, sich auf ihren Platz zu setzten und Professor Slughorns alljährlichem Willkommen-in-der-Schule-Gerede zu lauschen und ein möglichst interessiertes Gesicht zu machen, wenn Sluggi von seinen sommerlichen Meet&Greet-Treffen mit irgendwelchen „Berühmtheiten“ berichtete.

So sauste Mel die Treppe runter, aus dem Turm hinaus und durch die einsamen Gänge des Schlosses, die immer tiefer in die Schule hineinführten. Die Kerker lagen weit unten in Hogwarts, man brauchte eigentlich nur der Kälte zu folgen, wenn man dort hin wollte.

Als die letzte Treppe, die zur Kerkertür führte, in Sicht kam, legte Mel noch mal einen Zahn zu.

Schwerer Fehler.

Denn nun kam eins von Mels versteckten Talenten mal wieder zum Vorschein, die Fähigkeit möglichst schwungvoll in jemanden reinzurasseln.
 

„Verdammt!“, fluchte Sirius, als er so unsanft auf den Boden befördert wurde.

Mit sehnsuchtsvollen Augen betrachtete er seine beiden schönen Toasts vor sich, die, gerade noch auf dem Weg von seiner Hand in den Mund, sich nun zermatscht und selbstverständlich mit der Marmeladenseite nach unten, auf dem dreckigen kalten Steinfußboden wieder fanden.

Neben ihm gab James schmerzende Laute von sich und beschwerte sich lautstark, dass gerade Hogwarts’ aller heiligstes, nämlich sein schöner Hintern, zu Schaden gekommen sei. Remus war schon wieder dabei seine Bücher aufzusammeln und Peter auf die kurzen Beine zu helfen, als Sirius sich, mit einem noch immer tiefen Gefühl von Bedauern, von seinen Toasts verabschiedete und missmutig nach dem Ausschau hielt, der es gewagt hatte, ihn um sein Frühstück zu bringen.

Er stöhnte auf.

Das gab es doch einfach nicht!

Wie viel Pech konnte man denn haben?

Schon wieder dieser Plagegeist!

„Nicht du schon wieder, Roberts!“
 

„Die nette Begrüßung kannst du dir sparen, Black! Ich hab jetzt keine Zeit mich auf dein Niveau herabzulassen, um mit dir kommunizieren zu können.“, erwiderte sie kalt.

Ohne sich weiter um die vier am Boden liegenden Jungs zu kümmern oder Blacks Reaktion abzuwarten (nicht dass diese schwer vorstellbar für sie war) lief Mel Richtung Kerkertür. Hinter sich hörte sie Potter irgendwelche Verwünschungen gegen sie ausstoßen, Pettigrew zustimmend bejahen, Black knurren und Lupin beruhigend und drängend auf sie einreden.

Am unteren Treppenabsatz angekommen, wurde Mel plötzlich von jemandem überholt. Black lehnte sich lässig gegen die Tür, verschränkte die Arme und schlug ein Bein über das andere. Potter hatte sich neben ihn gesellt und grinste etwas hinterhältig.

„Was soll das werden?“, fragte Mel, ohne eine Miene zu verziehen.

„Nicht so freundlich, Roberts! Sonst bleibt die Tür vorerst zu und du Oberstreberin willst doch nicht den Unterricht verpassen.“, meinte Potter.

Mel zog eine Augenbraue hoch, das Brodeln in ihrem Körper ließ sie jedoch nicht nach außen dringen.

„Potter, du bist dämlich. Wenn ich zu spät komme dann ihr auch.“

Black gab ein bellendes Lachen von sich:

„Roberts, wir kommen fünfmal die Woche zu spät, aber bei dir kann ich mich an kein einziges Mal erinnern. Wäre doch mal eine nette Premiere: Miss Ehrgeiz verpasst fünf Minuten von Sluggis Unterricht.“

„Das reicht! Ich habe keine Lust mehr meine wertvolle Zeit mit euch Idioten hier zu verschwenden.“, Mel versuchte sich an Black vorbei zur Türklinke zu drängen, doch dieser hielt einfach mit einer Hand ihre Arme fest.

Mel war etwas überrascht, sie wusste, dass Black stark war, er war schließlich nicht umsonst Treiber in Gryffindors Quidditchmannschaft, nicht aber, dass er so felsenfest zupacken konnte. Da half kein Ruckeln oder Ziehen, Mels Arme bewegten sich kein Stück.

„Black, lass mich los!“, zischte Mel.

„Hm … lass mich überlegen …“, er runzelte übertrieben die Stirn und kratzte sich mit der freien Hand am Kinn, „… nö!“

„Was?!“

„Nöööö!“, Black entblößte eine Reihe blitzend weißer Zähne.

„Black, ich sage es noch einmal für Begriffsstutzige: Lass. Mich. Gefälligst. Los! Oder es wird dir bitter leid tun!“

„O pass auf, du bist so Furcht einflößend, ich mach mir gleich in die Hose!“, höhnte Black.

„Black!“, eine weiteres Mel zerrte sie an seinem Griff.

„Hast du nicht gehört? Sirius hat „“ gesagt!“, Potter grinste sie fies an.

„Sirius, komm schon, wir müssen in den Unterricht!“, mischte sich nun die ruhige Stimme von Remus Lupin ein.

„Sonst lässt Slughorn uns vielleicht auch noch Krötenhirne aus den Ecken kratzen und du hast schon genug Strafarbeiten vor dir.“

Blacks Gesicht spiegelte Genervtheit und Enttäuschung wieder. Anscheinend war er nicht glücklich darüber, sein schönes Spiel jetzt bereits beenden zu müssen. Doch wie immer, hörte er schlussendlich auf Lupin.

„Wenn sie sich entschuldigt, lass ich sie los.“, knurrte er.

„Also, ich höre?“

„Du kannst von mir aus hier stehen bleiben und lauschen bist du anschimmelst, Black, aber ich gehe jetzt in den Unterricht!“, verkündete sie in eisigem Ton.

Daraufhin zehrte und zog Mel so gut sie konnte, doch es war zwecklos. Potter amüsierte sich köstlichst über ihre wirkungslosen Versuche sich zu befreien, er lachte sich halb kaputt über Blacks gelangweilt überlegenen Gesichtsausdruck, während Mel weiterhin verbissenen Widerstand gegen seinen Griff leistete.

„Du solltest mehr Sport treiben, Roberts.“, er schaute spöttisch an ihr unter.

„Das würde dir in keiner Hinsicht schaden.“

Noch bevor Mel auf diesen fiesen Kommentar etwas zurückgiften konnte, ertönte auf einmal ein rostiges Quietschen. Die schwere Eisentür wurde so plötzlich aufgerissen, dass Black, der sich gegen sie gestemmt hatte, das Gleichgewicht verlor und mit dem Rücken zu Boden fiel.

Mel mit sich ziehend.
 

„Hoppla! Na, na, heute sind Sie aber besonders stürmisch, Mr. Black!“, dröhnte da die Stimme ihres Zaubertranklehrers über seinem Kopf.

Dies war einer der wenigen Momente in Sirius Blacks Leben, der ihm tatsächlich peinlich war. Er lag mit dem Rücken auf dem kalten schmutzigen Steinfußboden (man sollte besser nicht darüber nachdenken, was dort schon alles drauf klebte) sein Hemd war etwas hoch gerutscht und gab den Blick auf ein gutes Stück nackter Haut frei. Über ihm oder eher gesagt auf ihm lag Roberts, ihr Gesicht seinem unglaublich nahe, er vernahm einen vertrauten Geruch und konnte ihren Atem auf seiner Haut spüren. Ihr Unterkörper ruhte auf seinen Hüften … gespreizt.

Es hätte ja jedes andere Mädchen sein können, selbst Evans (wobei Sirius annahm, dass James das weniger lustig empfunden hätte als jetzt, wo er sich gerade an Remus stützte, um nicht umzukippen vor lachen), Sirius hätte cool reagiert und dem Mädchen zugezwinkert, aber nein, es musste ja ausgerechnet Melody Roberts sein, die da in dieser eindeutig-zweideutigen Stellung auf ihm lag.

Wie vom Kappa gebissen wichen beide hastig so weit wie möglich auseinander und starrten sich wütend an. Dann stolzierte Roberts in die erste Reihe auf ihren einsamen Stuhl zu, ohne auch nur einmal rot geworden zu sein. Was jedem anderem Mädchen zutiefst peinlich gewesen wäre und einen starken Bluteinschuss im Wangenbereich bedeutet hätte, schien bei ihr allenfalls Ärger über so viel Kontakt mit einem anderen Menschen auszulösen.

Ein monotones Kichern und der amüsierte Blick von Professor Slughorn folgten Sirius bis zur hintersten Reihe, mies gelaunt, ließ er sich auf seinem Stammplatz neben James fallen, der immer noch leise lachte.

Kein Schlaf, kein Frühstück, keine Ruhe.

Wie oft wollte dieses Mädchen denn noch seinen Tag versauen?

Das Schicksal meinte es dieses Jahr eindeutig nicht gut mit ihm.

Reichte es nicht, dass er ihre Existenz schon so immerzu ertragen musste?

Warum hatte sie ihm neuerdings, dann auch noch dauernd über den Weg zulaufen?

Hoffentlich kam sie ihm nie wieder so nahe, Sirius verspürte nicht das geringste innere Bedürfnis daran nach noch mal so viel Intimität zwischen ihm und seiner Hassfeindin. Ihren Atem auf seinem Gesicht zu spüren, jede einzelne ihrer Locken betrachten zu können, diesen Duft zu riechen …

Dieser Geruch, den er nicht hatte einordnen können, er war ihm so seltsam bekannt vorgekommen ...

Plötzlich wurde Sirius ein ganzes Stück wacher. Seine überraschende nächtliche Begegnung mit ihr kehrte in sein Bewusstsein zurück. Genauso, wie ein seltsames Gefühl, das er immer noch nicht richtig einordnen konnte.

Was hatte sie noch gleich gesagt, als sie ihn auf so unheimliche Weise umarmt hatte?

Irgendwas mit „wieder da“?

Die Worte ergaben für ihn keinen Sinn, er war doch schon die ganze Zeit da und bisher hatte er stets angenommen, dass sie über seine Anwesenheit genauso unglücklich wäre, wie er über ihre.

Er fragte sich, ob sie sich überhaupt daran erinnern konnte. Eine gewisse Neugierde war in ihm geweckt, was dieses Rätsel zu bedeuten hatte.

Vielleicht sollte er sie darauf ansprechen?

Sirius schüttelte seinen Kopf.

Das war doch Blödsinn!

In dieser Sache lag ganz und gar keine tiefere Bedeutung, sie hatte einfach nur geschlafwandelt. Schon vorher hatte sie schließlich Schwachsinn vor sich hergemurmelt, ihre Reaktion danach war nicht anders zu deuten.

Die ganze Geschichte war vollkommen unwichtig!

Sirius verdrängte das unbekannte Gefühl wieder und blickte zu James, der glücklicherweise nichts von seiner gedanklichen Abwesenheit bemerkt hatte. Mit einem geistesgegenwärtigen Lächeln und verträumten Augenausdruck, war James hoch beschäftigt seiner Lieblingsbeschäftigung, gleich nach Quidditch und Streiche spielen, nachzugehen.

Genervt wandte Sirius seinen Blick gelangweilt auf Slughorn zurück, der gerade im Plauderton erzählte, wie er erst Letztens mit dem neuen Minister für Zauberkatastrophen, Joseph McKinnon, Kaffee getrunken hätte.
 

„Liebe Leute!“, Slughorn klatschte in die Hände und Mel wachte leider aus ihrem herrlichen Traum auf, in dem sie Sirius Black gerade eine entzückende Warzenfratze in sein ach-so-schönes Gesicht gezaubert hatte.

„Ihre ZAGs stehen an und ein Jahr ist schnell vergangen, ein alter Mensch wie ich weiß das natürlich besser als Sie.“, er gluckste über seinen eigenen Witz und fuhr ein wenig harscher fort, als niemand mitlachte

„Für dieses Jahr habe ich mir etwas Neues überlegt, mein guter Freund Simplicius Swot, von der magischen Abteilung der Schulaufsichtsbehörde, hat mir hier mit einem kleinen Tipp zur Lernstanderhebung ein bisschen unter die Arme gegriffen. Also, damit jeder von Ihnen dieses Jahr seine Prüfungen besteht und ich natürlich weiß, dass nicht alle dieselbe unglaubliche Begabung wie Miss Evans aufweisen können“, an dieser Stelle schenkte er dem rothaarigen Mädchen, ein paar Plätze weiter links von Mel, ein strahlendes Lächeln, „wird es ab sofort in meinem Fach Docere & Doceri* geben.“

Ausnahmslos alle Schüler schauten ihn an, als wären sie soeben einer Sphinx begegnet.

„Das heißt, dass es Lerngruppen geben wird.“, erklärte Professor Slughorn.

Ein „ah“ ging durch die Reihen, mit diesen Worten konnten alle schon mehr anfangen.

„Ab jetzt werden Sie sich zu zweit auf die Unterrichtsstunden vorbereiten.“

Großes Getuschel brach aus, Mel jedoch gefiel diese Tatsache überhaupt nicht.

Zu zweit, hieß das, sie sollte von nun an mit jemanden anders zusammen lernen?

„Der gute Schüler übernimmt hierbei die Rolle des Lehrers und profitiert selber, da er die wichtigen Dinge nochmals wiederholt und der Schlechte versteht endlich, warum man Drachenschuppen nicht zu Alraunenwurzeln geben sollte.“

Slughorn lachte, doch keiner außer Lily lachte mit. Severus Snape hätte diesen Insider-Zaubertränke-Witz vielleicht auch verstanden, aber der war merkwürdigerweise heute Morgen nicht anwesend, genauso wie Bellatrix Black, Rudolphus Lestrange und Evan Rosier.

„Fangen wir an …“

„Mr. Potter!“, der Junge mit den zerzausten Haaren richtete sich auf.

„Sie werden Miss …“, Slughorn suchte mit seinem Blick im Raum nach Potters Opfer, pardon, Schüler, dessen Augen sofort hoffnungsvoll schauten, als Slughorn sich in Richtung eines rothaarigen Wesens umwandte, jedoch glitt sein Blick an ihr vorbei, „… Cruz demnächst aus der Patsche helfen.“

„Mr. Black“, der Angesprochene hob seinen Kopf gerade mal soviel wie nötig vom Tisch, um den Professor ansehen zu können, „für Sie gilt das gleiche wie für Ihren Freund. Allerdings werden Sie sich mit Miss Gallaghers Problemen befassen.“ Slughorn zwinkerte Black schelmisch zu, wahrscheinlich weil er dachte, er hätte ihm mit diesem schönen Mädchen als Partnerin einen Gefallen getan.

„Wenn der wüsste …“, dachte Mel schadenfroh.

Aber dieser Dämpfer würde Black mal gut tun, denn Gallaghers Anblick würde ihn immer daran erinnern, dass er nicht alle hübschen Mädchen haben konnte, auch wenn er diese Tatsache immer gern verdrängte.

„Miss Evans“, im sanften Tonfall wandte sich Professor Slughorn an seine Lieblingsschülerin, „als Klassenbeste, muss ich Sie leider um einen großen Gefallen bitten. Ich habe Mr. Pettigrew für Sie vorgesehen, ich denke er …“, Slughorn warf einen hoffnungslosen Blick nach hinten, „… würde von Ihrer Hilfe sicherlich sehr profitieren.“

„O … kein Problem, Professor!“, antwortete Lily Evans, mit ihrem Standardsatz, heute jedoch seltsam steif und mit zusammengepressten Zähnen.

„Ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar, Miss Evans! Ich wusste doch, dass ich auf mein Mädchen zählen kann.“, er zwinkerte ihr verschwörerisch zu.

„Dann kann ich Sie doch bestimmt auch um einen weiteren Gefallen bitten?“

Unter Slughorns erwartungsvollen Augen, nickte Lily wie vorhersehbar.

„Das ist meine, Lily, immer ein hilfsbereites Wesen für Ihren alten Lehrer.“, Slughorns gewaltiges Lachen, dass immer mehr nach dem Schnaufen eines Riesen klang, hallte in gewaltiger Lautstärke von den Steinwänden wieder.

„Nun bei meiner Zusammenstellung musste ich feststellen, dass wir das Problem haben, ein ungerader Kurs zu sein. Aber ich habe mir schon bereits gedacht, dass Sie, Miss Evans, mich nicht im Stich lassen würden. Also, werden Sie sich um einen weiteren Problemfall kümmern.“

Mel lauschte auf einmal ganz angestrengt. Slughorn hatte doch nicht etwa vor …

„Miss Roberts wird über Ihre zusätzliche Hilfe sicherlich sehr glücklich sein, Miss Evans.“

Mel war wie erstarrte, sie hätte nie geglaubt, dass es für den möglichen „Black-Fall“ tatsächlich noch eine Steigerung geben könnte, aber das hier war schlimmer, als Black und Potter als Nachhilfelehrer zusammen.
 

Professor Slughorns letzte Worte bekam Lily gar nicht mehr mit, seit er ihren Namen ausgesprochen hatte, starrte Lily etwas stumm vor Schreck die Tischplatte an. Warum?

Warum hatte sie nur „ja“ gesagt?

Warum musste sie immer „ja“ sagen?

Lily biss sich auf die Lippe, das konnte ja noch heiter werden.

Inzwischen hatte Professor Slughorn alle Schüler verteilt und war bereits am Erklären wie Docere & Doceri funktionierte.

„Sie sollten sich zweimal die Woche mindestens treffen, um die Hausaufgaben zusammen zu erledigen. Und wehe Sie tun das nicht! Meine Damen und Herren, ich merke, wenn Sie schummeln und erwarte deutliche Verbesserungen zu sehen.“

Die meiste Zeit der nächsten beiden Stunden war Lily nur körperlich anwesend, heute war sie in ihrem unschlagbaren Lieblingsfach so unkonzentriert wie noch nie. Aber glücklicherweise brauten sie einen einfachen Trank, so erledigten Lilys Hände praktisch von allein ihre Arbeit, während sie selbst mit ihren Gedanken woanders war.

Pettigrew war eine Sache. Er war ein Rumtreiber, allerdings der Stillste von allen vieren und ohne seine Freunde viel weniger mutig als gewöhnlich. In Zaubertränke brauchte er aber ganz eindeutig Nachhilfe, Pettigrew hatte es bereits damals in ihrer allerersten Stunde geschafft seinen Kessel in die Luft zu jagen und dass obwohl sie sogar mit einer ganz einfachen Tinktur gegen kleine Verletzungen angefangen hatten. Auch wenn sie ihn nicht besonders mochte, sah sie in ihm das kleinere Übel.

Das richtige Problem, dass Lilys gesamte Aufmerksamkeit momentan beanspruchte, saß ein paar Plätze weiter rechts von ihr.
 

Mel konzentrierte sich angestrengt und versuchte heute besonders stark alles richtig zu machen. Schon zum fünften Mal ging sie Slughorns Aufzeichnungen von der Tafel durch.
 

„Eine Prise Silbersalz hinzugeben, anschließend den Löffel zweimal quer hin und her rühren und schließlich drei Augen eines grünen Zauberhüpfers hinzugeben. Die weinrote Flüssigkeit nun 15 Minuten bei niedrigsten Feuer köcheln lassen, unter ständiger Zugabe von klein geschnittenen Gänseblümchenwurzeln, bis der Trank magentafarben ist.“
 

Behutsam gab Mel das Silbersalz hinzu und bewegte ihren Löffel exakt nach Anleitung, doch trotzdem musste sie wieder mal feststellen, dass ihre Tränke sich grundsätzlich weigerten den gewünschten Farbton anzunehmen.

Orange war eben nicht Blutrot, wie er nun sein sollte.

Aber vielleicht konnte Mel das ja ändern, wenn sie die nächste Zutat hinzu gab?

Mit schnellen Schritten eilte sie zum Vorratsschrank.

Ein großes Einmachglas stand unübersehbar vorne, der Deckel war geöffnet, ein widerlicher Gestank nach verfaulten Eiern breitete sich davon aus.

Die Froschaugen ließen Mel innerlich erschaudern, kam es ihr nur so vor oder schauten die sie wirklich alle an?

Kurz starrte Mel zurück, bevor sie mit Todesverachtung die weißen schleimigen Dinger auf ihren Teller schweben ließ. Das Keramikgefäß weit vor sich ausgestreckt, kehrte Mel auf ihren Platz zurück.

Rasch ließ sie die drei Augen in ihren Trank fallen, ohne hinzusehen und das eklige Geräusch, das vom Plumpsen verursacht wurde, ignorierend. Es dauert nicht lange da verfärbte sich der Trank … lila.

O nein!

Was hatte sie denn nun schon wieder falsch gemacht?

Der dämliche Trank sollte doch jetzt weinrot und nicht lila sein!

Ein leises Lachen drang von der Seite her an ihr Ohr, Black und Potter, die verdammten Alleskönner, hatten gerade wohl einen Blick in ihren Kessel geworfen und es schien ihnen eine tierische Freude zu bereiten, dass Mel ganz offensichtlich etwas falsch gemacht hatte. Doch Mel war nicht so einfach zu provozieren, sie legte gerade mal nur so viel Kälte und Verachtung in ihre Augen wie eben nötig und wandte sich dann wieder der Tafel zu.

„Nachtkerzenöl … Essenz einer ausgepressten Grünglibberschnecke … getrocknete Haut eines italienischen Wassermolchs …“, das hatte sie alles.

Doch dann stach ihr mit Schrecken ins Auge, was sie übersehen hatte.
 

„Bevor siebenmal gegen den Uhrzeigersinn gerührt wird, zwei Messerspitzen Silbersalz hinzufügen.“
 

Sie hatte das Silbersalz vollkommen vergessen!

In ihrem leichten Panikanfall grapschte Mel eiligst nach dem Salzstreuer und wollte eigentlich nur die angegebene Menge hinzuschütten, doch stattdessen löste sich durch den Druck ihrer Hand der Deckel ab und der gesamte Inhalt landete im Kessel. Ein Zischen ertönte, gefolgt von einem gefährlichen Blubbern, als ob der Trank ein Eigenleben entwickelt hätte. Riesige silbrig schimmernde Rauchwolken stiegen auf und breiteten sich im Raum aus.

Von Weiten ertönten schon Slughorns aufgeregte Stimme und sein schnaufender Atem:

„Miss Roberts, gehen Sie auf der Stelle von dem Kessel weg!“

Keinen Moment zu früh entfernte sich Mel von ihrem Zinnkessel, denn schon lief ihre Arbeit von zwei Stunden, mit einem gewaltigen Schäumen über, das sich ringförmig auf dem Boden verteilte. Dort, wo der lila-graue Schaum die Fliesen berührte, zischte es, eine Wand aus Hitze hing über dem Ort, wo gerade noch Mels Kessel zu erkennen gewesen war.

Evanesco!

Mit einem Wink seines Zauberstabs ließ Slughorn das misslungene Werk verschwinden und die Spuren von Mels Fehler wurden nun noch besser sichtbar. Ihr Kessel war nur noch rudimentär vorhanden, der obere Teil durch die Flüssigkeit weggeätzt oder bizarr verformt worden. Um seine Überreste war ein weißer Kreis angeordnet, der Boden hatte durch den Kontakt mit der Flüssigkeit seinen grauen Ton vollständig verloren.

Mit einem mulmigen Gefühl, dass sie sich jedoch nicht ansehen ließ, sah Mel wieder hoch. Professor Slughorns anklagendes Gesicht war von Schweißperlen übersäht, die entweder von der Aufregung, der Hitze oder Sluggis Meisterspurt zu ihrem Kessel gerade kamen.

Miss Roberto, ich hab doch ausdrücklich hingeschrieben, dass mit dem Silbersalz vorsichtig umzugehen ist und die Gänseblümchenwurzeln exakt gleich geschnitten werden müssen!“

Also hatte sie sogar noch was falsch gemacht.

Warum nur, war sie auch so verdammt dämlich?

Das würde Überstunden in der Bibliothek für sie bedeuten.

„Ich kann gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Miss Evans Ihnen ab sofort helfen wird. Ich will nicht, dass meinem Kerker so etwas noch einmal zustößt, also werden Sie sich gleich heute Nachmittag mit Miss Evans treffen, um Ihre Strafarbeit zu erledigen. Sie schreiben mir zwei Rollen Pergament, über Herkunft, Herstellung, Verwendung und die Gefahren von Silbersalz, zusätzlich zur Hausaufgabe. Und jetzt räumen Sie gefälligst Ihren Platz auf, Miss Robson, in der nächsten Stunde will ich keine Spuren mehr von Ihrem Desaster sehen!“

Mel nickte stumm und begab sich auf ihren Platz zurück, die Überreste ihre Kessels beginnend zu beseitigen. Das Lachen der Rumtreiber hinter ihr, registrierte sie, mehr auch nicht. Dass sie aufgrund ihrer eigenen Beschränktheit einen Fehler gemacht hatte, war weitaus schlimmer für Mel. Zaubertränke war eben eindeutig nicht ihr Fach, Mel war unfähig sich die Herstellung eines Trankes zu merken, verabscheute die meisten Zutaten, die auf ihrer Liste standen, ganz zu schweigen von ihrer Unfähigkeit eins und eins in diesem Bereich der Magie richtig zusammen zufügen. Und obendrein konnte sie Professor Slughorn nicht besonders gut leiden. Der Hauslehrer von Slytherin, bevorzugte ständig irgendwelche Schüler, die entweder aus einer berühmten und mächtigen Familie kamen, sowie Potter und Black oder ein herausragendes Talent für sein Fach aufwiesen, sowie das Mädchen, das gerade stolz lächelnd auf Mels dickbäuchigen Lehrer zumarschierte.

In ihrer Hand trug sie ein Glas gefüllt mit dem Trank, den Mel eigentlich auch hätte machen sollen. Die magentafarbene Flüssigkeit schwappte kurz im Innern, als Lily Evans ihre Arbeit vor einem strahlendem Professor Slughorn hinstellte. Wie aus dem Lehrbuch, besser konnte man es gar nicht hinkriegen.

Mel spürte etwas in sich, doch war es nicht wie vielleicht erwartet Neid auf den perfekten Trank von Lily Evans, sondern vielmehr Scham und Wut, dass sie ganz offensichtlich zu blöd war, um so etwas Einfaches hinzubekommen. Gleich heute nach dem Unterricht würde sie sich alle möglichen Bücher besorgen, die auch nur im Entferntesten mit ihrem Thema zu tun hatten, dass schwor sie sich, als sie die Metallreste vom Holztisch kratzte.

Da fiel ihr plötzlich siedendheiß wieder ein, dass sie ja eine Verabredung hatte. Es war ein komisches Gefühl für Mel zu wissen, dass man zu einer bestimmten Zeit irgendwo zu sein hatte und dass dieses nicht der Unterricht war. Sie konnte nicht sagen, dass sie sich über dieses befremdliche Gefühl freute. Mel wollte keine Hilfe, brauchte keine Hilfe, sie schaffte das auch irgendwie allein, allerdings wusste Mel auch, dass es kein Entrinnen aus dieser Sache gab. Lily war Professor Slughorns Lieblingsschülerin und sie … nun der Professor bewies oft genug, dass sie es in seinen Augen nicht mal wert war ihren Namen zu erlernen.

Also doch Strafarbeit mit Lily Evans, nein, Mel freute sich wahrhaftig nicht darüber und sie hatte auch mehr als einen Grund dafür.
 

Gedankenverloren ließ sich Lily auf ihren Platz in Zauberkunst fallen. Die zwei Stunden Zaubertränke, die für sie sonst immer so ungemein befriedigend waren, hatten sie heute trotz ausgiebigen Lobs von Professor Slughorn mehr niedergeschlagen, denn glücklich gemacht.

Sie spürte ein Wirrwarr von Gefühlen in sich:

Wut, Nervosität, eine gewisse Ängstlichkeit und … Hoffnung?

Lily war so in Gedanken vertieft, dass sie nichts aus der kleinen Welt in ihrem Kopf wieder befreien konnte.

Fast nichts.

„Hey Evans, wie wär’s. Heute Abend ein romantisches Date auf dem Astronomieturm nach dem Unterricht, nur wir zwei? Ich könnte dir die Sterne zeigen.“

Nun gewann doch das Gefühl der Wut überhand und der erste, der es zu spüren bekam, war der schwarzhaarige Junge, der sie so unverschämt frech wieder angrinste.

„Potter, lass es oder du wirst gleich sofort Sterne sehen und zwar vor deinen Augen!“

„Ich liebe es, wenn du so rabiat wirst, dann funkeln deine grünen Augen immer besonders schön!“, grinste er weiterhin.

Plötzlich bewegte sich Potter dann doch eilig auf seinen Platz neben einem lachendem Sirius Black zu. Lily dachte zuerst, ihr grimmig drohender Blick hätte endlich mal Wirkung gezeigt, jedoch musste sie schnell einsehen, dass es wohl mehr Professor Flitwicks Auftauchen gewesen war, das ihn vertrieben hatte. Lily hatte ihn gar nicht bemerkt, was auch nicht besonders schwer war, da der Hauslehrer der Ravenclaws nicht gerade für seine enorme Körpergröße bekannt war, stand er doch jede Stunde auf einem großen Bücherstapel, nur um seine Schüler über den Tisch hinweg überhaupt anschauen zu können.

In der nächsten Viertelstunde hielt ihnen Professor Flitwick einen ähnlichen Vortrag wie bereits Professor McGonagall am vorherigen Tag. Die einzige Variation bestand darin, dass ihr kleiner Lehrer sie außerdem daran erinnerte auch über ihre Laufbahn nach Hogwarts nachzudenken, da mit den ZAGs der Tag ihres Abschlusses immer näher rücke und frühzeitige Gedanken wichtig wären.

„Also, ich weiß ja schon, was ich später mache!“, verkündete eine besonders mädchenhafte Stimme laut genug, damit es auch jeder mitbekam.

Lily verdrehte die Augen, das hatte sie über die Ferien unter Garantie nicht vermisst.

„Ah, Miss Lithon, Sie haben schon eine Idee?“, quiekte Professor Flitwick fröhlich.

„Welchen Berufsweg möchten Sie denn einschlagen?“

„Berufsweg?“, zuerst schaute das platinblonde Mädchen völlig irritiert über diese wirklich schwierige Frage, dann schien der Knut gefallen zu sein und sie kicherte affektiert.

„Nein, ich will doch nicht später arbeiten! Mein Daddy bezahlt alle meine Rechnungen bis ich in Hogwarts fertig bin und dann heirate ich einen stinkreichen Mann. Ich kann auch gar nicht arbeiten gehen, denn dann müsste ich ja jeden Tag zur Maniküre und das passt nicht in meinen Terminkalender.“, sie ließ ein weiteres girliehaftes Lachen erklingen, in das zumindest ihre Freundinnen mit einstimmten.

„Vor einer Arbeit brauchst du keine Angst zu haben, ich hab mal nämlich mal gehört, dass Denken bei den meisten Stellen eine Grundvorrausetzung ist.“

Alle schauten das Mädchen mit den blonden Locken baff an, besonders Venice Lithon natürlich, dessen Mund unnatürlich weit geöffnet war.

„Miss Roberts, das war jetzt aber wirklich nicht richtig, bitte entschuldigen Sie sich bei Miss Lithon.“, sagte Professor Flitwick, der sich nach Lilys Meinung eindeutig ein Schmunzeln verkneifen musste.

„Nein.“, war die knappe Antwort von Mel.

„Aber, Miss Roberts!“, versuchte der Professor Sie umzustimmen.

„Nein, meine Mutter hat mich dazu angehalten immer die Wahrheit zu erzählen. Mich zu entschuldigen käme einer Lüge gleich.“

„Nun, dann tut es mir Leid, dass ich Ihnen fünf Punkte abziehen muss.“

Lily glaubte, dass es dem Professor wirklich Leid tat, aber er hatte richtig gehandelt. Mels Kommentar war eindeutig nicht in Ordnung gewesen. Komisch, dass sie gerade heute so heftig reagiert hatte, normalerweise redete sie außerhalb der Fragen von Lehrern nicht im Unterricht und Venice Lithon hatte schon weitaus größeren Blödsinn in ihrem Leben von sich gegeben.

Der nächste Teil der Stunde wurde ohne weitere Zwischenfälle fortgeführt, Professor Flitwick ließ sie den Aufrufzauber wiederholen … mit Kissen. Womöglich eine Reaktion darauf, was Potter und Black letztes Jahr mit den Dosen angestellt hatten, als sie noch mit den Slytherins zusammen Zauberkunst gehabt hatten. Auf unerklärliche Weise hatte sie es damals geschafft, in einer einzigen Stunde ihr gesamtes Zaubertalent zu verlieren, sodass ihre Dosen auf halben Wege immer über den Köpfen einiger Slytherins abgestürzt waren, insbesondere über dem Haupte eines gewissen Severus Snape.

Nun waren Slytherins durch Hufflepuffs ersetzt und Dosen mit Kissen vertauscht worden.

Lily war froh, dass sie ein einfaches Fach wie Zauberkunst jetzt hatten, hier fiel ihre mangelnde Konzentration nicht auf, denn das drückende Gefühl in ihrem Magen wurde von Minute zu Minute mehr, je näher der Nachmittag rückte.

Am Ende des Unterrichts schritt Lily leicht nervös zu einer Person hin, die schon dabei war ihre Sachen schnellst möglich in ihre Tasche zu befördern.

„Äh, Roberts?“, machte Lily zaghaft auf sich aufmerksam.

Langsam drehte sich das Mädchen zu ihr um, ihr Blick wirkte genervt.

„Ich wollte dir nur vorschlagen, dass wir uns um halb fünf in der Bibliothek treffen, um deine Zaubertränkeaufgaben zu erledigen.“

„Ja.“, kam eine schnelle kurze Antwort zurück.

Lily wusste nicht so recht, was sie noch sagen sollte, also antwortete sie mit einem üblichen Smalltalksatz:

„Gut. Ich fre … äh, wir sehen uns in Pflege magischer Geschöpfe.“

Nicht mal ein Nicken kam zurück, Mel drehte sich einfach um und ging, Lily hatte das Gefühl, sie hätte auch nicht hier stehen können, es wäre egal gewesen.

Bei der Tür angekommen, beobachtete Lily, wie Venice Lithon an Mel vorbeistolzierte, eine ihrer Freundinnen hinten dran.

„Freak!“, sagte sie und stieß Mel zur Seite.

Wäre es jemand anders gewesen, Lily hätte nicht gezögert sich einzumischen, doch das war Mel, es handelte sich also um etwas anderes. So sehr Lily dieses Wort von Lithon auch wehtat, kam sie diesmal nicht ihrer Natur nach. Ohne sich zu wehren, verließ Mel das Zauberkunstzimmer und Lily tat nichts, sondern wartete lediglich darauf, dass Mels Schritte außer Hörweite waren.

„He, Lily, komm schon mein Bäuchlein knurrt!“, jammerte Belli.

„Ich komme.“, murmelte Lily mehr zu sich selbst als zu ihren Freundinnen.
 

Die warme Luft des späten Septembernachmittages empfing Mel draußen, wie ein sanfter Schleier der ihre Haut streichelte, als sie durch das große Tor trat. Noch erwärmte die Sonne den Tag so, dass ihr unter der Schuluniformbluse schnell heiß wurde. Bald schon würde es kälter werden, Hogwarts lag zu weit im Norden um einen langen Sommer zu haben, dafür waren die Winter umso schneereicher.

Mel mochte die heißeste Zeit des Jahres nicht besonders, zum einen, weil es so oft so unerträglich warm war und zum anderen (und dieser Grund zählte insgeheim weitaus mehr), weil sie im Sommer Geburtstag hatte und Mel von allen Tagen im Jahr diesen am aller wenigsten leiden konnte.

Mit schnellen Schritten lief Mel den Weg hinab, in die Nähe einer einsamen kleinen Holzhütte am Rande des verbotenen Waldes. Als sie ihren Bestimmungsort erreicht hatte, war sie nicht überrascht, die Erste zu sein, zu ihrem Lieblingsfach kam sie grundsätzlich immer zu früh. Pflege magischer Geschöpfe war besonders an diesem pechreichen Tag ihr einziger Lichtblick gewesen, es gab kein Fach auf, dass sie sich mehr freute.

Mel lehnte sich an den Zaun und betrachtete das kleine Häuschen in ihrer Nähe. Es brannte kein Feuer, das hieß wohl, dass Hagrid wahrscheinlich im Wald war um nach dem rechten zu sehen.

Rubeus Hagrid war ein gigantischer aber liebenswerter Kerl, der den Job des Wildhüters in Hogwarts innehatte. Auf die meisten Leute wirkte er bei der ersten Begegnung beängstigend und unheimlich, doch Mels erster Gedanke beim Anblick des gigantischen Mannes, mit seinem struppigen Bart, der fast sein gesamtes Gesicht zuwucherte, den langen kastanienbraunen Haaren und den freundlichen schwarzen Käferaugen, war der eines riesigen lebendigen Teddybärs gewesen.

Mel genoss gerade die kitzelnden Sonnenstrahlen in ihrem Gesicht, als es auch schon mit der schönen Ruhe vorbei war.

Ein schwatzendes schwarz-grünes Trüppchen näherte sich ihr vom Schloss her. Voran schritt Bellatrix Black, die seltsamer Weise nicht so schön aussah wie sonst, umringt von drei ihrer „Bodyguards“:

Rudolphus Lestrange, dem Koloss von Hogwarts und seinen Freunden Evan Rosier und Douglas Mulciber.

Dahinter schritten Bellatrix’ Freundinnen Eris Daphne Burke und Lucretia Yaxley, gefolgt von Esmond Cedric Debbenham.

Bellatrix wirkte überaus ungehalten über irgendwas, doch ihre Miene änderte sich schlagartig, als sie Mel sah.

„Na, Eremit wieder so allein? Noch immer auf dem Selbstfindungstrip zum Tod?“, spielte Bella spöttisch auf die Ereignisse des vorherigen Tages an.

Mel blickte sie nur kühl an, wie es in ihr drin aussah zeigte sie nie nach außen, dass hatte sie gelernt.

„Dann warst du wohl auf dem Selbstfindungstrip zur Müllhalde, dem Geruch nach zu urteilen.“, erwiderte Mel trocken.

Etwas anderes konnte man wirklich nicht denken, denn seit die Slytherins in ihrer Nähe waren, breitete sich ein Odeur aus, das es mit dem Charme jeder Kanalisation hätte aufnehmen können. Roch es doch, als ob die Schlangen jede einzelne Zutat von Sluggis Labor für ein Parfüm verwendet hätten.

Bellatrix Lippen wurden schmal, ein Ausdruck von Wut verzehrte ihre sonst so hübschen Züge.

Doch noch bevor etwas passieren konnte, bannte eine tiefe freundliche Stimme die potentielle Gefahr:

„Alles klar bei dir, Mel?“, die massige Gestalt von Rubeus Hagrid kam vom Wald her auf sie zugestampft.

Seine für gewöhnlich freundlichen Augen, schauten misstrauisch auf die Slytherins, insbesondere Bellatrix.

„Ja … Hagrid.“, antwortete Mel einsilbig, ohne ihn anzublicken.

Hagrid schien irgendwie enttäuscht, brummte noch etwas in seinen Bart und machte sich dann weiter auf in Richtung seines kleinen Häuschens.

Als diesmal ihre Mitschüler auftauchten, war Mel fast schon dankbar, denn Bellatrix war mit ihren dunklen Augen Hagrids Weg hinterher gefolgt, bis sich die Tür seiner Hütte geschlossen hatte.

Ausnahmslos alle Gryffindors ihres Jahrgangs hatten Pflege magischer Geschöpfe gewählt und eben jene schritten nun den Weg über die Ländereien zu ihnen her.

Von weitem hörte sie bereits die Rumtreiber, die wieder mal über irgendetwas lachten, gefolgt von den anderen drei Gryffindorjungs, Frank Longbottom, Chris Young und Fabian Prewett. Den krönenden Abschluss aber bildeten die Mädchen, Lilys rote Haare leuchteten im Licht der Sonne meterweit voraus.

„Kommen Sie schon!“, rief plötzlich ein Mann mit dickem dunkelgrauem Schnäuzer und ebenso grauen Locken ihnen entgegen.

Professor Kesselbrand war bereits wieder im Wald verschwunden, als sich die Schülergruppe in Bewegung setzte. Mel war weit vorne, jedoch behielt sie die Slytherins stets im Auge, man konnte schließlich nie wissen, wann Rachegöttin Bellatrix Black wieder zuschlug.

Als sie das Ziel ihres kleinen Marsches von heute erreicht hatten, sahen sie viele kleine braune Punkte über den Boden flitzen, nur durch einen magisch verstärkten Zaun, davon abgehalten zu entkommen.

Beim genaueren Hinsehen entpuppten sich die Punkte als kleine braune Wesen, die eine große Ähnlichkeit mit Zweigen aufwiesen. Ihre kleinen Körper endeten in zwei knubbligen Füßchen und Ärmchen aus denen messerscharfe Krallen zweigartig hervor wuchsen. Mit ihren winzigen baumbraunen Augen, betrachteten sie neugierig die Schüler, die ihrerseits nicht minder interessiert die astartigen Kobolde anschauten. Durch die Reihen der Mädchen ging ein Seufzen, selbst Eris Burke schien ganz hingerissen von den Baumzwergen zu sein.

„Nun?“, fragte Professor Kesselbrand.

Seine Augen hatten Mel bereits ins Visier genommen, noch bevor ein rothaariges Geschöpf überhaupt in der Lage war sich zu melden.

Ohne zu zögern begann Mel zu erzählen:

„Das sind Bowtruckles, die Wächter der Zauberstab- oder Mega-Power Bäume. Oft werden sie mit Zweigen verwechselt, doch sie sind nicht so harmlos wie sie aussehen. Fühlen sie sich bedroht, versuchen sie mit ihren Krallen dem Gegner die Augen auszukratzen. Ihre Nahrung beziehen sie direkt vom Baum, zumeist ernähren sie sich von Baumläusen, aber auch Feeneiern, sofern sie sie denn bekommen können.“

„Korrekt. Zehn Punkte für Gryffindor.“, der Professor schenkte ihr ein zufriedenes Lächeln.

Mel wusste, wie viel ein Lächeln bei ihrem Professor wert war. Im Gegensatz zu Professor Slughorn nämlich, der seine Lieblinge in Lob zu ersticken versuchte, war ihr magischer Geschöpfe Lehrer kein Freund vieler Worte. Stattdessen zeigte er sein Wohlwollen durch kleine Gestiken eben wie z. B. ein Lächeln.

Als nächstes wurden sie in Gruppen eingeteilt.

Mal wieder.

Und mal wieder stöhnte Mel leise auf, als sie in ein altbekanntes überhebliches Gesicht schauen musste:

„Nicht du schon wieder!“, sagten beide gleichzeitig.

„Verfolgst du mich etwa?“, fragte Black scharf nach.

„Seltsam, das gleiche wollte ich dich gerade auch fragen!“, gab Mel patzig zurück.

Cruz, Black und sie in einer Gruppe, na wenn das mal gut ging!
 

Mit vorsichtigen Schritten näherte sich Sirius seinem Opfer. Ganz leise pirschte er sich an, dann schlug er zu. Ein hölzernes Kichern erklang, als Sirius seinen Kopf zornig vom Boden hob, dem Bowtruckle schien sein erneutes Entkommen eine diebische Freude zu bereiten. Wütend kniff Sirius die grauen Augen zusammen.

Das gab es doch nicht, dass er sich von so einem winzigen lebendigen Zweig so auf der Nase rumtanzen ließ!

Wenigstens stellte sich Cruz auch nicht geschickter an, sodass er nicht ganz allein war mit seiner Unfähigkeit dieses Vieh einzufangen. Sie war genau genommen sogar noch schlechter dran, hatte sie doch zu spüren bekommen, was es hieß, wenn ein Bowtruckle sich bedroht fühlte. Noch immer wedelte sie jammernd und spanische Wörter fluchend ihre Hand, dort wo der Baumbewohner seine kleinen scharfen Krallen reingebohrt hatte, waren blutige Abdrücke zu sehen.

Überhaupt schienen alle im Kurs größte Probleme mit ihrem Zeichenobjekt zu haben, die wenigen, die es geschafft hatten einen zu fangen, quälten sich nun mit dem Versuch rum, den Baumzwerg zum Stillstand zu bewegen. Der Professor hatte gesagt, dass sie gerade in der Brunftzeit wären und sich deshalb etwas aufgedrehter als sonst benähmen.

Etwas war gut!

Sirius stieß eine Reihe an solchen Wörtern aus, für die er, wenn Professor McGonagall sie gehört hätte, unter Garantie nochmals Strafarbeit aufgebrummt bekommen hätte, die im Moment aber am besten seine, zugegeben, etwas angespannten Gefühle beschrieben, als der Bowtruckle Sirius wiederum mit einem vergnügten Quieken entkam.

„Black, willst du noch lange mit dem Bowtruckle fangen spielen oder können wir auch mal mit unserer Arbeit beginnen?“

Wütend drehte sich Sirius zu dem blonden Mädchen um.

„Mach’s doch selber besser, Roberts!“

Ohne auf seine Worte näher einzugehen, bewegte sie sich mit sanften Schritten langsam auf den Käfig zu. Der Bowtruckle, den er zuvor schon versucht hatte zu fangen, beobachtete jede ihrer Bewegungen. Sie kniete sich hin, streckte die Hand aus … und der kleine Baumzwerg kam doch tatsächlich freudig auf sie zugelaufen.

„Verdammt!“, dachte Sirius.

„Das gibt es doch nicht.“

Wenn Melody Roberts auf Menschen eher eine abstoßende Wirkung hatte, dann zog sie Tiere an wie Motten das Licht.

Mit einem leicht spöttischen Ausdruck im Gesicht, ließ sich Roberts mit dem Bowtruckle in der Hand ins Gras fallen. Cruz gesellte sich achselzuckend in Sirius’ Richtung einige Meter weiter neben sie.

Dieser hingegen betrachtete mit verschränkten Armen schmollend, wie der Bowtruckle auf Roberts’ Hand posierte.

Wie machte sie das nur immer?
 

Lily war unruhig. Immer wieder nahm sie die Feder vor ihr schreibbereit in die Hand, dann legte sie sie wieder zurück auf den Tisch, nahm sie wieder auf, legte sie zurück, auf und zurück, auf und zurück. Die Bücher wurden gerade gerückt, nochmals kontrollierte Lily nach, ob sie auch alle hatte, die sie womöglich benötigen würden.

Da vernahm sie leise Schritte die vom Gang kamen, als Lily sich jedoch zum Eingang umdrehte, stand Mel schon zwei Meter vor ihr.

Sie ließ sich auf dem Stuhl ihr gegenüber nieder und packte ihre Sachen aus, ohne Begrüßung oder ein sonstiges Zeichen des Erkennens, als wenn Lily nicht da wäre. Nervös spielte Lily wieder mit ihrem Schreibgerät rum, fieberhaft überlegend, ob sie etwas sagen sollte, bis Mel endlich aufblickte.

Die Feder in Lilys Hand fixierend, begann sie zu sprechen:

„Also, Evans. Ich habe keine Lust mit dir zu lernen, egal für welches Fach, da es aber nicht anders geht, erzähl mir einfach alles was du weißt, dann kannst du wieder gehen.“

In Lilys Augen spiegelte sich Irritation wieder:

„Was, aber …“

„Kein aber, erzähl mir einfach alles und ich mach mir Notizen. Du hast doch genauso wenig Lust deine Zeit mit mir zu verschwenden, schließlich bleibt dir dann weniger, um deine Freundinnen rumzukommandieren und Potter anzuschreien.“

Lily wusste nicht, welchem Gefühl sie zuerst freien Lauf lassen sollte, Wut, Zorn, Frustration oder … Traurigkeit?

„Mach schon.“, ihr Tonfall nahm einen befehlenden Klang an.

„Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.“, meinte sie kalt.

Und so begann Lily zu erzählen. Alles, ja wirklich jede noch so kleine Einzelheit, die sie je über Silbersalz oder den Hicks-Trunk gehört hatte, rasselte sie runter, während Mels Pergament sich mit ihren verschnörkelten Buchstaben füllte.

Lily wusste, dass es sinnlos war sauer zu werden, dass es sinnlos war sie anzuschreien, dass es sinnlos war überhaupt mit ihr zu reden. Mel würde nicht antworten, höchstens eine kalte Abfertigung, das wäre es gewesen.

Lily redete ohne Nachzudenken, ohne Punkt und Komma, eine Information folgte ohne Pause der nächsten, für Zaubertränke musste sie nichts nachschauen.

Während ein Teil von ihr das Reden übernahm, befand sich jedoch der andere weit weg, nicht im Hier und Jetzt, sondern in einer anderen Zeit.

Es kam Lily vor als würde sie das Echo vergangener Stimmen in ihrem Ohr hören können …
 

„Ach, bitte Lils, komm schon!“

„Nein.“

„Bitte!“

„Nein.“

„Hast du denn gar kein Mitleid mit mir?“

„Mel, mit Mitleid wird dein Schnief-Schnüff-Sud nicht besser.“

„Ich kann doch auch noch nachher lernen und stattdessen jetzt kurz zum Turm zurückgehen und meine Verwandlungssachen holen. Der Aufsatz für Gonni ist diesmal echt lang …“

„Mel, du weißt genauso gut wie ich, dass du allerhöchstens eine Viertelstunde für diese Hausaufgabe brauchen würdest. Also, spar dir deine Ausreden, ich weiß warum du eigentlich mal „kurz“ weg willst!“

„Es wären doch nur so fünf Minuten.“

„Und wenn ihr dann heute Abend mal die Güte habt wieder aufzutauchen, wen fragst du dann nach den Zaubertrankhausaufgaben? O nein, Melody Roberts, du bleibst jetzt hier auf deinen vier Buchstaben sitzen und lernst mit mir Zaubertränke!“

„Du kannst wirklich grausam sein, Lily Evans.“

„Deswegen bin ich ja auch deine beste Freundin.“
 

„Ich kann gar nicht glauben, dass das Jahr bereits rum ist. Bald gehen wir schon in die zweite Klasse, könnt ihr euch das Vorstellen? Ich fühl mich noch gar nicht so groß.“

„Du wirst auch niemals wirklich groß werden, Belli!“

„Immer seit ihr so gemein zu mir!“

„Deswegen hast du uns ja auch so lieb.“

„Nicht schmollen Belli, wenn du weiter so viel isst, wächst du schon noch in irgendeine Richtung!“

„Jetzt reicht’s aber, Caite, Mel, hört auf sie zu ärgern! Und du Belli, auch wenn ich kein Spanisch kann, weiß ich ganz genau, dass du am Fluchen bist. Keine Schimpfwörter in diesem Abteil, egal in welcher Sprache, sonst könnt ihr zu den selbsternannten Scherzkönigen, Black und Potter, gehen. Die reden schließlich genauso! Habt ihr mich verstanden?“

„Evans, ich hab gehört du hast über uns geredet?!“

„Ich bin mir sicher, James, bei ihrer hohen Meinung von uns beiden kann das nur wieder etwas Gutes gewesen sein. Hab ich nicht recht?“

„RAUS!“

Das Lachen zweier zwölfjähriger Jungs und das versteckte Prusten von drei Mädchen waren zu hören.
 

„Lily, ich will, dass du mich ansiehst!“

„Nein, ich will aber nicht wieder rausgehen. Sie h-haben Recht, Mel. Was sie gesagt haben … es-es stimmte a-alles.“

„Lily. Diese Leute sind es nicht mal wert, dass du ihnen zuhörst, sie anschaust, überhaupt wahrnimmst, dass sie existieren. Wo ist meine taffe selbstbewusste Freundin, Lily Evans geblieben, die sich von niemanden so etwas einfach gefallen lassen würde?“

„Ich … ich …“

„Glaub mir, Lils, du bist ein guter Mensch und eine begabte Zauberin. Aus ihnen spricht doch nur der pure Neid, weil das Innenleben ihrer Köpfe vergleichbar ist mit denen eines Kürbis!“

„A-aber w-was … was sie meinten, mit früher, da lagen sie völlig richtig.“

„Eben. Früher. Was spielt „früher“ heute noch für eine Rolle? Lily, was ist mit Caite? Und Belli? … Und mit mir? Zählt das gar nicht?“

„Doch aber …“

„Lily Evans! Ich bin deine Freundin und an dieser Tatsache wird sich auch nie etwas ändern. Also, verdammt noch mal, komm jetzt aus diesem Klo raus und sieh mich an!“

„Aber …“

„Nichts, aber! Scheiß auf Venice Lithon, scheiß auf Bellatrix Black, von Bertha Jorkins brauchen wir nicht mal zu reden. Du kommst jetzt da raus … oder ich hol James her!“

Hinter einer Klotür war das Poltern des Öffnens zu hören.
 

Lily atmete aus, nachdem sie fast ein halbe Stunde durchgeredet hatte.

„War’s das?“, war der einzige Kommentar der von Mels Seite kam.

„Ja.“, antwortete Lily heiser.

„Freitag, selbe Zeit, selber Ort?“, es klang nicht wirklich wie eine Frage, mehr wie eine Entscheidung.

Lily nickte stumm, packte ihre Sachen zusammen und machte sich danach mit immer schneller werdenden Schritten auf den Weg zurück in den Turm.

Erst vor dem Porträt der fetten Dame angekommen, holte sie wieder richtig Luft. Die verschiedenen Emotionen schlugen wie gigantische Wellen über ihr zusammen.

Pech für jemanden, der bei ihrem Anblick natürlich wieder mal gleich auf dumme Ideen kommen musste.

„Hey, E …“, doch weiter kam James Potter nicht mehr, denn nun hatte er eine tickende Zeitbombe gezündet.

„POTTER! DU SELTEN DÄMLICHER IDIOT, LASS MICH ENDLICH IN RUHE!!! KAPIERST DU ES IMMER NOCH NICHT?! ICH. GEHE. NICHT. MIT. DIR. AUS. NIEMALS!!!“

Im Gemeinschaftsraum war es augenblicklich still, die meisten hatten mitten in ihrer Bewegung verharrt und starrten Lily an. Dass sie Potter anschrie war ja nichts außergewöhnliches mehr, seit der dritten Klasse, war es eigentlich der Normalitätszustand und gehörte zum Alltag wie Kürbissaft zum Essen. Doch heute schien selbst Potter von ihrer extremen Reaktion so perplex, dass er sogar vergaß Lily anzugrinsen. Allerdings war niemand von ihrer Antwort so sehr überrascht wie Lily selbst, die nun rot angelaufen die Treppen zum Mädchenschlafsaal raufstürmte.

Ohne Umschweife legte sich Lily aufs Bett und starrte die Vorhänge an, erst ein behutsames Klopfen und das anschließende Eintreten von Caite, ließen Lily aufschauen.

„Lily?“, mit besorgtem Gesichtsausdruck ließ sich die braunhaarige Schönheit auf ihrer Bettkante nieder.

Lily schaute weg, spürte aber die babyblauen Augen ihrer Freundin weiterhin auf sich ruhen.

„Was hat sie gesagt?“

Lily war nicht erstaunt, im Laufe der Jahre hatte sie sich daran gewöhnt, dass Caite Gallagher zumeist wusste, was ihre Freunde bedrückte. Sie war eine gute Beobachterin.

„Komm schon, Lily. Bitte sag, was los ist. Du kannst auch mit Professor Slughorn reden, du bist seine Lieblingsschülerin, wenn du sagst, dass es dir zuviel wird …“

„Nein.“, erwiderte Lily trotzig.

„Ich gehe nicht zu Professor Slughorn.“

„Lily, bitte, wenn sie sich aber daneben benimmt …“

Sie benimmt sich nicht daneben. Sie führt sich auf wie immer.“

„Ja, wie immer. Alles ist wie immer.“, dachte Lily.

„Das ist das Problem.“
 

*Auntie (engl.): Tantchen

*Lehren & Lernen
 


 

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@Nicce: Jaaah, wofür so ein Mülleimer alles gut sein kann, ne?^^

Bin froh, dass dich die Wechsel nicht verwirrt haben. ;) Ich dachte nur, es sei bei den recht schnellen Sprüngen vielleicht schwer dem Geschehen zu folgen gewesen. Aber anscheinend hab ich da ja umsonst gezittert! *puh*
 

whatever92: Lang? *lol*

Ich kann noch länger ... mein super duper Monster-Kapitel kommt erst noch! *g*

Hoffe, dass es dir trotzdem gefallen wird.^^
 

eva-04: Jo, das tat den Schlangen glaub ich mal ganz gut!^^

Mel ... das ist ne interessante Frage. Kommt drauf an, wie du das "is da doch mehr als sie zu gibt??" meinst?

Mehr Geheimnisse oder mehr Gefühle als Hass gegenüber Sirius?

Das eine beantwort ich mal mit "nein", das andere mit einem ganz klaren "jein"! *g*
 

P.S. Vielleicht ist euch schon aufgefallen, dass die Charakterliste immer länger wird? Sobald nen neuer Charakter auftaucht, werd ich ihn einfügen, sofern ein Bild vorhanden ist (und ich hab ziemlich viele^^). Die anderen Informationen könnten sich im Laufe der Zeit übrigens auch verändern, je nach dem, wie sich ein Chara verändert ...
 

P.P.S. Please review!!!! =)
 

Edit (15.09.2009):

Die liebe iriS hat mir ein Bild zu meiner ff gemalt, das ich euch auf keinen Fall vorenthalten will. Und da es sich um eine seeehr lustige Szene aus gerade diesem Kapitel handelt, stell ich hier mal den Link zu:

Mel & Sirius in "anderen Umständen"

http://img190.imageshack.us/img190/9413/zaubertrankszene.jpg

Remus mal ganz privat

Na, habt ihr schon mal auf die Wörteranzahl geguckt?

Hiermit beweist die yanni ganz feierlich, dass sie auch anders kann! *g* Jedenfalls würde ich dieses Kapitel, als extrem kurz bezeichnen ...^^

Aber is ja schließlich auch von der ganzen Art, vollkommen anders, als die zuvor. Damit ihr aber jetzt nicht in Panik verfallt - das nächste hat wieder Standardlänge! ;)

Viel Spaß!!! =)
 

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Kapitel 7 – Remus mal ganz privat
 

„Man hat beobachtet, dass die Nase niemals glücklicher ist, als wenn sie in anderer Leute Angelegenheiten steckt.“

Ambrose Bierce (1842- ca.1914), US-amerikanischer Schriftsteller, Journalist und Lebenskünstler
 

Freitag, der 05. September 1975
 

Liebes Tagebuch,
 

endlich Ruhe!

Ist es denn so schwer für ihn, sich einmal im Zaum zu halten?

Hier in der Bibliothek bin ich wenigstens erst mal sicher.

Es ist immer das gleiche, kaum schlage ich mein Tagebuch auf, kann er seine verdammte Neugierde nicht mehr bremsen. Dann versucht er es wieder mit allen möglichen Tricks, in der Hoffnung, doch einen kurzen Blick erhaschen zu können, von übertriebenem Recken angefangen und zufälligem seitlichem Beugen (da er ja so unglaublich müde ist!) über unauffälliges zur Seite linsen bis hin zum hinter dem Sessel hervorlauern. Und jedes Mal fällt ihm dann auch noch eine neue Taktik ein, mit der er es noch nicht probiert hat (natürlich nicht ohne die alten vorher erneut auf ihre Untauglichkeit ausgetestet zu haben).

Merlin!

In diesen Momenten, obwohl er mein Freund ist, da könnte ich Sirius einfach nach Askaban hexen, so sehr nervt er mich. Normalerweise bringt mich ja nichts, auch er nicht, aus der Ruhe, aber diese andauernde Herumschnüfflerei kann ich eben absolut nicht leiden. Peter und James können diesen Teil meiner Privatsphäre akzeptieren, auch wenn ich die Neugier ebenso in ihren Augen geradezu lesen kann.

Warum zum Dementor kann es Sirius dann nicht?

Er versucht es ja nicht mal zu verbergen! Ich denke, dass das für ihn nur ein Spiel ist, sowie alles im Leben. Ja, für Sirius ist alles immer nur ein Spaß. Wie rücksichtslos er dabei sein kann, merkt er selten, aber daran habe ich mich längst gewöhnt. Auf den Tag an dem er beginnt erwachsen zu werden, glaube ich, werde ich ewig warten müssen!

Und bis dahin wird er weiter um meinen Schreibplatz tanzen, wie ein junger Hund, der darauf wartet, dass sein Herrchen ihm endlich den Ball zuwirft. Dabei war sogar er es, der sich am Anfang am meisten noch über mich lustig gemacht hat, weil Tagebuch schreiben ja so ein „alberner Mädchenkram“ wäre. Heute würde er wohl einiges dafür geben, diesen „albernen Mädchenkram“ in die Pfoten zu bekommen. Doch hier müsste ich vor ihm sicher sein. Andererseits, ich denke, ich schaue besser noch mal nach, sicher ist sicher!
 

Nein, die Luft ist tatsächlich rein, sein hinterlistiges Kichern ist auch weit und breit nicht zu hören.

Anscheinend bewahrheitet sich meine Theorie, weder James noch Sirius trauen sich in die Bibliothek hinein. Schließlich müssten sie ja um ihren „guten Ruf“ fürchten, wenn sie diesen Raum betreten würden! Und dabei könnte es ihnen wirklich nicht schaden, mal ein gutes Buch in die Hand zu nehmen. Das habe ich ihnen schon oft gesagt, doch sie weigern sich standhaft und Peter folgt zu meinem Leidwesen, meistens ihren Ansichten. Ich mache mir ernsthaft Sorgen, was bei diesem Verhalten noch mal aus ihnen werden soll.

Wann nur fangen sie an sich endlich mal ihrem Alter entsprechend zu benehmen?

Im Moment bin ich allerdings ehrlich gesagt, sehr froh über diesen Umstand! Es würde mich nämlich wundern, ob ich, selbst in McGonagalls Badezimmer, so sicher vor Sirius Neugierattacken wäre, wie hier, nicht mal wenn McGonagall selber nur mit einem Handtuch bekleidet daneben stehen würde.

Aber genug von Sirius, ich schweife zu sehr vom Thema ab!

Mein Freitag war nicht besonders aufregend, eben wie immer. In Pflege magischer Geschöpfe haben wir weiter versucht brünftige Bowtruckles zu zeichnen, während Sirius sich eine heftige wörtliche Auseinandersetzung mit Roberts geliefert hat.

Mal wieder!

Hätte mir jemand vor vier Jahren gesagt, dass gerade die beiden sich später mal so anfeinden würden, ich denke, ich hätte es für eine spitzfindige Lüge der Slytherins gehalten.

Professor Sprout hat James und Sirius in Kräuterkunde heute Morgen Punkte abgezogen, weil sie Bertram Aubrey Zauberknallerbsen in die Hose geschmuggelt haben (ich glaube es ist nur so lange unbemerkt geblieben, da wohl alle angenommen hatten, Aubrey würde unter familiären Kröter-Blähungen leiden) und in Arithmantik haben wir eine neue Berechnungsmethode kennen gelernt, die „numerologische Quantifizierungsregel“.

Es war hoch interessant, was Professor Palindrom da erklärte, schließlich eröffnet uns diese Methode ganz neue Berechnungsmöglichkeiten! Ich bin immer noch ganz begeistert, wenn ich daran denke!

James fand es leider nicht annähernd so spannend wie ich und ich muss ehrlich zugeben, dass ich glücklich war, als der Professor ihn zurecht gewiesen hat und Punkte abzog, sein Schnarchen war zeitweise doch wirklich unerträglich laut.

Ich verstehe das einfach nicht.

Warum hat er Arithmantik gewählt, wenn es ihn doch überhaupt nicht interessiert? Professor Palindrom ist inzwischen wahrscheinlich der einzige Lehrer, der James Potter nicht mag, weil er sich durch seine chronische Unaufmerksamkeit extrem unbeliebt gemacht hat. Ich mache mir deswegen große Sorgen um seine ZAG Note, doch James nimmt das so leichtfertig hin und lacht nur über meine Besorgnis. Warum hat er nicht einfach Muggelkunde wählen können, so wie Sirius und Peter? Warum musste er damals unbedingt darauf bestehen Arithmantik zu wählen?

Nun, ich habe da eine Vermutung, allerdings sicher bin ich mir noch nicht ganz. Ich werde meinen Verdacht aber weiter im Auge behalten.

Ich komme zur letzten Stunde an diesem Tag.

Ich kann es immer noch nicht begreifen. Wie konnte Dumbledore uns das nur antun? Ich hatte ihn immer für einen sehr klugen Mann gehalten, der stets nur unser bestes will.

Aber warum nur lässt er dann diese unmögliche Frau bei uns unterrichten?

Das kann doch einfach nicht sein Ernst sein!

VgddK war immer mein Lieblingsfach, deswegen traue ich mich umso weniger noch auszusprechen, was wir heute gemacht haben. Wie sie schon rein kam, mit diesem fürchterlichen Lächeln im Gesicht und dann hält uns diese Frau doch allen Ernstes eine halbe Stunde einen Vortrag über die „immense“ Wichtigkeit das Händedrucks für den richtigen Umgang mit unserem „Gegner“. Als Hausaufgabe sollen wir nun den „Freundschaftsgruß“ üben und zweieinhalb Rollen Pergament über alle verschiedenen Möglichkeiten des Händeschüttelns verfassen.

Ich habe so etwas zwar noch nie in meinem ganzen Leben über den Unterricht eines Lehrers gesagt, aber jetzt muss es einfach mal raus:

Das, was wir tun, ist absoluter Schwachsinn!

Als ein blonder Ravenclawjunge (ich habe seinen Name unglücklicherweise vergessen, aber ich meine, dass er auch Vertrauensschüler ist) fragte, wo denn die Zauberei bei der ganzen Sache bleibe, lächelte sie nur wieder so komisch (es erinnert mich irgendwie immer an Sirius’ verblödeten Gesichtsausdruck, als ihm ein Mädchen in der Vierten mal eine Überdosis Armontentia untergejubelt hatte):

„Aber mein lieber Junge, wir benutzten doch die ganze Zeit Magie. Denn die Liebe, die größte aller magischen Kräfte fließt durch unsere Hände und überträgt sich dadurch auch auf das verlorene Schäfchen vor uns.“

Ich kann nicht mehr.

Wie sollen wir mit dieser Frau nur durch die ZAGs kommen?

Ich glaube, wenn das so weiter geht, wende ich mich an McGonagall und diesmal ist es mir egal, was James und Sirius sagen. Diesmal lass ich mich nicht von den beiden abbringen! Denn ansonsten muss ich dem Prüfer die Hand schütteln und hoffen, dass er mir nur durch die „Kraft der Liebe“ ein Ohnegleichen gibt.

Vielleicht sollte ich mit Lily darüber reden, schließlich sind wir beide Vertrauensschüler, oder nicht?

Und auch wenn sie mich nicht besonders gut leiden kann, habe ich doch bemerkt, dass sie genauso unter Professor Flosops leidet. Ich hoffe sie kann ihre Abneigung gegen mich wenigstens einmal vergessen, selbst wenn ich sie ihr nicht verdenken kann. Sie hasst nun mal anscheinend alles und jeden, der mit dem Wort „Rumtreiber“ auch nur im Entferntesten etwas zu tun hat. Aber schließlich benehmen sich James und Sirius auch oft genug daneben und seit dem Vorfall aus dem Zweiten ist sie ohnehin nicht mehr gut auf uns alle zu sprechen.

Ich hoffe sie kann wenigstens morgen auf diesem Treffen darüber hinwegsehen, denn im Gegensatz zu James stehe ich nicht besonders darauf von Lily Evans angeschrieen zu werden. Aber irgendwie werden wir wohl lernen müssen miteinander auszukommen, selbst wenn ihr das nicht gefällt. Wir sind nun mal Partner und müssen neben den ganzen anderen Vertrauensschülerpflichten auch gemeinsame Kontrollgänge machen.

Mir ist ein wenig mulmig, wenn ich daran denke, hoffentlich kollidieren diese Verpflichtungen nicht mit meinen „anderen Terminen“. Denn sage ich Lily zu oft ab, wird sie unter Garantie noch schlechter auf mich zu sprechen sein, noch mehr fürchte ich allerdings ihr Misstrauen.

Es war schwierig genug mit James, Peter und Sirius am Anfang und ich bin mehr als dankbar, dass sie schon lange nicht mehr nachfragen, wenn ich einmal im Monat verschwinde, sondern es scheinbar einfach akzeptieren, dass ich ihnen nichts sagen kann. Die Vorstellung ihnen die Wahrheit zu sagen ist absolut illusorisch, ich wüsste worauf das hinaus laufen würde. Ich kann mir ihre Reaktionen und ihre schreckverzerrten Gesichter geradezu bildlich vorstellen und das will ich nicht! Ich will meine Freunde nicht verlieren! Ich hab sowieso schon genug damit zerstört.

Einen Moment!

Ich denke, ich habe einen schwarzen Haarschopf am Eingang vorbei huschen sehen.

Sirius gibt wohl nie auf!

Ich bin mal gespannt, wann seine Neugierde über seine Würde siegt und er sich tatsächlich hereintrauen wird. Ich glaube, es ist besser meinen Bericht an dieser Stelle zu unterbrechen und mein Tagebuch schnellstens vor der gierigen Schnüffelnase zu verstecken.
 

Remus
 


 

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@Schimmerschuppe: Dankeschön!

Da die Szene auf jeden Fall noch mal auftauchen wird, werde ich mir deinen Ratschlag zu Herzen nehmen. Vielleicht ist dieser Anfang an manchen Stellen wirklich etwas kurz geraten, aber ich wollte dort auch noch nicht zu viel verraten. ^^

Würde mich freuen, wenn du weiterlesen würdest! =)

P.S. Hab deinen Eintrag gefunden und kümmer mich um das Kommi, sobald ich dafür Zeit finde! ;)
 

@eva-04: Nun Lily hat ja kaum eine Wahl, was das angeht. Klar könnte sie Sluggi bequatschen, dass sie es nicht mehr tun muss, aber das wäre nicht ihre Art. Außerdem ... denke ich das Lily noch so etwas eine gewisse kleine "Hoffnung" in sich trägt. Denn du hast schon richtig verstanden, dass die beiden mal beste Freundinnen waren und ich schreibe auch noch, was sie auseinander gebracht hat.^^

*muhaha* - mit Bella braucht man kein Mitleid zu haben! *g*
 

@whatever92: Gut - dann darfst du dich auf Kapitel 9 freuen. Soweit ich weiß, dürfte das mein bisher längstes gewesen sein. *lol* Da war das hier, praktisch ein kleines Luftholen zwischendrin.^^
 

@Nicce: Freu mich immer zu hören, wenn die Länge gefällt statt abschreckt.^^

Was damals vorgefallen ist, bleibt vorerst noch ein kleines Geheimnis. ;) Wie man sieht, ist ja leider keiner besonders gesprächig, was dieses Thema angeht. Du wirst dich wohl also noch gedulden müssen. *entschuldigend guckt*
 

Hm ... eventuell werde ich wegen der Kürze dieses Chaps das nächste doch noch mal früher rausbringen. Wie wär's mit nem netten Kommi, um mich zu überzeugen? *g*

Denn erstens kommt es immer anders, als man zweitens denkt

Juhuuuuuu!

Heute stell ich euch endlich meine letzte Hauptfigur vor (von dem ich glaube, dass ihr ihn ganz bestimmt am Anfang nicht ausstehen könnt^^)!!!

Und mit dem Ende vom nächsten Chap kommt die Geschichte endlich mal so richtig ins Rollen, ein erster Wendepunkt steht sozusagen kurz bevor. ;) Allerdings poste ich es erst Freitag oder Samstag, das hier ist ne Ausnahme, weil das letzte ja so furchtbar kurz gewesen ist.

Wie immer wünsch ich euch auch heut wieder ganz dolle Spaß!!!
 

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Kapitel 8 – Denn erstens kommt es immer anders, als man zweitens denkt
 

„Zehn Küsse werden leichter vergessen als ein Kuss.“

Jean Paul eigentl. Johann Paul Friedrich Richter (1763 - 1825), deutscher Schriftsteller
 

Lilys Samstag war gut durchgeplant gewesen. Alles, ja jedes noch so kleine Detail war überdacht und in einen allumfassenden Plan eingearbeitet worden.

So hatte Lily von morgens angefangen bis spät abends einen fest geregelten Tagesablauf in ihrem Kopf zusammengestellt, den es abzuarbeiten galt:
 

1. 08:00 Uhr: Aufstehen, Belli vor Grace Hopkins’ allmorgendlichem Wutanfall beschützten, duschen, anziehen und zum Frühstück gehen.

2. 08:45 Uhr: Potter anschreien, weil er wieder mal nach einem Date gefragt hat, zum Gryffindorturm zurückgehen, um die Schulsachen zu holen

3. 09:00 Uhr – 13:30 Uhr: Bis zum Mittagessen in der Bibliothek bleiben und Hausaufgaben in Verwandlung erledigen

4. 13:30 – 14:00 Uhr: Mittagessen

5. Ab 14:15 Uhr: Wieder in der Bibliothek verschanzen und sämtliche Hausaufgaben für die nächste Woche erledigen

6. 18:30 Uhr: Abendessen

7. 19:00 Uhr: Die Rumtreiber wegen einem ihrer dummen Scherze wieder zurecht weisen, den Rest bis Viertel vor acht mit Freizeitaktivitäten verbringen

8. 19:45 Uhr: Mit Lupin zum Treffen der Vertrauensschüler gehen, danach ins Bett
 

Ja, so sah Lilys „Traumsamstag“ eigentlich aus.

Alles hatte seine Ordnung.

Doch dann kam Lily ein Umstand dazwischen.

Dieser Umstand nannte sich Belli.

„Nur ganz kurz, Lily! Du musst ihn unbedingt kennenlernen, er ist so komisch!“, meinte eine Freude strahlende Belli nach dem Mittagessen und zog die Rothaarige sowie eine mürrisch drein schauende Caite, einfach mit sich nach draußen.

Lily hätte ja auch einfach „nein“ sagen können, aber nein, so etwas tat Lily Evans nicht. Auch wenn sie gewusst hatte, was für Folgen, dass heute mal wieder für sie hätte.

Zur Erklärung:

Sagt der normale Durchschnittsengländer „gleich“, meint er im Allgemeinen auch wirklich nur eine Zeitspanne von ca. fünf Minuten. Wenn die kleine quirlige Spanierin von „gleich“ sprach, konnte damit entweder eben dies gemeint sein oder auch mal nächstes Jahr. Übertrug man diese Bedeutung nun auf das Wort „kurz“ (eins von Bellis Lieblingswörtern, um nahezu jeden Zeitraum zu beschreiben) verstand man also vielleicht besser, in welcher Misere sich Lily Evans gerade wieder befand.

Denn so musste Lily unfreiwillig einen arbeitsfreien Nachmittag zwischen irgendwelchen Hufflepuffs am See verbringen, statt wie geplant ihren Pflichten nachkommen zu können.

Belli amüsierte sich ganz offensichtlich prächtig, aber das fiel der Spanierin nie besonders schwer, da ihr Gemütszustand stets nur zwischen zwei ihr bekannten Lagen variierte:

Dauerfröhlichkeit und gute Laune.

Lily konnte sich nicht erinnern, dass Belli, die fünf Jahre, die sie sie nun kannte, einmal schlechte Laune gehabt hätte. Ein Tränenausbruch hin und wieder war für Isabella Cruz wahrscheinlich der Abgrund der Depressivität.

Im Moment betrachtete sie jedenfalls mit strahlend frisch verliebten Augen ihren neuen Freund und egal was Thomas Curly erzählte, Belli lachte über jeden seiner „Witze“. Innerlich verdrehte Lily die Augen. An diesem Curly war einzig und allein die Tatsache witzig, dass er sich selbst anscheinend irre komisch fand.

Sein Humor ließ nach Lilys Geschmack jedoch stark zu wünschen übrig, er war schlichtweg dreckig, sodass er, nach ihrer Ansicht, immer todsicher unter die Gürtellinie traf und vor allem eins:

Frauenfeindlich.

„Warum haben Frauen beim Fliegen immer solche Gleichgewichtsprobleme?

- Na, weil ihre Handtasche am Schweif immer hin und her baumelt!“

Lily verschränkte die Arme vor der Brust.

„Was ist der Unterschied zwischen einem Drachen und einer Frau?

- Ein Drache kann dich nicht auch noch voll labern!“

Ihre Stirn zog sich kraus.

„Kennt einer von euch die beste weibliche Quidditchmannschaft?

- Ich auch nicht! Es gibt nämlich keine.“

Lilys Mund entließ einen entnervten leisen Seufzer.

Und so ging das endlos weiter, den ganzen Nachmittag lang. Immer dann, wenn Lily dachte, ihm müssten doch jetzt mal die Witze ausgegangen sein, kam er mit einem neuen Schwall seiner verblödeter Anekdoten an, die unter Garantie noch schlechter und hirnloser Waren als die zuvor, dass Lily nur so der Schädel brummte. Selbst über die Rumtreiber konnte man mehr lachen, Lily hätte es nicht für möglich gehalten, dass sie das mal denken würde.

Caite und sie tauschten hin und wieder leidvolle Blicke aus, wenn gerade keiner hinsah. Auch die Dunkelhaarige schien nämlich nicht sonderlich angetan, weder von Thomas Curly noch von Bellis Gehabe, allerdings könnten die vielen gaffenden Jungs mit ihren eindeutigen Blicken auch ihren Teil zu Caites schlechter Laune beigetragen haben.

Belli aber kicherte weiterhin quietsch vergnügt über alles, was der Junge mit dem wirren braunen Lockenkopf ihr erzählte und stieß jedes Mal ein verliebtes Seufzen aus, wann immer er sie auch in den Arm nahm und küsste.

„Liebe muss wirklich blind machen!“, dachte Lily.

Sie selbst konnte sich bei Weitem nämlich schönere Dinge vorstellen als diesen Milchbubi zu nahe zu kommen, dessen Gesicht dank pubertärer Einflüsse mehr einem Streuselkuchen von roten Pusteln glich als dem eines Traumprinzen.

Aber das hier war eben Bellis Geschmack. Und Belli hatte so ihre Phasen.

Andere mochten in der Zeit des Erwachsenwerdens einen wilden Besenflug der Gefühle vollbringen, Belli dagegen durchlebte immer wieder die skurrilsten Ausbrüche an komischen Interessen und neuartigen Geschmäckern.

So hatte sie in der Dritten zeitweise nur pink getragen, obwohl genau das eine Farbe war, die ihr genauso wenig stand wie Lily selbst. Aber da wollte sie eben gerade unbedingt ein richtiges Girly Girl sein („Mit allem, was dazu gehörte.“, wie sich Lily ungern erinnerte, wie sehr ihr Bellis neue Freundin Venice Lithon damals auf die Nerven gegangen war …).

Letztes Jahr war sie dann in die Rebellionsphase gekommen, mal trug sie kaputte Sachen, an anderen Tagen wusch sie sich extra nicht oder kämmte sich die Haare rückwärts und um den Ganzen noch die Krone aufzusetzen, angelte sie sich schließlich sogar einen Slytherin (Lily dachte mit Grauen an den griesgrämigen Typen zurück, der sie immer angesehen hatte, als wäre sie eine eklige überdimensionale Schleimschnecke) aus der Siebten als Freund.

Für genau zweiundsiebzig Stunden.

Dann war der ganze Spuk auch wieder schon vorbei, aber ein Gutes hatte es gehabt, Bellis wilde Phase war damit auch endgültig vorüber gewesen.

Danach schloss sich eine Zeit des wöchentlichen Geschmackswechsels an, der von „ab jetzt will ich glatte Haare haben“ über „ich werde Vegetarierin“ bis hin zu „später will ich mal Zaubereiministerin sein“ ging und deren direkte Auswirkungen Caite und Lily ständig mehr oder weniger zu spüren bekommen hatten.

In welchem Zustand Belli sich allerdings nun befand, vermochte Lily zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu sagen, allerdings wusste sie bereits, dass ihr dieser wiederum missfiel.

„Mit wie vielen Frauen muss man geschlafen haben, bevor man richtig guten Sex hat?

- Mit gar keiner, wozu hat ein Mann seine Hände?!“

Lily rümpfte die Nase und wandte ihren Blick von dem in ihren Augen kleinen Jungen ab, der wahrscheinlich gerade zum ersten Mal in seinem Leben eine Freundin hatte und sich dementsprechend wie ein testosteronvollgepumpter notgeiler Idiot benahm.

Ihre smaragdgrünen Augen trafen sich mit den olivgrünen eines blonden Mädchens, dessen Blick ebenfalls verriet, was sie von Thomas Curlys Stand-Up-Comedy hielt. Alice Smith deutete mit ihrem Blick in Curlys Richtung und verdrehte die Augen. Lily musste die Lippen zusammenpressen, um nicht laut loszulachen, sie wusste haargenau, was Alice ihr durch ihre stumme Kommunikation mitteilte. Als nächstes deutete die Hufflepuff auf das Zeichen auf ihrer Brust, das silberne V, dann auf ihre Uhr und schließlich mit einem Nicken auf Lily. Lily nickte zurück und erwiderte Alice sanftes Lächeln, anscheinend wollte sie fragen, ob sie sich später beim Vertrauensschülertreffen sehen würden.

„Warum küssen Männer Frauen so oft, obwohl es ihnen eigentlich nur um den Sex geht?

- Na, ist doch klar, damit sie mal wenigstens fünf Minuten die Klappe halten!“

So, das war zu viel!

Lily musste eindeutig hier weg und das sofort.

Nur wie stellte sie das möglichst elegant und unauffällig an?

Schließlich würde Belli sie nicht so einfach davon ziehen lassen. („Nur fünf Minuten noch, Lily! Du verpasst sonst das Beste!“)

Ein Ablenkungsmanöver musste her.

Lily wüsste da auch eins und nie hätte sie gedacht, dass sie sich das mal freiwillig herbeiwünschen würde, aber eine bessere Ausrede gab es für sie nun mal nicht, um schleunigst das Weiter suchen zu können. Hoffnungsvoll hielt Lily also Ausschau und als wenn man von Teufel sprach, kam ihr Retter den Weg an ihnen vorbei die Wiese hinauf marschiert. Außergewöhnlicherweise allein, nicht von seinen drei idiotischen Freunden umringt und ganz und gar in ein paar Pergamente vertieft.

Erwartungsvoll saß Lily da, jetzt konnte es ja nicht mehr lange dauern, bis sie erlöst werden würde. In ihrem Kopf hatte sie schon die passenden Wörter zusammengesucht, die ihr ihre Flucht auf jeden Fall ermöglichen würden.

Doch die Sekunden verringen und nichts geschah.

O nein, er würde doch nicht ausnahmsweise heute, gerade wo sie es brauchte, einfach an ihr vorbei laufen?!!

Das ganze Jahr über wünschte sich Lily einmal Ruhe vor ihm zu haben und genau heute, wo sie seine Aufmerksamkeit mal benötigte, lief James Potter, seines Zeichens ihre persönliche Nervensäge Nr.1 und auch manchmal von ihr als vom Himmel auferlegte Strafe für alle ihre Sünden angesehen, an Lily achtlos vorbei, mit den Gedanken scheinbar immer noch in seine Aufzeichnungen vertieft.

Lily blieb nun nichts anderes übrig.

Sie musste improvisieren.

„Potter! Du selten dämlicher Idiot, das habe ich genau gesehen!“

Alle drehten sich auf ihr Geschrei hin zu Lily um, Thomas Curly hob genervt den Kopf, anscheinend hatte Lily ihm gerade die Pointe seines Witzes versaut. Als letztes schaute schließlich auch noch ein schwarzhaariger Wuschelkopf mit einiger Zeitverzögerung auf und richtete seinen verwirrten Blick auf Lily.

„Äh … Evans. Wie schön dich zu sehen!“, er setzte sein übliches Grinsen wieder auf.

„Was hab ich gemacht?“

„Tu nicht so unschuldig, Potter! Die Stinkbombe, die du fallen gelassen hast, war jawohl kaum zu übersehen!“, spielte Lily die Erboste und stemmte die Hände in die Hüften.

„Stinkbombe? Häh? Was für eine Stinkbombe? Ich dachte Sirius hätte die Letzten bei unserer Aktion am …“, da fiel Potter wohl auf, dass er noch mehr Zuhörer hatte und es unklug wäre, weiter aus dem rumtreiberischen Nähkästchen zu plaudern.

„Ich schwöre dir, Evans, dieses eine Mal bin ich wenigstens unschuldig! Außerdem, was für ne miese Stinkbombe soll das denn gewesen sein, etwa eine geruchsfreie?“, sein verwirrter Gesichtsausruck wurde plötzlich zu einer wissenden Miene, als hätte jemand das Lämpchen über seinem Kopf entzündet.

Lily biss sich auf die Lippe und versuchte den drohenden Bluteinschuss im Kopfbereich zu unterdrücken.

Warum nur war sie auch so eine grottenschlechte Schauspielerin?

Und warum nur musste sie sich darin nur selbst mit ihrem schrecklich großen Improvisationstalent unterbieten?

Sie kannte jemanden, der diese zwei Dinge immer perfekt beherrscht hatte …

Lily war für so was zu ehrlich, sie mochte es nicht zu lügen.

„Also, ich riech von der Stinkbombe auch nichts.“, meinte Thomas Curly deutlich mit der Nase in der Luft schnuppernd.

„Aber ich hab’s ja schon immer gewusst, Frauen haben einen falsch funktionierenden Geruchssinn, ansonsten würde sie nie Parfüm verwenden!“

Lily war verzweifelt, jetzt würde sie nicht nur nicht hier wegkommen, sondern hatte sich auch noch bis auf die Knochen blamiert.

„Nein, Evans’ Geruchssinn funktioniert schon richtig. Er muss nur feiner sein als der von anderen“, dabei schaute Potter, besonders Curly scharf an, „denn ich geb’s zu, dass ich ne Stinkbombe geworfen habe, war aber wohl keine einwandfreie Zündung.“

Lily sah ihn perplex an.

Warum tat er das?

„Tja, Evans du hast mich!“, seine Augen gaben Lily eindeutige Signale, nicht mehr so überrascht auszusehen.

„Da müssen wir wohl zu Gonni“, sagte er übertrieben deutlich, „denn ab zehn Stinkbomben pro Woche, muss ich immer zu ihr.“

„Tut mir Leid, Leute!“, fing sich Lily wieder.

„Aber da bleibt mir wohl nichts anderes übrig.“

„Kein Problem, Lily! Wenn’s nicht zu lange dauert kannst du ja zurückkommen.“

„Äh … bestimmt, Belli!“, sagte Lily und bewegte ihre Beine urplötzlich eilig in Richtung Schloss, mit Potter als Anhängsel.

Lily konnte gar nicht schnell genug wegkommen, erst am Tor angekommen holte sie wieder Luft.

„Hey Evans, wart doch mal!“, rief Potter als Lily schon die Treppe raufflitzen wollte, sie hatte geahnt, dass er das sagen würde.

Widerwillig drehte sich Lily zu ihm um, er stand keine zwei Meter von ihr entfernt und grinste sie mal wieder auf diese eine bestimmte Art an, die in Lily immer nie vermutete Mordgelüste wach rief.

„Hab ich mir nicht eine kleine Belohnung verdient?“

„Wofür?“, Lily zog die Augenbrauen hoch.

„Dafür, dass du gelogen hast?“

„Dafür, dass ich dir aus der Patsche geholfen und dich somit vor einer schlimmen Blamage gerettet habe.“, verbesserte er sie.

„Potter, das war nur Ausgleich dafür, dass du dich sonst immer wie ein kompletter Vollidiot aufführst und dauernd Mist anstellst.“, sie verschränkte die Arme vor der Brust und schaute ihn mit ihrem strengen McGonagall-Blick an.

„Hey, wenn ich das nicht tun würde, wärst du da gerade nicht so einfach rausgekommen.“

„Wenn du das nicht tun würdest, wäre mein Leben perfekt!“, erwiderte Lily kühl.

„Ach, sag so was nicht Evans!“

Er griff sich mit der rechten Hand an die Brust:

„Sonst glaub ich dir nachher noch und das würde mir das Herz brechen.“

„Dann glaub es mir ruhig, vielleicht bringt dich dein angeblich gebrochenes Herz nämlich mal dazu einen Satz zu kapieren.“

„Welchen?“, fragte er erstaunt nach.

„ „Ich gehe nicht mit dir aus, Potter!“, da hast du doch immer die größten Verständnisschwierigkeiten.“

„Eines Tages wirst du es schon noch verstehen, Evans!“, gab er ihr eine sinnlose Antwort zurück und tätschelte ihren Kopf, als wäre sie ein kleines Mädchen, dabei war er nur geringfügig größer als sie.

„Potter, lass das!“, keifte Lily und versuchte seine Hand wegzuschlagen.

„Gleich … nur eine Sache noch …“, er hörte auf ihren Kopf zu berühren, legte stattdessen seine Hand an ihre Wange und kam mit seinem Gesicht ihrem näher.

„Was soll das werden?“, fragte Lily fast schon panisch.

„Ich hol mir meine Belohnung …“, meinte er, sein heißer Atem streifte jetzt ihr Gesicht, doch bevor er noch näher kommen konnte …

KLATSCH!

Plötzlich hielt James Potter nicht mehr Lilys, sondern seine eigene Wange und die Rothaarige war bereits zehn Treppenstufen hoch geflüchtet und starrte ihn wütend an.

„Tu das nie wieder, James Potter! Ich hasse dich!“

Lily stürmte die Treppen weiter hinauf.

„Anscheinend bin ich aber lustiger als Thomas Curly.“, rief er ihr süffisant hinterher.

Lily antwortete ihm nicht, doch war sie froh, dass er ihren knallroten Wangen nicht mehr sehen konnte.
 

„So eine verdammte Scheiße!“, mit voller Wucht trat sie gegen das eichenhölzerne Bettgestell, der sogleich folgende stechende Schmerz in ihrem Fuß, sagte Mel jedoch, dass das keine so gute Idee gewesen war.

Fluchend rieb sie sich das nun schmerzende Körperteil, aber auch das lenkte sie nicht von ihrer Wut ab. Seit Montagmorgen suchte sie es nun schon, aber nirgends war es zu entdecken gewesen und dabei hatte Mel wirklich überall nachgeschaut. Sie hatte sogar Filch lang genug genervt, bis er ihr als Antwort zugeschrien hatte (während er Mel aus seinem Büro jagte, dass sie bereits den gesamten Tag belagert hatte), dass er nichts dieser Art gefunden hätte, ansonsten würde er ihr es jetzt „an die Birne werfen“.

Das war doch zum Verrückt werden!

Mel stampfte vor Wut mit dem Fuß auf.

Wie hatte sie es nur verlieren können?!

Obwohl die Antwort ganz leicht war:

Nämlich, in dem es ihr einfach irgendwann aus der Tasche gefallen war.

Blöde Frage!

Jemand anderes musste es gefunden haben, das war die Lösung, jemand anderes außer Filch, den Lehrern, Schulsprechern und Vertrauensschülern. Die hätten es bestimmt als verloren gemeldet (oder Filch hätte es ihr „an die Birne geworfen“). Aber wenn es irgendwer gefunden hatte, dann konnte das auf fast ganz Hogwarts zutreffen.

Oh je!

Wie sollte sie es da nur finden?

Aber Mel musste es zurückhaben!

Schließlich war es doch …

Sie brauchte es unbedingt wieder!

Mel entschloss sich, dass sie genug ihren schmerzenden Fuß gerieben hatte, sie konnte hier nicht tatenlos rum sitzen. Irgendwas musste sie tun. Eilig machte sie sich wieder auf die Beine und verließ den Mädchenschlafsaal.

Es würde schon wieder auftauchen!

Da war sie sich ganz sicher.

Wenn sie nur wüsste wo sie es verloren hatte …

RUMMS!

Ein plötzlicher Widerstand beförderte Mel auf schmerzhafte Weise auf die kalten Fliesen, nun tat nicht nur ihr Fuß, sondern auch ihr Hintern weh. Vollkommen in Gedanken versunken, hatte sie nicht auf ihren Weg geachtet und war (mal wieder) in jemanden reingerasselt.

„Roberts, verdammt! Soll ich dir einer Brille kaufen oder macht es dir einfach Spaß in andere Leute reinzulaufen?!“

Das konnte doch jetzt nicht wahr sein!

Hatte sie irgendwer mit einem Dauerklebefluch verhext? Oder ihr einen eingebauten Magnetismus aufgehalst?

Das konnte jedenfalls kein Zufall sein. Nein, das ging einfach nicht.

So oft konnte man einem einzigen Menschen gar nicht begegnen!

„Wie immer ganz besonders witzig, Black! Heute Morgen etwa wieder Scherzflocken zum Frühstück gehabt? Wenn ich eine Brille brauche, dann du wahrscheinlich ein neues Paar Augen, die müssen dir wohl rausgefallen sein, als du das letzte Mal einem Mädchen ins Dekolleté gestarrt hast!“

„Hey, wer stößt hier mit wem andauernd zusammen?!“

„Genau. Diese Frage solltest du dir wirklich mal stellen.“

„Vielleicht solltest du lieber mal versuchen normal zu gehen, andere Leute stoßen auch nicht viermal in der Woche mit jemandem zusammen.“

„Üb du erstmal das Zählen, Black, anscheinend hast du da nämlich dringenden Nachholbedarf.“

Mit diesen Worten ließ sie den arroganten Schönling einfach stehen und verschwand aus dem Gemeinschaftsraum.

„Viermal?“, Mel schüttelte ungläubig ihren Kopf.

„Ist dieser Kerl selbst für einfachste Mathematik zu blöd?! Seine Eroberungen kann er doch sonst auch immer ganz prima aufzählen.“
 

Grummelnd ließ sich Sirius auf einen der knubbligen roten Sessel fallen.

Diese dumme Gans sollte lieber mal selbst das Zählen üben!

Das war jetzt schließlich ganz eindeutig das vierte Mal, dass sie in ihn reingelaufen war.

Und dass In einer einzigen Woche!

Sonntagabend:

Unfall Nr.1 und Beginn seines schrecklichen Fluchs ihr immer wieder rein zufällig zu begegnen (mit mehr oder weniger schmerzhaften Folgen).

Montagnacht:

Zweiter Unfall (ok, vielleicht konnte sie sich daran nicht erinnern, aber das zählte trotzdem!)

Dienstagmorgen:

Seine dritte Begegnung mit dem Fußboden (Sirius wurde immer noch tief traurig, wenn er an seine schönen Toasts dachte, um die sie ihn da gebracht hatte und über die sich wahrscheinlich später die Mäuse und Ratten hergemacht hatten, die ohnehin selbst bald als Mrs. Norris’ Frühstück enden würden).

Und schließlich heute das bereits vierte Mal, nachdem er am Ende der Woche es so erfolgreich (wenn man mal von Pflege magischer Geschöpfe absah …) geschafft hatte, ihr aus dem Weg zu gehen.

Aber sobald dieses nervende Gör natürlich wieder mal (unerfreulicherweise) in seiner Umgebung aufgetaucht war, hatte es Rumms machen müssen!

Wieso wirkte er eigentlich wie ein riesiger großer Stolpermagnet auf sie?

Und warum unbedingt nur er?!

Verdammt noch mal!

Konnte sie nicht jemand anderes auf den Wecker fallen?!

Und nun behauptete sie auch noch, dass er nicht rechnen könne?

War doch nicht seine Schuld, dass sie anscheinend ein Gedächtnis wie ein Schweizer Käse hatte!

Höchstwahrscheinlich lief sie einfach zu oft in jemanden rein, als dass sie es überhaupt noch bemerkte.

Das Porträtloch öffnete sich erneut und Sirius lagen schon ein paar schöne fiese Gemeinheiten auf der Zunge, die er ihr gerne ins Gesicht klatschen würde, als sich zur Entspannung seines Aggressionspegels herausstellte, dass es sich nicht um die sarkastische Lebensplage handelte, sondern um seinen besten Freund. Mit dem Blick fest auf ein Pergament vor ihm gerichtet (ein Bild, das Sirius schrecklich befremdlich vorkam bei James, da er es für gewöhnlich nur bei Remus zu Gesicht kriegte) lief der Schwarzhaarige achtlos an Sirius vorbei, auf die Treppe zum Jungenschlafsaal zu.

Das konnte Sirius selbstverständlich nicht so lassen!

Man hatte ihm gefälligst immer Beachtung zu schenken. Anderes war Sirius gar nicht gewöhnt und er stand, genauso wie James, gern im Mittelpunkt sämtlicher Aufmerksamkeit.

Das Ebengenannter einfach vorbeilief, kam also gar nicht in Frage!

1. Versuch:

„James?“

Der Schwarzhaarige ging im selben Tempo voran.

2. Versuch:

„James!“

Der Quidditchkapitän der Gryffindors hatte die Treppe zu den Jungenschlafsälen erreicht.

3. Versuch:

„JAMES! Verdammt, du blöder Idiot bleib stehen.“

James Potter ging ohne zu zögern die Treppen rauf, dafür war dem beleidigten Sirius jetzt die gesamte Aufmerksamkeit aller anderen im Raum sicher.

Plötzlich grinste er fies, ihm war da so ein bestimmter Gedanke gekommen …

„Ach, JAMESIEEEEEEEEE!“, schrie Sirius so laut aus, dass man es garantiert auch noch in jedem Schlafsaal mitbekommen hatte.

Zu diesen Mithörern zählte ebenfalls auch James Potter.

Der, entgegen der kichernden Meute, jedoch nicht sonderlich erfreut war über Gehörtes.

Genauer gesagt, Sirius mit wütender Miene entgegenbrauste.

„Verflucht noch mal! Du großer Haufen Drachenmist, nenn mich nicht so!“, zischte James ihm zu und ließ sich auf dem Sessel neben ihm fallen.

Sirius grinste nur süffisant:

„Wie soll ich dich nicht nennen, Jamesieee?“

Daraufhin startete James fuchtelnde Gestiken in seine Richtung zu machen und schaute jeden bitterböse an, der es noch wagte ihnen beiden zu zuhören, bis auch der Letzte sich wieder verschreckt eigenen Dingen zugewandt hatte.

Dann erst sprach James mit gedämpfter Stimme weiter:

„Du weißt, dass ich diesen Namen hasse!“

„Ich bin entsetzt.“, Sirius griff sich theatralisch ans Herz.

„Ich werde sofort einen Brief an deine liebe Mutter schreiben, dass sie dich nie wieder so nennen soll.“

„Tu das und ich lasse deinen Namen in Sirileinchen umändern!“, drohte James ihm.

Seufzend fügte er hinzu:

„Meine Mum ist ja so was von kreativ.“

Mrs. Potter liebte ihr Baby (also James) so sehr, dass sie ihn geradezu mit niedlichen Kosenamen überschüttete. Leider fand James diese weniger niedlich als sie, sondern eher peinlich, was dazu geführt hatte, dass Sirius ihn immer wieder gern damit aufzog. Allerdings weniger, seit Sirius schon teilweise geraume Zeit im Hause seines Freundes verbracht hatte und Mrs. Potter natürlich auch für ihr zweites Kind einen Haufen „süßer Spitznamen“ kreiert hatte.

„Da hast du Recht, Jamie-Baby. Aber was ist das eigentlich für ein verfluchtes Pergament“, meinte Sirius und riss es James einfach aus der Hand, „ein Gedicht an Evans, in dem du ihr deine unsterbliche Liebe erklärst oder …“

Natürlich, das hätte sich Sirius ja denken können!

Was außer Lily Evans brachte James noch so aus der Fassung und ließ ihn gedanklich in andere Welten abdriften?

Hm … schwierig, schwierig.

Vielleicht Quidditch?

Ja, richtig der Kandidat erhält hundert Punkte!

Auf dem Blatt vor Sirius befanden sich die verschiedensten Spielzüge fein säuberlich aufgelistet in einer Tabelle, bewertet von James Potter persönlich auf ihre Vor- und Nachteile gegenüber den anderen Mannschaften, Schwierigkeitsgrad und Dauer des voraussichtlichen Erlernens. Darunter hatte James bereits eine Liste mit möglichen Kandidaten für die Quidditchmannschaft zusammengestellt, die seines Erachtens in der Lage waren sich a) länger als fünf Sekunden auf einem Besen zu halten, b) nicht in Tränen ausbrachen, wenn sich ihr Fluggerät dann tatsächlich doch weiter vom Boden entfernte, c) Quaffel von Schnatz unterscheiden konnten und d) nicht bereits bei zu vielen Clubs unterschrieben hatten.

„Hr. Quidditchkapitän, ich muss sagen, ich bin beeindruckt! Dann haben wir den Sieg ja so gut wie in der Tasche und ich brauch nichts mehr zu tun.“

James grinste:

„Schön wär’s! Wir werden das Training wohl sogar noch erhöhen müssen, aber keine Sorge, das habe ich alles schon ausgearbeitet.“

Scheinbar vor Freude über seinen Plan, wurde James beim weiteren Erklären ganz hibbelig:

„Wir trainieren am Anfang einfach jeden zweiten Tag, drei-vier Stunden lang, abends und wenn es gut läuft, können wir den Samstag frei machen. Wenn es schlechter läuft, dann müssen wir eben auch noch an den anderen Tagen eine Einheit in den Morgen verlegen. Aber vor dem Unterricht ist ja genug Zeit.“

Hatte er erwähnt, dass James zeitweilig verrückt wurde?

Normalerweise hätte Sirius ja geglaubt, dass es sich um einen Scherz seines Kumpels handeln musste, weil er mal wieder über sein erschrockenes Gesicht lachen wollte, aber das hier war Quidditch, eine der wenigen todernsten Sachen für James Potter. Man kann sich denken, wie viel Spaß er bei solchen Dingen verstand, nämlich null.

Allein nur das Leuchten seiner Augen verriet, dass es James wahrscheinlich sogar in freudige Aufregung versetzte, endlich jeden Tag Quidditch spielen zu dürfen (seine Anträge bei Sturgis Podmore nach täglichem Training, waren regelmäßig abgelehnt worden).

Schon jetzt erschöpft bei dem Gedanken, welch viele unbekannte Muskeln er bald in seinem Körper entdecken würde, griff Sirius erneut nach dem Papier. Sein Blick fiel nochmals auf die Liste der neuen Spieler, für alle Rollen hatte James irgendwen gefunden, nur der Platz des Suchers war gänzlich unausgefüllt geblieben.

„Was denn James, kein neuer Sucher?“, tat Sirius ganz entsetzt.

„Nö. Aber da wird sich schon wer finden.“, meinte James und lehnte sich mit hinter dem Kopf verschränkten Armen entspannt zurück.

„Es haben sich so viele eingetragen, wirst schon sehen, so schlecht können die gar nicht alle fliegen.“

Sirius staunte mal wieder über James schlichtweg grenzenlosen Optimismus für die Zukunft, wenn man diesen hätte auf die ganze Welt aufteilen können, man hätte die Depression ausgerottet.

„Hoffen wir’s. Noch so ein paar Pflaumen wie letztes Jahr können wir nicht gebrauchen.“, dachte Sirius mit leichten Magenschmerzen an die Neuzugänge vom vorigen Jahr zurück.

Er legte das Papier wieder zu Seite, das sogleich von seinem Kumpel geschnappt und weiter ergänzt wurde.

Als es ihm zu langweilig wurde, erhob sich Sirius schließlich:

„Hab noch gleich ein Date. Könnte heute länger dauern, also geht ruhig ohne mich zum Abendessen.“

„Schon klar. Aber nimm diesmal nicht wieder die Besenkammer direkt neben Gonnis Büro!“, warnte ihn sein bester Freund mit grinsendem Gesicht und sprach damit einen kleinen Zwischenfall vom letzten Jahr an, der Sirius eine Premiere geliefert hatte:

Gonni mit peinlich berührtem Blick und roten Wangen, beinahe Verlust seines Ohrs und Trommelfells inklusive.

„Hey, ich mache nicht zweimal denselben Fehler!“

Wie oft wollte ihn James denn damit noch ärgern?

„Wer ist denn diesmal die Glückliche?“, fragte James desinteressiert weiter.

„Eine kleine Hufflepuff aus der Vierten, blondes langes Haar, hübsche Figur, vor allem ihr Arsch ist toll!“, kam es von Sirius als Antwort zurück, natürlich nicht ohne dabei ein eindeutig dreckiges Grinsen im Gesicht haben zu können.

„Die Beschreibung trifft auf viele deiner „Freundinnen“ zu.“, gab James lachend zu Bedenken.

„Wie heißt sie denn?“

„Gute Frage.“, Sirius kratzte sich am Kopf.

„Äh … Teresa … oder Tessie, irgendwas in der Art. Kam auf jeden Fall ’nen „t“ irgendwo vor.“, Sirius zuckte mit den Schultern.

„Ich frag sie noch mal.“

„Tss, das gerade du immer bei den Mädels gut ankommst!“, neckte James ihn.

„Kann ich was dafür, dass die alle immer so verdammt gleich aussehen, heißen und reden müssen?“, beschwerte sich Sirius bei seinem besten Freund.

„Die sollten sich Namensschilder zulegen, dass würde alles viel einfacher machen.“

„Für dich.“

„Mein Freund, du hast es erkannt!“, klopfte Sirius ihm auf die Schulter.

„Und jetzt entschuldige bitte, aber eine heiße Braut wartet auf mich.“

Er erhob sich lässig von seinem Sessel und schlenderte entspannt auf den Ausgang des Gemeinschaftsraums zu.
 

James schüttelte grinsend seinen Kopf.

Sein Kumpel und die Mädchen, eine endlose Geschichte!

Sirius brauchte nur nett zu lächeln und schon lagen ihm bestimmt zehn Mädchen zu Füßen, nicht dass das bei James nicht auch klappen würde … Sein neuer Status als Quidditchkapitän hatte ihm sogar noch ein paar Verehrerinnen mehr eingebracht. James selbst hatte daran wahrlich nichts auszusetzen, bisher hatte er es stets genossen und zuweilen, genauso wie Sirius, ausgenutzt.

Aber was nütze einem all diese Liebesbekundungen, wenn die richtige nie dabei war?

James seufzte kaum merklich und fuhr sich über die Wange, die längst schon ihre rote Farbe wieder verloren hatte.

Da würde er sich wohl noch etwas gedulden müssen, aber er war sich ganz sicher, dass Lily Evans bis Ende diesen Jahres ihm gehören würde!

Mit diesem ermutigenden Gedanken machte sich James wieder an die Arbeit und schaute sich die Liste derer, die sich für die Tryouts angemeldet, weiter an, um potentielle neue Spieler schon vorher rauszufiltern.

Wie er so in sein Tun vertieft war, schoss ihm auf einmal ein brillanter Einfall durch den Kopf.

Aber Moment!

Wenn er so darüber nachdachte, war die Idee doch nicht so klug … Nein, das kam gar nicht in Frage, das konnte er nicht machen!

Aber wenn man es wieder von einer anderen Seite betrachtete …

Nein, nein, nein!

James verwarf diesen hirnrissigen Gedanken wieder. Egal wie man es drehte und wendete, die Sache blieb eh illusorisch.

Es gab andere, jemand würde sich schon finden lassen.

Auf alte Erinnerungen sollte man sowieso nicht zu viel geben!

Also wandte sich James wieder wahrscheinlicheren Möglichkeiten zu, nicht ahnend wie sehr sich diese Idee bereits in ihm verfestigt hatte.
 

Um Viertel vor sieben stand Lily im Gemeinschaftsraum. Sie war pünktlich, wie immer auf die Sekunde genau und machte sich auf den Weg zum Sofa.

„Fünf Minuten, wenn er dann nicht auftaucht, gehe ich ohne ihn!“, ging es ihr durch den Kopf.

Sie ließ sich nieder, schreckte aber sofort wieder hoch:

„Guten Abend, Lily.“

Lupin stand vor ihr, ordentlich gekleidet und Abmarsch bereit.

„Äh … Abend.“

Lily hätte nie gedacht, dass es tatsächlich einen Rumtreiber gab, der nicht zehn Minuten nach angegebener Uhrzeit angerannt kam.

Und dann war er auch noch so höflich. Dabei herrschte in Lily doch die Vorstellung, dass Rumtreiber plus Höflichkeit gleich null ergab. Das war eine feststehende Tatsache, genauso wie der Himmel nun mal blau und nicht quietschrosa war.

„Können wir gehen?“

Noch mehr Freundlichkeit! Das überforderte Lily jetzt fast.

„Ich, äh denke schon.“

So verließen die beiden Vertrauensschüler den Gemeinschaftsraum und machten sich schweigend auf den Weg zum Treffen.

Die Gänge des Schlosses waren zu dieser späten Tageszeit bereits stockfinster und nur die vereinzelten Fackeln erleuchteten den Weg noch vor ihnen. Hin und wieder begegneten sie einzelnen Schüler, die es alle jedoch eilig hatten flugs in ihre Gemeinschaftsräume zu kommen, der Hall ihrer Schritte entfernte sich jedes Mal rasch und die beiden Vertrauensschüler blieben allein zurück.

Lily war unruhig. Sie wünschte, dass Remus …, nein Lupin, sich mehr wie ein typischer Rumtreiber benommen hätte, denn durch dieses enorme Maß an Höflichkeit, fühlte sich Lily nun ihrerseits auch genötigt Manieren zu zeigen. Die Stille, das drückende Schweigen zwischen ihnen, wurde so nämlich langsam unangenehm.

„Weißt du eigentlich, wer außer uns beiden noch Vertrauensschüler ist?“, plapperte Lily einfach drauf los.

Lupin wirkte überrascht:

„Haben wir sie nicht alle schon im Zug kennen gelernt?“

Ein aufmerksamer Rumtreiber! Das wurde ja immer besser.

„Ich … äh konnte mir leider nicht alle merken, da waren so viele da, die ich nicht kannte.“, redete sich Lily heraus.

Glücklicherweise fragte er nicht weiter nach, sondern beantwortete Lilys Frage.

„Nun, in Hufflepuff sind es Alice Smith und John Berman geworden.“

Lupins Lippen zuckten kurz beim letzten Namen.

„Hm … in Slyhterin ist der männliche Vertrauensschüler, meiner Erinnerung nach, Esmond Debbenham und ich denke seine Partnerin ist Eris Burke. Bin ich froh, dass es nicht die Black geworden ist!“

„Ja.“, gab Lily ebenfalls erleichtert von sich.

„In Ravenclaw sind es Mei-Lin Zhang und … so ein blonder Junge … tut mir Leid hab seinen Namen vergessen.“

„Brian Peterson.“, kam es von Lily wie aus der Pistole geschossen.

Verblüfft hoben sich Lupins Augenbrauen. Peinlich berührt senkte Lily etwas den Kopf und vermied es Lupin direkt anzusehen. Die Frage, die sie ihm gestellt hatte, war absolut überflüssig gewesen, kannte Lily doch sogar die Namen aller Vertrauensschüler der höheren Klasse auswendig.

Doch es hatte seinen Zweck erfüllt, denn die unangenehme Pause zwischen ihnen war beendet worden und die Ankunft vor ihrem Zielgemälde machte jeden weiteren Gesprächsversuche unnötig.

Lily hatte den Eindruck eines Déjà-vus.

Vor ihr hing in einem übertrieben verzierten goldenen Rahmen das Bildnis eines jugendlichen Mannes von außerordentlich gutem Aussehen. Er hielt sich in einem Raum auf, der an den Wänden bis zur Decke hinauf ganz und gar mit Spiegeln bekleidet war. Den krönenden Abschluss bildete der mittelalterliche Silberspiegel in der Hand des Mannes, der vor Schnörkeleien nur so zu platzen schien. Ausgiebig besah sich der gut gebaute Mann mit der blonden Haartolle und dem festlichen Gewand in jedem seiner Spiegel. Ein Lächeln, mehr ein Grinsen, umspielte seine perfekten Züge, offensichtlich gefiel ihm gut, was er dort drin erblickte.

Ein kleines Schild unter dem alten Gemälde verriet den Titel des Bildes:
 

Schönbert der Schleimige, Graf von und zu Eitelsberge, erster und bester Absolvent Hogwarts’
 

Lily konnte sich nicht helfen, aber etwas an diesem Kerl kam ihr furchtbar vertraut vor.

„Verantwortungsbewusstsein.“, sagte Lupin.

Der blonde Schönling hörte jedoch nicht auf, sein eigenes Gesicht im Spiegel zu bewundern.

„Verantwortungsbewusstsein.“, wiederholte der Braunhaarige nochmals lauter.

Arrogant hob die Figur im Bild ihr Kinn und streckte die Brust noch mehr übertrieben raus (Lily war erstaunt, dass das überhaupt noch ging). Mit den Fingern sich durch die Haare fahrend, betrachtete er sich stetig stolzer werdend im Spiegel.

„Ver. Ant. Wor. Tungs. Be. Wusst. Sein.“, sagte Remus jetzt übertrieben deutlich.

Noch immer tat der Mann so, als würde Lupins Stimme nicht existieren.

„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Hinreißendste, Beste, Unglaublichste, Schönste und was weiß ich noch alles in diesem Land?“

„Natürlich du, Schönbert!“, antwortete er sich begeistert selbst.

„Und du Spieglein hinter meinem vollendeten Po, wie steht es anderswo?“

Jetzt wurde es Lily zu bunt.

„Wir sind Vertrauensschüler, also hör uns gefälligst zu du eingebildeter schöner Gockel!“

Erstaunlicherweise blickte der blonde Schönling sogar auf und seine braunen Augen fixierten alsgleich Lily.

„Nein, welch Schönheit mein wunderbar’ Aug’ entzücket!“, rief er begeistert aus und rannte mit Spiegel in der Hand an den Rand des Bildes, näher auf sie zu.

„Holde Maid!“

Lily schaute ihn irritiert an

„Nie sah mein Blick etwas so schönes, seit mich selbst! Euer Haar dem Abendrot gleich, enthüllt des feurig’ Charakters Seele. Die Haut wie feinstes Pergament aus fernem Lande, so schön und rein. Doch die Augen sind’s die mich belegten mit dem einzig wahren Zauber! Smaragde, magische Steine, die mich gezogen in den Bann, der mein Herz in eures elbenhaften Körper gefangen hält. Bitte sprecht, sagt etwas, denn nie soll mein Ohr eurer süßen Stimmes Klang vergessen.“

„Mach endlich die Tür auf! Wir sind zu spät.“, keifte Lily.

Es war bereits 20:02 Uhr, was hieß sie waren zwei Minuten zu spät.

Zwei Minuten!

„O du Bewahrerin meines Herzens, dein Wunsch sei mir der allerliebst’ Befehl, doch zuvor muss ich euch um etwas bitten …“

„Was?“, fragte Lily, die sichtlich immer ungehaltener wurde.

„Ein einzig’ Kusse von eurer Lippen schönen Mundes.“

„Was?!“, erboste sich Lily.

„Nie im Leben!“

„Dann tut es mir Leid, holde Maid, doch dann wird die Tür zu diesem Raume euch verwährt bleiben, so wie mir der Weg zu eurem Herzen.“, sprach der Schönling, legte sich theatralisch den Handrücken auf die Stirn und wandte sich demonstrativ um.

„Mach dir keine Sorgen, Lily.“, Lupin legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter.

„Ich versuche mit ihm zu reden, wir kommen schon irgendwie da rein.“

Lily haderte mit sich selbst, während Lupin mit behutsamen Wörtern probierte, Schönbert davon zu überzeugen, doch die Tür zu öffnen. Dieser allerdings hatte sich bereits längst wieder seine Spiegeln zu gewandt, in denen er sich erneut ausgiebig betrachtete.

Lily schaute zur Uhr, es war jetzt bereits fünf nach acht. Sie biss sich auf die Unterlippe.

Das war ganz und gar unakzeptabel!

Eine Lily Evans kam einfach nicht zu spät (wenn man mal von einigen Malen absah, die nun wirklich nicht ihre Schuld waren).

Genau dieser Gedanke ließ Lily jetzt aus einem Impuls heraus handeln. Zögerlich machte sie ein paar Schritte vorwärts auf das Bild zu. Ihre Augen hatten den blonden Selbstverliebten fixiert, doch spürte sie Remus verwunderte Blick auf sich Ruhen.

„Lily, du musst das nicht …“

Doch sie brachte ihn mit einer Bewegung ihrer Hand zum Schweigen.

Als wenn sie ihn gerufen hätte, drehte sich Schönbert mit einem überheblichen Grinsen um. Irgendwie kam es Lily frech vor …

Er stellte sich soweit wie möglich an den Rand des Bildes und spitzte schon mal seine Lippen. Lily gab sich große Mühe das Ekelgefühl in ihr zu unterdrücken bei dem Gedanken mit einem 1000 Jahre alten Gemälde ihren ersten Kuss zu erleben. Langsam kamen Lilys Lippen der Leinwand immer näher, sie schloss die Augen, nicht weil sie es in irgendeiner Weise romantisch fand, sondern weil sie ihren egozentrischen Kusspartner einfach nicht sehen wollte. Ihre Stirn berührte nun fast das Bild, ein Geruch nach alter Ölfarbe prickelte unangenehm in ihre Nase und ihr gespitzter Mund meinten schon die kalte Leinwand zu spüren, als stattdessen plötzlich etwas Warmes Lilys Lippen berührte und sie unter einem Gewicht zu Boden gerissen wurde.

So schnell das warme Gefühl gekommen war, war es jedoch auch schon wieder verschwunden.

Lily schlug die Augen auf und blickte in etwas Braunes.

Genauer gesagt kastanienbraun.

Und noch genauer gesagt in das kastanienbraune Augenpaar eines blonden Jungen.

Brian Peterson.

Lily starrte ihn an und der Ravenclawjunge starrte noch viel entsetzter zurück. Dann richtete er sich blitzschnell wieder auf und sein Ausdruck wurde hart, fast wütend. Kühl blickte er auf Lily hinab, die immer noch starr vor Schreck auf dem Boden lag und ihre Augen nicht von dem Jungen nehmen konnte.

Was war gerade eben eigentlich hier passiert?

Hatte sie nicht vor Sekunden noch dagestanden und ihren ersten Kuss von einem vergammelten eingebildeten Gemälde erwartet?

Lily schaute zum Bildnis von Schönbert dem Schleimigen dessen Gemälde unfreiwillig schräg zur Seit hin (sein Geschimpfe ließ keinen anderen Schluss zu) und den pyramidenförmigen Eingang zum Vertrauensschülerraum freigab.

Dann aber war etwas gegen sie geprallt …

Alles war so furchtbar schnell gegangen.

Die kurze warme Berührung auf ihren Lippen, die sie hinterlassen hatte, konnte Lily allerdings immer noch fühlen.

Wieder schaute sie zu Brian Peterson, dem Vertrauensschülerjungen aus Ravenclaw, doch der hatte seinen Blick längst abgewendet und starrte an Lily vorbei den dunklen Gang hinunter.

Auf einmal tauchte eine Hand vor ihren Augen auf, kurze blickte Lily sie an, als wüsste sie nichts damit anzufangen.

Es war Lupins Stimme, die sie in die Realität zurückholte:

„Komm schon, Lily, steh auf. Wir müssen zum Treffen.“

Das weckte sofort wieder Lilys fünf Sinne und schnell griff sie zu.

„Wurde auch Zeit.“, ertönte nun zum ersten Mal für Lily bewusst eine kühle Stimme vor ihnen.

„Es gibt keinen Grund unfreundlich zu werden.“, ertönte Lupins sanfte Stimme erneut.

Brian Peterson nickte Lupin kurz zu und hatte ihnen schon den Rücken zugewandt, als er am Eingang des Porträtlochs nochmals stehen blieb und zurückschaute. Lily hatte für einen Moment das Gefühl, dass er sie wütend ansah.

Aber sie hatte ihm nichts angetan!

Sie konnte nichts für ihren unfreiwilligen Kuss oder was immer es auch gewesen war, eigentlich war es doch mehr ein bloßes Streifen ihrer Lippen gewesen.

Oder war es so schlimm sie zu küssen?

„Aber Romeo ist er auch nicht gerade!“, dachte Lily wütend.

Was fiel diesem Kerl also ein, sie so böse anzuschauen?!

Sie hatte sich ihren ersten Kuss gewiss auch anders vorgestellt!

„Die anderen warten schon. Wir haben uns bereits gedacht, dass Schönbert Ärger machen würde, er wurde nur provisorisch eingesetzt, weil das andere Gemälde restauriert werden muss. Deswegen sollte ich nach euch schauen.“, informierte er sie.

Keiner von beiden erwiderte daraufhin etwas. Aber das war auch gar nicht nötig, denn sofort nach dem Ende seines kurzen Vortrags, setzte sich Brian Peterson wieder in Bewegung und kroch weiter durch den Eingang.

Lily wollte es ihm gleich tun, zögerte jedoch als Lupin selbiges auch vorhatte. Ein weiteres Mal überraschte sie der ruhige Rumtreiber mit guten Manieren, in dem er ihr höflichst den Vortritt überließ.

Dieser Abend wurde immer verrückter!
 

„Sirilein, liiiebst du mich?“, säuselte das kleine blonde Geschöpf neben ihm, um dessen Hüften er seinen Arm gelegt hatte.

Statt eine Antwort zu geben, drückte Sirius sie einfach gegen die nächstbeste Steinmauer und sorgte auf seine Weise dafür, dass das Mädchen nicht weiter reden konnte.

Den ganzen Abend lang tat sie nämlich bisher nichts anderes, als ihm immer wieder solche dämlichen Fragen zu stellen:

Sirilein, magst du mich wirklich? Sirilein, bin ich die Einzige für dich? Sirilein, versprichst du für den Rest deines Lebens mir treu zu bleiben? Sirilein, wie viele Kinder möchtest du mal haben?

Sirilein hier und Sirilein da … das war ja wirklich kaum zum Aushalten!

Sirius hasste es dermaßen, wenn ihm Mädchen solche albernen Kosenamen gaben und sie dann auch noch mit ihren girlyhaften Stimmen übertrieben in die Länge zogen. Bei einem Wettbewerb zwischen allen von Sirius’ „Bekanntschaften“ würde dieses Wesen sicherlich den ersten Platz machen. So schlimm wie sie, war darin bisher nämlich noch keine gewesen.

Aber Sirius wusste ja zum Glück, wie man mit solchen Geschöpfen umgehen musste und eins musste er ihr lassen, küssen konnte sie dafür umso besser!

Für ihr Alter (er glaubte, dass sie zwischen 14 u. 15 sein musste, genau wusste er das natürlich nicht) war sie wirklich ganz ok.

Auf einer Skala von eins bis zehn immerhin eine glatte Acht.

Während seine Lippen also ihren Fragenschwall zum Schweigen brachten, lockerte sich vorsichtig der Griff um ihre Hüften. Langsam gingen seine Hände auf Wanderschaft, die eine erkundete unter ihrem Stöhnen, was das Mädchen unter ihrem Shirt so „zu bieten“ hatte, während die andere nur ein kurzes Stück zu ihrem süßen kleinen Po hinabtauchte.

Von allen Dingen war das wirklich das Beste an ihr!

Als er schon dabei war sich ihren Hals hinab zu küssen und unter ihrem Seufzen über die nächstbeste Besenkammer in ihrer Nähe nachdachte, wurden sein schönes Treiben jäh unterbrochen.

„Ich an deiner Stelle, Black, würde diesmal etwas schneller zur Sache kommen.“

Nein, das konnte doch jetzt einfach nicht wahr sein!

Stöhnend unterbrach Sirius seine „Arbeit“ und schloss für einen kurzen Moment die Augen, bevor er sich zu der Person hinter seinem Rücken umdrehte.

Wird man Plagegeister eigentlich nie wieder los?!

„Roberts, verdammt noch mal! Schaffst du es mich selbst jetzt in so einem intimen Moment zu stören?! Schon mal was von Privatsphäre gehört?“

„O entschuldige vielmals, Black! Ich wusste ja nicht wie empfindlich du bist. Wenn du mit deinen Eroberungen am nächsten Tag immer hausieren gegangen bist, muss bei mir ein völlig falscher Eindruck von dir entstanden sein.“, ihre Stimme triefte nur so vor Sarkasmus.

„Das heißt dann wohl, dass dir Blondie, Doppel D und sexy Arsch auch mehr bedeutet haben müssen, als ich bisher angenommen habe?“

„Lass Sirilein in Ruhe!“, die blonde Hufflepuff stellte sich vor ihn und plusterte sich auf, Roberts zog eine Augenbraue hoch.

„Du bist doch nur neidisch, du Zicke, weil du wahrscheinlich auch in Sirilein heimlich verliebt bist, aber nie bei ihm eine Chance haben wirst.“

„Es wäre mir neu, dass ich an derartiger Geschmacksverkalkung leiden würde.“, die Kälte in ihrer Stimme war nahezu fühlbar.

„Das ist auch besser so. Denn Sirilein ist ab jetzt sowieso für immer vergeben.“, meinte die Blonde und umklammerte fest sein Handgelenk.

Das war ihm jetzt irgendwie schon unheimlich.

Das Mädchen mit den blonden Locken schüttelte nur ihren Kopf und sah die Hufflepuff mit einem Gemisch aus Ungläubigkeit, Hohn und beinah Mitleid an.

„Black, du bist echt jämmerlich.“, sagte sie wieder mal, auf diese feststellende Art, die Sirius einfach zum Kotzen fand.

„Immerhin habe ich ein Leben, Eremit!“, rief er ihr noch hitzköpfig hinterher als sie schon ein gutes Stück davon geschritten war.

„Und wenn du es behalten willst, würde ich schnellstens die nächste Besenkammer aufsuchen, denn ansonsten wird dir nicht genug Zeit für deinen intimen Moment und das Abservieren bleiben. Ansonsten wird McGonagall dich nämlich in deiner Privatsphäre stören und ich denke, dass wird ihr herzlich egal sein, weil sie sich von dir in ihrer eigenen noch sehr viel mehr angegriffen fühlen wird.“

Mit diesen Worten verschwand ein blonder Lockenkopf hinter der nächsten Ecke und Sirius und seine Teilzeitfreundin blieben allein zurück. Wie ein knurrender Hund stand Sirius da und am liebsten wäre er ihr hinterher gerannt und hätte sonst was mit ihr angestellt …

Sein schöner bildlicher Gedankengang wurde beendet, als er ein Schluchzen neben sich im Arm vernahm.

Entnervt schloss Sirius ein weiteres Mal die Augen, bevor er sich der Gestalt neben ihm zuwandte:

„Hey, was ist denn los?“, fragte er mit möglichst einfühlsamer Stimme.

Das Mädchen jedoch heulte weiter und schluchzte immer wieder auf. Sirius war mit der Situation leicht überfordert, normalerweise heulten Mädchen beim ihm immer erst nach dem Sex, wenn er sie abserviert hatte und dann verdrückte er sich stets. Also, hatte er selbstverständlich keinen Schimmer, wie er nun mit ihr umgehen sollte.

„Hey, nun sag schon!“, langsam ging ihm das Geflenne echt auf den Kürbiskuchen.

„Du … du-du hast ihr nicht widersprochen.“

„Häh?“, kam es intelligenterweise von Sirius.

Wovon sprach sie?

„Sie hat gesagt, du willst mich nur in eine Besenkammer bekommen und servierst mich nachher ab. Stimmt das Sirilein?“

Zum ersten Mal sah ihn das Mädchen wieder direkt an. Das hübsche Gesicht der Hufflepuff war unschön verweint, Spuren von Mascara zogen sich über ihre rosigen Wangen, die Augen hatten ein ungesundes Rot am Lidrand angenommen.

„Aber Teresa, hör doch nicht auf diese blöde Kuh!“, schimpfte Sirius nur allzu gern über die kühle Außenseiterin.

„Du weißt doch, was ich für dich empfinde.“

Aber das brachte ihm nur noch einen weiteren lauten Schluchzer ein, dabei wusste Sirius ehrlich nicht, was er diesmal Falsches gesagt hatte.

„Ich-ich heiße Christine, du gemeiner Lügner!“, schrie sie ihn an und rannte weinend den Gang entlang davon.

Na toll!

Sirius haute seinen Kopf gegen die Wand.

Autsch!

Das war zu feste.

Ein weiterer blauer Fleck in seiner bereits gigantischen Sammlung, der mit seinem Erscheinen auch sicherlich nicht lange auf sich warten lassen würde.

Und wem hatte er das alles zu verdanken?

Richtig.

Roberts. Nur, Roberts.

Der wandelnden Lebensplage auf zwei Beinen!

Er wollte sich an ihr dafür rächen, ihr jede einzelne ihrer nervigen blonden Locken ausreißen und in ihr vorlautes Mundwerk stopfen. Ob sie nun etwas dafür konnte, dass sie ihm dauernd über den Weg lief oder nicht, spielte dabei keine Rolle für Sirius, entscheidend war nur, dass sie sein Leben damit ständig durcheinander brachte.

Nur wie stellte er das an …

„Na so eine Überraschung! Zu so später Stunde noch unterwegs, Mr. Black?“

Die schneidende Stimme seiner Verwandlungslehrerin unterbrach seine Rachepläne.

Sie hatte also nicht gelogen!

„Es tut mir Leid, Professor. Ich wollte mich auch gerade auf den Weg zurück in den Gemeinschaftsraum machen, ich hatte mich leider „verquatscht“.“

Sirius tat, was er am besten konnte, schuldbewusst dreinblicken, alles zu zugeben, aber um eine Ausrede trotzdem nie verlegen sein.

„Na, ich will heute mal nicht so sein, Mr. Black, auch wenn Sie bereits über der Zeit sind. Sie haben ja noch genug Strafarbeiten vor sich, also gehen Sie endlich ins Bett.“

„Jawohl, Professor! Haben Sie vielen Dank.“

Glück gehabt!

Gonni hatte wohl heute einen guten Tag erwischt. Doch Sirius machte sich trotzdem nicht sofort auf in seinen Gemeinschaftsraum. Als er außerhalb von Gonnis Seh- und Hörweite war schlug er eine rumtreiberische Abkürzung ein, dessen Weg ihn direkt zur Küche führte. Sirius brauchte jetzt einfach was zu essen, wenn schon nichts anderes da war, um seine Wut abzulassen und er auf seinen geplanten Sex verzichten musste, dann wollte er wenigstens was Herzhaftes zwischen den Zähnen.

Er verdrehte die Augen:

Teresa oder Christine, wen interessierte das schon?“
 

Lily seufzte. Sie waren inzwischen bei Punkt 6 der Tagesordnung angekommen und ein Ende war bisher nicht in Sicht. Weiterhin wurde lautstark darüber diskutiert, ob man dem Vorschlag der Schulleitung zustimmen sollte, d. h. neue Tischdecken für besondere Anlässe anzuschaffen oder ob das Geld lieber in neue Wasserhähne für die Klos des zweiten Stocks investiert werden sollte.

Seit einer halben Stunde gab es kein anderes Thema mehr, bei der hitzigen Diskussion taten sich besonders Marlene McKinnon aus der Sechsten in Gryffindor und eine Ravenclaw namens Sahiba Rana hervor, die sich besonders lautstark über „sinnlosen Tischfirlefanz“ und „überflüssige Hähne“ stritten.

Lily hatte schon lange aufgegeben der Sache weiter zu folgen, sie war mit ihren Gedanken ganz woanders, nämlich bei Punkt 7. Dieser würde es ihr erlauben, selbst ein Thema zur Sprache zu bringen, dass ihr am Herzen lag. Genau genommen lag es ihr allerdings gar nicht am Herzen, sondern ging ihr sogar furchtbar auf die Nerven, aber sie würde nicht eher darüber sprechen können, bevor diese Diskussion vorbei war.

„Also gut, wir vertagen die ganze Sache auf das nächste Mal.“, erhob der Schulsprecher Gideon Prewett seine Stimme über das allgemeine Geschimpfe.

„Ich denke, wir sollten darüber lieber eine geheime Wahl machen, aber vielleicht beruhigt sich jeder“, dabei schaute er besonders die beiden Mädchen genau an, „bis zum nächsten Treffen etwas.“

„Kommen wir also zum letzten Punkt auf der heutigen Tagesordnung.“, fuhr die Schulsprecherin Allison Prim aus Hufflepuff fort.

„Falls jemand ein anderes nicht genanntes Thema zur Sprache bringen will, kann er das jetzt tun.“

Das war Lilys Stichwort, doch als sie die Hand heben wollte, hatte sich jemand neben ihr jemand bereits erhoben.

„Ich würde gerne etwas sagen.“, teilte Lupin mit.

Lily war erstaunt über sein Verhalten, damals im Zug, war er ihr nämlich sehr schüchtern vorgekommen und hatte sich mit seiner Meinung stets zurückgehalten. Was immer es auch war, es musste ihm daher wirklich sehr wichtig sein.

„Du hast das Wort.“, forderte die Schulsprecherin ihn auf weiter zu sprechen.

Gespannt lauschte Lily, was er ansprechen wollte.

„Es geht um unsere neue Lehrerin in Verteidigung gegen die dunklen Künste, Professor Flosops oder auch Chadna, wie sie sich selbst nennt …“

Ein paar wenige grinsten gequält oder schauten verständnisvoll zu Remus, die meisten aber fingen bei ihrem Namen an zu lachen.

„Was sie im Unterricht veranstaltet ist ehrlich gesagt, absoluter Blödsinn. Bisher habe ich nichts bei ihr lernen können und ich befürchte stark, dass das auch weiterhin so bleiben wird.“

Lily war erstaunt, denn das war genau das, was sie auch hatte ansprechen wollen. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass Remus anscheinend entgegen ihrem Bild von den Rumtreibern, auch nicht besonders glücklich war über ihre neue Lehrerin.

„Ruhe, bitte.“, herrschte Allison, die aufbrausende Menge an.

„Ich kann dich gut verstehen, Remus, aber wie du weißt, hat sie einen Vertrag über das ganze Jahr bekommen. Nur auf eigenen Wunsch oder bei einem sonstigen schlimmeren Vorkommnis könnte sie entlassen werden. Es sei denn, die Versammlung würde sich einstimmig entschließen zu Dumbledore zu gehen …“

„Kommt gar nicht in Frage!“, rief Ernest MacMillan dazwischen.

„Ihr Unterricht ist doch geil! Man braucht nicht zu kommen und die Hausaufgaben kannst du dir sowieso schenken. Ich geh sogar freiwillig hin, nur weil’s so lustig ist.“

Zustimmendes bejahen und Gelächter von den meisten Seiten.

„Und wie willst du deine Prüfungen bestehen, wenn dir ein ganzes Jahr fehlt?“, erboste sich nun Lily.

Ernest schaute sie Augen verdrehend an.

„Du hast dieses Jahr vielleicht nur deine Examina, aber ich muss meine ZAGs bestehen und dass mit dieser Frau!“

„Spielverderber“ und „Streberin“ wurden ihr daraufhin als Antwort zugerufen.

Lily konnte es nicht fassen. Da wurden ganze Diskussionen über irgendwelche Klos und die Verschönerung ihrer Haustische geführt, aber bei solchen Dingen dachten alle nur an ihren momentanen Vorteil.

Natürlich hatten sie jetzt keine Arbeit!

Aber am Ende des Jahres, wie würde es da aussehen?

„Es wäre doch wenigstens gut, Dumbledore zu bitten, mal mit ihr zu reden.“, versuchte Lupin die heftig durcheinander diskutierende Menge nun zu beschwichtigen und doch für ihren Vorschlag zu gewinnen.

„Damit sie sich wenigstens etwas mehr an den Lehrplan hält.“

Doch Remus wurde ausgebuht, es war offensichtlich, dass der Großteil zu faul war, auch nur einen Handschlag zu tun und der andere war wahrscheinlich zu feige etwas zu sagen, wie Lily wütend dachte.

Die Schulsprecher versuchten wieder für Ruhe unter den Vertrauensschüler zu sorgen, da reckte sich eine Hand aus der Menge hervor.

Sie und Lupin sollten Hilfe von einer Seite bekommen, die Lily nie erwartete hätte:

„Ich habe mich bereits bei Dumbledore darüber beschwert.“, verkündete Brian Peterson über die Menge hinweg, seine Stimme konnte erstaunlich laut und dabei ganz ruhig bleiben.

Seine Art zu sprechen ähnelte irgendwie der von Remus.

„Na damit rückst du ja schnell raus!“, fuhr Gideon ihn an.

„Ich wollte die Diskussion erst mal weiter verfolgen, um zu sehen zu welchem Schluss ihr kommt, aber da ihr ja zu keinem Schluss kommen würdet, dachte ich, es sei ratsam das mal anmerken zu lassen.“

Seine Stimme blieb weiterhin auf eine seltsame Art gelassen, egal dass ihn der Schulsprecher höchstpersönlich und die meisten anderen im Raum finster anstarrten.

„Und was ist dabei rausgekommen? Erfahren wir das auch noch mal?!“, motzte Gideon ihn weiter an.

Brian Peterson sprach ohne mit der Wimper zu zucken fort:

„Dumbledore hat mir gesagt, dass meine Beschwerde berechtigt sei und dass er versprechen würde sich der Sache anzunehmen. Er könne Professor Flosops zwar nicht rausschmeißen, aber er würde schon eine Lösung finden und wir sollten uns keine Gedanken über unsere Examina machen.“, damit ließ sich der blonde Junge wieder auf seinem Stuhl nieder und schaute ruhig in die Menge.

Allison legte dem wütenden Gideon eine Hand beruhigend auf die Schulter und räusperte sich:

„Nun, da das geklärt ist und ich denke, dass es keine weiteren Themen gibt, halte ich es für das Beste, die Sitzung hier zu beenden. Wir sehen uns dann in einem Monat wieder. Gute Nacht und vergesst eure Kontrollgänge nicht.“

Die meisten konnten sich gar nicht schnell genug von ihrem Platz erheben um rauszukommen, während sie Brian Peterson einen mürrischen Blick zu warfen.

„Gehen wir, Lily?“, erkundigte sich Lupin bei ihr.

„Einen Moment noch!“, sagte sie zu ihm.

Lily ging zurück zu dem blonden Jungen, der als letzter neben den Vertrauensschülern im Raum zurückgeblieben war. Eine gewisse Nervosität machte sich in Lily breit, doch das hielt sie für das Richtige, egal wie böse er sie vorhin nach diesem „kleinen Unfall“ angeschaute hatte. Schon wollte sie ein paar Worte sagen, um auf sich aufmerksam zu machen, doch der Blonde hatte bereits den Kopf gehoben und schaute Lily frontal an.

„Ich-ich wollte mich nur bedanken!“, murmelte Lily leicht unsicher und versuchte aus seinem Blick schlau zu werden.

„Es war sehr nett uns zu helfen.“

Doch der Blonde winkte ab:

„Nichts zu danken. Ich bin auch mit ihr mehr als unglücklich, kaum zu fassen, dass alle so begeistert über sie denken.“

Dann lächelte er sie zum ersten Mal an diesem Abend an und Lily fühlte auf einmal wie jegliche Unsicherheit verpuffte.

„Gut zu wissen, dass es wenigstens ein paar vernünftige Menschen gibt.“

„Ja“, lächelte Lily zurück.

„Gut zu wissen.“

Was redet sie da eigentlich für einen Blödsinn?

„Ich will euch nicht weiter aufhalten, ich muss noch ein Wort mit dem Schulsprecher wechseln, also: Gute Nacht!“, und er nickte auch Remus zu, bevor er sich in Richtung von Allison und einem sauren Gideon umwandte.

Den ganzen Weg zurück schwiegen Lily und Remus, doch diesmal war es Lily nicht unangenehm. Sie war zu sehr in Gedanken vertieft als das ihr das überhaupt hätte auffallen können.

In ihrem Kopf trug sie alle Informationen zusammen, die sie über Brian Peterson wusste:

Ravenclaw, Vertrauensschüler, Klassenbester, ruhig, kein Unruhestifter und auch sonst nicht sehr auffällig.

Auf eine gewisse Weise konnte Lily nicht aufhören über ihn nachzudenken, sie wusste nicht warum. Sein merkwürdiger Stimmungswechsel ging ihr immer wieder durch den Kopf, vorher so wütend für etwas, für dass sie nun wahrlich nichts konnte und dann so höflich und freundlich, wie sie es selten bei einem Jungen erlebt hatte.

„Gute Nacht, Lily.“, verwirrt sah sie zu der Stimme auf, die gerade gesprochen hatte.

„Was? Oh …“, erst jetzt bemerkte Lily, dass sie bereits wieder im Gemeinschaftsraum waren.

Solche derartigen Aussetzer passierten ihr eigentlich nicht oft.

„Gute Nacht … Remus!“, murmelte Lily in Richtung des Braunhaarigen, der sie heute ebenfalls überrascht hatte.

Angenehm.

Nun hatte sie keine allzu schlimmen Bauchschmerzen mehr, wenn sie an ihre gemeinsame Zusammenarbeit dachte, auch wenn ein leicht bitterer Nachgeschmack blieb, doch daran wollte Lily in diesem Moment nicht denken.

Ihr Kopf war zu sehr damit beschäftigt Brian Peterson weiter zu analysieren, selbst als sie in ihrem Bett lag, arbeitete ihr Gehirn fleißig weiter und textete sie mit Informationen voll.

So gedankenverloren bemerkte Lily gar nicht, wie sie sich schon im Halbschlaf mit der Hand noch mal über die Lippen fuhr, genau da, wo sie etwas Warmes vor nur wenigen Stunden gestreift hatte.
 


 

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@whatever92: Jep, immer schön geduldig sein! ;)

Naaaa, erreich ich diesmal ein "sehr gut"? *g*
 

@Lesca07: Aufs erste Kommi hab ich dir ja schon was im Gästebuch hinterlassen.^^ Die anderen kamen dann sehr überraschend für mich, hab mich aber jedes Mal aufs Neue wirklich ganz dolle gefreut!! =)

Chadna: Die allererste die sowas mal von sich gibt! *g* Aber wichtig ... joah ... kann sie schon nennen.*g* Sie bekommt auf jeden Fall noch ihren entscheidenen Part in der Geschichte, welchen Verrat ich noch net. ;)

Spitznamen: Hehe - die kommen auch noch. Hab ich nicht vergessen ...

Mel: Hm ... schwierige Frage, ob es sie tatäschlich verletzt hat. Ich würde darauf mit einem ganz klaren jein antworten.^^

James&Lily: Da wir uns noch im fünften Schuljahr befinden und die beiden laut JKR erst in der Siebten zusammen gekommen sind, hab ich ja zum Glück noch genug Zeit, das langsam aufzubauen. Geduld also bitte! ;)

Rückblicke: Vielen Dank fürs Lob! Wird auch weiterhin von denen nur so wimmeln, ohne würde die ganze Story nämlich gar nicht funktionieren.^^

Prolog: Ok, es war tatsächlich Mel, da kann ich mich nicht mehr rauslügen.^^

Zu deiner Theorie sage ich nicht mehr als interessant und durchaus logisch.*g*

Sirius: Den lieb ich auch, aber im fünften schuljahr wird er wohl eher etwas schlecht rüber kommen ...
 

@Nicce: Nee, glaub nicht, dass er sich getraut hätte das alles zu sagen - aber wer weiß, ob er nicht mal wenigstens einen Teil davon äußert? *unschuldig an Decke guckt*
 

@eva-04: Dankeschön! Eventuell gibt es auch noch irgendwann mal ein Tagebuch-Chap von wem anders - ist aber noch net sicher - auf jeden Fall wird uns Remus noch mal einen Einblick gewähren.^^
 

Mir ist übrigens noch eingefallen, dass es noch ein Titelbild gibt. *lol* Ist inzwischen allerdings leicht veraltet, da ich manche Figuren darauf durch andere ersetzten würde. Hier der Link:
 

http://i234.photobucket.com/albums/ee139/yantara_2007/BildmitSchriftE.jpg
 

Alles Lob geht in diesem Fall an meine Beta Tschini - ich hab nichts gemacht, außer zu kritisieren. ^^

Von Suchern ...

Ohne große Worte möchte ich zu meinem persönlichem Lieblingschap kommen! Warum werdet ihr allerdings erst morgen verstehen - ich bin nicht scharf darauf die Rechnung eures Augenarztes zu bekommen *g* - dann lade ich nämlich den zweiten Teil rauf. Ist nicht der längste, dafür der beste vom ganzen Chap! *g*
 

Have fun! =)
 

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Kapitel 9.1 – Von Suchern …
 

»Murphys allgemeine Gesetzmäßigkeiten«
 

1. Wenn etwas schiefgehen kann, dann geht es schief (Hauptregel).

3. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt, ist umgekehrt proportional zu seiner Erwünschtheit.
 

Edward Aloysius Murphy Jr. (1918-1990), US-amerikanischer Air Force-Ingenieur
 

Als die ersten Sonnenstrahlen sich heimlich an den dunklen Samtvorhängen vorbeigeschmuggelt hatten, trafen sie langsam aber sicher auf das Gesicht eines fünfzehnjährigen Jungen. Seine Lippen waren zu einem fast krampfhaft aussehenden breiten Grinsen verzogen, anscheinend hatte er gerade einen ganz besonders schönen Traum. Die Sonnenstrahlen schlichen sich nun weiter hinauf, über die Lippen hinweg, krochen in seine Nasenlöcher hinein und erreichten schließlich die Augenlider. Als seine Augen ganz vom Schein der Morgensonne erleuchtet wurden, riss der Schwarzhaarige sie urplötzlich auf und brachte seinen Körper in die Senkrechte.

James Potter schwang seine Beine aus dem Bett und streckte sich erst ein paar Mal, unter einem kurzen aber herzhaften Gähnen, bevor die übliche Gesichtsstarre (für die er allgemein bekannt war und die in Hogwarts stets nur als Potter’sches Grinsen bezeichnet wurde, ein Name, der übrigens einem rothaarigen Geschöpf zu verdanken ist) wieder bei ihm einsetzte. Irgendwie verspürte er heute Morgen ein komisches Ziehen in den Wangen, was vielleicht nicht mehr so merkwürdig erschien, wenn man bedachte, dass er selbst die ganze Nacht lang diesen einen Gesichtsausdruck nicht hatte ablegen können. Doch der Muskelkater in seinen Backen hielt ihn natürlich auch jetzt nicht davon ab, es weiter zu tun.

James konnte gar nicht anders.

Seine Gedanken kreisten heute Morgen um ein einziges zentrales Thema, das, man höre und staune, nicht rothaarig, grünäugig und Vertrauensschülerin war, sondern mehr mit den bevorstehenden Ereignissen des kommenden Tages zu tun hatte. Die Füße kribbelten ihm deswegen an diesem Sonntagmorgen noch schlimmer als sonst, James steckte nur so voller Tatendrang.

Irgendwo musste er seine überschüssige Energie los werden …

James blickte sich im Zimmer um, alle anderen schliefen noch den Schlaf des Gerechten, so friedlich wie sie schlummerten, hätte man selbst Sirius den Unschuldsengel abgenommen.

Ein verschlagenes Lächeln trat in James’ Gesicht, die Gelegenheit war einfach zu günstig, als das er hätte widerstehen können …

Wenn es nach James selbst ging, hieß diese Weckmethode „Arschbombe ohne Wasser“.

Remus gab ihr den ausdrucksstarken Titel: „James, du verrückter Spinner! War ja wieder klar …“

Peter bezeichnete sie als „Nein, Mama! Ich hab bestimmt keine Süßigkeiten im Bett gegessen.“

Und Sirius betitelte sie (natürlich) mit „Verdammt!“.

Drei zersaust und verschlafen aussehende Köpfe tauchten daraufhin beinah gleichzeitig aus dem dämmrigen Licht im Schlafsaal hervor. Einer schaute leicht verwirrt, der nächste etwas genervt und der Dritte vollkommen zornig, während James am Boden lag und sich einfach nur kringelig lachte über ihre Gesichter.

Als etwas jedoch nur knapp neben seinem linken Ohr vorbeisauste, sprang James, wissend was jetzt auf ihn zukommen würde, sofort hinter das nächstbeste Bett.

Die Schlacht war hiermit offiziell eröffnet worden!

Sogleich setzte James zum Gegenangriff über, er fuhr die schwerstmöglichen Geschütze auf, die er erreichen konnte und sein erstes Kissen erwischte Peter auch gleich volle Breitseite und ließ ihn rückwärts von seinem Bett purzeln.

In seinem Triumphschrei machten sich Sirius und Remus James’ Unachtsamkeit zu nutze und stürzten sich auf ihn.

Doch da hatten sie die Rechnung ohne James gemacht!

Von seinem breiten Register zog James nun den hinterhältigsten Trick und hatte sich im nu wieder befreit, während Sirius immer noch gackernd am Boden lag.

Er war ja so leicht zu kitzeln, wenn man nur wusste wo …

Und der gutmütige Remus stellte für James nun wahrlich kein Hindernis dar. Zwar vermutete James, dass Remus durchaus die Kraft hätte ihn zu besiegen, sich jedoch aus Angst jemanden ernsthaft zu verletzten, stets zurückhielt.

Vom Neuen verbarrikadierte sich James wieder hinter seinem Bett und ließ nun sein gesamtes Quidditchtaktikwissen zum Zuge kommen. Alsbald verwandelte sich die Luft über dem Jungenschlafsaal in ein Meer aus weißen Vierecken, Daunen und Federn, dass man hätte meinen können der Winter hätte vorzeitig eingesetzt, doch trotz der enormen Überzahl seiner Gegner konnte James jeden Angriff geschickt abwehren und lag inzwischen weit vorne. (Die genauen Regeln dieses beliebten morgendlichen Spiels zu erklären, würde hier zu lange dauern und ist für Außenstehende nur sehr schwer zugänglich, da sie größtenteils auf James-Potter-Logik basieren.)

Doch zumindest hatte auch dieses Spielfeld ein Aus. Dieses „Aus“ nannte sich Frank Longbottom, Chris Young und Fabian Prewett, allesamt noch schlafend, da Gewöhnung ihre Ohren taub gemacht hatten für den üblichen rumtreiberischen Morgenlärm.

Da aber jedes Spiel, so schön es auch sein mag, leider mal ein Ende finden muss, gab es auch beim „Kissenkrieg“ jedes Mal einen Punkt, der, wenn überschritten, dem Spiel die entscheidende Wende brachte. In diesem Fall war dieser das Aus, dass zwar unempfindlich gegenüber Lärm, jedoch nicht gegenüber fehl geworfenen Kissen geworden war.

Und so schlugen sich drei murrende Jungs, wie bei fast jeder anderen Schlacht auch, auf die Seite von James’ Gegnern und für ihn zog sich die Schlinge langsam zu. Über die Menge, die an Kissen bei ihm ankamen, wurde er nicht mehr Herr, doch hartnäckig wie James war, kämpfte er selbstverständlich weiter.

Ein wahrer Potter gab nie auf!

Vollkommen also auf das Schlachtfeld vor ihm konzentriert, bemerkte James nicht die großen Schatten, die sich ihm heimlich näherten. Zu spät registrierte er das Kribbeln im Nacken, das ihn eigentlich hatte warnen wollen, doch da hatte der Feind ihn bereits gepackt und schleppte den fluchenden Quidditchkapitän in Richtung einer eichenhölzernen Tür. James wehrte sich mit Händen und Füßen (das ist wörtlich zu nehmen) vor der drohenden Niederlage, aber gegen seine beiden Träger hatte er nicht die geringste Chance.

Frank hielt seine Beine zwischen seinen breiten muskulösen Armen felsenfest, der 1,90 m Hüne grinste den sich sträubenden James schelmisch an. Sirius hingegen hatte James’ Hände mit seinem Zangengriff gefesselt und brachte so deren Bewegungsfreiraum auf null, was James erneut bewies, dass sein bester Freund gewiss nicht nur aus Beliebtheitsgründen oder wegen der Freundschaft zu ihm, einst von Sturgis Podmore als Treiber ins Team aufgenommen worden war.

Gnadenlos wurde James also von den beiden Riesen ins Bad getragen, Chris öffnete ihnen mit einer Verbeugung die Tür, Fabian geleitete Frank und Sirius dienermäßig weiter durch das mit blauen Kacheln geflieste Badezimmer, links am Klo und rechts an der Dusche vorbei, das Waschbecken hinter sich lassend, zu dem großen weißen Ding.

Normalerweise wurde die Badewanne bei ihnen nie benutzt …

Normalerweise …

Heute, schon.

PLATSCH!

James tauchte hastig nach Luft schnappend und am ganzen Körper zitternd wieder aus den Fluten auf. Seine Haut war in null Komma nichts von kleinen Erhebungen übersät, am gesamten Körper breitete sich rasch die Gänsehaut aus.

„Was ist James? Ist dir das Wasser nicht frisch genug? Peter kann es auch noch mehr für dich temperieren, wenn du willst.“, fragte Sirius gespielt besorgt nach, den schadenfrohen Klang in seiner Stimme konnte man gar nicht überhören.

James fing an zu lachen und auch das Gelächter der anderen Jungs donnerte von den Fliesen wieder.

Wieder ein ziemlich normaler Morgen in ihrem Schlafsaal!

Schließlich stieg James schnellstens aus dem eiskalten Wasser, zog sich am ganzen Körper zitternd den nassen Schlafanzug aus und wickelte sich in ein warmes Handtuch ein, das Peter ihm reichte.

„E-Etwas Gutes hat die ga-ganze Sache d-doch.“, bibberte James immer noch leicht.

Erstaunt hob Remus die Augenbrauen:

„Was? Dass du unter Garantie jetzt wach bist?“

„Nö. I-Ich brauch nicht me-mehr zu d-duschen!“
 

„GUTEN MORGEN ALLE MITEINANDER! ZEIT ZUM AUFSTEHEN! EIN WUNDERSCHÖNER NEUER TAG IST WIEDER DA!“, stieß Belli voller Begeisterung ihren allmorgendlichen Weckruf aus.

Lily blinzelte auf ihre silberne Armbanduhr, die sie selbst zum Schlafengehen nicht abnahm.

Es war halb sieben am Morgen.

Normalerweise ließ Belli sie am Wochenende ja immer ausschlafen (zumindest für ihre Verhältnisse, was Viertel nach sieben Aufstehenszeit hieß). Wenn Belli allerdings besonders gute Laune hatte, sowie jetzt gerade, dann hüpfte sie umher wie ein Flummiball auf Ecstasy, strahlte mit der Sonne um die Wette und konnte dementsprechend nicht länger als drei Sekunden still sitzen. Noch ein weiterer Grund für Lily, Thomas Curly nicht zu mögen, der Ursache für ihr hibbeliges Problem.

Lily seufzte und zählte schon mal von fünf abwärts, bis die Reaktion auf Bellis Weckruf kam, konnte es nicht mehr lange dauern.

„Fünf …“, Lily erhob sich aus ihrem Bett.

„Vier …“, sie reckte sich ein wenig, um die letzten Gefühle von Müdigkeit aus ihren Knochen zu vertreiben.

„Drei …“, Lily ging auf Belli zu, die ein überschwängliches Grinsen im Gesicht hatte.

„Zwei …“, Caite gesellte sich leise stöhnend an Lilys Seite und beide machten sich auf das Kommende bereit.

„Eins …“

… nichts geschah.

Irritiert schauten die drei Mädchen sich an, bis drei zerwuselte Geschöpfe an ihnen vorbeisausten und sich wie üblich im Bad verschanzten. Ein unfreundliches „Aus dem Weg!“, war alles, was heute von Grace Hopkins Morgenmuffeligkeit sichtbar wurde. Belli wirkte leicht enttäuscht, Caite starrte vollkommen ungläubig die Tür an und schüttelte ihren Kopf und Lily war einfach nur baff. Gerade heute hatte sie mit einem besonders heftigen Ausbruch von Grace Hopkins ausgewachsener Tobsucht gerechnet. An fast jedem Tag der Woche mussten Caite und sie das Rettungskommando „Spanierin in Strangulationsgefahr“ einleiten, obwohl die drei Grazien früher oder später sowieso aufstehen müssten. Da schien es Lily doch sehr verdächtig, dass sich Grace an einem Sonntagmorgen um halb sieben, so menschlich benahm, war das für sie ja fast schon ein freundliches „Guten Morgen!“.

„So macht das ja gar keinen Spaß!“, schmollte Belli, schob die Unterlippe vor und ließ sich auf ihr Bett plumpsen.

Lily stemmte die Hände in die Hüften und baute sich in ihrem zart rosé Nachthemd, mit den weißen kleinen Blümchen, vor ihr auf:

„Hör mal, Belli!“, ihr rechter Zeigefinger wackelte hin und her.

„Irgendwann sind Caite und ich vielleicht nicht mal da, um dich zu retten und was dann passiert möchte ich mir gar nicht ausmalen!“

Belli verschränkte unbeeindruckt die Arme hinter dem Kopf.

„Ist doch nur ein kleiner Spaß am Morgen, Lily!“

„Du solltest besser auf Lily hören, Belli“, wurde sie von Caite unterstützt, die ihren besorgten mütterlichen Ausdruck im Gesicht hatte, „du bringst dich mit so was noch in ernste Schwierigkeiten!“

Aber Belli lachte nur, so war sie nun mal. Wenn es irgendwo im Umkreis von fünfzehn Kilometern eine potentielle Schwierigkeit gab, die Spanierin war genau dort zu finden. Nicht dass sie die Probleme gesucht hätte, aber Belli war einfach oft blauäugig genug mitten in jede noch so ungünstige Situation reinzulaufen, ohne auch nur die geringste Notiz davon zu nehmen.

„Ach menno, ich hab keinen Bock zu warten! Warten ist blöd.“, jammerte Belli und drehte sich auf den Bauch.

„Es schadet dir eigentlich nicht, dich mal in Geduld zu üben!“, bemerkte Caite spitz, woraufhin Belli ihr die Zunge rausstreckte.

„Na ja, aber dann kann ich Lily wenigstens noch erzählen, was sie gestern alles verpasst hat!“, wie immer schlug Bellis Miene schneller um als der Sekundezeiger einer Uhr und sie strahlte wieder, als sie lang und breit von ihrem Tomás berichtete.

Während Caite an einem höflichen Brief nach Zuhause schrieb, nickte Lily hin und wieder, machte hier und da mal ein „Hm“ oder „Da hast du völlig Recht.“ und Belli war zufrieden (dass sie es war, merkte man daran, dass sie noch aufgeregter anfing noch schneller zu reden und Belli war Spanierin, was bedeutete, dass sie nicht nur ohne Punkt und Komma, sondern auch ohne Pausen zwischen den Wörtern redete, dass sich ihre Sätze für den normalen Menschen schließlich nur noch wie ein einziges langes Wort anhörten). Lily wollte eigentlich ein Buch weiterlesen, ihre Höflichkeit gebot ihr aber, wenigstens Interesse an Thomas Curly zu heucheln, auch wenn sie bezweifelte, dass Belli etwas davon mitbekommen würde, sollte sie zwischendurch eine Lektüre zur Hand nehmen.

Also drifteten Lilys Gedanken ab, hin zu gestern Abend, hin zu dem Treffen, hin zu einem blonden Jungen. All ihr Grübeln gestern hatte ihr nichts mehr gebracht, Lily wurde nicht schlau aus ihm. Es schien als habe er zwei Seiten, irgendwie war er rätselhaft …

Eine Tatsache, die Lily umso neugieriger machte, sie mochte ungelöste Geheimnisse nicht, wollte immer auf alles eine klare Antwort haben.

Warum war er ihr eigentlich nie zuvor aufgefallen?

„Weil er nicht wie Potter und Black ist, die nach ständiger Aufmerksamkeit geradezu lechzen!“, antwortete Lily die Stimme in ihrem Kopf.

Ob sie ihn beim Frühstück sehen würde?

Bestimmt.

Warum dachte sie bloß so viel über ihn nach?

Die Stimme in Lilys Kopf schwieg.

Ein ohrenbetäubender Lärm ließ Lily urplötzlich in ihren Überlegungen zusammenzucken. Von dem dunkelbraunen Nachtschränkchen eines Betts schrillte ihnen fröhlich ein alter Wecker entgegen, der nicht nur einen trommelfellzerplatzenden Lärm verursachte, sondern auch sein hölzernes Zuhause gleich mitvibrieren ließ, dass man hätte meinen können, das kleine Möbelstück hätte ein tanzendes Eigenleben entwickelt.

Langsam tauchte aus einem Gewirr von Lacken eine blasse Hand auf, die erst nach dem Schränkchen suchte und dann nach dem Wecker tastete.

Einen gepfefferten Schlag später fiel der alte Klingler zu Boden und ging aus, war aber offensichtlich heile geblieben, denn das mechanische Gerät tickte entschlossen weiter vor sich hin.

Nach einer kurzen Weile tauchte schließlich auch der Rest des Mädchens auf. Mel gähnte verschlafen, streckte mehr schlecht als recht die Arme in die Luft und schaute benommen zu den drei Mädchen, die sie so unverhohlen anstarrten. Es dauerte Sekunden, bis die träge Mel schließlich doch ihre blauen Augen aufriss, ein Zeichen dafür, dass sie ihre Zuschauer endlich registriert hatte.

„Mor-“, begann Belli wie immer fröhlich, änderte ihre Meinung aber anscheinend zwischendrin, „-gen.“, endete ihr Gruß weitaus weniger enthusiastisch als gewöhnlich.

Vom Bett kam keine Erwiderung.

Wie zu erwarten.

Mel schlug, sie drei ignorierend, ihr dunkelrotes Bettdeckenknäuel zurück, stand ohne ein Zeichen von sichtbarer Müdigkeit auf und kramte ihre Kulturtasche hervor. Erst als sie sich offensichtlich auf den Weg ins Bad machte, erwachte Lily wieder aus ihrer Starre, aus der sie sie die ganze Zeit beobachtet hatte.

„Du brauchst dir keine Mühe zu geben.“, rief sie ihr zu.

Mel blieb stehen, drehte sich allerdings nicht zu ihr um.

„Grace, Megan und Holly sind bereits im Bad und so wie es aussieht wird es noch eine ganze Weile dauern bis sie wieder herauskommen.“, informierte Lily sie weiter.

Geduldig wartete die Rothaarige auf irgendeine Reaktion von der Blonden, sie wusste das Caite ihr missbilligende Blicke zuwarf. Nach ihrer Meinung hätte es Mel sicher verdient von Grace angeschrien zu werden, genauso wie sie es überhaupt nur verdient hatte, komplett ignoriert zu werden. Doch Lily war anderer Meinung, besser gesagt ein Teil von Lily, wollte freundlich zu ihr sein, der andere stellte sich stets auf Caites Seite.

Immer noch verharrte Mel in derselben Haltung vor der Badezimmertür, Lily wüsste nur zu gern was sich unter den blonden Locken abspielte.
 

Mel warf den drei auf ihren Betten verteilten Mädchen einen kurzen heimlichen Blick zu.

So ein verdammter Mist!

Wenn das stimmte, musste sie ihre Zeit hier oben mit ihnen verbringen oder sich im Schlafgewand runter begeben und da ausharren, bis die drei Tussis sich dazu herablassen würden, das Bad wieder für die Allgemeinheit freizugeben.

Ein Aufenthalt im Gemeinschaftsraum kam jedoch keinesfalls in Frage, Mel konnte sich Blacks dämliche Visage ja geradezu bildlich vorstellen, wenn er sie im Schlafanzug erwischen würde.

„Ob meine Faust ihn wohl von diesem blöden Grinsen befreien könnte?“

Darauf wollte es Mel nicht ankommen lassen, schien sein schrecklich hochmütiger Gesichtsausdruck entweder angeboren oder zumindest bis in alle Ewigkeit eingebrannt zu sein. Selbst St. Mungo’s bester Heiler würde daran wahrscheinlich verzweifeln!

Blieb noch die Möglichkeit hier zu verweilen und zu warten …

Nein, ganz schlechter Gedanke!

Das würde Mel gewiss nicht aushalten, sich länger in dieser Gesellschaft aufzuhalten als nötig.

Da blieb ihr also nur eins übrig.

Mel hämmerte kräftig gegen die Tür.

„Verzieht euch gefälligst, wir waren zuerst hier drin!“, kam es als freundliche Reaktion von drinnen.

Mel atmete tief durch und hämmerte weiter, die Rufe zwischendurch ignorierend.

Hinter sich konnte sie hören, wie überrascht Luft eingesogen wurde.

„Was fällt euch ein!“, wurde die Tür schließlich doch unsanft aufgerissen.

„Habt ihr was …“, Grace Hopkins hielt jäh inne, als sie sah, dass es nicht wie von ihr wohl vermutet, sich um die anderen drei, sondern um Mel handelte.

„Was willst du, Roberts?“, fragte Hopkins so arrogant wie sie nur konnte.

„Ins Bad und zwar schnell!“, zischte Mel zurück.

„Tut mir Leid!“, doch es klang nicht im Entferntesten danach.

„Üb dich lieber mal in Geduld, wer als letztes aufsteht …“ und Hopkins wollte die Tür schon wieder zuknallen, aber Mel stellte ihren Fuß dazwischen und riss die Tür einfach wieder auf.

„Dürfte ich mal!“, sagte sie zu der verblüfften Jones, die das Mascarabürstchen halb in der Luft hielt und schob sich an ihr vorbei, als Hopkins, immer noch verdattert darüber, dass es jemand tatsächlich gewagt hatte ihre Badautorität in Frage zu stellen, in der Tür stand.

„Was glaubst du eigentlich, wer du bist?!“, keifte Hopkins sie mit einiger Zeitverzögerung schließlich doch noch an.

„Jemand, der weitaus weniger Zeit als du im Bad benötigst, Hopkins!“, antwortete Mel, ohne sie zu beachten.

Hopkins lächelte süffisant:

„Tja, das ist auch nicht zu übersehen.“

„Eindeutig.“, fügte McCaufield kichernd hinzu.

Mels Miene blieb ausdruckslos, von so was war sie nur müde beeindruckt. Sie hatte es schon viel zu oft dafür gehört.

Ganz in Ruhe, als wenn sie allein im Bad wäre und nicht von drei halbgeschminkten Tussis mit ihren Blicken gleichermaßen massakriert würde, band sich Mel die widerspenstigen Haare zusammen. Als sie zu guter letzt fertig war, schnappte sie sich ihre Sachen und schritt gemächlich hinaus, nicht jedoch, ohne der Versuchung widerstehen zu können, sich im Türrahmen noch mal umzudrehen.

„Weißt du, Hopkins, wenigstens benehme ich mich nicht jeden Morgen wie ein aufgescheuchter Affe und male mich so knallbunt an, dass ich jedem Zirkusclown Konkurrenz machen könnte. Aber das musst du ja, wieso sollten dir Potter und Black schließlich sonst mal ins Gesicht und nicht auf den Arsch schauen.“

Allen drei klappte gleichzeitig der Kiefer runter und zwar soweit, dass Mel sich ernsthaft wunderte, dass sie nicht auf den Boden krachten.

„Ach ja, vergesst nachher nicht das Höschen unterm Minirock wegzulassen, denn ansonsten, fürchte ich, würdet ihr unseren beiden Schnuckelchen bei der breiten Masse an weiblichen Angebot auf euren Besen gar nicht auffallen.“

Auch wenn Mel einen Moment später klar wurde, dass sie sich diesen Kommentar vielleicht doch hätte sparen sollen, sie hätte ihn trotzdem nicht mehr zurückgenommen, selbst wenn sie gekonnt hätte. Das Gefühl des Triumphes war einfach zu genüsslich beim Anblick von Grace Hopkins blutleerem kalkweißen Gesicht, der Mund immer noch weit aufgeklappt.

In Ruhe schritt Mel weiter zu ihrem Schrank, um ihre Sachen wieder zu verstauen.

„Du hässlicher Freak!“, hörte sie es einige Augenblicke später zornig hinter sich aufschreien.

Grace Hopkins kam so wutschnaubend auf sie zugestampft, dass es alle bisherigen Mordversuche gegenüber Cruz wie liebevoll gemeinte Knuddelattacken aussahen ließ. Die Hogwartsdiva wurde eben schnell handgreiflich, wenn sie wütend war. In der dritten Klasse hatte sie mal einer Erstklässlerin, die sich über ihr silbernes Glitzerhandtäschchen lustig gemacht hatte, in Rage einen Großteil ihrer Haare rausgerissen. Zum Glück konnte Madame Pomfrey so etwas sekundenschnell nachwachsen lassen, aber das Mädchen trug seitdem einen Kurzhaarschnitt, dass sie aussah wie ein Junge und näherte sich Hopkins nur noch auf zehn Meter Entfernung, bevor sie jedes Mal panikartig davonrannte.

Mel hatte für Hopkins Mätzchen jedoch keine Zeit.
 

Grace stoppte augenblicklich als Mel ihr das dünne weiße Stück Holz unter die Nase hielt.

Lily hielt für einen Moment die Luft an. Das würde Mel doch nicht wirklich tun!

„Ich an deiner Stelle würde jetzt weder etwas tun, noch sagen.“, erklärte Mel jedoch ohne mit der Wimper zu zucken.

Lily konnte es nicht fassen. Mel hatte schon viel gesagt und getan, aber so was … nein so was hätte sie nicht von ihr gedacht.

„Das traust du dich doch gar nicht.“, versuchte Grace eindeutig mutig zu klingen, aber das Zittern in ihrer Stimme war nur allzu deutlich hörbar.

„Ich würde es lieber nicht drauf ankommen lassen.“, erwiderte Mel kalt und als Lily sah wie sie die Spitze ihres Zauberstabs gegen Graces Hals drückte, entschloss sich Lily einzugreifen.

„ROBERTS! Jetzt reicht es aber.“, hastig heftete Lily ihre Vertrauensschülerplakette ans Nachthemd und hob den Zeigefinger.

„Hör auf Grace zu bedrohen oder …“

„… oder was Evans?“, Mel zog eine Augenbraue hoch, ohne ihren kalten Blick von der immer ängstlicher werdenden Grace zu nehmen.

„Willst du mir vielleicht Punkte abziehen?“, aus ihrem Mund klang es wie blanker Hohn.

„Ich hab mich nur gegen sie verteidigt.“

„Verteidigt?! Verteidigt! Du drückst Grace deinen Zauberstab an die Kehle und sagst du verteidigst dich nur?!“, schrie Holly hysterisch.

„Du bist ja wohl wahnsinnig, Roberts!“, ließ sich nun auch Megan anstecken.

„Sie haben Recht, Roberts.“, versuchte Lily die Lage wieder zu entspannen, während sie ihrer Stimme den gleichen ruhig-autoritären Klang zu geben versuchte, in dem Professor Dumbledore immer sprach.

„Und dabei …“

„… hat sie dir nichts getan?“

Irrte sich Lily oder schwang da neben Wut ein Hauch von Verletztheit wieder?

„Hm … wie war das noch mal? Hässlicher Freak?“, Mels Augen wanderten von Holly, über Megan, wieder zu Grace zurück.

„Und hast du nicht versucht mich anzugreifen?“, Mels kalte blaue Augen schienen Grace zu durchbohren.

Die Hogwartsdiva wirkte so klein und verängstigt, wie Lily nicht mal gedacht hätte, dass Grace zu so einem Verhalten in der Lage wäre.

„Ich kann es ganz und gar nicht leiden, wenn mich jemand einfach so angreift!“, Mels Stimme macht nun selbst auf Lily einen bedrohlichen Eindruck, doch zwang sich die Rothaarige den Mund erneut zu öffnen.

„Trotzdem hast du …“

„Ach, halt den Mund, Evans!“, schnitt Mel ihr barsch das Wort ab, die Augen immer noch auf Grace fixiert, der Zauberstab unbewegt.

„Du immer und dein dämliches Vertrauensschülergehabe, ist ja nicht zum Aushalten!“

„Hey, sei gefälligst nicht so gemein zu Lily!“, rief Belli und richtete sich mit der Gesamtheit ihrer 1, 59m Körperhöhe auf.

Mel sah sie Augen verdrehend an:

„O tut mir leid, Quasselstrippe, aber sie geht mir halt auf die Nerven, genau wie du auch!“

„Hör auf, sie haben dir nichts getan!“, Caites dunkle Stimme mischte sich nun auch ein und mit ihrer imposante Größe von 1, 78m fand Lily, wirkte sie doch etwas beeindruckender als die kleine, aber tapfere Spanierin.

„Also sei nicht zu fies zu ihnen, vielleicht würde dich dann mal auch jemand mögen!“, herrschte Caite sie an.

Mels Gesichtsausdruck blieb unverändert kühl, doch nahm sie endlich ihren Zauberstab von Grace.

„Fragt sich nur, ob ich das will?“

Sie drehte sich um, schlüpfte in Windeseile in einen weiten Pullover und eine bequeme Trainingshose und griff anschließend nach ihrer Lerntasche.

„Normalerweise platzt mir ja nämlich schon der Kopf, wenn ich euch morgens und abends hier drin ertragen muss.“, fügte sie noch arrogant zu ihrer letzten Aussage hinzu.

„Dann zieh doch aus, hier drin will dich nämlich auch keiner haben!“, keifte Megan, die ihren Arm beschützend um Grace gelegt hatte.

„Tja, geht leider nicht!“, erklärte Mel und das Bedauern in ihrer Stimme klang ehrlich.

„Also eine Weile müsst ihr mich oder besser gesagt ich euch noch ertragen. Zu Schade!“

„Du bist ja vollkommen krank!“, starrte Holly sie entsetzt an.

Mel zuckte mit den Schultern:

„Dann solltet ihr euch wohl besser von mir fern halten.“, kam es ausdruckslos zurück, bevor Mel durch die Tür spazierte und aus dem Schlafsaal entschwand.

BUMMS!

Der Schlag der Badezimmertür holte Lily wieder in die Realität zurück. Dass Grace, Holly und Megan jetzt jedoch noch mehr Zeit brauchen würden, war Lily im Moment ziemlich gleichgültig.

Sie setzte sich auf ihr Bett und starrte den zerwühlten Schlafplatz neben sich an.

Lily wünschte, dass das was gerade geschehen war, ein einmaliges Ereignis gewesen wäre, aber das war es leider eben nicht. Dinge wie diese passierten öfter und waren nicht bloß ein gelegentlicher Zickenkrieg, als Reaktion auf so viele weibliche Geschöpfe in einem Raum. Im Laufe der Jahre waren nicht nur Graces Launen immer schlimmer geworden … es war vor allem auch Mel, deren starke Gefühllosigkeit gegenüber anderen immer mehr zu einem Problem für alle wurde.

Auf einmal spürte Lily, wie sich das Bett noch mehr durchbog, Belli kniete rechts neben ihr auf der Matratze, Caite hatte sich an ihre linke Seite gesellt und nahm sie fürsorglich in den Arm.

„Hey, Lily, mach dir doch darum nicht wieder Gedanken. Sie ist nun mal wie sie ist, daran kannst du jetzt auch nichts mehr ändern.“

„Weißt du, Lily, meine Nana sagt immer: El que vive des esperanzas …

… muere de desesperación.“, beendete Lily Bellis Lieblingssprichwort ihrer Oma.

Wer von Hoffnung lebt, stirbt an Verzweiflung.

„Ich weiß, Belli. Du hast ja Recht.“, flüsterte Lily, doch etwas in ihr weigerte sich jedes Mal vehement Belli zu zustimmen.

Lily straffte ihre Schultern wieder und stand auf, als ihr Blick auf den sandfarbenen Wecker am Boden fiel. Gedankenverloren hob Lily ihn auf und betrachtete das goldenfarbene Messingblatt. Sie kannte das alte mechanische Gerät gut, Lily erinnerte sich noch, wie er mal woanders gestanden hatte …
 

Ein Mädchen von zarten elf Jahren hüpfte ungewohnt ausgelassen und freudig erregt den dunkelgrauen Gang des Krankenhauses entlang. Aus den vielen Radios von offnen Zimmertüren klang ein Wirrwarr verschiedenster Weihnachtslieder an ihr Ohr. Zwei kleine Christbäume erstickten im Aufenthaltsraum fast an der Last an Lametta und glitzernder bunter Kugeln, die sie zu tragen hatten.

Ihre grünen Augen hatte sie suchend auf die Zahlen neben den Zimmern gerichtet:

69, 71, 73 … 75!

„Mum, Dad, Tuny hier ist es!“, rief Lily begeistert ihren Eltern und ihrer Schwester zu, die sie schon ein gutes Stück zurückgelassen hatte.

Schnell drückte Lily die Klinke runter, der leichte Wind der Tür ließ ihr rotes Haar ein wenig flattern. Ein stickiger Geruch nach Medikamenten, menschlichen Ausdünstungen und Kunststoffboden schlug Lily entgegen. Daran störte sie sich allerdings wenig, flugs wanderten ihre Augen weiter zu den drei Betten und ganz hinten im letzten, erblickte Lily schließlich das, was sie suchte.

Besser die sie suchte.

„Oma!“, jubelte Lily und lief mit einem strahlenden Lächeln auf die Frau im weißen Nachthemd mit den blauen Nadelstreifen zu. Lily ließ sich auf ihr Bett fallen und fiel der alten Frau sogleich um den Hals.

„Lilyschätzchen! Wie schön, dass ihr mich besuchen kommt.“, die Stimme ihre Oma klang brüchig und schwach, dennoch war sie warm wie immer.

Als ihre Eltern und Petunia hinzu kamen, sah man der alten Frau noch mehr die Freude über ihren unerwarteten Besuch an.

Den ganzen Nachmittag lang wurde geredet, gelacht und Weihnachtslieder gesungen, selbst Petunia ließ sich von ihrem Vater anstecken und krächzte ein wenig rot um die Nase „Rudolph the Red-Nosed Reindeer“ mit.

Als es jedoch immer finsterer draußen wurde, wusste Lily, dass es bald nach Hause gehen würde. Dabei wollte sie noch gar nicht, sie wollte sich noch nicht von ihrer geliebten Oma wieder trennen.

„Bitte, kann ich nicht hier bleiben.“, quengelte Lily rum und schaute ihren Vater mit großen Augen an.

„Ach Lilyschatz, du weißt, dass das nicht geht.“

Lily sah weiter zu ihrer Mutter.

„Spätestens morgen sind wir doch schon wieder hier, Spätzchen!“

„Aber ich will hier bei Oma bleiben, bitte!“, jammerte Lily wie ein kleines Kind.

Petunia schnalzte mit der Zunge, woraufhin ihr Vater ihr einen scharfen Blick zuwarf.

„Lilyschätzchen, komm noch einmal her!“, rief da ihre Oma und richtete sich etwas mühsam auf in ihrem Bett.

„Sei so lieb und gib mir doch bitte die Uhr, die dort oben auf dem Regal steht.“

Lily tat brav wie ihr geheißen und gab ihrer Großmutter den alten sandfarbenen Wecker, der sonst immer bei ihr über den Kamin stand. Lily hatte sich schon immer gewundert, warum ihre Oma dieses alte Ding überhaupt noch hatte, geschweige denn, warum sie ihn sogar mit ins Krankenhaus nahm.

„Als du mir geschrieben hast, dass deine Freundin … wie hieß sie noch gleich?“

„Melody Roberts. Aber sie will nur Mel genannt werden.“, informierte Lily die alte Frau.

In der letzten Zeit war ihre Oma, nicht mehr so auf Zack wie früher, wo sie nie auch nur die kleinste Kleinigkeit vergessen hatte.

„Richtig, verzeih einer alten Frau ihr schlechtes Gedächtnis. Jedenfalls als du mir geschrieben hast, dass sie nicht so gut aus den Federn kommt wie du“, Lily schnaubte, das war noch bei Weitem eine Untertreibung, ohne Wasser ging bei Mel morgens gar nichts, „musste ich sofort an jemand anderes denken, der damit auch immer Probleme hatte.“

„Wen?“, wollte Lily sofort wissen.

„Deine …“, ihre Oma stockte kurz und sah Lilys Vater an, der seinen Blick abwandte.

„… Tante Diana.“

„Tante Di? Dad’s Schwester?“

Lily fragte nach, weil sie die jüngere Schwester ihres Vaters nie kennengelernt hatte. Diana Evans war vor Jahren bei einem Unfall gestorben.

„Ja, Diana kam nie aus dem Federn!“

Ihre Oma lächelte sanft:

„Ich weiß noch, was für ein Kampf es immer war, sie zum Aufstehen zu überreden und wir brauchten schon Stunden nur um sie immer wach zu kriegen.“

„Und der Wecker?“

„Nun das war die Idee deines Großvaters! Von ihm hatte Diana nämlich dieses „Problem“, er selbst hatte darunter in jungen Jahren gelitten, bis er eines Tages dieses Ding auf einem Flohmarkt gekauft hatte.“

Ihre Oma begann herzlich zu lachen:

„Danach kam er nie wieder zu spät zur Arbeit!“

Lily betrachtete die alte Uhr vor sich mit ungläubigen Augen. Sie war überzeugt, dass Mel nichts außer einer Wasserdusche wach kriegen konnte.

„Glaub mir Schatz, es wird funktionieren.“, ihre Oma zwinkerte ihr verschwörerisch zu.

Lily beschloss der alten Dame erst mal zu glauben, bisher hatte ihre Oma noch bei jedem von Lilys Problemen Recht behalten. Sie umarmte die Frau mit der weißen Dauerwelle und drückte ihr noch einen Schmatzer auf die Wange.

„Sag deiner Freundin liebe Grüße von mir und dass sie nicht die erste Schlafmütze ist, die unter diesem Ding zu leiden hat.“

„Mach ich, danke Omi!“, rief Lily und folgte ihren Eltern winkend aus dem Raum.
 

Noch in derselben Nacht war ihre Oma verstorben. Erst nach ihrem Tod erfuhr Lily von ihren Eltern die Wahrheit, dass ihre Großmutter Krebs gehabt hatte und die Ärzte sie informiert hätten, dass die alte Frau nicht mehr lange zu leben hätte.

Damals war Lily am Boden zerstört gewesen, lange hatte sie den Tod von ihr nicht akzeptieren wollen, doch als sie wieder in Hogwarts gewesen war, hatten ihre Freunde ihr ihre Lebensfreude zurückgegeben.

Heute erinnerte sich Lily wieder gern an die Zeit mit ihrer Oma zurück.

Leise seufzend stellte sie den Wecker an seinen Platz auf dem Nachtschränkchen zurück, immerhin hatte er das Versprechen seiner Oma gehalten.
 

Knurrend ließ sich Sirius an den Frühstückstisch fallen, sodass zwei Erstklässlerjungen ihm bei seinem Anblick sofort verängstigt Platz machten.

Sirius’ momentane Laune konnte man ungefähr mit der Fröhlichkeit vergleichen, die vermutlich in der Hölle herrschen musste.

Peter rutschte ein paar Meter von ihm weg, woraufhin Sirius ihn bösartig musterte. Er wusste eigentlich nicht warum, aber heute Morgen ging ihm alles und jeder auf die Nerven und dass lag nicht nur an der unmenschlich frühen Tageszeit zu der er am Sonntagmorgen (Sonntag!) geweckt worden war.

„Ach komm schon, Sirius, gleich Quidditch! Also, guck nicht so!“, lachte ihm der schwarzhaarige Junge, der ihm gegenüber saß, ins Gesicht.

Wäre er nicht sein bester Freund, so wäre James Potter jetzt tot.

Schon der Blick den Sirius ihm nämlich zuwarf, war äußerst tödlich, ganz zu schweigen vom Jucken in seinen Händen, dass er jetzt unterdrücken musste.

„Hey! Du schmollst doch jetzt hoffentlich nicht bloß wegen Roberts den ganzen Tag rum, oder?“, James legte den Kopf schräg.

Allein beim Klang dieses Namens verengten sich Sirius’ Augen sofort.

„Fünf Mal! Das war jetzt bereits das fünfte Mal!“, brüllte Sirius nun seine schlechte Laune heraus, dass die Erstklässler freiwillig auf ihr Frühstück verzichteten und die Flucht antraten.

„Wann wird man diese Plage endlich los?! Ich glaube langsam die Slytherins haben mich echt verhext!“
 

Sirius ging nichts ahnend die Treppe runter, wollte sich schon zu James auf dem Sofa gesellen, als …

(Richtig geraten.)

RUMMS!

(Mal wieder.)

Sirius schaute gar nicht mehr hin, er wusste es auch so, wer gerade die nächste große Beule auf seiner Stirn verursacht hatte. Dieselbe Person, die auch schon für ihre Brüdern und Schwestern verantwortlich war.

„Verdammt, Roberts! Lauf ich etwa mit ’nem großen Schild für dich rum, wo „Remple mich an!“ drauf steht?“, wäre er ein Hund gewesen, Sirius hätte bei ihrem erneuten Anblick wohl mit den Zähnen gefletscht.

Die zischende Erwiderung ließ nicht lange auf sich warten:

„Black, ich hab extrem schlechte Laune, deswegen würde ich dir empfehlen einfach die Klappe zu halten. Ansonsten könnte es sein, dass dir dein liebstes Körperteil gleich fehlen wird! Du weißt schon, das Ding, dass du gestern diesem kleinen naiven Geschöpf noch gezeigt hast.“

„Wegen dir ist es ja gar nicht so weit gekommen! Du Trampel hast alles kaputt gemacht!“, ließ er sie nun seine Wut über das misslungene Date von gestern spüren.

„O wie schön!“, der Hohn in ihrer Stimme war unverkennbar.

„Dann darf ich mich ab jetzt wohl „Jungfrauenerretterin“ nennen!“

Nun platzte Sirius endgültig der Kragen. Was fiel diesem Miststück ein, so mit ihm umzuspringen?!

„Wo ist eigentlich dein Scheiß-Problem?!!!“

„Geh mal hoch und schau in den Spiegel, dann weißt du wo mein Scheiß-Problem ist!“, beim vorletzten Wort sah Roberts ihn besonders eindringlich an.

Sirius schaute einen Moment irritiert zu ihr. Er hoffte inständig nicht, dass es das zu bedeuten hatte, was er dachte.

„Ach, bist du jetzt etwa doch in mich verliebt? O bitte nicht!“, stöhnte er.

„Großkotzig wie immer, Black!“, sie trat näher an ihn heran und reckte ihren Kopf, um ihn mit einem gefährlichen Blitzen in den Augen besser ins Gesicht schauen zu können.

„Eins sage ich dir, Adonis!“, sie tippte mit ihrem Finger kurz gegen seine Brust.

Ein Schaudern jagte Sirius über den Rücken, er zwang sich aber nicht zurückzuweichen.

„Ich hab schon Kerle gesehen, mit denen könntest du es nie aufnehmen und du bist auch nicht das Zentrum des Universums für jedes Wesen mit Östrogenen. Vielleicht solltest du diese neue Information mal versuchen in dein Spatzenhirn reinzukriegen, auch wenn’s schwer ist, da überhaupt nur irgendwas rein zu bekommen. Aber dein quidditchgeiler Freund kann dir ja sicher helfen“, sie nickte zu James auf dem Sofa, „ihm würde eine Portion dieses Wissens nämlich auch nicht schaden.“

James, der sie beide die ganze Zeit lachend von seiner Position aus beobachtet hatte, schwand nun das Grinsen buchstäblich aus dem Gesicht und er erhob sich auf der Stelle:

„Na warte, das bekommst du noch zurück, Roberts! Man legt sich nicht einfach so mit einem Rumtreiber an.“

„O wie schrecklich!“, sie drehte sich zu James um, die Hände dramatisch an die Wangen gelegt.

„Heißt das morgen, wenn ich die große Halle betrete, kippt mir plötzlich ein Eimer Wasser über den Kopf, Potter? Nein, diese Demütigung könnte ich gewiss nie verkraften!“

James’ finsterer Blick, wurde nur von Sirius’ wütendem Schnaufen besiegt, mit dem er der Blonden hinterher schaute.
 

„Dieser verdammte Freak braucht mal eine Abreibung und zwar gehörig!“, Sirius haute wütend mit der Faust auf den Tisch, dass das Besteck und die Gläser nur so zitterten.

„Sirius, ich mag sie ja auch nicht, das tut keiner, aber findest du nicht, du übertreibst etwas?“, fragte Remus vorsichtig nach.

„Übertreiben? Nein, ich untertreibe höchstens Remus!“, Sirius steigerte sich von Minute zu Minute mehr in seinen Hass hinein.

„Die braucht mehr als eine Abreibung! Da muss ein Rumtreiberspezial her!“

„Schon eine Idee?“, erkundigte sich James sofort, ein fieses Grinsen im Gesicht.

„Noch nicht …“, Sirius erwiderte seinen Blick, „… aber mir fällt schon noch was ein. Wir müssen sie nur in ihrem wundesten Punkt treffen.“, er kratzte sich am Kinn.

„Hat die überhaupt einen?“, warf Peter verblüfft in die Runde.

„Vermutlich nicht, Gefühle hat sie schließlich keine.“, schnaubte Sirius.

Remus hob seine Hände vom Tisch und zog sie näher an seinen Körper:

„Leute, ich bin Vertrauensschüler! Ihr wisst, dass ich euch solche Sachen eigentlich nicht durchgehen lassen kann.“

„Aber du bist auch ein Rumtreiber!“, rief James erbost.

„Ja, schon“, Remus schaute leicht verlegen zu Boden, „aber ich finde ihr übertreibt! So schlimm …“

„Remus!!!“, ertönte es einstimmig im Dreier-Chor.

„Ich bleibe bei meiner Meinung“, Remus legte seine Hände wieder zurück auf den Tisch, „aber ihr wisst, dass ich euch nie verraten würde! Wenn es etwas Schlimmeres ist, weiß Gonni allerdings sowieso, dass wir es waren.“

Sirius winkte ab:

„Dieser Plagegeist soll auch ruhig wissen, wem sie das zu verdanken hat.“

„Ich bin trotzdem nicht dafür.“, versuchte Remus Standhaftigkeit zu zeigen.

„Du hast noch Zeit deine Meinung zu ändern und dich für die richtige Sache zu entscheiden.“, James sah seinen braunhaarigen Freund eindringlich an.

„Wenn wir sie wirklich treffen wollen, dauert das von der Planung her sowieso länger.“

„Und das müssen wir!“, Sirius haute erneut mit der Faust auf den Tisch.

„Ansonsten wird sie nämlich nur müde über uns lächeln und wir können unsern guten Ruf vergessen.“
 

„Und was machen wir heute so?“, brachte ausnahmsweise Caite nach einer langen Zeit des Schweigens das Gespräch wieder in Gang.

Lily hatte gar nicht gemerkt, dass Belli aufgehört hatte zu reden, sie war zu beschäftigt gewesen, eine Person am Ravenclawtisch zu beobachten.

„Also, ich treffe mich gleich mit Thooomaaas.“, Belli zog seinen Namen mit einem übertriebenen Seufzer in die Länge.

Lily war bloß froh, dass der Hufflepuff anscheinend Langschläfer war, so früh am Morgen würde sie vor Begeisterung über Thooomaaas Anwesenheit wahrscheinlich ihr Frühstück wieder ausspucken.

„Und José wird auch da sein.“

Belli begann zu kichern:

„Ich glaub er steht auf dich, Caite.“

José Campillo Hernandez war Bellis Cousin, mütterlicherseits. Den wievielten Grad wusste Lily aber nicht, Belli hatte ihnen einmal versucht all ihre Familienmitglieder aufzuzählen und die Verwandtschaftsverhältnisse zu klären, dass war in der ersten Klasse gewesen. Es reicht wohl zu sagen, dass sie es danach nie wieder probiert hat.

„Ich aber nicht auf ihn! Sag ihm das.“

Lily kannte diesen Blick von Caite bereits zur Genüge. Es war ein Gesichtsausdruck, der sie irgendwie unnahbar machte und mit dem sie bis jetzt allen Jungs einen Korb gegeben hatte. Da würde auch Bellis Cousin José keine Ausnahme machen.

„Du und die Männer.“, Belli verdrehte die Augen.

„Wie willst du je einen Freund kriegen, wenn du alle immer sofort gleich abschießt, bevor du sie überhaupt kennst?“

Wie ein arrogantes Supermodel hob Caite die Nase:

„Tss, die sind doch alle gleich!“

„Na ja“, Belli hatte sich wohl dazu entschlossen, das ewige Streitthema zwischen den beiden wieder fallen zu lassen und plapperte im normalen Ton weiter, „jedenfalls müsst ihr unbedingt mitkommen! Ich wette Thomas erzählt wieder ein paar lustige Geschichten …“

Belli war wieder qietsch vergnügt.

Caite und Lily warfen sich nur mitleidige Blicke zu.

Nicht schon wieder!

Wie nur konnten sie es ihrer Freundin beibringen, dass sie ihren Freund nun mal nicht lustig fanden, sondern für einen frauenverachtenden humorfreien Schleimbeutel hielten?

Ihre Rettung kam in Form eines schönen Mädchens dahergelaufen.

„Caite, Caite!“, Sheila kam vom Ravenclawtisch fröhlich auf sie zu gerannt.

„Hey Leute!“, begrüßte sie Belli und sie.

„Du, Caite“, Sheila klimperte unauffällig mit ihren Rehäuglein, „geht ihr zufällig nachher zum Auswahlspiel hin?“

„Nein. Wieso fragst du?“, Caite runzelte misstrauisch die Stirn.

„Du weißt doch, was ich von Besen halte!“

Man sollte hier wohl erwähnen, dass Caitlín Brianna Gallagher Besen für die schlimmste Erfindung der gesamten Zaubererschaft hielt, da sie, ihrer Meinung nach, an immenser Gefährlichkeit nicht zu überbieten waren. Es ist also nicht verwunderlich, dass sie ihrer kleinen Schwester es verboten hatte sich jedwedem dieser fürchterlichen Fluggeräte mehr als auf drei Metern Sicherheitsabstand zu nähern.

Lily mochte Besen auch nicht besonders, aber das lag zum einem an ihrem quidditchbesessenen Verehrer und zum anderen an einer schmerzlichen Erinnerung aus dem ersten Schuljahr, dessen Peinlichkeit Lily das Fliegen für immer unsympathisch gemacht hatte.

„Ach bitte, geh doch mit.“, Sheila zog ihre klein-Mädchen-Schnute.

„Wenn wir allein gehen, sieht’s blöd aus. Miranda und ich sind doch beide aus Ravenclaw.“

„Also, warum willst du dann zum Auswahlspiel von unserem Haus?“

Lily beobachtete, dass das Runzeln auf Caites Stirn immer misstrauischer wurde. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Dunkelhaarige merkte, dass ihr etwas verheimlicht wurde.

„Weil mich Quidditch eben interessiert.“

Sheila stampfte widerspenstig mit dem Fuß auf.

„Seit wann?“, Caite schaute ihr genau in die Augen, aber Sheila wich ihrem Blick aus.

Lily meinte für einen Moment, dass Sheila noch woanders hingeschaut hatte, beschloss dann aber sich getäuscht zu haben.

„Ach komm schon, bitte!“, quengelte Caites kleine Schwester weiter, auf eine Art, die vermutlich jeden bereits weich gekocht hätte, Caite jedoch schien hart bleiben zu wollen.

„Tut mir leid, aber Caite hat gar keine Zeit.“, erstaunt sahen alle auf Belli.

„Sie will mich schon nachher zu meinem neuen Freund begleiten.“

Urplötzlich war in Caites Gesicht eine Veränderung zu bemerken.

„Ach weißt du Belli“, die Große lächelte entschuldigend, „kannst du nicht allein mit Lily hingehen?“

„Ehrlich gesagt gehe ich auch hin.“, rief Lily schnell dazwischen.

Als alle sie perplex ansahen, gab sich Lily Mühe den nächsten Teil zu sagen ohne dabei rot zu werden.

„Äh … Vertrauensschülerpflichten. Ich tu das wirklich nicht freiwillig!“, die Rothaarige versuchte ein möglichst gequältes Gesicht hinzukriegen, was ihr beim Gedanken an Potters Visage auch gelang.

„Super, dann ist ja alles klar!“, Sheila war ganz aus dem Häuschen.

„Bis später!“, sie winkte ihnen zu, bevor sie sich glücklich zu ihrer Freundin an den Ravenclawtisch zurückgesellte.

Für einen Moment lenkte das auch Lily wieder ab. Ihre Augen trafen sich mit denen eines blonden Jungen, der Lily erst lächelnd zuwinkte, dann auf halber Höhe aber seinen Blick plötzlich von ihr abwandte, gerade als Lily sein Lächeln erwiderte.

„Na gut“, Lily blickte leicht erschrocken zu Belli, „aber ihr lasst euch echt was entgehen! Thomas hat nämlich gesagt, er bringt seinen älteren Bruder mit und der ist mindestens genauso komisch wie er.“

Caite warf Lily einen kurzen Blick zu:

Schwein gehabt!
 

Das erste, was er spürte, war der eisige Wind, der ihm sogleich ins Gesicht schlug, nachdem er das Schloss verlassen hatte. Die Sonne war zwar immer noch da, ihre wärmende Kraft hatte allerdings bereits deutlich nachgelassen, nur ihre erhellenden Strahlen ließen die Bäume am Rand des Verbotenen Waldes nach wie vor in satten Farben aufleuchten, die Bäume zeigten sich in einem kräftigen dunkelgrün mit bereits vereinzelten hellroten Punkten in der Krone. Der eisige Nordwind war stets ein sicheres Zeichen dafür, dass der Sommer hier oben in Schottland zu Ende ging, er war quasi so etwas wie der Bote des Herbstes und kündigte dessen baldige Ankunft an. Pünktlich zum Winteranfang war er dann wieder da, um die frostigste aller Jahreszeiten zu begrüßen, erst die warmen Südwinde vertrieben den Hauch aus der eisigen Hemisphäre, bis zum nächsten Herbst.

Trotz der morgendlichen Kälte konnte nichts, ja gar nichts, James’ Laune heute trüben. Er freute sich wie ein kleines Kind, denn das war schließlich sein großer Tag. Sein erster offizieller Einsatz als Quidditchkapitän der Gryffindors!

Er konnte es gar nicht erwarten die perfekte Mannschaft zusammenzustellen, er selbst als neuer Superjäger selbstverständlich vorne weg und dann am Ende des Jahres würden sie endlich den silbernen Quidditchpokal in Händen halten.

Ja, das war sein Ziel! (Wenn man mal von Lily Evans absah, aber das war ja eine andere Geschichte …)

„Komm schon, Sirius, beweg dich!“, winkte James seinem besten Freund mit einem Lachen zu und lief seinem mürrisch drein schauenden Kumpel noch ein weiteres Stück voraus.

Der Blackspross trottete noch weit hinter Remus und Peter hinterher.

Vielleicht rührte Sirius’ momentane schlechte Laune ja daher, dass er mit James’ Wahl über den Zeitpunkt des Auswahlspiels nicht ganz einverstanden war?

Aber James hielt 08:30 Uhr am Sonntagmorgen für die ideale Uhrzeit, um Quidditch zu spielen. Da hatte man doch wirklich genug Zeit zum Auspennen gehabt!

Als er als Erster (wie könnte es auch anders sein) beim Quidditchstadion angekommen war, rieb sich James einerseits vor Kälte, die er heute kaum wahrnahm und andererseits vor Freude die Hände.

Das würde gleich ein Spaß werden!

Schon machte er sich an die Arbeit, kramte die alten abgenutzten Schulbesen hervor, die mehr oder weniger sicher aussahen (James fragte sich, auf welchem wohl schon sein Opa Ignatius Potter gesessen haben mochte), holte die Kiste mit den Bällen herbei und zog zu guter letzt seinen knallroten Gryffindorquidditchumhang über. Das große goldene „Teamkapitän“ unter seinem Namen, war neu und von ihm höchstpersönlich draufgezaubert worden. Nicht, dass nicht jeder sowieso bereits gewusst hätte, dass James Potter der Kapitän war, aber das hielt ihn ja nicht davon ab, es nochmals zart zu betonen.

Peter und Remus hatten bereits auf den oberen Rängen Platz genommen. Sein braunhaariger Freund las in einem Buch und Peter schaute mit bewundernden Augen zu ihm herab.

James grinste höchst zufrieden.

Der Tag lief bisher perfekt (wenn man mal von dieser Kleinigkeit mit Roberts heute Morgen absah)! Aber wenn sein Glück ansonsten weiter so gut mitspielen würde, hatte es James im Gefühl, dass ein erneuter Versuch Lily Evans um ein Date zu bitten, heute ebenfalls auf Erfolg stoßen würde.

James malte sich den Moment gerade ganz genau in seinem Kopf aus, als schließlich auch noch sein bester Freund mit reichlicher Verspätung den Weg herunter geschlurft kam, seine Laune war immer noch zugegeben leicht miesepetrig.

„Komm schon, Sirius, das wird lustig!“, rief ihm James begeistert entgegen.

Daraufhin erntete er einen mörderischen Blick des Blacksprosses.

„Es wäre lustig, wenn wir nicht noch mitten in der Nacht hätten!“, erboste sich Sirius, verschränkte die Arme vor der Brust und ließ sich auf einer Bank am Rand des Feldes nieder.

„Hat jemand was zu essen dabei?“, fragte er laut nach, dass es selbst Remus und Peter problemlos noch mitbekamen.

„Ich hab zu wenig gefrühstückt.“

James grinste breit. Das war ja so typisch Sirius!

„Du hast einen Berg Pfannkuchen, ein ganzes Omelett und haufenweise Toast mit Bohnen verschlungen.“, rief Remus von seinem Platz herunter.

Selbst von hier unten konnte James erkennen, dass sich die Augenbrauen seines ruhigen Freundes in Erstaunen erhoben hatten.

„Remus, ich weiß, dass ich zu wenig gegessen habe!“, brüllte Sirius als Erwiderung hinauf.

„Wenn du es noch mal aufzählst, bekomme ich nur noch mehr Hunger.“

Und wie auf Kommando fing Sirius' Magen tatsächlich an, knurrende Geräusche von sich zu geben.

James fand es immer wieder schlichtweg erstaunlich, wie viel ein einzelner Mensch essen konnte. Sirius lebte wirklich im Zustand ständigen Hungers.

Morgens, sieben Uhr in Hogwarts’:

Sirius' Laune ist auf dem Tiefpunkt des Tages angekommen.

Was tut er?

Er isst.

Mittags:

Die Schüler sind erschöpft nach eindeutig zu vielen Stunden Unterricht.

Was tut Sirius?

Richtig, er isst.

Nachmittags, fünf Uhr, Teezeit:

Alle Schüler sind bei den Hausaufgaben oder gehen sonstigen Beschäftigungen nach.

Was tut Sirius?

Er isst ja, aber nebenbei macht er auch noch schnell das nächste Date klar.

Abends, kurz nach sieben:

Der Tag ist endlich geschafft, die meisten Schüler haben vor Müdigkeit schon kaum Hunger mehr.

Was tut Sirius?

Man hält es nicht für möglich, aber er isst tatsächlich schon wieder!

Mitternacht, zwölf Uhr, Geisterstunde:

Alle Schüler sind am Schlafen, im ganzen Schloss ist Ruhe.

Wo wird James Potter zu solch später Stunde von seinem besten Freund noch hingezogen?

In die Küche.

Und was tut Sirius dort?

Die Frage kann sich wohl jeder selbst beantworten.

Tja es gab eben drei Dinge die unendlich waren:

Das Universum, die menschliche Dummheit und das Fassungsvermögen von Sirius Blacks Magen.

Peter kam angewatschelt, anscheinend hatte er seinen Geheimvorrat wieder mal dabei.

Sirius' Augen begannen zu leuchten, laut schmatzend gab er etwas von sich, was wohl ein „Danke.“ an Peter sein sollte. So ganz hatte bisher keiner Sirius’ Mampf-Sprache durchschaut.

James schüttelte grinsend seinen Kopf - gib Sirius etwas zu essen und er war wieder glücklich!

„Fresssack!“, kam es daraufhin irgendwo von oben gemurmelt.

Die Schokolade noch am Mund klebend, drehte sich Sirius erbost zu Remus um:

„Was?!“
 

Lily passte es gar nicht, die schöne behagliche Wärme des Schlosses zu verlassen, nur um sich in der morgendlichen Kälte die Beine in den Bauch zu stehen, während ein James Potter vor Stolz und Selbstverliebtheit fast von seinem Besen fallen würde.

Der sollte sich bloß nichts darauf einbilden, dass sie kam!

Sie tat das hier ja nicht freiwillig!

Es war eine Wahl Pest gegen Cholera gewesen, Kälte und quidditchverrückte Idioten gegen den geballten Wortwitz der Curly Brüder und da zog Lily selbst die Pest, also James Potter, vor.

Wenigstens hatte sie sich etwas Spannendes zum Lesen mitgenommen:
 

„Tränke der Neuzeit, wer sie entwickelte, wie sie hergestellt werden und welche bedeutenden Weiterentwicklungen stattgefunden haben“.
 

Ein Geschenk für sie von Professor Slughorn, sogar mit persönlicher Widmung:
 

Für meine beste Schülerin Lily Evans, auf dass ihr Zukunftstrank weiterhin genauso grün wird, wie ihre schönen Augen!
 

Lily schüttelte den Kopf.

Verrückter alter Kerl!

Hätte sie sich nicht längst an seine Begeisterung für sie gewöhnt, sie würde jedes Mal erneut tomatenrot anlaufen, sobald er in seinen Lily-Lobgesang verfiel.

Ein helles Kichern erklang ein paar Meter weiter vor ihr. Sheila und ihre rot gelockte Freundin Miranda Abcott liefen vor Caite und Lily her, die Köpfe die gesamte Zeit zusammengesteckt, tuschelten sich über irgendwas, bevor sie erneut lachten wie zwei kleine Mädchen, die die gut versteckten Weihnachtsgeschenke ihrer Eltern bereits gefunden hatten. Lily wüsste zu gern, worüber die beiden sich so amüsierten, doch sie verstand leider kein Wort von ihrem Geflüster, das einzige was ihr auffiel, waren Sheilas kirschrote Wangen, die sie ab und an bekam. Ein wenig neidisch, aber nur ein ganz klein wenig, musste Lily zugeben, dass Sheila selbst rot geworden noch süß, vielleicht sogar noch süßer aussah, während Lily mit Grauen an ihren eigenen Tomatenkopf dachte, der stets in einen peinlich aussehenden Konkurrenzkampf zu ihren Haaren trat.

Lily hätte ja gerne auch mit Caite geredet, es lagen ihr nämlich wieder so einige brennende Fragen auf der Zunge, aber ihre hübsche Freundin wirkte im Moment äußerst desinteressiert an jedwedem Gespräch. Lily wagte es ja nicht einmal sie anzusprechen, denn Caite hatte wieder mal ihren Eisköniginblick drauf:

Schön, unnahbar, kalt und man sollte besser nicht mal auf die entfernteste Idee kommen, es zu wagen mit ihr zu sprechen.

Irgendwas vermieste Caite wohl gerade heftigst die Laune.

Lily hatte da so eine Ahnung, behielt sie aber für sich.

Als sie schließlich beim Quidditchstadion ankamen, konnte Lily bereits vom Weiten die nervtötendste aller Stimmen heraushören, das passende Bild dazu, eines mit fast vor Stolz platzender Brust stolzierenden James Potters, der wie ein verliebter Gockel auf dem Platz auf und abmarschierte und jedem der es nicht hören wollte, erzählte er sei der Chef hier, tauchte gleichzeitig vor Lilys Augen auf.

Ein monotones Gekicher und Gerede übertönte ihn aber immer wieder.

Als Lily schließlich die Zuschauerränge sehen konnte, fand sie den Grund dafür heraus und der Vertrauensschülerin klappte beinah der Kiefer runter.

Sie hatte ja gar nicht gewusst, wie viele Mädchen sich neuerdings für Quidditch interessierten, geschweige denn wie viele weibliche Bewohner Gryffindore angeblich beherbergen sollte!

Von der schüchternen Erstklässlerin bis zum übermütigen Abschlussklassenmädchen, waren alle Altersgruppen vertreten. Lily konnte ebenfalls genug Gesichter ausmachen, die eindeutig nicht zu Gryffindore gehörten. Und alle gackerten sie wie die Hühner und schauten mit verträumten Augen auf das Spielfeld hinab.

Lily folgte mit einem leisen Aufstöhnen Caite zu Sheila und Miranda. Die Ränge waren so voll, man hätte meinen können, dass gleich ein richtiges Spiel stattfinden würde.

So weit entfernt wie nur irgend möglich, nahm Lily mit Caite Platz, je weniger Potter von ihr zu sehen bekam, desto besser für Lilys Nerven und seine Ohren.

Trotzig schlug Lily ihr Buch auf, hielt es ja so hoch, dass das Spielfeld dahinter verschwand und versuchte die Geräusche im Hintergrund abzustellen, was ihr auch gelang.

Ganze fünf Minuten lang.

Dann unterbrach ein herzergreifendes Seufzen Lily in ihrer Lesewut und entnervt schaute die Rothaarige auf, was denn nun schon wieder Hogwarts’ weibliche Bevölkerung derart in Aufruhr versetzt hatte.

Für einen Moment legte Lily sich die Hand auf die Augen.

Das konnte jetzt nicht wahr sein, oder?

Unten auf dem Feld stand nun, neben dem selbstverliebten Kapitän, ein anderer Quidditchspieler. Sirius Black präsentierte sich in voller Montage seinem großen Fanclub, der mit dem Seufzen anscheinend gar nicht mehr aufhören wollte.

Während Potter anfing wie ein aufgescheuchtes Hühnchen hin und her zu laufen, war Black immer noch damit beschäftigt einigen erwählten Mädchen schöne Augen zu machen und eingebildet vor sich hinzugrinsen .

Die Hintergrundgeräusche ignorierend, schlug Lily erneut ihr Buch auf, innerlich konnte sie nur die Augen verdrehen.
 

Mel nahm sich den nächsten Kleiderhaufen vor, durchsuchte alles, von Hosentaschen angefangen, über versteckte Innenbereiche, bis hin zu den BHs, die ihr verdächtig gepolstert erschienen.

So ein verdammter Mist!

Wieder nichts.

Mel griff nach ihrem Zauberstab und sorgte mit seiner Hilfe dafür, dass alles wieder ordentlich (oder auch nicht, je nach dem wie es vorher ausgesehen hatte) in den Schränken verstaut war.

Da hörte sie plötzlich von draußen Geräusche, Mel verharrte angespannt in ihrer Bewegung und lauschte.

Einen Moment später atmete sie erleichtert aus, es kam nicht von der Treppe, sondern vom Quidditchfeld.

Mel ging auf das Fenster zu und betrachtete die weit entfernten Ringe und Tribünen. So gern sie es auch leugnen würde, aber Mel interessierte es brennend, wer in die Mannschaft kam. Ihre Klassenkameraden nahmen wahrscheinlich an, dass sie sich nicht die Bertie Botts Bohne für Quidditch interessierte, weil sie nie bei irgendeinem Spiel gewesen war, aber das entsprach nicht so ganz der Wahrheit.

Mel war nämlich sehr wohl immer anwesend gewesen, nur schlich sie sich stets erst sehr kurz vor Anpfiff hinauf und blieb immer im hinteren Schatten stehen, wo sie keiner sah.

Wäre ja noch schöner, wenn Black behaupten würde, sie würde nur zum Spiel kommen, um ihn anzufeuern!

Mel schüttelte den Kopf und unterdrückte das leichte Gefühl von Sehnsucht, dass sie in solchen Momenten überkam.

Sie hatte jetzt Wichtigeres zu tun!

Die Gelegenheit war einfach zu günstig, als sie mit irgendwelchen Sentimentalitäten zu vergeuden. Nun wo alle Mädchen wegen Potter und Black beim Qidditchstadion waren und der Rest des Hauses die ungewohnte Ruhe und Leere im Schloss wohl anderweitig nutzte, sah Mel ihre Chance gekommen weiter nach ihrem Schatz zu suchen. (AN: Ich weiß, das hört sich jetzt total nach Herr der Ringe und Gollum an …^^)

Sie wollte ja nichts stehlen, sondern nur etwas suchen, was ihr gehörte!

Dies hier war erst der zweite Schlafsaal gewesen, es lagen also noch so einige vor Mel, doch war sie sich äußerst sicher bald fündig zu werden.

Beim Abendessen und in der Bibliothek damals hatte sie es nämlich noch bei sich gehabt, nur als sie zu Bett gehen wollte, war ihr Schatz plötzlich verschwunden gewesen. Folglich war es also auf dem Weg von der Bücherei in ihren Schlafsaal verloren gegangen.

Was war da wahrscheinlicher als das es ein Gryffindormädchen aufgehoben und zu ihrem eigenen Schmuck getan haben könnte?

Der Krach draußen wurde nochmals lauter, Mel durfte jetzt keine Zeit mehr vertrödeln. Die anderen Mädchen würden es nämlich bestimmt nicht so toll finden, in ihren Schlafsaal zurückzukehren und Mel in ihrer Unterwäsche wühlend vorzufinden.
 

James war den Tränen nahe.

Das konnte doch einfach nicht wahr sein!

Nein, er wollte es nicht glauben, aber das Bild, was sich seinen Augen darbot, sprach eine grausame Wahrheit.

„James, sollen wir sie nicht langsam mal runterlassen?“, Sirius klopfte ihm behutsam auf den Rücken.

„Sie sind schon seit einer Dreiviertelstunde da oben. Ich glaube Williams Arm fällt sonst ab, der ist schon ganz blau.“

James nickte schwach, zum Sprechen war er nicht mehr in der Lage.

Der Schock saß einfach zu tief.

Geknickt ließ der Quidditchkapitän der Gryffindores den Kopf weiter gen Boden sinken.

Alles, ja wirklich alles, war bisher wie am Schnürchen gelaufen!

Nachdem er erstmal die mit Höhenangst, die die aussahen als würden sie noch Windeln tragen und ihren stöckelschuhtragenden Fanclub wieder auf die Bänke geschickt hatte, war eigentlich alles ziemlich glatt gegangen.

James selbst hatte mit Bravour bewiesen, weswegen er Teamkapitän war und nicht irgendein anderer, seine Darbietung als Jäger hatte sogar zum Ohnmachtsanfall eines Mädchens geführt, Emily Abben hatte ernsthaft geglaubt, er würde auf den Boden knallen.

Nebenbei hatte James dann auch noch einen versteckten roten Haarschopf ausgemacht, was ihn gleich zu noch waghalsigeren Stunts animiert hatte. Allerdings war dies eine weitere Sache, die nicht so gelaufen war, wie James es sich vorgestellt hatte. Lily Evans hatte sein Schreiangebot nach einem Date kategorisch abgelehnt, dafür hatte James sofort dreizehn andere Zusagen bekommen.

Die zwei anderen Jäger waren ebenfalls schnell gefunden gewesen, auch wenn James zugeben musste, dass alle diesmal nicht besonders schlecht gewesen waren, hatten sich Malcolm Franklin, durch eine äußerst saubere Technik und Abigail Speedy wegen besonders risikofreudiger Manöver, hervorgetan. Das kleine Mädchen mit der mausbraunen Frisur war von der Haar- bis zur Fußspitze rot angelaufen als James ihr gratuliert hatte. Er war jedoch überaus zuversichtlich, was ihre Zusammenarbeit als Gryffindors neues goldenes Jäger-Trio anbelangte.

Hüter wurde, wie von James bereits vorgesehen, Fabian Prewett. Kein Wunder kam der rotblonde Junge doch aus einer Familie die traditionsmäßig Quidditchspieler stellte. Lange Zeit hatte sein Bruder Gideon diesen Job inne, schied aber wegen gewisser Differenzen mit Podmore (Gideon hatte dem Teamkapitän nach dem ersten Spiel letzten Jahres, das nebenbei eine Katastrophe war, im Streit die Nase gebrochen und den Arm umgedreht, er war halt etwas hitzköpfig und legte sich gern mit jedem und allem an) aus dem Team und konnte dieses Jahr aufgrund seines neuen Amtes als Schulsprecher nicht mehr teilnehmen.

Frank Longbottom hatte ebenfalls ganz oben auf James’ Liste gestanden. Der große etwas wortkarge Frank war ein durchaus passabler Flieger und ein noch besserer Treiber. Wo Frank hinschlug, wuchs nachher nicht mal mehr eine Flechte. Außerdem verstanden er und Sirius sich ziemlich gut, als Duo ergänzten sie sich perfekt. Sirius war die Schnell- und Wendigkeit, Frank die Stärke und Kraft. Das würde Gryffindor vor allem gegenüber den Slytherins einen Vorteil verschaffen. James hatte gehört, dass unter anderem jetzt Rudolphus Lestrange als Treiber im Team war, die Wahl dieses zwei Meter Kolosses hatte ihn allerdings nicht sonderlich verwundert, nahm Slytherin doch fast ausschließlich große breite Schränke ins Team, die genauso dumm waren, wie sie aussahen.

Dann allerdings waren sie zum Problemfall gekommen …

Dem Sucher.

Hier war es mit seinem Glück endgültig vorbei gewesen.

Der Platz auf James' Zettel war frei geblieben, er hatte sich keine Gedanken darum gemacht, weil so viele sich als Sucher bewerben wollten.

Warum auch nicht?

Wer würde nicht gerne James Potter in seiner alten Position als Sucher beerben? Und da er die meisten von ihnen noch nicht hatte fliegen sehen, war James äußerst zuversichtlich gewesen, wenigstens einen zu finden, der seinen Vorstellungen gerecht wurde.

Leider hatte die Hälfte erst mal ihre Flugfähigkeiten geringfügig überschätzt, Grace Hopkins lag jetzt sogar mit einem gebrochenen Arm im Krankenflügel (James überlegte immer noch, ob er sich das fehlende Höschen unter ihrem Rock nur eingebildet hatte), von den anderen fünf wollte er nicht reden, aber das Bild von jammernden Mädchen und grüngesichtigen Jungs ließ sich nur schwer wieder aus seinem Kopf vertreiben.

Es tat einfach zu sehr weh.

Immerhin hatte er selber lange genug den Sucher gespielt und hatte dementsprechend auch gewisse Ansprüche an seinen Nachfolger gehabt:

Außergewöhnlich guter Flieger, scharfe Augen, Ahnung von Quidditch und bereit für einen Sieg Gryffindors auch mal einen Totalschaden zu riskieren.

Nichts Großartiges also.

Nun wusste er, dass er dieses Anspruchsniveau nicht hätte haben sollen, selbst das gewöhnliche an einen Sucher war für die vereinzelten Punkte, die gerade am Himmel flogen, noch meilenweit zu hochgeschraubt.

Eigentlich hatte James eine magische Barriere nur errichtet, damit der Schnatz nicht zuu weit weg fliegen würde und sie eventuell länger als nötig hier stehen würden, nun wusste James, dass es nötig gewesen war. Ansonsten hätten sich seine Bewerber noch verflogen und würden den Schnatz inzwischen in Acapulco suchen. Fünfmal!

Fünfmal hatte James den goldenen Flattermann jetzt bereits vom Boden aus entdeckt, aber die da oben schauten immer noch etwas belämmert durch die Gegend, erst als Sirius sie runter rief, schienen ihre Gehirne wieder schneller zu arbeiten.

Einer wirkte sogar mehr als erleichtert.

Zugegeben, Williams war noch ein Erstklässler und sein Arm war tatsächlich leicht bläulich.

„Aber so blau auch wieder nicht!“, dachte James eingeschnappt.

Oder wie blau war kobaltblau?

James warf nur einen kurzen Blick auf sie, der ihnen alle Gefühle zeigen sollte, die er im Moment empfand:

Wut, Enttäuschung, Genervtheit … seine Verzweiflung versuchte er allerdings zu verbergen.

„James, Timmie will nicht runter kommen!“, rief Sirius ihm mit deutlicher Genervtheit in der Stimme zu.

James stöhnte, dass hätte er sich ja denken können!

Timothy „Timmie“ Stalk-Rooter war sozusagen James' männlicher Verehrer. Also nicht so, was man jetzt denken könnte, sondern eher James hartnäckigster Fan, seit er letztes Jahr diese Schule betreten hatte und James den kleinen muggelstämmigen Jungen vor einem Haufen großer dummer Slytherins seinen Hals gerettet hatte.

Eigentlich hatte er Timmie vorhin auch nicht fliegen lassen wollen, aber dieser hatte James solange bekniet, bis er doch angenervt „ja“ sagte. Es gab für Timmie sicherlich keine schönere Vorstellung als sein Idol zu beerben. Nicht dass James es nicht genoss so angehimmelt und geradezu als Vater- und großer-Bruder-Figur verehrt zu werden, aber in Momenten wie diesem ging ihm Timmies Sturheit doch gewaltig auf den Reisigzweig.

„Ich glaube, er will dir beweisen, dass er es doch wert ist Sucher zu werden.“, erklärte Remus.

„Hmpf! Nerviges kleines Frettchen!“, schimpfte Sirius.

„Wann kapiert er, dass er den Schnatz nicht vor nächstes Jahr einmal sehen würde?!“

„TIMMIE! KOMM RUNTER, SOFORT! DIE SACHE IST GELAUFEN!“, brüllte James in den Himmel hinauf.

Die Antwort wurde postwendend zurückgebrüllt:

„NEIN, JAMES! GLEICH HAB ICH IHN, EHRLICH!“

Es war zum verrückt werden!

Dieser kleine Bengel wollte einfach nicht akzeptieren, dass er weder das Zeug zum Sucher, noch zu irgendeiner anderen Quidditchposition hatte.

Wie dumm konnte man eigentlich sein?

Wenn man sah, dass etwas beim fünfzehnten Mal nicht klappte, musste man doch mal so klug sein aufzugeben!
 

„Verdammtes, Blag!“, murmelte Sirius und schwang sich auf seinen Besen.

„Ich hol ihn da runter.“, verkündete er James.

„Egal, wie! Je schneller, desto eher krieg ich mein Mittagessen!“

So flog Sirius also schnellstens in den Himmel hinauf und bald schon hatte er Timmies Flughöhe erreicht.

Der Wind hier oben war noch eisiger und härter als unten auf der Erde.

Sirius fröstelte leicht.

„Hör zu, Junge!“, herrschte ihn der Schwarzhaarige an, Timmie schenkte ihm aber nur geringe Aufmerksamkeit, seine Augen waren weiter auf seine Umgebung fixiert.

„Das hat keinen Zweck, kapier das doch mal! Du. Wirst. Nie. Sucher.“

Timmie riss den Besen rum, bevor er Sirius widerborstig antwortete:

„Nein, ich beweise James, dass ich genauso gut bin, wie er! Ich hab ihm oft genug beim Training zugesehen.“

Sirius verdrehte die Augen.

Das stimmte allerdings.

So oft dieser kleine Spanner letztes Jahr beim Training von Gryffindors Quidditchmannschaft dabei gewesen war, hatte er selbst noch einige Spieler und die hartnäckigsten Mädchen in Sachen Anwesenheit übertrumpft.

„Tja, hat anscheinend noch nicht ausgereicht. Schau weiter zu und versuch es nächstes Jahr noch mal!“, erklärte Sirius herablassend.

„NEIN!“, erwiderte Timmie bockig, wie ein alter Esel.

Jetzt reichte es Sirius!

Genug der freundlichen Konversation und Überredungsversuche.

Er war ein Mann der Tat.

Frei nach dem Motto:

Und bist du nicht willig, so gebrauch ich Gewalt.

Sirius packte also ganz einfach den Schweif von Timmies Besen und zog ihn mit sich zur Erde hinab. Timmie wehrte sich mit Händen und Füßen gegen das Ende seiner Suche, doch er war ein zu schlechter Flieger und obendrein war Sirius natürlich um einiges stärker als der 1, 50m Zwerg.

James schaute ihnen erleichtert entgegen, was Sirius grinsen ließ. Um diesen Fan beneidete er James wahrlich nicht.

Sie waren keine drei Meter über dem Boden, als doch noch geschah, womit Sirius in seinem Hochmut nicht gerechnet hatte. Timmie schaffte es doch tatsächlich sein Fluggerät rumzureißen und Sirius’ Griff zu entkommen. Vollkommen überrascht, verlor der Schwarzhaarige dadurch sein Gleichgewicht, sein Besen schlingerte etwas, machte von selbst eine scharfe Kurve und Sirius fiel schließlich zu Boden.

Der Fall war nur kurz … zum Glück.

Doch mit dem Ort seiner Landung hatte Sirius weniger Glück.

Man hätte ja überall über dem Quidditchfeld abstürzen können, aber nein, Sirius musste ja genau in die einzige Schlammpfütze fallen, die vorhanden war … mit dem Gesicht selbstverständlich voran.

Wütend riss Sirius den Kopf hoch und spukte erstmal eine Ladung Schlamm.

Sein Mittagessen hatte er sich eigentlich anders vorgestellt. Weniger erdig.

„Alles in Ordnung, Sirius?“, erkundigte sich Remus besorgt und half ihm wieder auf die schlammbespritzten Beine.

James betrachtete ihn von oben bis unten.

„Man, echt, du siehst scheiße aus!“, war der geistreiche Kommentar seines besten Freundes.

„Danke, James!“, Sirius lächelte grimmig.

„Ohne dich wäre ich bestimmt nie auf die Idee gekommen! Ich dachte immer braun steht mir.“, tat er tief getroffen.

Peter schüttelte seinen Kopf:

„Aber doch nicht im Gesicht, Sirius!“

Er verdrehte die Augen:

„Tja weißt du Pete, genaugenommen wollte ich auch nur eine Schlammmaske auflegen. Ich hab gehört, davon soll die Haut ganz toll werden.“, erklärte Sirius mit deutlichem Sarkasmus in der Stimme.

„Solltest du das dann nicht lieber drin machen?“, fragte Peter ganz überrascht nach.

Der gute Peter war eben nicht gerade der Hellste und Sarkasmus war für ihn vermutlich ein Fremdwort.

Wiederum verdrehte Sirius seine Augen:

„Ja, Peter deswegen gehe ich jetzt ja auch in die Umkleidkabine um zu duschen!“

Remus räusperte sich leicht:

„Ähm, Sirius?“

„Hm?“, brummte er.

„Vielleicht solltest du lieber die Dusche im Schlafsaal nehmen.“, meinte Remus zögerlich.

Erstaunt musterte Sirius seinen braunhaarigen Freund:

„Wieso?“

„Nun ja“, Remus warf einen kurzen Blick zu den Kabinen, „ich glaube ein Teil der Mädchen hat bereits vorher dort ausgeharrt, aber nun hat der andere wohl auch deine Absichten vorhergesehen und es findet schon ein Kampf um die besten Stehplätze statt.“

Sirius schaute überrascht zu den Räumen der Umkleidekabinen. Tatsächlich stand dort schon eine Schlange von Mädchen, die sich schubsten und kratzten und anscheinend nur darauf warteten, dass er kam, um sich vor ihren Augen zu entblättern.

Sirius grinste und verkündete mit eingebildeter Stimme:

„Tja, es ist eben nicht immer leicht so gut auszusehen!“

Sirius gab ein bellendes Lachen von sich, Remus schüttelte den Kopf, aber James und Peter schlossen sich seinem Gelächter an.

„Da geh ich wohl wirklich besser ins Schloss.“

Plötzlich verschwand die Fröhlichkeit aus James' Gesicht und er wurde wieder todernst:

„Aber die Besprechung und die Teameinweihung …“

„Keine Sorge zur Teameinweihung bin ich wieder da, so einen großen Auftritt lass ich mir doch nicht entgehen! Allerdings wäre ich dabei gerne weniger schlammig. Und die Besprechung, nun ich habe da so meine Beziehungen …“, Sirius' Augenbrauen hoben sich überheblich an und er fixierte James eindringlich.

„Ich kenne den Teamkapitän ganz gut, der wird mir nachher alles erzählen!“

„Schon klar!“, lachte James wieder beruhigt.

Er boxte Sirius in die Seite:

„Geh dein schönes Gesichtchen aufhübschen, Siri-Schatzi!“

Sirius klimperte mit den Wimpern:

„Für dich tu ich doch alles, Jamie-Baby!“
 

Lily wusste gar nicht warum sich alle so aufregten, Black war doch offensichtlich noch am Leben.

Ob sie sich über diese Tatsache freuen sollte, darüber war sich Lily allerdings noch nicht so ganz sicher.

„Glaubst du ihm ist was passiert, Miri?“, fragte Sheila ganz aufgelöst ihre Freundin mit den roten Locken.

„Nein, sieh doch, er lächelt wieder so süß. Es geht ihm gut! Merlin sei Dank!“, sandte Miranda ein Stoßgebet gen Himmel.

Lily schaute etwas irritiert.

Black und süß lächeln?

Ihr schien es eher sein übliches überhebliches Grinsen zu sein, das er wie immer gern zur Schau trug.

„Sieh nur, er geht ins Schloss zurück!“, rief Sheila ganz aufgeregt.

„Vielleicht ist ihm doch was passiert? Ich frag ihn lieber mal!“, sagte Sheila und erhob sich flink.

„Du bist so mutig, Sheila! Willst du ihn tatsächlich ansprechen?“, rief ihr Miranda bewundernd nach.

„Ansonsten bemerkt er mich doch nie, Miri!“, meinte Sheila mit einem schönen Lächeln im Gesicht.

Lily schüttelte ihren Kopf und wollte schon weiterlesen, doch auf einmal wurde es neben ihr wieder sehr lebendig. Die ganze Zeit hatte Caite stock und steif dagesessen, nichts gesagt und nur kühl vor sich her gestarrt.

Nun kam so schnell wieder Leben in sie, dass Lily nur noch das Rauschen ihres Umhangs vernahm, als sie hoch schaute, war Caite schon ein gutes Stück weg.

Lily verspürte mal wieder so ein Bauchzwicken, also lief sie Caite zur Sicherheit lieber nach.

„Caite! Hey, Caite, warte doch!“, versuchte Lily ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Doch nicht wie gewohnt, folgte Caite Gallagher ihrem Befehl, stattdessen lief sie schnurstracks weiter … ihrer kleinen Schwester auf den Fersen.

Diese stand bereits in einiger Entfernung auf einem kleinen Grashügel und unterhielt sich … mit dem schlammbespritzten Sirius Black.

„ … nein, mach dir keine Sorgen, mir geht’s ehrlich gut. Zerbrich dir deinen hübschen Kopf doch nicht über mich!“

Oh, oh!

Hörte sich das für Lily nur so an oder hatte Black …

„O tut mir Leid, dann hab ich mir ja ganz umsonst Sorgen gemacht! Ich muss dich genervt haben.“, erwiderte Sheila sehr verlegen und senkte den Kopf.

Black aber streckte die Hand aus und hob ihr Kinn an, sodass sie ihn wieder ansah:

„Nein, nein, das war sehr lieb von dir, das würde nicht jeder machen. Darf ich denn erfahren mit welchen schönen Mädchen ich es überhaupt zu tun habe?“

Ja, doch, Black hatte die Flirt-Kanonen ausgefahren!

Andererseits tat er das bei allem was weiblich, nicht bei drei auf dem Baum war und nicht Melody Roberts hieß. Selbst mit ihr hatte Black schon versucht zu flirten. Nach Potters Reaktion hatte er es allerdings gelassen und ausnahmsweise war sie ihm sogar mal äußerst dankbar dafür gewesen, denn Black versprühte mehr Charme als eine Atombombe radioaktive Energie.

Sheila wollte ihm mit glühenden Wangen bereits eine Antwort geben, als Black sie von anderer Stelle bekam …

„SHEILA CIARA GALLAGHER!“, Lily erschrak, sie hatte Caite selten richtig laut erlebt, genaugenommen hatte sie Caite noch nie so laut gehört wie heute.

Sie packte ihre Schwester einfach am Arm und zog sie von Black weg, den Protest beider Seiten ignorierte sie völlig.

„Hey! Was soll das Caite? Ich will nicht!“, jammerte Sheila und versuchte sich gegen ihr Fortbringen zu wehren.

„Hey Gallagher, lass deine Schwester doch machen, was sie will! Du bist nicht ihre Mutter.“

Abrupt blieb Caite stehen, ohne jedoch Sheilas Arm loszulassen.

Sie drehte sich zu Black um, ihre Augen schienen Lily nun nicht mehr babyblau und freundlich zu sein, sondern wie zwei Eisberge, die Black nun durchbohrten:

„Halt dich von meiner Schwester fern, Black!“, zischte sie.

Black schaute sie unbeeindruckt an:

„Ach ja, ich wüsste nicht warum, Gallagher?“

Die Stimme mit der Caite antwortete, jagte Lily ein Schaudern über den Rücken, als hätte ihr jemand einen Becher Eiswürfel in den Umhang gekippt:

„Weil ich ansonsten einen Brief an meine Großeltern schreibe. Schau nicht so!“, herrschte sie ihn an, als er nur ein müdes Lächeln vorbrachte.

„Sie kennen deine Eltern übrigens sehr gut.“, Lily bemerkte eine Veränderung in Blacks Gesicht, die sie nicht zu deuten vermochte.

„Kommst du meiner Schwester zu nahe, musst du dir über die Konsequenzen klar sein!“

Damit zog Caite Sheila einfach weiter mit sich fort, zurück zum Quidditchstadion, Lily hintendran.

Sie hatte ein seltsames Gefühl bei der ganzen Sache. So hatte sie Caite wirklich nur einmal erlebt nämlich als Sirius Black Ebenvorgeführtes bei ihr selbst versucht hatte.

„Lass mich los!“, kreischte Sheila.

„Du tust mir weh, Caite!“

Sofort ließ Caite Sheila los, der Ausdruck ihres Gesichts wurde wieder sanfter, ihre Augen strahlten die üblich besorgte Wärme aus.

„Tut mir leid, Sheila!“, sie nahm ihre Schwester in den Arm, dann sah sie sie eindringlich an.

„Alles in Ordnung? Tut dir noch irgendwo was weh?“

Sheila stieß sie wütend von sich weg:

„Nichts ist in Ordnung! Warum hast du das gemacht?“

„Sheila“, Caite sprach ihren Namen überdeutlich aus, „es war nur zu deinem Besten! Ich möchte, dass du Sirius Black in Zukunft aus dem Weg gehst, er schadet dir!“, es klang aber nicht wie ein Wunsch, sondern eher wie ein Befehl, dem sich Sheila nicht zu widersetzen hatte.

„Tut er nicht!“, Sheila stampfte wie ein kleines Mädchen mit dem Fuß auf.

„Es ist doch nur, weil du ihn nicht magst! Wahrscheinlich, weil er dich nicht wollte.“, der letzte Satz war ungewöhnlich herablassend für Sheila, so hatte Lily sie noch nie mit ihrer Schwester reden hören.

Caite baute sich vor ihr auf, in ihrem Blick lag nun wieder eine strenge Kälte:

„Jetzt reicht’s, junges Fräulein! Du kommst gefälligst sofort mit mir ins Schloss!“

„Nein, ich bin schon dreizehn, Caite!“, schrie Sheila sie an.

„Du kannst mir nichts mehr vorschreiben!“

Damit lief sie davon, zu ihrer Freundin Miranda, die sie sogleich tröstend in den Arm nahm und ihnen beiden noch einen bösen Blick zuwarf, bevor sie und Sheila Richtung Schloss verschwanden.

Es dauerte eine Weile bis Lily den Mut fand ihre Freundin anzusprechen, die immer noch dorthin starrte, wo Sheila zuvor gestanden hatte:

„Caite, vielleicht hat sie ja Recht? Ich mein nur in gewisser Weise!“, fügte Lily schnell hinzu.

„Sie ist wirklich kein Kleinkind mehr…“

„Nicht auch noch du, Lily!“, Caite wurde wieder lauter.

„Schreib mir nicht vor wie ich meine Schwester zu erziehen habe! Ich weiß, was das Beste für sie ist … nur sie weiß das eindeutig nicht.“

Eine Weile blieben die beiden stumm nebeneinander stehen, bis Lily wieder zaghaft das Wort ergriff:

„Sie wird sich nicht an dein Verbot halten.“

Caite seufzte:

„Ich weiß, leider. Aber selbst wenn ich Sirius Black auf jeden Schritt und Tritt folgen muss, meine Schwester kriegt er nicht!“

Caite hatte die Fäuste geballt, ihr Blick schien abwesend, nicht auf die Realität gerichtet.

Lily fragte sich, an was sie wohl gerade denken mochte …
 


 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

@whatever92: Na? Kannst du dich jetzt noch konzentrieren??? *g*

Denke, dass das Kapi nämlich noch länger war als das letzte. Zu deiner Frage ... ja, natürlich! Ich tue den ganzen Tag nichts anderes als in diesem dunklen Raum mit einer flasche Cola zu sitzen und für euch ein Chap nach dem anderen zu produzieren. *lol*

Nee, du hast echt ein völlig falsches - zu fleißiges^^ - Bild von mir. Hab ja gesagt, dass ich schon einige Chaps vorgeschrieben habe und da ich mit der Story irgendwann im Juni oder so angefangen habe ... *hust* ähm, ist das doch nicht soo beeindruckend.^^
 

@Lesca07: Hehe - tja, erst mal muss der gute Mr. Potter mitbekommen, dass er überhaupt eventuell einen Konkurrenten bekommen hat. Und dann müssen wir schauen wie sich das ganze so entwickelt ... denn Brian hat da ja auch noch ein Wörtchen mit zu reden. ;)

Ich finde es auch sehr nett von Lily festzustellen, dass Remus ein Mensch ist.^^ Aber, ob das voerst in Bezug auf Jamesie was bringt? Hm ... könnte mir eher vorstellen, dass das zu Problemen führen könnte. *g*

Der erste Kuss von Lily - das hat mich selber total überrascht! Was soll ich sagen ... netter Versuch, James, aber Brians unabsichtliche Fall-drauf-Methode war besser! *gg*

Du magst lange Kapis? Oh gut, da kommen nämlich noch so einige Brocken ...^^
 

@LilTe: Und wenn ich ehrlich bin, würde ich es gern schreiben! *g* Aber da müssen wir uns wohl beide noch etwas überraschen lassen. ;)

Jaaah, Sirius' und sein Namensgedächtnis.^^ Wird bestimmt nicht sein letzter Fehltritt in diese Richtung bleiben.
 

@Nicce: Dankeschön!^^

Aber in kurzer Zeit war's ja nur, weil ich es schon vor ner Ewigkeit bereits geschrieben habe, also besser nicht zuu viel Lob, früher oder später wird's sich nämlich ändern.

Und ob es in diesem Fall Theater geben würde! *fg*
 

@eva-04: Mal sehen, ob Sirius überhaupt dazu kommt etwas großartiges zu machen. Demnächst gerät er sozusagen in "Bedrägnis" ihr etwas schlimmeres an zu tun. ;)

*freu* Nach Schönbert hat mich ja bsiher keiner gefragt, aber ja ich denke oder weiß mit ziemlicher Bestimmheit, dass wir ihm wieder begegnen werden. Könnte dauern, aber ja - der Herr Graf von und zu Eitelsberg wird wiederkommen.^^

P.S. Thomas Curly mag ich auch nicht besonders, aber zum Glück sind Bellis Beziehungen ja nicht sehr lang. *g*
 

Habt ihr trotz der Länge noch Zeit für ein kleines Review? Büüüüdde!!! *Hundeblick macht*

... und Findern

Wir kommen zu meinem Lieblingsteil - *muhaha* manchmal kann ich echt fies sein!

Fragt sich nur, wer hier schlechter wegkommt ...

Wünsche euch jedenfalls viel Spaß bei diesem zweiten Teil - 11 Seiten nur mit Mel ... und? *g* Nö, verrat ich noch nicht, lest selbst!
 

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Kapitel 9.2 - … und Findern
 

»Murphys allgemeine Gesetzmäßigkeiten«
 

4. Früher oder später wird die schlimmstmögliche Verkettung von Umständen eintreten.
 

Edward Aloysius Murphy Jr. (1918-1990), US-amerikanischer Air Force-Ingenieur
 

Das gab es doch nicht!

Alle Schlafsäle, ob Erstklässlerinnen oder Abschlussjahrgang, von den Bettritzen bis zur dreckigen Ecke hinter dem Badezimmerschrank, hatte Mel bis aufs Kleinste durchkämmt, doch … nichts.

Nicht mal die kleinste Spur.

Also hatte es wahrscheinlich keine von den Mädchen aufgehoben …

Dabei war sich Mel so sicher gewesen, dass eine von ihnen die Finderin gewesen sein musste.

Mel ging gedanklich den Tatabend noch mal durch.

Irgendwo auf dem Rückweg von Bücherei zum Bett war es ihr aus der Tasche gefallen.

Nur wo?

Anders ausgedrückt:

Wer hatte es gefunden?

Mel machte es sich auf einem Sessel im Gemeinschaftsraum bequem, dass es sich dabei um Blacks Stammsessel handelte, erfüllte sie wenigstens mit einer Spur von Genugtuung.

Ihr Blick glitt zum Eingang des Porträtlochs.

Irgendetwas in Mels Kopf piekte sie auf einmal.

Der Sessel von Black … Blacks Sessel … Black … Black

Black!

Natürlich!

Mel haute sich mit der flachen Hand gegen den Kopf.

Wie hatte sie nur so vergesslich sein können?

Sie war doch am Abend mit diesem blinden Idioten zusammengestoßen!

Dabei musste es ihr aus der Tasche gefallen sein und Black hatte es bestimmt nachher aufgehoben.

Mel blickte zur Treppe hinauf.

Hm … die Jungs waren auch alle sehr vollzählig ausgeflogen.

Von ihrem Jahrgang war sicherlich keiner da.

Einen Versuch war es zumindest wert, auch wenn Mel ihre Theorie für unwahrscheinlich hielt.

Denn warum hatte Black seinen Triumph bisher dann noch nicht ausgespielt?

Entweder, weil er es nicht hatte oder weil er nicht wusste, dass es ihr gehörte!

So schnell Mels Füße konnten, trugen sie ihre Besitzerin die Treppen zu den Jungenschlafsälen hinauf. Wie gut, dass man so viel Vertrauen in die Mädchen setzte und Mel sie einfach betreten konnte, nicht so wie bei den Jungs.

Vor Mels geistigem Auge tauchte ein lustiges Bild wieder auf, doch sie verdrängte es rasch wieder in die Tiefen ihrer Erinnerungen zurück.

Zu viel Schmerz war mit dem Erinnern verbunden …

Mel wusste noch sehr genau, wo der Schlafsaal der Jungs lag, aber sie hätte es gar nicht wissen müssen, genauso wie das Schild über der Tür mit „Fünftklässler“ absolut überflüssig war. Es brauchte schon einen wahren Idioten, um nicht ahnen zu können, wessen Gemächer sich hinter dem dunkelbraunen Eichenholz verbargen.

Die gesamte Tür war nämlich mit Sprüchen tapeziert worden, eine gewisse Neugier verleitete Mel dazu, sich das Holz doch länger als nötig zu betrachteten.

„Do not enter this area!“, hieß es da an einer Stelle.

„Wenn du sechzehn bist, Größe 36 hast und dein Brustumfang auch mit zwei D’s beschrieben werden kann, dann zieh dich sofort aus und leg dich direkt aufs Bett. Bin gleich da! Sirius B.

„Wie unglaublich kreativ, Black!“, Mel verdrehte die Augen.

„Bevor du eintrittst, musst du das Quidditchunser schwören!“

Wenn das nicht von Potter stammte, würde Mel freiwillig seinen Besen fressen.

„Steh auf, wenn du ein Rumtreiber bist, steck deinen Kopf ins Klo, wenn du aus Slytherin kommst. (denn da gehört er hin!)“

Typisch!

Aber dem letzten Teil des Spruches musste Mel zwangsweise einfach zustimmen.

Sie verachtete die Schlangen zutiefst.

Gryffindors und Slytherins verband von jeher eine Hass-Liebe.

Gute Feindschaften musste man eben pflegen.

Wer brauchte schon Freunde, wenn man Gegner wie die Slytherins hatte?

„Party-Zone! Eintritt nur gegen Bezahlung. Währung: Alkohol, BH’s, Höschen, heiße Küsse, Sex …“

An diesem Punkt hörte Mel auf weiterhin die geistigen Ergüsse der Rumtreiber zu lesen und konnte nur den Kopf schütteln.

Wurden die denn nie erwachsen?

Die benahmen sich immer noch wie Dreizahnjährige, die ihr erstes Scharmhaar entdeckt hatten und meinten nun müssten ihnen alle Mädchen zufliegen, weil sie ja jetzt so unglaublich männlich waren.

Mel stieß die Tür auf, nur um sie im nächsten Moment gleich wieder schließen zu wollen. Einzig ihr verzweifelter Wunsch ihren wertvollen Schatz wieder zu finden, hielt sie davon ab.

Wer bei ihnen den Mädchenschlafsaal betrat, dem viel unter Garantie sofort das Bett direkt neben der Tür ins Auge. War’s im Gegensatz zu den anderen (ihres wollte sie mal außen vor lassen) doch ein wenig unordentlich. Genauer gesagt herrschte dort das Chaos, eingekreist von Ordnungsfanatikerin Lily und Putzteufel Gallagher.

Aber so oft sie auch schon Lily dabei beobachtet hatte, wie sie heimlich aufräumte oder Gallaghers verzweifelte Versuche die Staubwolkenfront unter dem Bett zu beseitigen, fünf Minuten nachdem Cruz ihren Schlafplatz erneut in Beschlag genommen hatte, sah es wieder aus wie vorher.

Nur noch schlimmer.

Mit solchen Maßstäben hatte Mel nun gerechnet, aber nicht mal Cruz mal fünf ergab dieses …

Nun ja, eigentlich gab es kein Wort dafür, selbst im Chaos herrschte schließlich noch irgendwie zumindest irgendeine Ordnung.

Das hier aber war nicht nur jeglicher Gegensatz davon, sondern absolut ordnungsfrei.

Nichts schien hier auch nur irgendwie Sinn zu ergeben.

Es wirkte wie ein einziges zurückgebliebenes Schlachtfeld nach einem lange andauernden Krieg.

Kissen lagen verstreut auf dem ganzen Boden, waren selbst in die staubigsten Ecken geschmissen, die Decken lagen nur teilweise auf ihren Betten, der größte Teil hing oder lag auf dem dreckigen Fußboden. Eine schaute sogar von einem der Himmelbetten hinab (Mel fragte sich ernsthaft, wer die da, wie rauf befördert hatte, aber vielleicht wollte sie das ja auch gar nicht wissen …). Aus sämtlichen Ecken guckten Essensreste hervor und eine Abfallspur zog sich quer durch das gesamte Zimmer, vorbei an einzelnen Haufen dreckiger Wäsche (vielleicht war sie ja auch sauber, Mel wollte allerdings keinen Riechtest vornehmen). Zudem verteilten sich auch noch im ganzen Raum Federn und Daunen, als hätte jemand den Inhalt von einem ganzen Dutzend Kissen entleert oder eine Geflügelfarm hatte hier zeitweise ein Zuhause gefunden.

Man wusste es nicht.

Auf einem Bett links neben der Tür türmten sich die Bonbonpapiere und auch sonst quellten aus allen möglichen Verstecken bunte Süßigkeiten, verpackt in glänzendes Aluminiumpapier.

Pettigrew, eindeutig.

Bei Black würde man noch Spuren von ganz anderen Essen finden, so ein Vielfraß wie der war.

Mel wandte ihren Blick nach rechts, an einem der großen alten Schränke und dem Bad vorbei. Diese Betten sahen noch verhältnismäßig weniger unordentlich aus. Auf einem Nachtschränkchen stand das Bildnis einer älteren Dame mit großem Hut auf dem ein Adler thronte.

Mel zeigte ein schwaches Lächeln, die Frau war oft genug aus der Menge auf dem Bahnsteig hervorgestochen, als dass sie sie nicht wiedererkennen würde.

Dann gehörten diese Betten wohl zu Frank Longbottom, Chris Young (das Poster mit seiner Lieblingsmuggelrugbymannschaft war auch kaum zu Übersehen) und Fabian Prewett.

Blieben also noch drei Betten übrig.

Lupins konnte Mel schnell ausmachen, es war das bei Weitem noch ordentlichste im ganzen Raum, war es nur voll gestellt von gewaltigen Bücherstapeln, die dem schiefen Turm von Pisa Konkurrenz machten.

Es wurde demnach eine Entscheidung zwischen zwei Betten, die sich genauso wie ihre Besitzer, verdammt ähnlich waren. Nur die Wände und Türpfosten entlarvten ihre Übernachtungsgäste. Beide besaßen nämlich Quidditchposter, doch das eine war damit sogar so vollkommen zugekleistert, dass an seinem quidditchbegeisterten Besitzer kein Zweifel nagen konnte. Den ausschlaggebenden Beweis entdeckte Mel jedoch als sie näher kam. Ein Foto, das am Kopfende zwischen Matratze und Bettgestell hastig dazwischen geklemmt worden war, erweckte ihre Aufmerksamkeit. Mel zog es hervor, neugierig wie sie war und wer lachte ihr da entgegen?

Ein Mädchen von zwölf Jahren, mit wunderschönen langen dunkelroten Haaren und einem offenen unbekümmerten Lächeln.

Lily Evans am Ende der ersten Klasse in einem blaugeblümten Sommerkleid. Sie hatte es immer schrecklich gefunden und hatte behauptet, es würde ihr nicht stehen. James Potter schien das anders zu sehen. Mel grinste schwach, sie hatten sich immer gefragt, wo das Foto hingekommen war. Jetzt war es endlich klar, James musste es schon damals heimlich herausgenommen haben, als sie ihm ihr Fotoalbum gezeigt hatte.

Damals …

Alte Erinnerungen waren unwichtig!

Mel verdrängte die aufsteigenden Bilder aus ihrem Kopf, sie hatte dafür jetzt keine Zeit und auch keine Lust!

Schnell steckte sie das Foto zurück in Potters Bett, erst jetzt dachte sie überhaupt nach, ob es so eine gute Idee gewesen war es an zu sehen, es sah doch sehr häufig gebraucht aus. Mel wollte wahrlich nicht wissen, was der Schwarzhaarige bereits alles mit dem Bild seiner Angebeteten so angestellt hatte …

Sie wandte sich stattdessen jetzt dem anderen Bett zu.

Wenn sie nett gewesen wäre, Mel hätte es als das Chaos höchstpersönlich beschrieben.

Aber sie war nicht nett, also doch eher das Desaster in Form eines Bettes, der holzgewordene Irrwicht jeder Hausfrau.

Und selbst das wäre noch nett gewesen …

Von allen Betten schien das Mel wirklich der unordentlichste Schlafplatz zu sein, den sie je erblicken durfte.

Oder lag es einfach nur daran, dass sie seinen Besitzer kannte?

Die Wände hinter und neben dem Bett zierten ein paar vereinzelte Quidditchposter, der Rest der grauen Steinmauer war verkleidet mit Frauen … Frauen in Unterwäsche … mit eindeutigen Posen.

„Black, du bist ja so was von widerlich!“, stellte Mel für sich selbst fest, obwohl die Erkenntnis ja nicht neu war.

Wie konnte man nur so verdammt notgeil und sexbesessen sein?

Dieser Junge hatte eindeutig zu viele feuchte Träume!

Oder zu wenig, wie man’s nahm und deswegen musste er seine Fantasien umso mehr in die Realität umsetzten.

Angeekelt erschauderte Mel bei dem Gedanken.

Nur widerwillig näherte sie sich seinem Bett, Mel wollte nicht wissen, wie viele ihrer Mitschülerinnen schon nähere Bekanntschaft mit dem Ding geschlossen hatten. Die ohne Kenntnis bildeten aber sicherlich die Minderheit.

Im Moment schienen Blacks nächtliche Besucher jedoch eher Kekse und Schokofrösche zu sein, den Krümeln und Flecken auf seiner Matratze nach zu deuten.

„Black, du bist ein Schwein und das in jeder Hinsicht!“, ging es Mel durch den Kopf.

Obwohl, war das nicht sehr ungerecht dem Schwein gegenüber?

Zumindest konnte sie wiederum keine neuen Erfahrungen beim Thema „Black“ machen, alte Vorurteile wurden höchstens bestätigt.

Aber es half ja nichts, sich noch mehr zu ekeln, da musste Mel jetzt durch.

Zu erst fing sie lieber damit an das Schränkchen zu durchsuchen, das links neben dem Bett stand. Wenn man mal von den angebissenen Törtchen absah und den einzeln verstreuten Resten von Wurstpellen (Mel erschauderte ein weiteres Mal und musste einen Brechreiz unterdrücken), konnte man es fast schon als sauber bezeichnen.

Sie hob den Teller hoch, nur zu Sicherheit, aber natürlich war da nichts.

Die zwei Schubladen hatte sie auch schnell durchkramt, aber bis auf ein paar Schmuddelhefte, Süßigkeiten und einer Liste mit vielen bekannten Namen von Blacks Eroberten, worauf er deren Qualitäten beurteilte, konnte sie nichts entdecken. Aus Frust nahm sie sich eine der „Zeitungen“ und warf sie mit voller Wucht gegen die Wand, als Mel sie jedoch wieder aufnehmen wollte, fielen zwei Fotos heraus.

Das eine war noch recht neu, es zeigte eine hübsche junge Frau, mit langen mitteldunklen Haaren und hohen Wangenknochen. Hinter ihr hatte ein sympathischer aussehender Mann seine Hand beschützend auf ihre Schulter gelegt. In ihren Armen hielt die Frau ein Bündel, aus dem ein Baby ihr seine Ärmchen entgegenstreckte.

Mel wunderte sich.

Hatte das Baby gerade seine Nase verändert?

Da! Schon wieder!

Black hatte eine seltsame Familie. Mel fragte sich, wer sie wohl waren. Anscheinend bedeuteten sie Black auf jeden Fall etwas, so seltsam das auch in ihren Ohren klingen mochte.

Womöglich seine Cousine?

Droma?

Er mochte sie im Gegensatz zum Rest seiner Familie, das wusste Mel.

Wiederum verdrängte sie ein aufkommendes Gefühl und die dazugehörigen Bilder.

Gefühlsduseliger Schwachsinn!

Sie legte das Foto beiseite und betrachtete stattdessen das andere eingehender.

Es war schon recht vergilbt, wirkte sehr alt. Darauf zu sehen, waren zwei kleine schwarzhaarige Jungs. Der eine war etwas größer als der andere und hatte seinen Arm um den Kleineren gelegt.

Brüder.

Black und sein Bruder Regulus, als sie vielleicht acht und sechs waren. Ihre Gestik wirkte verschworen, aber zumindest Blacks Gesicht verriet, dass ihm das Lachen nicht ganz so leicht fiel. Es wirkte nicht so offen wie heute. Diese sorglose Unbeschwertheit fehlte irgendwie …

Plötzlich fiel Mel der Wahrsageunterricht wieder ein.
 

„Der Teufel steht für Abhängigkeit, feste Grenzen, Versuchung und dass das Negative überwiegt“, las sie laut vor, „das heißt wohl, dass du früher schlechte Erfahrungen gemacht hast und eingeengt wurdest.“

Erstaunlicherweise ließ ihr Gegenüber diesen Teil mal unkommentiert und hüllte sich stattdessen in Schweigen.

Überrascht zog Mel kurz eine Augenbraue hoch.

„Was?!“, fragte Black unfreundlich.

„Nichts.“, antwortete sie schnell und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder den restlichen Karten zu.
 

Lag sie mit ihrer Aussage doch nicht falsch?

„Das heißt wohl, dass du früher schlechte Erfahrungen gemacht hast …“

Wie Mel so sinnierte, bemerkte sie das näher kommende Geräusch erst sehr spät. Fast zu spät.

Schritte!

Mel glaubte für einen kurzen Moment, dass ihr das Herz stehen bleiben würde, doch sie fasste sich erstaunlich schnell wieder. Geschwind packte sie die Zeitung, stopfte die Bilder wieder rein und legte sie zurück in die unterste Schublade, versteckt unter einem Haufen alten Papier. Sie gab der Schublade noch einen kurzen Stoß, dann hechtete Mel auch schon, ohne nachzudenken, unter das Bett und quetschte sich soweit es ging zwischen Boden und Kopfende, mit dem Blick Richtung Ausgang.

Keinen Moment zu spät, denn schon ging die Tür auf.

„Verdammt!“, dachte Mel.

Wer kam denn da schon so früh zurück?

Sie konnte erst nichts erkennen, da sie durch den Schlitz zwischen Betttuch und Boden nur die Füße und den Anfang einer Hose sah, aber der Eintretende verriet sich sehr schnell selbst.
 

„Danke, du kleiner Bastard!“, fluchte Sirius.

Den Umhang konnte er jetzt getrost in die Ecke werfen. Wütend riss sich Sirius das mehr braune als rote Ding von den Schultern und musste feststellen, dass der Boden auch seine untere Kleidung „geküsst“ hatte. Also schmiss er auch den Rest seiner Klamotten zu Boden, bis er nur noch in Boxershorts dastand, das einzige Kleidungsstück, was unberührt geblieben war.

Er brauchte jetzt erst mal ne kleine Erfrischung, schließlich klebte ihm der Matsch ebenfalls in den Haaren. Sich auf seine Dusche freuend, schulterte Sirius sein Handtuch und machte sich pfeifend auf den Weg ins Bad.
 

„Wie viele Mädchen würden jetzt wohl gerne mit mir tauschen?“, dachte Mel Augen verdrehend.

Sirius Black, nur in Boxershorts, ganz für sie allein.

Juhuu, was für ein unglaubliches Glück sie doch hatte!

Gut, sie musste widerwillig zugeben, an der Story von seinem „tollen Astralkörper“ war doch etwas dran, aber so super war er jetzt auch wieder nicht!

Außerdem sah fast jeder Junge oben ohne besser aus als man es erwartete.

Schön, er hatte auch noch ein hübsches Gesicht, aber es war nicht gelogen, was sie heute Morgen zu ihm gesagt hatte. Mel hatte bei Weitem schon Männer gesehen, die in einer noch ganz anderen Liga spielten, auch wenn das viele Mädchen immer bestritten, dass es nach Sirius Black noch eine Steigerungsmöglichkeit gab.

Aus dem Bad ertönte das Geräusch rauschenden Wassers, der Herr nahm also eine Dusche …

Wenn das nicht Mels Chance war zu entkommen!

Die Badezimmertür stand zwar offen, aber er würde es sicherlich nicht bemerken, wenn sie sich leise rausschleichen würde und er müsste nie erfahren, dass sie hier drin gewesen war, während er praktisch vor ihren Augen einen Strip hingelegt hatte.

Außerdem wurde Mel die Gesellschaft der Staubbüschel, grauen Kekskrümel, toten Fliegen und Mücken doch langsam etwas zu aufdringlich. Hinzu kam ein nicht zu identifizierendes Objekt schräg rechts von ihr, ein merkwürdig aussehender grüner Klumpen, der augenscheinlich ein ganzes Wohnviertel an Mikroben beheimatete.

Mel blickte nochmals angespannt zum Bad, aber Black schien ganz in seine Duschorgie vertieft.

Jetzt oder nie!

Mel kroch geschwind unter ihrem Versteck hervor, quetschte sich wieder durch die Lücke zwischen Bett und Boden … da harkte es plötzlich.

Sie hielt erschrocken den Atem am und warf einen entsetzten Blick zurück über ihre Schulter. Mit Gewalt zerrte Mel an dem Hindernis, doch anstatt sich befreien, durchfuhr sie ein heftiger Schmerz, dass ihr die Tränen in die Augen schossen.

Nein, das war jetzt nicht wahr, oder?!

Ihr blöder linker Fuß musste irgendwo eingeklemmt sein!

Das war ja wie in einem dieser dämlichen Muggelbücher, wo die Hauptfigur denkt sie ist aus dem Schneider, aber dann doch noch auf ein unerwartetes Hindernis trifft, nur weil der bescheuerte Autor meint, es dem Leser noch mal spannend machen zu wollen.

Na toll!

Das hatte sie jetzt davon, sich soweit wie möglich unter dieses Chaosbett zu quetschen, ihr Fuß hatte sich wohl dazu entschlossen den Angsthasen zu spielen und nicht mehr aus seinem Versteck zwischen rechten hinterem Pfosten und Steinmauer hervorkommen zu wollen.

„Moment mal!“, fiel es Mel urplötzlich wieder ein.

„Bin ich eine Hexe, oder nicht?“

Sie hatte zwar Angst ihren Fuß in der Dunkelheit des Bettes wegzuzaubern, aber besser das, als noch mehr Einblicke in Blacks so genannte Intimsphäre. So tastete Mel also nach hinten zu ihrem Hosenbund, dort wo ihr Zauberstab immer steckte … doch da war nichts. Ihre Hand griff ins Leere.

Fuck!

Nicht schon wieder eine dieser blöden Muggelbuchstellen!

Mel ließ ihren Zauberstab nie liegen, es sei denn … es sei denn sie hatte ihn benutzt. Sie erinnerte sich ihn beiseite gelegt zu haben, nachdem sie ihn für das Öffnen eines Schmuckkästchens einer Sechstklässlerin benutzt hatte und da lag er jetzt noch immer. Fröhlich schlummernd auf irgendeinem Bett.

Verdammt!

Weiteres Problem.

Kurze Zusammenfassung:

Sie lag hier also, unter dem Ding, das Sirius Black sein „Bett“ nannte, eingekerkert zwischen Dreck, toten Tieren und Speiseresten und mit einem langsam einschlafenden Fuß irgendwo in einer schmutzigen Ecke eingeklemmt, während sich erwähnter Besitzer nichts ahnend unter der Dusche befand und jeden Moment herauskommen konnte und ihr Zauberstab befand sich an einem schönen sicheren Ort, von ihr getrennt durch einige meterdicke Steinwände?

Wenn’s weiter nichts ist!

Nichts was man nicht wieder hätte gerade biegen können.

Mel verspürte das dringende Bedürfnis ihren Kopf mal wieder gegen einen möglichst harten Gegenstand zu hauen.

„Mich verfolgt nicht nur Black, sondern mit ihm auch das Pech!“

Wahrscheinlich war er sogar ihr persönlicher Pechgrimm.

Sie rollte sich wieder unters Bett.

Bevor Black nicht hoffentlich bald wieder weg gehen würde, würde sie sich nicht befreien können. Das würde mehr Zeit brauchen ihren Fuß dazu zu überreden wieder hervorzukommen. Jetzt konnte Mel jedoch nichts machen außer warten.

Das Wasser rauschte immer noch.

Wie lange duschte dieser Junge denn?

Mel schloss genervt die Augen, da vernahm sie auf einmal etwas.

Was war das denn?

Sang Black etwa gerade unter der Dusche?

Tatsächlich!

Ohne Scham ließ der eingebildete Schönling ein Durcheinander von verschiedenen Melodien erklingen, mal Zaubererlieder, mal ihr unbekannte Stücke, Mel schätze, dass es sich um Muggelmusik handelte. Sie lauschte mit geschlossenen Lidern weiter dem Gesang, was durch das Rauschen zu Mel vordrang, klang gar nicht mal so schlecht. Blacks tiefe männliche Stimme ging bei rockigen Liedern richtig ab, sie animierte einen fast schon dazu mitzusingen, hingegen bei langsameren war sie so sanft, dass sie unter Mels Haut zu gehen schien und jedes einzelne Haar darauf mitvibrieren ließ.

„Stopp, Mel!“, die Blonde riss entsetzt die Augen auf, als sie erkannte was sie tat.

„Du machst doch nicht wirklich Sirius Black, dem Black, dem arrogantesten Schönling und eingebildesten Idioten von ganz Hogwarts ein Kompliment?“

Selbst in Gedanken, schalte sich Mel dafür.

„An Black gibt es nichts, aber auch gar nichts Positives!“, wiederholte sie diesen Satz immer wieder in ihrem Kopf.

Das Rauschen erstarb und Mel hielt für einen kurzen Moment erneut die Luft an. Der Gesang ging trotzdem weiter, Black fühlte sich wohl sehr ungestört.

Wenn der wüsste, wer ihm da gerade zuhörte …

„Always look on the bright side of life!“, schmetterte er daher.

Mel konnte nicht anders, sie wusste, sie sollte es nicht tun, da es erstens zu riskant und zweitens ihr vielleicht tatsächlich einen unvergesslichen Eindruck liefern könnte, aber sie musste es einfach genauer sehen. Ihre Neugierde zwang Mel ja praktisch dazu auf dem Bauch näher zum Schlitz am Fußende zu kriechen, soweit ihr eingeklemmter Fuß es eben zuließ. Doch ihre Mühe wurde belohnt, Blacks nackte Füße vollführten vor ihrer Nase einen urkomischen Tanz zu seinem Lied, dass Mel sich die Faust in den Mund stecken musste.

„Black, jetzt bist du wirklich mal witzig!“, kam es Mel in den Sinn und wenn sie schon nicht lachen durfte, konnte sie zumindest ein breites Grinsen nicht unterdrücken.

Ein weiteres Mal unterlag Mel der Versuchung durch ihre Neugier.

Das musste sie noch genauer sehen!

Also robbte sie weiter vorwärts, bis der stechende Schmerz in ihrem Gelenk es einfach nicht mehr zuließ, aber das war es wert. Nur mit sehr großer Mühe gelang es Mel das Kichern, das bereits in ihrem Halse steckte, wieder runter zu schlucken.

Der Ausblick war schlichtweg phänomenal!

Nur mit einem Handtuch um die Hüften bekleidet, schwang Black das Tanzbein, sang oder pfiff abwechselnd eine Melodie dazu und schnitt dem Spiegel vergnügt eine Reihe eigenartiger Grimassen zu, während er sich wohl wieder ausgehfertig machte.

Bei einem Jungen dauerte dieser Prozess zum Glück nicht solange wie bei einem Mädchen, obwohl das in diesem Fall fast schon schade war, Mel fand das Unterhaltungsprogramm dafür viel zu gut.

Schließlich war Black aber fertig und die Show somit leider auch vorbei, pfeifend kehrte der Schwarzhaarige in den Schlafsaal zurück. Vor seinem Bett blieb er plötzlich stehen.

Mels Herz klopfte doch etwas mehr.

Es wäre gar nicht gut, wenn er sie hier drunter finden würde, überhaupt nicht gut!

Auf einmal hörte sie ein Geräusch und im nächsten Moment lag das Handtuch, das Black gerade eben noch um die Hüften getragen hatte, auf dem Boden direkt vor ihren Augen. Mel konnte gar nicht sagen, wie froh sie in diesem Augenblick über die Eingeschränktheit ihres Sehwinkels war und nur seine nackten Fesseln und Waden betrachten konnte.

Auf den anderen Ausblick konnte sie gut lebenslang verzichten!
 

Sirius nahm seine Boxershorts vom Bett und zog sie sich wieder über.

Er musste sich so langsam beeilen, er hatte zuviel Zeit unter der Dusche vertrödelt, aber wann sonst hatte er das Bad schon mal ganz für sich allein, ohne das jemand gegen die Tür hämmerte?

Just als er sich zu seinem dunkelbraunen Kleiderschrank umwenden wollte, sprang ihm unvermutet etwas ins Auge …
 

Mel hatte die Augen geschlossen, sie wollte lieber nicht das Risiko eingehen, doch mehr zu sehen als ihr eigentlich lieb war.

Als jedoch eine ganze Weile kein Geräusch mehr von Außen an ihr Ohr drang, öffnete sie sie leicht nervös wieder. Blacks Füße standen nach wie vor an Ort und Stelle, er wirkte unbewegt. Da ging er auf einmal in die Knie und streckte seine Hand nach dem Nachtischchen aus …
 

Sirius kniff die Augenbrauen enger zusammen.

Seltsam … er hatte doch schon lange Zeit da unten nichts mehr rausgeholt.

Warum stand dann die letzte Schublade ein Stück offen?

Irgendjemand musste dort also nach etwas gesucht haben …

Sirius’ Brauen entspannten sich wieder.

Er würde Peter dringend klar machen müssen, dass er sich seinen eigenen Vorrat anlegen sollte!

Mutter hin oder her, Sirius mochte es nicht wenn jemand in seinen Sachen einfach rumwühlte, selbst James wusste, dass vor allem die unterste Schublade tabu war. Seufzend wollte Sirius sich schon wieder erheben, da fing erneut etwas seine Aufmerksamkeit …
 

Mel hielt die Luft an.

Oh nein, sie Blödian hatte das dämliche Ding nicht ganz zugemacht!

Ihre Atmung beschleunigte sich leicht, sie konnte nur inständig hoffen, dass er keinen Verdacht schöpfen würde. Es kam ihr schrecklich lange vor, bis sich Black schließlich doch endlich wieder erhob, etwas von seinem Bett aufnahm und sich abermals ins Bad begab.

Diesmal schloss er allerdings die Tür.

Das war Mels Chance!

Sie musste hier schleunigst weg, allmählich wurde es brenzlig. Beim nächsten Verdachtsmoment würde er sie sonst vielleicht entdecken.

Ohne Rücksichtnahme auf eigene Schmerzen oder zurückbleibende Blessuren, kämpfte Mel mit aller Gewalt dafür ihren Fuß wieder frei zu bekommen.

Zu guter letzt gelang es ihr auch, die Zähne fest zusammengepresst und so schnell sie nur konnte, kroch sie unter Blacks Bett hervor. Wie sie jedoch aufstehen wollte, fiel Mel beinah gleich wieder zu Boden, nur indem sie ihre Hand auf das Bett aufstütze, erlangte sie ihr Gleichgewicht zurück. Mel hatte jegliches Gefühl in ihrem linken Fuß eingebüßt, durch das lange eingeklemmt sein, war er eingeschlafen und letztendlich völlig taub geworden. Aktuell war er wohl gerade dabei festzustellen, dass er doch noch nicht abgestorben war, was sich durch das starke Kribbeln und den aufkommenden Schmerz unangenehm bemerkbar machte.

Mel aber blieb keine Zeit darauf zu achten, halb springend halb humpelnd machte sie sich auf Richtung Tür. Sie hatte fast die Klinke erreicht … als ihr Fluchtweg vor ihren Augen zuknallte und mit einem Klick-Geräusch signalisierte, dass ihr Ausweg versperrt war.

„So Roberts, jetzt erzähl mir doch mal, was du unter meinem Bett zu suchen hattest.“
 

Sirius hatte sich lässig gegen die Wand gelehnt und spielte mit dem Zauberstab zwischen seinen Fingern rum. Geduldig wartete er darauf, dass Roberts bereit war sich umzudrehen. Ganz langsam bewegte sie ihren Körper in seine Richtung, in ihrem Gesicht konnte man jedoch nicht wie von Sirius erhofft, die Ertapptheit ablesen.

„Bilde dir ja nichts darauf ein, Black!“, Roberts erwiderte seinen intensiven Blick mit unverhohlener Abscheu.

„Was soll ich mir sonst einbilden, Roberts?“, er kniff die Augen zusammen.

„Das du eine verrückte Meuchelmörderin bist, die anderen unter Betten auflauert? Oder dass du einfach gerne da unten in dem Dreck haust? Abstoßend und einsam, passt ja zu einem Eremiten wie dir.“

„Sehr witzig, Black!“, fauchte sie.

„Ha ha, ich lach mich kaputt.“

Sirius' Augen verengten sie wieder:

„Roberts, warum zum Dementor hast du meine Sachen durchsucht?! Was verdammt noch mal hattest du da dringendes zu suchen, hm?!“

Sie zog überrascht eine Augenbraue hoch:

„Woher weißt du …“

Er sagte nichts, sondern hielt ihr etwas entgegen. Zwischen seinem Daumen und Zeigefinger wehte ein Haar hin und her. Ein blondes gelocktes Haar.

„Erklär mir doch mal schön, wie das in mein Nachtschränkchen kommt!“

„Das geht dich nichts an, Black!“, ihre Miene zeigte noch immer keine Schuldgefühle oder nur einen Hauch von Verlegenheit.

Allmählich wuchs Sirius’ Wut wieder an:

„Roberts, du dringst in meinen Schlafsaal ein, durchforstest mein Privatsphäre und meinst mich ginge es nichts an, was du hier drin zu treiben hast?! Da hast du dich aber gewaltig geschnitten! Du kommst hier nicht eher raus, bevor du mir endlich antwortest.“

„Was regst du dich so auf, Black? Bei dir gibt’s eh nicht viel zu sehen außer ein paar Schmuddelheftchen, Essensresten und Dreck!“, in ihrer Stimme schwang unverkennbarer Hohn mit.

Dann hatte sie also wohl nicht …

„Ist das etwa alles was du gefunden hast?“, fragte er schnell nach.

Für einen Moment schaute sie irritiert, bevor sich ihre eisige Miene in eine wissende Überlegenheit änderte.

„Also, wenn du diese alten Erinnerungsstücke meinst, die habe ich natürlich auch entdeckt.“

Sirius erstarrte, in ihm krampfte sich etwas zusammen.

„Du bist ja als kleiner Furz so süß, Black! Hast wahrscheinlich schon damals die Herzen aller Kindergartenmädchen höher schlagen lassen.“, verhöhnte sie ihn erneut.

„Roberts, was hattest du hier drin verloren?!“, platzte es aus dem wutentbrannten Sirius heraus.

„Gar nichts!“, kam es ein wenig zu schnell von ihr.

Zum ersten Mal schaute sie ihn leicht ertappt an.

„Black lass mich raus oder ich erzähle jedem, dass du ein kleines Foto von deinem geliebten Slyhterinbruder hast.“, zischte sie.

„Deine Cousine würde das sicherlich brennend interessieren.“

Ohne nachzudenken, überbrückte Sirius die wenigen Meter, die sie trennten, sein Zauberstab war jetzt nur noch eine Haaresbreite von ihrer Brust entfernt. Ihre Miene wirkte unerschüttert.

„Wenn du das tust, hex ich dir deine blonden Locken in dein vorlautes Mundwerk!“, drohte er ihr mit deutlichem Zorn in der Stimme.

Sie zog lediglich ihre Augenbraue hoch:

„Versuch’s doch!“

Jetzt platzte Sirius endgültig der allerletzte Geduldsfaden.

„Kannst du haben!“

Na warte, die konnte was erleben, der würde er mehr als nur die Haare vom Kopf zaubern!

Rasch hob er seinen Zauberstab, die ersten Worte lagen ihm bereits auf der Zunge, dann jedoch tat Roberts etwas vollkommen Unvorhergesehenes. Ihre Hände waren so blitzschnell, dass Sirius es erst bemerkte als es schon zu spät war.
 

„Roberts, verdammt!“, schrie Black und versuchte seine Blöße wieder zu bedecken.

Doch zu spät, Mel hatte eh bereits alles gesehen!

Das allerdings war nicht der Grund dafür gewesen, warum Black die Hosen runter lassen musste, während er nämlich auf einmal so leicht beschäftigt war, hatte Mel ihm auf geschickte Weise einfach den Zauberstab entwenden können.

„Schön ins Bad, Black!“, sie deutete mit seiner magischen Waffe, direkt auf Blacks Brust.

„Oder möchtest du mir noch mal solche tiefen Einblicke in deine Intimsphäre schenken?“

„Du hast eh schon alles gesehen!“

Er verschränkte die Arme vor der Brust und hatte wieder mal diesen arroganten Ausdruck aufgelegt:

„Außerdem gibt es nichts, wofür ich mich schämen müsste!“

„Da hat er wahrlich Recht!“, schoss es Mel alsgleich durch den Kopf.

Hatte das gerade wirklich sie oder jemand anders gedacht?

„Und wie wäre es dann mit einen paar hübschen Furunkeln am Allerwertesten? Ich wette die Mädels wären begeistert!“

Ein Gefühl des Triumphes durchfuhr Mel, als Blacks selbstsicheres Gesicht endlich an Farbe verlor.

„Das wagst du nicht!“

Mel lächelte süffisant:

„Und ob! Furunkulus!

Black hechtete unmittelbar zur Seite, aber sie hatte gar nicht vorgehabt ihn zu treffen. Stattdessen nutzte sie ihre Chance, um letztlich doch noch den Weg nach draußen frei zu machen. Die Tür sprang nahtlos auf und Mel raste so schnell wie noch nie in ihrem Leben die Treppe runter, Blacks Gefluche ihr dicht auf den Fersen. Sogleich sie unten im Gemeinschaftsraum angekommen war, nahm sie den Weg zu den Mädchenschlafsälen wieder hinauf. Hinter sich konnte sie hören, wie der Zauber der Treppe aktiviert wurde, ein donnerndes Geschimpfe sagte Mel, dass sie in Sicherheit war.

Derweil ihr Puls sich beruhigte, legte sich auf Mels Lippen ein schiefes Grinsen:

„Jetzt kann ich von mir selbst behaupten, dass einzige Mädchen in ganz Hogwarts zu sein, dass alles von Sirius Black gesehen hat, ohne je mit ihm geschlafen zu haben. Was für eine unglaubliche Ehre!“
 

Sirius stieß Verwünschungen aus wie noch nie zuvor, gleichzeitig rieb er sich das schmerzende Hinterteil.

„Verdammtes, Biest!“

Der Erwiderung auf seinen Ausstoß kam prompt:

„Tja, Black. Du bist eben zu langsam!“

„Na warte, Roberts“, brüllte er die Treppen hinauf, „wenn ich McGonagall erzähle …“

„Dann rutscht mir leider raus, was in deinem Nachtschränkchen so alles liegt … und welche lustigen Liedchen du beim Duschen singst!“

Sirius stand dort wie ein zähnefletschender Hund, wissend, dass er nichts machen konnte. Sie hatte ihn in der Hand.

„Wag es nie wieder meinen Schlafsaal zu betreten!“

„Nicht dass ich daran großes Interesse hätte!“, es klang merkbar abfällig.

„Aber auf deine Befehle höre ich trotzdem nicht, Black!“

„Du verfluchtes …“, wollte er schon ansetzen, da knallte eine Tür zu und ein klackerndes Geräusch näherte sich Sirius von der Treppe.

Letztendlich rollte Sirius’ Zauberstab direkt vor seine Füße, dass hielt ihn natürlich nicht davon ab sie trotzdem weiter auf Übelste zu verfluchen, bevor er mit einer mörderisch schlechten Laune den Weg zurück in seinen Schlafsaal stapfte. Ein zufälliger Blick auf die Uhr verriet Sirius, dass James auch noch jeden Moment garantiert auftauchen würde, um ihn den Kopf abzureißen.

Sirius riss den Kleiderschrank auf, grapschte nach einem neuen schwarzen Umhang, bevor er sich ohne hinzugucken irgendein T-Shirt vom Stapel griff.

Als er es aber raus zog, ließ ein plötzliches leise raschelndes Geräusch ihn umschauen.

Da musste irgendwas zu Boden gefallen sein …

Seine grauen Augen machten sich auf die Suche nach der Ursache, als er sie direkt vor dem Kleiderschrank liegend entdeckte.

Im Schein der hellen Mittagssonne glänzte Sirius eine kleine silberne Kette entgegen.
 


 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

Was Sirius da bloß wieder entdeckt hat? *g* Nächstes Chap erfahrt ihr es - aber vermutlich wird es euch mehr verwirren als Antwort geben.^^
 

@eva-04: *lol* Natürlich - ohne die beiden wird's sonst mit der Existenz von Harry schwer.^^ Aber gib ihnen etwas Zeit, bis zum siebten Schuljahr haben sie das geregelt ... doch im Moment müssen beide erst mal noch erwachsen werden.

Mel & Sirius jaah das wird noch seeehr interessant. ;)

P.S. Nur Geduld, aber Schönbert findet garantiert noch mal Erwähnung - ich brauche ihn nämlich noch.^^
 

@Nicce: Ich wollte halt eure Äuglein nicht zu sehr belasten.^^ Und 36 Word-Seiten an einem Stück zu lesen ist vielleicht tatsächliches etwas viel ...

Da muss ich mir glatt überlegen, ob ich das Chap an dem ich grad arbeite, nicht noch mal aufteile - dabei sind's jetzt schon drei. *lol*
 

@Lesca07: Ich stell's mir auch sehr schwer vor Mr. Blacks Charme zu widerstehen - deswegen bewunder ich Mel ja auch ^^ - aber andererseits kann ich auch Caite verstehen. Sie will ihre kleine Schwester eben davor bewahren unglücklich gemacht zu werden und gerade Sirius kann sie auf den Tod nicht ausstehen - hat seine Gründe ...^^

Lily als Sucherin? Hm, wir werden sehen, wen der ehrenwerte Teamkapitän erwählt, man erfährt's schon im nächsten Chap. ;)

Na dann schätz ich mal, dass dir Mel nach diesem Chap noch unsympathischer sein dürfte, weil sie Siri-Schatzi so lächerlich gemacht hat. *g*
 

@LilTe: Wir werden sehen, ob unser Casanova auch hier wieder mal Glück hat. An mangelndem Interesse der Gegenseite wird's jedenfalls nicht scheitern - aber vor Caite sollte er sich doch in Acht nehmen. *fg*

Hehe - Sirius' das verfressene Glücksschwein! *lol*

Mel als Sucherin könnte schwierig werden - oder glaubst du, dass die einfach ja sagen würde, wenn James fragt?^ ;)

Na ja, nächstes Chap gibt's ja schon die Auflösung ...

Der Schlüssel zum Glück

Soooo, mit einem Tag Verspätung präsentier ich euch auch wieder mal ein neues Chap. Es ist ziemlich wichtig, sozusagen die erste Wendestelle in der Geschichte, was alles spätere beeinflusst. Außerdem kommt jetzt endlich mal mein tolles Gedicht zum Einsatz^^. Wenn ihr beiden Zweizeiler am Anfang und am Ende auslasst, steht in der Mitte immer über jeweils eine Person bzw. deren Geheimnis eine Strophe. Da wir uns als erstes Remus und seinem "großen Geheimnis" zuwenden, könntet ihr ja mal fröhlich raten, welche für ihn vorgesehen ist.^^

Viel Spaß beim Rätseln! =)
 

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»Non semper ea sunt, quae videntur.«

Die Dinge sind nicht immer das, was sie zu sein scheinen.

Phaedrus (ca. 20 v. Chr. – ca. 50 n. Chr.), römischer Fabeldichter
 

Kapitel 10 – Der Schlüssel zum Glück
 

"Anyway … my Mum always said things we lose have a way of coming back to us in the end … if not always in the way we expect.”

Luna Lovegood (Evanna Lynch) zu Harry Potter (Daniel Radcliffe), Harry Potter and the Order of the Phoenix
 

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Sirius riss den Kleiderschrank auf, grapschte nach einem neuen schwarzen Umhang, bevor er sich ohne hinzugucken irgendein T-Shirt vom Stapel griff.

Als er es aber raus zog, ließ ein plötzliches leise raschelndes Geräusch ihn umschauen.

Da musste irgendwas zu Boden gefallen sein …

Seine grauen Augen machten sich auf die Suche nach der Ursache, als er sie direkt vor dem Kleiderschrank liegend entdeckte.

Im Schein der hellen Mittagssonne glänzte Sirius eine kleine silberne Kette entgegen.
 

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Sirius bückte sich und hob das dünne Etwas auf.

Merkwürdig …

Er kniff die grauen Augen zusammen.

Wo kam die denn her?

Er wüsste ja nicht, dass einer der Jungs neuerdings ein Faible für Frauenschmuck entwickelt hätte und das hier war ja nun eindeutig weiblichen Ursprungs.

Kurz betrachtete Sirius sie, als endlich der Knut bei ihm fiel.

Er haute sich mit der Hand gegen den Kopf.

Natürlich!

Sonntagabend.
 

Beim Rausgehen fiel ihm etwas Silbernes auf, das vor dem Porträt auf dem Steinfußboden lag. Gedankenverloren hob Sirius es auf, stellte kurz fest, dass es eine Kette war und verstaute es tief in seiner Umhangtasche.

Seine Schritte hallten durch die einsamen Gänge des Schlosses, während seine momentanen Gedanken schon längst wieder das kleine silberne Ding in seiner Tasche aus seinem Kopf vertrieben hatten.
 

Er selbst hatte das dämliche Ding doch eingesteckt, nachdem er es vor dem Porträt der fetten Dame gefunden hatte!

Aber Sirius hatte keinen weiteren Gedanken daran verschwendet, weil er damals mit anderen Sachen beschäftig gewesen war. Eine kleine verlorengegangene Kette, hatte ihn da eben nicht besonders gekümmert.

Wieso auch?

Niemand hatte sich gemeldet. Auf diese Weise war sie völlig aus Sirius’ Bewusstsein wieder verschwunden, gut versteckt vor ihm selbst in den weiten Tiefen seiner Umhangtasche (man sollte ja gar nicht glauben, was sich da alles bei genauerer Durchforstung so entdecken ließ …). Die Hauselfen hatten sie vermutlich beim Waschen der dreckigen Wäsche gefunden und sie vorsorglich an einem Ort platziert, wo er sie auf alle Fälle bemerken würde. Auf seinem gigantischen T-Shirtstapel.

Sirius unterzog sein Fundstück nun erstmals einer genaueren Musterung.

Die Kette war sehr schlicht und feingliederig, das Silber glänzte matt, aber es erschien ihm echt zu sein. An dem kurzen silbernen Band hing durch eine winzige metallische Schlaufe befestigt ein schwerer Anhänger. Das ovale Amulett, ebenfalls aus dem gleichen Element gefertigt, hatte eine Länge von ca. vier Zentimetern und war ungefähr halb so breit.

Ein einziges Wort reichte aus um es treffend zu beschreiben:

Langweilig.

Keine Verzierungen, keine Schnörkeleien, Edelsteine oder sonstiges Zeug, was dieses Ding hätte interessant oder außergewöhnlich machen können. Nur blankes mattes Edelmetall, gepresst in eine Eierform.

Kein Wunder, dass sie Sirius nicht im Gedächtnis geblieben war, schließlich war es die uninteressanteste Kette, die er je gesehen hatte.

Wie konnte man nur so etwas Ödes besitzen?

Besitzen … das war das Stichwort!

Wem gehörte dieses nichtssagende Schmuckstück eigentlich?

Dass er die Kette vor dem Eingang zum Gemeinschaftsraum gefunden hatte, legte den Verdacht natürlich nahe, dass es irgendeiner Gryffindor gehören musste. Sirius überlegte, jemals ein Mädchen mit so einer Kette um den Hals beobachtet zu haben, aber für gewöhnlich achtete er ja nie auf solche unwichtigen Dinge. Seine Blicke glitten meist woanders hin. Tiefer.

Er kratzte sich am Hinterkopf.

Lange gelegen hatte es dort bestimmt allerdings noch nicht …

Da plötzlich fiel es Sirius wie Drachenschuppen vor die Augen.

Es gab keine andere Möglichkeit und so machte es Sinn.

Ja, so macht alles Sinn!

Die Kette gehörte Roberts!

Allein bei dem Gedanken an sie umschloss sich seine Hand um das Amulette fester zu, als würde sie wünschen genau das Gleiche bei Roberts’ Hals tun zu können.

Er war an genau diesem besagten Sonntagabend mit ihr zuvor beim Ausgang des Gemeinschaftsraums zusammengestoßen, dabei musste sie es verloren haben.

Und dass ihm der Plagegeist diese Woche so oft noch auf den Gängen begegnet war, wo sie sich doch sonst nie weit von der Bibliothek entfernte, lag daran, dass sie es wohl andauernd gesucht hatte.

Genau wie sie heute hier, in ihrem Schlafsaal, danach geforscht haben musste.

Warum tat sie es aber erst heute?

Doch nicht nur weil die Gelegenheit so günstig war.

Der Unfall war bereits eine Woche her. Sie hätte also bestimmt mehr als eine Möglichkeit gehabt unbemerkt in den Jungenschlafsaal zu gelangen und seine Sachen zu durchwühlen.

Aber vielleicht ahnte dieses Gör ja auch gar nicht, wie richtig sie mit ihrem Verdacht lag, er könne es haben …

Schlagartig drehte sich Sirius’ Stimmungsanzeiger um 180°, die ganze schlechte Laune, die dieses Miststück gerade eben erst verursacht hatte, war verpufft.

Was für eine Ironie, dass ausgerechnet sie erneut Schuld war an seinem Stimmungsumschwung!

Auf Sirius’ Lippen lag ein äußerst fieses Grinsen, er verspürte auf einmal eine tiefe innere Genugtuung.

Dieses kleine Stück Metall würde ihm ganz bestimmt noch sehr behilflich sein!

Was würde sie wohl alles tun, nur um es zurückzubekommen?

Vieles!

Vielleicht alles?

Immerhin brach sie sogar schon in fremde Schlafsäle ein, nur um es wiederzufinden.

Die obere Grenze an Möglichkeiten war also äußerst dehnbar.

Sirius kniff erneut die Augen zusammen und hielt sich die Kette näher vors Gesicht.

Was bitte war an diesem unbedeutenden Stück Silber eigentlich so interessant, dass sie es unbedingt wieder haben wollte?

Schließlich war es stinklangweilig und nahezu ohne Wert.

„So wie seine Besitzerin.“, ging es dem Schwarzhaarigen durch den Kopf.

Aber es musste doch einen Grund geben!

Seine Neugier verleitete Sirius dazu, es nochmals ganz genau unter die Lupe zu nehmen. Als er näher ans Fenster trat, offenbarte ihm das zusätzliche Licht, was er bisher einfach übersehen hatte.

Sirius’ Augen wurden groß.

Konnte es sein, dass …
 

Ungeduldig trippelte James Potter zum wiederholten Male auf und ab, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, den Kopf mit sturer Miene zu Boden gesenkt. Das ehemalige Grün des Rasens unter ihm hatte sich längst in ein unschönes matschiges Braun verwandelt, denn seit einer halben Stunde tat James bereits nichts anderes, als selbigen Weg immer wieder zu beschreiten und jeden Grashalm, der es doch tatsächlich gewagt hatte noch stehen zu bleiben, mitleidlos platt zu stampfen. Die braune Schneise seines Weges zog sich gut erkennbar von einem Ende des Stadions zum anderen. Er hatte keine Zeit um Mitgefühl mit kleinen wehrlosen Pflänzchen zu haben.

„Hey, James!“, rief ihm Malcolm Franklin aus der Ferne entgegen.

Der Schwarzhaarige hob nur minimalst den Kopf an, um zu zeigen, dass er den Ruf seines neuen Jägers registriert hatte.

„Man, können wir das nicht auch ohne den machen? Mein Magen hängt mir bereits in den Kniekehlen und …“

Ein Blick des Quidditchkapitäns reichte aus, um nicht nur dem aufgeputschten Selbstbewusstsein Malcolm Franklins ein Ende zu setzten, sondern dem Viertklässler auch klar zu machen, dass sein Magen allenfalls zweitrangig war.

„Menno! Ich hasse warten.“, erreichte nun eine weitere Beschwerde James’ Ohr.

Isabella Cruz hatte die Arme trotzig verschränkt und schob ihre Unterlippe James nun maulend entgegen. Die Sonnestrahlen reflektierten sich im Glas der großen schwarzen Kamera, die um ihren Hals baumelte. Die Spanierin war wie immer vor Ort, um die sogenannte Teameinweihung vorzunehmen, eine Prozedur, erfunden und in die Wege geleitet von James Potter höchstpersönlich in seinem Erstlingsjahr als Spieler.

Es war der allererste offizielle Termin für Hogwarts’ rasende Reporter vom Zeitungs-Klub bei Gryffindors Quidditchmannschaft aufzutauchen, um ein Foto der neuen Mannschaft zu schießen, bevor die anschließende Butterbierdusche stattfand. (Ein Prozedere das teilweise sehr wörtlich genommen wurde von einigen Spielern, hierzu zählten auch ein gewisser James Potter und sein vielbekannter Freund Sirius Black.) Seit Beginn dieser Tradition hatte sich eigentlich Belli Cruz als optimale Fotografin herausgestellt und so wurde der Fotofreak jedes Jahr erneut einberufen. James wollte auf der monatlichen Ausgabe des Hogwarts’-Magazins ja auch eine gute Figur machen, wenn er allen vom Titelbild entgegengrinste.

„Kann der sich nicht mal beeilen?“

Jegliche trotzige Haltung war bereits wieder von ihr aufgegeben worden, stattdessen brachte sie nun mit Unterstützung von überschwänglich großer spanischer Gestik ihre Meinung zum Ausdruck:

„Wenn ich daran denke, wie viel Zeit ich mit meinem Tomás verliere …“

„Verflucht, er kommt schon noch!“, brüllte James und sein Gesichtsausdruck erstickte auch noch den letzten Keim an jedweder möglicher Beschwerde.

„Vielleicht solltest du ihn aber mal holen gehen? Wer weiß, was er unterwegs entdeckt haben mag, dass er so spät kommt?“, die Brauen seines braunhaarigen Freundes waren übertrieben erhoben.

Remus’ Blick war für James eindeutig. Erneut fluchte der Quidditchkapitän laut auf. Es wäre ja nicht das erste mal, dass Sirius sich ablenken ließ, weil er seine Hormone wieder mal nicht zügeln konnte. Mit seinem Freund gingen mindestens einmal pro Woche die Einhörner völlig durch.

Und deswegen musste James jetzt doch tatsächlich den ganzen Weg hinauf ins Schloss latschen, nur um den Herrn mit einem zaghaften Denkanstoss daran zu erinnern, wo er eigentlich längst zu sein hatte.

Dabei hatte Sirius geschworen sich zu beeilen!

Nicht mal auf ihrem anderen Weg war er zu erreichen, dieser Nichtsnutz.

Wenn sich Remus’ und sein Verdacht also bestätigen würde, dann Gnade ihm Merlin!

Schon war James bereits ein gewaltiges Stück zum Schloss gerast, als er schlitternd zum Stehen kam. Sein Blick fiel auf ihren Turm.

Das war die zündende Idee!

Sie war so simpel, dass James sich fragte, warum er nicht schon vorher drauf gekommen war.

Wieso kompliziert, wenn es auch einfach ging!

Hastig lief er zurück zum Spielfeld.

„Na warte, Sirius! Du kannst dich auf was gefasst machen.“, dachte James grimmig.
 

Sirius’ Finger untersuchten hektisch das Amulett.

Er fuhr mit ihnen am rechten Rand entlang.

Da war wahrhaftig eine kleine Unregelmäßigkeit!

Etwas ragte dort nur geringfügig hinaus, für das Auge kaum sichtbar.

Doch mit ein wenig Kraft …

Tatsächlich!

Der Anhänger ließ sich öffnen.

Das von Sirius als langweiliges Amulett abgestempelte Schmuckstück entpuppte sich als ein geheimnisvolles Medaillon.

Ein Fotomedaillon.

Im Innern offenbarte sich Sirius eine neue verborgene Welt, bestehend aus zwei kleinen Bildern, die auf den Schalen des Anhängers rechts und links angebracht waren.

Zu seiner Rechten entdeckte er ein verblichenes altes Bild. Es war recht unscharf in schwarz-weiß geschossen worden … von einer Muggelkamera!

Die Personen darauf bewegten sich nämlich nicht, wie sie es eigentlich sollten, sondern blieben starr auf ihrem Platz. Als Zauberer fand Sirius so etwas selbstverständlich äußerst merkwürdig, an eine Technik dieser Art war er nicht gewöhnt.

Seine grauen Augen untersuchten das Bild genauer. Sirius konnte zwei Gesichter erkennen. Das eine gehörte einem Mann, das andere einem kleinen Baby. Das Bild war eine Nahaufnahme beider Köpfe, deswegen und wegen der schlechten Qualität, konnte man das Gesicht des Mannes nur schwerlich identifizieren. Zu erkennen war ein kleiner Teil seines Gesichtes, bestehend aus Kinn, Mund, Nase, Augen, Stirn und ein wenig Ponyhaar. In seinen großen Händen hielt er das kleine Baby fest, es schien so winzig, vielleicht war es ein Neugeborenes. Das kleine Stupsnäschen des Kindes und die kräftige Nase des Mannes berührten sich, beide hatten die Augen geschlossen, der gesamte Moment der Aufnahme hatte etwas sehr liebevolles an sich.

Sirius wandte seinen Blick von dem Bild ab, es zu betrachten versetzte ihm irgendwie einen leichten Stich, ganz tief in seinem Innern.

Stattdessen besah er sich lieber das neuere Bild auf der anderen Seite. Auch bei diesem Exemplar handelte es sich um ein schwarz-weiß Bild, das von einer Muggelkamera geschossen wurde. Jedoch war dieses Foto weitaus schärfer. Es zeigte ein kleines Mädchen mit sehr hellen Haaren, das in weichen Wellen von ihren Schultern fiel (Sirius konnte ihr Alter schwer einschätzen, sie hätte erst vier, aber auch schon acht sein können). Mit einem fröhlichen Lächeln kniete sie in einem weißen Sommerkleidchen mit hellen Tupfen auf dem Boden. Ihre Augen konnte er nicht sehen, da sie ihren Blick auf die Erde gerichtet hielt, ihre Hand war leicht erhoben, als hätte sie darauf etwas Interessantes entdeckt, was sie fangen wollte.

Alles in allem war dies wahrscheinlich das süßeste Mädchen, das Sirius je gesehen hatte. Anders konnte man sie gar nicht beschreiben. Sie war das niedliche kleine Ding, das andere Frauen auf der Straße herzergreifende Seufzer ausstoßen lassen würde oder vor Neid erblassen ließ.

Aber wer war dieses kleine Mädchen nur?

Wenn man ganz genau hinsah, dann konnte man eine gewisse Ähnlichkeit zwischen ihr und Roberts bemerken. Es erinnerte Sirius an das, was ihn mit Regulus verband und was sie unbestreitbar als Brüder kennzeichnete.

War das also ihre Schwester?

Ja.

Warum sonst sollte sie auch das Bild eines kleinen Mädchens um den Hals hängen haben?

Er wusste gar nicht, dass sie eine Schwester hatte …

Und hier in Hogwarts war ihm auch nie ein Mädchen aufgefallen, das ihr ähnlich war. Vielleicht war ihre Schwester aber auch nur ein Muggel?

Andererseits würde so ein Mädchen, wie auf dem Foto, einem nicht heute noch sofort ins Auge springen?

Dunkel tauchte in Sirius aber nur die Erinnerung an eine große schwarzhaarige Frau auf, die Roberts einmal auf dem Bahnhof begleitet hatte.

Eigenartig …

Aber wie gut kannte er sie schon?

Gar nicht.

Und er wollte sie auch nicht kennen lernen!

Trotzdem bewegte ihn immer noch die Frage, wer die anderen beiden waren.

Wer waren der Mann und das Baby?

Nun, das kleine Kind könnte nahezu jedermann sein!

Von ihrer Schwester angefangen über sie selbst bis zu einem Bruder, der Sirius womöglich auch nicht bekannt war.

Und der Mann?

Er schätzte ihn zwischen fünfundzwanzig und vierzig Jahren ein.

Womöglich ihr Vater?

Aber das Foto war alt. Es hätte genauso gut ihr Großvater bereits sein können.

Frustriert, schloss Sirius das Medaillon wieder.

Er gab das Rätsel raten auf.

Auch wenn sein Hirn heimlich weiter nach Antworten suchte.

Das Medaillon bedeutete ihr was, das war einzig und allein die Tatsache, die zählte.

Wie Sirius das silberne Schmuckstück schon wieder in die unendlichen Weiten seiner Umhangtasche verbannen wollte, machte ihn sein Daumen auf ein neues Rätsel aufmerksam, dass er bis jetzt noch nicht bemerkt hatte.

Auf der Rückseite spürte er feine Unebenheiten. Schnell drehte Sirius das Medaillon um und entdeckte doch noch etwas, was dieses Stück Silber zu etwas Außergewöhnlichem machte.

In einer ovalen Kreisform war auf der Rückseite ein schönes sehr gleichmäßiges Muster von verbundenen Zeichen abgebildet und in diesem Kreis stand etwas. Verschnörkelte Buchstaben waren in das Silber eingelassen.

Es war ein altmodischer Schrifttyp, doch Sirius hatte keinerlei Schwierigkeiten sie zu entziffern:
 

Für mein D. in Liebe dein K.D.
 

Sirius zog die Stirn kraus.

Was sollte das heißen, K.D. und D.?

Warum stand da nicht wenigstens irgendwo ein M. oder R.?

Das wären doch ihre Initialen!

Diese Kette wurde langsam zu einem unlösbaren Mysterium für Sirius.

Aber das konnte ihm eigentlich egal sein!

Was war schon interessant daran, was irgendwelche Buchstaben und Bilder zu bedeuten hatten.

Schließlich gehörte dieses Ding Melody Roberts.

Der Melody Roberts!

Wichtig war nur, für was ihm das kleine Ding in seiner Hand noch nützlich sein konnte.

Und trotzdem ließ in das Rätsel nicht ganz los, es musste irgendeine Erklärung für all das geben …

„SIRIUS!!!“, der Schwarzhaarige zuckte zusammen, vor Schreck hätte er beinah sogar die Kette fallen lassen.

Verwirrt blickte er sich über die Schulter zur Tür um …

Doch da war nichts.

Auch als er sich weiter im Schlafssaal umsah, konnte er nichts entdecken.

Aber er hatte es sich doch nicht eingebildet, dass …

Erneut zuckte Sirius zusammen, als das Geräusch wilden Klopfens gegen die Glasscheibe vor ihm, sein Ohr erreichte. Schnell ließ Sirius das Medaillon in seine Tasche gleiten und öffnete das Fenster. Ein angesäuert James Potter flog auch sogleich hinein.

„Verflucht! Wo zum Dementor bist du geblieben?!“, meckerte sein bester Freund drauf los, bevor Sirius auch nur irgendwas sagen konnte.

„Wir warten alle schon seit über einer halben Stunde nur darauf, dass du deinen Arsch wieder runter zum Feld schwingst!“

„Tut mir ja leid!“, brachte Sirius eine Entschuldigung schwerfällig über die Lippen, während er eilig in den Rest seiner Klamotten reinschlüpfte.

Glücklicherweise war James meistens nie sehr lange böse, auch jetzt grinste er bereits wieder.

„Lass mich raten! Du hast so lange gebraucht, weil deine Haare nicht schön genug lagen.“

Sirius entgegnete ihm ein grimmiges Lächeln:

„Ach Jamie, du kennst mich einfach viel zu gut! Ich musste mir erst noch den Schaumfestiger einer Ravenclaw ausborgen, um genügend Volumen in meine Haare zu bekommen.“

James schaute wie ein Fragezeichen:

„Was ist Schaumfestiger?“, erkundigte er sich ganz ernst.

Sirius zuckte mit den Schultern:

„Keine Ahnung, aber Weiber reden dauernd drüber.“

Als er sich seinen Umhang überschwang, musterte James ihn wieder mit einem leicht gereizten Blick durch die blitzenden Gläser seiner Brille.

„Also, warum hast du jetzt so verdammt lang gebraucht? Hast du versucht dich in der Dusche zu ertränken, weil ein paar Mädchen dich mit Schlamm im Gesicht gesehen haben?“

Sirius schaute ihn eingeschnappt an.

„Oder hattest du wieder ein Mädel im Zimmer?“, James fuchtelte wild mit seinen Fäusten durch die Luft.

„Das kannst du nämlich gefälligst, wann anders erledigen. Quidditch ist wichtiger!“, James sah ihn mit todernster Miene an, was keinen Zweifel an seinem Glauben an Letztgesagtem ließ.

Sirius stöhnte entnervt auf. James hatte ja keine Ahnung, wie sehr er damit ins Schwarze getroffen hatte.

„Weißt du … es war ein wenig anders als du denkst. Aber das erklär ich dir später …“
 

Mel breitete die Arme aus und ließ sich mit dem Rücken quer auf ihr Bett fallen.

Das war ja noch mal gut gegangen!

Black konnte ihr nichts anhaben, das wusste sie.

Ein zaghaftes Siegerlächeln stahl sich auf ihr Gesicht.

Die ganze Sache hatte sich also völlig anders entwickelt als von Mel erwartet. Anstatt, dass ihr ihre Entdeckung gewaltige Probleme bescheren würde, hatte sie ihr sogar einen großen Vorteil verschafft. Ansonsten wäre Mel nämlich bestimmt nie auf die Idee gekommen, wie unangenehm Black die Existenz dieser beiden Bilder war, besonders die des älteren. Es verlieh ihr ein Gefühl von Macht den eingebildeten Schulschönling, der ihr so verhasst war, endlich in der Hand zu haben. Das würde ihm gewiss mal einen gewaltigen Dämpfer versetzten, schließlich wusste er, was sie nun jederzeit tun könnte.

Er konnte ja nicht ahnen, dass sie selbst ihn, den eingebildeten Idioten Sirius Black, niemals verraten würde. Nein, nicht an Bellatrix Black, dafür verachtete sie die arrogante Slytherin zu sehr, so wie jeden anderen auch aus ihrem Haus der Schlangen. Aber im Notfall …

Mel grinste in sich hinein.

Ihr nächster Gedanke versetzte ihrer aufkommenden Freude jedoch einen Schlag. Ihre ganze Suche hatte sie kein Stück weitergebracht, außer dass sie nun noch mehr kleine Geheimnisse von Gryffindors Bewohnern kannte. Wer hätte z. B. gedacht, dass Marlene McKinnon eine Affäre mit einem Mitarbeiter ihres Vaters hatte, dem Minister für Zauberkatastrophen, der nebenbei bemerkt, fünfzehn Jahre älter als sie und verheiratet war. Oder dass Miss Wonderbra, Nancy Stuart in Wirklichkeit magische Push-up BHs trug, genauso übrigens wie Grace Hopkins. Und, und, und … In Gryffindors Schränkchen und Schubläden konnte man ja so allerhand interessantes finden.

Für Mel waren dieses Dinge allerdings nur von geringer Bedeutung.

Wo war es nur?

Das war das einzige, was die Blonde im Moment wirklich bewegte.

Es musste doch irgendwo zu finden sein!

Metall löste sich schließlich nicht so einfach in Luft auf.

Aber wo nur?

Langsam machte sich in Mel eine gewisse Verzweiflung breit es vielleicht nie wieder zu finden. Eine Stimme in ihrem Kopf hielt sie jedoch davon ab, in Hoffnungslosigkeit zu versinken. Wieder und wieder sagte sie ihr, dass das, was sie suchte, weniger weit weg war als sie im Moment glauben mochte.

Was war, wenn Black es doch womöglich hatte?!

Dieser schreckliche Gedanke durchfuhr Mel urplötzlich.

Sie tat ihn als nichtig ab.

So ein Quatsch!

Wenn er es hätte, dann hätte sie das unter Garantie schon irgendwie mitbekommen. Der könnte niemals die Klappe halten!

Ein Bild tauchte plötzlich vor ihren Augen auf und was sie auch tat, es ließ sich nicht mehr vertreiben.

Mel grinste gequält:

„Na toll, Black! Musstest du dich ausgerechnet so in mein Hirn einbrennen?!“

Mel stöhnte auf und drückte sich ihr Kissen aufs Gesicht.

So sehr sie sich auch Mühe geben würde, diesen unvergesslichen Anblick, würde sie wohl nie wieder aus ihrem Gedächtnis verbannen können.
 

Lily fuhr mit ihrem Finger die vielen unterschiedlichen Buchrücken entlang.

Da!

Da war es.
 

„Verwandlung für Dummies“.
 

Lily streckte sich, sie stand nur auf ihren Zehenspitzen, reckte ihre linke Hand nach dem gelben Buch, während sie gleichzeitig versuchte einen schweren Bücherstapel, eingeklemmt in ihren rechten Arm, zu balancieren.

Zu dumm, dass Lily so klein war, ein bisschen mehr als 1, 66 m hätten ihre Vorfahren ihr wirklich vererben können!

Wie oft sie das schon gedacht hatte, wusste Lily nicht mehr. Aber es war auf alle Fälle nicht das erste mal, dass sie sich in gleicher Haltung um ein Buch bemühte und es würde höchstwahrscheinlich auch nicht das letzte Mal sein.

Zum Glück ging bei Lily immer alles glatt.

Na ja, fast immer.

Denn wie ein weiser Mann es einst gesagt hatte, geht alles im Leben immer genau dann schief, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann bzw. wenn es am aller ungünstigsten ist.

Gesagt, getan.

Lily zog das Buch hinaus, aber es wollte sich anscheinend nicht von seinen Nachbarn trennen, die gleich mit hervor kamen. Die Rothaarige reckte sich noch ein weiteres Stück und versuchte sie wieder hineinzuschieben, während sie ihre erwählte Lektüre vorsichtig weiter hinaus zerrte.

Das, was als nächstes passierte, ging sehr schnell, es war wie eine Kettenreaktion. Die anderen Bücher fielen natürlich trotzdem raus, Lily richtete instinktiv die Arme zum Schutz hoch, vergas dabei aber ihren Bücherstapel, der prompt krachend zu Boden fiel. Vom Schreck des Geräusches und eines schmerzenden Treffers am Kopf ließ sich Lily einfach auf ihren Hintern fallen.

Ein Meer von alten schweren Büchern umgab sie nun. Lily rieb sich verärgert den pochenden Kopf.

Sofort hörte sie die tapernden Schritte der Bibliothekarin näher kommen. Die weiß-grauen Augen Madam Pinces musterten sie vorwurfsvoll.

„Aufräumen, aber dalli! Oder ich werfe sie aus meiner Bibliothek!“, ihr Finger deutete auf den Ausgang.

So schell sie konnte sprang Lily wieder auf und machte sich hastig an die Arbeit.

„So was, Beschädigung meiner alten Schätze! Misshandlung wertvollen Schuleigentums …“, keifte sie weiter wie ein alter Geier, während sie sich auf den Rückweg zu ihrem Schreibtisch machte.

Schnell stapelte Lily ihre Bücher wieder aufeinander und stellte die anderen zurück an ihren alten Platz im Regal, ihr Kopf wurde unangenehm heiß als ihr bewusst wurde, wie viele Leute sie immer noch beobachteten und heimlich über sie tuschelten.

Ihr war das alles schrecklich peinlich.

Eine Lily Evans machte solche Fehler nicht!

Erleichtert, dass sie endlich fertig war, wollte sie bereits nach dem letzten Buch greifen, als ihr jemand zuvor kam.

„Hier.“

Die Person hielt ihr das gelbe Buch direkt unter die Nase. Lily allerdings griff nicht danach, vollkommen erstarrt blickte sie ihrem Helfer ins Gesicht.

Brian Peterson musterte sie mit hochgezogener Augenbraue, die Verwunderung ließ sich ausnahmsweise aus seinem Gesicht ablesen, das weckte Lilys fünf Sinne wieder zum Leben.

„D-Danke.“, stammelte die Rothaarige und regte sich im selben Moment über ihre plötzlichen Sprachprobleme auf.

Ihr Kopf fühlte sich erneut schrecklich warm an.

Da erschienen plötzlich Furchen auf seiner Stirn und er zog das Buch wieder zurück aus Lilys ausgestreckter Hand.

„Verwandlung für Dummies?“, fragte er als er den Buchtitel genauer musterte.

Lilys Kopf fühlte sich an, als würde er bereits fähig sein Kartoffeln zu kochen. Sicherlich hätte man selbst auf ihren Ohren inzwischen Spiegeleier braten können. Er schaute sie an mit diesem intensiven Blick, der ihm eigen war und Lily nickte sehr peinlich berührt. Es war ihr höchst unangenehm diese Schwäche zugeben zu müssen.

„Keine Sorge, das braucht dir nicht peinlich zu sein. Ich sag’s keinem weiter.“, versicherte er ihr mit einem mitleidsvollen Lächeln im Gesicht.

Auch das noch!

Jetzt musste er sie für eine komplette Idiotin halten. Brian Peterson war schließlich immer Jahrgangsbester gewesen. Er war nicht nur einfach gut, sondern sehr gut und dass überall. Und sie las in so einem Buch, noch dazu mit solch einem saublöden Titel, nur um sich einigermaßen in Verwandlung halten zu können.

Und warum mussten ihr solche Gefühle immer auch noch so offensichtlich in Gesicht geschrieben stehen?

Die Welt war wirklich ungerecht!

„Du solltest dieses Buch nicht lesen.“, perplex schaute Lily ihn an.

Was sollte das denn jetzt?

„Die Erklärungen sind wirklich miserabel und z. T. sogar fehlerhaft. Da lernst du nur Falsches!“

Er kniete sich nieder und betrachtete ihren am Boden gestapelten Bücherhaufen eingehender:

„Aber dein drittes Buch, das ist ganz gut und „Verwandlung leicht gemacht“, die haben wirklich prima Beispiele angegeben. Die Übungen sind auch nicht zu schwer, eine exzellente Vorbereitungsmöglichkeit für die Tests von Professor McGonagall.“, erklärte er ihr fachmännisch.

Lily war völlig baff.

„Äh … v-vielen Dank.“, er richtete sich auf und schenkte ihr ein sanftes Lächeln.

„Hast du die etwa alles gelesen?“, platze es aus der neugierigen Lily heraus, die sich auf einmal wieder sehr viel mutiger fühlte.

Er zuckte mit den Schultern:

„Wenn mir langweilig ist, blättere ich hin und wieder schon mal was durch und für meine Nachhilfeschüler muss ich sowieso ständig nach geeignetem Lernmaterial Ausschau halten. Außerdem hab ich ein ganz gutes Gedächtnis.“, fügte er noch hinzu.

„Wow.“, war alles, was Lily hervorbrachte.

„Nicht der Rede wert.“, er winkte ab.

„Ich hab gehört, dass du dafür in Zaubertränke unschlagbar bist.“

„Woher weißt du das denn?“, fragte Lily irritiert.

Für einen Moment schien der blonde Junge seine Antwort abzuwägen.

„Ich … nun man hört halt viel, wenn man die Ohren aufmacht. Und du solltest mal Slughorn von dir schwärmen hören.“

„O nein!“, entfuhr es Lily ungewollt.

In ihrem Kopf tauchte das Bild eines bärtigen Mannes auf, der seinen dicken Bauch über das Pult hinweg ragend, stolz und aufgeregt von ihr erzählte, während sie bei allen anderen im Raum alsgleich in der Beliebtheitsskala nicht nur auf null sank, sondern völlig von dieser Liste gestrichen wurde.

„Keine Sorge, von Snape erzählt er auch gerne. Und falls die anderen was gegen dich sagen, ist es doch nur weil sie selbst gern diejenigen wären, von denen Slughorn so vorschwärmt.“

Seine Worte waren wirklich irgendwie beruhigend für Lily und dass nicht nur, weil er sie anscheinend nicht für eine eingebildete Schleimerin hielt.

„Na ja, man sieht sich!“, wandte er sich auf einmal zum Gehen.

Nun passierte Lily etwas, was ihr sonst wirklich so gut wie nie geschah:

Sie redet in einem längeren Zusammenhang, ohne vorher ihre Worte zehnmal zu durchdenken.

„Warte, Brian!“, der Blonde drehte sich verwundert zu ihr um.

Auf seinem Gesicht zeichnete sich ehrliche Überraschung ab.

„KanndumiNachhilfeinVerwandlungeben?“

„Bitte, was?“, er zog seine Augenbraue hoch.

Nun schaltete sich Lilys Gehirn wieder ein, aber es war zu spät, um ihr Angebot noch zurückziehen zu können.

„Ich … ich wollte fragen, ich meine nur wenn du Lust und Zeit hast und vielleicht auch nicht immer, aber könntest du mir unter Umständen, eventuell ein wenig Nachhilfe geben?“

Erst schaute er verwirrt, dann lächelte Brian sie freundlich an und nickte:

„Klar doch.“

Lily atmete erleichtert aus. Sie hatte schon mit einer sicheren Abfuhr gerechnet.

„Wann möchtest du denn anfangen?“

„Ähm, also wie wäre es mit Montag?“, Lily probierte ein unsicheres Lächeln.

„Da habe ich eine Doppelstunde Verwandlung am Nachmittag.“

„Also gut, dann treffen wir uns am Montag direkt nach dem Unterricht hier. Bis morgen!“, verabschiedete sich der Ravenclawjunge von ihr.

Lily starrte ihm so fasziniert hinterher, dass sie beinah eine wichtige Frage vergessen hätte.

„Brian, wie viel soll ich dir bezahlen?“

Er drehte sich mit einem Lächeln zu ihr um:

„Du brauchst mir nichts zu bezahlen, Lily. Ich mache das freiwillig.“

Nun war Lily erst recht neben der Spur.

Freiwillig?

Er machte das wirklich freiwillig!

Aber warum nur?

Bis auf die Bücher, die Brian ihr empfohlen hatte, räumte Lily die restlichen Folianten gedankenverloren wieder fort.

Er hatte sie Lily genannt. Das war das erste Mal, dass er sie seinen Namen hatte aussprechen hören.

Es hatte eigenartig geklungen … und schön …

„Hey, mach mal Platz oder willst du weiter den Gang blockieren?“, herrschte sie Marlene McKinnon an.

Lily hatte sie bisher gar nicht registriert.

„Entschuldige!“, murmelte sie und verließ mit ihren zwei Büchern unterm Arm die Reihe.

Auf dem nächstbesten freien Stuhl ließ sich die Vertrauensschülerin nieder.

„Merlin, Lily!“, die Rothaarige verpasste sich selbst eine geistige Ohrfeige.

„Was ist nur heute mit dir los?“
 

„Hey, Potter, jetzt lächle doch mal!“, krittelte Isabella Cruz zum wiederholten Male an einem von ihnen herum.

Diesmal traf es halt ihn, den Teamkapitän höchstpersönlich.

„Tu ich doch.“, erboste sich James.

„Tust du nicht, du guckst total verkniffen.“, sie versuchte angestrengt anscheinend seinen Blick nachzuahmen, was bei der dauerfröhlichen Cruz natürlich gewaltig in die Hose ging.

Man konnte meinen ihr Gesicht war für derartige Ausdrücke gar nicht angelegt worden. Ein paar konnten sich das Lachen daraufhin natürlich nicht verkneifen.

James warf jedem von ihnen einen einzigen Blick zu und schon hatte niemand mehr auch nur das geringste Problem mit seiner Selbstbeherrschung.

„Komm schon alter Schmollbär, zeig mir dein schönstes Lächeln!“, versuchte die Spanierin ihn zu animieren.

James verdrehte innerlich die Augen.

Die hatte ja gut reden, die hatte ja auch nicht seine Probleme!

Aber Recht hatte Cruz trotzdem irgendwie.

„Ist ja schon gut.“, ergab sich James.

Er versuchte ein Lächeln, was ihn normalerweise nicht besonders schwer fiel, aber heute quält es ihn wie nie zuvor.

„Bescher scho?“, quetschte es James zwischen den zusammengepressten Zähnen hervor.

Neben ihm konnte sich Sirius kaum auf den Beinen halten, eine Hand hatte er sich bereits an den Bauch gelegt.

Cruz lachte ausgelassen, dass ihre kakaobraunen Locken fröhlich mithüpften.

„Viel besser!“

Sie machte ein paar Schritte zurück, drückte schnell auf hunderter kleiner Tasten an ihrer wundersamen Kamera, bevor sie sagte:

„So und jetzt alle einmal: Queso!“

„Häh?“, kam es wie im Chor.

„Upps!“, das kleine Mädchen kicherte.

„Ich mein natürlich: Cheeeeeeeeeeeeeese!“

Nach dem Foto sauste Sirius sofort los, um das traditionelle Butterbier zu holen. Aus irgendeinem Grund schien sein Kumpel auf einmal glänzende Laune zu haben, im Gegensatz zu James, dem nun wahrlich nicht nach einer Butterbierdusche war.

Wie ein Schluck Wasser hing der Quidditchkapitän in einer Ecke rum und sinnierte mit finsterer Miene über ihre momentane Situation.

Jetzt hatten sie sogar die Teameinweihung schon gemacht ohne einen Sucher zu haben. Natürlich konnte er die anderen Mannschaften glauben lassen, dass er den Namen des neuen Suchers noch nicht bekannt geben wollte.

Aber wie lange würde sich das durchhalten lassen?

James seufzte. Wenn ihm nicht bald was einfiel, blieb nur ihm eine einzige Möglichkeit. Er würde seinen alten Job wieder aufnehmen und einen anderen zum Jäger bestimmen müssen. Ironischerweise gab es da dieses Jahr genug aussichtsreiche Kandidaten.

Verflucht!

Es musste einfach noch eine andere Lösung geben. James wollte nicht wieder Sucher sein, seine Traumposition war die des Jäger, schon seit er gerade alt genug war, um Quidditch spielen zu können, um sich überhaupt an sein Leben erinnern zu können.

Es konnte doch nicht sein, dass es in ganz Gryffindor keinen geeigneten Menschen für die Position des Suchers gab!

James dachte scharf nach. Irgendwas in seinem Kopf zwickte ihn da. Eine Stimme flüsterte ihm immer wieder zu, dass er etwas übersehen hatte, jemanden übersehen hatte. Das machte James Hoffnung.

Aber wen hatte er denn bitteschön übersehen?

Er war doch sämtliche in seiner Erinnerung sich befindlichen Bewohner Gryffindors durchgegangen!

„Hey Kumpel!“, eine Flasche tauchte plötzlich vor James’ Augen auf und unterbrach seinen Gedankengang.

Ohne zu zögern griff James danach und trank die halbe Flasche in einem Zug leer.

Sirius' Augen musterten ihn erstaunt:

„Mann, du säufst wie Sluggi an Weihnachten, guckst aber wie Gonni nach ihrem allmonatlichen Test.“, stellte Sirius fest.

James bedachte ihn mit einem finsteren Blick und kippte sich den Rest der Flasche ebenfalls den Rachen hinunter.

„Hey, wer hat mir vorhin was von guter Laune erzählt?“, neckte Sirius ihn mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

„Und hatte vorhin nicht jemand noch ganz furchtbare Laune?“, erwiderte James wütend.

„Die Dusche muss bei dir ja Wunder bewirkt haben.“

„Das und was anderes.“, Sirius grinste vielsagend.

James blickte ihn vorwurfsvoll an:

„Also hast du doch deswegen so lange gebraucht! Kannst du das nicht gefälligst …

Sirius unterbrach ihn lautstark zwischendrin:

„Ach quatsch! Doch nicht das. Das hätte doch nicht so lang gedauert, Mann!“

„Sondern?“, James’ Neugierde war nur müde geweckt.

Sein Sucher-Problem beschäftigte ihn immer noch viel zu sehr.

Sirius blickte einmal über seine Schulter, aber alle anderen (Remus und Peter hatten sich bereits heimlich verzogen) waren außer Hörweite und zu dem damit beschäftigt, Butterbierfontänen auszuweichen und über ihren Köpfen zog nur der kleine Timmie Stalk-Rooter weiterhin verbissen seine Kreise, er hatte die Hoffnung immer noch nicht aufgegeben den Schnatz zu fangen und James hatte momentan keine Lust sich diesem Problem anzunehmen.

„Hör zu …“

Und da erzählte ihm sein bester Freund, was ihn da vorhin aufgehalten hatte. Eigentlich, wer.

James’ Laune verbesserte sich schlagartig und er kriegte fast einen Lachanfall, als Sirius ihm erzählte, was dieses Biest gewagt hatte zu tun.

„Hey, bist du eigentlich auf meiner Seite?!“

James nickte lachend.

„Immer doch!“

Sirius fuhr also fort, was nach der empfindlichen Störung seiner Intimsphäre noch passiert war.

James verstand nicht ganz, warum Sirius nicht zu Gonni ging.

So schlimm konnte es doch auch nicht sein, wenn jeder wusste, was für Abendlektüre in Sirius Blacks Schrank lag.

„ … und dann hab ich gefunden, was sie eigentlich bei uns wollte.“, endete Sirius seine Erzählung mit einem fiesen Grinsen.

„Was?“, James’ Neugierde war nun doch geweckt worden.

„Das hier.“, Sirius hielt ihm eine Kette vor die Brillengläser.

„Was?“, James runzelte ungläubig die Stirn.

Das, was Sirius ihm da hin hielt, war alles andere als spektakulär.

„Die ganze Arbeit für dieses kleine unbedeutende Ding?“

„Mein Freund, dieses unbedeutende Etwas ist der Schlüssel zu meinem Glück“, belehrte ihn Sirius mit einem selbstzufriedenen Gesichtsausdruck.

James schaute ihn irritiert an.

„Verstehst du nicht?“, Sirius’ Augen begannen zu leuchten.

„Roberts wird mit Sicherheit alles tun, um es zurückzubekommen. Und wenn ich alles sage, dann meine ich auch alles.“, der Blick seines Kumpels wurde so hinterhältig und gemein, wie James es noch nie zuvor beobachtet hatte.

„Stell dir nur vor, zu welchen Peinlichkeiten ich sie zwingen könnte …“

Und Sirius begann eine Reihe der größten Erniedrigungen aufzuzählen, die man sich auch nur ansatzweise vorstellen konnte. Doch der Quidditchkapitän bekam kaum etwas von dem Gerede seines Freundes mit, seine Gedanken waren längst abgeschweift. Sirius hatte da unbeabsichtigt wieder etwas in James hervorgeholt …

„Ja, das war der Schlüssel zum Glück!“, ging es James durch den Kopf.
 

Mel war auf dem Rückweg in den Gemeinschaftsraum. Wieder mal hatte sie eine erfolglose Suche nach ihrem Schatz gestartet. Mel konnte einfach nicht still sitzen, wenn sie nicht wusste, wo er war.

Sein Verlust nagte schwer an ihr, als wenn …

Mel wollte nicht darüber nachdenken.

Sie murmelte der fetten Dame das Passwort zu („Unhöflich die Jugend von heute! Sagt nicht einmal mehr „hallo“.“) und betrat leicht gedankenverloren das Porträtloch. Mit dem Kopf mehr gen Boden geneigt, bemerkte sie den Widerstand vor ihr zu spät. Mel fiel auf ihr Hinterteil und fluchte.

„Tja, Roberts, derselbe Trick funktioniert nicht immer!“, grummelte ihr Widerstand, der mit verschränkten Armen vor ihr stand und sie abwertend musterte.

Na super!

Der hatte ihr gerade noch gefehlt.

„Black, wenn du jetzt hier bist, um mir drohen zu wollen, dann erzähl ich allen -“

„Ich würde lieber aufpassen, wer hier wem droht, Roberts!“, unterbrach sie ein anderer schwarzhaariger Junge, der sich in diesem Moment vom Sofa erhob.

„Ach ja, Potter?“, Mel hob arrogant eine Augenbraue.

„Womit willst du mir denn drohen?“

Potter grinste weiterhin überlegen, während Black sich mürrisch abwandte und auf seinem Lieblingssessel fallen ließ.

„Nur eine ganz einfache Frage: Willst du dein kleines Kettchen zurück oder sollen wir es in der nächsten Zaubertrankstunde mal in unseren Kessel fallen lassen, nur um zu sehen, was dann Lustiges passiert?“

Mels Augen weiteten sich vor Entsetzten. Sie spürte Übelkeit in sich hoch kriechen.

„Nanu? So sprachlos, Roberts?“, in seiner Visage erschien das berühmte Potter’sche Grinsen mit dem er sie nun verhöhnte.

Mel suchte verzweifelt nach einem Ausweg:

„Wenn du das wagst, dann … dann …“, versuchte sie irgendeine Drohung gegen ihn zu finden.

„Lass gut sein Roberts! Du hast nichts gegen mich in der Hand.“

„Er hat Recht!“, dachte Mel panikartig.

Obwohl …

Sie öffnete den Mund, aber Potter kam ihr zuvor:

„Und wenn du das von Sirius ausplauderst, ist er vielleicht seine Würde weg, aber für dich ist dann nicht nur dein schöner Silberschmuck futsch, sondern auch dein Platz in Hogwarts. Einbruch wird hier nicht so gern gesehen.“, seine Augen strahlten pure Überlegenheit aus.

Der Spieß hatte sich also umgedreht und das nicht zu ihren Gunsten.

„Was muss ich tun, Potter?“, zischte Mel wütend.

„Nichts großartiges, Roberts.“

Potter breitete seine Hände aus:

„Sag einfach „ja“!“

„Nicht, bevor ich nicht weiß zu was!“, antwortete Mel misstrauisch.

„Sag „ja“ und du wirst Sucherin im Quidditchteam.“

Mel war baff. Sie hatte mit allem gerechnet, von „Steck deinen Kopf ins Klo der maulenden Myrthe“ bis „Lauf nackt durch den Gemeinschaftsraum“, aber nicht das.

„Potter, nein!“, erwiderte Mel kalt.

Er zuckte mit den Schultern:

„Gut, wie du willst, ist ja dein Schmuck.“, verkündete er mit vergnügter Miene.

„Verdammt, Potter! Warum ausgerechnet ich?!“

Vom Sessel kam ein Schnauben, das sich anhörte wie „Gute Frage!“, aber Potter grinste weiter absolut selbstsicher vor sich hin.

„Ich bin keine gute …“

„Und ob du das bist, das wissen wir beide!“

Mel schaute ihn kühl an und tat als hätte sie keine Ahnung, wovon er sprach.

„Hör zu!“, Potter fuchtelte mit seinen Armen vor ihrem Gesicht rum, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zurück zu lenken.

„Ich brauche einen Sucher. Du willst deinen albernen Schmuck wiederhaben. Bis heute Mitternacht gebe ich dir Zeit, dann musst du dich entschieden haben.“

Mel starrte ihn wütend an, bevor sie sich umdrehte um den Gemeinschaftsraum zu verlassen.

„Überleg’s dir, Roberts!“, rief Potter ihr noch hinterher.

„Andere würden mich anbetteln nur um ins Team zu kommen.“

Mel stoppte, hielt sich mit einer Hand an der Ecke zum Ausgang des Gemeinschaftsraums fest und warf Potter einen ausdruckslosen Blick über die Schulter zu:

„Weißt du, Potter, wenn es nicht so erniedrigend wäre dies gerade vor dir zu tun und ich nicht noch einen Funken Stolz besitzen würde, dann, ja dann würde ich dich anbetteln, nur um mich aus dieser Sache rauszulassen!“

Als sie vor dem Porträt war, rauschte Black an ihr vorbei mit einem Gesichtsausdruck, der alles sagte.

Diese Idee war ganz sicher nicht auf seinen Mist gewachsen!

Nein, der hätte andere Dinge verlangt.

„Verdammt, das geht nicht! Ich kann das einfach nicht machen. Was denkt sich dieser blöde Idiot eigentlich! Aber wenn ich’s nicht mache, dann …“

Mel wollte nicht daran denken. Im Moment konnte sie überhaupt nicht denken.
 

Sirius’ Laune hatte wieder den toten Punkt erreicht, das wusste James. Der Blackspross schaufelte sein Essen nämlich mit einem ähnlichen Blick rein wie heute Morgen. Nur mit dem Unterschied, das selbst James sich bei dieser Miene langsam fürchtete noch mit seinem besten Freund zu kommunizieren.

Aber nur langsam.

„Hey Mann, guck nicht so!“, versuchte James ihn aufzuheitern.

Er scheiterte natürlich kläglich.

Ein wütendes Schnaufen kam zwar als Erwiderung von der Gegenseite, aber Sirius schien wild entschlossen zu sein, James zu ignorieren.

„Sieh’s mal so. Du wischst ihr doch trotzdem eins aus!“

Sirius ließ seine Gabel hörbar fallen und starrte James mit seinem Todesblick an, der jedem anderen bereits Alpträume beschert hätte.

„Ja, ungemein!“

Sirius haute mit der Faust auf den Tisch (normalerweise ein Signal, das man schnellstens das Weite suchen sollte, nur James Potter verstand dieses Zeichen seit Jahren nicht … als einziger):

„Warum willst du sie überhaupt im Team haben, verdammt! Sag mir das doch mal! Wie kommst du nur auf die bescheuerte Idee, dass dieser Misthaufen gut fliegen könnte, hm?“

James blieb gelassen auf seinem Stuhl sitzen, während zu ihrer Rechten und Linken merkwürdigerweise plötzlich massenhaft Plätze frei waren.

„Weil ich es gesehen habe.“

Sirius kniff die Augen zusammen:

„Wann?“

„Guten Morgen, Sirius!“, James klopfte mit seiner Faust sachte gegen seinen eigenen Kopf.

„Man erinnere dich doch mal zurück!“
 

Alle Schüler schienen aufgeregt zu sein und wuselten nervös um die Besen auf der Erde rum … alle bis auf zwei schwarzhaarige Jungs, die sich lässig gegen die Wand gelehnt hatten.

„Also schön, Kinder.“, im raschen Tempo kam eine Dame älteren Datums durch das Tor geschritten.

„Zack, zack! Zu euren Besen, aber das mir keiner bereits drauf steigt.“, ermahnte sie ihre Fluglehrerin Madam Hooch, ihre habichtartigen rotbraunen Augen observierten jeden einzelnen von ihnen ganz genau.

James ging schnellen Schrittes zu seinem Besen. Eigentlich war er doch aufgeregt, jedoch nicht wegen Nervosität, sondern wegen purer Vorfreude.

James konnte es gar nicht abwarten endlich wieder zu fliegen!

Zuhause hatte er schließlich fast jeden Tag mit seinem Vater Quidditch geübt, so fern der vielbeschäftigte Auror denn Zeit gehabt hatte.

James grinste zu Sirius, der es mit gleicher Miene erwiderte. Sein neuer bester Freund war ebenso ein begeisterter Flieger, wie er. Kaum zu glauben, dass sie sich vor einer Woche noch gegenseitig die Augen ausgekratzt hatten. James kam es vor als würden sie beide sich schon ewig kennen. Sirius war genau der Freund, den James immer gesucht hatte.

Rechts neben dem Blackspross stand Remus Lupin, der seinen Besen misstrauisch beäugte. Sonst immerzu die Ruhe selbst, knetete der Braunhaarige nun seine Hände durch als wären sie Teig.

Links von James bibberte Peter Pettigrew.

Ja, wirklich, er bibberte!

James schüttelte vollkommen verständnislos den Kopf.

Wie konnte man denn vor dem Fliegen nur Angst haben?!

Den Jungs gegenüber standen ihre Genossinnen aus Gryffindor. Die wenigsten schienen auch nur annähernd so begeistert über Flugunterricht zu sein, wie James. Genauer gesagt schauten die meisten eher so, als ob sie bald ganz schnell eine Toilette benötigen würden.

Für welches Körperende auch immer.

Nur eine wirkte nicht nur absolut unerschrocken, sondern sogar freudig erregt. Lily Evans bekam vor lauter Aufregung feuerrote Bäckchen, die sich irgendwie niedlich mit ihren Haaren bissen.

James schaute für einen Moment verwirrt aus der Wäsche.

„Niedlich“?

„Alle haben einen Besen?“

Madam Hooch wartete gar nicht erst auf eine Antwort, sondern fuhr sogleich fort: „Gut. Lektion Nr.1 kommt, also passen Sie bloß auf!“, sie stellte sich neben ihr eigenes Flugholz.

„Da Sie alle schon richtig stehen, strecken Sie nun nur noch Ihre Hand über Ihren Besen“, sie tat, was sie selbst zuvor beschrieben hatte, „und sagen Sie „Auf!“.“, das Fluggerät sprang wie vom Basilisken gebissen in ihre Hand.

Alsgleich machten sich alle ans Werk. James streckte natürlich ganz cool seine Hand aus, sagte die Worte (die seiner Meinung nach ja so überflüssig waren) und der Besen gehorchte ihm selbstverständlich aufs Wort.

Nebenan gähnte Sirius übertrieben vor sich hin, er hatte seinen Besen ebenfalls optimal unter Kontrolle.

Nahezu allen anderen Gryffindors erging es allerdings … nun wie drückt man es freundlich aus?

Wie wäre es mit „weitaus schlechter“?

Oder sind wir doch ehrlich und bleiben lieber bei der Wahrheit?

„Lebende Katastrophe“ traf es einfach auch besser!

Mal abgesehen von Frank und Fabian, schlugen sich nämlich alle mehr schlecht als recht mit ihren bockigen Fluggeräten rum, die so gar nicht auf die Worte ihrer Flugherren und –herrinen hören wollten.

Wenn man Glück hatte, blieb der Besen nur stur auf dem Boden liegen, sowie bei Remus, der auch nicht wirklich zu wollen schien, dass sich sein strohiger Freund erhob.

Peter musste inzwischen vor seinem Besen sogar fliehen, da dieser sich wohl von dem kleinen Gryffindor in seiner Ruhe gestört fühlte.

Chris dagegen beäugte sein Fluggerät jedes Mal ehrfurchtsam, wenn es sich auch nur zu bewegen schien.

Isabella Cruz’ Besen hingegen fühlte anscheinend Antipartien gegen Spanier, weswegen sich die Schwarzhaarige von einem Bein aufs andere nun die schmerzende Nase halten musste.

Hopkins und ihr Besen vollführten einen Zweikampf sondergleichen (James war sich noch nicht sicher auf wen er setzten wollte, aber die Chancen des Besen waren echt nicht schlecht).

Und ihre Freundinnen begannen jedes Mal zu kreischen, wenn sie auch nur das Gefühl hatten, das Holzstück vor ihnen auf dem Boden hätte sich auch nur einen Millimeter bewegt.

James wandte seinen Kopf nach rechts und beobachtete nun die Flugversuche direkt vor sich.

„Auf! Na los, mach schon. Auf, auf, auf!“

Aber Lily Evans intensive Kommunikationsversuche mit ihrem Besen brachten auch nichts. James grinste vergnügt, als sich ihr Gesicht immer mehr rot verfärbte.

„Evans, ich weiß ja nicht, ob du es schon wusstest, aber Besen sind für gewöhnlich nicht sonderlich gesprächig.“

Ihre grünen Augen funkelten ihn wütend an, was James nur noch breiter grinsen ließ.

„Deswegen schätzen besonders Männer Besen auch so sehr. Stell sich einer mal vor man ist in der Luft und statt seine Ruhe zu haben, würde man auch noch voll gequatscht werden!“, fügte Sirius ebenfalls grinsend hinzu.

„Ja, man stelle sich nur vor wie schrecklich das wäre, wenn Besen reden könnten. Sie würden sich wahrscheinlich ununterbrochen über den schwarzhaarigen Typen aufregen, der gerade auf ihnen sitzt und wie der letzte Idiot fliegt.“

Das blonde Mädchen neben Lily Evans grinste fies, in ihrer Hand befand sich längst ihr eigenes Trainingsflugobjekt.

Sirius griff sich theatralisch ans Herz:

„Das tat aber wirklich weh, Miss Roberts!“

Sie streckte ihm die Zunge raus.

„Das will ich auch hoffen, Mr. Black!“

„Mel, hör auf mit Black zu spielen und hilf mir doch mal!“, herrschte Evans sie plötzlich an, einen wütenden Blick auf Sirius werfend.

Roberts blieb trotz Evans angesäuerter Miene ziemlich locker und begann ihr ruhig die „Essentials“ des Fliegens zu erklären.

„Lily, das wichtigste ist, dass du es auch wirklich willst.“

„Tu ich doch!“, beschwerte sich Evans und schien langsam am Verzweifeln.

„Dann mach dem Besen klar, wer der Chef ist und versuch’s noch mal!“, feuerte sie ihre Freundin an.

Evans holte tief Luft, Sirius und er beobachteten sie aufmerksam und … es klappte tatsächlich. Das rothaarige Mädchen strahlte vor Glück als sie ihren Besen in den Händen hielt.

„Du bist super, Mel!“, umarmte sie ihre Freundin überglücklich.

Das blonde Mädchen lachte glockenhell:

„Natürlich, hast du je was anderes angenommen?“

„Respekt, Mel!“, zollte auch Sirius sein Erstaunen, dass sie es geschafft hatte Evans diesen scheinbar unerlernbaren Schritt beizubringen.

Sein schwarzhaariger Freund und die Blonde grinsten sich an. Man könnte meinen ein Wettstreit finde in dieser Disziplin zwischen den beiden statt.

Merlin!“, erregte sich Madam Hooch plötzlich sehr laut.

„Mädchen, so gefährlich ist das nun wirklich nicht.“

„Und ob, auf dieses altertümliche Fluggerät steig ich nicht! Die Dinger sind alle überaus unsicher, das kann man in der „Wichtery“ nachlesen. Ich bevorzuge das Flohnetzwerk.“

Die sonst so stille und zurückhaltenden Caitlín Gallagher leistete sich eine heftige Auseinandersetzung mit ihrer Fluglehrerin. Scheinbar ging es um die Sicherheit von Besen.

„Aber dieses Fach steht nun mal auf deinem Plan!“, wies sie die Lehrerin zurecht. „Fliegen zu können ist essentiell.“

Arrogant warf Gallagher die langen dunklen Haare zurück.

„Ich weigere mich!“

Sie verschränkte die Arme und drehte ihren Kopf weg.

„Sie können mich nicht dazu zwingen.“

„Das werden wir ja sehen, mein Fräulein!“, Madam Hoochs Habichtaugen durchbohrten sie.

„Wir gehen nämlich jetzt auf einen kurzen Besuch bei deiner Hauslehrerin vorbei und sehen mal, was die dazu zu sagen hat.“

Zum ersten Mal zeichnete sich auf Gallaghers Gesicht eine leichte Sorge ab.

Da mischte sich auf einmal eine behutsame Stimme in ihren Streit ein:

„Caite, wenn du Höhenangst hast, kannst du dir von Madame Pomfrey …“

„Evans, ich habe keine Höhenangst.“, keifte sie das rothaarige Mädchen unfreundlich an, dass ihr nur helfen wollte.

„Und außerdem habe ich dir nicht erlaubt mich mit Vornamen anzureden!“

Urplötzlich wurde James bewusst, dass er Caitlín Gallagher nicht ausstehen konnte.

„Halt mal die Luft an! Lily wollte nur freundlich sein.“

Roberts stellte sich vor ihre Freundin, die leicht geknickt wirkte über die Worte des schönen Mädchens.

„Tss.“, erwiderte Gallagher nur kühl.

„Nur „freundlich“? Ich kenne Menschen wie sie! Die sind nicht einfach so „bloß freundlich".“, arrogant hob sie die Nase etwas höher, als würde sie noch weit über Roberts stehen.

„Nimm den Stock aus dem Arsch, Gallagher und wiederhol das dann noch mal.“, kam der trockene Kommentar von Roberts zurück.

James prustete und Sirius fing an zu geiern. Eigentlich an zu bellen. Er hörte sich dabei nämlich immer wie ein Hund an, wenn er besonders herzlich lachte.

Gallagher wirkte ein wenig geplättet. Wahrscheinlich hatte noch nie jemand zuvor so mit ihr gesprochen.

„So genug! Roberts, fünf Punkte Abzug von Gryffindor. Keine Beleidigungen in meinem Unterricht!“, ermahnte Madam Hooch die Blonde zwar, schien aber nicht wirklich böse um deren Kommentar zu sein.

Ihr Blick wurde erst finsterer, als sie sich zu dieser arroganten Schnepfe Gallagher umdrehte:

„Und du, junge Dame, begleitest mich jetzt mal.“

Mit einem todesfeeartigen Blick stolzierte die dunkelhaarige Schönheit an ihnen vorbei.

James überlegte, ob denen das vielleicht in die Wiege gelegt worden war, dieses hochnäsige Verhalten. Er hatte schließlich schon andere Gallaghers getroffen, die sich z. T. sogar noch schlimmer verhielten.

Aber was sollte man von der reinblütigsten irischen Familie auch anderes erwarten?

Nicht in jedem dieser alten Clans gab es schließlich ein weißes Schaf, dachte James und drehte sich grinsend zu seinem Kumpel um, der nur darauf gewartet zu haben schien.

„Hey, was ist? Drehen wir ne Runde, James?“, zwinkerte er ihm zu, als ihre Lehrerin außer Sichtweite war.

„Das dürft ihr nicht tun!“, rief Evans sofort und stemmte erbost die Hände in die Hüften.

„Wieso? Sie hat’s nicht verboten.“, grinste Sirius.

„Aber nur, weil sie es vergessen hat!“

James verdrehte die Augen:

„Ach komm schon, Evans. Mach dich mal locker! Ein bisschen Spaß muss sein.“

Ihre grünen Augen funkelten wiederum:

„Potter, wir verstehen glaube ich nicht dasselbe unter Spaß!“

„Merlin sei dank, ja!“, lachte Sirius.

Evans ignorierte ihn und fing an vor seinem Gesicht mit dem Zeigefinger rum zu wedeln:

„Wenn ihr das tut, dann sag ich Professor McGonagall Bescheid! Es ist verboten, außerhalb-“

„Hey, Lils!“, rief eine fröhliche Stimme von weit über ihnen.

„M-Mel!“, stotterte Evans entsetzt.

Melody Roberts hatte sich während ihres Streits einfach klammheimlich auf und davon gen Himmel gemacht und winkte nun aus einigen Metern Höhe grinsend zu ihnen herab.

„Melody Roberts, komm sofort runter!“, kommandierte sie ihre Freundin im Befehlston zu ihr.

„Och, Lils, das ist lustig!“, rief die Blonde ihr von oben herab zu.

„Menno, ich will das auch können …“, die Spanierin sah mit sehnsuchtsvollen großen Schokoaugen zum Himmel hinauf.

Doch das Schicksal war wohl dagegen, statt einen Erfolg vorweisen zu können, schlug ihr der Besen diesmal volle Kanne gegen die Stirn.

„Autschi!“, jammerte die Schwarzhaarige und fing an auf Spanisch vor sich herzufluchen.

„Super Aussicht!“, lachte jetzt plötzlich eine bellende Stimme neben Roberts.

James blickte sich irritiert um. Sirius hatte sich also auch heimlich auf seinen Besen geschwungen.

„Ja, nicht?“, grinste in das blonde Mädchen an.

„Hey, Sirius, warte auf mich!“, brüllte James herauf und sprang auf seinen Besen.

Er düste zu den beiden schwebenden Gestalten am Himmel hinauf.

„Was fällt dir ein einfach ohne mich zu fliegen!“, tat James tödlich beleidigt.

Alle drei lachten, nur eine Person am Boden fand das ganze anscheinend absolut nicht komisch, im Gegensatz zu allen anderen, die sie neugierig beobachteten oder wie Peter bewundernd zu ihnen aufschauten.

„Ich sage es zum letzten Mal: Kommt gefälligst runter!“

Selbst von hier oben konnte James problemlos erkennen, dass Lily Evans' Kopf knallrot angelaufen war. Vor Wut.

„Tschuldige, Evans! Man versteht dich von da unten so schlecht. Wenn du uns was sagen willst, musst du schon rauf kommen!“, brüllte ihr Sirius entgegen.

Wenn es irgendwie ging schien ihr Kopf nun noch röter zu werden, sodass er langsam mit ihrem kaminroten Haar verschmolz.

„Jungs, vielleicht solltet ihr wirklich lieber runter kommen …“, wollte sich nun auch der braunhaarige Remus in die hitzige Diskussion einmischen, aber er wurde von einem Schrei unterbrochen.

„NA WARTET IHR!“

Alle drei bestaunten wie sich Lily Evans in Windeseile auf ihren Besen schwang und im Nu genau vor ihnen schwebte, das Gesicht einem Sonnenuntergang gleich rot angelaufen.

„Boah, Evans! Astreiner Start!“, sprudelte es aus James heraus.

Irgendwie war dieses Kompliment ein Fehler gewesen, James wusste nicht wieso, aber nun wurden Kopf und Haar von Lily Evans zu einer einzigen dunkelroten Masse.

Sie öffnete den Mund, vermutlich um auf nicht gerade freundliche Weise mitzuteilen, was sie von seiner Meinung hielt, da machte sie einen Fehler.

Sie schaute kurz, wirklich nur ganz kurz, zu Boden.

Nun konnte man an Evans’ Gesicht ein äußerst interessantes Farbspiel beobachten. Es wechselte von ehemals karmesinrot zu schneeweiß, bevor ihr Gesicht einen ungesunden mintgrünen Ton annahm. Auf einmal klammerte sich Lily Evans fest um ihren Besen, schwer atmend und die Lider zusammengepresst.

Alle drei schauten sie irritiert an.

„Lily, was ist denn mit dir los?“, fragte Roberts leicht besorgt.

„Ich will runter!“, rief sie panisch, die Augen geschlossen haltend.

Sirius und er runzelten im selben Moment die Stirn.

Roberts zog ihre rechte Augenbraue hoch:

„Aber ich dachte, du wolltest unbedingt fliegen?“

„Ja, aber da hab ich wohl vergessen … dass ich Höhenangst habe“, jammerte Evans.

Sirius und er brüllten gleichzeitig los vor Lachen, auch von unten konnte man das Echo fröhlichen Gelächters hören.

„Lils, du bist einfach unverbesserlich!“, kicherte Roberts. „Wie kann man das denn vergessen?“

„Frag nicht, sondern hol mich runter“, antwortete Evans ihr mit Zorn in der Stimme.

Dann fügt sie flehend hinzu:

„Bitte!“

James hatte immer noch Mühe sich auf seinem Besen zu halten, das letzte Mal hatte er vor einer Woche so gelacht, nach der Aktion im Pokalzimmer. Sirius musste er inzwischen auch schon zweimal wieder auf den Besen helfen. Sein bester Freund wäre beinah abgestürzt, so sehr amüsierte er sich über Lily Evans’ Vergesslichkeit.

„Schon gut, Lils!“

Roberts' Stimme nahm einen eigenartigen Klang an, der selbst ihn und Sirius wieder ruhig werden ließ:

„Öffne erstmal die Augen.“

„Nein“, rief Evans stur und behielt ihre Augen beharrlich geschlossen.

„Lils, wie willst du, ohne was zu sehen, die Erde ansteuern?“, blieb Roberts hartnäckig.

„A-Also, schön …“, antwortete die Rothaarige mit zitternder Stimme.

Sirius und er bestaunten das Schauspiel schlichtweg.

Ohne Worte.

Ausnahmsweise.

Evans öffnete einen minimalistisch winzigen Spalt breit die grünen Augen.

„So und jetzt?“, gab sie sich Mühe mutig zu klingen, aber ihre Panik war nicht zu überhören.

„Jetzt lehnst du dich leicht nach vorn …“, wies Roberts sie behutsam an.

„Nein, Lils, nicht so heftig!“, rief die Blonde als Evans zu schnell ihren Anweisungen nachkam und sich mit ihrem gesamten Körpergewicht nach vorn lehnte.

Aber ihre Warnung kam zu spät, Lily Evans raste bereits in einem mordsmäßigen Tempo auf die Erde zu. Die Menge auf dem Boden lief kreischend auseinander, während James und Sirius am Himmel beide gleichzeitig ihren Besen schon rum reißen wollten, um zu retten, was nicht mehr zu retten war.

Da schoss plötzlich ein blonder Blitz an ihnen vorbei und sauste dem Besen von Evans nach, der jeden Moment drohte auf den Boden zu krachen.

James hielt die Luft an.

Doch das scheinbar unmögliche geschah, Mel bekam den Stil von Evans’ Besen im allerletzten Moment doch noch zu packen und zog ihn in einer haarscharfen Kurve über den Boden wieder mit sich hoch.

James atmete erleichtert aus, er hörte wie Sirius das gleiche tat.

Die Menge unten jubelte als Mel mit dem zitternden rothaarigen Mädchen sicher landete.

„Was ist hier los?“, Madam Hooch betrat wieder das Feld und wirkte überaus ungehalten.

„Potter! Black! Kommen Sie beide sofort runter, ich habe Ihnen nicht erlaubt-“

In diesem Moment stoppte die Lehrerin als ihr die olivgrün angelaufene Lily Evans mitten auf die Füße kotzte.

„Um Merlinswillen!“, wurde die alte Dame jetzt hysterisch. „Unfähige Flieger, rebellische Kinder und jetzt auch noch sich erbrechende Mädchen?! Das ist mir zu viel! Soll sich Dumbledore doch jemand anders suchen. Ich kündige hiermit!“, und mit diesen Worten verschwand die zornige Fluglehrerin wieder ins Schloss.

„Ich glaube, der Unterricht ist für heute vorbei!“, kam die schlaue Bemerkung von Sirius.

Und tatsächlich wurde Madam Hooch danach nie wieder an der Schule gesehen, die Erstklässler mussten somit auf zusätzlichen Flugunterricht verzichten. Doch statt sich zu freuen, war James erst mal am Boden zerstört, als er über die lange Besenpause nachdachte.

Erst der nächste Jahrgang sollte wieder Unterricht erhalten … bei niemand anderem als Madam Hooch. Allerdings handelte es sich hierbei um ihre Tochter, die etwas härter im Nehmen war und mit kotzenden Kindern anscheinend weniger Probleme hatte.
 

Sirius schaute ihn irritiert an.

Was James entnervt aufstöhnen ließ:

„Erstes Schuljahr, Flugtraining, Melody Roberts auf einem Besen, die Evans das Leben rettet? Na, klingelst jetzt langsam?!“

„Keine Ahnung wovon du sprichst“, antwortete Sirius Schulter zuckend und widmete sich wieder seinem Essen zu.

Sein bester Freund begab sich gerade wieder eindeutig in seine typische Titanschädelhaltung, aus was für Gründen auch immer.

James aber blieb von seinem Vorhaben absolut überzeugt. Melody Roberts war die einzige Möglichkeit, die ihm noch blieb, wenn sie ablehnte würde James selbst seine alte Position wieder zwangsweise übernehmen müssen.

Aber sie würde nicht ablehnen.

Sie konnte gar nicht!

Da war sich James hundertprozentig sicher.

Oder nicht?
 

Der eisige Nordwind fegte in hohem Bogen über den See, einige Schüler, die so mutig gewesen waren sich raus zu wagen, fröstelten heftig und flüchteten so schnell sie nur konnten hinter die dicken Mauern des mollig warmen Schlosses zurück.

Nur eine Person in weiter Ferne von der verstreuten kleinen Menge schien die Kälte, die sie umgab, nicht mal wahr zu nehmen. Stock und steif saß sie bereits seit Stunden da, die einzige Bewegung, die sie immer wieder monoton vollführte, war die ihrer Hand, die eine aus ihrem Zopf heraus hängende Strähne ihres langen blonden Haares um ihren rechten Zeigefinger wickelte.

Wieder und wieder ging Mel Potters Worte durch, analysierte ihre Situation und suchte nach einem Ausweg aus ihrer verzwickten Lage.

Doch es war zum Verzweifeln!

Sie kämpfte auf aussichtloser Position. Ihr blieb einzig nur die Wahl, die Potter ihr gestellt hatte.

Entweder Sucher werden und ihr Medaillon zurückbekommen oder ablehnen und dabei zu sehen wie es vielleicht ein Feuerwerk in Potters Kessel verursachte.

Aber die Alternative dazu kam auch nicht in Frage!

Erstens, weil es bedeutete Potter, dem durch die Schule stolzierenden James Potter, zu helfen!

Zweitens, weil sie nicht glaubte Blacks Anwesenheit länger als fünf Minuten an einem Stück ertragen zu können, bevor ihr der Zauberstab ausrutschen würde oder die Hand … oder eher beides!

Und drittens, weil … ja, weil … nein, daran wollte Mel nicht denken!

Was sollte sie also tun?

Wie man es auch drehte und wendete Mel verlor immer!

Entweder waren es ihre Ehre, Stolz und Wille, die dabei draufgingen oder sie musste den Verlust ihres Schatzes in Kauf nehmen.

Aber es war doch ein Geschenk …

Und Geschenke verlor man nicht!

Mel stöhnte und legte den Kopf in ihre Hände.

Es war wirklich zum Verrücktwerden!

Sie hob ihren Kopf wieder an und schaute zu den Sternen am Himmel hinauf.

Moment, Sterne?!

Merlin, wie lange hatte sie denn schon wieder hier draußen gehockt?

Ihr Magen gab ein knurrendes Geräusch von sich.

Lange genug also.

Mel erhob sich flink und warf einen letzten Blick auf ihren Lieblingsort, bevor sie sich durch die eisige Kälte zu ihrem Abendessen zurück ins Schloss kämpfte.
 

Halb neben sich sitzend hob Lily ihre Gabel zum Mund. Ihre Augen beobachteten heute Abend sehr aufmerksam den Ravenclawtisch. Da tat sich allerdings wenig. Lily schüttelte ihren Kopf.

Was tat sie da wieder nur für Blödsinn?

Sie sollte sich in Zukunft auf die andere Seite ihres Tisches setzten!

„Weißt du, wo Belli ist?“, versuchte Lily ihre Augen nun mit einem Gespräch abzulenken.

„Nein.“, kam die einsilbige Antwort von Caite.

Lily hatte leider für einen Moment vergessen, dass Caites Unterredungsversuche mit Sheila am Nachmittag nicht sonderlich erfolgreich verlaufen waren. Die Dunkelhaarige hatte zwar nicht mit ihr darüber gesprochen, aber Lily kannte sie gut genug, um das aus ihrer momentanen Stimmung abzuleiten.

„Dieser eingebildete Mistkerl!“

Lily hob ihren Kopf.

„Ein humorloser Rassist, ja das ist er!“, Belli ließ sich weiter fluchend neben Caite fallen.

„Belli, was ist passiert?“, sollte Lily die Frage jetzt wohl als gute Freundin stellen, aber bei Isabella Cruz war dies nicht nötig, es sprudelte auch so immer unaufgefordert aus ihr heraus.

„Leute, ihr glaubt es nicht, was dieser gemeine Schuft sich erlaubt hat! Und dann Thomas, mein Thomas lacht auch noch darüber! Ich kann es immer noch nicht glauben, dabei hatte es so gut angefangen, als wir heute Nachmittag …

…und dann habe ich ihn einen widerlichen Schleimbeutel genannt und ihm gesagt es sei für immer aus!“, zum ersten Mal holte Belli nun wieder Luft.

Lily ging im Kopf noch mal grob durch, was sie von Bellis vielen Worten behalten hatte, um ihr eine befriedigende Antwort zu liefern.

Belli hatte sich mit ihrem Freund Thomas Curly und seinem Bruder Alexander in einem Aufenthaltsraum im dritten Stock getroffen, wo sie ihm wohl eine ganze Weile verliebt zugehört hatte, bis dann sein Bruder losgelegt hatte und einen gewaltig großen Fehler machte.

Er riss einen Witz über ihre spanische Großmutter.

Belli mochte ja über alles sonst lachen können, was andere nicht mal im Entferntesten als komisch bezeichnen würden, doch ihre nana war ihr empfindlicher Nerv. Die Spanierin bewunderte ihre Großmutter zutiefst, ein Witz über sie kam also einer Todsünde gleich.

Das hatten beide idiotischen Curly-Brüder am Ende übrigens auch mit einer saftigen Ohrfeige zu spüren bekommen.

„Sei froh, dass du den Blödmann los bist, Belli! Er war ein langweiliger Schleimer.“

Belli nickte eifrig, sie musste eine gewaltige Menge Wut im Bauch haben. Dann würde der Rotz- und Wasseranfall sie also erst morgen ereilen.

„Männer sind sowieso alle Idioten!“, auf Caites Gesicht zeichnete sich die Spur eines Lächelns ab.

Der Gedanke niemals wieder Thomas Curlys Stand-up Comedy ertragen zu müssen, trug wohl so einiges zur Verbesserung von Caites Laune bei.

„Du hast absolut Recht, Caite!“

Und bis zum Ende des Abendessens hackte Belli nun ununterbrochen auf dem anderen Geschlecht rum und versicherte felsenfest von nun an glücklicher Single sein zu wollen … aber das sagte sie ja immer.
 

Sirius war stocksauer auf James. Da hatte ihm das Schicksal bei allem sonstigen Pech einmal in dieser Woche das Glück persönlich in die Hände gespielt, da wurde es ihm von seinem eigenen besten Freund grausam entrissen.
 

„… Snape vor allen Augen in der großen Halle küssen müssen, Filch ein Liebesliedchen trällern, ihren Kopf ins Klo der Maulenden Myrthe stecken …“

Zwischen seinen vielen Plänen warf Sirius seinem Freund einen grinsenden Blick zu. Schwer enttäuscht musste er feststellen, dass dieser geistig weggetreten zu sein schien.

„Hey, hörst du mir überhaupt zu, James?“, brüllte er seinem Freund ins Ohr, der mit glasigem Blick in die Ferne starrte.

James zuckte zusammen, dann tat sich etwas.

Sirius beobachtete auf einmal etwas Merkwürdiges in James’ Gesicht. Seine Augen waren so komisch, sie funkelten. Das taten sie sonst nur, wenn er Lily Evans sah oder Quidditch spielte …

Oder wenn James glaubte eine ganz geniale Idee zu haben!

Sirius hatte plötzlich ein richtig ungutes Gefühl, James nächster Satz bestätigte diesen seinen Verdacht.

„Ach, Sirius?“

Nein, er kannte diesen Ton genau!

James sprach wieder mal in dieser Ich-will-was-ganz-besimmtes-von-dir-was-dir-nicht-gefallen-wird-du-aber-keine-Wahl-hast-Stimme mit ihm.

„Was auch immer es ist, ich will es gar nicht wissen!“, Sirius drehte sich entschlossen um.

Nach einer halben Minute hielt er es aber nicht mehr aus und warf einen Blick über seine Schulter.

James funkelte ihn weiter so komisch an.

„Nein, James. Nein!“, Sirius versuchte hart zu bleiben.

Erneut lockte ihn seine Ungeduld und Sirius drehte sich wieder um, nur um zu sehen, dass James jetzt bereits das Potter’sche Grinsen aufgelegt hatte.

„Verdammt!“
 

Wieso gewann eigentlich immer nur James?!

Und was war seinem besten Freund wichtiger?

Der Sport oder er?

„Augenscheinlich Quidditch“, dachte Sirius verbittert über seinen zweiten Platz in James’ Hitliste nach.

Na wunderbar!

Sein Jahr war im Arsch!

Wenn er dieses Miststück demnächst auch noch viermal die Woche würde ertragen müssen, müsste er wahrscheinlich peinlichst genau darauf acht geben, sie nicht andauernd mit dem Klatscher zu verwechseln.

„Willst du reden?“, Remus setzte sich ihm gegenüber in den Sessel.

Sirius brummte.

„James hat mir erzählt, er wolle Roberts überreden ins Team zu kommen“, sagte Remus mal wieder in seinem allwissendem Ton.

Sirius schnaubte.

„Überreden“?

Also traute James sich nicht ihrem Vertrauensschülerfreund die Wahrheit zu erzählen oder er nannte „Erpressung“ jetzt neuerdings „überreden“.

„Ich erinnere mich daran, dass sie eine gute Fliegerin gewesen ist“, sinnierte Remus nach. „Zumindest jetzt wieder. Solche Dinge vergisst man leicht. Nicht wahr, Sirius?“, sein braunhaariger Freund musterte ihn mit seinem alles durchschauenden Blick.

Sirius sagte nichts, sondern stand auf und dampfte wütend aus dem Gemeinschaftsraum ab.

Er wusste nicht, was Remus mit seinem blödsinnigen Gerede meinte, aber es machte ihn fuchsteufelswild.
 

Mel streichelte sanft das Gefieder ihrer nachtschwarzen Eule. Sador schuhute leise und schloss entspannt die strahlend blauen Augen.

„Verdammt! Was soll ich bloß machen?“, flüsterte Mel.

Der Vogel öffnete seine Augen erneut, betrachtete sie kurz, dann schlossen sich seiner Lider wieder.

„Nein“, antwortete Mel trotzig. „Du weißt, ich kann nicht …“

„Hier steckst du also!“, die Tür zur Eulerei wurde schwungvoll aufgerissen.

Hereinspaziert kam ein Junge mit zerstrubbelten schwarzen Haaren.

„Potter!“, stellte Mel unerfreut fest. „Verfolgst du mich?“, sie sah ihn scharf an.

Noch hatte sie schließlich Zeit.

„Ich wollte dir nur etwas zeigen, woran ich vorhin gearbeitet habe“, verkündete er mit stolzer Miene.

In Mels Gesicht zuckte es nicht mal.

„Interessiert mich nicht.“

Potter verdarb das jedoch nicht die gute Laune:

„Und ob!“

Er rollte ein Blatt Papier aus, das er aus seiner Umhangtasche hervorholte.

„Was soll das sein?“, Mel zog ihre Augenbraue hoch. „Ein Brief an deine Mama oder ein Liebesgedichtchen an Evans?“

„Roberts, das ist ein Vertrag. Ein magischer“, belehrte er sie mit großer Stimme.

„Toll“, war der einzige Kommentar von Mels Seite.

Nun war Potter anscheinend doch etwas empört, als seine Arbeit so erniedrigt wurde.

„Verflucht! Der regelt unser Abkommen.“

„Ich hab noch nicht zugesagt“, Mel verschränkte ihre Arme vor der Brust.

Potter grinste äußerst selbstsicher:

„Du hast auch noch Zeit - aber du wirst! Und das zeigt dir, dass ich es ehrlich meine.“

Er drängte Mel das Stück Papier auf und notgedrungen nahm sie es an und begann zu lesen:
 

Ich, James Edward Potter, Sohn von … (diesen längeren Teil von Potters Familiengeschichte übersprang Mel mal einfach) … biete dir Melody Roberts den Platz als Sucher in meinem Team an. Solltest du ein Jahr lang erfolgreich für uns spielen, erhältst du im Gegenzug deine Silberkette von mir zurück.
 

Zornig sah Mel von dem Papier auf und durchbohrte Potters lachende Augen mit ihrem eiskalten Blick:

„Potter, hier steht, dass ich meinen Kette erst nächstes Jahr wieder bekomme!“

Er zuckte gelassen mit den Schultern:

„Nun, ich brauchte ein Pfandstück, damit ich auch sicher weiß, dass du nicht zwischen durch wegläufst.“

Mel lag es auf der Zunge, Potter zu sagen, was sie genau von dieser Aktion hielt, entschied dann aber, dass es sicher unklug wäre. Er saß immer noch am längeren Besenende.

„Und was soll das mit dem „erfolgreich spielen“?“, hakte Mel stattdessen jetzt nach.

Wieder grinste er unverschämt:

„Nur eine Garantie, dass du auch dein Bestes gibst. Heißt, ich erwarte, dass du den Schnatz bei jedem Spiel fängst, es sei denn du stirbst, das würde ich dir dann mal durchgehen lassen“, meinte er großzügigerweise.

„Wie nett.“

Potter zuckte wiederum mit den Schultern:

„Ich bin fair.“

„Und woher weiß ich, dass ich meine Kette überhaupt zurückbekomme?! Was garantiert mir, dass ihr sie nicht einfach wegschmeißt oder mich noch ein weiteres Jahr behaltet?“, Mel beäugte Potter argwöhnisch.

Er tippte auf den Zettel:

„Lies weiter“

Mel wandte ihre Augen vom Neuen aufs Papier:
 

Sollte ich mich nicht daran halten oder dein Besitz zwischendurch abhanden kommen oder sonstige etwaige Beschädigungen davontragen, bist du sofort aus dem Team freigestellt. Des Weiteren wird jeder Bruch dieses Vertrages mit einem Fluch bestraft, derjenige wird einen Monat lang mit Furunkeln am ganzen Körper leben müssen.

James Edward Potter
 

Er hatte also auch schon unterschrieben, er musste sich seiner Sache ja absolut sicher sein.

„Furunkel? Nein, wie kreativ, Potter!“

Ein bisschen Verhöhnung musste sein.

„Sag einfach ja oder ja, die freie Entscheidung liegt selbstverständlich bei dir“, Potter grinste schon wieder bescheuert wie ein Honigkuchenpferd vor sich hin.

„Das Training findet jeden Dienstag, Donnerstag und Samstagmorgen statt. Am Sonntag trainieren wir zusätzlich noch eine Einheit am Nachmittag. Ist ein bisschen wenig, aber ich und Sirius haben noch Strafarbeit abzusitzen.“

Was glaubte der eigentlich?

Mel hatte ihm schließlich bisher noch gar keine Antwort gegeben.

„Woher weiß ich, dass der Vertrag nicht ein mieser Trick von dir ist, Potter?“

Da lächelte Potter plötzlich:

„Vertrau zur Abwechslung einfach jemand.“

Er machte einen Schritt zur Tür, drehte sich kurz entschlossen aber ein letztes Mal noch um:

„Ich mag dich nicht, Roberts, aber du solltest wissen, ich bin ein fairer Mensch.“

Mit diesen Worten verschwand James Potter und ließ eine ratlose Mel zurück, die tatsächlich ein wenig überrascht, immer noch den Vertrag in der Hand hielt.
 

Die große Uhr im Gemeinschaftsraum begann durch einen immer gleichen Klang die erste Stunde des neuen Tages zu verkünden.

Sirius zählte nervös mit:
 

Einszweidrei
 

Remus betrachtete mit wachen Augen den Gang zum Porträtloch.
 

vierfünfsechs
 

Peters Blick glitt ununterbrochen von der Süßigkeitenschale auf dem Tisch zu ihnen drei und wieder zurück.
 

siebenachtneun
 

James war aufgesprungen und tigerte mal wieder vor dem Kamin auf und ab.
 

zehn
 

Vielleicht war das Schicksal in dieser Woche doch wenigstens einmal gnädig mit Sirius.
 

elf
 

Da hörte er Schritte hinter sich. Dann eine helle Stimme.

„Ich mach’s.“

War der einzige Kommentar von Melody Roberts.

Sie knallte das Stück Papier auf den Tisch und verschwand rauf in den Mädchenschlafsaal.

James sah aus, als hätte ihn Lily Evans soeben geküsst.

„Ich würde sagen wir haben einen Sucher.“

„Und ich würde sagen mein Leben ist im Arsch! Vielen Dank auch, James!“, grummelte Sirius.

„Komm schon. Wie schlimm kann das schon werden?“, startete James einen erneuten Aufmunterungsversuch.

Sirius knurrte gefährlich, dass Peter sich beinnah an seinem Zitronenbonbon verschluckte.

„Immerhin steht dem Quidditchpokal jetzt nichts mehr im Wege!“

Remus hob besorgt die Brauen:

„Wenn du dir da mal nicht zu sicher bist! Ich habe das seltsame Gefühl, dass die Probleme jetzt erst richtig anfangen werden.“
 


 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

@whatever92: Wir haben das ja jetzt geklärt. ;)

Wiederhol's aber gern noch mal: Natürlich ist mir deine Meinung wichtig! Also, freu mich schon auf dein nächstes - hoffentlich freundlicheres^^ - Kommi. =)
 

@Lesca07: Oh oh! Bitte Mel nicht völlig hassen, gibt noch ne Erklärung, warum sie so ist, wie sie ist. Man hat heute eindeutig gesehen, dass das nicht immer der Fall war ...

Tja, Sirius hat eben so manches verborgenes Talent! *g* Mal schaun, wann er mit diesem rausrückt. Sein Singstimmchen wird er jedenfalls nicht auf ewig nur in der Dusche erklingen lassen.^^

Bei James und Lily musst wohl weiter warten müssen. Ihre Beziehung tendiert momentan eher in eine andere Richtung.
 

@eva-04: Rischtisch!

Der Kandidat erhält hundert Punkte. *lol*

Ich würde sie eher als Katz und Hund beschreiben^^ - oder einer von beiden müsste eine sehr wehrsame Maus sein. Was aus den beiden noch wird, hm ja, das würdest du gerne wissen, was?*g*

Caite hat bei Sirius Nachhilfe und es kommt noch zu Sprache. Arbeite gerade an dem Kapitel in dem es wieder aufgegriffen wird, aber bis dahin musst du leider noch abwarten. ;)
 

@Nicce: Und schon wieder hundert Punkte! *lol*

Zu schade, dass Sirius nicht auf Dauer der Schatzmeister geblieben ist ... :P

Irgendwie süß sind die beiden ja echt und zumindest, was das streiten angeht, scheinen sie sich ja prächtig zu verstehen.^^ Aber ob das andere auch klappt?

Im Moment schaut's ja eher schlecht aus ...

Von Kleinkriegen, ominösen Projekten und einer verwirrten Lily

Kapitel 11 – Von Kleinkriegen, ominösen Projekten und einer verwirrten Lily
 

Wer den Feind umarmt, macht ihn bewegungsunfähig.

nepalesisches Sprichwort
 

„Meine lieben Schwestern und Brüder!“, das knallbunte Etwas breitete seine Arme aus und blickte sie alle mit einem leicht verrückten übergroßen Lächeln an.

„Lasst uns die heutigen Stunden mit einem Dankesgebet an die Liebe beginnen, die uns erneut einen so wunderschönen Tag geschenkt hat und uns alle hier gemeinsam in so großer und friedvoller Eintracht zusammen geführt hat!“, der Frau standen nun echte Tränen in den Augen.

Lily saß wie erstarrt auf ihrem Platz, am liebsten wollte sie ihren Kopf einfach nur noch auf die Tischplatte legen und anfangen zu heulen.

Während Chadna eine schiefe Musik erklingen ließ (die vermutlich orientalisch sein sollte, die Betonung liegt hierbei auf „sollte“) und dabei noch schrillere katzenschreiartige Geräusche von sich gab, saß die Hälfte der Schülerschaft mit an den Ohren gepressten Händen auf ihrem Platz, die andere Hälfte konnte dies vor lauter Lachen schon nicht mehr tun.

Die aufgehende Tür unterbrach das Liebesgejaule ihrer Lehrerin allerdings. Vier Jungs spazierten völlig entspannt in die Klasse hinein. Ausnahmsweise vorne weg, ein leicht zweifelnd guckender Remus Lupin, dahinter trollte sich ein, mit übertrieben raus gestreckter Brust, Peter Pettigrew und natürlich, schließlich kommt das Beste ja immer zum Schluss (in diesem Fall aber nicht), ein lässiger Sirius Black und ein noch relaxterer James Potter. Beide sahen aus, als ob ihnen gleich das Gesicht platzen müsste, soweit waren ihre Mundwinkel schräg angespannt. Ein paar Mädchen stießen wiederum Seufzer aus, als sich Black auf seinen Stuhl fallen ließ und mit einer beiläufigen Bewegung, elegant sein Haar zurückwarf.

„Halt, mein Junge!“, die Professorin kam ganz aufgeregt, plötzlich auf Potter zugerast.

Dieser blieb sehr verdutzt stehen, die Lehrerin legte ihm die Hände auf die Schultern.

„Du musst vorne bei uns bleiben, denn ich spüre bei dir die Aura!“, sie machte eine schweifende Bewegung in die Ferne.

„Die Au- was?“, fragte Potter verwirrt.

„Die Aura, mein Bruder, die Aura!“, rief die Lehrerin begeistert.

Du strahlst sie heute aus. Du wurdest von der Liebe als ihr Bote des Tages gewählt.“

Potter grinste wieder so blöd und warf seinen Honigkuchenpferd-Strahlemann-Blick auf Lily. Sie sandte ihm ein bedrohliches Funkeln mit ihren grünen Augen zu, als er es doch tatsächlich wagte, ihr zu zuzwinkern.

„Meine Schwestern und Brüder, so lasset uns denn die Worte des Boten hören, auf dass sein Gebet die Liebe uns weiter gütig stimmen möge!“, erwartungsvoll wandte die Professorin ihren Blick auf Potter.

„Häh?“, kam die intelligente Erwiderung von Potter.

Dann machte es wohl endlich bei ihm Klick und der Grinseschalter in seinem Kopf war wieder umgelegt worden.

„O natürlich!“

Lily wurde misstrauisch, als Potter sie abermals so unverschämt ansah.

„O Liebe, die du bist überall. Ich preise dein kaminrotes Haar, bete deine smaragdgleichen Augen an und verehre selbst die kleine Speckrolle, die sich hin und wieder so süß über deinen Rock quillt. O erhöre doch mein Flehen, du einzigartige Liebe und schenk mir nur einen Tag allein mit dir und erfreue so das Herz eines einsamen Quidditchprofis. Liebe, ich bin ein verzweifelter Wanderer, so brülle doch durch meine elbenhafte Löwin zu mir und gib mir ein Zeichen! Der einzig wahre Zauber erfüllte mein tiefstes Inneres, o Liebe ich danke dir für immer, für meinen rothaarigen Engel, den du mir sandtest.“

Lily wollte jetzt zwei Dinge zur selben Zeit tun und sie konnte sich einfach nicht entscheiden, was zuerst. Entweder raus rennen und sich in dem kleinsten Mauseloch am Ende der Welt verstecken, in der Hoffnung dort nicht mehr die Lacher der anderen zu hören oder hier bleiben und nach Askaban geschickt werden, weil sie Potter seinen Kopf abgerissen und zu Brei zerstampft hatte.

„Was ist Evans, gehst du jetzt mit mir aus?“, störte Potter ihre wichtigen Gedankengänge.

Wahrlich, eine schwere Entscheidung – Pottermus oder Mauseloch!

Das spiegelt sich auch in der bestimmt auffallenden Farbe ihres Kopfes wieder. Denn Lily wusste nicht, ob dieser nun rot vor Zorn oder nie enden wollender Peinlichkeit war. Der neue Spitzname „Speckröllchen“ war ihr aber gewiss jetzt schon sicher.

„Nein … mein Junge …“, die schrill gekleidete Frau griff sich atemlos an ihr Herz.

Die bekam doch jetzt nicht etwa einen Infarkt?

Lilys schrecklichster Pottermoment des Tages war schnell wieder vergessen.

„ … was für unglaublich schöne und berührende Zeilen!“, nun lief Chadna wahrhaftig eine Träne über die Wange.

Potter drohte umzukippen, so sehr schüttelte ihn sein unterdrücktes Lachen.

„Das wird die Liebe uns eindeutig wohl gesonnen machen, denn du ließest sie direkt in dein Herz!“

Sie ergriff Potters Hände und hatte einen absolut glückseligen Ausdruck aufgelegt.

„Nur durch dich sprach sie direkt zu uns!“

Sie legte ihre Handflächen aneinander und hob die Arme:

„Hairabba!“

Und dieses Wort wiederholte sie nun gebetsmühlenartig zehn Minuten lang, während sie sich nicht an den zwei schwarzhaarigen Jungs störte, von denen einer vor ihrer Nase auf dem Boden unter krampfartigen Lachanfällen zu leiden schien, ganz zu schweigen vom Rest der Klasse.

Nun legte Lily wirklich den Kopf auf den Tisch.

„Ich bin eine Vertrauensschülerin, holt mich hier raus!“, war ihr eigenes verzweifeltes Gebet.
 

„Keine Chance!“, er lehnte sich ein Stück weiter nach hinten und betrachtete angeekelt sein Gegenüber.

„Ich will mir ja nichts holen und die wimmelt nicht bloß von Krankheiten, die ist gleich ne ganze Seuche!“

„Ach ja?“, sie zog eine Augenbraue hoch.

„Und was bist du dann?“, fragte sie mit frostiger Stimme.

„Der Tod höchstpersönlich oder nur der Fürst der Finsternis?!“

James weinte. Nicht weil er unglücklich war, dass Lily Evans ein weiteres Angebot seinerseits so konsequent abgelehnt hatte (auch wenn das durchaus ein Grund war betrübt zu sein), sondern weil der Anblick, der sich ihm dort vorne darbot, einfach so köstlich war, dass ihm bereits die Lachtränen in den Augen standen.

Sirius und Roberts standen beide mit verschränkten Armen voreinander, sich gegenseitig gefährlich anblitzend und die nettesten Nettigkeiten in einem schier endlosen Schlagabtauschkreislauf aneinander verteilend.

Sirius zeigte nur ein milde beeindrucktes Lächeln:

„Ach, Roberts, wenn ich das wäre, hätte ich ja wohl schon ein Problem weniger. Nämlich dich!“

„Black, das einzige Problem, das existiert, steht vor mir, ist groß und ziemlich dämlich! Na, kannst du was mit dieser Beschreibung anfangen?“, erneut war der rechte Haarbogen über ihrem Auge steil erhoben.

„Roberts, schließ doch nicht immer von dir auf andere.“, Sirius schüttelte seinen Kopf.

„Tja, ich sagte ja „dämlich“! Aber Hoffnung hatte ich noch gehabt, dass du wenigstens diese wenigen Wörter mal verstehen würdest. Aber bei dir ist ja Butter und Malz verloren!“, stellte sie fest.

Zur Erklärung sollte man vielleicht erwähnen, dass die werte verrückte Professorin, also Chadna, verkündet hatte, dass sie jetzt endlich bereit wären, eine neue sehr wichtige Lektion in Sachen „Wie gehe ich richtig mit meinem Gegner um?“ zu erlernen. Diese Lektion nannte sich „Liebesumarmung“.

Und wie es das Schicksal (oder Chadna) nun mal wollte, wurden ausgerechnet die beiden Personen im Raum ausgewählt, die von solchen gewissen Zärtlichkeiten so weit entfernt waren, wie Schniefelus’ Haar vom Zustand „sauber“.

„Echt, Roberts, seit dir weiß ich, dass es weibliche Dementoren gibt!“, spie sein bester Freund der Blonden ins Gesicht.

Diese brachte fast so etwas wie ein winziges hinterlistiges Lächeln zu Stande, es könnte sich aber auch nur um eine kurze Zuckung in ihrem Gesicht gehandelt haben.

„Jage ich dir etwa Angst ein, Black?“

„Nur in meinen Alpträumen, wenn du versuchst mich zu küssen!“, erwiderte Sirius überheblich.

Roberts’ Gesicht war zu einer kalten Maske erstarrt.

„Black, du bist ja selbst in deinen schlimmsten Träumen noch widerlich! Willst du mir jetzt etwa Furcht einjagen?“

Sirius gab einen kurzen freudlosen Lacher von sich:

„Ich glaube, du hast da was falsch verstanden, Roberts.“

Er deutete mit dem rechten Zeigefinger auf sich selbst:

„Ich bin es ja wohl, der sich ekeln muss! Da küsst man ja lieber Gonni, als dich!“

„Tu dir keinen Zwang an!“, kam der Kommentar postwendend zurück.

Der gesamte Kurs verfolgte wie gebannt diese hitzige Diskussion, während beide Kontrahenten die Welt außerhalb scheinbar schon nicht mehr wahrnahmen. Sirius hatte bereits eine grimmige Kampfhaltung angenommen und Roberts’ Blick wurde von Minute zu Minute eisiger. Gewittergraue Augen bohrten sich in zwei tiefe dunkelblaue Polarozeane. In der Luft um sie herum konnte man einen Ring der Abneigung und Abscheu nicht nur spüren, er lag geradezu sichtbar um sie herum.

Jedoch hielt das selbstverständlich niemanden davon ab, sich trotzdem über die beiden Streithähne aufs Heftigste zu amüsieren. Allerdings drangen stets nur erstickte Lacher und grunzende Laute aus zusammengepressten Lippen und zwischen in den Mund gesteckten Fäusten hervor, man wollte das feurige Spektakel ja nicht stören.

Die offensichtliche Feindseligkeit zwischen der blonden Außenseiterin und dem schwarzhaarigen Mädchenschwarm wäre wohl noch dem dümmsten Trottel aufgefallen.

Korrektur:

Dem Allerdümmsten nicht.

Eben noch hatte Chadna erstaunlich ruhig vor dem Sicherheitsabstand gestanden, die sein bester Freund und der Misanthrop* errichtet hatten, als sie im nächsten Moment schon an sie heran getreten war und die beiden Intimfeinde dicht aneinander drückte. Beide rissen im gleichen Moment erschrocken die Augen auf und starrten Chadna an.

„O mein Bruder, meine Schwester! Ich weiß, warum ich euch beide ausgewählt habe. Die Liebe gab mir vorhin durch den Boten ein Zeichen!“, James lachte laut auf, obwohl er gleichermaßen durch ein blaues und ein graues Augenpaar massakriert wurde.

Nebenan kicherte Peter heimlich und selbst Remus schmunzelte zum ersten Mal heute in diesem Unterricht.

„Möge ihre Macht, die so kraftvoll in mir wohnt, eure negativen Energien vertreiben und euch in ewiger Liebe vereinen!“, sie stieß die Wörter wie einen sehnsuchtsvollen Seufzer hervor.

Schließlich ließ Chadna sie mit einem letzten „Hairabba!“ wieder los und strahlte beide mit ihrem verträumten High-Blick an.

Ihre „Opfer“ starrten beide einen Moment die bescheuert guckende Lehrerin an, dann wandten sie gleichzeitig den Kopf wieder und ihre geschockten Blicke trafen sich erneut. Als sie wohl endlich merkten, wie nah sie einander waren, wichen beide, wie von der Riesenspinne gebissen, mehrere Schritte zurück und funkelten sich angewidert an.

„Komm mir ja nie wieder so nahe, Black. Ich warne dich!“, zischte Roberts.

„Du warnst mich?“, Sirius’ Augen verengten sich zu Schlitzen.

„Nicht nötig, Roberts! Du stinkst schließlich, als wenn du regelmäßig das Duschen wegrationalisierst. Dafür bleibt Strebern wie dir ja anscheinend keine Zeit!“

James wollte in diesem Moment nicht in Sirius’ Haut stecken, denn Roberts’ darauffolgender Blick musste einem wie ein verfrühter Wintereinzug mit Schneesturm vorkommen.

„Ich will dir ja nicht sagen, wonach du riechst, Black. Aber wenn ich je das Bedürfnis verspüren sollte, kotzen zu wollen, sag ich dir Bescheid!“

Die Blonde drehte sich von seinem Freund weg, von dem man inzwischen meinen könnte, dass gleich Rauchwölkchen über seinem Kopf erscheinen müssten, reckte das Kinn und stolzierte zu ihrem Platz zurück.

„Ja, meine Kinder! Lasst all eure bösen Energien raus, auf das die mächtige Energie der Liebe euch durchströmen kann!“, Chadna wirkte überglücklich über den Streit der beiden, als wenn man ihr kein schöneres Geschenk machen könnte.

Selbst Sirius’ Todesausdruck konnte ihr seliges Lächeln nicht mindern, wahrscheinlich verstand sie solche zarten Warnsignale gar nicht.

James aber bezweifelte, dass da auch nur irgendetwas geströmt war, denn der letzte Kommentar von Roberts war womöglich doch ein wenig zu hart gewesen.

Zumindest für Sirius!

Sein bester Freund war schließlich über alle Maßen stolz auf alles, was auch nur irgendwie mit seinem Astralkörper zu tun hatte. Seinen Geruch zu beleidigen, nachdem so viele Mädchen ihn schon gepriesen hatten, kam also Gotteslästerung gleich.

„Sei bloß froh, dass heute nicht wieder Training ist. Sonst hätte dein Sucher unter Garantie einen kleinen Klatscher-Unfall!“, knurrte Sirius, die Augen auf Roberts fixiert.

Nein, einen Angriff dieser Art auf sein Unbeschreiblichbarkeitsdogma würde Sirius unter keinen Umständen auf sich sitzen lassen. Ein wenig Sorge machte das James jetzt schon, denn es war schon so schwierig genug mit den beiden in einer Mannschaft und mit der Zeit war es nicht wie erhofft besser oder wenigstens entspannter geworden, sondern entwickelte sich allmählich zu einem ausgewachsenen Krieg.

Wenn es nicht um Quidditch gegangen wäre, hätte James darüber gelacht, aber so …

Verflucht noch mal!

Konnten die nicht ein einziges Mal vergessen, wer sie waren?

Wieso nur fetzten gerade die beiden sich immerzu?

James verdrängte, dass er zumindest auf einen Teil der Frage die Antwort in seinem Innern bereits wusste.
 

Lily musste zugeben, dass es sie ehrlich aufheiterte, dass Black von einem Mädchen mal in seine Schranken gewiesen worden war.

Wenn dieses Mädchen nur nicht Melody Roberts heißen würde …

Lilys Augen schnellten wie von selbst zu ihr hin, sie saß ein paar Plätze weiter rechts, links der Tür, auf ihrem isolierten Platz. Irgendwie erschien es einem immer so, als ob alle anderen Tische ein kleines Stückchen mehr weg von Mel standen, als von den anderen, aber kümmern tat sie das wohl eher nicht.

Plötzlich hob Mel den Kopf und drehte ihn in Lilys Richtung um, doch der Augenblick in dem sich ihre Augen trafen, verging so rasch, dass Lily nachher nicht mal wusste, wie Mel sie angesehen hatte, da hatte die Blonde ihre Aufmerksamkeit schon wieder auf den Boden geheftet. Ausrechnen aber konnte sich Lily selbstverständlich ihren Gesichtsausdruck.

Ein leises Seufzen entwich ihren Lippen, da fing Lily auf einmal einen anderen Blick auf. Er kam von ganz rechts und war in ihre Richtung geneigt. Brian huschte ein kurzes Lächeln übers Gesicht, aber abrupt wandte auch er sein Gesicht wieder von ihr ab und zeigte großes Interesse an seiner Tischplatte.

Wie gebannt starrte Lily ihn an.

Wieso nur wurde man nie schlau aus ihm?

Auf der einen Seite so freundlich und dann wieder so abweisend … nicht durch Worte, sondern Gestiken.

Lily dachte an die wenigen Nachhilfestunden, die sie bereits zusammen verbracht hatten …

„Mein liebes Mädchen!“, Lily fiel vor Schreck fast von ihrem Stuhl, als das Gesicht ihrer nervtötenden Lehrerin aus heiterem Himmel so unvorhergesehen vor ihren Augen auftauchte.

Sie betrachtete Lily mit einem solch süßlich besorgten Blick, der es ihr beinahe unmöglich machte, zurückzuschauen.

„Äh, ja?“, zwang sich Lily mit ruhigem Klang zu antworten.

„Du scheinst mir so furchtbar traurig, du musst mit Liebe erfüllt werden!“

Lily runzelte die Stirn:

„Was?“

Doch die Lehrerin ging nicht auf ihre Frage ein.

„Meine Kinder, passt gut auf, denn nun werdet ihr Zeuge der mächtigen Kraft der Liebe, die aus diesem einsamen verstörten Geschöpf“, Lily verzog das Gesicht, „eine Tochter des Sonnenscheins machen wird.“

Lily verstand nur Gleis 9 ¾ und Abfahrt.

Was wollte diese komische Frau ihr mitteilen?

„Du!“, Lily sah wie die Professorin rasche Schritte auf einen anderen Tisch zumachte.

„Ja, du!“, Chadna zeigte ganz aufgeregt auf einen Ravenclawjungen.

Brian hob seinen Kopf und besah sich die Frau vor ihm mit argwöhnischem Blick. Zwischen seinen Brauen hatte sich eine Falte gebildet.

„Mein Bruder! Deine positive Energie lässt dich geradezu aufleuchten, nur du kannst unserer traurigen Schwester helfen.“, ohne auf eine Reaktion seinerseits zu warten, zog ihn die aufgekratzte Lehrerin mit sich, schnappte sich unterwegs auch noch Lily und ließ erst vorne angekommen, wieder von ihnen ab.

Nun standen sie beide, wie auf dem Präsentierteller für alle anderen, da und während Lily verwirrt dreinblickte, sah Brian sie mit einer undefinierbaren Miene an.

„Und nun“, begeistert hob sie die Hände in eine Gebetshaltung, „teile durch eine liebevolle Umarmung deine reinigende Kraft mit ihr, damit sie spürt, dass auch sie zu unserer großen Familie der Liebe gehört!“

Lily spürte wie ihr Kopf auf Knopfdruck heiß wurde und er verwandelte sich in einen Backofen als Brian sie ansah. Seine kastanienbraunen Augen lagen für einen Moment ruhig auf Lily, doch sein Blick, so intensiv er auch sein mochte, blieb für sie wie immer rätselhaft.

Man wusste einfach nie, was dieser Junge dachte!

Schließlich streckte er so schnell die Arme aus, dass Lily einfach perplex stehen blieb und das kurze Pressen an seinen Körper teilnahmslos über sich ergehen ließ. Zuerst fühlten sich alle ihre Glieder an, als wären sie in einem totengleichen Schockzustand, dann füllte sie sich so schnell mit Leben, dass Lily das Gefühl bekam, eine ganze Ameisenkolonie hätte plötzlich in ihr ein neues Zuhause gefunden. Abrupt stoppte das tierische Treiben in ihrem Körper jedoch, als Brian sie los ließ und sich rasch auf seinen Platz zurückbewegte. Es brauchte mehrere Augenblicke bis Lily das verhaltene Kichern und die überschwängliche Stimme ihrer Verteidigungslehrerin in ihrem Ohr wahrnahm, was zuvor das rauschende Blut in ihrem Kopf verhindert haben musste.

„Nein, seht euch ihre Haut nur an!“ strahlte die Frau im Regebogenoutfit wieder mal.

„Ist sie nicht viel rosiger jetzt? Die Liebe muss sie geradezu durchströmt haben!“

Lily kehrte auf ihren Platz zurück und war auf einmal glücklich, doch nicht ihre Traumgröße von 1, 70m erreicht zu haben. Genaugenommen beneidete sie Belli sogar im Moment um ihren zwergenhaften Körper, denn Lily konnte sich gar nicht klein genug machen auf ihrem Stuhl und für den Rest der Stunde ließ sie ihre Augen nichts mehr erblicken, außer dem Braun ihres Tisches und dem Grau des Fußbodens.

„Himmelherrmerlin, Lily Evans!“, schimpfte sie beim erlösenden Klingeln mit sich selbst.

„Du bist doch sonst nicht so schüchtern. Warum spielst du nach so einer kleinen Umarmung also rum? Reiß dich gefälligst zusammen!“

Am Ausgang des Raumes warteten Caite, die schöne elfenbeinfarbene Haut auf ihrer Stirn war skeptisch gekräuselt und eine grinsende Belli auf sie.

Lily kannte dieses Mienenspiel der beiden bereits, vor nicht allzu langer Zeit, um genau zu sein vor zwei Wochen, hatten sie selbiges schon einmal aufgeführt.
 

„So.“, Lily schwante sofort Böses.

„So“ nur ein klitzekleines Wörtchen, das zigtausende Male von jedem von uns am Tag benutzt wurde. Ein winziges Allroundtalent der Sprache, das in nahezu jeden Satz eingefügt werden konnte, um ihn perfekt abzurunden oder als Stütze zu dienen, wenn man mal gerade nicht weiter wusste.

Ja „so“, war immer ein guter Anfang, doch Lily Evans wusste es besser. Sie kannte dieses „so“ ganz genau. Ihre Freundin Caite Gallagher benutzte dieses Wort nämlich stets nur am Anfang eines Satzes, wenn es für Lily drohte unangenehm zu werden und die außergewöhnliche Betonung des Wortes ließen keinen Zweifel an Caites Absicht.

„Du hast also …“, „also“ auch noch, das konnte ja heiter werden, „… Nachhilfe?“

„Woher weißt du das?“, fragte Lily perplex.

Sie hatte es vermieden, mit ihren Freundinnen über dieses unangenehme Thema zu reden, „nur vorerst“ wie sie es sich geschworen hatte, denn zu peinlich war ihr die Tatsache, dass sie mal Hilfe brauchte.

Caite rührte mit der Gabel in ihrem Auflauf herum.

„Belli hat dich heute Nachmittag in der Bibliothek gesehen, mit diesem … Jungen.“

Lily warf dem kleinen Kichermonster ihr gegenüber einen bösen Blick zu, doch wie immer blieb er auch dieses Mal ohne Wirkung und mildert Bellis Freude nicht im Geringsten.

„Warum hast du uns nichts erzählt, Lily?“, Caite schaute sie nun mit ihren babyblauen Augen vorwurfsvoll an.

Daher wehte also der Wind.

Wenn es etwas gab, was Caite Gallagher absolut nicht mochte, dann war das scheinbares Misstrauen unter Freunden. Es war äußerst schwer, Caite Gallaghers Vertrauen zu erlangen, denn sie war von Natur aus ein eher vorsichtiger Mensch, das absolute Gegenteil also von Belli, die man nicht fünf Minuten allein lassen konnte, ohne dass sie mit drei neuen Freunden wieder auftauchte. Wer demnach in die Gunst dieses seltenen Privilegs einmal gekommen war, von dem verlangte Caite ebenso Loyalität und Aufrichtigkeit, alles andere war ein Vertrauensbruch.

„Tut mir Leid!“, lenkte Lily deshalb schnell ein.

„Ich wollte es euch ja erzählen, aber-“

„-aber du wolltest erst warten, bis ihr zusammen seid!“, grinste Belli mit einem eindeutigen Zwinkern.

„Was?“, Lily Wangen wurden warm.

„Ich … Brian … er-er gibt mir nur Nachhilfe in Verwandlung!“

„Natürlich, Lily!“, Bellis Lippen dehnten sich auf ihr Maximum aus.

„Warum solltest du uns denn davon nichts erzählen?“

„Weil es ihr peinlich ist, es zugeben zu müssen, deswegen, Belli!“, Caites scharfer Ton beendete augenblicklich die Diskussion.

Lily warf Caite einen dankbaren Blick zu, diese nickte verständnisvoll. Wenn man einen wirklich guten Grund hatte, dann verzieh Caite solche „Ausrutscher“ auch wieder.

„Jaja, von mir aus, aber ich bleib bei meiner Theorie“, verkündete Belli fest entschlossen, „auch wenn ich nicht weiß, was du an dem findest, Lily!“
 

„Er gibt dir also nuuur Nachhilfe, Lily?“, kicherte Belli vergnügt und wieder war da dieses eindeutige Zwinkern.

Lily erwiderte in diesem Fall jedoch gar nichts, sondern hob die Nase nur ein wenig an und durchschritt ohne einen weiteren Blick auf die Spanierin, die Tür, der hollywoodreife Abgang wurde ihr allerdings durch ihre glühenden Wangen zu Nichte gemacht.
 

Mel ließ sich auf einen Stuhl fallen, der gewaltige Bücherstapel knallte auf den Tisch, dass Madam Pince schon ungehalten die Nase rümpfte und sie mit ihren grauen Geieraugen versuchte aufzuspießen.

Ihr war es gleich, sie freute sich darüber, dass heute Montag war. Der erste Tag der Woche bot nämlich gewaltige Vorteile gegenüber den anderen sechs Mitgliedern dieser immer wiederkehrenden Periode. Der wichtigste davon:

Endlich Ruhe!

Keine schnatternden Gänse, die sie unfreiwillig immer über Black und Potters neuste Eroberungen auf dem Laufenden hielten.

Keine unruhigen Erstklässler, die allesamt unter einem chronischem ADS* zu leiden schienen.

Keine übertrieben laute Seitenumblätterer, die auch bei der fünfzehnten Durchkämmung ihres Buches, das Gesuchte garantiert übersahen.

Keine dauererkälteten Leute, die entweder wie ein Elefant in ihr Taschentuch trompeteten oder wie alte Menschen in ihrer Stunde des Todes röchelten.

Keine ständig stöhnenden Siebtklässler, die ohne Unterbrechung verzweifelte Selbstgespräche führten, dass ihr Leben nun zu Ende sei.

An Montagen war nämlich für gewöhnlich in der Bibliothek nie viel los, die meisten Schüler hingen stattdessen lieber scheintot in der Ecke, anstatt fleißig zu lernen. Eine Reaktion auf gravierenden Schlafmangel und die Nachwirkungen – verbotener – flüssiger Ernährung vom Wochenende.

Also nur Mel und ihre Bücher und ihre Ruhe … und ihre lästigen Gedanken.

Denn merke:

Hast du keine Ruhe, wirst du dir nichts mehr herbeisehnen, doch hast du welche, wird dein Kopf die Action vermissen, über die er sich sonst aufregen kann, also beschäftigt er sich zwangsweise mit sich selbst.

Mel hatte gelernt das zu ignorieren, einfach in dem sie ein Buch aufschlug und sich vollends auf den Text konzentrierte. So wie jetzt, wo sie verbissen in ihrem Zaubertränkebuch begann zu lesen, auf dem Tisch vor ihr waren ihre Notizen aus ihren Zwangsnachhilfestunden bei Lily verstreut.
 

Kapitel 31 – B 17

Der Fee-Fie-Foe-Fum-Trank von Jack Beanstalk
 

Der Entwicklung des ersten Schnellwuchstrankes durch den berühmten britischen Meister der Tränke und Lügenonkel Jack Beanstalk, verdanken die meisten Hungersnöte und Versorgungsengpässe ihr Ende. Auf der Grundlage seiner Entdeckung wurde ein neuer Weg in der nahrungstechnischen Versorgung der Zaubererschaft gegangen, bis heute zählt sie zu den bahnbrechensten Erfindungen der Welt.

Jedoch gibt es natürlich auch hier, wie anderswo ebenfalls, häufigen Missbrauch. Oftmals wurden schon Hexen und Zauberer erwischt, wie sie Muggel versuchten mit überdimensionalem Gemüse zu täuschen, um ins sogenannte „Guinness-Buch der Rekorde“³ aufgenommen zu werden.

Am Anfang seiner Forschung musste Beanstalk allerdings feststellen, dass sich sein Versuchsobjekt lediglich aufblähte und platze, sobald es berührt wurde. Eine Reaktion, hervorgerufen durch das Gummibaumserum, wie er im Nachhinein feststellen würde. In Verbindung mit den gerösteten Springbohnen und einem ¼ dt Sonnentau, ergab sich natürlich, logisch erklärbar durch die Confusio-Regel von Archimedes Liquidus (s. S. 234, Kapitel 24 – D 13), folgender Schluss, dass nämlich extendare Flüssigkeiten und crescere Pflanzenmittel nicht ohne eine Comorarefacio in einem Verhältnis von 1 zu 6 zusammen gegeben werden dürfen, da sonst eine olei’sche …
 

Genervt blätterte Mel zurück, nur um festzustellen, dass auf Seite 234 gleich im ersten Satz drei weitere Verweise auf vorherige Kapitel enthalten waren.

Sie pfefferte das Buch wütend zurück auf den Tisch und grapschte nach einigen Pergamentblättern, in der Hoffnung so vielleicht irgendwas zu verstehen.

Mel wusste nicht, wie viel Zeit verging, aber es kam ihr vor wie Stunden, in denen sie ihre Aufzeichnungen las und las, ohne den Sinn zu verstehen. Wäre das nicht ihre eigene Schrift, das Geschreibsel hätte auch von jemand anderes stammen können, Mel erinnerte sich nicht, es aufgeschrieben zu haben.

Aber wie auch?

Während ihrer Nachhilfestunden spielte sie schließlich Stenograph (selbstschreibende Federn waren in Hogwarts verboten) und die dachten nicht, sondern schrieben nur stumpfsinnig mit, was der andere runterrasselte.

Erneut griff Mel zum Buch, aber auch zehnmaliges Lesen machte den Abschnitt nicht klarer, es hätte in Troll da stehen können, für sie hätte es keinen Unterschied gemacht. Mit voller Wucht schlug sie die Lektüre zu, dass Madam Pinces Nase wiederum gefährlich zuckte, aber her kam sie nicht. Sie hatte sich einmal mit Mel angelegt und ein zweites Mal wagte es die verstaubte alte Schachtel wohl nicht.

„Verdammter Jack Beanstalk!“, fluchte Mel innerlich.

„Bescheuerte Confusio-Regel! Was ist überhaupt ein Comorare- was auch immer?! Wen interessiert so was denn? Und Archimedes Liquidus kenn ich auch nicht und darüber kann er froh sein!“

Es würde sich nie daran etwas ändern.

In Zaubertränke war und blieb sie eine Totalniete!

Vermutlich war in ihrem Hirn etwas falsch, dass sie diese angeblich logischen Zusammenhänge gar nicht verstehen konnte.

Aber dass sie blöd war, war ja nichts Neues …

Da sich Mel nun so standhaft weigerte, ihr Köpfchen zu beschäftigen, übernahm dieses selber die Arbeit und lenkte ihre Gedanken auf den morgigen Tag hin, wo wieder ein paar Stunden in der Hölle auf sie warteten und dass nicht nur wegen der Doppelstunde Zaubertränke am frühen Morgen.

Am Nachmittag standen ihr nämlich, nicht wie gewöhnlich ein paar anstrengende, aber ruhige Stunden mit ihren Hausaufgaben in der warmen Bibliothek bevor, nein, sie durfte sich ja in luftig eisige Höhen schwingen, um nach einem kleinen goldenen Ball zu suchen.

Wobei … so schlimm war es eigentlich auch wieder nicht, wenn sie an ihre Erfahrungen dort oben dachte:

Die kalte Luft, die ihr durch die Haare sauste und alles, ja noch der letzten Zelle in ihrem Körper vollends Leben einhauchte, der Nervenkitzel, wann immer sie ein gewagtes Manöver vollführte, um ihren kleinen goldenen Freund zu erwischen, das unendliche Gefühl von grenzenloser Freiheit, wie man sie nur dort oben spüren konnte, Potters Stimme, die sie zu weiteren Höchstleistungen antrieb – ok, jetzt wurde sie wirklich schwachsinnig!

Potter Stimme war weder angenehm zu hören, noch sein hochschwaffelndes Gequatsche zu ertragen!

Dort oben gab es keine Freiheit, sondern nur eine frostige Kälte, die sie immer wieder um einige Körperglieder zu erleichtern versuchte.

Und mit ihren Flugmanövern für den dämlichen Ball, brachte sie sich ständig in akute Lebensgefahr und für Quidditch lohnte sich das wahrlich nicht.

Es gab also nichts Gutes an dieser ganzen Geschichte … oder – nein, ein „oder“ gab es nicht!

„Denk an dein Versprechen Mel!“, erinnerte sie eine Stimme in ihrem Kopf.

„Du hast es damals geschworen!“
 

Ja, geschworen … das hatte sie …
 

Wind, Stimmen, das Rascheln der Bäume, für Mel waren all diese Geräusche nur noch ein leises Summen im Hintergrund, bis sie schließlich vollends verschwanden und dafür anderen Platz machten. Prasselndem Regen, dem leisen Rauschen des Meeres und Stille. Eine schrecklich drückende Stille, wie Mel sie nur ein einziges Mal erlebt hatte. Es waren Geräusche, die sich vor langer Zeit in ihre Seele gebrannt hatten. Für immer.

Ihre Augen waren auf den Besen vor ihr fixiert, er lag locker in ihrer Hand und obwohl es einige Zeit her war, wusste Mel ganz genau, was sie zu tun hatte, wusste, dass das Holz sie sicher tragen und nicht abschmeißen würde. Doch sie bewegte sich nicht. Dennoch ging ihr Puls etwas schneller und das Atmen wurde ihr schwerer.

„HEY, ROBERTS!“

Mel zuckte zusammen, Potter hatte ihr soeben sehr unsanft ins Ohr gebrüllt.

„Ich dacht dein Gehör funktioniere so tadellos.“, spielte Potter auf ein Ereignis von vorhin an, wo er fast die Tür des Umkleideraumes mit seinem Gehämmer zu Kleinholz verarbeitet hätte.

„Also, warum bist du dann noch hier unten und hörst nicht auf mein Kommando, deinen Hintern in die Luft zu erheben?!“

„Einen Moment Geduld, Potter!“, fauchte Mel zurück.

„Ist schon lange her, seit ich das letzte Mal auf einem Besen gesessen habe.“, setzte sie etwas freundlicher hinzu, bevor Potter wieder darauf hinweisen konnte, wer am längeren Besenende saß.

„Siehst du, James?“, schnarrte eine Stimme von oben plötzlich dazwischen.

„Dieses Gör ist absolut unfähig, ich hab’s dir doch gleich gesagt!“, die anderen Flieger murrten allesamt in Zustimmung, was Black äußerst selbstzufrieden grinsen ließ, das sah sie von hier unten noch problemlos.

Gereizt verdrehte Mel ihre Augen. Natürlich hatte sie von niemandem erwartet, mit offenen Armen empfangen zu werden, schon gar nicht von Mr. Obermacho höchstpersönlich.

Aber konnte dieser Idiot sie dann nicht einfach ignorieren?

„Die wird uns noch um den Sieg bringen, weil sie während des Spiels plötzlich vergessen wird, wie man fängt!“

„Na warte, Black!“, schoss es Mel wütend durch den Kopf.

Sie würde seinem selbstgefälligen Gesichtsausdruck ein Ende bereiten!

Ohne auf den erstaunten Potter oder die baffen Gesichter der anderen zu achten, schwang sich Mel auf den Besen und war in Windeseile mit Black auf Augenhöhe, dessen Gesicht sich nun verzog.

„Wer ist hier unfähig, Black?!“, sagte sie ganz ruhig mit kühler Stimme, auch wenn sie ihn am liebsten vom Besen geschmissen hätte.

Seine Antwort nicht abwartend, drehte sie ab, länger ertrug sie seinen Anblick nicht.

Während der Wind ihre Haare zersauste, bemerkte Mel erst jetzt, was sie getan hatte.

Sie hatte es gebrochen … ihr Versprechen … und sie hatte es nicht mal registriert. Und der Grund dafür, schwebte wohl immer noch wenige Meter hinter ihrem Rücken. Sirius Black war es doch tatsächlich gewesen, der ihr geholfen hatte, ihre Vergangenheit zum ersten Mal seit langem zu überwinden.

Mel rollte mit den Augen.

„Das nennt man dann wohl eine Ironie des Schicksals!“
 

Wer hätte gedacht, dass Sirius Black sich mal als nützlich erweisen würde? Allerdings war es ja bei diesem einem Ausrutscher seinerseits geblieben, danach hatte er alles, ja wirklich alles getan, um ihr das Leben schwer zu machen. Mr. Ich-bin-ja-so-unglaublich Black hatte nämlich anscheinend beschlossen, sie aus der Mannschaft zu ekeln und dafür war ihm jedes Mittel nahezu recht.
 

„Entschuldige bitte vielmals, ich wollte wirklich nicht, dass du von deinem Besen in den Schlamm fällst, eigentlich hatte ich den See anvisiert!“
 

„O nein, James! Der Klatscher sollte sie ehrlich nicht treffen, ich wollte nur ihre Reflexe testen!“
 

„Deine Hausaufgaben sind aus deiner Tasche verschwunden? Tja, es gibt eben wirklich große Ratten hier in Hogwarts, anscheinend mit Appetit auf Pergament. Hast du schon mal ne andere Papiersorte probiert?“
 

Und jedes Mal wurde er dreister!

Was mit unfreundlichen Kommentaren angefangen hatte, entwickelte sich allmählich zu einem Duell, in dem es um alles oder nichts, Gewinner oder Verlierer, ging.

Aber auf wessen Seite stellte sich der blöde Quidditchheini immer?

Natürlich auf Blacks, der dann immer ein besonders höhnisches Grinsen zur Schau trug. Mel würden sofort fünfzehn nette kleine Sprüche einfallen, mit dem sie ihn von dieser schrecklichen Gesichtsstarre befreien könnte und sie hätte gut und gerne Lust sie allesamt an ihm auszuprobieren.

Aber Mel vermutete stark, dass Potter nicht so einverstanden damit wäre und Vertrag hin oder her, er hatte ihren Schatz, sie nicht.

Wieder tauchte Blacks Visage vor ihren Augen auf, wieder mit diesem ätzenden Mienenspiel, dass sie zur Weißglut trieb. Mel versuchte es zu vertreiben, doch alles, was sie erreichte, war ein anderes Bild von ihm wieder hinaufzubeschwören. Ein Bild, bei dem sie sich bis jetzt nicht so ganz sicher war, ob es ihr eine diebische Freude oder unendliche Kopfschmerzen und todesartige Würgreize bereiten sollte.

In der Hoffnung, Black endlich aus ihrem Kopf vertreiben zu können, schaute Mel sich im Raum um. Es war zwar äußerst einsam an diesem Montagnachmittag, aber ein vertrautes Gesicht konnte sie schnell ausmachen.

Der müde Kopf von Remus Lupin – einem Dauergast der Bücherei – war nicht wie üblich hinter einem dicken Wälzer verschanzt, sondern auf etwas vor ihm gerichtet, was seine Aufmerksamkeit gänzlich gefangen zu haben schien. Mels Neugier war geweckt und wahrhaftig, leicht verdeckt von einem Bücherregal, entdeckte sie etwas äußerst interessantes …
 

Die eiserne Tür krachte mit voller Wucht ins Schloss, schwerfällig kam der dickbäuchige Mann in die Klasse gestapft.

Oh oh!

Lily kannte diesen mürrischen Gesichtsausdruck ihres Zaubertranklehrers. Es bedeutete, dass er mit seinen Schülern unzufrieden war.

Vielleicht hätte sie Archimedes Liquidus' Confusio-Regel noch genauer erläutern sollen?

Ja, das war es bestimmt!

Oder den Lebenslauf von Jack Beanstalk?

Oder die Gefahren, wenn die Springbohnen nicht optimal durchgeröstet waren?

Oder die geheimen Kräfte des Gummibaumserums noch ausführlicher schildern sollen?

Lily fand noch sehr viele „oders“, bevor Professor Slughorn schließlich seine mächtige Stimme erhob.

„Herrschaften, so geht das nicht!“, dröhnte sein Sprechorgan laut von den Steinen wieder.

„Einige scheinen ihre Nachhilfe“, und Lily fiel auf, dass er Mel ganz besonders dabei fixierte, „nicht ernst genug zu nehmen!“

Wortlos, aber mit den entsprechenden Blicken, verteilte Slughorn die Aufsätze, die sie zur letzten Stunde als Hausaufgabe auf gehabt hatten.

Sie hatte ein „Mies“, das wusste Lily.

Ach was, ein Troll!

Professor Slughorn kam auf sie zu, blieb vor ihrem Tisch stehen und sah sie eindringlich an.

Nein, sie hatte gänzlich versagt!

Wahrscheinlich war es nicht mal mehr ein Troll!

Plötzlich verwandelte sich sein breites Gesicht in ein begeistertes Lächeln und er reichte ihr ihren Aufsatz zurück.

„Beste Arbeit, neben Mr. Snape!“, sagte er überschwänglich.

Lilys Atmung verlangsamte sich wieder.

„Aber etwas anderes hatte ich von meiner Lily auch nicht erwartet!“, lachte er sein Walross-Lachen.

Überglücklich besah sich die Rothaarige Slughorns Krakelschrift unter ihrer Arbeit, wo mit grüner Tinte (ihr Lehrer hatte sich irgendwann in die Idee verschossen, eine Farbe für ihre Aufgaben zu verwenden, die ihren „schönen Augen gleiche“) stand:
 

„O – aber eigentlich außerhalb des Wertungsschemas! Eine wie immer perfekte Arbeit, Lily!“
 

Slughorns Gesicht wurde schnell wieder mürrischer, als er vorne stand.

„Da einige von ihnen sich ja so standhaft weigern dazuzulernen“, der böse Blick durchbohrte nun Pettigrew, der auf seinem Platz zu einer kleinen Kugel wurde, „werden wir zuerst einmal die Sitzordnung ändern!“

Lily schluckte. Diese Idee behagte ihr nicht ganz.

Sie sollte Recht behalten, denn in den nächsten fünf Minuten dirigierte ihr Zaubertranklehrer jeden zu seinem Partner aus dem „Docere & Doceri – Projekt“, was für Lily hieß, dass sie Platz nahm zwischen einem nervösen Peter Pettigrew und einer – freundlich ausgedrückt – leicht verstimmten Mel. Ihr Aufsatz lag für einen Moment offen auf dem Tisch, bevor Mel ihn wütend in die Tasche stopfte, aber zu spät, Lily hatte das leuchtend rote „T“ schon gesehen. Für einen Moment durchfuhr sie Mitleid für die Blonde, jedoch nur so lange bis Mel den üblich kalten Gesichtsausdruck wieder aufgesetzt hatte und leicht von Lily wegrückte.

Die Rothaarige blickte sich nach Caite um, neben ihr, hatte es ihre schöne Freundin schließlich am schlimmsten getroffen – Belli schien sich an Potter ja nicht zu stören, im Gegenteil, die beiden versuchten sich gerade gegenseitig im Quatschen zu überbieten – aber neben Hogwarts’ Herzensbrecher Nr. 1 zu sitzen, musste wahrlich eine Strafe sein. Überraschenderweise guckte Caite aber bei Weitem nicht so verkniffen, wie erwartet, wenn sie auch immer noch nicht in Begeisterungsstürme ausbrach.

„Damit“, Lily wandte ihre Aufmerksamkeit dem Lehrer wieder zu, „sie sich diesmal auch wirklich verbessern, habe ich eine kleine Zusatzaufgabe vorbereitet.“

Lily biss sich auf die Unterlippe und fing an, sie als Ersatzkaugummi zu benutzten.

„Zur Wiederholung für die ZAGs bekommt jede Gruppe von ihnen ein Themengebiet aus den letzten Jahren zugeteilt, dass bis zu den Osterferien zu bearbeiten ist. Ich erwarte, dass sie mindestens 5 Zoll (A/N: Ist das viel?) Pergament schreiben, außerdem werden sie einen kleinen Vortrag über ihr Thema vor der Klasse halten.“

KLIRR!

„Sauber machen aber dalli, Robbiez!“, befahl Professor Slughorn ihrer Tischnachbarin, die ihr Tintenfass soeben runtergeschmissen hatte.

Wortlos machte sich Mel an die Arbeit, in den hinteren Reihen hörte Lily jemanden leise lachen, Sirius Black. Sie sandte ihm einen strengen Blick zu, denn sie konnte nicht anders als Mitgefühl mit Mel zu haben, die vom Professor so schlecht behandelt wurde.

Als die Blonde wieder fertig war, hatte Professor Slughorn bereits den Trank für die heutige Stunde notiert. Lily schob Mel ihr Tintenfass hin, was diese erst für einen Moment erstaunt, dann finster gucken ließ.

„Mach schon, Roberts!“, forderte Lily sie auf, als die andere sich wegdrehte.

„Es ist kein Verbrechen mal Hilfe anzunehmen.“

Aber der Blick der anderen blieb entschlossen starrsinnig und Lily ließ es seufzend einfach bleiben.

Der Rest der Stunde verlief ebenso überschwänglich. Lily war eingekesselt zwischen einer eisigen Schweigemauer, die jede ihrer Hilfestellungen von Grund auf negierte, auch wenn ihr Gebräu sich immer mehr von der gewünschten Farbe entfernte und einem ewigen Fragensteller, der trotz Lilys Mühe, nicht den gewünschten Trank, sondern allenfalls eine Kloake zu Stande brachte.

Verstimmt brachte Lily ihren wie immer perfekten Trank nach vorne, Slughorn nahm diesen auch begeistert entgegen, preiste ihn ein wenig zu laut und überreichte ihr vor der Rückkehr zu ihrem Tisch, noch das Thema für ihre Gruppenarbeit.

Lily schaute irritiert.

„Sind Sie sicher, mir das richtige Thema gegeben zu haben, Professor?“

Slughorn zwinkerte ihr verschwörerisch zu.

„Ich muss meiner besten Schülerin doch auch eine Herausforderung bieten!“

Lily ging mit einem unguten Gefühl zurück zu ihrem Platz, um ihren Partnern zu zeigen, was der Professor für sie rausgesucht hatte.

„Armontentia und seine Verwandten?“, las Pettigrew vor.

Er schien nicht den blassesten Schimmer zu haben, was seine nächste Aussage Lily auch bestätigte und sie beinahe die Hände über dem Kopf zusammenschlagen ließ.

„Ich dachte wir nehmen Tränke und nicht irgendwelche Familien durch? Oder ist das ein berühmter Braumeister?“

„Armontentia ist der mächtigste Liebestrank, den es gibt, Pettigrew!“, Lily fasste sich an die Stirn.

„Unser Thema ist also–“

„Armontentia und alle anderen Arten von Liebestränke. Schon verstanden, Evans!“, sagte Mel schnippisch.

„Du brauchst nicht alle anderen Menschen immer wie Häppchen doof behandeln.“

Lily senkte beschämt den Kopf.

„Ich … ich wollte nicht …“

„Und du brauchst nicht alle Menschen immer zu behandeln, als würdest du über ihnen stehen, Roberts!“, Caite gesellte sich an ihre Seite und hielt Mels eisigem Blick stand.

Die Blonde erwiderte darauf nichts, sandte Caite lediglich einen letzten frostigen Augenaufschlag, nahm ihre Sachen und verschwand aus dem Kerker hinaus.
 

Mit mürrischem Blick betrat Sirius das Feld.

Es standen ihm also wieder mal zwei qualvolle Stunden bevor, wahrscheinlich sogar drei, so wie er James kannte, der sich schon längst wieder begeistert auf seinen Besen gestürzt hatte, als wäre sein letzter Flug Jahrzehnte her.

Sirius schleifte sein Fluggerät träge hinter sich auf den Platz, er hörte bereits Fabians Lachen und Malcolms geschwollene Reden näher kommen, als ihm ein vertrauter beißender Geruch in die Nase drang, der ihn schwer ausatmend für einen Moment die Augen schließen ließ.

Warum?

Warum unbedingt er?!

Was hatte er verbrochen, dass er eine solch schlimme Strafe verdient hatte? Wahrscheinlich hätte er Schniefelus’ Kopf letztes Jahr doch nicht ins Klo stecken sollen, nicht seine Nase durch den Pinocchio-Zauber soweit anwachsen lassen dürfen, dass er einem anderen Slytherin damit beinah ein Auge ausgestochen hätte und nicht Windpockensand auf seine Klamotten verteilen sollen – er bekam immer noch Lachanfälle, wenn er an das Punktemuster dachte, das die bleiche Haut des Slytherins damals wochenlang geziert hatte, weil er nicht gemerkt hatte, dass die Krankheit nicht auf natürliche Art seinen Weg zu ihm gefunden hatte.

Aber warum wurde dann eigentlich nur er und nicht James bestraft?

Der war doch mindestens genauso viel daran beteiligt gewesen, wie er!

„Merlin, wer ist denn hier in Drachenmist getreten?“, röchelte Fabian.

„Das riecht ja, als wenn ne ganze Herde mit Durchfall hier vorbeigeflogen wäre!“

„Beschwer dich bei dem da, Prewett!“, kam der Kommentar dazu hinter Sirius’ Rücken hervor.

Entnervt drehte Sirius sich um, Roberts mit seinen grauen Augen wie ein knurrendes Raubtier fixierend. Sie verzog keine Miene.

„Ach ja, Roberts?“, erwiderte er hitzköpfig.

„Warum verdünnisierst du dich nicht einfach, bevor wir alle gleich wegen dir kotzend vom Besen fallen, obwohl bei deiner Anwesenheit so was ja eine normale Reaktion ist!“

Ihre rechte Braue hatte sich erhoben, ein deutliches Zeichen, dass sie die Kampfesherausforderung annahm. Sirius kniff die Augen zusammen.

„Pech gehabt, Black! Ich bleibe.“, zischte sie zurück.

„Da hast du dir mit deinem tollen Scherz wohl selber ans Beinchen gepinkelt!“

Bevor ihr Duell allerdings in die nächste Runde gehen konnte, wurde ihr kleiner Zwist je beendet.

„Was ist das Problem?“, James kam vom Himmel herabgeschwebt, landet sicher vor ihnen beiden, und zog sofort die Nase kraus.

„Roberts stinkt, dass es einen vom Besen schlägt!“, gab Sirius als Antwort, noch bevor James danach fragen konnte.

Sie verschränkte die Arme, ihn finster anblitzend:

„Und Black hat daran Schuld!“
 

Von der Eingangshalle aus führten genau zwei Treppe zum linken und zum rechten Flügel des Schlosses (natürlich gab es noch hundertvierzig weitere Treppen in ganz Hogwarts, aber davon soll hier jetzt nicht die Rede sein …). Am jeweiligen Ende standen auf hohen Sockeln immer zwei Statuen, die einer Frau und die eines Mannes.

Helga Hufflepuff schaute mit gütigem Lächeln auf die vorbeilaufenden Kinder herab, Godric Gryffindors Blick war verwegen in die Ferne gerichtet, Rowena Raveclaws Schönheit wurde nur noch von der Ausstrahlung ihrer Weisheit übertroffen und Salazar Slytherin beobachtete ein jeden mit seinen scharfen listigen Augen.

Genau hinter letzterer lauerte jemand, ein hinterhältiges Lächeln auf seinen schönen Zügen. Alles war genauestens von ihm vorbereitet worden, lange konnte es nicht mehr dauern, bis sein Opfer eintreffen würde.

Da ertönten Schritte.

Jemand kam die Treppe herunter und wann immer seine Füße auf den alten grauen Stein trafen, ließen sie einen Hall erklingen, der Musik war in seinen Ohren.

Perfektes Timing!

Wenn das mal nicht der Klang seines zukünftigen Erfolgs war …

Sirius drückte seinen Körper noch ein bisschen mehr in den Spalt zwischen Statue und Wand, aber von der Treppe aus war er nicht zu sehen, das wusste er. Der Klang kam näher und verflüchtigte sich dann Richtung großer Halle, nur noch wenige Schritte trennten Sirius von der Löschung seines Rachedurstes.

SCHEPPER!

Ein Geräusch von Metall, das auf den Boden krachte und ein darauffolgendes lautes Auffluchen waren Sirius’ Signal aus seinem Versteck hervorzukommen. Sofort empfing ihn ein widerlicher Gestank als er sich dem Unfallort näherte, der ihm sämtliche Bestandteile seines Riechorgans wegzuätzen schien. Aus der Großen Halle steckten jetzt auch andere neugierig den Kopf heraus, um der Ursache des Lärms auf die Spur zu kommen.

Sirius gab ein bellendes Auflachen von sich, der Anblick des braunen Etwas, das leicht verdutzt an sich runterschaute, war für ihn von immenser Genugtuung.

Seine Fröhlichkeit verging ihm allerdings schnell, sobald Roberts erstmal wieder den Kopf gehoben hatte und ihm ins Gesicht blickte. Sirius hatte alles erwartet grenzenlose Wut, feurigen Zorn, eiskalten Hass, bis hin zu Mordgelüsten, alles was ihn innerlich auch nur irgendwie Befriedigung hätte verschaffen können.

Doch nichts!

Ihr Gesicht war so ausdruckslos wie ein trockenes Stück Brot, keine Gefühle, nur Gleichgültigkeit, allenfalls Langeweile.

„Herzlichen Glückwunsch, Black!“, rief sie ihm zu.

Sirius’ Augen verengten sich.

„Wofür?“

„Du hast mich überrascht.“, erwiderte sie.

Doch ein winziger Triumph also für ihn!

Aber seine Freude währte nur kurz.

„Selbst von dir, hätte ich nicht so einen billigen Trick erwartet.“

Ihre rechte Augenbraue erhob sich:

„Ich hatte anscheinend zu hohe Erwartungen an einen Rumtreiber gestellt, aber mehr kann man wohl von einem Neandertaler wie dir nicht verlangen. Ein verzauberter Eimer Drachenmist muss für dich ja der kreative Höhepunkt deines Lebens gewesen sein.“, verhöhnte sie ihn.

„Hey, das war kein Drachenmist!“, erboste sich Sirius.

„Zu deiner Information, Roberts, für den Rest der Woche wirst du nach dem Zeug stinken, das ist nämlich eine Rumtreiberspezialmischung!“

Sirius grinste äußerst zufrieden mit sich selbst, musste zu seinem Ärgernis jedoch feststellen, dass ihre Miene ungerührt blieb.

„Jetzt kommt wohl der Teil, wo ich beeindruckt sein muss, Black und mich wahnsinnig darüber aufrege, was du mir angetan hast.“, in ihrer Stimme schwang wiederum unverkennbar der Hohn mit.

„Aber ich muss dir leider sagen, dass du mir zur Abwechslung mal einen Gefallen getan hast.“

Ein schwaches Lächeln bildete sich auf ihren Lippen:

„Durch dein liebliches neues Parfüm nämlich, werde ich wohl endlich mal eine Woche Ruhe vor euch allen haben. Wer weiß, vielleicht werde ich ja sogar dich mal für eine Weile los?“, mit einem verschmitzten Lächeln bewegte sie sich wieder die Treppe hinauf und ließ Sirius einfach im Kicherregen der anderen stehen.

Nein, nein, nein!

Er könnte platzen vor Wut.

Dieses verdammte Miststück … klettenhafte Lebensplage … sarkastischer Unglücksbringer … hässliche verbohrte streberhafte Menschenhasserin!

Jetzt war sie ihm auch noch dankbar!

Nichts auf der Welt wollte er weniger als die Dankbarkeit dieses Görs.

Sirius tobte vor Zorn.

Wieso konnte man die mit nichts, aber auch gar nichts, beeindrucken?!

Irgendwie muss man doch selbst so jemanden mal treffen können!

Konnte sie sich nicht einmal wie ein normaler Mensch benehmen?!

Mit einer Laune, die mit der Fröhlichkeit eines Dementors verglichen werden konnte, stapfte Sirius davon, wurde aber auf halbem Wege hinaus aufgehalten.

„Nicht so schnell, Mr. Black!“

Er hörte bereits Gonnis tapernde Schritte näher kommen.

Auch das noch!

Er würde heute besonders aufpassen müssen beim Quidditchtraining, um sich nicht selbst zu vergessen. Denn auch, wenn er der Welt einen Gefallen getan hätte, für Roberts zermatschte Eingeweide wollte er nicht nach Askaban gehen.
 

Sein bester Freund sah ihn durchdringend an und obwohl er den Unschuldsengel spielte, wusste Sirius natürlich, dass James wusste, was er getan hatte. Sein Blick wanderte zwischen ihnen beiden hin und her, Sirius konnte einen Anflug von Wut erkennen.

„Komm mit!“, war sein einziges Kommando an Roberts.

Widerwillig schien sie sich in Bewegung zu setzten, nicht ohne einen giftigen Blick vorher mit ihm auszutauschen.

„Und ihr anderen trainiert solange ohne mich weiter!“, brüllte James ihnen allen noch zu.

Sirius atmete erleichtert aus.

„Du nicht, Sirius!“, ertönte es als er zu seinem Fluggerät greifen wollte.

Donnerwetter ahoi!

James führte sie beide in eine ruhige Ecke des Stadions, schritt wie ein Löwe erst einige Male vor ihnen auf und ab, sie beide mit ihren Augen ihm ständig folgend, ehe das einsetzende Gefuchtel seiner Arme, sein Gezeter ankündigten:

„Ich weiß nicht, warum gerade ihr beiden euch immer an die Gurgel gehen müsst, aber solange ihr in einem Team seid, benehmt ihr euch gefälligst auch als solches! Verstanden?!“

Sie beide nickten kurz angebunden.

„Ich habe weder Lust, noch Zeit nach einem neuen Treiber oder Sucher Ausschau zu halten, nur weil ihr euch nicht riechen könnt! Ihr könnt euch nicht ausstehen, schön! Dann geht euch gefälligst aus dem Weg, aber einen Krieg in meiner Mannschaft akzeptiere ich nicht! Eins muss euch klar sein, verlieren wir das nächste Spiel, mache ich euch beide dafür verantwortlich, verstanden?!“

Wumms!

Das hatte gesessen.

Nun war Sirius nicht einfach nur sauer, sondern stocksauer. Eingeschnappt griff er nach seinem Besen und ließ die stinkende Blondine und seinen besten Freund einfach stehen, während er selbst in den Abendhimmel verschwand.

Jetzt stellte sich James auch noch auf ihre Seite!

Dabei war das doch alles nicht seine Schuld!
 

James packte die letzten Quidditchutensilien zurück in die Kammer. Nach einem kurzen Klickgeräusch des Schlüssels verabschiedete er sich erstmal unter eine erfrischende Dusche, bevor er sich auf den Weg hinauf ins Schloss machte.

Allein.

Sirius war schon längst weg. Normalerweise wartete sein bester Freund auf ihn, aber heute war er wohl etwas geladen, nach dem, was James gesagt hatte.

Aber dem Qidditchkapitän erging es nicht anders.

Roberts und Sirius benahmen sich schließlich langsam wie Kleinkinder, sagte der eine etwas gemeines, musste der andere unbedingt etwas noch fieseres darauf erwidern.

Es war wie ein tödlicher Kreislauf!

Mögen tat er das blonde Mädchen ja auch nicht, aber fliegen konnte sie nun mal, das musste man ihr einfach lassen. Sie stellte sich beim Schnatzfangen so geschickt an, wie James es bisher bei noch keinem anderen bemerkt hatte – er selbst natürlich ausgenommen. Ihr Talent war also überragend genug, was allein für James schon Ausschlag gab, sie zumindest zu akzeptieren. Die restlichen Mitglieder würden das wohl auch tun, sobald sie erst einmal den Sieg im nächsten Spiel erbringen würde (dass es gegen Slytherin ging, minderte seine Zuversicht nicht).

Nur Sirius, Sirius würde sie wohl nie, nicht mal als Menschen ansehen, geschweige denn als Mitglied ihrer Mannschaft.

Roberts hatte ihm auf seine Aufforderung hin kurz berichtet, wie sie zu ihrem neuen Parfüm gelangt war, das James zweifelsfrei als Versuch 23 identifiziert hatte. Während ihrer Erzählung ward James immer zorniger geworden, nicht weil Sirius seinen Sucher sabotiert hatte, sonder weil er auf eigene Faust gehandelt hatte. Rumtreiber sprachen sich stets über den nächsten Scherz ab, zumal dieser Witz wahrlich billig und ihrer nicht würdig gewesen war. Aber was hatte er anderes erwartet, nachdem er seinem besten Freund eröffnet hatte, dass der Rumtreiberspezial für Roberts nun flach fallen würde, da sie unentbehrlich geworden war.

Zum Glück hatte er Roberts mit einem Gegenmittel Abhilfe schaffen können, wie gut dass sie einmal auf Remus’ Vorschlag gehört hatten.

Remus … das brachte James auf andere Gedanken. Er schaute hinauf zum Himmel, am rosa Horizont war blass der zunehmende Mond zu erkennen. Allein wegen ihrem Freund, müsste Sirius sich wieder beruhigen, heute war schließlich der 24. September. Noch zwei Tage und Projekt „Mann im Mond“ würde nach drei Jahren Vorbereitungszeit endlich anlaufen.

Aus der Großen Halle kam ihm das freudige Abendgeplapper schon entgegen, was das große Loch in seinem Magen dazu anregte, sich auch gleich schmerzhaft bemerkbar zu machen.

Merlin, hatte er Kohldampf!

Eilig bog James um die Ecke, als er im nächsten Moment jemandem entgegenkommenden schon ausweichen musste.

„Entschuldigung!“, murmelte der Junge höflicherweise.

Mit einem Klatscher war sein Hunger völlig vergessen. James starrte dem blonden Jungen hinterher, seine Brillengläser aufblitzend.

Er hatte seine Visage wiedererkannt und das silberne Vertrauensschülerabzeichen ebenso.

Peterson.

Der Typ der sich in Chadnas Unterricht an Evans herangemacht hatte - James hatte ihr rotes Gesicht nicht vergessen.

Er hatte versucht Remus über ihn auszuquetschen, aber dieser behauptete standhaft nicht mehr über ihn zu wissen als er selbst. James glaubte ihm nicht, denn sein Freund war im Lügen wahrlich miserabel – irgendwas wollte er also vor ihm verheimlichen …

Brian Peterson - was für ein scheußlich gewöhnlicher Namen für einen schrecklichen Oberlangweiler!

„Eins sage ich dir“, drohte James ihm gedanklich, „tu ja nichts Dummes mit meiner Lily!“
 

Lily wusste einfach nicht, was mit ihr los war. In letzter Zeit war sie dauernd so schrecklich unkonzentriert, dass es selbst schon Caite aufgefallen war. Ihre Freundin hatte sie auf ihre neuartige geistige Abwesenheit angesprochen, aber Lily wusste ja selbst keine Antwort auf dieses ungewohnte Problem.

Man sollte dazu wohl wissen, dass Lily Evans im Normalfall nicht nur ein ausgesprochen aufmerksamer Mensch war, sondern ihr schlichtweg nichts entging. Lily schaffte es in Professor Binns – zugegeben – nicht sehr unterhaltsamen Unterricht wach zu bleiben und eifrig mitzuschreiben (ein Phänomen, dass nicht sehr weit verbreitet war, da der gemeine Schüler beim ersten Klang von Hogwarts’ Geschichtslehrer aus Selbstschutz ins Wachkoma oder den Tiefschlaf fiel, um sich nicht zu Tode zu langweilen).

Sie bemerkte es, wenn Professor McGonagall gute Laune hatte – andere konnten da keinen Unterschied zur üblichen Gemütsverfassung ausmachen.

Und es fiel ihr sogar auf, wenn Grace Hopkins die Mascarasorte zum zweihundertsiebenundfünfzigsten Mal gewechselt hatte.

Kurz gesagt:

Lilys war nicht einfach aufmerksam - sie war die Aufmerksamkeit in Person.

Und nun hatte sich das ganze auf einmal um hundertachtzig Grad gedreht. Sie hatte nicht mal registriert, dass Belli wieder verliebt war – ihr neuer Freund hieß John Berman und war Lily eindeutig sympathisch, da er Vertrauensschüler war und die Rumtreiber verachtete, was gleich auch netterweise auf Belli abgefärbt hatte – oder dass sich Caite und Sheila wieder vertragen hatten.

Irgendwas lenkte sie in den letzten Wochen einfach ständig ab …

„Lily, wir müssen hier entlang!“

Irritiert hob Lily den Kopf und sah sich im Gang um. Remus winkte ihr vom Weiten zu und Lily beeilte sich ihren Kollegen wieder einzuholen. Der Braunhaarige musterte sie zwar mit hochgezogenen Brauen, sagte aber höflicherweise nichts zu diesem erneuten Aussetzer Lilys.

Sie verstand es einfach nicht!

Sie beide gingen diesen Weg doch nicht zum ersten Mal und normalerweise hätte die Rothaarige ihn bestimmt schon auswendig gekonnt.

Normalerweise …

„Lily?“, wiederum riss ihr Vertrauensschülerpartner sie aus ihren Gedanken.

„Äh … ja?“, antwortete Lily leicht träge.

Remus ging im selben Tempo weiter.

„Ich muss dir leider sagen, dass du Donnerstag den Kontrollgang allein machen musst.“

Lily runzelte die Stirn.

„Wieso?“, hakte sie nach.

Kam es ihr nur so vor oder wurde Remus Gang ein wenig unruhig?

„Ich-ich hab einen Brief von Zuhause bekommen. Meinem Vater geht es nicht gut und ich muss mich um ihn kümmern.“, wie zur Bestätigung seiner Aussage, schaute er sie betrübt an.

„Was ist mit deiner Mutter?“

Am liebsten hätte sich Lily auf die Zunge gebissen, für diese vorschnelle Bemerkung, denn Remus’ Gesicht verzog sich leicht und er wandte seine versteinerte Miene von ihr ab.

„O … tut mir Leid! Verstehe schon.“, murmelte Lily.

Manchmal machte ihre Neugier sie einfach taktlos!

Was ging es sie an, wo Remus’ Mutter war, wobei sie es sich denken konnte …

„Kein Problem.“, antwortete er mit schwacher Stimme.

Lily versuchte ein aufmunterndes Lächeln:

„Hoffentlich geht es deinem Vater bald besser, er ist ja öfters krank.“

„Was?“, Remus wirkte überrascht.

Lily schaute ihn verunsichert an:

„Bist du etwa nicht in den letzten Jahren schon häufiger nach Hause gefahren, weil es ihm schlecht ging?“

Lily war sich eigentlich absolut sicher, dass sie richtig lag.

Ihr war nicht entgangen, dass bereits im ersten Schuljahr, ihr Mitschüler Remus Lupin regelmäßig im Unterricht gefehlt hatte. Sie hatte Professor McGonagall darauf angesprochen und wenn es nicht seine Tante war, dann war es stets sein Vater gewesen, der krank Zuhause im Bett gelegen hatte. Verwunderlich war diese scheinbare Immunschwäche nicht, Remus selbst schien nämlich auch nicht von stabilster Gesundheit zu sein. Genau wie heute - wie es Lily endlich auffiel – war er häufig leichenblass, wirkte kraftlos und erschöpft, hinzu kamen dunkle Schatten unter seinen Augen und eine viel schwerer gehende Atmung.

Sie setzten ihren Weg schweigend fort und Lily versank schnell wieder in Gedanken – unbewussten Gedanken. Wäre sie das nicht, so hätte ihr vielleicht auffallen können, wie abweisend Remus nun war, wie sehr er immer noch seine Hände knetete und wie dicht Lily doch an seinem gut gehüteten Geheimnis dran gewesen war.
 

„… und dieser Sturzflug von David Wood damals, das hättet ihr sehen müssen! Ich wusste natürlich, dass er bluffte und war deswegen über sein folgendes Tor nicht überrascht, wie alle anderen im Stadion - oh, hey Remus!“, grüßte ihn James zwischen seinen Quidditcherzählungen von irgendwelchen berühmten Spielen, die er mal mit seinem Vater gesehen hatte und von denen er glaubte, dass sie sich alle für jedes noch so kleine Detail interessieren würden.

Remus hatte aber festgestellt, dass sie beim dreihundertfünfundsechzigsten Mal tatsächlich doch etwas an – wie sagt man – Spannung verloren?

„Du lebst ja noch, mein Freund!“, lachte Sirius gespielt überrascht.

Remus zog die Brauen hoch, beim Abendessen war Sirius’ Laune noch für die Hunde gewesen, jetzt grinste er in üblich lockerer Manier, als hätte er gleich ein Date mit einem Mädchen, das er als „besonders scharf“ bezeichnen würde.

„Wie nett von Evans dich für uns in einem Stück zu lassen!“

„Ich glaube, du hast ein völlig falsches Bild von ihr, Sirius!“, meinte Remus kopfschüttelnd.

„Dem kann ich nur beipflichten!“, sagte James eifrig nickend.

Sirius wandte sich erbost zu dem letzten, schmatzenden Rumtreiber um:

„Peter jetzt hilf mir doch mal oder bist du nun auch ein Fan von Little Miss Perfect?“

„Wawff ift?“, nuschelte Peter durch den Schokoladenklumpen in seinem Mund und spuckte dabei kleine braune Punkte auf seine Tagesdecke.

„Schon gut!“, winkte Sirius ab.

„Iss weiter, es ist sowieso sinnlos über diese Streberin mit einer hier anwesenden Person zu streiten.“

James fuchtelte mit den Armen:

„Lily, ist keine Streberin, sondern-“

„-perfect, ich weiß, James!“, beendete Sirius Augen verdrehend seinen Satz.

Er haute seinen Kopf zurück aufs Kissen und nahm sein Entspannungsmagazin wieder zur Hand, während James weiter eifrig mit ihm zu diskutieren versuchte.

Derweil begab sich der braunhaarige Vertrauensschüler ins Bad, um eine erfrischend Dusche zu nehmen, auch wenn er wusste, dass das nicht viel nützen würde, in diesen Zeiten konnte er einfach nichts tun. Müdigkeit und Erschöpfung würden selbst durch die kälteste Dusche bleiben, aber das machte das Schlafen nicht einfacher, im Gegenteil. Ein wenig Erholung zu finden dauerte Stunden und meist wachte er bereits schweißgebadet nach Zweien schon wieder auf. Denn es war nicht nur sein Körper der ausgelaugt war und mit jedem Tag mehr an Kraft verlor, sondern vor allem sein Geist, der schwächer wurde, als wenn ein anderen ihn aus Remus selbst zu verdrängen versuchte …

Als Remus zurückkam, lagen zu seiner Verwunderung alle, selbst Sirius, schon in ihren Betten. Das war äußerst ungewöhnlich um zehn Uhr abends, selbst unter der Woche. Er schob es auf das Nachsitzen gestern Abend, dass auch wieder reichlich bis in die Nacht angedauert hatte und trotzdem … es blieb so ein merkwürdig nagendes Gefühl in ihm.

Aber er spann wohl einfach etwas rum!

Im Moment reagierte er leicht über, ein weiterer von vielen Nebeneffekten in dieser Zeit …

„Nacht, Remus!“, James’ Schlafensgruß wurde von Sirius’ Bett mit einem Grunzen erwidert, von Peters Bett kam nur ein gewaltiges Schnarchen.

„Nacht!“

Für einen Moment sahen sie beide sich an und Remus bekam wieder dieses misstrauische Gefühl, als wenn da was faul wäre. Die Art wie James ihn anblickte war irgendwie … anders.

Bevor er jedoch länger darüber nachdenken konnte, hatte James seinen Kopf schon auf seinem Kissen platziert und fing an regelmäßige Schlafgeräusche von sich zu geben.

„Seltsam …“, dies war der häufigste Gedanke, der Remus in dieser Nacht immer wieder durch den Kopf ging, bis er schließlich im Morgengrauen, doch noch zu ein wenig Schlaf fand.
 

* Menschenhasser

* Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom
 


 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

@whatever92: Jo, das letzte chap war echt wieder mal ziemlich lang, war ich selber erstaunt. Ich hätte nicht erwartet, dass es beinah so lang ist wie Chap 9.^^ Aber wenn's gut war, denn is ja gut, ne? *g*
 

@Nicce: *muhaha* Wie man sieht, wird ihre Freitzeitgestaltung zusammen noch viel lustiger - zumindest für uns. *g* Allerdings weiß ich gar nicht, wen von beiden ich da jetzt bemitleiden soll, den Dauerloser oder das "Opfer"?^^
 

@LilTe: Jaja, du hattest Recht! *feierlich Keks für richtige Theorie überreicht*

Aber ob dein neuer Verdacht auch stimmt? *yanni grinst vor sich hin und starrt unschuldig an die Decke*
 

@XxLynxX: Dankesöööön! *rotwerd*

Bewundere ja immer Leute, die das an einem Stück schaffen, danach müssen dir ja ganz bös die Augen weh getan haben. Aber schön, dass du trotzdem noch ein Kommilein verfasst hast! *knuddel*
 

@eva-04: Und ich verrate es dir natürlich nicht! :P Aber auf alle Fälle wird's noch interessant zwischen den beiden, oh ja ... ^^

Jep, die gibt's auch bei uns im Laden zu kaufen - und wenn's selbst Klavier spielen für Dummies gibt, warum nicht Verwandlung? *g* Hehe - arme Lily!

P.S. Mit Feundschaft sieht's aj im Moment noch düster aus, aber was nicht ist kann ja bekanntlich noch werden, oder? ;)
 

@Lesca07: Die erste, die was zu den Bildern schreibt! ^^ Das Mädchen ... jaaah, wir werden noch einiges über sie erfahren, da hat Sirius mal was richtig gedeutet - für Mel ist sie von großer Bedeutung. ;)

Der Streit zwischen Lily und Mel bzw. Mel und allen anderen war na ja, echt nicht schön, aber er wird selbstverständlich noch vorkommen - bei passender Gelegenheit.

Also, wenn du mal später schreibts ist das natürlich nicht schlimm, bin die letzte die wegen sowas kräht. Versteh schließlich gut, dass man auch mal was anderes zu tun hat, aber freu mich natürlich immer sehr auf deine Kommis! =)
 

@ladys_first: Great Thankxx! *freu*

Ich liebe Zitate einfach und da hab ich endlich mal Gelegenheit was von meiner großen Sammlung zu verwenden. Die Idee selbst stammt aber nicht von mir, sondern einer anderen Story, die ich mal gelesen hab.

P.S. Dein nickname gefällt mir! *g*
 

Sorry, dass es diesmal so lang gedauert hat, aber bin momentan mit meinen Gedanken meist woanders. Schreib nämlich nächste Woche meine Vorklausuren fürs Abi und danach heißt's auch nur noch: Lernen, lernen, lernen! :(

Hoffe ihr habt Verstädnis, dass ich deswegen in nächster Zeit mich mit dem Schreiben nicht unter Druck setzten möchte (den hab ich nämlich so schon genug) und auch, dass es zwischen einzelnen updates länger dauern könnte.

vlg, die yanni

Einer für alle - alle für einen! (Teil 1)

Kapitel 12 – Einer für alle – alle für einen! (Teil 1)
 

„Jeder ist ein Mond und hat eine dunkle Seite, die er niemandem zeigt.“

Mark Twain alias Samuel Langhorne Clemens (1835 – 1910), US-Schriftsteller
 

Grell stach die Nachmittagssonne vom südwestlichen Himmel herab. Ihre Lichtstrahlen trafen auf eine kleine Ansammlung niedlicher englischer Landhäuser mit ihren noch winzigeren Vorgärten am unteren Zipfel des britischen Festlands. Eine einzige Straße führte in einer S-Kurve durch den Ort St. Andrews-on-Waterdrop, eigentlich mehr ein Weg, unasphaltiert und mit vereinzelten Schlaglöchern, aber Autos waren hier sowieso selten gesehene Gäste. Es war die Sensation des letzten Sommers gewesen, als Mr. Jackson von nebenan seinen schwarzen Mini präsentiert und die Dorfkinder alle zu einer Sonderrundfahrt eingeladen hatte.

Mit angezogenen Knien beobachtete der magere siebenjährige Junge sein Heimatdorf von der hölzernen Fensterbank mit der abblätternden weißen Farbe seines Zimmers aus. Sah dem alten Mr. Smith zu, wie er mit absoluter Hingabe die grünen Pflänzchen seines Vorgartens auf gleiche Höhe stutzte – als richtiger Engländer war er selbstverständlich im höchsten Maße stolz auf die fünf Quadratmeter Grün, die er sein eigen nannte. Schaute Mrs. Rhamanan und Mrs. Dexfield dabei zu, wie sie bunte Wäsche auf den Leinen im Hinterhof verteilten und dabei munter, über den Gartenzaun hinweg, ein Schwätzchen hielten. Betrachtete das Lichtspiel des Wassers im wenige Meter entfernten Bach „Waterdrop“, das immer wieder durch spielende Kinder unterbrochen wurde, die fröhlich im erfrischenden Nass herumplanschten.

Der Braunhaarige lehnte seinen Kopf gegen die kühle Scheibe, das einzig Kalte bei diesem Wetter. Der diesjährige Sommer war wirklich ungewöhnlich warm, selbst für Cornwall, kein Tag, der vergangen war im letzten Monat, ohne dass das Thermometer über dreißig Grad im Schatten angezeigt hatte. So hockte auch er nur im weißen Unterhemd und kurzen Pyjama-Shorts da, unter den Baumwollträgern schaute ein dicker Verband auf Rücken und Schulter hervor.

Ein weit entferntes Klingeln - Ankündigung für das einzige Auto, dass diese Gegend regelmäßig besuchte – bescherte seinen Augen ein wohl vertrautes Bild und ließ ihm automatisch das Wasser im Mund zusammenlaufen. Seinen Lippen entfuhr ein verzweifeltes Seufzen als er die vielen Kinder auf den schneeweißen Van von Signor Amato zulaufen sah und weckte in ihm ein tiefes Gefühl von Sehnsucht.

All diese Dinge würde es diesen Sommer nicht für ihn geben – in Zukunft würde in seiner Welt wohl gar nichts mehr davon existieren …

„Remus!“, es klopfte sachte gegen die Tür.

Der braunhaarige Junge zuckte kurz erschrocken auf, dann krabbelte er so schnell er konnte, über seinen Schreibtisch, zu seinem Bett in der rechten Ecke zurück. Ein heftiger Schmerz, wie ein elektrischer Schlag mit einem darauffolgenden Brennen, dass sich in seinem gesamten Körper ausbreitete, durchfuhr ihn je, als er eine herunter gefallene Stiftdose hastig wieder aufheben wollte.

„Remus, bist du wach?“, die Klinke wurde heruntergedrückt.

Der Siebenjährige ließ das umgestürzte Objekt am Boden liegen und humpelte unter höllischen Schmerzen wieder in sein Bett, unter die Bettdecke mit dem Schottenmuster, zurück.

Er hatte sie kaum über seine Knie geworfen, als ein mittelgroßer Mann, mit schütterem hellbraunem Haar, einer messingfarbenen Brille mit rechteckigen Gläsern und altmodischen Schnurrbart hereinkam. Sein Vater musterte ihn sorgenvoll und warf nur einen kurzen Blick auf die noch rollende Dose am Boden, bevor er näher trat und sich auf seinem Bett niederließ.

Remus bemerkte die ungewohnt bläulichen Schatten unter den Brillengläsern seines Vaters, fielen plötzlich die blutunterlaufenen Ränder auf, die seine Augen zeichneten – Kleinigkeiten, die dem Siebenjährigen die ganze Woche bisher entgangen waren.

Remus schämte sich.

„Deine –“, sein Vater wirkte kurz angespannt, er schien um die richtigen Worte zu ringen, „wir haben uns Sorgen gemacht, weil du den ganzen Morgen kein Zeichen von dir gegeben hast. Ist auch alles in Ordnung?“

Remus’ schwaches Nicken schien den älteren Mann nicht zu überzeugen, er untersuchte ihn nochmals gründlich, insbesondere die Verletzung an seiner Schulter, die sich quer über den rechten Teil von Rücken und Brust zog, betrachtete er mit kritischen Augen.

„Wirklich alles ok, Dad!“, nuschelte Remus, seine unter der Decke verborgenen Fußspitzen anstarrend.

Auf einmal nahm sein Vater ihn in den Arm.

Einfach so, ohne Worte.

Sie war fest und voller Wärme, nicht von der Art, wie die Hitze, die dort draußen herrschte, sondern etwas so einzigartiges, wie es nur Eltern einem Kind geben können. Allein dieses Gefühl heiterte Remus wenigstens ein bisschen auf.

Sein Vater fuhr mit der schmalen Hand durch Remus’ glatte Haare, das typisch optimistische Lächeln auf den Lippen, dass die freundlichen kleinen Lachfältchen rund um die Augen sichtbar wurden.

„Wir schaffen das schon, mein Junge! Ab nächster Woche wird alles anders.“

Sein Ton war zuversichtlich und hoffnungsvoll - Remus wünschte, dass er das auch von sich sagen könnte.

Als die Tür sich hinter seinem Vater wieder schloss, wartete Remus einen Moment, dann kletterte er auf seinen Platz auf der Fensterbank zurück.

Der Eiswagen stand immer noch da und verführte ein jedes Kind dazu seine Eltern mit großen Kulleraugen, wie es nur Geschöpfe jenes Alters tun können, um ein paar Pence zu bitten.

Remus’ Herz setzte einen Schlag aus, als er drei sehr vertraute Gestalten in dem munteren Getümmel ausmachen konnte.

Henry Worthington, Matthew Jackson und Liyana bint Mohammed Rahmanan – seine Freunde.

Sie kamen die Straße entlang gelaufen, vermutlich auf den Weg zu den Häusern ihrer Familien – Liyanas langes Sommerkleid klebte ihr noch ganz nass am Körper, sie waren wohl gerade erst vom „Waterdrop“ gekommen. Wenige Wochen zuvor war Remus dieselbe Strecke noch mit ihnen gegangen, hatte sich mit Henry über die Geburt seiner Schwester gefreut, über Liyanas Tollpatschigkeit gelacht und mit Matthew heimlich über ihre Zukunftspläne in Hogwarts diskutiert.

In genau diesem einen Moment schaute Matthew plötzlich rauf, rauf zu ihm und seinem kleinen Fenster, rauf zu Remus Lupin seinem besten Freund. Aus einem glücklichen Impuls heraus hob der braunhaarige Junge die Hand, war es doch das erste Mal seit einer Wochen, dass er seine Spielkameraden wieder sah. Auf halber Höhe gefror Remus jedoch sein Arm, genau wie das Lächeln in seinem Gesicht. Nicht mehr der große Mathew mit den lustigen orangebraunen Sommersprossen auf der Nase, sondern ein feindseliger Junge mit ablehnender Haltung – ein Fremder - hielt da Blickkontakt mit ihm.

Remus schlug eine letzte Woge des Hasses entgegen, bevor Matthew die ängstlich schauende Liyana packte und sie hinter sich herziehend aus seinem Blickfeld zog. Henry blieb deutlich hin und her gerissen stehen, schaute für einen raschen Moment hinauf, entschied sich aber dafür seinen zwei Freunden besser zu folgen.

Remus blieb zurück, der Körper wie in Erstarrung, seine Augen wollten den Fleck einfach nicht loslassen, an dem gerade noch sein ehemals bester Freund gestanden hatte, auch wenn dieses Bild langsam zu verschwimmen begann. In seinen verletzten braunen Augen sammelten sich Tränen, die sich schließlich langsam, aber unaufhaltbar, ihren Weg nach unten suchten. Tropfen für Tropfen kullerten einzeln über seine Wangen während tausende Blitze von Erinnerungen auf ihn einschlugen, aber keiner war in diesem Augenblick so klar und hell wie jener von vor sieben Tagen. Wenn er genau lauschte meinte Remus immer noch das keuchende Hecheln, einem Hund ähnlich, aber weitaus tiefer und mächtiger, hinter sich zu hören und den Klang von Pranken - schnellen leisen Pranken auf weichem Waldboden. Geräusche der afrikanischen Trommel gleich, die bei ihm zu Hause an der Wand hing, nur schwerer und ungleichmäßiger und immer näher und näher zu ihm durch die Dunkelheit brechend …

Plötzlich wollte Remus nur noch weg - wich vom Fenster zurück, als wenn es sich dabei um ein gefährliches Tier handeln würde und floh panikartig in sein Bett. Trotz brütender Hitze draußen mummelte er sich vollkommen in seine Decke ein, zog sie sogar über den Kopf, als könnte ihn das beschützen, ihn bewahren.

Vor der Bestie, die alle Zauberer so sehr fürchteten, wann immer der Mond in vollem Schein am Nachthimmel stand.

Vor dem Ungeheuer, das sein Freund Matthew zu einem Fremden hatte werden lassen.

Vor dem Monster, das er nun selbst geworden war.
 

„Hey Remus, willst du denn überhaupt nichts essen?“

„Nein!“, raunzte er unfreundlich zurück.

Konnten sie ihn nicht endlich in Ruhe lassen?

Das war jetzt bereits das zweite Mal, dass James nachfragte.

„Komm schon, Mann!“, ging ihm anschließend Sirius weiter auf die Nerven.

„Nichts zu essen kann tödlich sein.“

„Und dämliche Nerverei ebenfalls!“

Er sah James verwundert die Stirn runzeln.

Hatte er das gerade eben etwa laut ausgesprochen?

„Du siehst ganz blass aus, Remus.“, bemerkte Peter noch sorgenvoll, lehnte sich aber leicht von ihm weg, als würde ihm seine Anwesenheit ein wenig Angst einjagen.

Bei seiner glänzenden Laune kein Wunder, aber es ärgerte Remus trotzdem.

Sirius hingegen ließ nicht locker:

„Hey, du kennst doch das Sprichwort: Essen am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen!“, meinte der Schwarzhaarige grinsend und wedelte mit einem Teller frisch gebratenem Speck unter seiner Nase rum.

Sollte man erwähnen, dass er selbige Black’sche Weisheit ebenfalls für alle anderen Tages- und Nachtzeiten zu verwenden pflegte?

Remus aber rümpfte angeekelt die Nase, in der der Geruch des Specks ein unangenehmes Kribbeln auslöste, gefolgt von einem fast-Brechgefühl in seinem Magen. Nein, so etwas wollte er nicht – kein gut durchgebratenes, knuspriges Fleisch serviert auf einem klinisch reinen weißen Teller. Ihm dürstete es nach etwas ganz anderem … nach etwas frischerem … und lebendigerem …

Er sah Sirius an – nein, er wollte etwas ganz anderes um satt zu werden …

Mit einem lauten Klirren fiel der Teller mit dem Speck zu Boden und zerbarst in viele dutzende Teile. Doch niemand in der Nähe schenkte den weißen Keramikscherben auf der Erde große Aufmerksamkeit. Alle Blicke weit und breit richteten sich nur auf Remus und allesamt waren sie verwirrt und überrascht.

Aber warum auch nicht?

Remus ließ die Hand wieder senken, mit der er Sirius den Teller weggeschlagen hatte.

Schließlich war ein Sirius Black mit seiner hitzköpfigen Art für derartige Ausbrüche bekannt, nicht aber er, der ruhige und friedfertige Remus Lupin.

Wenn sie die Wahrheit nur wüssten …

Remus war angewidert – angewidert von sich selbst und seinen Gedanken.

Fand sich selbst eklig und abstoßend, aber das war er nun mal in Wirklichkeit – ein Monster.

„Remus, was ist –“

Er ließ James die Frage nicht zu Ende stellen.

„Ich muss los, Dumbledore wartet sicherlich oben schon auf mich.“

Ohne einen Blick zurück auf seine Freunde zu werfen oder die anderen starrenden Gestalt, darunter auch eine geschockte Lily Evans, verließ er die Halle.

Seine Lüge war mehr als offensichtlich gewesen, da Dumbledores blitzende hellblaue Augen ihn sogar noch hinausbegleitet hatten – aber es war ihm egal.

James, Sirius und Peter wussten doch sowieso, dass er sie anlog, jeden Monat aufs Neue. Sie wussten, dass sein Vater nie krank gewesen war – oder zumindest war er das nie zu Remus’ Terminen gewesen. Wussten, dass Tante Jane nicht existierte und dass er auch nicht regelmäßig einmal im Monat unter einem chronischem Stress- und Erschöpfungsanfall litt, indem er zur Selbstverstümmelung neigte.

Es gab nur eine Sache, die sie nicht wussten …

Vielleicht war es Zufall, vielleicht aber auch nicht, dass genau zur selben Zeit jemand auf die Idee gekommen war die große Halle zu betreten.

„Hallo.“

Für einen Moment hatte Remus das Gefühl, dass Brians rotbraune Augen ihn durchschauten und mehr wussten, als sie sollten. Sein Herz rutschte ihm in die Hose, es fühlte sich an, als würde er hüfttief in eiskaltem Wasser stehen.

Dann ging der Ravenclawvertrauensschüler aber völlig normal weiter und die Trommel in seiner Brust schlug wieder einen sanfteren Rhythmus an.

Immer das Gleiche, in diesen Tagen sah Remus einfach in den Augen von jedermann den Grimm.
 

Remus spürte ein warnendes Kribbeln in seinem Rücken.

Seine Sinne waren in diesen Tagen wie immer stärker ausgeprägt, als sie es für gewöhnlich schon seit seinem siebten Lebensjahr waren.

„Welch unglaublicher Vorteil!“, war Remus bereits oftmals der Gedanken gekommen.

In genau diesen Momenten war es das allerdings wirklich, denn das Prickeln in seinem Rücken verschwand einfach nicht.

Alle seine sieben Sinne sagten ihm, dass er beobachtet wurde.

Er schielte leicht über den Rand seines Buches hinweg, aber niemand im Raum schien ihm auffällig, jeder ging vollkommen konzentriert seiner eigenen Tätigkeit nach.

Das Gefühl aber blieb.

Remus drehte sich nun ein ganz klein wenig um und hielt über die Schulter Ausschau nach seinem heimlichen Zuseher. Er entdeckte ihn, auf der Steinfensterbank sitzend, ein Knie lässig angewinkelt, das andere hing locker hinunter. Von seinem Platz aus hatte man einen eindrucksvollen Blick auf Hogwarts’ Ländereien, insbesondere die peitschende Weide stach mit ihrer imposanten riesigen Baumkrone hervor.

Sirius ließ seine grauen Augen weiter durch den Raum wandern, als hätte er ihn nur zufällig gestreift.

Doch Remus konnte er nicht täuschen – oder?

Ahnte er vielleicht … – nein!

Niemand konnte das, er hatte sich schließlich genug Mühe gegeben alles zu verbergen.

Sirius schaute ihm wieder in die Augen.

Misstrauen zeichnete sich auf Remus’ Gesicht ab, denn andererseits schien Sirius’ Miene doch sehr fremdartig und seine Haltung - war die nicht leicht nervös?

Unruhig traf ihn das Grau seiner Augen immer wieder, bis sich der Blackspross endlich erhob und sich mit einem seltsamen Blick auf seinem Lieblingssessel fallen ließ.

„Remus, wir wissen es.“

Remus’ Gesicht verlor schlagartig sämtliche Farbe, sein Herz schien im kleinen Zeh ein neues Zuhause gefunden zu haben.

Sirius ließ die weißen Zähne aufblitzen:

„Peter und ich wissen jetzt endlich, was James immer vor uns abends versteckt.“

Remus fiel ein ganzes Gebirge vom Herzen, das sich glücklicherweise wieder an seiner alten Position in der rechten Brust befand.

„Wir haben vorhin sein Bett durchsucht – ich weiß, ich weiß, du hast gesagt wir sollen es nicht tun“, Sirius grinste dabei vergnügt, wie immer wenn er irgendeine Regel brach, „- aber du glaubst nicht was wir gefunden haben!“

„Was?“, fragte Remus und versuchte sich seine wahnsinnige Erleichterung nicht anmerken zu lassen.

„Ein Foto von unserer Evansie!“, flötete Sirius und lachte bellend auf.

Remus lachte ebenfalls, aber mehr, weil er wieder dunkle Wolken dort hatte aufziehen sehen, wo nun wahrlich nicht mal ein Federwölkchen vorhanden war.

„Aber sag James bloß nichts! Wenn er weiß, dass du es weißt, dass Peter es weiß, dass ich es weiß, dann wirst du auf ewig mit dem schmerzlichen Verlust meines wunderbaren Daseins auskommen müssen.“, verkündete Sirius gespielt ernst.

„Das wäre natürlich tragisch!“, meinte Remus trocken.

„Natürlich wäre das absolut katastrophalisch!“, Sirius legte sich theatralisch den Handrücken auf die Stirn.

„Denk allein nur mal an Mel.“

„Sie würde dir hinterherkommen, dich in den Hintern treten und anschließend wieder zurückkehren, nur um dir James, in zwei gut verpackten Hälften, nachzuschicken.“, sinnierte Remus.

„Apropos Mel“, Sirius sprang urplötzlich auf, „ich hab ihr das noch gar nicht erzählt!“, berichtete er mit einem hinterlistigen Grinsen.

„Bis später.“

Und schon war Sirius Black aus dem Gemeinschaftsraum geeilt, um sich auf die Suche nach seiner besten Freundin zu machen.

Remus war gerade einfach zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass er ihn von seinem Vorhaben hätte abbringen können. Glück für James, dass Melody Roberts äußerst verschwiegen war.
 

Die Arme verschränkt, mit dem Rücken gegen eine der Holztribünen gelehnt, harrte Mel in einiger Entfernung zu ihren Teamkollegen aus. Diese führten eifrig miteinander Diskussionen und warfen hin und wieder einen hoffnungsvollen Blick über die Schulter, der aber stets enttäuscht wieder zurück auf den Disput gewendet wurde. Mel nahm an den Gedanken der anderen keinen Anteil, ihre Augen waren stur auf den Weg hinauf zum Schloss gerichtet.

„Noch fünf Minuten!“, schwor sie sich selbst - schließlich hatte sie Besseres zu tun, als sich hier draußen die Beine in den Bauch zu stehen.

Das Wetter war heute zwar noch mal gut – sonnig und angenehme zwanzig Grad Celsius – aber wenn der selbsternannte Quidditchexperte Hogwarts’ nicht mal bald seinen Arsch hierher schwingen würde, war sie entschlossen sich mit wichtigeren Dingen zu beschäftigen - Vertrag hin oder her!

Black konnte von ihr aus ja bleiben, wo das Mondscheingras wuchs – oder lieber noch weiter weg - aber Potter sollte gefälligst mal flott machen.

Mel war eigentlich keine besonders ungeduldige Person – das wäre sonst auch nicht Zuhause gut gegangen, wenn sie an den kurzen Geduldsfaden ihrer Auntie dachte, der von hier, bis gleich reichte – aber sie hasste es auf unangenehme Dinge zu warten. Quidditchtraining und Black zählten da eindeutig hinzu.

Endlich erspähten ihre Augen eine näher kommende Figur.

„Moment mal – nur einer?“, wunderte es Mel.

Seit wann konnte man die siamesischen Scherzkekse denn voneinander trennen? Denen fehlte doch eine Gehirnhälfte, wenn sie allein waren. Beziehungsweise, Black musste vermutlich gänzlich unterversorgt sein, wohingegen sie Potter doch den Besitz des halben Denkvermögens immerhin zutraute.

Wie sonst sollte er denn auch diese ganzen Quidditchtaktiken und kreativen Anmachsprüche für Lily entwickeln?

Langsam nahm der einsame Wanderer schwache Konturen an und erneut stutze Mel.

Das konnte doch nicht mal einer der beiden Berufsidioten sein!

Potter schritt schließlich mehr wie der König der Löwen umher – es sei denn Lily Evans war in der Nähe, dann wurde er immer zum aufgescheuchten Hähnchen - und Black stolzierte herum wie ein schöner eingebildeter Pfau auf Brautschau.

Ja, Potter, das erhabene Grinsekätzchen und Black der selbstverliebte Gockel mit Überpotenz – sie passten wirklich wie die Faust aufs Auge!

Diese Person auf dem Weg zu ihnen, watschelte jedoch mehr wie eine Ente oder ein betrunkener Pinguin, so wie sie vorsichtig von einem Fuß auf den anderen wackelte. Beim Näherkommen schlug Mels rechte Augenbraue einen scharfen Bogen. Pettigrew.

Was zum Dementor trieb denn den aufs Quidditchfeld?

War nicht er es gewesen, der einst von seinem Besen so die Hucke vollbekommen hatte?

Mel erinnerte sich nur schwach.

Das Gemurmel der anderen wurde lauter, anscheinend hatten auch sie den merkwürdigen Besucher bemerkt. Mel fiel auf, wie Pettigrew mit jedem Schritt langsamer wurde, ein deutliches Zeichen seiner gewaltigen Unsicherheit. Kein Wunder, ohne seine Freunde wagte er es nie sein Maul so übergroß aufzureißen wie er es manchmal tat, dafür haperte es zu sehr bei ihm mit dem Selbstbewusstsein. In seinem Idiotenrudel fühlte er sich wohl mutiger – aber da war er schließlich unter Seinesgleichen.

„Ich soll euch von J-James sagen, d-dass … dass“, angestrengt schien er über seine nächsten Worte nachdenken zu müssen, Malcolm Franklin ließ ein abfälliges Grunzen erklingen, das allerdings aufhörte, nachdem ihm Frank Longbottom rein zufällig auf den Fuß trat, „… dass d-das Training heute ausfällt.“

„Wieso?“, erregte sich Fabian Prewett sogleich.

Nach James Potter, der wohl größte Quidditchvergötterer in diesen Gefilden.

„Genau, was soll das?!“, motzte Franklin Pettigrew gleich weiter an, als könnte er etwas für diesen Grund.

„Es ist so, dass … ähm, weil … äh ja …“, stotterte er unter den bösen Blicken der zwei Jungs vor sich hin und mit jedem gestammelten Wort immer kleiner werdend.

Mel kümmerte der Grund jedoch wenig. Es bescherte ihr einen freien Nachmittag, den sie mit Nützlichem verbringen konnte, anstatt sich Blacks Sticheleien und Potters Geschrei anhören zu müssen und das war das einzige, was zählte. Sie schnappte sich also ihre Sachen und ging unter dem verwunderten Blick von Abigail Speedy Richtung Umkleidekabinen.

„Hey, Roberts, bleib gefälligst hier! Wir haben das hier noch nicht endgültig geklärt!“, brüllte ihr Prewett unfreundlich hinterher.

Sie drehte sich um und zuckte kurz mit den Schultern:

„Prewett, erstens bist nicht du hier der Teamkapitän, wie du dich vielleicht erinnern solltest. Zweitens, interessieren mich die Ursachen des Trainingausfalls genauso brennend, wie die Farbe von Blacks Unterhose“, die sie ja auch schon kannte, worauf Mels Gedächtnis sie ja leider wieder hinweisen musste, „und drittens kann sich ja selbst ein Spatzenhirn - also selbst du Prewett - denken, warum unsere beiden Vollprofis fehlen.“

„Glaubst wohl wieder mal über dem Rest der Welt zu stehen, was, Roberts?!“, erregte sich Fabian Prewett wie gewöhnlich rasch.

Malcolm Franklin schluckte kurz, vermutlich wollte er auch noch seinen Senf hinzugeben, ließ es aber bleiben, weil er wusste, wer nach einem Wortduell mit ihr ohne Hosen dastehen würde.

Fabian Prewett war für diese Erkenntnis bisweilen aber viel zu hitzköpfig, in diesem Punkt war er sogar noch schlimmer als Black – genau das machte es aber auch so schön leicht für Mel.

„Du hast es erkannt, Prewett.“, verkündete sie mit unveränderter Miene.

„Wow, ich bin erstaunt zu welch enormer Intelligenzleistung selbst du in der Lage bist. Aber ich hab mal gelesen, dass jeder wenigstens einen genialen Moment im Leben hat – deiner ist gerade eben vorbeigezogen.“

„Das reicht.“, brummte Frank Longbottom grimmig.

Mel vermutete, dass es nur der Kraft des orangehaarigen Riesen zu verdanken war, dass sich Prewett nicht schon längst mit erhobenem Zauberstab auf sie gestürzt hatte - die Druckstellen an seinem Arm würden für ihre Theorie sprechen.

Also tat sie dem Treiber den Gefallen und verdünnisierte sich zu den Umkleidekabinen, in der Tür konnte sie der Versuchung jedoch nicht länger widerstehen, sich ein weiteres Mal zum rotohrigen Prewett umzudrehen.

„Zu deiner Information, damit sich das Gehirnchen nicht überanstrengen muss!“, Mel konnte es einfach nicht lassen.

„Die beiden Hohlköpfe werden ganz einfach wieder ihrem Ruf als superlustige Trottel vom Dienst alle Ehre gemacht haben, heißt, dass sie jetzt ihre verdiente Strafe bei McGonagall absitzen, während Snape vermutlich mit Blümchen aus der Nase wachsend im Krankenflügel liegt.“

Ohne Pettigrews Erwiderung auf ihren Kommentar abzuwarten, verschwand Mel im Innern.

Ein freier Nachmittag!

Trotz dieser Aussicht wollte sich auf Mels Lippen kein Lächeln abzeichnen.
 

„Und, haben sie’s geschluckt?“, erkundigte sich James aufgeregt, als die Tür aufging und Peter eintrat.

„Mehr oder weniger …“, druckste der kleine Junge etwas herum.

„Die Geschichte war ja wohl mehr als genial!“, übte James ein wenig Selbstbeweihräucherung, denn schließlich war diese hieb- und stichfeste Ausrede zum bedauerlichen Quidditchausfall, mal von ihm, statt von Sirius gekommen.

„Wenn sie die nicht geschluckt haben - dann weiß ich auch nicht mehr.“

„Also, ich bin ehrlich gesagt gar nicht dazu gekommen, was zu erzählen …“, James’ Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig mit Peters letzten drei Wörtern.

Hastig fügte er noch hinzu:

„… Roberts, die blöde Kuh hat einfach dazwischen geredet und behauptet ihr hättet Strafar-“

„Und du hast diesem Miststück nicht mal ordentlich die Meinung gegeigt?!“, Sirius schaute mit wütendem Gesicht plötzlich aus einer der Toilettenkabinen raus.

„Als wenn wir auf Training, wegen Gonni, verzichten würden!“

James war völlig fassungslos, dass sein Team, seine Mannschaft, die er alle mit so viel Fürsorge ausgewählt hatte, einfach dazu kam so eine billige Lüge abzukaufen - und dann auch noch von Roberts!

„Siehst du, dieses Gör macht immer nur Ärger!“, hallte Sirius’ zornige Stimme durch den Raum.

„Warum kannst du sie nicht einfach -“

„Weil es niemand besseres gibt.“

Ende der Diskussion.

James hörte Sirius laut aufschnauben, einen Haufen solcher Ausdrücke sich in den imaginären Bart murmeln, die seine Mutter mit einem „James! Was hat dir dein Vater da schon wieder beigebracht?“ quittiert hätte, aber nichts weiteres darauf laut sagen. Allmählich wurde „Die Sucherin“ zum einzigen Tabuthema zwischen den beiden, abgesehen natürlich von …

„Hast du die Baumschlangenhaut mitgebracht, Peter?“

Peter holte auf Sirius’ Geheiß die Reptilienhaut hervor und reichte sie dem schwarzhaarigen Jungen, der sie auch prompt in den großen ramponierten Titankessel fallen ließ.

James warf einen Blick hinein. Aus einem Strudel von tiefer Nachtschwärze und blendendem Weiß – einmal hatte James beim Zusehen schon einen Drehwurm bekommen – stiegen in kurzen Abständen immer wieder regenbogenfarbene Dampfwölkchen auf, die sich großzügig im Raum verteilten und ihn wie ein riesengroßes Kaleidoskop erscheinen ließen. Auf dem Klodeckel hinter dem Kessel thronte ein altes schwarzes Buch, dessen Seiten längst so gelb waren, wie manch Innenleben einer Toilette hier.

„Nicht mehr lang.“, hörte er Sirius murmeln.

Er drehte sich zu ihm und Peter um:

„Meine Herren!“, ein verschlagenes Lächeln trat in seine Züge.

„Ich würde sagen, wir stehen kurz vor unserem Ziel.“
 

Seine kastanienbraunen Augen wanderten so rasch über das Pergament, dass es Lily fast schwindlig wurde ihm dabei zu zusehen. Das dunkelblonde glatte Haar hing ihm kurz über seinen Ohren und hin und wieder kitzelte ihn eine Strähne an der Nase, nur dann verzog er leicht sein Gesicht und streifte sie mit einer sanften Handbewegung zurück. Die meiste Zeit aber fuhren seine blassen Finger der rechten Hand das elendlange Pergament entlang, während die, der linken, eine Feder umklammert hielten, die in Windeseile über ein anderes Papier jagte.

Von dem, was Lily erkennen konnte, war seine Schrift allerdings nicht bloß eine hingekritzelte Aneinanderreihung von fremdartigen Buchstaben – was ja besonders häufig bei Jungs in diesem Alter zu finden war - sondern sogar peinlichst genau. Jeder Buchstabe hatte exakt dieselbe Form seines Vorgängers gleicher Art. Seine Handschrift war nicht allein nur besonders ordentlich für einen Jungen, jedes Wort schien wie gemalt, so schön und kunstvoll wirkten sie auf Lily.

In seinem Gesicht konnte man die völlige Konzentration ablesen mit der er sich seiner Arbeit widmete, nicht einmal zuckte es dort, es glich dem bleichen eingemeißelten Gesicht einer Marmorstatue. Wenn sie selbst etwas las, insbesondere ein gutes Buch, das sie stark in seinen Bann zog, dann bewegte Lily oft unbewusste ihre Lippen mit. Seine blassrosa Lippen - weder besonders schmal noch besonders voll, sondern ganz normal – lagen jedoch fest aufeinander.

Jeden Montag und Donnerstag saßen sie nun schon zu zweit hier in der Bibliothek, immer in der genau selben Haltung. Lily leicht nervös nach einiger Zeit auf ihrem Stuhl rumrutschend und er ohne Veränderung über ihren Verwandlungshausaufgaben gebeugt.

Lily nutzte die Gelegenheit seiner geistigen Abwesenheit, um ihrer Lieblingsbeschäftigung in dieser Zeit nachzugehen - ihr Gegenüber ein weiteres Mal genauestens zu analysieren.

Seine Nase war gerade, vielleicht ein Ideechen größer als die von anderen, aber wirklich nur geringfügig. Die Brauen waren nicht buschig, noch zu blass, dass die hohe Stirn nackt wirkte, sie trafen ebenfalls genau das Mittelmaß. Er hatte keine abstehenden Ohren oder Pickel, trug niemals verschlissenen Umhänge oder protzige Mode direkt neu aus der Winkelgasse.

Eigentlich war er der normalste Junge, den Lily je gesehen hatte und genau deswegen, war er ihr vermutlich in der breiten Maße ihres Jahrgangs auch nie aufgefallen, außer zum Schuljahresende, wenn er ihr nicht bloße Konkurrenz, sondern sie meilenweit zurückließ beim Kampf um den Titel des „Jahrgangsbesten“. Bis auf seine eindeutig herausragende Intelligenz war er also niemand außergewöhnliches und trotzdem …

Lily wusste nicht wieso oder was, aber da war etwas an ihm, das war … „ungewöhnlich“.

Nein, ungewöhnlich war nicht das richtige Wort.

„Merkwürdig“?

Nein, nicht wirklich.

„Einzigartig?“

Das war jeder.

„Anders“?

Ja, das kam wohl am ehesten hin!

Aber wie sollte man auch etwas mit Worten beschreiben, von dem man selbst noch nicht wusste, was es war?

Anders – ja, das war er. Irgendwie war Brian Peterson anders.

Brian sah auf einmal vom Papier hoch und Lily erschrak kurz, da sie ihn die ganze Zeit so unverblümt angestarrt hatte.

Zwischen seinen Augen lag wieder so eine Falte, eigentlich mehr ein sanfte Delle, die zeigte … ja, was hatte sie eigentlich zu bedeuten?

„Also, Lily“, sie freute sich, als sie ihn ihren Namen aussprechen hörte, „dein Aufsatz ist im Großem und Ganzen richtig, aber bei Professor McGonagall würdest du wohl nicht mehr als ein Annehmbar dafür erreichen.“

Lily nickte enttäuscht.

„Sei nicht traurig, Lily.“

Lily schaute leicht beschämt wieder auf.

„Dafür treffen wir uns doch, damit du besser wirst!“

Sein Lächeln ließ Lily alles gleich fiel positiver sehen.

Ja, weswegen trafen sie sich sonst?

„Ich begreife es einfach nicht, was damit gemeint ist, dass ein Animagi nicht bloß tierische Gestalt annimmt, sondern zum seinem Seelentier wird.“, erklärte Lily frustriert.

„Aber kein Buch hier konnte mir darauf eine Antwort geben.“, Lily war über diese Tatsache nach wie vor schwer schockiert.

Brian nickte verständnisvoll.

Er wartete einen Moment, bevor er mit scheinbar gut gewählten Worten zu sprechen begann:

„Du darfst es dir zuerst einmal nicht so einfach vorstellen Animagi zu werden. Wenn du dich darum bewirbst, diese Ausbildung machen zu dürfen, hat das Ministerium seine Gründe nicht jeden zu nehmen. Es bedarf eines ausgesprochen hohen Talentes in Verwandlung und zu dem musst du über eine charakterstarke und gefestigte Persönlichkeit verfügen.“

„Warum?“, platzte es aus der neugierigen Lily heraus.

Brians Lippen umspielte wieder so ein schönes vergnügtes Lächeln.

„Nun, das ist das eigentliche Geheimnis des Animagitums. Gehst du diesen Schritt und entscheidest dich dafür eine zweite Gestalt zu erhalten, dann musst du dir im Klaren sein, was es bedeutet, dies zu tun. Denn die Magie, die bei diesem Teilgebiet der Verwandlungskünste angewandt wird, unterscheidet sich nicht bloß grundlegend von den anderen - sie ist anders. Und zudem auch noch sehr viel älter.“

„Das wusste ich gar nicht.“, war Lily tief überrascht.

„Ich dachte immer, der erste verzeichnete Animagus wäre der Grieche Falco Aesalon gewesen.“

„Wir haben zu Hause ältere Aufzeichnungen darüber, dass schon tausende Jahre zuvor, also bereits weit vor Merlins und Aesalons Zeiten, von Personen berichtet wird, deren Körper das „Zuhause zweier Seelen“, nämlich der eines Tieres und der eines Menschen, sei. Man weiß nicht genau, woher diese Magie stammt, dazu gibt es reine Spekulationen, aber das ist auch nicht so wichtig. Kommen wir zur entscheidenden Sache, den zwei Seelen. Das haben die alten Zauberer missverstanden. Man kann durch keinen Zauber der Welt zwei Seelen auf Dauer in einen Körper bannen, das ist unmöglich. Es ist vielmehr so, dass durch die Zaubertränke und das ständige Üben der Animagi schließlich den tierischen Teil seiner Seele aus sich raus lässt.“

„Den tierischen Teil der Seele?“, fragte Lily zweifelnd.

„Stell dir jetzt bitte nicht vor, dass in dir ein kleiner Hund bellt.“, lachte Brian.

Lily musste automatisch mitlachen.

„Ich versuche es dir an einem Beispiel zu erklären. Wofür steht deiner Meinung nach ein Löwe?“

„Mut und Tapferkeit.“

„Und eine Schlange?“

„List und Verschlagenheit.“

Lily runzelte die Stirn.

„Aber, das sind doch -“

„Richtig - die Wappentiere Gryffindors und Slytherins. Aber warum glaubst du hat man gerade diese beiden genommen?“

„Weil beide Gründer mit diesen Tieren in ihren Charaktereigenschaften übereinstimmen.“

Bei ihren eigenen Worten hellte sich Lily Gesicht auf einmal in Erkenntnis auf.

„Genau.“, lächelte Brian.

„Mit nahezu jedem Tier verbinden wir mindestens eine bestimmte Charaktereigenschaft. Die Muggel glauben, diese Art der Vergleiche hätte sich über die Jahrhunderte einfach in der Literatur gebildet, aber in Wirklichkeit stammen sie von den Animagi. Da bestimmte Tierarten bei sich ähnelnden Personen sich immer wiederholten, erkannte man daraus, dass ein Animagi stets zu genau dem wird, was seinem Charakter am meisten entspricht. Früher wurden sie deshalb auch Animagus Animalus genannt – der Zauberer mit der Tierseele. Durch einen Fehler wurde daraus dann allerdings irgendwann der Animagus - der Begriff der Tierseele aber blieb.“

Lily war verblüfft über die Menge an neuer Information, die ihr da geliefert wurde. Brian wusste wirklich erstaunlich viel und dieses Wissen beschränkte sich nicht mal auf ein bestimmtes Teilgebiet.

Trotzdem blieb für Lily immer noch eine Frage offen, von der sie sich nicht sicher war, ob sie überhaupt eine Antwort darauf erhalten wollte.

Ihre Neugier war jedoch mal wieder größer:

„Warum ist es so gefährlich Animagi zu werden? Was … was passiert wenn man einen Fehler macht?“, fragte Lily vorsichtig nach.

Brian sah sie für einen Moment stumm an.

„Man stirbt nicht.“

Lily atmete aus.

„Aber der Tod wäre schön, bei dem, was ich in manch einem Buch nur gelesen habe.“

„W-warum?“, krächzte Lily.

„Heutzutage kommen aufgrund der gründlichen Auswahl solche Fehler nicht mehr vor, doch früher, als es noch keine Gesetze gab, da geschahen während des letzten Schrittes zum Animagus schreckliche Unfälle. Die Leute waren entweder nicht stark genug, um sich wieder von ihrer Tierform zu trennen oder es kam noch schlimmer und man wurde für den Rest seines Lebens unwiederbringlich entstellt, sodass du z. B. nunmehr den Unterkörper eines Menschen, aber den Oberkörper einer Ratte hattest.“

Lily sog scharf Luft ein und erschauderte bei dem schrecklichen Bild, das sich in ihrem Kopf dazu manifestierte.

„Keine Sorge so etwas geschieht heute ja nicht mehr. Die Auflagen sind viel zu streng und die Zaubersprüche für die Verwandlung, sowie die drei Zaubertränke, die für den Vorgang benötigt werden, sind absolut geheim. Es ist unmöglich an so etwas ranzukommen.“
 

„Das Geheimnis der Seele: Animagus – erwecke das Tier in dir!“ lag ausgebreitet vor James auf dem Fliesenboden. Im Schneidersitz hockte er darüber und las – ja, James Potter las tatsächlich – Zeile für Zeile noch mal, obwohl die jahrelange Arbeit an Projekt „Mann im Mond“ sie so fest in seinem Kopf abgespeichert hatten, wie sein Lieblingssatz, der für eine gewisse rothaarige Vertrauensschülerin reserviert war.

Neben ihm hockte Peter, mit seiner Nase in einem Buch ähnlicher Art steckend und nervös immer dieselben Worte lautlos mit den Lippen wiederholend.

Sirius stand noch am Kessel, den richtigen Augenblick für die letzte Zutat abpassend.

James konnte es gar nicht mehr abwarten.

Die jahrelange harte Arbeit würde sich in weniger als einer Stunde endlich auszahlen!

Durch James’ Kopf liefen verschiedenste Erinnerungen rückwärts bis zu dem Tag, an dem alles eigentlich angefangen hatte …
 

James hielt in seiner Alberei mit Sirius und Peter über Schniefelus inne, als er bemerkte, dass Remus still daneben sitzend und ein zerknirschtes Gesicht machend, schon wie am Morgen wieder nur in seinem Essen rumstocherte.

„Hey, Remus!“, schnipste James seinem Freund im Gesicht rum.

„Was?!“, der Braunhaarige sah mit wütendem Blick auf.

James war zu verblüfft, um etwas zu sagen. Remus war doch sonst die Ruhe selbst und ließ sich von rein gar nichts reizen. Jetzt, wo er ihn genauer ansah, fiel James auch auf, wie abgespannt sein Freund wirkte, schwarze Schatten unter den Augen, das Gesicht sonst schon blass, hatte ein kränkliches weiß angenommen und die Iris, sie schien James ebenfalls merkwürdig verändert, irgendwie … komisch.

„Sag mal, geht’s dir gut, du siehst ein bisschen … ähm … krank aus?“, meinte James zögernd.

„Ja, Remus, James hat Recht. Du siehst voll beschissen aus!“, kam es unverblümt von Peter, wofür ihm Sirius erstmal gegen's Schienbein trat.

Der kleinere Junge gab einen schmerzenden Laut von sich und schaute den Blackspross mit einem irritierten Blick an, dieser nickte aber nur zu Remus, der jetzt nämlich mit ungewöhnlich kalter Stimme antwortete.

„Ich hab nicht gut geschlafen, aber das ist verflucht noch mal alles, ansonsten geht es mir wirklich bestens! Außer - falls ihr es schon wieder mal vergessen haben solltet – dass es meiner Tante Jane nicht gut geht. Danke auch der Nachfrage!“, knurrte er.

Remus sprang auf:

„Ich bin dann in der Bibliothek. Wenn ihr mich sucht.“, fügte er noch hinzu mit einem Klang, der alles tat, nur nicht dazu einlud.

James blickte seinem Freund verwirrt nach.

War das da gerade eben wirklich Remus gewesen?!

Er kannte Remus Lupin jetzt drei Monate lang und in dieser Zeit war er nicht einmal unfreundlich zu jemandem geworden, geschweige denn wütend, wie heute.

Obwohl …

James erinnerte sich, dass er doch schon einmal so schlecht drauf gewesen war.

Vor einem Monat … oder zwei.

Nein, beides!

Jetzt, wo er so darüber nachdachte, war Remus bereits mehr als einmal so komisch „anders“ gewesen als sonst.

James schaute nachdenklich zu Sirius und wusste sofort, dass dieser über Gleiches nachdachte.

Irgendwas stimmte da doch nicht!
 

Von da an waren er und Sirius aufmerksamer als je zuvor – und auch jemals danach - in ihrem Leben gewesen. Peter hatten sie nichts von ihren Verdachtsmomenten erzählt, ihm war Remus’ Verhalten zwar ebenfalls seltsam erschienen, aber der kleine Junge war leichtgläubig genug gewesen, um Remus seine billigen Ausreden abzukaufen, mit denen er sie in der folgenden Zeit hatte abfertigen wollen. Doch weder Sirius, noch James, glaubten ihm auch nur ein einziges Wort – dafür waren sie auf diesem Gebiet selbst zu sehr Experte – im Gegenteil, sie wurden im Laufe des ersten Schuljahres sogar immer misstrauischer gegenüber ihrem Freund.

Irgendwann war Sirius dann auf die Idee gekommen, dass Remus ja irgendeine seltene Zaubererkrankheit haben könnte und deswegen nichts sagte – in seiner Familie würden solche Dinge auch niemals laut ausgesprochen.

James’ Vorschlag daraufhin, mal in ein paar Bücher zu schauen, war beim Blackspross zwar auf wenig Gegenliebe gestoßen - James war selbst nicht sonderlich begeistert gewesen über diese Aussicht, denn normalerweise rührte er nichts außer weiterführender Quidditchliteratur an - aber immerhin war es um ihren Freund gegangen. Dafür ging man auch schon mal in die Hölle.

So hatten sie sich also beide in die Bibliothek begeben – selbstverständlich nur in aller Heimlichkeit, nachts, gut geschützt unter seinem Tarnumhang, denn man hatte ja sonst einen frisch erarbeiteten Ruf als Unruhestifter zu verlieren – und Woche um Woche um Woche sämtliche Bücher gewälzt, die ihnen auch nur ein wenig brauchbar erschienen waren.

Ohne Ergebnis.
 

„Das ist doch zum Verrückt werden!“, Sirius schmiss das dicke Buch mit voller Wucht gegen die Wand, so dass das Regal darüber gefährlich erzitterte.

Da saßen sie also beide, mitten in der Nacht – James hatte sein Zeitgefühl längst verloren – und wälzten sich durch Bücher. Er, James Edward Potter und sein bester Freund, Sirius Black, die größten Spaßvögel und Faulenzer Hogwarts’, durchkämmten nach den Abschlussprüfungen noch höhere Literatur. James musste fast grinsen bei dem Gedanken, wie komisch sie auf jemanden Hereinkommendes wirken müssten.

Sirius warf ein weiteres Buch mit genervten Gesichtsausdruck über seine Schulter. Mehrere sollten noch folgen, anscheinend wollte er so seinem Ärger über ihren monatelangen Misserfolg Luft machen. Es war ja nicht so, dass sie nichts gefunden hätten …

Viele Male dachten sie nämlich schon, endlich die richtige Lösung entdeckt zu haben, hatten dann aber erkennen müssen, dass Remus nicht unter vermuteter Krankheit litt, sondern dass sie ihm durch ihre „Tests“ höchstens neue Gebrechen zugefügt hatten.

James erinnerte sich, wie sie erst im Mai dafür gesorgt hatten, das Remus sämtliche Haare verloren hatte, da sie der Überzeugung gewesen waren, dass er von der gemeinen ostasiatischen Kopfschnapperlaus befallen wäre. Sie hatten ihren Freund später natürlich für diesen „bösen Scherz der Slytherins“ gerächt.

Oder vor Ostern waren sie plötzlich auf die Idee gekommen, dass er ein körperliches Problem mit Eiern hätte. Physische Osterhasenphobie schien beiden eine wirklich plausible Antwort für Remus’ Verhalten zu sein, nur, dass er aufgrund seines morgendlichen Frühstückseis Verzehrs selbst noch nichts von seinem Unglück zu wissen schien.

Zugegeben, ihre Methode, um ihn davon abzuhalten, war etwas rabiat gewesen, aber Purges im Dotter versteckter magischer Magen&Darm-Spüler, hatte immerhin seinen Zweck erfüllt!

Remus wollte von Eiern jetzt nichts mehr wissen.

Nur an seiner monatlichen Verstimmung hatte das nichts geändert.

Es schepperte. Sirius hatte mit einem Buch eine Vase getroffen, nun war nicht nur das hässliche Ding – das nebenbei bemerkt ein Erbstück ihrer Hauslehrerin war – kaputt, sondern auch das Buch hinüber. Der alte Schmöker hatte sich gänzlich aus seinem Einband gelöst.

„Reparo!“, murmelte er und die Vase erstrahlte sofort in neuem Glanz.

James schaute mitleidig auf die zerstörte Ausgabe von „Wuff, miau, pieps &Co – Haustiere als Überträger von Zaubererkrankheiten“. Das war jetzt schon das fünfzehnte Buch, das Sirius in einem Wutanfall zerstört hatte. Was Literatur anging, war er eben nicht besonders feinfühlig – eher absoluter Grobmotoriker.

Das einzige Problem an der ganzen Sache war nur, dass Madame Pince langsam spitz kriegte, dass heimlich Bücher aus ihrer Bibliothek entwendet wurden und leicht ramponiert auf mysteriöse Weise wieder auftauchten – sie hatte die Dinger mit einem Zauber belegt, um mögliche Reparaturen, nach „absichtlicher Sachbeschädigung wertvollen Schuleigentums“, zu verhindern.

„Vergiss es, James, hier drin steht nirgendwo was.“, grummelnd ließ sich Sirius zusammengesunken auf seinem Sessel nieder, die Hände in den Hosentaschen vergraben.

„Wir können jetzt nicht einfach so aufgeben, die Lösung ist hier irgendwo!“, blieb James hartnäckig.

„Viel Spaß beim Suchen!“, sagte Sirius mit überdeutlichem Sarkasmus in der Stimme.

James baute sich vor ihm auf:

„Verflucht, willst du Remus denn gar nicht mehr helfen?“

„Wem wollt ihr helfen?“, ein blondes Mädchen kam im blauen Morgenrock die Treppen der Mädchenschlafsäle hinunter geschritten.

„Niemandem!“, antworteten Sirius und James gleichzeitig, mit einem unschuldigen Augenaufschlag.

Mel zog eine Augenbraue hoch und grinste vergnügt:

„Mann, wie kaufen euch die Lehrer eigentlich immer eure Lügen ab, wenn ihr so verdammt schlecht darin seid?“

James öffnete den Mund, aber wie immer hatte Sirius genau dieselbe Idee:

„Nein, das verstehst du –“, beide hielten inne als sie merkten, dass sie erneut gleichzeitig redeten.

Mel lachte und ließ sich neben James auf dem Sofa nieder:

„Schon ok, ich wollte nur fragen, ob Remus einem von euch vielleicht mein Buch gegeben hat?“

„Was für ein Buch? Remus würde uns niemals irgendein Buch anvertrauen.“, meinte Sirius grinsend.

„Das kann ich mir vorstellen …“, murmelte sie mit wenig überzeugter Stimme.

Mel sah sich mit zweifelndem Blick im Gemeinschaftsraum um, der von ihnen so großzügig in „noch nicht durchforstete Bücherstapel“ und „nutzlose Haufen“ eingeteilt worden war. Sirius verging das Grinsen.

„Also, wir ähm … wir haben nur …“, James blickte hilfesuchend zu Sirius.

„Weißt du, die Sache ist so“, meinte Sirius mit fester Stimme, „wir wollten nur schon mal ein Geburtstagsgeschenk für Remus aussuchen.“

„Geburtstagsgeschenk?“, wiederholte Mel langsam.

„Im Juni.“

Sirius und er nickten monoton.

„Aber ihr wisst schon, dass er am zehnten März Geburtstag hat?“

Sirius grinste schief:

„Tja, Kleines, das nennt man halt „vorausschauendes Denken“!“, belehrte Sirius sie.

Mel verzog leicht eingeschnappt das Gesicht.

„Wenn ihr dieses „vorausschauende Denken“ auch mal bei euren Hausaufgaben anwenden würdet, wäre Gonnis Stressbarometer euch wahrscheinlich sehr dankbar.“, meinte sie Augen verdrehend.

„Tun wir doch!“, grinste James.

„Durch „vorausschauendes Denken“ haben wir schließlich erkannt, dass wir unsere Prüfungen auch so ganz locker schaffen würden.“

„Aber eingebildet seid ihr sonst nicht, oder?!“, fragte sie, die rechte Braue zweifelnd erhoben.

Sie beide schüttelten heftig den Kopf.

„Wie kannst du nur auf so was kommen?“, sagte Sirius gespielt entrüstet.

James setzte noch einen oben drauf:

„Wir sind zwei ganz schüchterne verkannte Genies!“

Mel brach in schallendes Gelächter aus, das auf Sirius, wie auf James, schwer ansteckend wirkte.

Als sie sich beruhigt hatten, ergriff Mel als erste wieder das Wort:

„Egal, was ihr hier tut, ihr braucht mir nichts zu sagen, dann muss ich beim nächsten Streich wenigstens auch kein schlechtes Gewissen gegenüber Lily haben.“

Sirius schnaubte abfällig. Aus Gründen, die James absolut nicht nachvollziehbar waren, konnte er die beste Freundin seiner besten Freundin nicht ausstehen.

Mel überging das aber anscheinend.

„Was ist jetzt mit meinem Buch?“

James zuckte mit den Schultern.

„Remus hat uns nichts gesagt.“

„Schade.“, sie erhob sich vom Sofa.

„Wenn er wieder von seinem Besuch Zuhause da ist, könntet ihr ihm dann sagen, dass er es mir zurückgeben soll?“

„Klar, kein Problem! Worum geht’s denn da drin?“, erkundigte sich James.

„Es ist über alle magischen Tierwesen und Kreaturen dieser Welt, also z. B. Einhörner, Hippogreife, Todesfeen und Werwölfe und nebenbei mein Lieblingsbuch!“

„Was für ne Überraschung, bei dir als Tiernärrin!“, hörte er Sirius noch sagen.

Alles andere versank für James in dem Schockmoment der grausamen Erkenntnis.

Erst als Sirius mit einer Hand vor seinem Gesicht rumfuchtelte, betrat James wieder die Realität.

„Bist du noch da?“

Mit stockender Stimme antwortete James seinem Freund:

„Ich glaube, ich weiß jetzt, was mit Remus los ist.“

James’ Blick war nach wie vor durch das Fenster nach draußen gerichtet, wo ein großer runder Vollmond im sanften weißen Nebel den Nachthimmel erhellte.
 

Sirius blickte gedankenverloren in den Kessel. Es konnte nicht mehr lange dauern, dann würde das schwarz-weiße Gebräu sich in zwei Hälften teilen - ein dunkle und eine helle - genau diesen Moment musste er abpassen. Jeder Fehler würde alles zunichte machen, wofür sie jahrelang gearbeitet hatten. Wenn sie den Fehler überhaupt bemerken würden …

Aber über so etwas hatte Sirius noch nie nach gedacht, dafür fehlte ihm vermutlich irgend so ein Sektor im Hirn, den man kluge Voraussicht und Gefahreneinschätzung nannte. Eben das, wovon Remus eindeutig zu viel hatte.

Was war es da für eine Ironie, dass sie das wahrscheinlich größte Risiko ihres Lebens gerade für ihn auf sich nahmen. Er, der sie doch zu steter Vorsicht mahnte und es hin und wieder sogar wagte ihr Verhalten als „total leichtsinnig und lebensmüde“ zu rügen.

Wenn Remus das nur wüsste – er würde sich selbst von der Schule werfen oder von der nächsten Brücke stürzen, nur um es zu verhindern.

Wenn er nur wüsste … aber das tat er nicht.

Remus hatte keinen Schimmer, wie viel James und Peter und er bereits wussten - dass sie alles wussten, was nötig war.

Er musste noch immer in dem Irrglauben leben, sie nahezu perfekt getäuscht zu haben - dass sie von nichts weiter Ahnung hatten, als dass er sie regelmäßig einmal pro Monat belog, sie es aber akzeptierten. Fast war Sirius bei diesem Gedanken enttäuscht, denn Remus kannte sie doch gut genug, um zumindest ahnen zu können, dass James’ Hartnäckigkeit in dieser Sache nicht einfach so nachgeben würde.

Doch irgendwie hatte nie jemand von ihnen den Mut gehabt, ihn darauf anzusprechen und so war das zweite Schuljahr ins Land gezogen, mit all seinen Höhen und Tiefen – Sirius kniff kurz die Augen zusammen – und sie hatten immer noch nicht mit Remus gesprochen, denn allein die Vorstellung dieser lustigen Unterhaltung käme Sirius bis heute merkwürdig vor.
 

„Hey Remus! Wir haben übrigens herausgefunden, dass du ein Werwolf bist, aber hey – ist doch alles halb so wild! Haha – „halb so wild“, hast du das verstanden?!“
 

Nein, auf so ein Gespräch hatte damals keiner von ihnen Lust gehabt, auch wenn sie alle drei mit Remus’ Geheimnis gelernt hatten umzugehen. Klar war es im ersten Moment ein Schock gewesen, es herauszufinden – besonders für Peter, der rücklings vom Bett gekugelt war und sich erst nach einer halben Stunde mit „Oh – ok!“ wieder zu Wort gemeldet hatte – denn Remus konnte man sich nun mal als alles vorstellen, riesiger Teddybär, schwule Fee oder moderne Merlinnachahmung, aber nicht als ein kanibalistisches Ungeheuer, vor dem Sirius zugegebener Maßen als kleiner Junge Alpträume gehabt hatte.

Vielleicht war es diese Ungläubigkeit als Dreizehnjähriger gewesen, die zu jenem Tag kurz vor Weihnachten geführt hatte. Ja, vielleicht war es das damals gewesen, dass Sirius zu dieser, selbst in seinen Augen heute, „Schnapsidee“ getrieben hatte, mit der er James und Peter auch noch hatte anstecken müssen.
 

„Mi-mir ist die ganze Sache nicht mehr geheuer. Können wir nicht doch lieber zurückgehen?“

„Jetzt stell dich nicht so an!“, herrschte Sirius ihn leise an.

„Was soll schon passieren?!“

„R-Remus frisst uns auf?“, bibberte Peter.

„Das würde er nie tun!“, erboste sich James.

„Selbst als Werwolf nicht – außerdem gehen wir ja nicht zu nah ran!“, James warf ihm einen eindeutigen Blick zu, den Sirius aber ignorierte.

Die drei zwölf- und dreizehnjährigen Jungs wateten weiter durch Nacht und matschigen Boden, der verschwommene weiße Fleck im dunklen Wolkenhimmel ihr einziger Begleiter. Ihr Weg führte sie zu einem scheinbar alten, aber in Wirklichkeit jungen knorrigen Baum, dessen eigensinnige Launen ihnen bekannt waren und sie deshalb einen gebührenden Abstand zur peitschenden Weide einhalten ließ.

Sirius hatte die Schulkrankenschwester und Remus oft genug heimlich vom Fenster aus beobachtet, um zu wissen, was jetzt zu tun war.

Wie so oft musste man nur die Schwäche seines Gegners kennen, um an das zu kommen, was man wollte.

Sirius hielt sich nicht lange auf, schnell war ein langer Stock gefunden und unter James’ und Peters Blicken, brachte er die widerspenstige Weidenart zum Schweigen.

„Na los! Oder wollt ihr da Wurzeln schlagen?“, brüllte ihnen Sirius von der Erdspalte im Wurzelwerk zu.

Er war schon ein gutes Stück den geheimen Gang entlang gekrochen – von dem er nicht wusste, wohin er eigentlich führte - als er James’ hastige lange Schritte und Peters kurzes Getrappel hinter sich hören konnte. Ein Krachen verriet, dass der Baum gerade eben einen Wutanfall, vermutlich über die unfreiwillige Starre, erlitten hatte.

Sirius war das ziemlich egal, im Moment war ihm alles egal, für ihn zählte nur sein Ziel, von dem er eigentlich nicht so genau wusste, wie dieses denn lautete.

Vielleicht seine Augen von der Wahrheit zu überzeugen, die sein Kopf bereits kannte?

Sie kämpften sich eine ganze Weile weiter wortlos durch den engen Gang, der schier endlos geradeaus ging und mit jedem Schritt wurde Sirius nicht langsamer, sondern schneller und immer aufgeregter. Die latente Gefahr, die doch von dieser heiklen Situation ausging, hatte ihn und jede einzelne Faser seines Körpers gepackt. Allein sein Verlangen, seine Sucht nach diesem Gefühl, trieb ihn schneller und schneller nach vorn, mit jedem Schritt wuchs das Risiko und Sirius spürte nicht nur einfach das Leben in ihm - es kochte geradezu in seinen Adern.

Dann war da plötzlich ein schwaches Licht, kaum zu unterscheiden von der Dunkelheit, die sie umgab. Nur noch eine Biegung – Sirius begann in einen lockeren Trab zu verfallen, nicht wissend, was er da eigentlich tat und die Rufe von Peter und James zwar registrierend, aber als belangloses Hintergrundgeräusch einordnend. Schließlich wurden ihre Rufe gänzlich übertönt. Ein markerschütterndes Heulen erklang, das direkt aus der Richtung vor Sirius kam. Er sah noch die Anfänge eines hölzernen kaputten Hauses – da blieb er auf einmal mit geweiteten Augen stehen.

In dem Moment, als der Wolf ihn aus der Ferne mit seinen nachtschwarzen Augen ansah, wachte Sirius aus seinem Adrenalinrausch auf.
 

Wie er einst entkommen war?

Er hatte keine Ahnung.

Das einzige, was ihm in Erinnerung geblieben war, war das Gefühl reller Todesangst. Damals waren sie wirklich alle um ihr Leben gerannt – das hatte sie gerettet.

Danach hatte James bis Weihnachten nur sehr sporadisch mit ihm geredet, nachher hatte diese Krise ihre Freundschaft zwar noch verfestigt, aber Sirius erinnerte sich nicht sonderlich gern an das zweite Schuljahr zurück, besonders das erste Halbjahr könnte er getrost aus seinem Leben streichen.

Remus hatte er die erste Zeit gar nicht ansehen können, nicht aus Angst, sondern eher wegen so etwas wie … Scham. Sirius gab es nicht gern zu, doch sein verleugnetes schlechtes Gewissen hielt bis heute an, es war allein auf seinen Drachenmist gewachsen, James und Peter beinah umzubringen. Ganz zu Schweigen von Remus – vielleicht hatte Sirius deshalb noch einen persönlichen Grund ihm helfen zu wollen.

Heute konnte er jedenfalls nicht mehr sagen, warum er unbedingt so scharf darauf gewesen war, einem Werwolf gegenüber zu treten. Gewiss war es aber nicht nur aus Gründen der Visualisierung seines Wissens gewesen, was ihn in dieser Nacht dorthin getrieben hatte.

Ein Gutes hatte der ganze Nervenkitzel dann aber doch an sich gehabt – eine neue Entschlossenheit Remus in seiner schwierigen Lage zu helfen, war da gewesen. Keiner von ihnen wollte länger mit ansehen, wie sich Remus völlig allein mit seinem Vollmond-Problem rum schlug. James und er hatten darüber gelesen, wie schmerzvoll der Prozess der Verwandlung wohl sein musste, wussten inzwischen, woher die zahlreichen Blessuren ihres Freundes stammten – ein häufiges Merkmal von Werwölfen, die eingesperrt und sich selbst überlassen werden, dass sie beginnen sich selbst zu verletzten.

Remus hatte zwar weiterhin geschwiegen, aber als seine Freunde hatten sie natürlich gesehen, wie er sich Monat um Monat quälte und aus reiner Angst vor ihrer Reaktion so beharrlich ihren Fragen auswich.

Aber wie half man einem Werwolf?

Als Opferlamm wollte sich nun doch keiner von ihnen anbieten, eine andere Lösung hatte hergemusst – der Zufall hatte sie James und Sirius gebracht.
 

„Wenn ich’s dir doch sage, Eve!“, beteuerte Andrew Potter seiner Frau am Frühstückstisch.

„Stevens hat sich vor unseren Augen in einen Kater verwandelt und ist fröhlich davon geeilt – als Tier hatte der Werwolf selbstverständlich kein Interesse mehr an seiner Beute gehabt.“

„Aber Schatz“, erwiderte Evelyn Potter, „warum sollte er das tun und sich als nicht-Registrierter Animagus outen, wenn er doch stattdessen apparieren könnte?“

Mr. Potter setzte die Kaffeetasse ab.

„Ach Eve, ich hab doch von Anfang an gesagt, dass der Junge nicht genug Mumm in den Knochen hat für einen Job als Auror, aber dieser neue - Scrimgeour“, der schwarzhaarige Mann fuchtelte ein wenig wild mit seiner Gabel rum, als galt es jemanden zu erstechen, „wollte ja nicht auf Alastor und mich hören! Jetzt haben wir den Salat, ein junger Auszubildender, der sich aus Panik als Animagus herausgestellt hat und nun wahrscheinlich nach Askaban muss – freu dich schon mal auf den Papierkram, wenn dein Urlaub wieder vorbei ist.“, schimpfte Mr. Potter weiter, den Bagel in seiner Hand jonglierend.

James und Sirius, die von einer Ecke aus zugehört hatten, sahen sich mit funkelnden Augen an, beide wissend, dass der andere dasselbe dachte.
 

Das war die Geburtsstunde von Projekt „Mann im Mond“ gewesen!

Sirius blinzelte.

Es dauerte, bis wieder Leben in ihn kam. Dann griff er so hastig nach dem Einhornhaar, dass er beinah alles umschmiss.

Der Trank hatte sich inzwischen in zwei sehr saubere Hälften gespalten – links das Schwarze, rechts das Weiße.

Die letzte Zutat glitt langsam in den Trank und Sirius verwendete nur einen sehr kurzen schmerzvollen Gedanken dafür, was es gekostet hatte, an drei Haare dieses heiligen weißen Gauls zu kommen – doch Remus war es ihm wert gewesen.

Ein Aufleuchten, dass den gesamten Raum für den Bruchteil einer Sekunde in weißes Licht tauchte, erweckte auch James’ und Peters Aufmerksamkeit wieder hinter ihm.

Noch geblendet warf Sirius einen Blick in den Kessel - und stutzte.

„Bon appétit! Ich hoffe, ihr mögt flüssige Trollscheiße?“

Sich die Nase zu haltend, drehte sich der Schwarzhaarige mit einem schiefen Lächeln zu seinen beiden Freunden um, hinter ihm schwappte fröhlich etwas von der grün-bräunlichen Flüssigkeit über den Rand.
 

Der schwere dunkelblaue Umhang der Schulkrankenschwester wehte vor seiner Nase hin und her. Es war ein lauwarmer Abend, nur eine sanfte Brise ließ Äste und Bäume sich bewegen, äußerst angenehm nach den schweißtreibenden Sommernächten und vielleicht einer der letzten schönen Tage vor dem endgültigen Beginn der kalten Jahreszeiten. Es hätte wirklich eine stinknormale Nacht werden können – wenn nur nicht der Mond bald drohte aufzugehen.

Remus fror – innerlich.

Mit jedem Moment spürte er, wie er mehr an Kraft verlor und etwas anderes in ihm stattdessen wuchs, nach einmonatiger Pause wieder durch das Mondlicht zum Vorschein gelockt wurde.

Ihr gemeinsamer Weg führte sie zu einem altbekannten hölzernen Gesellen Remus’. Die peitschende Weide stand scheinbar friedlich und absolut kein Wässerchen trübend da, die letzten Strahlen des Sonnenuntergangs genießend. Doch der Schein kann ja bekanntlich sehr trügen und wie so oft, zeigte sich auch hier, erst vom Nahen wie die Dinge wirklich sind.

Soweit ließ es Madame Pomfrey jedoch nicht kommen, sie schnappte sich raschen Schrittes einen langen Zweig und noch bevor sie der erste Schlag von einem der knorrigen Äste hätte treffen können, war der Baum zum Stillstand gekommen. Den Ast immer noch auf eine Verdickung des Baumes, eine Art Knoten, haltend, nickte sie Remus wie immer zum Abschied zu.

„So, mein Junge, ab mit dir. Und pass diesmal besser auf dich auf!“

Remus erwiderte ihr Nicken und kroch schnell in den Eingang am Fuße des Baumes. Längst war Remus entschwunden, als er das übliche wütende Krachen wieder hörte.

„Pass auf dich auf?“, dachte Remus zweifelnd.

Aber Madam Pomfrey konnte es ja nicht wissen, selbst die jahrelange Erfahrung mit ihm, könnte ihr niemals zeigen, wie es wirklich war.

Wenn der Mond aufging und sich hell am Himmel erhob … und wie es aus einem herausplatzte … gierig, wild und völlig unkontrollierbar … dieses zweite Gesicht – das Gesicht eines abscheulichen Monsters … und dennoch - das war er.

„Passen Sie lieber auf sich selbst auf!“, dachte Remus für sich.
 

„Prost!“, James erhob sein Glas in die Luft als würden sie auf seinen Geburtstag anstoßen.

Nach siebenmaliger Wiederholung der beschriebenen Zauberformel – dem Blackspross erschienen sie auch noch drei Jahre nach dem ersten Lesen äußerst merkwürdig – sollte der finale Trank angeblich seine endgültige Wirkung entfaltet haben.

Fell und Schnauze ahoi!

Sirius erwiderte James’ Trinkspruch nur mit einem gequälten Blick - das Zeug stank schlimmer als Roberts nach Berührung mit Versuch 23 und sie hatte immerhin einen halben Tag sich nicht nur wie ein wandelnder Haufen Drachenmist benommen und ausgesehen, sondern auch genauso gerochen.

Peter schaute äußerst skeptisch in seinen Becher und kämpfte offensichtlich mit dem Bedürfnis rein zu kotzen, seiner grünlichen Gesichtsfarbe nach zu urteilen.

„Stellt euch nicht so an, so schlimm ist das bestimmt nicht!“, verkündete James und stürzte sich das Zeug todesmutig in einem Zug die Kehle runter.

Laut klirrend fiel der Plastikbecher zu Boden, neugierig beobachteten er und Peter wie James für einen Moment erstarrte und schließlich von der Haar- bis zur Fußspitze schneeweiß werdend, zum nächstbesten Klo lief.

Eine perlgraue Gestalt, die Sirius erstmal bei Betreten des Mädchenklos heute Nachmittag durch seinen unglaublichen Charme – denselben, den er auch bei Roberts zum Zuge kommen ließ – vertrieben hatte, tauchte sogleich mit betrübten Gesicht aus einer Toilette auf.

„Uhhhh, geht es dir gut Jamie?“, erkundigte sich Myrthe aufgelöst.

Aus dem Klo erklang ein Würgen.

„Heißt wohl, das Zeug ist ein ganz besonders edles Tröpfchen, mit spritzigem Abgang! Na denn“, auch er hob die Tasse, Peter zuprostend „ex und weg!“, er tat es seinem Freund gleich und stürzte sich die allem Anschein nach giftige oder zumindest geschmacksnervenverätzende Substanz den Rachen hinab.

Jetzt wusste Sirius, was James da so plötzlich gepackt hatte. Denn auch er ließ mit einem Mal alles fallen und raste zum Klo, so schnell scheinbar seine sämtlichen inneren Organe den Marsch aus seinem Körper antreten wollten, hätte er es beinah nicht mehr bis zum Pott geschafft.

Ein weiteres Würgen nebenan kündete auch von Peters Todesmut.

Sirius fluchte innerlich.
 

„Etwaige leichte Beschwerden des Magens können nach Einnahme des finalen Wandlungstrankes hervortreten.“
 

Er konnte nur hoffen, dass das eine normale Nebenwirkung war und er sie nicht so gerade eben alle vergiftet hatte.
 

Kaum hatte James seinen Kopf vom schwarzen Toilettenrand wieder erhoben, spürte er wie der Trank in seinem Körper zu wirken begann. Die Veränderung begann also – jetzt gab es kein Zurück mehr!
 


 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

Ich möchte an dieser Stelle euch allen ganz ganz doll danken, weil ihr mir so lieb Glück gewünscht habt für die Prüfungen! Ihr seid echt die Besten!!! *eine Runde Kekse verteilt*

Mathe ist zwar ... *bösartige Verwünschungen gegen ihren blöden Lehrer ausstößt* ach, lassen wir das leidige Thema einfach sein. -.- Ansonsten hab ich nämlich ein ganz gutes Gefühl. ;) Jetzt muss ich "nur noch" die richtigen Prüfungen bestehen, heißt ich darf den ganzen Monat lang lernen. *sarkastisches juhuu*

Also, komme ich lieber zu euren Antworten:
 

@whatever92: Kennst mich ja inzwischen - mit Kurfassungen hab ich's nich so. *lol* Na, haben sich denn deine Ahnungen bisher bestätigt?^^ Wie lauteten die überhaupt? *furchtbar neugierig ist*
 

@LilTe: *grinsend Verdacht gaaanz unauffällig übergeht* Jo, Sirilein ist momentan das Arschloch, aber mach dir keine Sorgen um Mel, die kommt schon klar.^^ Darfst ihn also ruhig weiter sympathisch finden - solange es noch geht ... *g*

Ob Lily hinter Remus Geheimnis kommen wird, hm gute Frage - könnte jedenfalls "gefährlich" für Mr. Lupin werden. ;)

P.S. Dein neuer Verdacht hat sich ja schon wieder bestätigt! *zum anderen weiterhin geheimnisvoll schweigt*
 

@Nicce: Dankeschön!

Ich glaub aber, das hier müsste noch länger gewesen sein - irgendwann spreng ich noch mal die 40! *g*

P.S. Great Thankxx für deinen Eintrag in mein Gästebuch! *knuddel*
 

@ladys_first: Find den eben so toll, weil es genau so sein sollte! *g*

Danke für das Kompliment - bei Deutsch tu ich tatsächlich immer seeehr wenig und es kommt trotzdem meistens was gutes raus. *rot werd*

Sirius ist gerade wirklich ziemlich ätzend, aber Mel lässt sich eben auch sehr selten die Gelegenheit zum Rumzicken entgehen. Mal schaun, wann wir die Hintergründe für dieses abweisende Verhalten erfahren ... ^^
 

@eva-04: Tja, die beiden haben eben ein "interessantes" Verhältnis zu einander - das streiten klappt schon mal wunderbar. ^^

Gell, James war niedlich ^^ - sein Name auf Lilys "Idioten-Liste" hat sich dafür jetzt knallrot gefärbt. Das wird sie bestimmt nicht vergessen und demnächst wird James sogar noch größeren Mist bauen. *oh oh* Hat übrigens mit der Person zu tun, die Lily tatsächlich die ganze Zeit so aus dem Konzept bringt - ohne, dass sie es merkt.
 

@Lesca07: Danke^^ - hätte ich sie überall ausführlich ausgebaut, wäre ich wohl noch nicht in zwei Jahren mit dem fünften Schuljahr zu Ende. *lol*

Mit Mel versau ich's mir langsam bei dir, oder? Aber bin guter Hoffnung, dass ich das noch wieder ändern kann. ;) *großen Master-Plan hat*

Ach der Jamesie ... der hat mich mit seiner tollen Rede selber überrascht. *g* Leider ist es bei seiner Herzensdame nicht so gut angekommen, wobei ich mir nicht mal sicher bin, wie sehr sich James seiner Gefühle überhaupt bewusst ist. Ich denke, über das Ausmaß wird er sich erst langsam bewusst - das mag ich nämlich selber nicht, wenn er schon als Elfjähriger weiß, dass er Lily heiraten will.

Bei Remus' Beobachtung bist du nah dran, aber noch nicht ganz ... und zu seinen Gefühlen gegenüber Lily schweige ich. ^^

Unglaublich! Jemand der Brian nicht abgrundtief hasst. *lol* Aber warum soll sich Lily vor James nicht mal für einen anderen Jungen interessiert haben?

Caite ^^ und Belli sind wirklich ziemlich gegensätzlich, wahrscheinlich sind sie entstanden, weil ich selber mal so ne komische Freundschaft geführt habe. Jedenfalls ist Belli einer lebenden Person "leicht" nachempfunden.^^

Du kannst dir Mel und Siri also schweeer zusammen vorstellen? *g* Kann ich irgendwie verstehen, aber Menschen können sich ja bekanntlich ändern ...

P.S. Wenn ich meine Antwort so anschau, würde ich sagen du schreibst immer die längsten Kommis. Dankeschön! *knuddel*
 

@Namaiki: Also, eigentlich redste sehr schöne Sachen! *sich über Komplimente freut*

Ich hoffe, dass ich dich auch mit dem zweiten Chap begeistern konnte?^^

Einer für alle - alle für einen! (Teil 2)

Aus Beklemmung wegen dem eigenen Ich,

denn was der andere nicht weiß, das soll er auch nicht.
 

(Na erkennt ihr den Spruch wieder?^^ Ich sagte doch, dass das Gedicht noch seinen Zweck hat ...)
 

Kapitel 12 – Einer für alle – alle für einen! (Teil 2)
 

„Wirklich gute Freunde sind Menschen, die uns ganz genau kennen, und trotzdem zu uns halten.“

Marie von Ebner-Eschenbach (1830 – 1916), österreichische Schriftstellerin
 

Aus einem kleinen Fenster, irgendwo in den herunter gekommenen Teilen Londons, schaute ein Junge von acht ein Halb Jahren hinaus. Die schmutzige weiß-gelbe Gardine zur Seite geschoben, beobachtete er das Kommen und Gehen auf der Straße, während der hinaufziehenden Dämmerung.

Im größer werdenden Schatten der grauen Plattenbauten und schäbigen Reihenhäuser, schob ein Penner seinen verrosteten Einkaufswagen über die Kreuzung und warf einem fluchenden Autofahrer etwas unfreundliches an den Kopf. An der Ecke begann sich der übliche Schwarm Menschen anzusammeln, Frauen mit billigen Zigaretten, zu viel Schminke im Gesicht und überbetonten Klamotten. Wie immer waren sie auch heute von grimmigen Kerlen umgeben, die sich muskelbepackt, gegenseitig ständig anpöbelten. Kleine Kinder sah das Auge ebenfalls zu Hauff, immer in winzigen Grüppchen und immer ihren Eltern eiligst nachfolgend. Niemand blieb hier stehen, um sich zu unterhalten, niemand sah sich lange um, niemand kümmerte sich hier überhaupt nur irgendwie um den Anderen.

So viele Menschen verschiedener Kulturen, Rassen und Hautfarben es in diesem Stadtteil auch gab, eins war ihnen allen doch gemein:

Das offensichtliche Misstrauen und die feindselige Haltung gegenüber allem Fremden.

Irgendwo in weiter Ferne konnte man ein Baby schreien hören, Muggelpolizeisirenen heulten laut auf.

„Remus, komm bitte zum Essen!“

Der leise Ruf seines Vaters drang an Remus’ Ohr. Der schmächtige Junge wandte sich ab von dem bizarren Spiel unter seinem Fenster und folgte der Stimme des älteren Mannes. Schnell hatte Remus die winzige Zwei-Zimmer-Wohnung durchquert und setzte sich wie so oft mit leicht zweifelndem Blick an den „Esstisch“, neben der Kochnische. Ob dieses Plastikgestell von einem Ablagegerät für nahrungstechnische Dinge je vorgesehen war, war nicht sicher, auf Remus machte das Ding jedoch einen äußerst unsicheren Eindruck. Es ächzte geradezu unter der wenigen Gesamtheit ihrer paar Töpfe und schien mit seiner tragenden Rolle schwerstens überfordert.

Aber für ein anderes Modell war kein Geld da.

Remus fühlte sich schlecht. Etwas drückte in seinem Magen.

Sein Vater tat ihm wie immer eine übergroße Portion auf - „Sie würde dich bestimmt nicht gern, so dünn sehen.“ - war der übliche Spruch, den Remus zur Kenntnis nahm und der ihn jedes Mal aufs Neue, wie ein kleiner, aber harter Schlag in die Magengrube traf.

Sein Vater lächelte aufmunternd.

Der ältere Mann tat sich ebenfalls auf, jedoch viel weniger als ihm und schweigend begannen sie ihr Mahl. Auch heute stocherte Remus nur äußerst angewidert in seinem Essen rum, im Gegensatz zu den Tagen zuvor, zerfetzte er es aber nicht mit dem Besteck in kleine Stücke, sondern legte schon nach wenigen Minuten die Gabel zur Seite. Er wollte es einfach nicht mehr sehen, konnte diesen penetranten Geruch nicht ertragen von Kartoffelbrei und Roast Beef – es ekelt ihn an, dieser … menschliche Fraß!

„Schon gut, mein Junge!“, Remus sah auf.

Sein Vater lächelte schwach und schob seinen Teller zur Seite.

„Die Katze wird sich über die zusätzliche Mahlzeit freuen.“

Sein Gegenüber zeigte den üblichen optimistischen Gesichtsausdruck, die vielen Furchen, rund um Augen und Mund, zeichneten sich noch deutlicher ab als sonst, das Messing seiner Brille glänzte im Licht der sechzig Watt Birne und die steingrauen Haare lagen sauber gekämmt auf seinem Kopf. Die Hoffnung aber, die sein Vater ihm geben wollte, erreichte einfach nicht seine goldbraunen Augen. Sie leuchteten nicht auf, wie sie es früher immer getan hatten.

Plötzlich wurde Remus sauer, voller Wut schmiss er den Stuhl nach hinten und stürmte in sein Zimmer. Die Tür knallte laut hinter ihm zu, ohne, dass Remus, noch sein Vater, etwas gesagt hätten.

Remus tigerte wie wild in seinem Räumchen umher, warf Sachen vom Regal auf den Boden, legte sich aufs Bett und atmete schwer, stand wieder auf, um die Unruhe zu vertreiben … Unruhe, die sich allmählich in Schmerz verwandelte. Remus griff sich an seine Schulter, es war als würde sein gesamter Körper in Flammen stehen und dennoch … innerlich spürte er eine furchtbar eisige Kälte, als hätte er ein ganzes Glas Eiswürfel gerade zu Abend gegessen.

In einem klaren Moment nahm Remus sich sein Lieblingsbuch aus dem Regal, so gut es ging, konzentrierte er sich die nächste Zeit auf die Späße von Tom Sawyer und Huckleberry Finn.

Ein behutsames Klopfen ließ ihn aber bald schon wieder hochfahren.

„Remus …“, sein Vater öffnete die Tür.

„… es ist Zeit.“

Dieses Mal hatte sein Vater kein Lächeln versucht.

Erneut spürte Remus Wut in sich, den Drang etwas zu zerstören, dafür verantwortlich zu machen - aber zum ersten Mal schaffte er es, das Untier in ihm zu unterdrücken.

Für wie lange, wusste er nicht …

Sein Vater führte ihn auch diesmal wieder einen anderen Weg entlang – auch wenn hier weit und breit keine Hexen und Zauberer wohnten – „Sicherheit geht vor!“, pflegte sein Vater immer zu sagen.

Remus wusste, dass es besser war, wenn sie niemand bei ihren monatlichen Abendsparziergängen beobachten würde. Aber hier kümmerte sich jeder sowieso nur um seine Angelegenheiten. Nicht wie Zuhause.

Er roch den vertrauten leichten Geruch nach Schwefel, noch bevor das verlassene Industriegelände in Sicht kam, hörte das bekannte Getrappel von Kleintieren durch das Menschen verlassene Gebiet und erblickte bereits aus der Ferne die grüne Luke mit dem abblätternden Lack.

Das Tier in ihm wurde unruhig.

Sein Vater kniete sich auf einmal vor ihn und nahm Remus in eine wortlose Umarmung. Der braunhaarige Junge stieß ihn von sich und bereute es im selben Moment. Mit schlechten Gewissen sah Remus zu Boden.

Da spürte er etwas auf seinem Kopf. Mr. Lupin hatte ihm eine seiner filigranen Hände aufgelegt. Diesmal erreichte das Lächeln, wenn auch nur schwach, seine Augen.

„Gib Acht, Remus! Hörst du?“

Er nickte stumm.

„Im Morgengrauen bin ich zurück … und dann fahren wir zu Tante Jane.“

„Tante Jane“ war ein Insider, eine Art Geheimsprache zwischen ihm und seinem Vater.

Remus verstand.

Schwerfällig nickte er ein weiteres Mal, die Wut in sich wiederum unterdrückend.

Als Remus durch die Luke ins Innere der Unterkellerung gestiegen war, warf er einen letzen Blick auf seinen Vater zurück, bevor sich die Tür über ihm schloss und er allein saß in völliger Dunkelheit.

Nein, er war nicht allein – er war niemals allein. Etwas begleitete ihn durch alle Momente seines Lebens, Stunde um Stunde, Minute um Minute, seit einer lauen Sommernacht.

Sich auf den kalten Betonboden setzend, wartete Remus darauf, dass das Monster erneut erscheinen würde. Lange konnte es jedenfalls nicht mehr dauern, der Schmerz in ihm wurde jedenfalls immer größer.

Plötzlich stieß Remus einen leidvollen Schrei aus.

Es kam.
 

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Kaum hatte James seinen Kopf vom schwarzen Toilettenrand wieder erhoben, spürte er wie der Trank in seinem Körper zu wirken begann. Die Veränderung begann also – jetzt gab es kein Zurück mehr!
 

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James’ Körper schien zu leben!

Das hieß, natürlich lebte er, aber nun sah es so aus, als hätte jede einzelne seiner Zellen begonnen, ein Eigenleben zu entwickeln, um auf große Wanderschaft zu gehen. James empfand diese neue Reiselustigkeit seiner Zellen doch leicht befremdlich. In Windeseile bildeten sich kleine Knubbel unter seiner Haut, immer mehr und mehr, bis er sich vorkam, wie der Streuselkuchen seiner Mutter und die kleinen Berge mit ihrer „Reise um den James“ begannen. Gleichzeitig richteten sich seine Haare überall auf, ein kurzzeitiges Brennen erfasste ihn und dann ging alles so furchtbar schnell, dass James es beinah nicht mitbekam. Während seine Härchen zu einem dichten dunkelbraunen Fell sprossen, verlor James plötzlich das Gleichgewicht – in seinen Ohren nahm er ein furchtbares Sausen war – und kippte nach vorne. Statt sich aber, wie beabsichtigt, mit den Händen aufzufangen, landete er sicher … auf allen vier Hufen!

Langsam spürte James, wie die inneren Temperaturschwankungen nachließen und sein neuer Körper sich begann, sich normal anzufühlen. Er hatte also seine Animagus-Gestalt erreicht …

James wollte platzen vor Freude!

Da drängte sich ihm urplötzlich eine doch nicht ganz unwichtige Frage auf:

Was war er denn nun eigentlich?

Er blickte an sich herunter – Mann drückte sein Kopf, als wenn ihn ein Klatscher erwischt hätte! - und sah nun einen braunen Körper und zwei sehr lange schlanke Beine, die in schwarzen Hufen endeten. Wenn er sich ganz weit runterbeugte, konnte er auch noch seine Hinterbeine erkennen. James ächzte, das hieß, wenn er ein Mensch gewesen wäre, hätte er geächzt, das Tier, welches auch immer er jetzt war, konnte aber keinen richtigen Ton, sondern nur ein dumpfes Grollen von sich geben.

Unter großer Kraftanstrengung stemmte James seinen Kopf wieder nach oben, mühsam wendete er seinen großen Körper und wäre dabei beinah halb im Klo gelandet – das übrigens auf einmal noch weit mehr stank als sonst – und stieß, halb mit der Seite, halb mit der Schulter, die Tür auf.

Feierlich wollte James nun erhobenen Hauptes rausstolzieren … da „klemmte“ es.

„Was ist denn …“

James versuchter mit aller Kraft – und dieses neue Stärkegefühl war echt nicht von schlechten Eltern – sich zu befreien.

„Verfluchte Hacke …“

Irgendwas hielt ihn davon ab, dieses miefende Klo zu verlassen, doch so leicht ließ sich James Edward Potter nicht aufhalten!

Schließlich nahm er seine langen Beine hinzu und strampelte heftig herum, bis er ein Knacken über seinem Kopf hörte und es endlich funktionierte.

James kam frei.

Und zwar so schnell, dass aus seinem majestätischen Auszug erst mal eine elegante aufs-Maul-leg-Aktion wurde.

Hastig wollte James sich wieder aufrichten, was sich als allerdings gar nicht mal so leicht herausstellte.

Wie kam man auf diese dünnen Dinger bitte wieder rauf?

Versuch 1:

James erklärte ihn sehr schnell für gescheitert, als er kaum wenige Zentimeter über dem Boden, diesen wiederum erneut küssen durfte.

Versuch 2:

Ebenfalls ein Misserfolg, dachte James, als er unschöner Weise wieder alle Viere von sich gestreckt auf den glatten Fliesen lag.

Versuch 3:

Endlich Erfolg! James erhob triumphal den schweren Kopf, als sein Erfolgsmoment im nächsten Augenblick auch schon durch einen schwarzen Blitz zerstört wurde, der um ihn herumwirbelte.

James erschrak – Krach – Bumm – Boden, du hast mich wieder!

Während er innerlich einen Fluch ausstieß, tollte ein junger schwarzer Hund, von beachtlicher Größe, um ihn herum und bellte fröhlich.

Natürlich, das hätte sich James eigentlich vorher denken können …

Schwanzwedelnd schnupperte Sirius kurz an ihm, bevor er weiter umher sprang, als hätte man ihm eine Überdosis Leckerlis verabreicht.

Wenigstens hatte James den Trick jetzt einigermaßen raus, wieder Höhenluft schnuppern zu können – der Boden war echt nicht schön, vor allem roch er so, als wäre er seit Gründers Zeiten nicht einmal geputzt worden – und marschierte auf die Waschbecken zu, um endlich zu erfahren, was denn jetzt Großartiges aus ihm geworden war. Er staunte nicht schlecht, als er die zurückblinzelnde Gestalt im Spiegel erblickte.

Ein Hirsch!

James drehte und wendete sich vor dem Spiegel und beschaute sich ausgiebig von allen Seiten, während Sirius weiter um ihn herumwuselte.

Ein Hirsch, tatsächlich!

Er blickte nach oben zum Geweih, wo an einer Stelle gut erkennbar etwas abgebrochen war.

Das war also das Knacken gewesen …

Jetzt war ihm auch klar, warum sich sein Kopf auf einmal zehnmal schwerer angefühlt hatte – an zusätzlicher Gehirnmasse hatte es leider also nicht gelegen.

James spürte einen kleinen Stich der Enttäuschung darüber, nicht der gewünschte furchteinflößende Löwe geworden zu sein, von dem er geträumt hatte, aber diese Gestalt war möglicherweise ja auch etwas besser. Es wäre wohl doch weniger auffällig, wenn ein Hirsch durch das hiesige Gelände streifen würde, als ein in Afrika beheimateter Löwe.

Und aus Sirius war ja auch nicht der, vorher von ihm verkündete, monströse Ding Dong geworden – irgend so ein großer Riesenaffe, den er wohl aus dem Muggelkundeunterricht kennen musste – und trotzdem schien er begeistert. Bei diesem Gedanken freundete sich auch James langsam mit dem dunkelbraunen Hirsch im Spiegel an.

„Immerhin, bin ich hier der Größte!“, dachte James innerlich grinsend, dass die Verhältnisse zwischen ihm und Sirius endlich umgekehrt waren.

So war es sehr viel richtiger!

Plötzlich vernahmen James’ Ohren, neben dem schrecklich lauten Rauschen der Wasserohre, ein leises Fiepen. Auch Sirius spitze wohl die Ohren, denn er hatte mit seiner Schwanzverfolgungsjagd aufgehört.

Könnte das wohl …

Sirius sprang mit einem Satz auf die Hinterbeine und öffnete die Tür, hinter der sie die Quelle des Geräuschpegels vermuteten.

Sie blickten neugierig hinein … doch da war nichts.

Es fiepte erneut.

Beide senkten gleichzeitig die Köpfe.

Unten auf dem Boden saß rechts neben der Toilette eine dicke hellgraue Ratte und schaute sie beide ängstlich mit ihren Knopfaugen an.

Sirius gab ein lautes Bellen von sich, dass – so James wusste – in Wirklichkeit ein Lachen war. Er lachte ebenfalls in sich hinein, während nun ein aufgebrachtes verärgertes Quieken vom Boden ertönte und die Ratte, wie ein geölter Blitz, durch seine Beine sauste. Sirius schoss laut bellend hinterher, sodass James beim Ausweichversuch das Gleichgewicht verlor und mit seinem immer noch ziemlich schweren Kopf nach vorn überkippte.

Blinzelnd öffnete er die Augen wieder und schnaufte erleichtert.

„Das war ja haarscharf …“

James war in diesem Moment heilfroh ein Geweih zu haben, ansonsten würden ihn jetzt nicht nur wenige Zentimeter von dem abgestandenen Wasser trennen, sondern er gleich mit dem gesamten Kopf in der Kloschüssel stecken. Hinter sich hörte er schon wieder ein altbekanntes freudiges Bellen. Sirius amüsierte sich momentan offensichtlich prächtig.

Er sollte über Einzeltraining für ihn und Roberts nachdenken …

„Ach, Jamesiieeeeeeeeee, du kommst mich besuchen? Ich mache dir doch gern Platz, mein Liebster!“

James riss mit solcher Wucht den Kopf hoch, dass die Toilettenbrille gleich mitkam.

„Jamie, bleib doch hier!“, rief ihm das bleiche Gesicht aus der Toilette nach, aber der Hirsch war bereits hastig einige Schritte aus der Kabine zurückgetaumelt.

Sirius lag in einer Ecke, sich von einer Seite auf die andere rollend und sah aus als würde er mit dem Tod ringen, aber erneut war sein Bellen verräterisch. Peter fiepte ebenfalls weitaus vergnügter, irgendwo unter ihm auf dem Boden.

Als James seinen imposanten Anblick mit, durch schwarze Klobrille, gekrönter Krone im Spiegel erblickte, schüttelte er sich verärgert das Ding vom Kopf.

Er warf Sirius einen scharfen Blick zu, schließlich war das in gewisser Weise nur seine Schuld gewesen …

„James, warum läufst du vor mir weg?“

Als das gräuliche Gesicht eines dunkelhaarigen Mädchens, mit dicker Nickelbrille, wiederum vor ihm auftauchte, stolperte James erneut zurück und lief so schnell es sein neues Koordinationsvermögen zuließ auf die Tür zu. Seine beiden Freunde ihm auf den Fersen.

„Jamie, deine neue Gestalt gefällt mir doch wirklich!“

Die Tür der Mädchentoilette fiel laut krachend ins Schloss.

Projekt „Mann im Mond“ erwartete sie!
 

„Wir müssen Animagi werden“, James’ Stimme klang fest und entschlossen.

Für ihn gab es an der ganzen Sache keinen Zweifel mehr, Sirius sah es in seinen Augen.

„Auf jeden Fall!“, Sirius war ebenso entschlossen, ein Ergebnis vieler Faktoren, den größten negierte er gerne – sein schlechtes Gewissen.

Auch Peter nickte zaghaft.

So saßen sie nun da, im Halbdunkeln, auf James’ Bett – Remus war in der Bibliothek beschäftigt – und hatten vielleicht die Entscheidung ihres Lebens gefällt und … niemand sagte ein Wort.

Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, Peter kaute an den Nägeln, James schien immer wieder Luft zu holen, um etwas sagen zu wollen, sich es aber jedes Mal wieder anders überlegend und er hockte da und starrte in die Dunkelheit.

Bis einer von ihnen vorsichtig die Stimme erhob:

„Aber wie wird man Animagi?“

Peters Frage mochte naiv und dumm klingen, aber sie sprach wohl genau das aus, was jeder von ihnen Dreien sich gerade fragte.

„Man macht eine Ausbildung, muss irgend so ein Zeug zu sich nehmen und dann ist man ein Animagi“, meinte James fachmännisch.

Peter schüttelte den Kopf:

„Das verstehe ich nicht.“

James blickte hilflos zu ihm, so toll der Plan auch war, Remus damit zu helfen, ihn als Animagi zu begleiten - keiner von ihnen schien mehr über sie zu wissen, als dass Werwölfe sie in Ruhe ließen.

Obwohl, einer wusste doch mehr.

„Man nimmt in bestimmten Zeitabständen drei Tränke ein, deren Rezeptur streng geheim ist und von den Obermuftis vom Ministerium stärker behütet wird als das Punsch-Rezept ihrer Großmutter. Und dann muss man den Körper durch kleine Übungen immer wieder auf die tierische Gestalt vorbereiten“, ratterte Sirius runter.

Peter guckte baff.

„Du hörst dich an wie Remus!“, stellte James völlig erschrocken fest.

„Ich hab ein Buch darüber gelesen.“

„Du. Liest?“, James schaute ihn mit einem Blick an, der mehr Irritation nicht zeigen konnte.

„Einer musste sich ja vorbereiten …“, brummelte Sirius.

Näher wollte er auf die Gründe seiner Tat nicht eingehen.

Wiederum Stille.

„Dann brauchen wir wohl diese Rezepte für die Tränke?“, überlegte Peter laut.

„Und wenn wir nachts, unter deinem Tarnumhang, in die Verbotene Abteilung schleichen …“

Sirius stöhnte auf:

„Peter, da finden wir alles, nur diese dummen Tränke nicht.“, er gab ihm eine Kopfnuss - Schläge auf den Hinterkopf sollten ja das Denkvermögen ankurbeln, war ihm immer gesagt worden.

Schließlich erhob James nach einiger Zeit wieder seine Stimme:

„Hört zu: In den Sommerferien versucht jeder von uns etwas zu finden, was auch nur irgendwie mit Animagi und Werwölfen zu tun hat und was uns nützlich sein könnte. Ich wette meine Eltern haben irgendwo Aufzeichnungen darüber.“

Sirius grinste schief:

„Meine Familie steckt mit ihrer Nase so tief in der schwarzen Magie, es wäre eine Beleidigung gegen das fürnehme und ehrenwerte Haus der Blacks, nichts zu finden.“

„Ich schau auch nach, aber ich glaub nicht, dass Mum so einen Kram hat“, murmelte Peter.

„Ok, nachdem das geklärt wäre – können wir essen?“, Sirius rieb sich die Hände, bereit zum Abendessen zu marschieren.

„Moment noch“, James erhob dramatisch seine Hände und schien in heller Aufregung, „wir haben was Wichtiges vergessen!“

„Was?“, erkundigte er sich gereizt.

Jede weitere Verzögerung ließ das Loch in Sirius’ Magen anwachsen.

„Einen Namen“, verkündete James, wie selbstverständlich.

„Namen?“, wiederholte Sirius langsam.

„Für was?“

James erhob sich, seine Augen leuchteten.

„Na, für unsere Mission.“

Sirius fasste sich an den Kopf, er ahnte, wohin das führen würde.

„Wir nennen das ganze“, James fuchtelte begeistert mit den Armen, „Projekt „Mann im Mond“. Das ist doch ein toller Code-Name!“

Seit James seinen Vater auf einen Ministeriumsausflug ins Muggelkino begleitet und dort die Bekanntschaft eines gewissen Namensvetters namens „James Bond“ gemacht hatte, war er wie besessen von diesem ganzen Agenten-Kram.

Sirius stöhnte entnervt auf, aber Peter nickte begeistert.

„Bitte“, er verdrehte die Augen, „– können wir jetzt essen?!“
 

Dieselben Fußspuren wie immer hinterließen seine Schritte im dicken Staub der Jahre. Würde jemand anderes hierher kommen, die Anwesenheit eines ständigen Besuchers wäre für ihn unübersehbar gewesen. Aber es kam nie jemand hierher …

Nicht in die heulende Hütte, wo es doch Spuken sollte.

Remus schüttelte den Kopf.

Sachte drückte er die Tür zum „Schlafzimmer“ auf, trotz aller Vorsicht gab sie ein lautes Knarren von sich, das seine Brust automatisch zusammenziehen ließ.

Er wusste, was ihm nun bevorstand.

So viele Jahre schon … und trotzdem gewöhnte man sich nie daran. Als kleiner Junge hatte er immer vorher geweint, das tat er nun heute nicht mehr - das war der Unterschied. Der Schmerz blieb derselbe, unerträglich, als wollte er seinen Körper zerstören. Doch für Remus war diese Pein nicht das schlimmste. Stunden der Tortur konnte man überstehen, schlimmer waren die Höllenqualen der Seele. Kein normaler Mensch könnte dies je nachvollziehen, da war sich Remus sicher. Leid verging, die Gewissheit, das Zugeständnis, dass er durch die Verwandlung machen musste, dieses Etwas zu sein, es nicht leugnen zu können - das war der wahre Schmerz.

Der Wahrheit musste er Monat für Monat wieder ins Angesicht blicken – dem abscheulichen Monster, das er selber war!

Plötzlich erstarrte Remus.

Es ging los!

Sofort verlor er sämtliche Kontrolle, wie zur Salzsäure erstarrt, legte er den Kopf in den Nacken, die Macht des Vollmondes durch das Holz hindurch über sich spürend. Dann fing er an zu beben, innerlich, sein Körper nach wie vor unbeweglich und wie aus Stein in den Boden gemeißelt. Zu seinen Füßen begann der unerträgliche Schmerz hoch zu kriechen. Remus wusste nicht, wie es sich anfühlte, lebendig zu verbrennen, aber wenn er es sich hätte vorstellen müssen, das hier wäre sein Gedanke gewesen. Als wenn unsichtbare Flammen an seinen Beinen hoch züngelten und langsam aber sicher alles an ihm in Brand setzten. Arme, Hände, Brust und schließlich sein Kopf, alles stand in Flammen - ja, selbst innerlich brannte er nun. Kein Entkommen gab es vor Hitze und dem unvorstellbaren Schmerz. Er verlor jegliche Fähigkeit klar zu denken und schloss nur noch die Augen und schrie. Ja, Remus schrie sich buchstäblich die Seele aus dem Leib, dann verlor er das Bewusstsein und fiel zu Boden.

Er fing sich mit seinen Pfoten auf. Der Wolf öffnete die bernsteinfarbenen Augen und beendete Remus’ Schrei durch ein Heulen zum Mond hinauf.

Dann nahm er seinen allmonatlichen Trott durch das einsame Haus auf, bereit alles zu zerstören, was sich ihm in den Weg stellen würde und sein Instinkt ihm nur eins befehlend. Witterung aufnehmen, nach Beute – menschlicher Beute.
 

Lily streifte allein durch die Gänge, rund um die Nähe des Gryffindorturms. Ihren Kontrollgang musste sie ja leider allein erledigen, nachdem Remus zu seinem Vater nach Hause gefahren war.

Heute Abend war nicht besonders viel los, meist nur Erstklässler, die ganz aufgelöst erklärten, dass sie noch immer nicht den Weg zurück finden würden. Lily nahm sich geduldig ihrer an, beruhigte sie und half ihnen anschließend auf die Sprünge. Sie erinnerte sich selbst, wie sie damals Probleme gehabt hatte, sich in der neuen Umgebung zurecht zu finden, die für sie ja auch noch reichlich befremdlich gewesen war. Nicht so wie manche anderen, die sich bereits nach dem ersten Tag, schon perfekt ausgekannt zu haben schienen.

In der Eintönigkeit ihrer Beschäftigung gefangen, begannen ihre Gedanken sich zu verselbstständigen und immer wieder um die gleichen Themen zu streifen:

Ihre Pflichten als Vertrauensschülerin, Mel, die ZAGs, Caites immer noch rätselhaftes Verhalten in Bezug auf Sheila und Black, die ZAGs, Bellis Flatterhaftigkeit, die ZAGs, ihre Hausaufgaben, Remus, bei dem sie sich dringend entschuldigen müsste, ihr Zaubertrankprojekt, Mel, Brian, die ZAGs, Potter …

Nein, Potter bestimmt nicht!

Als wenn sie sich, wegen diesem zu großgewachsenen kleinen Jungen, heute Abend auch noch wieder aufregen wollte. Es würde bald schon wieder schlimm genug für sie werden, aber länger konnte sie es einfach nicht mehr hinauszögern – sie würde die Termine für Hogsmead veröffentlichen müssen.

Und wenn Potter schon sonst unerträglich war, wurde er in dieser Zeit zu einer nicht entfernbaren Klette mit Sprung in der Schallplatte. Genauso hatte damals ihr Hass auf ihn angefangen, nicht dass sie ihn je besonders gemocht hätte …

Er war laut, frech, ein Störenfried, arrogant und meinte grundsätzlich über allen Regeln zu stehen. Für James Potter galten schließlich nur seine eigenen Gesetze. Und eines davon musste wohl lauten, ihr bis an ihr Hogwartsende auf die Nerven zu gehen und sie bis aufs Blut zu reizen.

Oh, sie könnte sich stundenlang über diesen dämlichen Kerl aufregen!

Aber nein - darauf hatte sie jetzt wirklich keine Lust, dass er sie auch noch in ihrem Kopf verfolgte.

Lily seufzte.

Wenn er nur endlich mal das Wort „nein“ verstehen würde …

Irgendwie musste doch selbst er mal einsehen, dass sie sich nie im Leben auch nur freiwillig mit ihm anfreunden würde. Und wenn sie …

Plötzlich drehte sich Lily um, ihr war so … als hätte sie ein Geräusch gehört.

Aber nein, sie musste sich irren – es hatte sich nämlich angehört, wie das Klackern von Pferdehufen auf Kopfsteinpflaster.

Und das konnte ja nun wahrlich nicht sein!

Also zog Lily weiter durch die Gänge und vergas alsbald das merkwürdige Geräusch, vollkommen in ihren neuen Plan vertieft Potter endgültig loszuwerden.
 

James atmete erleichtert aus, Peter fiepte einmal kurz in seiner Krone und Sirius wedelte freudig mit dem Schwanz. Nervenkitzel hatte ihm schon immer Spaß bereitet.

Noch nie hatte sich James es gewünscht, aber heute war er mal wirklich froh gewesen, dass Lily Evans ihn übersehen hatte. Hinter einem Wandteppich versteckt und als nicht-registrierter Animagi-Hirsch von ihr entdeckt zu werden – mitsamt schwanzwedelndem Anhang – würde seinen Chancen auf ein Date mit ihr kaum verbessern.
 

„Als neuer Animagi, sagte man mir, dass ich exakt neun Stunden so verweilen müsste. Neun Stunden, in denen eine unzerstörbare Verbindung zwischen mir und dem Tiere meiner Seele entstehen würde.“
 

James hatte vorher gewusst, dass ihr Entkommen aus dem Schloss schwierig sein würde, aber er war frohen Mutes. Zwischen ihnen und Remus lag schließlich nur noch ein paar Mal Baucheinziehen und Luft anhalten, das würden sie nach der jahrelangen Arbeit auch noch hinkriegen.
 

„Ich geh mal zur Toilette“, Remus ließ sein Buch geräuschvoll zuklappen und schien damit den dösenden Peter wieder hellwach gemacht zu haben.

„Ist gut“, antwortete James, mit leicht gelangweilter Stimme über sein Quidditch-Magazin hinwegschauend.

Sirius nickte desinteressiert und versuchte weiter seinen Raben dazu zu bringen, ein paar Eulenkekse zu schlucken.

Ihr braunhaariger Freund erhob sich und verließ das Abteil.

„Lass dir Zeit!“, grinste Sirius wie auf Knopfdruck, als die Abteiltür klangvoll ins Schloss fiel.

Sofort brach ein hektisches Treiben unter den verbliebenen drei Rumtreibern aus, Peter kletterte auf seinen Sitz und fummelte am Koffer herum, Sirius ließ die nutzlosen Fütterungsversuche sein und durchwühlte seine Taschen und James hatte das Quidditchmagazin sicher verstaut und zog nun etwas aus seinem Monsterkoffer (seine Mutter bestand darauf ihn für alle möglichen oder auch nur denkbaren Vorfälle zu rüsten – würde morgen ein Schneesturm aufziehen, mit minus dreißig grad Außentemperatur, James wäre gerüstet) hervor.

„Ok, seht mal her“, er winkte Sirius und Peter herbei, „das habe ich auch noch auf unserem Dachboden gefunden.“

James hielt ihnen drei vergilbte altertümliche Pergamentrollen und ein wenig aufregendes braunes Lederbuch unter die Nase.

Sirius grinste erstaunt:

„Was hast du deiner Mutter gesagt, dass du den Dachboden für sie aufräumen würdest?“

„Spinnst du?“, James lachte auf.

„Wenn ich so etwas sagen würde, weiß sie doch gleich, dass ich was aushecke – aber meine Eltern waren mal wieder weg, auf „geheimer Mission“ für Dumbledore, da habe ich aus Langeweile mal ein wenig Spurensuche betrieben.“

Sie untersuchten die Sachen, die James gefunden hatte. Beim Tagebuch, wie bei den Rollen, handelte es sich um Familienerbstücke, sein Vater hatte ihn darauf gebracht. Seinen Sohn wieder mal mit der Pottergeschichte belehren wollend – die James inzwischen auswendig runterbeten konnte – hatte dieser sich plötzlich wieder an etwas erinnert. Sein Großvater, Ignatius Potter, war ein Animagus gewesen.

Das Geräusch des Portierens war noch nicht hinter seinen Eltern verklungen, als James schon damit begonnen hatte, den Dachboden zu durchwühlen. Und dann hatte er es wiedergefunden – und nebenbei die mittelalterlichen Aufzeichnungen von Archimedes Potter zur Wirkung der Wandlungstränke bei der Animagiwerdung entdeckt – das Tagebuch. Er hatte es schon mal zufällig gefunden, als er als kleiner Junge dort oben gespielt hatte.

„Ich hab leider nichts über Animagi gefunden“, gab Peter kleinlaut zu, „aber ein Buch von einem Werwolfforscher.“

James warf einen Blick auf „Mensch oder Tier? Monster oder Opfer? Ein Reise zur Kreatur des Mondes“ von Abraham van Helsing. Dieses Buch hatten sie ebenfalls Zuhause und James hatte es schon gelesen. Aber immerhin hatte Peter es versucht.

„Aber ist das nicht trotzdem alles sinnlos, solange wir nicht an diese eine Zutat rankommen?“, fragte der kleine Junge nun weiter vorsichtig nach, in seinem runden Gesicht lagen große Zweifel an ihrem Vorhaben.

Die Jungs hatten bei ihrer Recherche bereits erfahren, dass die Herstellung des Trankes Zutaten von nahezu jedwedem magischen Tier erfordern würde, darunter auch Einhörnern.

„Details!“, winkte James ab.

„Irgendwie kriegen wir dieses Einhornhaar schon.“

„Du meinst „Einhornhaare“.“

James blickte verblüfft zu Sirius.

„Hier steht“, das Tagebuch seines Großvaters lag auf seinem Schoß, „dass in jeden Trank ein Einhornhaar kommt, ansonsten funktioniert der ganze Zauber nicht.“

James stöhnte auf, Peter machte ein noch verzweifelteres Gesicht.

Sirius aber lehnte sich entspannt zurück.

„Na, dann brauchen wir ja nur noch zwei!“

„Häh?“, stießen James und Peter gleichzeitig hervor.

Sein bester Freund grinste gönnerhaft:

„Gentlemen, ich war so frei, über die Ferien uns eins dieser heiligen Gaulhaare zu beschaffen.“

Sirius hielt ihnen ein leuchtend weißes Haar entgegen, das sanft in der Luft hin und her schwankte.

„Wie hast du das …“

Aber James konnte den Satz nie zu Ende sprechen, da genau in diesem Moment Leben auf dem Flur draußen zu hören war.

Remus kam zurück!

Schnell verschwand das Buch unter James’ Hintern, die Rollen unter Peters Jacke und das Haar wanderte in Sirius’ Glasröhrchen zurück, das er geschwind in seiner Umhangtasche verstaute.

Remus trat hinein, ein leichtes Zeichen von Misstrauen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. James schwante böses.

Entging Remus denn nie etwas?

„Was - Snape spukt draußen auf den Gängen rum und ihr sitzt noch gemütlich hier drinnen? Seit ihr über die Ferien etwa endlich vernünftig geworden?“, in seiner Stimme überwiegte der deutliche Zweifel, die leise Spur Hoffnung.

„Nie im Leben!“, sagten Sirius und er gleichzeitig aufspringend.

Das Tagebuch gut versteckt unter den Arm geklemmt, stürmten sie beide mit Peter auf den Fersen hinaus.
 

Voller Wut sprang er immer wieder aufs Sofa, verbiss sich in seinen Kissen, zerfetzte, was es an dem längst maroden Ding, noch zu zerfetzten gab.

Der Wolf konnte den Geruch von Staub nicht mehr ertragen, der ihm in der Nase brannte.

Immer der gleiche Ort, immer der gleiche Käfig.

Er wollte raus und etwas anderes sehen, laufen, jagen und seine Zähne in fremdes Fleisch bohren. Die Eintönigkeit hier drinnen erweckte seinen Zorn.

Da hielt der Wolf mit einem Male in seiner zerstörerischen Wut inne. Er richtete sich zur vollen Größe auf und bewegte seine Nase in der Luft. Schnell trugen ihn seine Pfoten zum Eingang seines Gefängnisses, das er mehr als einmal bereits versucht hatte zu verlassen und er aber vehement von dicken Ästen und peitschenden Zweigen zurückgeschlagen worden war. Wieder hielt er seine Nase in die Luft und schnupperte nochmals deutlich.

Dann verschwand der Wolf kurzerhand.
 

Sirius trottete hinter einem großen braunen Hintern her.

James’ neue Hinterfront – oder noch viel mehr die schlimmen vertauschten Größenverhältnisse – waren immer noch genauso befremdlich, wie diese vier Pfoten an seinen Beinen. Doch irgendwie hatte es Sirius von Anfang an Spaß gemacht, als Hund durch die Gegend zu tollen. Endlich konnte er so richtig wild sein und so laut bellen, wie er wollte. Außerdem bekam man in dieser Form auch einen ganz anderen Eindruck von der Welt.

Wer hätte z. B. gedacht, dass alle Menschen so verdammt verschieden rochen?

Gonni hatte einen Duft wie ihre Lieblingskekse versprüht, nach Zimt und Ingwer, mit diesem Hauch Moschus drin. Die meisten Mädchen glichen einem Meer, der immer selben Blumen oder den neusten Parfums vom Markt. Lily Evans roch für ihn wie alle Bücher der verstaubten Bibliothek zusammen.

Und wenn sich Sirius erst mal die Lauschmöglichkeiten vorstellte, eröffneten sich einem ganz neue Möglichkeiten …

Nur an eins konnte er sich wirklich nicht gewöhnen:

Diese Nase – scheißkalt!

Wie hielten das die Köter nur aus?!

Sirius trottete jetzt schon eine ganze Weile hinter James her.

Mann, der Gang bis zur heulenden Hütte war aber weit …

Vielleicht hatte er damals aber auch nicht gemerkt, wie weit der Weg gewesen war, seine Gedanken hatte er schließlich woanders gehabt.

Jedenfalls ging Sirius das Ganze eindeutig nicht schnell genug und so schlängelte er sich durch James’ Stelzen hindurch und lief mit wedelndem Schwanz bereits ein gewaltiges Stück voraus, er konnte es irgendwie nicht mehr abwarten.

Drei Jahre hatten sie hierfür gebraucht, jetzt wollte er nur noch die Früchte ihrer Arbeit ernten. Andere mochte es vielleicht als Wahnsinn bezeichnen, dass Sirius sich auf die zweite Begegnung mit einem Werwolf in seinem Leben freute, aber trotz noch immer leicht schlechten Gewissens - er liebte den Nervenkitzel einfach viel zu sehr!

Wenn sich jedes Haar in seinem Nacken aufstellte, der Körper wie unter Dauerstrom stand, ein jeder Muskel sich reaktionsbereit anspannte, das Herz wie wild schlug und alles, ja wirklich alles wie verrückt kribbelte … dann wusste Sirius, dass er am Leben war. Und genau dieses pulsierende Gefühl seines Daseins, war für ihn wie ein High-Erlebnis, das er immer wieder genoss.

Sirius betrat als erster die heulende Hütte, die anderen hatte er weit hinter sich gelassen. Neugierig sah er sich um, schließlich kannte er das Gebäude bisher nur von Außen. Seine Pfoten hinterließen kleine Puff-Geräusche, wohin er auch trat, bald war er von Staubwölkchen umgeben und musste niesen. Er wusste gar nicht, dass Hunde das konnten.

Seine feine Nase nahm neben dem drückenden Staubgeruch noch Holzlacke verschiedenster Art war, ein Hauch von Schimmel flog durch die Luft, doch alles wurde überlagert vom Duft eines fremden Tieres – das musste der Wolf sein.

„Du solltest mal wieder duschen, Remus!“, dachte Sirius die Schnauze rümpfend.

Nun spitze er die Ohren, erstaunlich, was so ein Hund alles hören konnte. Selbst die Kellerasseln unter dem Holz waren nicht vor dem tierischen Lauscher sicher.

Plötzlich wurde das trappelnde Geräusch der Insekten von einem überdeutlichen lauten Grollen übertroffen. Sirius’ Ohren legten sich automatisch an und noch bevor er sich umdrehte, verließ seine Kehle ein Knurren, aber es war zu spät. Ein wuchtiger Schlag traf ihn im Rücken und im nächsten Moment spürte er, wie sich etwas Spitzes in seinen Rücken bohrte. Der Wolf hatte sich in ihm verbissen.
 

Als James ein Jaulen, mit einem darauffolgenden wütenden Bellen hörte, das von einem tiefen Knurren begleitet wurde, brauchte er nicht mehr zu wissen. Seine Beine setzten sich so eilig in Bewegung, dass es Peter wohl fast aus seiner Krone gerissen hätte, sein neuer Körper erstaunte selbst ihn mit seiner hohen Geschwindigkeit und Ausdauer.

Er bereute es, nicht gleich Sirius gefolgt zu sein, als dieser plötzlich abgezischt war wie eine Rakete. So hatte sich James die feierliche Erfüllung von Mission „Mann im Mond“ jedenfalls nicht vorgestellt …

Gerade noch rechtzeitig erreichte James das Kampfszenario, in dem sich ein großer riesiger brauner Werwolf und ein etwas kleinerer, aber nicht minder beängstigender schwarzer Hund, Zähne fletschend gegenüber standen. Sofort ging James dazwischen, die Ratte in seinem Geweih quiekte aufgeregt. Seinen Kopf hatte er dem Wolf zugewandt, es war das erst mal, dass James seinem Freund als Werwolf in die Augen sah.

Und obwohl seine Gestalt so verändert war, erkannte er die braunen Augen von Remus sofort wieder. Doch waren sie so anders, ohne die Wärme und Freundlichkeit und dem allwissenden ruhigen Ausdruck. James schlug Wildheit und grenzenlose Wut entgegen, nicht mal wütend schaffte es Remus so zu schauen.

Der Hirsch richtete sich kühn zu seiner gesamten Größe auf, mit der er den Wolf noch weit übertraf.

Das Knurren aus seiner Kehle wurde tiefer …

James wollte nicht mit Remus kämpfen, schließlich waren sie hier, damit er sich nicht noch weitere Verletzungen zufügte.

Aber wenn es sein müsste …

Da drehte der Wolf sich um und trottete zu ihrer aller Überraschung auf einmal nach oben.

James und Sirius tauschten kurz einen Blick aus, dann folgten sie ohne zu zögern ihrem pelzigen Freund. Oben angekommen beobachteten sie, wie der Wolf im Zimmer wieder und wieder seine Runden drehte.

„Kein Wunder, dass er da durchdreht …“, dachte James.

Schließlich kam er auf sie zu, aber nicht schnell, sondern langsamen kraftvollen Schrittes, wie um seine Kraft zu demonstrieren. Jeder einzelne von ihnen wurde kurz beschnuppert, selbst Peter in seinem Geweih ließ die Prozedur ohne Quieken und Piepsen über sich ergehen.

Dann wandte der Wolf sich wieder ab und machte es sich auf dem halb zerstörten Bett bequem. Nach einer Weile des regungslosen Beobachtens war dies Sirius wohl zu langweilig. Er ging lockeren Trabs auf den Wolf zu, stupste ihn mit der Nase an und das wilde Tier reagierte. Die beiden verfielen in eine kleine Kabbelei, in der sie sich zwar bissen, aber nur wie es auch Wolfskinder unter sich auch machen würden, wenn sie spielten.

James grinste in sich hinein – anscheinend war Projekt „Mann im Mond“ doch noch zu einem Erfolg geworden.
 

Als Remus am nächsten Morgen erwachte, fühlte er sich schwach – aber bei Weitem nicht so schwach wie immer. Er öffnete die Augen, nicht überrascht sich im Krankenzimmer wieder zu finden.

Wenn die ersten Sonnenstrahlen die Dunkelheit durchbrachen und alle Schüler noch in ihren kuscheligen Betten schlummerten, hatte ihn Madam Pomfrey stets aus der heulenden Hütte geholt. Seine Überredungsversuche dies auch selbst tun zu können, stießen auf taube Ohren bei der Schulkrankenschwester. Die überbesorgte Frau sah dies eindeutig anders. Remus konnte nicht leugnen, dass sich ein kleiner Teil von ihm über diese mütterliche Fürsorge freute.

Remus schloss entspannt die Augen. Einen Monat - einen Monat Pause wieder für ihn von dieser Tortur. Dreißig Tage in denen er sich erholen könnte, bevor alles wieder von Neuem beginnen würde, bevor das Monster wieder aus ihm hervor kriechen würde.

Er richtete sich auf … als Remus vor Schock beinah zurück auf sein Kissen fiel.

Aus dem Bett gegenüber schaute ihn ein verschlafener, aber eindeutig schon gut gelaunter Junge mit wirren schwarzen Haaren an.

James grinste.

Sein Gesicht zierte lauter blau-grünlicher Punkte und er wirkte etwas blass um die Nasenspitze, ansonsten war seine Miene ungetrübt wie eh und je.

Remus starrte ihn an.

„Morgen, Remus! Gut geschlafen?“, fragte James fröhlich, die Augen zusammenkneifend, um ihn ohne seine Brille überhaupt erkennen zu können.

Remus war zu perplex, um etwas erwidern zu können, als auch schon Madam Pomfrey, mit typisch weißen Häubchen und wachen runden Augen, hereingewuselt kam.

„Guten Morgen, Mr. Potter – hören Sie sofort auf sich weiter zu bewegen“, Remus sah James die Augen verdrehen, als die Krankenschwester gerade nicht hinsah.

„Ah und Mr. Lupin, Sie sind auch schon wach!“, wie immer stellte sie ihn von der Haarspitze bis zum kleinen Zeh auf den Kopf, ständig unter ihrem kritischen Blick – Remus hatte allmählich das Gefühl, zu ihrem Lieblingsuntersuchungsobjekt mutiert zu sein.

Als sie fertig war, wirkte sie überrascht:

„Mr. Lupin, heute muss ich ja gar nicht mit Ihnen schimpfen! Ihre Sommerferien scheinen Ihnen gut getan zu haben, Sie sind weitaus weniger verletzt als gewöhnlich. Genau genommen fehlt Ihnen, bis auf ein paar ernste Kratzer, überhaupt nichts.“

Sie schüttelte, beinah enttäuscht nichts zu verpflegen zu haben, den Kopf und entfernte die magische Trennwand wieder.

James’ Blick wirkte leicht amüsiert, Remus kannte ihn gut. Genauso schaute James immer dann, wenn er einen Streich ausgeheckt hatte und er, Remus, noch nichts davon wusste, sich das jeden Moment aber ändern würde. Er bemerkte, dass sich auch die Krankenschwester kurz nach James umsah, ein Schnarcher vom Bett rechts neben ihm, der mit einem Grunzen links erwidert wurde, löste den kurzen Augenblick aber auf.

Sirius und Peter drehten sich beide gleichzeitig um und schliefen selig weiter.

Madam Pomfrey untersuchte jetzt auch James, ohne Trennwand allerdings, der breitwillig alles über sich ergehen ließ.

„Wenn Sie das nächste Mal Ende September plötzlich Lust auf ein Bad verspüren, Mr. Potter, sollten Sie gefälligst auf ausreichend Grindeloh-Schutz achten.“

„Selbstverständlich, Madam Pomfrey!“, antwortete der Schwarzhaarige mit unschuldigem Engelsblick.

Die Krankenschwester schien wie so viele vor ihr, zutiefst davon hingerissen zu sein und verschwand ohne ein weiteres böses Wort in ihr Büro.

Remus ließ sich davon aber nicht beirren.

„Grindeloh-Schutz?“, fragte er zweifelnd nach.

In ihm breitete sich eine äußerst unangenehme Nervosität aus, seine Hände wurden bereits leicht schwitzig.

„Jaah, wie du siehst haben wir Wasserpocken bekommen, weil uns eins dieser Viecher gebissen hat. Eklige kleine Biester, kann ich dir sagen. Wimmelt von denen um diese Zeit geradezu im See. Wir mussten den ganz schön eins auf die Rübe geben, bis sie kapiert haben, dass wir nicht mit ihnen spielen wollten.“

Remus schluckte. Sein Verstand sagte ihm, dass an dieser ganzen Sache etwas nicht stimmte.

Warum sollten seine Freunde plötzlich Lust auf Schwimmen im See haben, wo das Wasser doch inzwischen nur noch knapp über null Grad hatte?

Und da gab es noch eine Sache, die ihn wurmte …

Ein unangenehmes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. Remus riskierte immer wieder nur kurze Blicke, lange hielt er James’ nicht aus, seine Augen waren freundlich, aber da war noch etwas anderes in dem Braun, was Remus bisher nur selten bei ihm gesehen hatte.

Warum fragte ihn James nicht, warum er hier und nicht Zuhause war?

Sie fragten schon lang nicht mehr nach und nur selten erfand er noch eine Ausrede, aber seine wortlose Abwesenheit, war doch noch immer etwas anderes, als diese offensichtliche Lüge.

Remus überkam ein ganz schlechtes Gefühl …

„Remus, ich weiß es.“

Er schaute heftig zitternd auf, schwach hoffend, dass James etwas anderes meinte, aber sein ernster Blick sprach Bände.

Sein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen, das Atmen viel ihm in diesem Moment äußerst schwer.

„Und Sirius und Peter ebenfalls.“

Vor Schreck riss Remus die Augen auf.

Nein, das konnte nicht sein!

Das durfte nicht sein …

Er spürte geradezu, wie bleich er geworden sein musste, das hier war schlimmer als jede Verwandlung!

Remus wandte den Blick ab, er wollte weg, am besten sich in der Bibliothek hinter einem Stapel Bücher verstecken und nicht mehr auftauchen. Denn er wollte nicht hören, was jetzt kommen würde.
 

„Gut, dass ihr endlich verschwindet! Du und dein Monsterblag – macht, dass ihr soweit wegkommt wie möglich. Wir wollen nicht, dass eure kleine Bestie unsere Kinder auch noch befällt“, zischte der große schlaksige Mann ihnen zu.

Remus saß bereits im Auto und hatte sich so klein gemacht wie möglich, trotzdem verstand er jedes Wort von Mr. Jackson. Er konnte es fast nicht glauben, dass diese Worte tatsächlich von seinem Nachbar und Vater seines besten Freundes stammen sollten – seines ehemaligen besten Freundes, verbesserte sich Remus wehmütig.

So viele Nachmittage hatte er in seinem Haus verbracht, war von ihm oftmals sogar gelobt worden, wegen seiner schnelle Auffassungsgabe und dem „Queenchen Logik“, wenn er mit Matthew lernte.

Und zu gut war der Moment noch in seiner Erinnerung, als Mr. Jackson ihn bat, ihn fortan nur noch „Onkel Max“ zu nennen, da er ja praktisch „zur Familie gehören würde“.

„Max, wir waren immer Freunde“, hörte er seinen Vater sagen, „und wenn du mich beleidigst, so ist das eine Sache. Aber dieses unschuldige Kind – meinen Sohn, auf den ich sehr stolz bin – so widerlich zu beschimpfen und ihn als etwas hinzustellen, was er nicht ist, dann hört hier für mich jede Freundschaft auf.“

Er hörte Türen knallen, ein Wimmern erklang vorne, das vom röhrenden Geräusch des Motors überdeckt wurde, als sein Vater wortlos den neuen VW-Käfer anließ. Remus riskierte einen vorsichtigen Blick aus seinem Versteck hinaus, als das Auto sich langsam in Bewegung setzte.

Vom Halsansatz bis zur Stirn war Mr. Jackson rot angelaufen, um schließlich Folgendes hinterher zu brüllen, was Remus nie vergessen sollte:

„Ich pfeife auf die Freundschaft mit dem Vater eines Monsters! Du bist ein eingebildeter intellektueller Schnösel, Romulus, der sich immer schon für besser als alle anderen gehalten hat. Geschieht dir nur Recht mit dieser Schmach nun leben zu müssen. Du und dein perfekter Sohn – FRÜHER HÄTTE MAN SOWAS WIE DEN AUSGEROTTET!“

Ein heftiges Schluchzen drang von vorn an sein Ohr, Remus brauchte Augeblicke, um seine Augen vom rot leuchtenden Gesicht Mr. Jacksons abzuwenden, dabei streifte sein Blick nicht mal für Sekunden ein anderes bekanntes Gesicht. Doch Matthew stand der feurigen Wut seines Vaters in nichts nach.

„Remus, sieh nach vorn“, die Stimme seines Vaters war freundlich, aber gebietend.

Der braunhaarige Junge war für Momente noch immer erstarrt, schwerfällig wollte er dem Gebot seines Vaters gerade nachkomme, als das nächste Gesicht nicht auf sich warten ließ.

Sein Herz setzte für einen Schlag aus.

Liyana.

In ihre bunten Kleider und Tücher gehüllt, stand sie am Gartenzaun vom alten Mr. Smith und schaute ihn an. Ihre großen schwarzen Augen schienen leicht traurig … und verwirrt.

Er wollte eine Hand an die Scheibe legen, als jemand den Blickkontakt störte.

Henry zog sie weg, ohne sich umzusehen, aber auch Liyana drehte sich nicht mehr um.

Remus ließ die Hand sinken.

Er wusste, dass sein Vater ihn durch den Rückspiegel beobachtete, doch seine aufmunternden Augen wollte er jetzt nicht sehen.

Er presste seine Hände auf die Ohren, das Wimmern zu überdecken und schloss die Augen.

„Früher hätte man so was wie den ausgerottet!“, das war das einzige, was Remus wieder und wieder durch den Kopf ging.

Ein Tag vor vier Wochen hatte sein Leben verändert - nein, hatte ihn verändert.

Ein Tag vor drei Wochen hatte ihm das erste Mal wirklich das Gefühl gegeben, anders zu sein.

Doch der Tag heute war der wirklich Schlimmste in seinem Leben gewesen, etwas war in ihm zerbrochen, denn er wusste, dass der „andere Remus“ und alles mit ihm, was vorher existiert hatte, nun für immer verloren war.
 

Nur am Rande bekam er mit, wie James seine Brille aufsetzte und seine beiden Pantoffel schnappend, erst einen nach Peter und dann nach Sirius warf. Letzterer erwachte unter großem Protest und lautem Geschimpfe, das jedoch schnell verklang, als er ihn sah.

Beide schauten zu James und dieser nickte.

Remus drehte sich absichtlich weg, aus Angst vor ihren Gesichtern, aus Angst, dass sie den aufkommenden Schmerz in seinen Augen sonst sehen würden.

Er wollte nicht wissen, wie sie ihn angeekelt begafften, als wäre er irgendein fremdartiges abstoßendes Tier im Zoo.

Er wollte die Gesichter seiner Freunde überhaupt nicht mehr sehen.

Wiederum drohte das zu zerbrechen, was Jahre gebraucht hatte, um wieder richtig zusammen zu wachsen.

Mühsam blinzelte er die schimmernden Tränen in seinen Augen fort und versuchte seiner Stimme einen ruhigen Klang zu geben.

„Schön, dann wisst ihr es ja jetzt“, sagte er möglichst abweisend.

„Es wäre nett, wenn ihr es keinem verraten würdet, ansonsten dürft ihr mich hassen.“

„Remus, wir hassen dich nicht, was für ein Schwachsinn!“, beschwerte sich Sirius lautstark.

Remus hörte ihm nicht zu. Er schenkte Sirius’ Worten keinen Glauben, weil sie für ihn irrsinnig waren.

„Remus, wir wissen schon seit der ersten Klasse von deinem kleinen pelzigen Problem.“

Remus' Mund klappte auf, völlig baff schaute er James an, der seinen Blick so ernst wie nie erwiderte.

Er verstand nicht.

Das ergab doch keinen logischen Zusammenhang!

Warum hassten sie ihn nicht schon seit Jahren?

Blieben seine Freunde, wenn sie sein wahres Gesicht doch kannten.

Ja, warum nur taten sie das?

„Wo … woher wisst ihr davon?“, fragte er mit bebender Stimme nach.

Sie mussten falsch informiert sein, das war die einzige Möglichkeit.

„Glaubst du, es würde uns nicht auffallen, wenn du uns einmal im Monat eine billige Ausrede auftischst, von wegen deine Tante Jane sei krank, verschwindest, um dann selber voll bandagiert zurückzukommen? Dafür hättest du dir echt was Besseres einfallen lassen müssen!“, Sirius schnaubte abfällig.

„Wir haben dir also natürlich hinterher geschnüffelt“, erklärte James in selbstverständlicher Weise, „und sind so schließlich hinter alles gekommen.“

„Eigentlich war es ein Buch von Roberts, das James auf die Idee gebracht hat“, platzte es jetzt aus Peter raus.

Sirius warf diesem einen äußerst wütenden Blick zu.

Remus brauchte nicht nachzufragen, um welches besagte Buch es sich handelte. Deswegen hatte ihn James damals also auf so merkwürdige Weise angeschaut, als er ihn danach gefragt hatte. Remus hätte es vergessen, wenn es ihm nicht so merkwürdig erschienen wäre, gerade von James Potter nach einem Buch außerhalb des Quidditchlektürenbereichs befragt zu werden.

„Und dann sind wir dir einmal gefolgt …“, gab Peter weiter kleinlaut zu.

Auch das wurde mit einem bösen Blick von Sirius’ Seite quittiert, wenn auch noch etwas anderes in seinem kurzen zur-Seite-Blinzeln in seine eigene Richtung lag.

In Remus blitzte in diesem Moment eine schwache Erinnerung auf, mehr blasse Wahrnehmungen, als ein bewusstes Bild. Jede Art, ob Bär oder Maus, hatte seinen eigenen Geruch, der sich je nach Wesen noch mal spezifizierte, auch Menschen und genau dieser lag Remus gerade jetzt wieder so deutlich in der Nase wie nie zuvor. Dazu kam ein Gefühl von großer Aufregung, was das Tier in ihm, nicht oft als Spur hinterließ - zerstörerische Wut war das vorherrschende Gefühl seit Jahren.

Sie waren also wirklich dagewesen …

Seine Fassungslosigkeit über dieses selbstmörderische Unterfangen, mischte sich mit der Scham, die er darüber empfand, dass sie sein wahres Ich nicht nur kannten, sondern sogar gesehen hatten.

Unbekümmert ergriff James wieder das Wort:

„Kurz gesagt: Wir wissen fast alles, Remus und da wollte wir dir helfen …“

„Helfen?“, Remus lachte freudlos auf.

„Wie soll man jemandem wie mir helfen? Anstatt meine auswegslose Situation lösen zu wollen, täte euch gut daran, mich zu hassen. Und ich würde es verstehen, dass ihr euch nicht mit so etwas, wie mi-“

„Verflucht noch mal, Remus! Hör auf so einen Drachenmist zu erzählen!“, James funkelte ihn wütend an, auch Sirius und Peter wirkten sauer.

Remus ließ sich davon nicht stoppen.

„Mist? Ich glaube ihr wisst gar nicht, was ich bin!“

Jetzt wurde er langsam richtig fuchtig:

„Ich bin widerwärtig und abstoßend – ihr habt ja nicht die geringste Ahnung, wozu ich überhaupt fähig bin! Ein furchtbares Monster, vor dem sich alle fernhalten sollten, das bin ich.“

„Jetzt halt aber mal die Luft an, Remus! Nur weil du ein Werwolf bist, gibt dir das noch lange nicht das Recht, in Selbstmitleid zu zerfließen!“

Stille.

Sirius hatte das Wort ausgesprochen.

Sein Mund fühlte sich schrecklich trocken an.

„Wir sind Freunde, Remus und daran wird sich auch nichts ändern – uns wirst du nicht so schnell wieder los!“, James legte das Pottergrinsen auf.

„Das stimmt“, fuhr Peter heftig nickend fort.

„Aber ich bin, ich bin-

„- das hatten wir schon!“, winkte James beinah müde ab.

„Und wir helfen dir trotzdem! Remus, wir haben nicht drei Jahre Arbeit da rein gesetzt Animagi zu werden, um jetzt-“

„Ihr habt was?!“, Remus sprang wie vom Basilisken gebissen aus seinem Bett auf.

Eine neue Erinnerung durchfuhr ihn, die Eindrücke dieser Nacht. Verschiedene tierische Gerüche – Hund, Ratte, Hirsch – erneut heftige Aufregung des Wolfes und Misstrauen … die schließlich in einer gewissen inneren Zufriedenheit endeten.

Aus einem reinen Impuls heraus schaute Remus zu Sirius, sah den Verband, der oben am Nacken hinausschaute und eine gewaltige Welle der Wut und Schuldgefühle überkam ihn wiederum.

„Seht ihr das?!“ er deutete auf Sirius.

„Und das war noch gar nichts! Wisst ihr eigentlich, welcher Gefahr ihr euch da aussetzt? Mal ganz zu Schweigen von den vielen Gesetzten, die ihr wegen diesem unverantwortlichen Wagemut brecht!“

„Na und?“, zuckte Sirius die Schultern.

„Na und?! Verflixt noch mal“, Remus wäre beinah mit dem Fuß laut aufgestampft über so viel Leichtsinnigkeit, „- ihr bringt euch nicht wegen mir in Lebensgefahr oder sonstiges!“

„Keine Chance, Remus!“, alle drei verschränkten wie einstudiert die Arme, James’ Blick zeigte größte Hartnäckigkeit.

„Wir haben uns bereit vor drei Jahren entschlossen und daran kannst auch du nicht mehr rütteln. Wir werden dich ab jetzt immer begleiten.“

„Oder willst du weiter jeden Morgen nach Vollmond als Schaschlik aufwachen?“, setzte Sirius schief grinsend zu guter Letzt noch oben drauf.

Remus fasste sich vor Unglauben, über so viel kindischem Übermut und Wahnsinn, an den Kopf.

Verstanden sie denn gar nichts?

Es war aussichtslos hier weiter zu argumentieren, denn James war zu hartnäckig, Sirius zu dickköpfig und Peter orientierte sich zu sehr an den beiden, als dass er sie von diesem risikoreichen Unterfangen hätte abbringen können.

Hier musste er andere Mittel zur Rate ziehen - Mittel, die Remus nicht gern benutzte.

„Und ich sage, ihr kommt nicht mehr mit - oder Dumbledore wird von eurem Gesetzesbruch erfahren!“

Peter wirkte wie ausgewechselt, seine Euphorie war verflogen. Sirius kniff wütend die Augen zusammen, James aber grinste nur umso breiter.

„Das tust du nicht, Remus“, sagte er einfach.

Remus ärgerte sich, denn James sollte wieder mal Recht behalten.
 

Wie immer saß Lily am gleichen Tisch in der Bibliothek mit ihr, einen Zaubertränkevortrag nach dem anderen ohne Unterbrechung runterratternd, während ihre Gedanken nicht ganz bei der Sache waren.

Obwohl … irgendwie waren sie das schon, denn Lily suchte nach dem passendsten Weg, ihr eifrig notierendes Gegenüber auf die schlechte Zaubertranknote anzusprechen. Bisher hatte Lily das noch nicht gewagt. Geschweige denn auch nur vorsichtig ihr Projekt anzutippen, mit dem Lily normalerweise längst schon begonnen hätte. Doch diesmal war sie nicht allein, sie musste Mel und Pettigrew mit einbeziehen - dessen Nachhilfe nicht erfolgreicher verlief. Was Zaubertränke anging, waren die beiden sich erstaunlich ähnlich, zwei wandelnde Explosionsgefahren auf Beinen.

Eine plötzlich links auftauchende vertraute Silhouette, beendete vorerst Lilys Gedankengang in diese Richtung.

„Entschuldige mich kurz …“, sagte sie einfach mitten im Vortrag und sprang auf.

Sie spürte Mels irritierten Blick auf sich, als sie einem braunhaarigen Jungen fröhlich um den Hals fiel.

„Remus, du bist ja schon wieder da! Geht es deinem Vater besser?“, erkundigte sich Lily besorgt.

Der Junge musterte sie leicht verwundert, vielleicht wegen der ungewohnten Überschwänglichkeit ihrer Begrüßung. Mit geröteten Wangen löste sie sich von ihm, aber das änderte nichts daran, dass sie sich ehrlich freute, Remus wieder zu sehen.

Außerdem gab es da noch etwas, was sie dringend loswerden musste:

„Es tut mir ehrlich leid, dass ich letztens so taktlos war! Ich weiß deine Familie geht mich nichts an, aber-“

„Schon gut“, unterbrach Remus sie mit einem verständnisvollen Lächeln.

„Das habe ich längst vergessen.“

Diese Antwort erleichterte Lilys Gewissen ungemein, aber so gern sie sich noch weiter mit ihm unterhalten hätte – jemand wartete schließlich auf sie. Also verabschiedete sie sich von Remus und eilte an ihren Tisch zurück.

Ohne ein weiteres Wort ergriff Mel ihre Feder und wartete scheinbar auf Lilys Fortfahren. Die Rothaarige war einigermaßen überrascht, hatte sie doch einen unfreundliche Kommentar ihrerseits erwartet, aber vielleicht war Mel ja heute nicht in Stimmung für so etwas – ausnahmsweise.

Im Gegenteil, man hätte dieses letztere Verhalten, für ihre Verhältnisse, sogar fast als Freundlichkeit interpretieren können.
 

Den gesamten Nachmittag verschanzte sich Remus nun schon in der Bibliothek. Gut versteckt in einer der dunkleren Ecke, die Nase tief in den Abenteuern seines Lieblingsmuggelbuchautoren vergraben und nur hin und wieder unterbrechend, um sich umzuschauen. Aber seine böse Befürchtung wie seine winzige Hoffnung wurden zerstört - keiner seiner Freunde tauchte auf, um nochmals zu versuchen, mit ihm zu reden.

So beobachtete Remus stattdessen die Leute, die sich hier herumtrieben, sein Blick blieb längere Zeit an einem großen schlaksigen Hufflepuff hängen.

Seine Freunde und Remus waren im Streit auseinander gegangen, zuletzt hatte er sich geweigert weder mit ihnen zu reden, noch zuzuhören, was eigentlich nicht seine Art war. Bei der erstbesten Gelegenheit war er anschließend verschwunden – die anderen drei würden erst später entlassen werden.

Wie konnten sie nur so leichtfertig ihre Zukunft, ja ihre ganzes Leben aufs Spiel setzten?

Waren sie denn völlig blind für die Gefahr?

Warum wollten sie ihn unbedingt noch begleiten – nur damit er morgens ein paar Kratzer weniger hatte?

Wieso überhaupt hassten sie ihn nicht, verachteten nicht, was er war und ließen ihn nicht allein?
 

„FRÜHER HÄTTE MAN SO WAS WIE DEN AUSGEROTTET!“
 

Der Hufflepuff schaute kurz auf, funkelte ihn nicht mal für eine Sekunde an, bevor er die Aufmerksamkeit wieder seinem Buch schenkte.

Weil sie deine Freunde sind.

Weil sie nicht wollen, dass es dir schlecht geht.

Weil sie genau das tun, was du auch, ohne zu zögern, jederzeit für sie tun würdest.

Remus lächelte und gleichzeitig fühlte er sich unglaublich schlecht, sie vorhin so beschimpft zu haben. Er hieß ihr gefährliches Verhalten selbstverständlich noch immer nicht gut, aber bei aller Sorge um ihre Sicherheit hatte er vergessen … ihnen zu danken. Zu danken, dass sie seine Freunde waren und es auch blieben.

Sie hatten das schließlich nicht aus Spaß getan – nicht nur aus reinem Spaß – sondern wegen ihm!

Remus ließ das Buch aufgeschlagen auf dem Tisch liegen und verließ die Bibliothek. Er hatte es eilig, sehr eilig, denn immer mehr wurde ihm klar, dass der wahre kindische Idiot er selbst vorhin gewesen war.

Nur noch um die nächste Ecke, dann wäre er beim Gryffindorturm angelangt.

Remus bog nach links – als er gerade noch rechtzeitig das Hindernis in seinem Weg bemerkte und einen ernsteren Zusammenstoß verhindern konnte.

Die Masse an blonden Locken sofort erkennend, murmelte er eine Entschuldigung und machte sich bereit, ihre unfreundliche Antwort über sich ergehen zu lassen.

„Ist ja nichts passiert.“

Remus starrte sie perplex an und glaubte sich für einen Moment verhört zu haben – oder verguckt?

Nein, vor ihm stand wirklich die Melody Roberts.

Und als hätte Remus damit nicht endgültig genug Wundersames in vierundzwanzig Stunden erlebt, tat sie etwas noch viel verstörenderes.

Sie lächelte.

Nur ganz kurz, aber es war ein ehrliches warmes Lächeln gewesen, dass ihre Augen für einen winzigen Moment erhellt hatte.

Dann schritt sie weiter, als wäre nichts passiert.

Remus blieb verwundert zurück und legte eine Hand überlegend ans Kinn …
 

Remus sah von seinem Fenster aus den vollen Bahnsteig entlang.

Er liebte es die Leute zu beobachten, ihnen einfach bei den normalsten Dingen zu zuschauen, manchmal war es dann, als würde er selbst dazu gehören.

Ein riesiges Gewimmel von Eltern, Kindern und gestressten Haustieren kämpfte, mit den verschiedensten Tricks, um die besten Plätze nahe dem Zug zur Zelebrierung des Abschieds.

Jede Familie hatte dabei ihre ganz eigene Art dies zu tun.

Einige sprachen ihrem weinenden Nachwuchs Mut zu, andere Kinder mussten dies selbst für ihre aufgelösten Eltern übernehmen, manche legten ihren Sprösslingen allerhöchstens die Hand auf die Schulter und blickten streng auf sie hinab und wiederum andere wie eine leicht plumpe dickliche Frau am dritten Wagon, drückten ihr Kind in eine Luft-abquetschende-Umarmung.

Remus seufzte.

Er war allein gekommen, sein Vater musste arbeiten. Er wusste, dass dieser alles versucht hatte, aber sie waren auf seinen Job, genau wie auf die drei anderen angewiesen. So hatte Remus am Morgen selber seinen Koffer genommen, sich selber durch den Kamin zum Bahnsteig 9 ¾ begeben und war allein, ohne Abschiedskuss einer liebenden Mutter oder aufbauende Umarmung des Vaters, eingestiegen. Er hatte extra einen möglichst frühen Zeitpunkt für seinen Einstieg gewählt, um dieses Schauspiel von drinnen in Ruhe beobachten zu können. Draußen wäre es für ihn kaum erträglich gewesen.

Wie Remus so weiterschaute, fing er plötzlich etwas auf, etwas gänzlich unerwartetes – den Blick eines Mädchens. Seine braunen Augen trafen auf ihre frechen blauen. Und obwohl er es eigentlich mit aller Kraft wollte, war er unfähig sich abzuwenden. Etwas schien sie kurzzeitig zu verwirren, dann aber verwandelte sich ihr irritiertes Gesicht in ein strahlendes Lächeln und Remus lächelte zurück.

Ein warmes Gefühl breitete sich in ihm aus.

Da unterbrach eine große Frau, mit neumodischem lilafarbenem Hut, ihren Blickkontakt auf einmal. Sie gesellte sich zu der Blonden und nach einer kurzen Weile zog sie das Mädchen gerade noch rechtzeitig zum ersten Pfeifen des Zuges in eine Umarmung, die straßenköterblonden Locken des Mädchens fielen dabei über ihren Rücken. Die innige Beziehung der beiden konnte man gar nicht zu übersehen.

Remus seufzte erneut.
 

Genauso grübelnd, trat Remus in den Gemeinschaftsraum, sich ständig fragend, ob er sich seine Begegnung gerade eben auch wirklich nicht eingebildet hatte.

Sein Blick wanderte automatisch zur Sofaecke hin, wo – nicht anders zu erwarten – drei Köpfe erledigt in der Ecke hingen. Auf einmal war alles vergessen, seine Wut wegen ihrem törichten Verhalten, seine Scham darüber sie so angeschrien zu haben, Remus spürte plötzlich nur noch eine tiefe innere Zufriedenheit.

„Hey, Remus!“, grinste James mit noch zerstrubbelteren Haaren ihm vom Sofa aus zu, als er sich im zweiten Sessel niedergelassen hatte.

Nebenan im seinem Lieblingssessel halb liegend, halb sitzend, hob Sirius die Hand, doch ein herzhafter Gähner verhinderte in diesem Moment wohl seinen Gruß.

Peter hockte weggetreten neben James auf dem Sofa, grinste aber breit, als er ihn schließlich nach drei Sekunden dauerndem Starren endlich erkannte.

Und auch Remus lächelte.

„Danke. Für alles!“

Er brauchte nichts weiter zu sagen oder zu erklären, sie wussten, was er meinte.

„Kein Problem!“, meinte James sich locker zurücklehnend.

„Obwohl eigentlich gibt es doch eins …“

„Was? Wird Sirius seine Flöhe etwa nicht mehr los?“, erkundigte sich Remus in nicht ganz ernster Weise.

Sirius verschränkte eingeschnappt die Arme:

„Pah, als ob ich Flöhe bekommen würde!“

„Nö, der kommt einfach rechtzeitig ins Flohbad“, James überging Sirius’ Protest dabei geflissentlich.

„Aber wir brauchen noch Namen!“

„Was für Namen?“, fragte Remus Stirn runzelnd nach, was James meinte.

„Na, Decknamen, damit nicht jeder gleich weiß, worüber wir reden“, sein Freund wurde vor Begeisterung ganz hibbelig, „außerdem klingt das mehr so Muggel-Agenten mäßig!“

Remus schloss schmunzelnd die Augen, während Sirius genervt aufstöhnte. James würde wohl nie von seinem Agenten-Trip wieder runterkommen - nicht seit er James Bond entdeckt hatte!

„Wie wär’s dann, wenn wir dich Bambi nennen?“

Remus lachte, seine drei Freunde aber schauten ihn verdutzt an.

„Vergesst es!“, er schüttelte den Kopf.

Woher sollten sie auch Bambi kennen?

„Also ich wäre mehr für „König der Tiere“!“, brüstete sich James und erhob sich wie ein strahlender Ritter.

„Ich glaube, die schwere Krone hat deinem Hirn zugesetzt, mein Freund“, grinste Sirius.

„Der König der Tiere bleibt immer noch der Löwe.“

James schob schmollend die Unterlippe vor.

„Wie wär’s dann, wenn wir dich „Krone“ nennen?“, versuchte Remus die Lage wieder zu entspannen.

James’ Gesicht hellte sich auf:

„Krone - gefällt mir!“

Er drehte sich zu Sirius um:

„Und was ist mit dir, mein schwanzwedelnder Freund?“

„Goldener Riecher“, schlug Sirius vor.

„Flohtüte“, war James’ Beitrag.

„Schnüffelnase“, lautete Remus’ eigener Vorschlag.

„Tatze.“

Erstaunt blickten sich alle zu Peter um.

„Hab gehört, wie sich Filch über dreckige Hundetatzen auf seinem Fußboden beschwert hat“, erklärte er leicht eingeschüchtert.

Sirius wie James schien aber zufrieden.

„Sag mal, Tatzi …“, begann James.

„Ja, mein Krönchen?“, flötete Sirius zurück.

„Was ist denn nun mit unserem kleinen Nagetier-Freund?“, meinte James mit Blick auf Peter.

Dieser wurde leicht nervös, als Sirius’ Blick eine fast schamlose Boshaftigkeit annahm.

„Wurmschwanz!“, verkündete Sirius mit hinterlistigem Lächeln.

„Wieso das denn?“, fragte Remus verwundert.

James lachte auf, aber Peter wurde leicht rot und schaute unzufrieden weg.

„Na ja, als wir heute Morgen auf dem Rückweg zum Schloss waren, hat leider eine Amsel Peters Schwanz mit ihrem Frühstück verwechselt - war ein ganz schöner Kampf ihr das beizubringen oder wie glaubst du, sind wir schlussendlich im See gelandet?“

Wie unter einem Dauerkitzelfluch gefangen, brüllten die beiden schwarzhaarigen Jungs drauflos, Remus war unentschieden. Auf der einen Seite war die Story echt lustig und es zuckte gewaltig in seinen Mundwinkeln, auf der anderen Seite war dort eine Welle des Mitgefühls für Peter. Dieser sagte gar nichts, sondern zog sich äußerst beleidigt in eine Ecke des Sofas zurück, bis James und Sirius endlich ausgelacht hatten.

„Fehlt nur noch unsere Hauptperson!“, sagte James, sich die Lachtränen wegwischend.

„Ich bin für Pelztierchen.“

„Nope“, erwiderte Sirius.

„Zu auffällig.“

„Wolfi?“, war Peters zaghafter Versuch.

„Noch offensichtlicher geht’s nicht, oder?!“, fuhr Sirius ihn an.

„Nennt mich Moony.“

James musterte ihn erstaunt:

„Moony?“

„Passt doch, findet ihr nicht?“, grinste Remus.

Alle drei nickten anerkennend, dann erhob sich James und verkündete mit feierlicher Stimme:

„Ab heute sind die Rumtreiber nur noch Moony, Wurmschwanz, Tatze und Krone!“

„Geil“, kommentierte Peter die Lage.

„Genial“, stimmte Sirius ihm zu.

James begann hibbelig mit den Armen zu rudern, ihm war wohl noch was eingefallen.

„Wisst ihr noch unseren Leitspruch aus Moonys Buch, „die drei Muskeltiere“?“

„Musketiere“, verbesserte Remus ihn.

„Sag ich doch.“

James räusperte sich:

„Einer …“

Sirius fuhr fort:

„… für alle -“

Peter machte weiter:

„… alle für …“

„… einen“, beendete Remus.

Alle vier brachen in breites Gelächter aus.

Wurmschwanz, Tatze und Krone – Moony konnte sich gar keine besseren Freunde wünschen.
 


 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

So, und hier sind eure Antworten - ein herzliches Dankeschön wie immer an alle Kommischreiber *kuss*:
 

@LilTe: Jaja, wieder typisch Siri! Er kann sich sonst was erlauben, die Mädels lieben ihn trotzdem. -.- Hehe - ein Grund mehr, dass er dauernd gegen Mel verliert, tut ihm nämlich mal gut. *Loser*

Joah, dass mit Mel wüsstest du gern, was? *g* Wird aber nicht verraten ... zumindest vorerst nicht! :P

P.S. *sich gern dem Remus-Knuddel-Verein anschließen möchte* =)
 

@Lesca07: Alsooo eigentlich, war der zweite Teil auch schon längst fertig ... nur noch mal so viel zu lesen - nun, auf die Rechnung eures Augenarztes bin ich nicht besonders scharf! ;) Außerdem kann ich so immer schön die Spannung erhöhen ... *g*

*ganz rot wird, weil Brians Vortrag aus ihrem eigenen Gedankenwirrwarr stammt* Muss dazu aber sagen, dass das mit dem ersten Animagi (Falco Aesalon) von JKR stammt, nur irgendwie war mir das zu wenig, ich hab mir selbst Fragen gestellt und so kam schließlich eins zum anderen. Ich finde zwar, dass es sich ein bisschen esoterisch anhört, aber so lang's euch gefällt, bin ich glücklich! ^^

Jep, wie man sieht, hast du bei Remus absolut richtig gelegen. *Keks für richtige Vermutung überreicht* Zum Glück hat er nicht eine so lange Leitung wie Sirius ... ;)Tja, Mel kam Ende doch noch mal vor (Sorry^^), aber wahrscheinlich hat sie dir da mal wieder besser gefallen? Hm, der Bruch ihrer Freundschaft - ja das ist die große Frage! ;) Aufklären tu ich euch bestimmt noch, wann weiß ich selber noch nicht - aber bring vorsichtshalber lieber einiges an Geduld mit.^^

P.S. Na, so schlimm ist James als Hirsch doch nicht, oder? *g*

P.P.S. Über lange Kommis freu ich mich immer!
 

@eva-04: Jep, das hab ich mir gedacht! ;)

Wer erwartet schließlich schon, dass Miss Kratzbürste und Mr. Obermacho mal so eine enge Beziehung pflegten?^^

Die Hintergründe über ihre Entzweiung und überhaupt das ganze Chaos auch mit Lily&Co kommt natürlich noch - allerdings wohl nicht in den nächsten Kapiteln. Muss schließlich insgesamt drei Jahre erzählen. ;)
 

@Nicce: Und noch ein geschockter Warum?-Frager! *g* Und auch dich muss ich leider auf ein späteres Kapitel vertrösten, denn vorerst hab ich mir eisiges Schweigen besonders in diesem Punkte wie auch bei Mel selbst vorgenommen. *sich gerade darin übt zur Abwechslung mal die Klappe zu halten*

Aber ganz ohne kann ich dann doch nicht^^, also zwei Sprüchlein die auf diese Situation gut passen:

Verdrängung ist nicht Vergessen. Verdrängung ist, was uns über Wasser hält.

Schlauer jetzt? *g*

Und die Zeit vergeht wie im Flug ...

Kapitel 13 – Und die Zeit vergeht wie im Flug …
 

»Tanto brevius omne quanto felicius tempus.«

Jede Zeitspanne erscheint uns umso kürzer, je glücklicher sie ist.

Plinius der Jüngere bzw. Gaius Plinius Caecilius Secundus (61 / 62 – 113 / 115), römischer Senator und Schriftsteller
 

Donnerstag, den 29. Oktober 1975
 

Liebes Tagebuch,
 

mein Vater sagte mir immer (ich glaube in Wirklichkeit kam es von einem Muggelforscher), dass Zeit relativ sei.

Diesen Monat habe ich das wieder mal bestätigt bekommen. Es scheint mir beinah unglaublich, wie schnell der Oktober bereits vorübergezogen ist, kaum, dass der September endete.

Ich war einfach viel zu beschäftigt, als dass ich daran gedacht hätte, mein Tagebuch aufzuschlagen.

Allein nur meine vermehrte Tätigkeit als Vertrauensschüler - obwohl ich sie nicht mehr missen möchte, denn besonders die Zusammenarbeit mit Lily klappt immer besser, ich traue mich inzwischen sogar zu sagen, dass wir so etwas wie Freunde geworden sind – bindet mich an den meisten Abenden ein, zudem mussten wir diesen Monat auch helfen, das Halloweenfest mit vorzubereiten. Doch so ein Amt bringt ebenfalls Vorteile mit sich, so haben Lily und ich bereits etwas erfahren, was bisher kaum jemand weiß.

Dumbledore hat endlich eine Lösung für unser „Chadna-Problem“ gefunden!

Brian hat es uns auf dem letzten Vertrauensschülertreffen erzählt – Gideon Prewett war nicht gerade begeistert davon gewesen, dass ihm dieser Auftritt genommen worden war, noch die anderen, die Chadnas Unterricht ja so „klasse“ finden. An Halloween, hat er gesagt, würde Dumbledore uns allen seine Lösung verkünden. Ich bin schon sehr gespannt darauf, weil ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen kann, was man gegen diese Frau machen soll. Rausgeworfen werden, kann sie ja leider nicht.

Aber ich versuche es mal mit James’ optimistischer Weise zu sehen, bisher war schließlich auf Dumbledore sonst auch immer Verlass.

Das Halloween-Fest bringt mich zu einem anderen wichtigen Thema:

Tatzes Geburtstag!

Krone liegt mir und Wurmschwanz schon seit Wochen damit in den Ohren und wiederholt in akribischer Kleinstarbeit jeden noch so winzigen Teil unserer Überraschung, auch wenn wir beide alles längst auswendig mitsagen können, wird er nicht müde, es wieder und wieder zu erzählen, als sei es das erste Mal.

Ich denke, er ist einfach aufgeregt, was Tatze dazu sagen wird. Außerdem will er eben nicht, dass etwas schief geht. Manchmal bin ich geradezu erstaunt, welches enorme Maß an Vorsicht und Organisation Krone zeigen kann, wenn er denn will, aber wie gesagt – leider nur, wenn er will!

Wie oft ich ihn schon wieder dieses Jahr meinen Geschichtsaufsatz habe abschreiben lassen, will ich hier nicht erwähnen.

Doch für Tatze legt er sich selbstverständlich ins Zeug und ich gebe ehrlich zu, dass ich auf seine Reaktion – selbst als Vertrauensschüler – mehr als gespannt bin. Er weiß, dass wir etwas planen – und bohrt deswegen ständig nach – schließlich haben wir ihn bisher immer irgendwie überrascht, doch dieses Mal wird es sich grundlegend unterscheiden.

Krone aber meint es würde ihm ganz sicher gefallen. Ich hoffe es, nicht dass wir ihm seinen Geburtstag verderben, nachdem seine Eltern ihm schon den üblichen Gruß wohl wieder senden werden.

Jetzt fragt sich nur noch, was ich ihm schenken werde …

Irgendwie muss ich mich doch revanchieren können für das, was auch er für mich getan hat – auch wenn ich weiß, dass man ein billiges Geschenk niemals damit aufrechnen kann.

Wenn ich nur einen Monat zurückdenke, kann ich es immer noch nicht glauben, wie viel sich verändert hat. Jahrelang habe ich mir immer wieder in machen Momenten Horrorvisionen in meinem Kopf ausgemalt, wenn ich dachte, sie hätten etwas bemerkt – wahrscheinlich war es ja auch so gewesen –, aber hätte ich doch nur vorher gewusst, wie unbegründet meine Furcht gewesen war.

Sie sind einfach die besten Freunde, die sich jemand wie ich nur wünschen kann!

Sie ekeln sich nicht vor mir, akzeptieren, was ich bin und stehen mir sogar zur Seite, dass ich mich fast schäme, sie wegen ihrer kleineren Fehler zu kritisieren. Aber einer muss es ja wohl machen und das bin nun mal ich.

Dazu zählt auch ihr beinah allzu offener Umgang mit meinem, wie James es immer nennt, „kleinem pelzigen Problem“. Diese ganze Animagi-Geschichte, ich kann sie einfach nicht gutheißen. Sie haben sich damit in wahnsinnige Gefahr gebracht, nicht nur während der ganzen Ausbildung – sie haben mir erzählt, was sie während der letzten Jahre so heimlich getrieben haben –, sondern auch jetzt. Wenn das Ministerium das je rauskriegt – sie würden schnurstracks in Askaban landen, wegen mir!

Und das ist der Punkt, woran ich mich immer wieder erinnern muss, dass sie es für mich getan haben und nicht wegen dem üblichen Schabernack. Dass ich merke, wie das Tier in mir ruhiger, nicht weniger gefährlich, aber entspannter wird und das auch mir das gut tut. Dass selbst Madam Pomfrey letztes Mal gesagt hat, wie viel ich mich gebessert hätte und wie sehr sie sich freue, dass ihre Ermahnungen endlich Wirkung zeigen würden.

Ob sie letzteres wirklich ernst gemeint hat, weiß ich nicht. Als Krone, Tatze und Wurmschwanz jedenfalls alle nach dem letzten Vollmond verletzt rein gekommen waren, war sie äußerst still und diskret geblieben. Sie hat weder mir, noch ihnen eine einzige Frage gestellt. Nur „vorsichtiger“ sollten sie demnächst sein.

Ich wünschte, sie würden Madam Pomfreys Ratschlag tatsächlich mal ernst nehmen!

Diese Verletzungen machen mir nämlich ernsthaft Sorgen.

Stattdessen aber hat Tatze sogar letztens etwas anmerken lassen, wie „dem Wolf mehr Auslauf verschaffen“. Bei diesen Worten bin ich richtig wütend über ihre Fahrlässigkeit geworden, aber ich fürchte selbst mein halbstündiger Einredungsversuch, hat wenig bei ihm gefruchtet.

Dieser Dickschädel!

Wenn er so weiter macht, wird noch mal etwas Schlimmes passieren, das sagt mir zumindest mein Gefühl …
 

Entschuldige für die kurze Unterbrechung, aber ich wollte noch schnell ein Buch zurück ins Regal räumen, bevor Madam Pince mich weiterhin so böse ansieht.

Vermutlich denkt sie, ich würde in eines ihrer eigenen Bücher schreiben. Dabei bin ich doch nur hier, um Ruhe zu haben, vor allem vor Tatze. Was dieses Mal allerdings absolut überflüssig gewesen war. Schließlich hat mir Krone vorhin gesagt, dass er ein Date hat und jetzt sitze ich hier, weil Krone natürlich gleich wieder mit seinem allumfassendem Plan hatte anfangen müssen.

Ich weiß nicht, wer Tatzes momentane Freundin – so fern man Tatzes „Bekanntschaften“ so bezeichnen kann – ist, aber morgen früh werde ich es mit Sicherheit wissen. Es wird die mit den verquollenen Augen sein, die sofort weinend aufspringt, sobald wir die Halle betreten haben.

Ich möchte eigentlich nichts Schlechtes über Sirius sagen, aber wenn es um Mädchen geht, ist er reiner Egoist. Er macht ihnen schöne Augen, hat dann ein wenig Spaß und lässt sie anschließend eiskalt und ohne mit dem Wimper zu zucken wieder fallen. Manchmal frage ich mich, ob er alle Mädchen nur als ein dummes Spielzeug sieht, dass er ständig durch ein neueres Modell austauschen kann oder ob er auch nur den leisesten Hauch Interesse daran hat, wer all diese armen Dinger sind und wie sehr er ihnen regelmäßig weh tut, aber wenn ich das hier weiter ausführen würde, könnte ich gar nicht anders, als schlecht von ihm zu reden.

Also lasse ich dieses endlose Thema sein und berichte lieber von etwas anderem, was ich gerade eben beobachtet habe.

Es ist mir schon vor langer Zeit – um genau zu sein einem Monat – aufgefallen, doch habe ich bisher noch mit keinem darüber gesprochen und ich denke, es ist auch besser so, dabei zu verbleiben.

James würde durchdrehen!

Wenn er denn wüsste, dass Lily Evans Nachhilfe nimmt. Bei einem Jungen. Und dann auch noch bei Brian Peterson, den er abgrundtief hasst, seit dieser einen „Umarmungsstunde“ bei Professor Flosops. Im Normalfall hätte ich mir nicht allzu viele Gedanken darum gedacht, weil James öfters rot sieht, wenn er glaubt ein anderer Kerl hätte Lily auch nur zu lange angesehen. Aber Brian mag ich, es ist äußerst interessant sich mit ihm zu unterhalten, da ich mit meinen Freunden selten über Bücher sprechen kann. Beziehungsweise, ich kann mich mit Krone über Quidditchbücher austauschen, dann hört ihr Literaturverständnis auch schon auf. Brian hingegen scheint nahezu jedes Buch gelesen zu haben, dass ich mir selbst fast wie „ein Tatze“ ihm gegenüber vorkomme und nur staunen kann.

Was mir aber noch mehr Sorge bereitet – Lily scheint ihn selbst, ziemlich zu mögen. Ich habe es bereits beim ersten Vertrauensschülertreffen bemerkt – von dem „Unfall“ der beiden darf Krone unter keinen Umständen je erfahren – und bei unseren Kontrollgängen redet sie öfters, um nicht zu sagen sehr oft, von ihm, wenn sie sich nicht gerade über Krones Verhalten aufregt.

Ich befürchte fast, dass es sich bei ihm, um ihr unbekanntes Date handeln könnte, mit dem James uns die ganze Zeit auf die Nerven geht. Redet er nicht von Tatzes Geburtstag oder dem bevorstehendem Quidditchspiel, so ist es Lily Evans’ mysteriöses Date, über das er laut nachdenkt. Auf nicht gerade schöne Weise, wie ich sagen muss, er sollte sich wirklich bremsen, Mordpläne für irgendwelche Jungs zu schmieden, die er nicht kennt, nur weil Lily einmal mit ihnen geredet hat.

Selbst Peter scheint davon inzwischen genervt, wo er anfangs James noch so eifrig unterstützt hatte und sogar sein Undercover-Agent war. Allerdings konnte ich ihn von diesem Vorhaben schnell wieder abbringen, als ich ihm klar machte, wie Lily reagieren würde, wenn sie je seine Hinterherschnüfflerei herausfände. Nicht auszudenken, was James mit Brian alles angestellt hätte – normalerweise belässt er es ja bei bösen Blicken und harmlosen Drohungen. Aber wenn er von der ganzen Nachhilfesache erfahren hätte, Brian könnte sich seines Lebtages nicht mehr sicher sein, dessen bin ich mir sicher.

Da bin ich fast froh, dass Tatze als Erster wieder das alte Scherzprogramm aufgenommen hat, denn es lenkt Krone wenigsten hin und wieder ab. Sie haben mir verraten, dass sie sich nur wegen mir in letzter Zeit so überaus verdächtig still benommen haben. Ich war bestimmt nicht der Einzige, der schon ein Rumtreiberspezial der feinsten Sorte unter der Oberfläche hatte brodeln hören. Doch seit der Kleinkrieg mit den Slytherins fortgesetzt worden war – Bellatrix plötzlicher Haarausfall war noch das Harmloseste und könnte man fast als Alltag bezeichnen, schlimmer war es da schon, als sich eines Morgens alle Slytherins plötzlich in niedliche kleine Plüschschlangen verwandelt haben - die sonstigen kleinen Scherze wieder stattfinden und die Rumtreiber ihrem Namen wieder alle Ehre machen – an der ein oder anderen Sache war ich vielleicht auch nicht ganz unbeteiligt – ist wieder Ruhe eingekehrt und McGonagalls Nasenflügel beben wieder im normalen angespannten Takt. Ich vermute fast, dass ihr das dauernde Bestrafen ein wenig gefehlt hat.

Was wird sie dann wohl erst an Halloween sagen?

Wenn wir erst Mission …
 

Entschuldige, ich war wieder abgelenkt, wo bin ich nur mit meinen Gedanken?

Aber gerade eben habe ich festgestellt, dass außer Lily noch eine weitere Gryffindor in der Bibliothek ist – wie eigentlich zu erwarten – Melody Roberts.

Sie sitzt nicht weit von mir entfernt und als ich das gerade eben bemerkt habe, konnte ich nicht anders, als an ihr merkwürdiges Verhalten an diesem einem Nachmittag zurückzudenken. Ich meine, es ist ganz natürlich, dass Menschen lächeln, aber es ist nicht normal, dass Melody Roberts lächelt.

Sie lacht nie.

Ihre größte Freude ist Hohn und Spott und ihr normales Lächeln die Arroganz. Somit war ihr gesamtes Verhalten mir gegenüber widersprüchlich, schließlich bekommt Tatze von ihr bei solchen Zusammenstößen, immer einen unfreundlichen Spruch nach dem anderen zu hören – nicht dass er sich besser verhielte –, aber da erscheint mir „Ist ja nichts passiert.“ als eine Freundlichkeit, die ich nie von ihr erwartet hätte.

Ihr Lächeln gab mir sozusagen den Rest, ich musste sofort automatisch an Früher denken und da tut es mir fast Leid so etwas schreiben zu müssen. Damals viel ihr das Lachen nie schwer, genau genommen, war sie sogar immer gut drauf. Auch mir hat sie selbst in den schwersten Zeiten noch ein Lächeln entlocken können, ich konnte ihr einfach nichts abschlagen. Wann immer sie mich ansah, da hat sie mir irgendwie eine seltsame Hoffnung gegeben, dass alles gut werden würde. Ihre ungezwungene Art zu leben - ich glaube, deswegen haben wir sie alle so besonders gemocht, deswegen habe ich sie gemocht, hatte Tatze sie gern, was er heute komplett ignoriert und was ich ihm nicht mal ganz ankreiden mag.

Doch im Gegensatz zu ihm, weiß ich, wie schnell Menschen sich ändern können oder sich als etwas herausstellen, was man nie von ihnen gedacht hätte …

Ich habe gelernt diesen Umstand zu akzeptieren, weswegen ich auch gelernt habe, sie schließlich wieder zu akzeptieren, so traurig das auch sein mag.

Sirius aber tut das nicht. Ich merke es jedes Mal, wenn ich von Krone höre, worüber sich die beiden erneut beim Training gestritten haben oder wenn Tatze ihre Haare heimlich grün färbt, obwohl es nicht die gewünschte Wirkung bei ihr hervorruft und er nur eine weitere Erniedrigung kassiert. Dazu habe ich eine Theorie aufgestellt, ich glaube zu ahnen, was hinter dem Dickschädel vorgeht. Aber solange ich mir nicht hundertprozentig sicher bin, möchte ich ihn nicht darauf ansprechen, was er ohnehin abstreiten würde. Es ist zu vermuten, dass er mir nicht mal zuhören würde.
 

Ich sehe gerade auf die Uhr und muss jetzt leider Schluss machen. Gleich treffe mich nämlich mit Holly Jones für das Docere & Doceri–Projekt. Ich bin ja sehr froh, dass ich kein Slyhterin-Mädchen als Partnerin zugeteilt bekommen habe und sie ist eigentlich auch ganz nett, nur fragt sie ständig irgendwas zu James (den sie selbst glaube ich gerade toll findet) oder Sirius (den Grace Hopkins wohl anschmachtet) aus, anstatt sich auf unsere Arbeit zu konzentrieren. Umso überraschter war ich, als sie mich letztens nach einem Date für Hogsmead gefragt hat – meine Freunde waren nachher entsetzt über meine Entscheidung, sie gehen mir mit dem Thema „Freundin“ momentan gerne auf die Nerven – aber ich habe ihren Plan schnell durchschaut.

Sie will durch mich nur an James rankommen.

Aber dass ist ehrlich gesagt sogar besser, denn ich will keine Freundin, ich brauche keine Freundin!

Wem kann man auch schon zumuten, eine Bestie als Liebsten zu haben?

Mir reicht es, dass die Drei es wissen und akzeptieren, was ich bin, alles andere kommt für mich nicht in Frage. Ich hoffe Krone kehrt bald wieder von seinem Du-lässt-dir-was-entgehen-Trip ab, da ich ganz bestimmt nicht unglücklich und einsam bin. Außerdem gäbe es sowieso absolut und überhaupt kein Mädchen, das mich interessieren würde!

Und dass ist auch besser so. So soll es bleiben.

Es wird Zeit, dass ich mich auf dem Weg mache, hoffentlich werde ich nicht wieder gefragt, ob Krone tatsächlich auf Sado-Maso steht und Sirius bestes Stück wirklich gepierct sei.

Es ist unglaublich, was Bertha Jorkins wieder rumerzählt hat!
 

Remus
 


 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

Sorry, dass ich diesmal länger gebraucht habe - ihr wisst ja, Abistress und so (danke übrigens für eure vielen Glückwünsche immer, find das total süß von euch! *schmatzer*). Hab allerdings auch endlich übers WE dafür ein ganz langes Chap zu Ende geschrieben. Freut euch schon mal auf Kapitel 15, es reicht wohl, wenn ich sage, es bricht alle bisherigen Rekorde. =)

Und hier denn eure Kommiantworten^^
 

@eva-04: Echt?*g* Dankeschön!*kuss*

Ja, da dachte ich mir, dass Moony trotz allem spürt, dass sie keine Feinde sind und nur sein bestes wollen - außerdem is ihm ja echt ziemlich langweilig dadrin gewesen, so allein ...

Uhh, James und Lily, da sieht es nicht sooo rosig aus. =( James baut demnächst ziemlichen Mist. -.-

Vielleicht ... was ja nicht ist, kann doch trotzdem noch (wieder) werden.^^
 

@Nicce: Gell, ne? Der Junge könnte sich echt in einen grünen Schleimhaufen verwandeln und immer noch dabei niedlich wirken - Siri eben.^^

Bei Remus hingegen war's leider nicht das letzte traurige Kapitel aus seinem Leben, da gibt's noch was zu erzählen. =(
 

@whatever92: *sich verbeugt*

War mir wie immer eine Ehre! *lol*

Naaa, geht der Daumen auch heute wieder nach oben? ^^
 

@LilTe: Juhuu! Jemand der meine Bambivorstellung teilt!^^ Ney, ney - der Jamesie hat aber auch lang gebraucht, bis er dat mit den Beinen kapiert hatte ... *lol*

Bei Remus wär's schön, wenn er das jetzt auch mal häufiger merken würde. Er kann leider immer noch nicht glauben, wie doll gern ihn alle Welt hat. Aber geb mir Mühe es ihm beizubringen.^^
 

@Lesca07: Immerhin konnte ich dich ein bisschen mehr von Krone überzeugen! ^^

Aber ich geb zu, so ein süßer schwarzer Hund, der hat auch schon was für sich. *g*

Stimmungsschwankungen? *lol* Vielleicht ... in der Pubertät spielen ja leicht mal die Hormone verrückt. *g* Aber ich denke, es steckt doch etwas anderes dahinter ...

Ich bin mir noch nicht ganz sicher - weil ich nich genau weiß, ob ich sowas schreiben kann - aber eigentlich hatte ich es vor, da sowieso noch nicht alles zu Remus erzählt ist ...

Lily und James sich näher kommen? O_o Oh, oh da sehe ich aber schwarz. =( James wird sich nämlich schon im nächsten Chap gründlich mit Lily verscherzen und im 15. baut er dann endgültig völlige Sch****. Doch keine Bange, ich habe schon eine ungefähre Vorstellung davon, wie ich Lily langsam von ihm überzeugen kann - aber nur ganz langsam und in kleinen Schritten. ;)

Jo, mit dem Spitznamen muss ich mich jetzt immer wieder erinnern, dass sie sie benutzten. Aber weil sie selbst sich noch ein bissel umstellen müssen, ist es denk ich ok, wenn's hin und wieder noch die normalen Namen sind - besonders bei ernsteren Themen. ;)

Dankeschön nochmals für das lange Kommi wieder! *knuddel*
 

Hm ... ich denke wegen der vorherigen langen Wartezeit könnt ihr diese Woche sogar mit noch einem Chap rechnen. Ist zwar nicht ganz so lang wie gewöhnlich, aber es noch in 15 reinzuquetschen, hätte wirklich den Rahmen gesprengt! *g*

Ein Morgen, der ist lustig! Ein Morgen, der ist schön!

Kapitel 14 – Ein Morgen, der ist lustig! Ein Morgen, der ist schön!
 

„Wer spät zu Bett geht und früh heraus muß, weiß, woher das Wort Morgengrauen kommt.“

Robert Lembke (1913 – 1989), deutscher Journalist und Fernsehmoderator
 

„Na, los Schniefelus, beweg dich!“, lachte Sirius und sorgte mit verstärktem Druck seines Zauberstabs in den Rücken des Slytherin, dass der bleiche Junge weiter nach vorne stolperte.

„Das wirst du mir büßen, Black!“, zischte die Schlange durch die zusammengepressten Zähne hindurch.

„Schniefi, Kopf nach vorn, du hast deinen großen Auftritt!“, mit einem einfachen Schnippen seines Stabs, ließ James gebieterisch den Kopf des fetthaarigen Jungen wieder nach vorne schnellen.

Sirius warf einen letzten Blick auf seinen besten Freund und begegnete dessen haselnussbraunen Augen. In beiden blitzte gleichzeitig der Schalk auf.

„Darf ich bitten, Mr. Black?“, James verbeugte sich Butler like.

Sirius tat es ihm gleich und erwiderte gespielt versnobt:

„Selbstverständlich immer, James!“

„Sehr wohl, Mr. Black!“, grinste sein bester Freund und ließ mit einem weiteren Wink seines Zauberstabs die Türen zur großen Halle vor ihnen auffliegen.

Sirius gab dem schnaufenden Schniefelus einen weiteren vergnügten Stoß und beförderte ihn somit in den großen Speisesaal, in dem sich ausnahmslos jeder Schüler Hogwarts’ und das gesamte Lehrerkollegium zu befinden schienen. Nur wenige Schritte und den Dreien war sämtliche Aufmerksamkeit sicher.

Stille.

Schließlich war es ihr alter weiser Schulleiter, der zuerst diese Ruhe vor dem Sturm durchbrach. Fröhlich begann Dumbledore zu applaudieren, während er in ein herzliches Lachen verfiel, das ansteckend wirkte auf jeden im Raum. Es verging keine Minute bis schließlich auch noch der letzte, ja selbst Gonni, sich von der allgemeinen Heiterkeit hatte mitreißen lassen und es sie kaum mehr auf ihrem Stuhl hielt. Sirius grinste so zufrieden wie nie zuvor und dass obwohl er nicht mal den größten Teil der Aufmerksamkeit abbekam, sondern sein „heißes“ Model vor ihm.

„Los, Schniefi, jetzt sei mal ein bisschen sexy!“, mit schadenfrohen Gesichtsausdruck gab Sirius dem Slytherin einen Schubs, um ihn noch weiter in die Mitte der Halle zu befördern.

„Ja, zeig uns, was du zu bieten hast!“, stimmte James mit ein, der sich an seiner Schulter abstützte.

Alleine machte ihm seine heftigen Lachanfälle das Stehen zu schwer.

Schniefelus wandte sich um, mit einer solch bizarren Maske aus Wut und absoluter Schamesröte, dass Sirius schwören konnte, niemals zuvor etwas so amüsantes gesehen zu haben. Und dann dieser pinke Bikini, den er anhatte … ja, der schmeichelte Schniefi ungemein und unterstrich wunderbar „zart“ die starke Rötung seines Gesichts. James hatte beim Aussuchen wirklich fabelhaften Modegeschmack bewiesen.

Vergnügt betrachtete Sirius Schniefelus’ „anmutige“ Bewegungen, während James ihn zwang, in seinem halbnackten Outfit zwischen den Häusertischen immer wieder hoch und runter zu marschieren und hier und da eine lächerliche Pose zu machen, von dessen Gelächter sich beide Freunde nur zu gern anstecken ließen.

Eine Stimme zerstörte aber plötzlich den harmonischen Klang der allgemeinen Freude.

„Das könnt ihr nicht machen, das ist gegen die Schulordnung!“

Sirius verdrehte die Augen.

James klopfte ihm auf die Schulter:

„Kein Problem, Alter, ich mach das.“

Sirius beobachtete leicht verwundert und leicht genervt, da ahnend, was jetzt gleich wieder geschehen würde, aber James ging nicht in üblicher James-Manier, wie er es in dieser Situation von ihm kannte, sondern selbstsicheren Schrittes auf Lily Evans zu, nahm seinen Zauberstab aus der Manteltasche und sprach endlich die Worte aus, die Sirius seit Jahren schon von ihm hören wollte.

„Silencio!“

Evans’ Augen weiteten sich.

Sie wollte schimpfen, aber selbst ihre heftigsten Versuche blieben stumme Bewegungen ihrer Lippen.

Welch Wohltat für Sirius’ überstrapazierte Ohren!

„Weißt du, Evans, halt einfach deinen Mund!“

Die Rothaarige starrte seinen besten Freund schreckverzerrt an, als käme er von einem anderen Stern.

Sirius lächelte hinterhältig, er wusste, dass James jetzt gewiss noch einen drauf setzten würde.

Und tatsächlich:

„Was du Spaßverderberin der Welt wieder zu erzählen hast, interessiert sowieso keinen. Aber ist ja klar, dass einer Regelfanatikerin wie dir, das bisher noch nicht aufgefallen ist. Genauso wenig, wie du nicht merkst, dass deine streberhafte Art hier jeder zum Kotzen findet“, James’ Bemerkung wurde von allen mit großem Applaus gefeiert und unterstützt.

In Evans’ Augen schimmerten Tränen und mit gesenktem Blick lief sie eiligst aus der Halle. Sirius konnte seine Erleichterung nicht in Worte fassen.

James hatte es anscheinend endlich kapiert!

„Gut, dass ich nie mit der ausgegangen bin!“, bestätigte sein bester Freund Sirius’ Hoffnung durch die nächsten Worte.

Sirius glaubte es kaum, aber er war in diesem Moment noch glücklicher und zufriedener, als in dem Augenblick, in dem Dumbledore angefangen hatte zu lachen. Keine stundenlange Vorschwärmerei mehr von ihren „wunderschönen Augen, so grün wie frisch gepökelte Kröten“!

Kein wütender Einwand mehr, sobald er die Wahrheit über dieses Mädchen sagte!

Und am wichtigsten:

Kein „Evans, gehst du mit mir aus?“ mehr!

Nie mehr!

Konnte der Tag noch perfekter werden?

„Hey, habt ihr schon den Rest der Slytherins gesehen?“, Peter kam auf sie zu und lächelte scheinheilig.

„Jetzt, wo du’s sagst, wo sind die eigentlich alle?“, erkundigte sich James mit einem Augenzwinkern und Blick auf den leeren Tisch.

Sirius schaute überrascht auf die leeren Holzbänke. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass seine ungeliebtesten Mitschüler fehlten.

„Nun vielleicht hat ihnen gestern Abend jemand noch was ins Essen gemischt, was ihnen nicht so ganz bekommen ist?“, Remus vervollständigte dieses kleine Rumtreibertreffen unter den staunenden Blicken ihrer Mitschüler.

„Schniefi haben wir natürlich ausgespart, aber alle anderen dürften sich jetzt mit einer hungrigen Mrs. Norris rumschlagen“, erklärte Peter mit gemeinem Grinsen.

„Bestimmt – nachdem wir ihr den ganzen Monat lang schon so vorsorglich immer das Futter weggenommen haben“, fügte James noch hinzu.

Sirius schaute verdutzt von einem zum anderen.

„Ach ja!“, Remus fing unter einem Kichern und Schütteln an, seine Umhangtaschen zu durchwühlen.

„Autsch!“, rief er aus, steckte einen blutigen Finger in den Mund und zog mit der anderen Hand jetzt ein wütendes schwarzes Knäuel am Schwanz heraus.

„Hier, Sirius“, Remus überreichte ihm das schwarze Ding, dass sich als ängstlich fiepende Maus herausstellte, „ich dachte du wolltest deine Familie an deinem Geburtstag vielleicht sehen?“, er zwinkerte verschwörerisch.

Sirius machte große Augen:

„Meinst du etwa, die Maus hier ist …“

Tatsächlich!

Selbst in den winzigen Knopfaugen der Maus konnte er das gemeine rachsüchtige Funkeln noch wahrnehmen. Sirius grinste gemein, als kleines Nagetier war ihm Bella jedoch eindeutig bereits jetzt lieber … viel handlicher …

„Auch dieses dumme Gör könnte mir jetzt nicht mehr den Tag versauen!“, murmelte Sirius glücklich mit Blick auf seine geschrumpfte Cousine.

Seine drei Freunde tauschten daraufhin ein boshaftes Funkeln aus.

„Kann sie auch nicht“, meinte Peter.

„Was habt ihr gemacht?“, fragte Sirius, der das Glucksen in Peters Stimme bemerkt hatte.

„Nun, eventuell hat eine Gryffindor auch etwas von demselben Zeug der Slytherins abbekommen. Eigentlich wollte ich sie ja vorhin einfangen und dir ebenfalls bringen … aber da war Mrs. Norris leider schneller“, verkündete Remus mit zum Bedauern verzogenen Gesicht, aber nicht mit besonders bedauerlicher Stimme.

„Wir sind aber zu der Einigung gekommen, dass als Tier von einem anderen Tier gefressen zu werden, ihr schönstes vorstellbares Ende geworden ist“, meinte James, sich die Hand aufs Herz legend.

Er war sprachlos.

„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Sirius!“, stimmten seine Freunde im Dreier-Chor ein, bevor aus der gesamten Halle das Echo kam.

Das musste der schönste Tag seines Lebens sein – Schniefelus gedemütigt, James geheilt, die Slytherins besiegt und der Plagegeist war ins Nimmerwiedersehen verschwunden. Wie automatisch erhoben sich seine Mundwinkel, bereit das größte und breiteste Grinsen seines Lebens zu vollführen, doch stattdessen … zog es plötzlich an Sirius.

Es fühlte sich an, als hätte jemand nach seinen Füßen gepackt und würde ihn in die Tiefe ziehen. Sirius schaute verwundert hinunter und stellte mit schreckensgeweiteten Augen fest, dass der Boden unter ihm sich aufgelöst hatte. Verzweifelt blickte er zurück zu seinen Freunden, die immer noch lachten, aber ihr Lachen ging über in ein grausames schrilles Geräusch, dass Sirius automatisch die Augen schloss und sich die Hände auf die Ohren legte. Als er sie wieder öffnete, war James, sowie Peter und Remus, wie hinter dichtem Nebel verschwunden. Nur noch die schwachen Farben und Konturen ihrer Körper konnte er erkennen, bis sich alles in einen einzigen bunten Strudel verwandelte und er hinab in die Tiefe gezogen wurde.

Sirius fiel.

Da stand er plötzlich wieder auf seinen Beinen. Vor ihm ragte ein Turm auf, der scheinbar unendlich weit in den Himmel reichte, sein Ende konnte er jedenfalls nicht erblicken. Alles hier war dafür von zu dichtem Nebel und Schleierwolken verhangen. Selbst seine eigene Hand zu sehen, fiel ihm schwer. Von weit her drang ein Rauschen an sein Ohr.

Das Meer.

Als sich der Nebel um den Turm etwas lichtete, bemerkte Sirius auf einmal die alte rostige Tür im grauen Gemäuer direkt vor ihm. Sofort streckte der Schwarzhaarige die Hand danach aus, hielt aber inne, noch bevor seine Fingerspitzen das kühle Metall der Klinke berühren konnten.

Etwas in ihm zögerte … wollte nicht … es wehrte sich vehement dagegen, auch nur eine weitere Bewegung zu machen.

Ein regelrechter Kampf brach in Sirius aus, zwischen brennender Neugier und einem Gefühl, das er nicht definieren konnte.

Keine Angst … aber ein unglaublich starker Widerwillen dagegen, diese Tür zu Öffnen.

Mit einer frischen Meeresbrise wurde durch sein sanftes Rauschen ein Wispern zu ihm getragen. Jemand rief nach Sirius und der Widerwillen wollte nur allzu gern nichts weiter tun, als der Stimme zu folgen, wogegen jetzt seine Neugier protestierte.

Aber war es überhaupt Neugier?

Nein, so wie ihn ein Gefühl drängte, von der Tür möglichst fern zu bleiben, so existierte dieses enorme Verlangen danach, sie unbedingt zu öffnen.

Es war, als wenn diese beiden Triebe ihn innerlich zerreißen würden, wenn er nicht alsbald die Entscheidung für eine Seite übernahm.

Er wollte die Tür um jeden Preis öffnen, als hinge davon sein Leben ab und gleichzeitig warnte ihn eine ungewohnte innere Stimme (und sie hörte sich nicht wie gewöhnlich nach Remus an), es zu tun, als wenn es ihn erst recht zerstören würde, danach zu greifen.

Wieder erklang das Flüstern.

„Black …“

Diesmal war es lauter gewesen.

Sirius kannte die Stimme …

Der Turm drohte zu verschwimmen und noch immer hatte Sirius keine Entscheidung getroffen. Nicht mal einen Millimeter hatte er sich bisher bewegt. Wie erstarrt stand Sirius da auf dieser matschigen Wiese, vor dem großen bedrohlich wirkenden Turm und war nicht in der Lage, weder vor noch zurück zu weichen.

Er verstand es nicht, dabei war er doch normalerweise kein Freund von langen Entscheidungen. Diese aber wollte er nicht treffen - wollte ihr am liebsten gar nicht erst begegnet sein.

„Black!“

Die Stimme wurde lauter und drängender.

Und diesmal machte der Gryffindor einen Fehler – er drehte seinen Kopf zu der Stimme um. Sirius blinzelte durch den dichten Nebel, um etwas erkennen zu können.

Das war nichts ... erst ... doch dann ...

Urplötzlich riss Sirius die Augen auf …
 

Zuerst konnte er gar nichts sehen. Unangenehm grelles Licht blendete Sirius und er kniff ärgerlich die Augen wieder zusammen.

Himmelherrmerlin noch mal - was war los?

Da war doch gerade noch ein Turm … und eine Gestalt …

Wo war er eigentlich?

Sirius öffnete einen winzigen Spalt breit seine Augen und blinzelte durch die Gegend. Langsam gewöhnten sie sich an diese unangenehme Grellheit. Schemenhaft nahm er viele rote Umrisse und einen dunkelgrauen Boden war. Mit dem Rücken lag er auf etwas Weichem, sein Bett.

Schlafsaal - ach richtig!

Sirius ließ sich mit wieder geschlossenen Augen zurück auf sein gemütliches Kissen fallen.

Verdammt!

Etwas hatte ihn da unsanft aus einem wichtigen Traum geweckt.

In dem es um …

Verärgert musste Sirius feststellen, dass er bereits alles wieder vergessen hatte.

Nur, dass ihn eine vertraute Stimme geweckt hatte.

Wer hatte es also gewagt ihn, Sirius Black, da so unsanft aus dem Schlaf zu rütteln?

Remus war doch gewöhnlicherweise nicht so grob …

„Ach, der Herr ist wach? Wie gütig von dir uns mit deiner ach-so-wunderbaren Präsenz zu beglücken.“

Und Peter oder James waren das ganz sicher auch nicht!

Sirius drehte seinen Kopf langsam nach links um und blinzelte wieder durch seine dunklen Wimpern hindurch.

„Nein, ich träume noch - das ist ein Alptraum!“, redete es sich Sirius laut ein und wollte sich schon stöhnend über dieses schlimme Horrorvision, das Kopfkissen bereits aufs Gesicht pressen.

Aber erneut erklang erbarmungslos die nervende Stimme:

„Black, wenn das hier ein Alptraum wäre, würde nicht nur ich hier sein, sondern du wärst auch noch neben deiner Lieblings-Cousine aufgewacht. Und jetzt hör gefälligst auf, das Baby zu spielen und steh auf! Potter, kann dir ja von mir aus den Arsch aufreißen, aber nur weil du eine trottelige Schnarchnase bist, will ich mir nicht stundenlang seine Reden anhören müssen. Ist schließlich dein Freund!“

Das musste einfach ein Alptraum sein!

Nicht an seinem Geburtstag!

Nein, sie hier drin - völlig ausgeschlossen.

Das würde James nie und nimmer veranlassen, zu keiner Zeit und gewiss nicht heute!

Sirius schlug die Augen auf und während sie sich nun endlich vollständig an die Helligkeit im Schlafsaal gewöhnten, musste er der hochgezogenen-Braue-Wahrheit doch ins Gesicht schauen.

Allem Anschein nach hatte James das wirklich veranlasst. Er hatte sie an seinen Geburtstag hier reingeschickt.

Mit steil angewinkelter rechter Augenbraue und üblich kaltem Blick stand tatsächlich Melody Roberts an seinem Geburtstagsmorgen direkt vor seinem Bett.

„Wird’s bald oder willst du mich weiter belämmert anstarren? Wenn ja, ich hab nämlich was Besseres zu tun, als mich in diesem …“, sie schaute sich um und für einen Moment schien ihr wirklich mal kein passender Kommentar einzufallen, „… Ding, das ihr euren Schlafsaal nennt, aufzuhalten.“

Schlagartig war Sirius hellwach. Das Ausmaß dieses wiederholten Alptraumszenarios war soeben in sein Bewusstsein gewandert.

Melody Roberts – morgens - in seinem Schlafsaal – ihn weckend.

Prompt richtete Sirius sich auf und funkelte seinen persönlichen Plagegeist wütend an:

„Was tust du hier drin? Hab ich dir nicht gesagt, du sollst diese Räume nie wieder betreten?!“

„Und hab ich dir nicht gesagt, dass mich deine Meinung so viel interessiert wie Fliegendreck an der Scheibe?“, erwiderte das Mädchen mit den blonden Locken nicht im Mindesten beeindruckt.

„Im Gegensatz zum Gro der Mädchen, Black, richten sich meine Hormone nicht alle auf dich aus, sodass ich nach Belieben nach deiner Pfeife tanze. Also, wenn es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, mein Liebesgott bist du nicht, Adonis.“

Sirius spürte, wie alles in ihm zu pulsieren begann.

Die machte ihn noch mal wahnsinnig!

„Verdammt, Roberts - was machst gerade du hier drin?!“

„Uhh, wir werden sauer!“, sie verdrehte die Augen.

„Zu deiner Information, falls es dein Kleinhirn heute Morgen nicht überstrapazieren sollte. Potter wollte es so. Für mehr Informationen musst du schon ihn fragen.“

Nun platzte ihm endgültig der Kragen, wegen diesem frechen Gör.

Konnte die nicht einmal vernünftig und ohne Kommentar auf seine Frage antworten?!

Vor Zorn sprang Sirius jetzt sogar aus dem Bett auf.

„Black!“, sagte sie angewidert.

Er aber ignorierte das und ging so bedrohlich nah auf sie zu, dass ihre Gesichter kaum mehr eine Hand breit voneinander entfernt waren.

„Verdammt, jetzt sag’s mir gefälligst! Wenn ich deinen Anblick am frühen Morgen schon ertragen muss, habe ich wohl ein Anrecht darauf“, knurrte Sirius möglichst bedrohlich.

Doch wie immer zeigte natürlich auch dieser erneute Versuch der Angst-Einjagung oder wenigstens des Respekterhaltens, keinerlei Wirkung bei ihr.

Stattdessen zuckten ihre Mudwinkel sogar kurz, als würde sie ein Grinsen unterdrücken.

„Und wenn ich deinen Anblick so früh mit Bärchen-Boxershorts ertragen muss, habe ich wohl ein Anrecht, mich jetzt zu entfernen.“

Damit drehte sie sich um und warf ihre blonden Locken zurück, während ein leicht irritierter Sirius langsam an sich runter sah.

„Ach und bevor ich das Wichtigste vergesse, Black …“, sie war vor der Tür stehen geblieben, die Klinke bereits in der Hand und hatte sich ein letztes Mal umgedreht. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!“, in ihrem Ton schwang diese nervige Ironie mit.

Auf ihren Lippen zeichnete sich ein spöttisches Lächeln ab:

„Hoffentlich schenken sie dir schönere Unterwäsche!“

Im Nu entschwand sie aus dem Zimmer hinaus, bevor Sirius das erstbeste Kissen gegen die Tür gepfeffert hatte.

Wut schnaufend blieb er zurück, seinen nächsten halbnackten Peinlichkeitsauftritt vor ihr verdauen müssend.

Sirius’ Maß war allmählich voll!

Was konnte er denn dafür?!

Mit der Süßen aus …

Na ja, war ja auch egal - jedenfalls war es spät geworden und Sirius hatte sich im Eifer seiner Schläfrigkeit nur noch irgendeine Boxershorts aus dem Schrank gegriffen.

Was konnte er dafür, dass Krones Mutter so auf Bärchen stand?

Zum Glück hatte er nicht dessen hellblaue mit den Herzchen und Engelchen erwischt …

Apropos James, der konnte jetzt was erleben!
 

Wie ein kleiner Wirbelwind flog James auf seinem Nimbus 1500 ständig von einem Trüppchen zum anderen. Gab Abigail Verbesserungstipps bei ihrer Besenstielhaltung, kommandierte Malcolm ein paar extra Runden ums Feld, weil er es vorhin gewagt hatte, während seiner rituellen Trainings-Motivations-Aufbaureden, dazwischen zu quatschen und ermutigte Frank und Fabian immer wieder, nicht aufzugeben den Knochenbrecher-Abklatscher und den „goldenen Arm“ zu üben. Als Teamkapitän hielt sich James selbstverständlich immer auf dem neusten Stand, was die Quidditchtaktik- und –spielzug-Entwicklung hergab. Nicht, dass es vorher großartig anders gewesen wäre … aber jetzt konnte er selbst das kleine Fang-Einmaleins der Hüter, im Halbschlaf und mit Peters Schnarchen im Ohr, problemlos aufsagen.

Für James war diese Vorbereitung eine Selbstverständlichkeit, schließlich war er jetzt der Führer dieses Teams und hatte ein Ziel:

Gryffindors goldenen Namen mit Ruhm und Ehre zu bekleiden – kurz gesagt, alle anderen Mannschaften in Grund und Boden zu stampfen und den Slytherins zusätzlich noch die Hosen runter zu ziehen.

Bereits Anfang November wäre es soweit, dies unter Beweis zu stellen, zu beweisen, dass Gryffindor nie eine bessere Mannschaft (bzw. Kapitän, wie James gönnerhaft dachte) gehabt hatte.

Er war wie immer optimistisch, denn was hatten sie auch schon vor einem jämmerlichen Haufen dummer zischender Schlangen zu befürchten?

Gut, Bellatrix Black war Führerin dieses Teams und war für ihre Unberechenbarkeit in allen Lebenslagen bekannt. Und ja, vielleicht konnten Avery und Lestrange als Treiber auch recht bedrohlich auf manche wirken, so wie der gesamte Rest von Gorilla-Riesen von einem Team.

Aber … sie hatten ja eine Geheimwaffe!

Inzwischen war zwar gerüchteweise bereits durchgedrungen, dass es sich bei Gryffindors Sucher tatsächlich um den „Eremiten“ handeln könnte, aber so oder so, die Überraschung war ihnen mehr als sicher. Niemand würde mit ihr rechnen und James hatte ihr bereits mehrere Male eingetrichtert – er wiederholte es lieber ständig, da er nie sicher war, ob sie ihm während ihrer Augenverdreherei zugehört hatte – solang ihr Talent zu verbergen, bis es nicht mehr möglich wäre.

Er wollte unbedingt den Triumph über Bellatrix Blacks entsetztes Gesicht erleben! Bei all diesen gewaltigen Vorteilen machte sich James keinerlei Sorgen, dass er nicht den blassesten Schimmer hatte, wer Sucher bei ihren Gegnern geworden war.

Sie waren die bessere Mannschaft - Punkt.

Eine einsame Gestalt, die den Weg vom Schloss zu ihnen hinunter in einem sehr gemächlichen Tempo geschritten kam, erweckte James’ Aufmerksamkeit … und seinen Zorn.

Hatte er sich nicht klar ausgedrückt?!
 

„Nie im Leben, Potter!“, sie verschränkte die Arme vor der Brust.

„Und da dir ja komischerweise irgendwas an Black liegen soll – es ist für unser beider Gesundheit das Beste.“

„Und ob du gehst!“, James fuchtelte wild mit Zeigefinger und Fäusten vor ihrem unbeeindruckten Gesicht rum.

„Ich bin dein Teamcaptain …“

„Blas dich lieber nicht so auf, Potter, sonst platzt du noch“, unterbrach sie ihn mit einer spitzen Bemerkung.

„… und du hörst hier auf meinen Befehl!“

Sie zog in typischer Manier die Augenbraue hoch:

„Nur in deinen Träumen, falls da neben Evans noch Platz für mich ist.“

James fuhr ungehindert dieser „freundlichen“ Kommentare fort und spielte seinen wissenden Trumpf aus:

„Oder muss ich dich daran erinnern, was ich besitze und du nicht?“

Der Blick, dem sie ihm auf diesen Satz sandte, war mehr als eiskalt und hasserfüllt, aber es tat seine gewünschte Wirkung. Sie drehte sich mit wehender Mähne um und ging doch – James lächelte siegesreich.

Wiederum fühlte er sich in seiner Position bestätigt.

Schließlich blieb er doch der Chef hier und gab die Kommandos!
 

„Wo ist Sirius?!“, war James' harsche Begrüßung von Weitem, mit der er sie anfuhr, noch bevor seine Sucherin das Feld überhaupt betreten und er den Boden erreicht hatte.

Die gewünschte Antwort blieb erst mal aus, denn Melody Roberts marschierte einfach schnurstracks weiter, als hätte sie sein wütendes Gebrüll nicht gehört, dass alle anderen in ihren Übungen hatte aufschrecken lassen.

James schwang gekonnt ein paar Meter über dem Boden, die Beine über den Besen und landete sicher direkt zu ihren Füßen, mit Fluggerät in der Hand und jeder Menge Wut im Bauch über diese offensichtliche Missachtung seines Befehls.

„Hab ich dir nicht gesagt, dass du so lange dableiben sollst, bis er endlich aufsteht?“, James machte große Gestiken, die zu seinem Ärger teilweise mit typischen Augen verdrehen erwidert wurden.

„Sonst legt er sich wieder hin und pennt weiter, dieser …“

„Ja, Potter, du hast gesagt, bis er wach ist. Du hast nicht gesagt, ich müsste ihn ans Händchen nehmen und herbringen. Auch wenn ihm durchaus zuzutrauen wäre, sich auf dem langen Weg bis hierher zu verlaufen, bei der Größe seines Hirns.“

„Verflucht, Roberts!“

So langsam verlor James seine Geduld mit ihr und ihres ewigen Kommentierens von allem!

„Ja, du hast Recht“, sie runzelte übertrieben nachdenkend die Stirn, „er wird sich doch nicht aufgrund mangelnder Intelligenz verlaufen, seine Nase wird ihm schließlich schon den Weg zur großen Halle weisen und von da aus traue ich ihm sogar zu, den Weg hierher allein finden zu können. Die fünf Jahre Übung müssten sich langsam mal ausgezahlt haben.“

Sie zog die rechte Braue hoch:

„Wollen wir bloß hoffen, dass er unterwegs keinen Rockzipfel entdeckt, dass könnte den Guten sonst ganz durcheinander bringen.“

James verlor so ziemlich jede Beherrschung, kein Wunder bei dem, was heute noch alles bevorstand.

„Roberts, hör endlich auf, meinen besten Freund nieder zu machen oder ich werfe dein geliebtes Schmuckstück sofort in den schwarzen See!“, schrie er sie beinah an.

„Dann kannst du von mir aus in die Wasserballmannschaft der Seebewohner eintreten, um es zurückzubekommen.“

Auch diesmal verfehlte die Erwähnung des kleinen Gegenstandes seine Wirkung nicht. Ihr Blick sprach zwar allein schon Bände, doch sie öffnete nicht mehr den Mund, um sie offen für alle zu verkünden. Sein Druckmittel funktionierte eben immer perfekt.

„Jetzt sag mir, wo Sirius ist und warum er nicht mitkommen wollte?“

James bemühte sich stark, etwas Entspannung in seine angespannte Stimme zu bringen. Er hatte aus den Augenwinkeln bereits bemerkt, wie Abigail hinter Frank Schutz gesucht hatte und selbst Malcolm nicht aussah, als wolle er im Moment einen Spruch ablassen.

James konnte kaum gegen seinen Ärger ankämpfen. Normalerweise war er immer äußerst locker und optimistisch, aber die Frustration wegen einer gewissen Sache nagte tief an ihm. Und dann ein paar Kommentare von Roberts’ Seite und James konnte gut verstehen, warum Sirius sie oft genug dahin wünschte, wo das Mondscheingras wuchs. Dieses Mädchen war nämlich absolut Nerven aufreibend und musste dabei immerzu so eine überlegen störende Ruhe bewahren. So wie jetzt, wo sie sich trotz Drohung und intensiven Geschreis erst in aller Ruhe einen Zopf band, bevor sie ihm antwortete.

James knirschte mit den Zähnen.

„Potter“, sie sprach seinen Namen aus wie sonst nur das Wort „Black“, „dein dämlicher Freund ist genau da, wo die Schlafmütze vorhin auch noch war, bis ich sie rausgeschmissen habe. Aber lass dir eins versichert sein …“

Sie schnappte sich flink ihren Besen.

„Er wird kommen!“, James konnte in ihrer Stimme leisen Hohn mitschwingen hören und fragte sich, was das wieder zu bedeuten hatte.

Als in der Ferne die Dampflok höchstpersönlich, pardon, Sirius sich äußerst missgelaunt den Weg zu ihnen bahnte …
 

Potter hatte einen an der Waffel!

Mel ließ sich mehr oder weniger die matschige Pampe schmecken, die ihre Cornflakes sein sollten.

Aber seine frühen Trainingszeiten waren sogar mal praktisch – seit einigen Wochen konnte Mel so morgens mal ein Frühstück zu sich nehmen, dass aus mehr als einer Scheibe angeknabberten Toast bestand. Ausgepowert und mit einem um diese Uhrzeit inzwischen wachen Magen, war Mel sogar in der Lage, eine ganze Schüssel dieser süßen Matsche zu sich zu nehmen, ohne dass es ihr gleich wieder hoch kam.

So löffelte Mel stumm wie immer vor sich hin, bis es auf einmal Platsch sagte und der Inhalt ihres Schälchens sich plötzlich zum größten Teil auf ihrer Jeans und Jacke wiederfand.

Dicke Milchtropfen rollten von Tisch und Bank hinunter, als Mel – das Schnauben eines schwarzhaarigen Jemands ignorierend – mit einem gefährlichen Aufblitzen nach dem Ausschau hielt, der für dieses unfreiwillige Milchbad am Morgen gesorgt hatte.

Sie seufzte.

Eine unschuldige braune Eule des Tagespropheten hüpfte vor ihr nervös auf und ab und war anscheinend total aus dem Häuschen, da das heute ihr erster Einsatz gewesen zu sein schien.

Mel seufzte erneut.

Tiere waren Mels Schwachpunkt, sie konnte ihnen nie wirklich böse werden.

Also bekam die kleine Eule statt unfreundlicher Sprüche und giftigen Blicken ein paar sanfte Streicheleinheiten ab, während Mel sie von ihrer viel zu schweren Last befreite und drei bronzene Münzen in ihren winzigen Beutel steckte. Mit einem freudigen Kniff in den Finger verabschiedete sich der zapplige Vogel und Mel machte sich endlich daran dem Chaos Herr zu werden. Nur ein kleiner Zauber und die frühere Ordnung war wieder hergestellt - wie auf Kommando segelte darafhin nun eine andere Eule ein.

„War ja wieder klar, dass du kommst, wenn der ganze Dreck weg ist!“, Mel bedachte den nachtschwarzen Vogel vor sich mit einem süffisanten Lächeln.

Sador schuhute eingebildet und drehte seinen Kopf weg. Mit einer Krauleinheit gewann sie allerdings seine Aufmerksamkeit schnell zurück. Inzwischen schlug Mel auch den Tagepropheten auf – ihr Frühstück hatte sie mit ihrem Unfall längst aufgegeben.

Nur die wichtigsten Überschriften wurden von ihr überflogen, ein schlichter Überblick über die Lage in der Welt genügte Mel. So las sie etwas von fallenden Zaubereraktien bei Sleeks Reinigungszauber & Putzhexen AG, dagegen steigende bei Zonkos – den Rumtreibern sei Dank, wie Mel ironisch dachte – irgendwelchen unbedeutenden Gesetzesänderungen im Falle eines Vermieterstreits mit einer Todesfee, Fortschritte auf dem Gebiet der Erforschung eines wichtigen Trankes – mehr wollte Mel schon bereits von Zaubertränken am so frühen Morgen nicht hören – und neuen Hinweisen und Spekulationen im Mordfall des ehemaligen Ministers für Zaubererkatastrophen ...

„HALT DIE KLAPPE!“, Mel schreckte aus ihren Überlegungen hoch.

Sie erkannte Black, scheinbar ziemlich wütend – denn genau so wie jetzt gerade schaute er auch immer aus, wenn er mit ihr sprach - vor ihm ein klein gewordener Pettigrew und daneben ein beschwichtigender Remus Lupin.

„Es interessiert mich nicht, klar?!“, fuhr er seinen kleineren Freund weiter an.

Mel kam nicht umhin, sich zu fragen, was Pettigrew so früh am Morgen ausgefressen haben mochte, dass Black derart austickte, auch wenn es sie natürlich nicht wirklich interessierte.

„Vielleicht“, dachte Mel höhnisch, „hat er ja vergessen sein Geburtstagsgeschenkchen an unser heutiges Jubelkind zu übergeben.“

Würde Black ja ähnlich sehen, sich deswegen gleich aufzuspielen wie eine gekränkte Diva.

„Jetzt bleib mal ganz ruhig, Tatze!“

Tatze - Mel wunderte sich immer noch über die seltsamen Spitznamen, mit denen die vier Chaoten sich nun neuerdings anzureden pflegten.

Ihrer Meinung nach waren sie nur eins:

peinlich.

„Wurmschwanz wollte dir nur zum Geburtstag gratulieren.“

Die Blonde winkelte die rechte Augenbraue stark an.

„Mir egal! Ach, lasst mich doch in Ruhe!“

Black schnappte sich ein paar Brötchen und dampfte wütend aus der großen Halle ab – seine Freunde ließ er einfach stehen.

Tja, der Streit mit Mr. Quidditch schien ihm wohl zu zusetzten, wie Mel vergnügt an die kleine Auseinandersetzung der beiden vorhin auf dem Feld zurückdachte.

„Dabei hat er doch auch dieses Jahr wieder so viele schleimtriefende Bewunderungsbekundungen und Einladungen zum Sex bekommen“, Mel betrachte leicht angewidert den rosaroten Berg Briefe auf Blacks ehemaligen Platz.

Mit jedem Jahr schien er exponential zu wachsen.

Sie schüttelte den Kopf über so viele schwachsinnig verliebte Mädchen, die Hogwarts zu beheimaten schien. Keine von denen hatte scheinbar den blassesten Schimmer, von was für einem Idioten sie nachts träumten – wie auch, wenn sie immerzu mit dem dummdämlichen Anstarren seines Gesichts beschäftigt waren.

Ihr Kopf hatte sich schon wieder der Zeitung zuwenden wollen, als ihre Augen an einem kleinen schwarz-grauen Etwas hängen blieben.

Kurz wurde die hohnvolle Stimme in ihrem Kopf stumm.

Mels Gedanken drohten abzuschweifen …

Dann zwang sie sich gerade dazu, sich wieder auf ihre Zeitung zu konzentrieren. Mel verlor nicht gerne die Kontrolle über ihren Kopf … oder ihre Gefühle.

So verordnete Mel sich immer wieder daran zu erinnern, dass Black, so wie alles, was auch nur im Entferntesten mit ihm zu tun hatte, sie einen Scheiß kümmerte.

Es funktionierte – alsbald war wieder die gewöhnliche Ruhe in Mels Kopf eingekehrt.
 

Lilys Stimmung an diesem Morgen pendelte irgendwo zwischen schadenfroher Genugtuung – man sollte kaum glauben, dass Lily Evans zu derartigen Gefühlen in der Lage war – und einer gewissen doch aufkeimenden Nervosität.

Dabei gab es überhaupt keinen Grund dazu!

Sie hatte nur getan, was richtig war – das einzige, was richtig gewesen war in dieser Situation. Lily biss sich auf die Unterlippe, es würde schon alles glatt gehen und es würde ihm wohl endlich ein deutliches Zeichen geben.

„So.“

Ohwei – schon wieder das böse kurze Wort!

Lily schaute auf, Caites Blick musterte sie leicht missbilligend.

„Wir werden uns dann wohl heute nicht sehen, gehe ich recht in der Annahme?“

„Ich weiß noch nicht, wo wir hingehen werden, aber wenn du Lust hast, könnten wir uns ja in den drei Besen-“

„Mach dir keine Umstände!“, Caite erhob sich mit einer stolzen, vornehmen Bewegung, die ihr eigen war, von ihrem Platz.

„Sheila und ich haben noch sehr viele wichtige Dinge zu besorgen, das wird sowieso zu lang dauern. Also, bis heute Abend“, Caites Gesicht nahm einen kühlen Ausdruck an, „… und viel Spaß bei deinem Date.“

So ließ sie Lily alleine am Frühstückstisch sitzen und schritt mit ein wenig angehobener Nase von dannen, vermutlich ihre Schwester suchen gehend. Lily kannte Caite zu gut, sie wusste, dass sie den letzten Satz nur aus purer Höflichkeit gesagt hatte. Oder um versteckt auf ihre Kränkung hinzuweisen, dass Lily nicht wie sonst mit ihr nach Hogsmead ging (Belli war meistens aufgrund irgendwelcher komischen Kerle abkömmlich, die sie gerade ihren „Freund“ nannte). Dabei glaubte Lily ihr nicht, dass sich die schöne Irin auch nur halb so gekränkt fühlte, weil sie es vorzog, mal mit jemand anderem ins Dorf zu gehen.

Nein, Lily kannte Caite dafür zu gut!

Ihr passte es einfach nicht, dass Lily mit einem Jungen dorthin ging.

Auf dem Weg zur Eingangshalle führte Lily ein altbekanntes Zwiegespräch mit sich selbst - mal wieder - in den letzten Wochen war es nur allzu oft vorgekommen und seit gestern Nachmittag wollte es gar nicht mehr aufhören.

Was sollte sie nur tun?

Sich schuldig fühlen, weil sie ihn in gewisser Weise ja für ihre eigenen Zwecke ausnutzte – oder ihre Schuldgefühle ignorieren, weil es ja nichts Verbindliches, sondern nur ein unschuldiges Treffen war und sie ihn zu nichts gezwungen hatte?

Bis zu ihrer Ankunft kam Lily zu keiner Einigung mit ihrem Kopf, dafür mischte sich auch noch Caites Stimme ein, die heftig mitdiskutierte und Lily nun vollends durcheinander brachte. In ihrem Denkapparat wirbelten die Gedanken umher und führten sie allzu schnell zu einer anderen nicht-ausgeführten Idee, die immer noch dort oben rumspuckte. Was wäre, wenn sie …

„Lily?“

Erschrocken schaute die Rothaarige sich um, sie war einfach weitergelaufen, mit den Gedanken völlig woanders. Dieses seltsame Phänomen geistiger Abwesenheit machte Lily Evans nun schon seit einigen Wochen schwerer und schwerer zu schaffen. Der Ursache war sie aber leider bisher nicht auf die Spur kommen können.

Ihre grünen Augen schauten sich suchend nach dem Rufer ihres Namens um und entdeckten ihn alsbald leicht verwundert die Augebrauen gehoben, ein wenig rechts neben der Statue von Rowena Ravenclaw stehend. Rasch machte sich Lily auf den Weg zu ihm, seine braunen Augen musterten sie aufmerksam.

„Alles in Ordnung mit dir? Du wirkst etwas blass, wenn dir nicht gut ist, können wir das ganze auch …“

„Nein, mir geht’s prima!“, versuchte Lily durch zusätzliches heftiges Kopfnicken zu bekräftigen.

So weit war sie schon gekommen, jetzt würde sie gewiss nicht wegen Gewissensbissen kneifen.

„Lass uns gehen.“

Sie schnappte sich seine Hand und überrumpelte den ruhigen Jungen wohl etwas mit ihrer plötzlichen Eifrigkeit, denn er taumelte leicht hintendran. Lily stellte unterdessen fest, dass er außergewöhnlich warme Hände hatte, dafür, dass er meist einen gänzlich anderen Eindruck erweckte.

Gerade als sie an der Reihe waren von Filch mit missbilligendem Blick und schlecht gelaunter Miene gemustert zu werden, passierte es.

„REMUS!“

Lilys Begleiter zuckte zusammen und schien mit etwas eingezogenen Schultern, sich zu der Quelle des wütenden Ausrufs umzudrehen. Auch Lily drehte sich um und legte bereits jetzt vorsorglich einen strengen Blick auf.

James Potter quetschte sich durch die engen Reihen auf sie zu, mit jedem Meter schien er grober zu denen zu werden, die zwischen ihm und Remus und ihr standen, stieß er sie doch einfach weg, wenn sie ihn nicht schon vorher Platz machten.

„REMUS“, wieder brüllte James Potter angriffslustig den Namen seines Freundes und Lilys Begleiters, obwohl sie jetzt nur noch wenige Meter voneinander trennten und es die normale Lautstärker auch getan hätte.

„Aber Potter benötigt ja immer die ungeteilte Aufmerksamkeit von allen!“, ging es Lily ärgerlich durch den Kopf.

„WIE konntest du das nur tun – hm?! Du bist mein Freund und hintergehst mich einfach?!“

Remus hob beschwichtigend die Arme und wollte wohl etwas sagen, aber Potter ließ ihn natürlich nicht ausreden.

Lily spürte wieder mal altbekannten Hass und Verachtung in sich hochsteigen.

„Lässt mich wie blöd einen Monat lang rumrätseln, während du hinter meinem Rücken ein Date mit meinem Mädel klar machst?!“

Das war zu viel für Lily!

„Potter – wann kapierst du es endlich?! Ich. Bin. Nicht. Dein. Mädel. – noch sonst irgendwas, was du gern hättest!“

„Halt dich da raus, Evans, dass ist ein Sache zwischen mir und Remus.“

Lily glaubte wohl sich verhört zu haben.

Wie arrogant konnte ein einziger Mensch eigentlich sein?!

„Und ob mich das was angeht, wenn du meinen Begleiter einfach anbrüllst! Du hast kein Recht dazu.“

„Und WIE mich das etwas angeht!“, gab Potter zornig zurück.

„James, hör doch mal zu, es ist anders als du denkst. Ich …“

„Anders als ich denke - wie denke ich denn, dass ich denke, dass es ist?!“, der Schwarzhaarige schien ihren Vertrauensschülerkollegen mit seinem Blick vollständig durchbohren zu wollen.

Sie sah Pettigrew Potter zaghaft am Ärmel ziehen.

„Krone, ich glaube wir sollten besser verschwinden, sonst-“

„NEIN!“, verkündete Potter mit einer Stimme, die keine andere Meinung zuließ.

In Lily rumorte es. Das musste wahrer Hass sein.

„Was soll ich bitteschön anderes denken, Remus? Du stehst hier und hast ein Date mit Evans und erzählst mir, ich soll das ganze nicht so ernst nehmen?!“

Potter drehte vollkommen am Rad und Lily war nicht bereit, sich das länger anzutun. Schon den Mund bereit geöffnet, Potter endgültig (und äußerst eindeutig) ihre Meinung über alles zu sagen, wurde sie unterbrochen.

„Würdet ihr bitte weitergehen?“

Schlagartig beruhigte sich Lily Puls wieder, diese Stimme war einfach zu angenehm für ihre Ohren. Der blonde Junge mit dem Vertrauensschülerabzeichen auf der Brust kam leichten Schrittes auf sie zu.

„Ach ja, wieso sollten wir auf dich hören, Peterson?!“

Lily wäre am liebsten auf Potter losgegangen, dem natürlich nichts Besseres einfiel, als Brian auch noch anzufahren.

„Weil Filch inzwischen McGonagall Bescheid gesagt hat, sie auf dem Weg hierher ist und du bestimmt heute keinen Ärger mit ihr bekommen möchtest, Potter“, war Brians schlichte Antwort daraufhin.

„Das wollte ich dir auch schon sagen, Krone“, nutzte Pettigrew jetzt die kurze Denkpause Potters, als Chance etwas sagen zu dürfen.

„Und Gonni sah beim Frühstück schon nicht besonders gut gelaunt aus.“

Potter machte wilde unsinnige Gestiken mit den Händen, die Lily als überaus unhöflich empfand. Aber was sollte man anderes erwarten - dieser Junge war ja auch schlichtweg die Unhöflichkeit in Person.

Plötzlich wurde Lily blitzschnell zur Seite gezogen, dass sie zuerst gar nicht wusste, wie ihr geschah. Ihre Hand, an der sie geschnappt wurde, schien auf einmal zu glühen, so warm wurde sie.

Im nächsten Moment hörte sie Potter auffluchen, jemand hatte ihn wohl zur Seite gestoßen, denn er hockte jetzt auf dem Boden.

Und dieser jemand war …

„Verflucht! ROBERTS, bleib stehen!“

Lily sah einen wuschigen blonden Haarschopf sich entfernen.

„Was fällt dir ein?!“, beschwerte sich der Schwarzhaarige weiterhin lautstark.

„Ganz einfach, Potter – du standst im Weg“, antwortete Mel monoton, ohne ihn der Höflichkeit eines Blickes zu würdigen.

„Ich bin dein Teamkapitän!“, brüllte Potter zornig.

Mel drehte sich um, zuckte kurz abfällig die Schultern und wiederholte herablassend:

„Du standst trotzdem am allermeisten im Weg.“

Bei Potter schien nun endgültig etwas zu platzen, denn er stürmte raus in die Kälte, ihr nach, gefolgt von einem etwas verwirrten Peter Pettigrew.

Lily atmete auf.

Sie war ihn los, wenn auch nur für eine Weile – Merlin sei dank!

Erst jetzt wurde sich Lily bewusst, dass ihre Hand noch immer festgehalten wurde und dass sie noch immer wie verrückt sich von selbst zu erhitzen schien. Auch spürte sie, dass ihr Kopf gegen irgendwas Weiches lehnte. Mit leicht geröteten Wangen drehte Lily sich um und schaute direkt in Brians kastanienbraune Augen. Es vergingen Sekunden in denen Lily ihren Blick einfach nicht abwenden konnte, noch half ihr der Blonde, in dem er sie weiter anschaute. Lily war eine Gefangene, ohne irgendwelche Gedanken, nur ein Gefühl war noch da, das existierte. Besonders in ihrem Bauch spürte Lily dieses kribbelnde Gefühl einer eigenartigen und nie zuvor gekannten Leichtigkeit …

„Was ist hier los?“

Die beiden fuhren auseinander, Professor McGonagall kam steifen Ganges den Flur dahergeschritten. Pettigrew hatte Recht gehabt, ihre Laune war ähnlich fröhlich wie nach einem neuen Rumtreiberscherz.

„Nichts, Professor – nur eine kleine Auseinandersetzung, die sich von selbst erledigt hat“, antwortete ihr Brian mit sicherer Stimme.

„Gut. Ich hatte schon die schlimmsten Befürchtungen als mir Mr. Filch die Worte „Streit“ und „Potter“ sagte, aber anscheinend haben sie ja für Ruhe gesorgt, Mr. Peterson“, die Professorin mochte den Ravenclaw anscheinend sehr gern, denn für ihre schlechte Laune, bekam Brian fast so etwas wie ein freundliches Lächeln ab.

„Lily, gehen wir?“, Remus riss sie erneut aus ihren Gedanken, nachdem die Professorin gegangen war und alles wieder seinen gewohnten Lauf angenommen hatte.

„Was … ja, selbstverständlich!“, Lily war zu beschäftig gewesen, jemanden anzustarren.

Filch musterte sie heute noch länger als sonst, vermutlich aus schlechter Laune doch niemanden bestrafen zu können. Lily hätte es ihm sogar mal gegönnt. Sie hätte es vor allem Potter vergönnt, denn anderes hatte er ihrer Meinung nach nicht verdient.

Wieso beschlich Lily dann das unbestimmte Gefühl, dass das eben nicht das Ende für heute war?

Vielleicht wegen dem Zwicken, dass sich so verdächtig in ihrem Magen breit machte, aber bei aller unguter Stimmung, die es verbreitete, schaffte es doch nicht ganz, das wunderbare Gefühl einer seltsamen Leichtigkeit aus Lilys Bauch zu vertreiben.
 


 

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@eva-04: Freut mich zu hören! ^^ Tagebucheinträge von Remus zu schreiben, finde ich nämlich fast schwieriger, als normale Chaps zu verfassen. Ist immer so eine Umstellung von Er- auf Ich-Erzähler - aber dafür brauch ich dann wenigstens nicht so viel zu schreiben. *g*

Hehe - hast heute ja schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf das gesehen, was noch kommt. Und ich sag nur eins: Es wird heftig! *oh oh*
 

@whatever92: Ich hoffe wir haben das Missverständnis geklärt! Über ein Kommi von dir würde ich mich jedenfalls freuen! =)
 

@Nicce: Dankeschön! Aber vielleicht werden mancher seiner "geheimen Gedanken" nicht für immer geheim bleiben? Er hat schließlich so seiner Theorien ... ;)

Hm ... bei James' Überraschung bin ich mir selber noch nicht so sicher - ist aj alles top secret! =) Aber ich kitzel es schon noch aus ihm heraus. ^^
 

@Manami89: Thankxx!!! =)

Ich gebe mir Mühe die ff auch in Zukunft abwechslungsreich zu halten und du wirst sicher noch viele (lange ^^) Kapitelchen von mir zu lesen bekommen! ;)
 

@Lesca07: O wirklich? *freu* Das ist schön, wenn du sie trotz allen schulischen Traumas (die ich nur zu gut nachempfinden kann ;) )magst. Wenn ich ehrlich bin, ist das nämlich mein unliebstes Chap ... Würde gerne noch mal alles umschreiben - Perfektionistin halt. ^^

Mels Vergangenheit kommt nur sehr langsam ans Tageslicht - Sorry! - behalte in nächster Zeit lieber Caite im Auge, da könnte sich nämlich was tun. ;)

Bei Sirius' Überraschung lass ich mich selber auch mal überraschen, bisher habe ich nämlich nur so eine wage Ahnung davon. *lol*

P.S. Mein aufrichtiges Beileid! Das muss einer der schlimmsten Tage deines Lebens gewesen sein - aber ich versichere, ich fühle mit dir! Meine persönliche Hölle besteht nämlich aus endlosen Mathe- und Physikstunden & *kreisch* einer großen dunklen Zahnarztpraxis.
 

Hey Leutz! Ist mal wieder etwas später geworden, als geplant, aber letzte Schulwoche hat für mich begonnen und musste mir noch ein paar Outfits für die Mottowoche raussuchen. *lol* Heute morgen bin ich denn im Nachthemd und Bademantel in die Schule marschiert und konnte endlich das tun, was ich schon seit Ewigkeiten wollte - ein Kissen vorsorglich mit in den Unterricht nehmen! *g*

Nun denn aber zurück zur ff: So, ein letztes vorgeschriebenes Kapitel habe ich noch (gibt es vorraussichtlich diesen Freitag) und dann ist erst mal Schluss. Für Nachschub wird natürlich gesorgt, aber vor Ende April würde ich mit nichts neuem rechnen. Die nächsten beiden Wochen stehen erst mal die Klausuren noch an, ich hoffe danach wieder Zeit zum Schreiben zu finden. Weiter geht es aber auf jeden Fall! =)
 

vlg, yanni
 

P.S. Damit ihr beim nächsten update nicht vom Stühlchen kippt: Chap 15.1 ist übrigens 39 Word-Seiten lang! *g*

Hogsmeade, ...

Kapitel 15.1 – Hogsmeade, …
 

»And I am cold, yes I'm cold

But not as cold as you are

I love the sound of you walking away, you walking away

I love the sound of you walking away, walking away, hey hey
 

Why don't you walk away?

Why don’t you walk away?

Why don't you walk away?
 

No buildings will fall down (don’t you walk away)

No quake will split the ground (won’t you walk away)

The sun won’t swallow the sky (won’t you walk away)

Statues will not cry (don’t you walk away)
 

Why don't you walk away?«
 

„Walk away“ – Franz Ferdinand

(*Video zum Song*: http://youtube.com/watch?v=qII2RBVcEKQ)
 

Mit starrem Blick ging Sirius durch Hogsmeade. Seine Laune drohte ein erneutes Tief an diesem Tag zu erreichen und nur die Aussicht auf ein nettes kleines Extrageburtstagsgeschenk ließen ihn das nicht nach außen hin zeigen. Obwohl – seine schauspielerischen Künste schienen heute gänzlich überflüssig zu sein. Das plappernde Ding in seinem Arm fühlte sich allem Anschein nach von nichts, aber auch rein gar nichts gestört.

Sirius atmete schwer aus.

Das Mädchen mit dem kurzen braunen Haarschopf redete ungestört weiter.

Seit Stunden, wie es Sirius vorkam.

Laura Brandon tat nämlich, seit er sie im Gemeinschaftsraum abgeholt hatte, nichts anderes, als ihn ununterbrochen voll zu texten und zwar mit all den Themen für die Sirius sich noch nie interessiert hatte. Und wer sich jetzt wunderte, warum Sirius, entgegen der Gewohnheit, sogar mal mehr als den Vornamen seiner derzeitigen Teilzeitfreundin wusste, nun … ihren Zweit- und Drittnamen hätte er auch problemlos aufsagen können. Es war einfach gänzlich unmöglich, ihn zu vergessen, wenn sie ihn jeden zehnten Satz wiederholte, da kam selbst jemand wie Sirius nicht drum herum, ihn sich zu merken.

In der letzten Dreiviertelstunde oder länger (Sirius verlor allmählich sein Zeitgefühl) hatte er außerdem noch erfahren, wie ihre Urgroßmutter, Onkel zweiten Grades, Cousins, Halbgeschwister und Oheims hießen. Sirius hatte laut aufgeatmet, als es endlich vorbei gewesen war, aber das Beste kam ja immer zum Schluss, daraufhin folgte nämlich ein Vortrag von Laura Brandon über die herzergreifende Lebensgeschichte ihrer Muhme Sophie Amrosine Peninah Brandon. Und schließlich quasselte sie nun munter von Hölzchen nach Zauberstäbchen daher, was für eine Rasse ihr Piepmatz im Alter von fünf Jahren war, wieso sie Erdbeereis eindeutig Schoko vorzog, welche „Trendläden“ in der Winkelgasse gerade ein Muss waren, irgendeinen Blödsinn über ihren Lieblingsschnulzensänger und warum sie Venice Lithon zutiefst bewunderte.

„… ihre Haare gesehen? Ein Traum! Ich wollte sie schon lange fragen, mit welchem Haarwaschmittel sie sie wäscht, aber wahrscheinlich könnte ich mir das sowieso nicht leisten. Denn sie ist ja sooo reich! Ihr Vater hat ein riesiges Vermögen und allein in Großbritannien drei Häuser. Und wenn ich Häuser sage, dann meine ich richtige Schlösser, nicht so kleine Reiheneigenheime, wie wir drin wohnen. Ganz zu schweigen von deren ganzen anderen Villen in Australien, Hawaii, Fidschi – eigentlich wohnen sie ja auf der ganzen Welt, hat Venice mal erzählt“, sie lachte in einem unangenehm hohen Ton.

„Mein Opa sagt dann immer, wenn ich ihm davon erzähle, „Laurie“, sagt er, „dafür haben wir ja uns.“ Aber was soll ich mit so einer Großfamilie? Ich mein schön und gut alles, aber werden meine Haare davon glänzend wie Seide?“

Sirius überlegte kurz, ob es sinnvoll wäre, jetzt ein „Hm.“ erklingen zu lassen.

Allein dieser Gedanke war schon überflüssig, wie er drei Sekunden später feststellte, denn sie plapperte einfach munter weiter. Also schaltete Sirius sein Gehör gleich völlig auf Durchzug.

Merlin!

Warum hatte er gerade dieses Ding hierher mitnehmen müssen?!

Eine andere hätte es doch auch getan.

Ach ja!

Es fiel Sirius wieder ein.

Weil sie frech gewesen war.

Es mochte zwar komisch klingen, aber ihr Verhalten hatte Sirius irgendwie imponiert. Normalerweise war es immer er, der die Mädchen ansprach, die ihm gefielen und die dann jedes Mal allesamt nach einem Schema zu funktionieren schienen:

Nach Luft Japserei aus Schock, dass tatsächlich er sie angesprochen hatte, rotes Anlaufen wegen seines eindeutigen Angebots, das wirklich an sie gerichtet war und schließlich das ja und danke sagen zu allem, was er vorschlug, immer mit diesem komisch verträumten Abwesenheitsblick in sein Gesicht.

Diese Gryffindor aber hatte den Spieß immerhin auf gewisse Weise mal umgedreht, indem sie ihn einfach mitten auf dem Gang mutig und ohne zu zögern angesprochen hatte. Es war fast schon dreist gewesen, aber Sirius hatte diese Abwechslung von der Norm gefallen … außerdem war ihr Äußeres auch durchaus ansprechend gewesen. Kurze braune Haare, die ihr vorwitzig ins Gesicht hingen, ein Paar schöner dunkelgrüner Augen mit leicht verruchten Graustich, ein nettes kindliches Lächeln und natürlich das Wichtigste, wo Sirius zuerst hingesehen hatte – vielversprechende Kurven. Jetzt blieb Sirius nicht mal das als Ausblick, da alles unschöner Weise unter den dicken Schichten ihres Wintermantels verborgen blieb.

Heute schien sein persönlicher Pechtag zu sein, es musste einfach, wenn er bereits mit diesem Miststück von einer Kratzbürste angefangen hatte. Dabei sollte der Sechzehnte doch immer etwas „ganz besonderes“ sein – sweet sixteen!

Sirius lachte freudlos in sich hinein.

Was war das denn dann für ein derartig beschissener Geburtstag?!

Er seufzte genervt.

Ein plötzlicher spitzer Schrei ließ Sirius schon denken, dass seine Bekanntschaft es dummerweise mal mitbekommen hätte, aber ihr nächster Ausruf belehrte ihn eines besseren - dieses Mädchen bekam alles mit, nur nicht, was um sie herum passierte.

„Wahnsinn – Alabasters magische Wundercreme für nur einen Sickel das Stück!“

Sirius wollte seinen Kopf in die Hände legen oder ihn zumindest irgendwo gegen hauen.

Das durfte einfach nicht wahr sein!

„Nein, lass das nicht den Laden sein!“, sandte Sirius ein Stoßgebet gen Himmel.

Als er die Augen öffnete, stöhnte der Schwarzhaarige erneut auf. Diesmal allerdings ohne Zurückhaltung.

„Und da wollen einem die Muggel was von der Existenz dieses Gottes-Typen weiß machen?!“

Sirius’ Flehen war jedenfalls nicht erhört worden.

Vor ihm prangte unbestreitbar dick und fett ein großes pinkes Schild, auf dem in schwarzer geschlungener Schrift stand:
 

~ Madame Beaubabettes Tempel der Aphrodite – für die schönheitsbewusste Hexe von heute ~
 

Sirius konnte sich nicht mehr erinnern, wie viele Mädchen ihn bereits hierhin geschleift hatten oder plötzlich mit Sicht dieser grell pinken Ankündigung einfach ähnlich reagiert hatten, wie Laura Brandon – aber es waren definitiv zu viele gewesen!

Sirius hasste einkaufen und verstand partout nicht, was Weiber daran so unglaublich toll fanden. In diesen Momenten des Grauens fragte er sich immer, warum er nicht einfach mit den Jungs gemütlich einen trinken gegangen war, statt sich von kaufsüchtigen Geschöpfen mit Vorbau in ein Geschäft nach dem anderen ziehen zu lassen.

Heute wusste er ausnahmsweise, warum (auch wenn Sex immer ein gutes Argument für Sirius war) – James’ Visage wollte er für eine ganze Weile erst mal nicht sehen!

Scheinbar stundenlang – für Sirius – stand sie da und begeisterte sich für eine Auslage nach der anderen, die vor dem Geschäft aufgebaut waren, während in seinen Augen all diese bunten Döschen absolut gleich aussahen.

Wozu brauchten Weiber eigentlich diesen ganzen Scheißkram?!

Ein Bimmeln erklang von der Ausgangstür und ein mürrischer Sirius reckte – der vielen kitschfarbigen Produkte längst überdrüssig – den Kopf, als zwei hochgewachsene Gestalten mit jeweils zwei voll beladenen schweren rosa Tüten heraustraten.

Die Gallagher-Schwestern.

Sogleich besserte sich Sirius’ Laune erheblich und wie automatisch zeichnete sich statt Genervtheit ein verführerisches Lächeln auf seinen Lippen ab, mit dem er der Jüngeren zuzwinkerte. Wie erwartet, erröteten die Wangen Sheila Gallaghers auf sehr ansprechende Weise und sie gab gleichen Blick schüchtern zurück.

„Black“, das war die Ältere.

Ungern wandte ihr Sirius seine Aufmerksamkeit zu. Nicht, dass sie nicht genauso schön anzusehen gewesen wäre, keineswegs. Caite Gallagher gehörte zu den Mädchen, die man normalerweise mehr als gern länger anschaute und deren Körperbau – der wahrlich nicht von schlechten Eltern war – er für gewöhnlich genauestens studieren würde, bis das Mädchen aufgrund dieser Schamlosigkeit puterrot angelaufen war.

Kurz gesagt:

Sie wäre unter normalen Umständen eine durchaus würdige Anwärterin für ein Date mit ihm – aber diese Gallagher hatte einen Fehler.

„Wage das ja nicht noch mal!“, sagte sie giftig und ihr Blick verriet so viel Abscheu, wie er es sonst nur von einer Slytherin gewohnt war.

Oh ja, ein einziger Fehler, der all die netten Attribute Caite Gallaghers zur Nichte machte.

Sie hasste ihn.
 

Er war sich absolut sicher, sie knacken zu können. Schließlich war er ja er selbst – Sirius Black. Und er konnte sie alle haben. Das wusste er selbst im Alter von vierzehn Jahren schon.

Ein nettes Lächeln hier, ein freundliches Kompliment dort und immerzu Verständnis für all ihre Probleme heucheln – dann wäre die Sache bald wie geritzt und die schöne Unnahbare, die unantastbare Eiskönigin Caite Gallagher wäre auch nur ein Name auf seiner endlosen Liste.

Sie war eine gewaltige Herausforderung – ähnlich wie Lily Evans für James – aber gerade deswegen lockte es Sirius diesmal. Es war allzu verführerisch, das zu schaffen, was bisher kaum einer überhaupt gewagt hatte, woran jeder bisher verzweifelt war. Egal mit was für Absichten.

Ein kleiner Kampf, ein bisschen Geduld und viel Hartnäckigkeit, dann würde er den süßen Geschmack des Sieges schmecken dürfen, von der Frucht des Erfolgs kosten.

Und Sirius wollte sich beweisen – beweisen, dass er sie wirklich schaffen konnte, dass er sie alle schaffen konnte, dass Sirius Black nicht nur ein wahrer Mann, sondern „der“ Mann war.

Alles was er jetzt noch brauchte, war ein Anfang …

Und was war da unschuldiger und einfacher als ein nettes kleines Tischgespräch?

So ließ sich Sirius also an diesem Abend so mir nichts, dir nichts, neben dem Mädchen mit den langen tiefbraunen Haar einfach fallen. Er schnappte sich seinen Teller und befüllte ihn wie immer kräftig mit allem in seiner Reichweite. Schnell hatte Sirius losgelegt und erklärte kauend das unglaubliche Geschmackserlebnis des heutigen Pies. Als er nach einiger Zeit des Monologs endlich bemerkte, dass es um ihn herum verdächtig still geworden war, fielen ihm Lily Evans erstechende grüne Augen auf, sowie ihre Zunge, die sie gerade als Kaugummi missbrauchte. An Sirius’ Siegesgewissheit änderte das jedoch nichts, selbst mit ihrem drohenden Schimpfterror würde er noch fertig werden.

Belli Cruz sah ihn mit träumerischen Augen an und kicherte vergnügt, als er ihren Blick intensiv erwiderte.

„Hm, nicht schlecht, vielleicht etwas klein, aber durchaus eine Nacht wert“, dachte Sirius in sich hinein lächelnd.

Außerdem hatte er einen Faible für das südländische Temperament, insbesondere das spanische, Sirius wusste nur allzu gut, wie verlockend dieses Feuer war … und unersättlich.

Inneres wie äußeres Lächeln erstarben allerdings schlagartig, als Sirius einen Blick auf sein eigentliches Opfer warf. Plötzlich fing sein Erfolgsglaube an zu bröckeln und sich selbst in Einzelteile zu zerlegen. Das schöne Mädchen schaute ihn an, wie … wie es noch nie ein Mädchen gewagt hatte ihn anzuschauen! (Ok, eine vielleicht schon, aber die zählte für Sirius nicht unter dem Begriff „Mädchen“, sondern „nerviges Gör“.)

Als wäre er eine hässliche überdimensionale Kakerlake, die sich über ihr Essen her machte, schaute die Gallagher ihn an und dass nachdem er ihr den ganzen Tag über sogar ziemlich viele Komplimente gemacht hatte.

Aber noch war Sirius nicht bereit aufzugeben.

„Hey, was ist? Auch so sprachlos wegen des Pies?“

„Mann – was für ein saublödes Gerede!“, dachte Sirius für sich.

Doch mit solch einem Blödsinn konnte man meistens die angespanntesten Stimmungen noch retten.

Meistens.

Nicht immer.

Caite Gallagher erhob sich – „aufstehen“ konnte man das wirklich nicht mehr nennen – und machte ihrem Titel als „Eiskönigin“ alle Ehre, in dem sie auf eine majestätisch anmutende Weise ihren Kopf leicht anhob und ihn gleichzeitig mit einem kalten Blick geradezu sekündlich schrumpfen ließ.

„Sirius Black!“, sprach sie seinen Namen laut – nicht gebrüllt oder geschrien – aus, aber so, dass ihr genug Leute zuhörten.

„Wage es ja nie wieder, dich an mich ran zu machen! Deine dümmliche Masche funktioniert bei mir ohnehin nicht, denn in meinen Augen bist du nichts weiter, als ein niederträchtiger egoistischer schleimiger Widerling, der mit seinem Unterkörper denkt!“

Rumms – das hatte gesessen.

Unter teils bewundernden, teils verachtenden Blicken, verließ die schöne Irin auf anmutige Weise die Halle und ließ Sirius dem Spott und Hohn seiner Mitschüler zurück.

Dabei hatte er noch nicht einmal wirklich etwas getan, außer zu versuchen, mit ihr ein Gespräch anzufangen!

Und dafür war nun sein gesamter Stolz als Schulschwarm von diesem Mädchen gerade zerschmettert worden und jeder hatte zusehen können. Daran änderte auch Remus aufbauender Blick nichts, wenn James daneben saß und frech grinste – kein Wunder, es bedeutete 15 Sickel und drei Stinkbomben mehr für ihn – oder Leute wie Evans zufrieden lächelten, weil sie womöglich auch noch stolz war auf ihre kalte-Schulter-Freundin.

Und damit Sirius diese Blamage seines Lebens auch bestimmt nie wieder vergessen würde, musste jemand natürlich noch auf den Scherben seines einstigen Hochmutes herumtrampeln.

„Black, wenn du gleich heulen musst, weil ein Mädchen mal nicht deinem Ego die Füße geküsst hast, dann geh doch gefälligst raus. Ich will nicht, dass du mir den Appetit verdirbst!“

Wut explodierte geradezu in ihm und wenn er gekonnt hätte, Sirius hätte sie in diesem Moment mit seinen Augen aufgespießt, aber es blieb bei dem Versuch. So stand er auf und stürmte schließlich nach draußen, nicht ohne Melody Roberts vorher noch den tödlichsten Blick zu schenken, den er einem Menschen geben konnte.
 

„Caite, hör endlich auf!“, rief Sheila Gallagher plötzlich dazwischen.

Die Größere sah sich mit einem Ausdruck der Strenge nach ihrer Schwester um.

„Sheila, das hatten wir schon!“, erklärte sie ihr in einem Ton, in dem andere nur von ihrer Mutter belehrt wurden.

„Ich habe dir den Umgang mit ihm verboten.“

Aber ihre Schwester schien sich dieses Maß an Dominanz nicht länger gefallen lassen zu wollen.

„Du sollst aufhören mich wie ein kleines Kind zu behandeln! Ich bin nicht mehr acht, Caite.“

Trotzig fügte sie noch hinzu:

„Und eigentlich darfst du mir keine Befehle erteilen.“

„Genau, Gallagher. Lass deine Schwester doch mal tun, was ihr gefällt!“, bemerkte Sirius und erhielt dafür ein weiteres schönes Lächeln.

Allerdings nicht von ihrer älteren Schwester.

„Halt du dich da raus, Black! Das hier geht dich ja wohl gar nichts an. Außerdem dachte ich, ich hätte dir klar gemacht, dass du meiner kleinen Schwester nicht zu nahe kommen sollst?!“

„Was ist hier los? Sirius, kennst du die da?“

Sirius schloss kurz die Augen und stöhnte in sich hinein.

Anscheinend hatte seine Begleitung doch noch, neben dem emsigen Studium sämtlicher Cremetügelchen und Lippenstiftfarben, bemerkt, dass ihre Verabredung sich gerade anderweitig „amüsierte“. Sie griff entschlossen nach seiner Hand und umklammerte sie so fest, dass Sirius befürchtete, die Blutzufuhr dorthin könne abgetrennt werden. Oh nein – jetzt begann dieser besitzergreifende Drang in ihr, die Macht zu übernehmen.

Irgendwie schien bisher noch jedes Mädchen von der Idee beseelt gewesen zu sein, einen Alleinvertretungsanspruch auf ihn anmelden zu wollen. Was durchaus schmeichelnd für sein Ego hätte sein können, wenn da nur nicht auf Dauer dieses klammernde Problem wäre. So empfand es Sirius die meiste Zeit mehr als lästigen Störfaktor.

„Siehst du – willst du genauso sein?“, fragte die größere Gallagher mit herablassendem Nicken auf seine Begleitung.

Laura gab einen empörten Laut von sich:

„Was soll das denn heißen? Du bist wohl ganz schön eifersüchtig, nicht auch so einen tollen Freund zu haben!“

Freund?

„Es käme mir gewiss nie in den Sinn, darauf eifersüchtig zu sein“, erwiderte Caite Gallagher mit der Gesamtheit, der ihr zur Verfügung stehenden Kühle.

„Komm jetzt, Sheila!“, befahl sie ihrer kleinen Schwester, die sich aber keinen Zentimeter von der Stelle bewegte und trotzig die Arme verschränkte.

„Du willst mich gar nicht verstehen, Caite! Ich bin alt genug – ich kann tun und lassen, was ich will!“, ihr Blick fiel auf ihn.

Sirius grinste ihr charmant zu. Dafür wurde er von der anderen giftig gemustert und der Druck um seine Hand verstärkte sich nochmals.

„Schön“, sagte sie zu ihrer Schwester.

„Wenn du es so willst …“

Caite Gallagher wandte sich zu ihm um und sprach ihn zum allerersten Mal wirklich von selber an:

„Black, Mittwochnachmittag, fünf Uhr, in der Bibliothek. Wir beginnen unser Zaubertrankprojekt“, ihre Stimme ließ keinen Einspruch seiner Seite zu.

Daraufhin brach ein kleiner Kampf zwischen den beiden Schwestern aus, da die eine die jüngere nun wegziehen wollte, weil sie das Gespräch wohl für beendet hielt, sich die andere dem aber mit aller Kraft und Renitenz widersetzte.

Sirius würde allerdings nie erfahren, wie dieser Auseinandersetzung ausging, da er nun selber weggeschleift wurde. Anscheinend war es seiner Verabredung doch zu bunt geworden und sie war nun fest entschlossen, seine Aufmerksamkeit zurück zu gewinnen.

Als sich überraschenderweise, aber sehr erfreulich, zwei zarte Lippen auf seine pressten, hatte sie es geschafft, ihn von der süßen Gallagher, sowie ihrer unterkühlten Schwester und deren merkwürdiger plötzlichen Zusage tatsächlich abzulenken. Sirius erwiderte den Kuss auf die übliche stürmische Art und vernahm zufriedenstellender Weise ein Aufseufzen.

Na bitte, es würde also doch noch ein netter Nachmittag werden.
 

Lily und Remus gingen seit einiger Zeit schweigend nebeneinander her, genaugenommen, seit sie das Schloss verlassen hatten. Irgendwie schien heute eine Mauer zwischen den beiden zu stehen, die sich keiner zu überwinden traute.

Lily gab Potter daran die Schuld.

Natürlich hatte sie eine ähnliche Reaktion seinerseits eingeplant, schließlich ging es um den kindischen Blödmann James Potter, der nicht in der Lage war, die Wörtchen „nein“ und „nie“ zu verstehen, aber ein solch albernes großes Theater aufzuführen – damit hatte selbst Lily nicht gerechnet. Anscheinend hatte sie zu viel gesunden Menschenverstand von Potter erwartet. Aber wie hätte sie es auch ahnen können, hatte er sich doch genauso dumm wie immer benommen, nach der etwas ungeplanten Bekanntgabe ihres Dates …
 

„Hey, Evans!“

Nein, das konnte nicht wahr sein! Fünf Sekunden – fünf Sekunden in dem die Hogsmeade-Termine erst hingen und Lily ihre Hand gerade mal Zentimeter von der Pinnwand entfernt hatte, schon ging der Terror wieder los.

„Ganz ruhig, Lily! Zähl langsam bis zehn und dreh dich dabei um. Nein, diesmal wirst du dich nicht aufregen!“

So ging Lily also gedanklich die Zahlenreihe bis zehn durch, während sie sich nur sehr widerwillig dem altbekannten Grinsegesicht hinter ihrem Rücken zuwendete.

Lily blickte ihm in die Augen … und schon war alle mühsam zusammengekratzte Ruhe dahin.

„Potter“, sagte Lily äußerst steif, bemüht ihn nicht anzuschreien.

„Hey, Evans!“, Potter zwinkerte ihr unverschämt frech zu, stütze sich mit einer Hand an der Wand neben ihr ab und schaute sie wie immer mit diesem Gesichtsausdruck an, der möglichst alle seine Zähne zeigte.

Nahrung für Lilys kleinen inneren Wüterich.

„Ich hab gesehen, die Hogsmeade-Termine stehen fest …“, Lily ballte die Fäuste und rückte sicherheitshalber genau immer dann ein Stück weg, wenn Potter näher kam, „… wie wär’s? Nur du, ich und Madame Puddifoot?“

„Tut mir ja schrecklich leid, Potter“, hörte Lily sich selber sagen, „aber du bist zu spät!“

Der Genuss seine Mundwinkel geradezu in Richtung Kerker abstürzen zu sehen, ließ Lily den Schock über dieses ungewohnte Rede-Nachdenk-Verhältnis vergessen.

Welch eine Genugtuung für ihre Augen!

„Ich bin bereits verabredet“, setzte Lily noch einen drauf und vertrieb somit endgültig jede Spur des kleinen Honigkuchenpferds aus James Potters Gesicht.

Lily genoss jede Sekunde dieses neuen Anblicks, sie spürte geradezu, wie sich ihr Blutdruck wieder Richtung Normalwert entspannte.

Endlich, endlich – sie hatte es geschafft!

Vielleicht war dieses Reden, ohne vorher darüber drei Stunden gründlich nachzudenken, sogar manchmal von Vorteil, James Potter würde jetzt jedenfalls gewiss Ruhe geben …

Doch dafür musste nun leider jemand anders das Reden für seinen – ausnahmsweise – wortlosen Freund übernehmen.

„Wie viel hast du dem denn bezahlt, der freiwillig mit dir ausgeht, Evans?“, lachte es ihr von einem der Sessel entgegen.

„Den armen Schlucker würde ich ja gern mal sehen.“

Lily wurde nervös – und wollte gleichzeitig diesem gehässigen Jemand am liebsten den Hals für seinen letzten Kommentar umdrehen.

„Gar nichts, Black!“, erwiderte Lily schnippisch.

„Und es geht dich nichts an, wer er ist.“

„Heißt, sie hat gar kein Date, Krone und will dich nur loswerden“, der schwarzhaarige Schönling grinste ihnen beiden schief von seinem gemütlichen Sitzplatz entgegen.

Lily biss sich auf die Unterlippe.

Warum musste gerade Sirius Black sie durchschauen?

Und warum konnte man in ihr überhaupt so offen lesen wie in einem Buch?

Jetzt bereute Lily es, vorhin vorschnell mit der Tür ins Haus gefallen zu sein.

„Oh, Evans, hätte dir gar nicht zugetraut, dass du so eiskalt lügen kannst“, Potter hatte sich rasch wieder gefangen, jegliche angenehme Sprachlosigkeit hatte sich in Luft aufgelöst, während Lily nun erst richtig anfing zu kochen.

Eigentlich war es eine Mischung aus leichter, aber doch vorhandener Panik – sein Gesicht verzog sich erneut gefährlich nah der alten Hass-Grimasse – und Wut.

Sie, eine eiskalte Lügnerin?!

„Na warte, James Potter!“

Diesem Betrüger würde sie es ein für alle Male heimzahlen!

„Sei dir da lieber mal nicht so sicher, Potter!“, Lily versuchte diesen Satz möglichst überzeugend rüberzubringen.

Was ihr wohl auch zu gelingen schien, Potters ekelhafte Strahlemann-Überlegenheitsvisage verblasste leicht – er fuhr sich mit einer Hand durch sein Chaoshaar und erstickte damit jeden Ansatz von Ordnung sogleich im Keim.

„Dass ich sehr wohl ein Date habe, wirst du in einem Monat sehen. Im Gegensatz zu dir, bin ich nämlich ehrlich!“

Lily verschränkte die Arme ineinander und versuchte sich in einem majestätischen Caite-Abgang, in dem sie die Nase etwas anhob, was allerdings damit endete, dass Lily ins Straucheln geriet, weil irgendeine gemeine Stolperfalle natürlich ihr würdevolles Ende in ein peinliches Fiasko verwandeln musste. Innerlich schon darauf gefasst, mit dem Boden schmerzhaften Kontakt aufzunehmen, wurde Lily von zwei starken Armen am Fall gehindert. In diesem Moment beschloss die Rothaarige, sich nie wieder an Caite zu versuchen und ihre Augen fortan immer auf den Weg vor ihr zu richten.

„Evans, du kannst es ruhig zugeben!“, hauchte ihr Retter ihr unsanft laut ans Ohr.

Wie viel lieber hätte Lily jetzt das peinliche Plumpsen auf den Boden in Kauf genommen!

„Wir beide wissen doch, dass dieser Fall in meine Arme geplant war.“

Sirius Black lachte nebenan in seinem Sessel. Lily wurde rot – jedoch nicht der Schamesröte wegen.

„Genauso, wie du mit dieser Lüge versucht hast, mich eifersüchtig zu machen. Es braucht dir aber nichts peinlich zu sein – dass du mich toll findest, ist ganz normal.“

Knall – und James Potter und durfte bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr seine pochende Wange halten.

Das hatte Lily endgültig gereicht!

Wie konnte ein einziger Mensch nur so … so verflucht eingebildet und selbstverliebt sein?!

„Ich glaube, in Männersprache übersetzt, heißt das „nein“, Krone“, amüsierte sich Black trotzdem weiterhin großartig.

Lily wünschte sich ausnahmsweise, dass ein gewisses kaltschnäuziges Mädchen plötzlich auftauchen würde – Blacks nervender guter Laune wäre damit garantiert sofort ein Ende gesetzt.

„Tatze, du verstehst das nicht. Evans ist eben schüchtern. Sie traut sich nur noch nicht, mir zu sagen, dass sie wahnsinnig gern mit mir nach Hogsmeade gehen würde, weil-“

„Zum letzten Mal, Potter!“, rief Lily dazwischen.

„Ich habe eine Verabredung und mit dir gehe ich nie im Leben freiwillig aus!“

Damit ging Lily zum Portraitloch.

Nein, heute wollte sie sich nicht aufregen!

Sämtliche „Hey, Evans!“-Rufe wurden geflissentlich von ihr ignoriert, Lily ließ James Potter einfach stehen, sollte er doch weiter an seine dümmliche Theorie glauben, er würde schon sehen, was er davon noch hätte.

Als sie draußen im kühlen Flur stand, atmete Lily erst mal langsam ein und aus. Sie war stolz auf sich, diesmal geradezu „ruhig“ gegenüber Potter geblieben zu sein – immerhin hatte sie ihn nicht angeschrien – denn Lily hatte es satt.

Ja, endgültig satt.

Fünf Jahre ging sie jetzt nach Hogwarts, fünf Jahre, in denen James Potter es wohl als seine Aufgabe erkoren hatte, ihre Nerven allesamt zum Platzen zu bringen. Vom ersten Moment an hatte Lily ihn nicht gemocht, schon damals war er nichts weiter als ein verzogener kleiner Bengel gewesen, der geglaubt hatte nur, weil er „Potter“ hieße, müsste ihm die ganze Welt zu Füßen liegen und nach seinen Regeln funktionieren.

Lily seufzte.

„Wenn er wenigstens nur die Nervensäge mit der riesigen Klappe geblieben wäre …“

Aber seit der dritten Klasse machte er ihr nahezu das Leben zur Hölle, dank seiner ständigen albernen Nachfragerei nach einem Date. Kein Tag der Ruhe war für Lily seitdem vergangen, immerzu war ihr dieselbe nervtötende Frage gestellt worden, auf die sie von mal zu mal gereizter reagiert hatte.

Er hatte es eindeutig auf sie abgesehen!

Lily wusste allerdings noch nicht, worin der Plan bestand, ob sie einfach sein liebstes Opfer war oder er sie schlichtweg ins Bett kriegen wollte, um zu beweisen, dass wirklich jeder James Potter zu Füßen lag. Schließlich war Lily seit jeher die einzige, die seinen „Stand“ so offensichtlich untergrub.

Aber heute hatte sie es ihm gezeigt – vielleicht würde ihre Botschaft sogar mal ankommen …

Die rothaarige Vertrauensschülerin schritt den Weg zur Bibliothek entlang. Da gab es jetzt nur noch ein einziges, klitzekleines Problem …

Wer war ihr Date?
 

Den gesamten Oktober lang hatte Lily nun entgegen ihrer gewöhnlichen Art, eine Arbeit mal vor sich hergeschoben und – man glaubt es ja kaum – sogar Ausreden erfunden!
 

„Potter hat bestimmt bald vergessen, was du gesagt hast. Er leidet doch sonst auch immer unter einem schlimmen Kurzzeitgedächtnis, was deine Antworten betrifft.“
 

Das dachte Lily am Anfang des Monats.
 

„Es ist doch viel besser, ihn mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen! Wenn er erst mal sieht, dass du ihn angelogen hast, wird er bestimmt endlich verstehen, dass du ihn nicht leiden kannst.“
 

Das hatte Lily sich zwischendurch eingeredet, als sie leider hatte feststellen müssen, dass Potter keineswegs auch nur ein Wort von dem vergessen hatte, was sie an diesem verhängnisvollen Nachmittag von sich gegeben hatte.

Im Gegenteil – er hatte ihr fortan sogar noch öfter als sonst hinter jeder Ecke aufgelauert, war zum garantiert unpassendsten Zeitpunkt erschienen (Lily erinnerte sich mit Horror daran, als sie zwischen zwei Unterrichten aufs Klo gemusst hatte und Potter hinter einer Ritterrüstung hervorgesprungen war, um sie die nächsten zehn Minuten gegen die Wand zu quatschten) und war überhaupt nur eins gewesen:

Der Vasall des Nerventods!

Seinen Standard-Blödmannspruch („Hey Evans! Gehst du mit mir aus?“) hatte er zwischendurch transformiert zu penetranter Neugier – „Hey Evans! Mit wem gehst du aus?!“ – das hatte dem Nervfaktor allerdings nichts abgetan. Und seit neustem hatte Potter dann auch noch fast ähnlich gereizt reagiert, wie sie ihm schnippisch geantwortet hatte, man konnte fast sagen, dass er über die ständige Nicht-Auskunft richtig wütend geworden war.

Kein Wunder, wie Lily dachte, schließlich war er es bestimmt nicht gewöhnt, dass einem James Edward Potter auch nach wochenlangen Nervterrorismus, so hartnäckig die Antwort verweigert wurde.

Aber selbst, wenn Lily es ja gewollt hätte, sie hätte ihm nicht antworten können. Ein Umstand an den sie erst gestern erinnert worden war.
 

„Außerdem – mit wem willst du überhaupt hingehen?“, waren die freundlichen Worte ihrer inneren Stimme gleich mit dem Aufwachen gewesen und hatten auf diese Weise prompt die Diskussion Lilys und ihrer Sorgen fortgesetzt, die durch eine siebenstündige Zeitpause namens Schlaf zwangsweise unterbrochen worden war.

„Es gibt doch überhaupt keinen Jungen, mit dem du gerne ausgehen würdest!“
 

Aber auch das war spätestens am Nachmittag nicht mehr nur als dürftige Ausrede, sondern sogar als glatte Lüge von Lily selbst enttarnt worden. Wie die Panik überhand genommen hatte, so hatte sich Lily Evans gleichzeitig eingestehen müssen, dass es da durchaus jemanden gab, mit dem sie gerne nach Hogsmeade gehen würde – mit dem sie liebend gern hingehen würde.

Nur … ob er das auch wollte?

Lily war keine Zeit geblieben, diese Frage genauestens zu erörtern, denn ehe sie sich versehen hatte, war die rothaarige Vertrauensschülerin wieder vor der Bibliothek gestanden, die sie soeben erst verlassen hatte.
 

Ihre blonde Nachhilfeschülerin wider Willen hatte sich nicht von der Stelle gerührt, an der Lily sie fünf Minuten zuvor, nach einem dreiviertelstündigen Monolog ihrer selbst, zurückgelassen hatte. Stock und steif hockte sie über ihren, über den gesamten Tisch verteilten, Aufzeichnungen. Lily schien sie nicht zu bemerken – oder nicht bemerken zu wollen.

Kurz schweiften die Gedanken der Rothaarigen ab, denn eine andere Sorge ereilte sie mal wieder. Irgendwann musste sie auf das eine unangenehme Thema zu sprechen kommen – Pettigrew machte ihr da nur aufgrund seines äußerst mangelnden bis gar nicht vorhandenen Talentes sorgen. Doch ihr anderer Schüler …

Irgendwer aber musste es endlich antippen und Lily war sich sicher, dass Mel nicht diejenige sein würde, also blieb es wie immer an der Vertrauensschülerin hängen, die Leute auf eine anstehende Arbeit aufmerksam zu machen – in diesem Fall auf das ausstehende Zaubertränkereferat über Armontentia.

All das war jedoch schnell vergessen, als Lily auf ihr eigentliches Problem zurückkam. Die Lösung dafür saß nämlich mit hochkonzentriertem Blick nur ein paar Tische hinter der Blonden, und war scheinbar völlig in seine Arbeit vertieft. Mit einem Male klopfte Lilys Herz wie verrückt, sie wusste gar nicht, was mit ihr los war. Angespannt versuchte sie sich zu beruhigen, aber alles, was Lily erreichte, war, dass die Trommel in ihrer Brust noch um einen weiteren Takt zulegte.

Dabei gab es doch gar keinen Grund, auch nur irgendwie aufgeregt zu sein!

Schließlich war es bloß eine kleine, simple, unschuldige Frage und trotzdem … Lilys Füße wollten sich partout nicht wegbewegen. So stand sie also da, neben dem Bücherregal, die Hände um ihre Unterlagen verkrampft, mit einem Herzschlag bis zum Halse, ihn anstarrend.

„Na los! Stell dich nicht so an, Lily Evans – es ist doch nur eine einzige Frage, also geh jetzt!“, befahl Lily sich selbst in Gedanken.

Langsam, ganz langsam machten ihre Füße ein paar kleine Schritte vorwärts, als sie fast jemanden umgeschmissen hätte, der gerade aus der Regelreihe links von ihr raus kam.

„Entschuldigung!“, ertönte es hinter einem hohen Bücherstapel.

Lily runzelte die Stirn – die Stimme kannte sie doch!

„… oh, hallo, Lily!“, Remus’ freundliches, jetzt leicht abgehetztes Gesicht, tauchte hinter dem Wackelturm hervor.

Lily wollte ebenfalls „hallo“ sagen, nichts weiter als ihn begrüßen, aber stattdessen verließ etwas anderes ihre Lippen.

„Gehst du mit mir nach Hogsmeade?“

Diese Wort hatte sie beinah so schnell aufgesagt, wie Belli sonst nur morgens die Gerüchte des Tages – und im selben Moment hätte Lily sich die Zunge dafür abbeißen können. Ihr Sprechorgan hatte in letzter Zeit eine wirklich beängstigende Kontrolle über das übernommen, was den lieben langen Tag so aus Lily Evans’ Mund hervordrang.

Wo war nur Kopf ihr geblieben?

„Tut mir Leid“, sagte Remus, nachdem er sich wohl von dem Schock ihres plötzlichen Date-Überfalls erholt hatte, „aber ich muss ablehnen. Außerdem dachte ich, dass du schon eine Verabredung hättest?“

Bingo!

Lily musste mit aller Kraft verhindern, dass ihre verräterischen Wangen sie nicht wieder mal in ihrer Ertapptheit bloßstellten. Doch ein Zurück gab es jetzt nicht mehr – jedenfalls nicht ohne dass sich noch größere Peinlichkeitsabgründe auftun würden.

„Ich, äh … er hat mir leider abgesagt“, erzählte Lily hastig und bemühte sich, ein gequältes Gesicht zu machen, aber wahrscheinlich war es mehr ein nervöses Zucken, nach Remus’ Blick zu urteilen.

Denn das Gesicht des Braunhaarigen wurde nun leicht abweisend … und kühl:

„Das tut mir wirklich Leid, aber glaub mir, ich wäre kein guter Ersatz. Vielleicht solltest du lieber-“

„Remus, bitte!“

Panik ergriff von Lily Besitz und ließ sie zu schier undenkbaren Mitteln greifen:

Sie klimperte ein bisschen zu oft mit den Wimpern, machte möglichst große flehende Augen (was ihr in ihrer momentanen Lage auch nicht besonders schwer fiel) und schob die Unterlippe leicht vor.

Kurz gesagt:

Lily griff zu den Waffen einer Frau.

Etwas, was sie bisher strickt abgelehnt hatte zu tun und besagtes Verhalten bei anderen Mädchen Lilys Nase seither immer nur dazu verleitet hatte, sich aufgebracht zu rümpfen.

Zu ihrer eigenen Überraschung wurde Remus’ Gesicht eine Spur weicher – und dabei war sich Lily sicher gewesen, zu solchen Überzeugungskünsten gar nicht in der Lage zu sein – also traute sich die Rothaarige auch noch die letzten Zweifel in ihm zu vertreiben zu versuchen.

„Bitte, Remus, du bist meine letzte Rettung! Ich flehe dich an als Vertrauensschülerkollege und Freund – das wird sonst morgen der schlimmste Tag meines Lebens!“

Remus seufzte hinter seinem Bücherstapel – war sie etwa besser, als sie es erwartet hatte?

„Na, schön. Treffen wir uns um zehn in der Vorhalle?“

Lily fielen die Felsbrocken der gesamten letzten Wochen von den Schultern.

„Danke, Remus!“, lächelte sie erleichtert.

„Ich bin dir einen Gefallen schuldig“, meinte Lily überschwänglich.

Ein schwaches Lächeln zeichnete sich auch auf seinen Lippen ab, aber irgendwie wirkte er mehr nervös als glücklich. Vorsichtigen Schrittes wankte er mit seinem zitternden Stapel weiter.

„Soll ich dir vielleicht …“

„Schon gut!“, unterbrach Remus sie in ihrem Behilflichkeits-Versuch.

„Wir sehen uns dann morgen, Lily“, aber es klang nicht nach massiver Begeisterung.

Lily biss sich auf die Unterlippe. Ihre plötzliche Euphorie hatte einen gewaltigen Dämpfer bekommen, der sich im Volksmund auch „schlechtes Gewissen“ nannte. Vielleicht hätte sie Remus nicht so unter Druck setzten sollen …

Gerade wollte sie sich umdrehen, um die Bibliothek zu verlassen, als etwas ihr schlechtes Gefühl noch verstärkte. Brian schaute von seinem Tisch, ein paar Reihen hinter Mel, auf und guckte sie an. Lily wollte lächeln, aber in dieser einen winzigen Sekunde des Blickkontakts schaute Brian sie an, als wäre er ihr schlechtes Gewissen höchstpersönlich, das sie zur Verantwortung ziehen wollte.

„Nur damit du nicht blöd dastehst, nötigst du ihn, mit dir auszugehen!“, lautete der Vorwurf.

Lily schüttelte den Kopf und Brian konzentrierte sich wieder auf seine Arbeit. So schnell sie konnte, verließ sie den bücherreichen Teil des Gebäudes.

„Immerhin wird Potter morgen früh nichts zu lachen haben!“, versuchte Lily ihre Schuldgefühle zu besänftigen.

Aber Brians durchdringender Blick schien sie trotzdem noch eine ganze Weile, von allen Ecken aus zu verfolgen.
 

„Lily …“, Angesprochene schreckte aus ihren Gedanken hoch.

Remus wagte es tatsächlich, die Mauer des Schweigens zu überwinden.

„Das mit James vorhin … versteh das bitte nicht falsch!“

Lily legte die Stirn in misstrauische Falten.

Was gab es denn daran, falsch zu verstehen?

„Er ist nur manchmal … er meint es eigentlich-“

„Ihr solltet besser nicht dort hingehen“, wurde Remus jedoch unterbrochen.

Beide drehten sich überrascht um. Hinter ihnen stand ein blonder Junge mit dickem, rostroten Schal um den Hals, die Hände hingen locker an seinen Seiten.

„Und bevor ihr fragt, Potter hat gerade eben den Honigtopf betreten“, sagte Brian und deutete auf das Geschäft mit den vielen farbigen Schildchen und den noch bunteren Auslagen im Schaufenster, das Lily und Remus bis gerade eben angesteuert hatten.

Sie stöhnte entnervt auf, und auch Remus neben ihr seufzte. Wiederum spürte Lily diesen ungemeinen Drang, James Potter mal richtig die Meinung zu sagen und dass ohne auch nur eine Spur von Höflichkeit zu wahren.

„Er wird uns wohl überall hin folgen“, meinte Remus kopfschüttelnd und scheinbar bereits resignierend.

Brian zeigte daraufhin ein verschmitztes Lächeln.

„Wenn ihr wollt, kann ich euch an einen Ort bringen, den James Potter garantiert nicht kennt.“

Lily wie Remus schaute den blonden Jungen erstaunt an.

„Es wird euch gefallen – vertraut mir …“, meinte der kluge Ravenclaw geheimnisvoll.

Die beiden Vertrauensschülerkollegen tauschten einen Blick aus und nickten.

Schlimmer konnte es ja nicht werden, oder?

„Dann folgt mir …“, wieder lächelte Brian auf eine mysteriöse Weise, dass Lily ganz komisch flatterhaft wurde.

Irgendwas schien ihn zu amüsieren.

„Hauptsache weg von Potter!“, war Lilys einziger Gedanke bei dieser Sache – zumindest wollte sie das glauben.

Mit einer unbekannten neuen Euphorie folgte Lily ihrem „Erretter“ in die Nebenstraßen.
 

„Krone, sie sind nicht hier.“

Wurmschwanz kam schnaufend und sich durch die Schülermassen kämpfend von der anderen Ecke des Ladens auf ihn zu.

„Das ist unmöglich! Sie muss hier sein, wir haben nur noch nicht gründlich genug gesucht“, sagte er und machte sich gleich wieder frisch ans Werk, indem er seinen Kopf zuversichtlich nach allen Seiten verrenkte.

James war sich absolut sicher – Lily Evans musste hier sein!

Schließlich ging die rothaarige Gryffindor seit jeher immer als erstes in den Honigtopf, bevor sie sich um andere Dinge kümmerte. Und stets kaufte sie zwei Tafeln Schokolade von jeder ihrer Lieblingssorten – Vollmilch, Zartbitter und Haselnuss (von letzterer allerdings immer drei) – und anschließend musste noch eine Tüte Bertie Botts Bohnen dran glauben. Dieses einstudierte Schema war seit Jahren nicht durchbrochen worden – James wusste das – und auch jetzt änderte diese Gryffindor nicht so einfach ihre Gewohnheiten.

Peter schüttelte, anscheinend über sein Verhalten, den Kopf und schaute ihn mitleidig an.

Pah, als wenn James Edward Potter irgendwer’s Mitleid benötigte!

Das würde viel eher Remus heute Abend benötigen, wenn James ihn zur Rechenschaft zog. Der Quidditchkapitän war schwer enttäuscht. Dass gerade sein braunhaariger Vertrauensschülerfreund ihn so hintergehen würde, hätte er nie für möglich gehalten. Aber nach dem derzeitigen Stand der Mission hatte Remus ihn tatsächlich einen ganzen Monat lang zum Narren gehalten. Während James nahezu jedes gefährliche Suspekt in Betracht gezogen hatte – besonders diesen langweiligen Peterson, der sich schon mal an Evans rangeschmissen hatte – war der Täter also fröhlich die ganze Zeit neben ihm gesessen.

Kein Wunder, dass Remus ihn ständig aufgefordert hatte, es aus „Vernunftsgründen“ (wie er es zur Tarnung bezeichnet hatte) sein zu lassen!

Mit einem leicht zornigen Funkeln in den Augen ließ James seinen Blick durchs Geschäft schweifen, aber Wurmschwanz sollte dummerweise Recht behalten. Nichts.

Nicht mal die kleinste Spur roten Haares.

Remus’ Schicksal wurde immer schwärzer.

Mit wütenden Schritten verließ James daraufhin das Geschäft, die meisten Leute machten ihm bereits freiwillig Platz, wenn auch mit verwirrten Gesichtern. Nicht überraschend, war doch James Potter seit eh und je für seine gute Laune bekannt, im Moment führte er sich dagegen wohl mehr auf wie Tatze nach einem Zusammentreffen mit seiner „speziellen“ Freundin.

Draußen angekommen, empfing ihn bittere Kälte, was aber nicht im Geringsten James’ erhitztes Gemüt abkühlte.

Wo zum Dementor waren die nur?!
 

„Dort vorne ist es“, sagte er und zeigte auf eine kleine Treppe in ein paar Metern Entfernung.

Lily war irritiert.

Was sollte denn da sein?

Sie war schon oft diese Straße entlang gekommen und hatte den alten hölzernen Abstieg bisher immer für die Kellertreppe irgendeines Hauses gehalten. Doch sie vertraute Brian, also folgte sie ihm weiter genau wie Remus die Stufen hinunter und staunte nicht schlecht, als sie unten angekommen war. Eine halb gläserne Front machte deutlich, dass es sich keineswegs um den Zugang zu einem Keller handelte, sondern irgendeinen seltsamen Laden.

Seltsam, weil Lily seinen genauen Zweck noch nicht bestimmen konnte, die Waren in der Auslage schienen ihr dafür viel zu verschieden:

Alte Karten, verstaubte Bücher, antike Kessel, altertümlich anmutende Zauberstäbe und einen ganzen Haufen komischer Dinge, die Lily noch nie zuvor in ihrem Leben erblickt hatte. Sie spürte urplötzlich den ungemeinen Drang, einen ganzen Schwall von Fragen auf Brian loszulassen, als sie bemerkte, dass sie als einzige noch immer hier draußen stand. Brian hielt ihr galant die Tür auf und die Rothaarige eilte den beiden Jungs hurtig hinterher. In ihrer Hast konnte Lily im Vorbeirauschen nur noch die erste Zeile des im Eingangsfenster hängenden Schildes kurz lesen:
 

*Hazards Schatzinsel – Wandeln Sie auf Merlins Spuren!*
 

Im nächsten Moment blieb Lily schon keine Zeit mehr, sich über den eigenartigen Titel zu wundern, denn ihr klappte einfach nur der Mund auf.

So etwas hatte sie wahrlich noch nicht gesehen!

Hinter der unscheinbaren Treppe verbarg sich ein richtiges kleines Reich.

Lily schritt mit immer noch zum Staunen aufgeklappten Mund durch den kurzen Eingangsbereich und folgte anschließend Remus Beispiel, indem sie den Kopf nach oben und nach unten reckte und ihren Blick immer wieder rotieren ließ. Sie konnte sich gar nicht satt sehen an all den neuen Eindrücken.

Vor Lilys und Remus’ Augen erhoben sich in scheinbar endlosen Reihen meterhohe Bücherregale, mit Schätzen gefüllt, die den Wert von Hogwarts’ Bibliothek noch bei weitem in Alter und Wert übersteigen mussten. An sie gelehnt standen gewaltige Leitern, von deren bloßen Anblick Lily schon ein ungutes Gefühl im Magen bekam. Rasch sah sie weiter nach oben, wo sich, durch eine dunkelbraune Holzdecke abgetrennt, eine weitere Ebene befand. Zwei Eschenholz-Treppen jeweils links und rechts führten zum oberen Bereich des Ladens hinauf, wo Lily auch wieder einzelne kleinere Bücherregale ausmachen konnte, aber auch Sideboards und Tische …

„Ja, Potzblitz!“

Lily und Remus zuckten gleichzeitig zusammen. Verwirrt schaute Lily sich um.

Von woher war die fremde Stimme gekommen?

Du, mein Junge, das habe ich mir natürlich gedacht!“, rief es von oben.

Lily und Remus wandten ihren Kopf zur Decke. Nun entdeckte die Rothaarige, was ihr vorhin völlig entgangen war. Nicht alle Leitern waren unbesetzt.

„Guten Tag, Sir Hazard!“, grüßte Brian den alten bärtigen Mann hoch oben auf der letzten Sprosse seiner Leiter.

Lily sah, wie dieser sofort wild gestikulierend die Arme von der Leiter wegnahm, im gleichen Augenblick schrillten panikartig sämtliche vorhandenen Alarmglocken in Lilys Kopf.

Zu Recht.

„Wie oft muss ich dich noch daran erinnern, Junge, dass …“, er stockte inmitten seines empörten Vortrags.

Anscheinend hatte er endlich auch bemerkt, was Lily unter Schock beobachtet hatte – die Leiter lehnte nicht mehr sicher am Regal. Der alte Mann hatte sein Gewicht allem Anschein nach, zu stark nach außen hin verlagert. Nun schwankte die hölzerne Kletterhilfe gefährlich, Sir Hazard mit ihr und beide drohten, nach hinten zu kippen. Die Reaktion des alten Mannes darauf war ein ruckartiges Nachvornelehnen, was jedoch endgültig das Schicksal des Greises besiegelte. Die Leiter vollführte mit seinem menschlichen Partner noch einen letzten bizarren Tanz, eine Schlusspirouette – und beide krachten im hohen Bogen zu Boden. Lily schrie auf und eilte im höchsten Maße alarmiert – gedanklich ging sie bereits jeden ihr bekannten Heilzauber durch – mit Remus an ihrer Seite, auf den weißbärtigen im Bücher- und Schriftrollenmeer liegenden Mann zu.

Brian folgte ihnen nur gemächlichen Schrittes.

Es ächzte und fluchte bereits heftig, noch bevor die beiden den Unfallort erreicht hatten. Lily kniete sich über den alten Mann mit dem Weihnachtsmannrauschebart, während Remus ihn von den vielen Folianten und anderen schriftlichen Aufzeichnungen befreite.

„Warten Sie – es ist besser, wenn sie noch liegen bleiben!“, sagte Lily, an die vielen möglichen Verletzungen denkend, als das Unfallopfer sich wieder erheben wollte.

„Ach was, Kindchen! Nichts passiert, nichts passiert“, meinte er unwirsch und versuchte ihre Hand wegzudrücken.

Lily glaubte es ja nicht!

„Still halten!“, mit McGonagall artigen Befehlston in der Stimme, drückte Lily den widerspenstigen Mann wieder zurück auf den Boden und begann ihre Untersuchung.

Ihr Gebot schien Wirkung zu zeigen, Sir Hazard rührte sich nicht mehr, wenn auch mit leicht schmollenden Gesichtsausdruck.

„Ossis simulacrum!“

Mit einem Prüfzauber, den Lily in einem Erste-Hilfe-Zauberkurs gelernt hatte, konnte sie den Zustand jedes einzelnen Knochens kontrollieren. Überall blieb ihr Stab stumm und locker in ihrer Hand liegen, nur über der rechten Schulter vernahm sie immer wieder ein schwaches Vibrieren auf der Haut.

Von wegen also, „nichts passiert“!

„Ihre rechte Schulter ist in jedem Fall nicht in Ordnung“, sagte Lily triumphierend, während Sir Hazard sich widerwillig von Remus auf die Beine helfen ließ.

„Eine Prellung nehme ich an.“

„Ach, ich sag doch, Mädchen – nicht der Rede wert …“, tat Sir Hazard die ganze Geschichte mit einer Armbewegung ab und zuckte prompt, weil er den Rechten benutzt hatte.

„Nicht der Rede wert?!“, empörte sich Lily und stemmte die Hände in die Hüften.

Remus nahm komischerweise etwas Abstand zu ihr ein.

„In ihrem Alter kann so etwas lebensgefährlich sein!“, belehrte sie den alten Mann mit gefährlich wackelndem Zeigefinger.

Sie hörte Brian laut hinter sich auflachen. Fassungslos drehte Lily sich zu dem blonden Jungen um und war mit einem Male sehr unsicher.

Machte er sich etwa lustig über sie?

„Entschuldige, Lily. Aber man merkt, dass du Sir Hazard schlecht kennst.“

Genannter grummelte irgendwie unzufrieden vor sich hin.

„Ihm passieren solche Sachen mindestens einmal pro Woche“, grinste Brian amüsiert.

„Einmal pro Woche?!“

Das überstieg eindeutig Lilys Vorstellung, von einem geordneten sicheren Leben in älteren Tagen.

„Aber diesmal nur, weil du mich aus dem Konzept gebracht hast, Junge!“, beschwerte sich Sir Hazard und seine Augen blitzen auf.

„Wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst dir wenigstens das „Sir“ sparen. Ich weiß doch selber nicht, was sich diese Trottel von der Kommission dabei gedacht haben …“

„Sie haben Ihre Arbeit auf dem Gebiert altertümlicher Geschichte bewundert, Sir Hazard“, erklärte Brian mit Betonung des vorletzten Wortes.

Allmählich hatte Lily das Gefühl, es würde ihm Spaß machen, den alten Mann damit etwas zu triezen.

Was ihm auch prompt gelang.

„Ach, Quatsch!“, erregte sich das, in Lilys Augen, hagere Weihnachtsmann-Double (nur, dass das Original vermutlich weniger Unfälle mit seinem Schlitten baute).

„Die haben doch bloß gehofft, dass ich mit einem Adelstitel endlich Ruhe geben würde – aber da haben sie sich selbst den Fluch in den Hintern gejagt! Und jetzt zum allerletzten Mal, es heißt Aloysius oder von mir aus auch Hazard, aber niemals Sir Hazard! Wo kommen wir denn dahin, wenn jeder gleich zum Herzog ernannt würde, der mal was beim Aufräumen findet …“

Ab hier wurden die Worte des greisen Mannes unverständlich, doch Lily hörte ihn noch eine Menge weiterer Sachen, während des anschließenden Aufräumens, in seinen weiß-grau melierten Bart murmeln. Schweigend halfen die drei Jugendlichen, die verstreuten Sachen wieder einigermaßen an Ort und Stelle zu bringen, wobei Lily Remus allerdings einige Male dabei erwischte, wie er gedankenverloren und mit einem begeisterten Lächeln im Gesicht in einem der Bücher blätterte, die er eigentlich hatte wegräumen sollen. Lily konnte ihm deswegen nicht böse sein. Im Gegenteil – ihre Neugier wuchs auch buchstäblich von Minute zu Minute. Es kribbelte selbst in ihrem kleinen Zeh, sich hier mal etwas genauer umzusehen …

Plötzlich vernahm Lily einen kalten Hauch im Nacken, als wenn der Herbstwind von draußen auf einmal Zugang zu dem mollig warmen Geschäft gefunden hätte, gleichzeitig erklang das goldene Eingangsglöckchen über der Tür und eine weitere unbekannte Stimme ereilte an diesem Nachmittag Lilys Ohr.

„Aloysius Hazard!“, Angesprochenen sah Lily die Augen verdrehen, bevor er sich mit nicht ganz so mutigem Gesicht umdrehte.

„Da verlässt man nur mal fünf Minuten das Haus …“, Lily hatte sich inzwischen umgedreht und sah eine ältere ebenfalls hagere Dame mit typisch weißer Löckchendauerwelle, auf sie zuschreiten, in ihren klaren blauen Augen blitzte ein geradezu mütterlicher Zorn auf, „… und schon findet man dich im Chaos wieder! Was hast du nun wieder angestellt?“

Aloysius Hazard machte ein schuldbewusstes Gesicht.

„Zelma …“, brummte er kleinlaut.

„Ah, das habe ich mir gedacht!“, rief sie dazwischen.

Lily war erstaunt wie laut eine so alte Frau werden konnte.

„Du bist mal wieder auf die Leiter gestiegen, obwohl ich gesagt habe, dass du warten sollst!“

Sir Hazard schien unter ihren Augen immer kleiner zu werden, wie ein kleiner Junge stand er da, der von seiner Mutter die Löffel lang gezogen bekam. Lily hatte Mitleid.

„Es ist eigentlich auch unserer Fehler“, mischte sich die Gryffindor in den Streit der beiden ein, Zelma Hazard schien erst jetzt überhaupt Notiz von ihr zu nehmen, „wissen Sie, mit unserem plötzlichen Auftauchen haben wir ihn wohl leicht durcheinander gebracht.“

Schlagartig wurde der Ausdruck ihrer Augen milder, die alte Dame schien sich mit Lilys Worten rasch wieder zu beruhigen.

„Nicht doch, mein Mädchen, mach dir keine Sorgen um diesen alten Zausel“, Aloysius schmollte und wandte sich demonstrativ seinen Büchern zu, „der hat es nicht nötig von dir verteidigt zu werden. Aber wie unhöflich von mir euch nicht zu beachten! Ah mein lieber guter Junge“, sie erspähte jetzt auch Brian und zog ihn sogleich in eine so herzliche Umarmung, als wäre sie seine Großmutter, „wie schön dich wiederzusehen! Du fehlst mir über den Sommer immer sehr, aber das weißt du ja.“

„Ja, Tante Zelma“, lächelte Brian.

Lily kamen die Gesten der beiden wirklich urvertraut vor, als würden sie sich schon ewig kennen.

Die alte Dame kicherte:

„Na, für eine „Tante“ bin ich wohl doch etwas zu alt – du schmeichelst mir immer.“

Hinter sich konnte Lily ein Gemurmel hören wie „Haltbarkeitsdatum längst überschritten“.

„Möchtest du uns vielleicht etwas mitteilen, … Aloysius?“, fragte Zelma Hazard scharf nach.

Es grunzte nur hinter Lilys Rücken.

„Fein“, sagte sie steif.

„Kommen wir zu etwas wichtigerem – möchtest du mir nicht deine netten Freunde vorstellen, Brian?“, fragte sie mit großmütterlichem Lächeln.

„Natürlich. Das sind Lily Evans und Remus Lupin, sie sind beide Vertrauensschüler so wie ich, kommen aber aus Gryffindor.“

Beide Löwen nickten der alten Dame höflich zu.

„Soso, aus Gryffindor also“, sie und Brian tauschten einen Blick aus, den Lily nicht deuten konnte, anschließend sagte Zelma schnell, „wisst ihr vor langer Zeit bin ich auch dort nach Hogwarts gegangen …“

Lily hörte der langen Lebensgeschichte von Zelma Hazard aufmerksam zu, allerdings war es ein bisschen wie in Binns Unterricht – man musste jede Minute nicht nur mit seiner Konzentration, sondern auch mit seinen fallenden Augenlidern kämpfen. Aber Lily wollte die alte liebevolle Frau, die sich so begeistert über ihre Schulzeit ausließ, nicht enttäuschen. Sie vermutete das Remus neben ihr fast gleiches krampfhaftes Verhalten versuchte, sein zum freundlichen Lächeln angespanntes Gesicht würde dafür sprechen – ob Brian zuhörte, konnte Lily allerdings beim besten Willen nicht sagen. Er machte das konzentrierteste Gesicht, jedoch mit einer solch starren Maske, dass keine Gefühlsregung daraus ablesbar war.

Als nach einiger Zeit plötzlich ein überlautes Gähnen erklang, schickte Zelma sie leicht eingeschnappt, den Laden zu erkunden, fort, während sie „einem alten Träumer mal gewaltig die Leviten lesen“ müsste.

Endlich konnte Lily dem aufgeregten Kribbeln in ihrem Körper folgen und diese tatsächliche Schatzinsel durchforsten, das Brians Hand ihre zufällig streifte, verstärkte es merkwürdigerweise nur noch und euphorisch sah Lily einem der spannendsten Nachmittage ihres Lebens entgegen …
 

James Potter war gereizt – gereizt wie selten in seinem Leben zuvor. Schon zum fünfzehnten Mal kamen sie jetzt bestimmt am Honigtopf vorbei, einige alte Hogsmeade-Bewohner, die scheinbar nichts besseres mit sich anzufangen wussten, guckten bereits blöd. James konnte mit Sicherheit sagen, dass sie so gut wie jeden aus dem Schloss inzwischen getroffen hatten, der sich heute überhaupt auf den Weg ins Dorf gemacht hatte.

Aber eben nur beinah jeden.

Ein markanter roter Haarschopf blieb weiterhin wie vom Erdboden verschluckt.

„Du solltest besser schnell wieder auftauchen, Remus!“, dachte James grimmig.

Neben ihm schnaufte Wurmschwanz unter dem raschen Tempo, das er gnadenlos vorlegte.

„Krone, du – äh, können wir vielleicht mal eine kleine Pau-“

James wandte ihm kurz seinen Kopf zu.

„Oh … oh schon gut – wir finden sie gleich bestimmt sowieso“, meinte der kleinere Junge hastig.

James schaute wieder stur geradeaus, er war fest entschlossen, nicht eher zu ruhen, bevor er sie gefunden hätte und wenn er jeden Zentimeter und jeden aus ihrer Stufe dafür befragen müsste. Dummerweise hatte von denen auch keiner bis jetzt den blassesten Schimmer gehabt …

Da erblickte James einen der noch wenigen jetzt verbliebenen Befragungskandidaten. Der Quidditchkapitän zog sein Schritttempo nochmals stark an – Wurmschwanz stolperte eiligst hinter ihm her – und steuerte direkt auf sie zu, dass seine Absicht eigentlich gar nicht missverstanden werden konnte. Seiner Auskunft schien das jedoch herzlichst egal zu sein, denn sie ging schnurstracks weiter, als wenn er gar nicht existieren würde.

„Stehen geblieben, Roberts!“, brüllte er dem Mädchen nach.

Sämtliche vorhandenen Köpfe wandten sich in diesem Moment nach ihnen um, nur ein blonder Lockenkopf zeigte weiterhin deutliches Desinteresse an der gesamten Situation.

„Hey, Roberts, ein Spieler hört auf seinen Kapitän! Also bleib jetzt gefälligst auf der Stelle stehen oder das Silber wandert doch noch in den Topf!“

Zwei kalte dunkelblaue Augen nahmen ihn prompt ins Visier und zu James’ Zufriedenheit wirkte sein Druckmittel nach wie vor auf einzigartige Weise.

Nur gegen ein anderes Problem half es leider nichts.

„Wie wär’s zur Abwechslung mal mit „bitte“, Potter – aber damit du jetzt kein Lexikon rausholen musst, das heißt jemanden höflich nach etwas zu fragen“, lautete ihr Begrüßungskommentar, als sie ihn und Wurmschwanz erreicht hatte.

In manchen Situationen konnte James tatsächlich sehr gut nachvollziehen, warum sein bester Freund dieses Mädchen so derart verabscheute.

„Roberts, ich stehe in der Rangordnung eindeutig über dir“, der Haarbogen über ihrem Auge schlug einen scharfen Bogen, „also beantworte lieber schnell meine Frage: Hast du Evans gesehen, ja oder nein?“

Sie runzelte kurz die Stirn, dann lächelte sie ihn geradezu höhnisch an:

„Vielleicht“, James’ Augen wurden begierig groß, „vielleicht aber auch nicht“, und James fühlte abermals sehr gut mit Tatze mit.

„Verflucht, Roberts – ja oder nein?!“, wiederholte James lautstark.

Er spürte, dass er den angestauten Zorn immer weniger unter Kontrolle halten konnte.

„Wie heißt das B-Wort noch, Potter?“, sie hob die rechte Braue abermals an.

„Bitte, sag es uns!“, flehte Peter und entlockte der Blonden damit einen beinah überraschten Blick.

James fühlte sich nun wiederum von einem seiner Freunde hintergangen.

Was war nur heute mit denen los?

Erst der Streit mit Sirius, dann Remus’ Verrat und jetzt auch noch Peter, der vor Roberts auf die Knie fallen wollte?!

James konnte seine Enttäuschung kaum in Worte fassen.

„Es gibt nur ein Wort mit „B“, das ich in diesem Zusammenhang kenne, Roberts und das heißt Beeilung – aber dalli!“

„Zu schade!“, ein höhnisches Lächeln machte sich auf ihren Lippen breit.

„Dank Pettigrew, wollte ich es dir gerade eigentlich verraten, aber ich habe heute ja noch wichtigeres zu tun, als mich mit deinem Kindergartendrama um Evans aufzuhalten, Potter. Regentropfen an der Scheibe zu zählen ist nun mal leider interessanter, Mr. Quidditchkapitän“, die letzten Worte zog sie ironisch in die Länge.

Anschließend drehte sie sich um und wollte gehen, aber James packte die Blonde einfach beim Arm und zwang sie zum Bleiben.

„Potter, was soll-“

„Jetzt hörst du mir mal zu, Roberts!“

James war inzwischen soweit, dass er bereit war, andere Seiten aufzuziehen.

„Im Vertrag stand, dass du erfolgreich für uns spielen müsstest, nur leider zähle ich dazu auch, auf meinen Befehl zu hören. Wenn du also nicht willst, dass ich Sirius heute noch eine Freude bereite, indem ich ihm ein kleines Silberkettchen zum Geburtstag schenke, dann solltest du jetzt wohl besser noch mal darüber nachdenken, ob du Evans gesehen hast oder nicht!“

Ein hasserfülltes Blau drohte ihn zu durchbohren, aber James wusste, dass er abermals gewonnen hatte.
 

In ein paar Stunden hatte Lily Evans so viel erfahren und solch viele neue Eindrücke gesammelt, dass sie gar nicht wusste, wo sie anfangen sollte, über all das Neue nachzudenken.

Zuerst einmal dieser für sie anfangs seltsame Laden, der gar nicht so seltsam war.

Na ja, vielleicht ein wenig verrückt und auch komisch, aber vor allem war er eins:

aufregend!

Diese Wahnsinnsmenge an Büchern allein war für Lily schon wie das Wahrwerden eines Kindheitstraumes – den Remus wohl übrigens mit ihr teilen musste – und wenn sie nur erst über die vielen anderen Dinge nachdachte … Da gab es längst gelbe Landkarten, geschützt von dickem Vitrinenglas und Ortschaften zeigend, die Lilys Fantasie zu den wildesten Vorstellungen von märchenhaft anmutenden Landschaften anregte. Antike Papyrusrollen, die sich querbeet angeordnet durch die Regalreihen zogen und in rätselhaften Zeichen von den Anfängen der Kulturen berichten. Altertümliche Magieutensilien, die schon vor langer Zeit aus der Mode gekommen oder deren Gebrauch verboten worden war. Hinzu kamen noch aller möglicher Muggelkram der aus den verschiedensten Jahrhunderten stammen musste, rätselhafte Magierausstattungen anderer Länder, schimmernde Kristalle und glänzender Schmuck, die ihre geheimnisvollen Kräfte nur erahnen ließen und schließlich waren noch eine ganze Menge Sachen zu finden, die Lily partout nicht in eine ihr bekannte Ordnung einfügen konnte. In Hazards Schatzinsel konnte man wirklich alles entdecken, was man vorher nicht einmal für möglich gehalten hatte. Jetzt wunderte sich Lily auch nicht mehr, dass Aloysius seinen ungeliebten Titel angeblich durchs „Aufräumen“ erhalten haben soll. Wer hier den Besen ordentlich schwang, hätte vermutlich Millionär werden können – es könnte allerdings Jahrzehnte dauern, wie Lily sich so in dem Chaos umsah.

Es drängte die Rothaarige allein aus einem angeborenen Zwang heraus schon, hier mal mit dem Staubtuch ordentlich herzugehen – gut, dass Caite nicht mitgegangen war, sie wäre vermutlich bei betreten des Ladens in Ohmacht gefallen – Zelma aber hatte ihr erklärt, dass es nutzlos sei, gegen „das Staubwolkenunwetter“ ankämpfen zu wollen, das „der alte Zausel“ verursache – sie hätte den Kampf schon vor vielen Jahren aufgegeben. Aloysius sei angeblich ganz allein Schuld daran, dass hier so ein Chaos herrsche, mit seinem „Unglücksarm“ für Zauberkunst und seiner erhöhten Unfallgefahr, würden sämtliche Ansätze von Ordnung jedes Mal wieder in sich zusammenstürzen. Das einzig richtig nützliche an ihm sei sein Talent zum Entdecken von Schätzen eben, die er von seinen abertausenden Reisen um die Welt mitgebracht habe und zum größten Teil den Reichtum des Ladens ausmachen würden.

Lily war zuerst zutiefst verwundert gewesen, wie eine Frau wie Zelma denn ständig so abfällig von ihrem Ehemann sprechen konnte. Und mal wieder war Lily peinlich im Fettnäpfchen baden gegangen, als sie Zelma etwas genauer darauf angesprochen hatte … und Aloysius es ebenfalls leider auch noch hatte mitbekommen müssen:

Die als Ehefrau?! Merlin bewahre!“

Brian hatte Lily daraufhin in den hinteren Teil des Ladens gebracht – „Hier lagern die besten Stücke, Lily – vertrau mir!“ – das Geschrei von Vorne hatte man trotzdem immer noch gedämpft mitbekommen. Remus war längst verschwunden, nachdem er eine Weile ungeduldig mit den Stuhlbeinen geschabt hatte.

Mit „Ich muss mir mal die Beine vertreten gehen …“ hatte er sich davongemacht und Lily glaubte nicht, dass er aus dem kleinen Bücherparadies so schnell wieder hervortauchen würde.

Merkwürdigerweise verspürte Lily selbigen Drang keines Wegs im Moment. Es kribbelte zwar, allerdings anders und nicht in ihrem gesamten Körper, sonder mit Konzentration auf ihren Bauch. Sie und Brian saßen sich schweigend an einem kleinen Holztischchen gegenüber.

Um endlich das peinliche Schweigen zu überwinden, zwang Lily sich eine der Fragen zu stellen, die ihr schon länger ungeduldig auf der Zunge lagen – wenn sie sie auch nicht für spannend genug hielt:

„Sie sind Geschwister, oder?“, erkundigte sich die Rothaarige nach den beiden alten Streithähnen.

Brian grinste.

„Um genau zu sein, sogar Zwillinge. Aber nicht besonders ähnlich im Charakter – bis auf ein gewisses Talent zum Streiten“, lachte er.

Lily legte die Stirn in Falten.

„Dafür, dass sie so eng miteinander verwandt sind, scheinen sie sich nicht besonders gut zu, äh verstehen“, Lily wollte nicht sagen, dass sie pausenlos aufeinander rumhackten.

„Nun ja, in dem Punkt sind sie doch ziemlich normal – Geschwister streiten sich eben ständig“, sein Gesicht wurde irgendwie eine Spur ernster nach Lilys Meinung, „aber ich denke, es gibt zudem noch viel Ungesagtes zwischen den beiden.“

Wie so oft schaffte es der Ravenclaw, sie buchstäblich zu verwirren. Gerade wollte sie eine weitere der Abermillionen Fragen stellen, die seine Antwort soeben hatte entstehen lassen, als Zelma mit misstrauischen Gesicht sich ihnen näherte.

„Kinder, vielleicht seht ihr euch das mal an!“, die alte Frau wirkte offensichtlich ungehalten über irgendetwas.

„In meinem ganzen langen Leben habe ich selten eine so offensichtliche Unverschämtheit erblickt!“

Lily fragte sich, was Aloysius jetzt wieder angestellt haben mochte …
 

Mit starrem Gesichtsausdruck ging Mel durchs Dorf. Sollte Potter doch tun, was er wollte, es ging sie nichts an … und es interessierte sie auch nicht.

Von Interesse war für Mel lediglich die Tatsache, dass der werte Quidditch-Blödikus langsam aber stetig unsichtbare Grenzen überschritt. Grenzen, die Mels Heiligtum bildeten.

Aber Potter ließ einfach nicht von seinem Weg vom Möchtegern-Quidditchrumkommandierer zum Diktator auf Schuljahrszeit ab, diese Dreistigkeit musste irgendwie von seinem besten Kumpel Black auf ihn abgefärbt haben. Er konnte es nicht mehr lassen, wann immer es ihm gerade gelegen kam, auf den kleinen, aber feinen Unterschied zwischen ihnen beiden zu verweisen, weil „Quidditchman“ leider ganz genau wusste, wie viel ihr an ihrem Schatz lag.

Zu viel …

Mel hasste es Schwachpunkte zu haben – hasste es generell irgendwelche Angriffsflächen zu bieten.

Doch am meisten hasste Mel den Zustand hilfloser Schwäche.

Die Situation, in der sie sich dummerweise ja gerade genau gegenüber Potter befinden musste. Wie sehr verabscheute es Mel doch, irgendjemandes Befehl entgegenzunehmen – das Gefühl aufoktroyierter Beugsamkeit, es widerstrebte ihrer ganzen Natur.

So groß ihre Abneigung dagegen jedoch auch sein mochte, es änderte doch nichts an den Tatsachen:

Potter hatte Macht über sie.

Mel atmete zischend aus.

Wenn sie sich doch nur davon befreien könnte …

Aber selbst ihrer Freiheit zu liebe, würde sie niemals ihren Schatz opfern – nicht an Black!

Mel spürte allein bei dem Gedanken, was dieser mit ihm anstellen würde, Wut in sich pulsieren.

Desertieren fiel also aus – blieb noch der anderen Weg, sich einfach zurückzuholen, was ihr rechtmäßig gehörte, nur tauchte da das kleine Problemchen mit den zwei Buchstaben auf:

„wo“.

Denn trotz längster Überlegungen – Mel hat noch immer keinen Schimmer, wo es überhaupt sein könnte.

Nur eins war Mel bewusst:

Potter war nicht dumm.

Zumindest nicht so dumm, wie man es nach fünfjähriger Lebenserfahrung mit dem infantilen Wirrkopf eigentlich annehmen musste. Nein, so viel Intelligenz traute sie Mr. Quidditchheini zu, einer der ach-so-tollen Rumtreiber hatte sich gewiss einen Ort ausgesucht, der nicht nur schwer erreichbar, sondern vor allem nicht vorstellbar für sie war …

Den Jungeschlafsaal konnte sie davon schon mal ausschließen, den hatte sie erst heute Morgen gründlich durchkämmt, während Black nebenan den Regenwald am abholzen gewesen war. Er hatte sie ganz schön von ihrer Arbeit abgelenkt – nicht seines „göttlichen Anblicks" wegen, nein, Mel hatte sein Gebrabbel zwischen den einzelnen Schnarchern und Grunzern viel interessanter gefunden. Sie hatte bis dato gar nicht gewusst, dass Black solche Fantasien von einem gewissen Slytherin hatte.
 

„Jaah, Schniefelus, sei richtig sexy!“
 

Sie würde ihn bei Gelegenheit darauf ansprechen, wenn Black Beauty sich sein eitles hübsches Näschen zur üblichen Schaustellung wieder mal an den Hinterkopf angetackert hätte – gleichwohl sie damit höchst bedauerlicherweise dreiviertel Hogwarts’ weiblicher Herzchen brechen musste.

„Aber ich muss doch meinen Teamkameraden helfen, zu ihrem wahren Ich zu stehen!“, dachte Mel ironisch.

Schließlich hatte sie sich Wohl oder Übel in ihr Schicksal zu fügen, Teil von Potters Dream Team zu bleiben, denn die Wahrscheinlichkeit war nicht gerade überragend, dass sich der einzige andere Ausweg so schnell wiederfinden würde. Und das hieß u. a. auch Black zu „akzeptieren“ – nicht als sympathisches menschliches Subjekt der männlichen Art, aber immerhin als nicht-Feind auf dem Quidditch-Platz. Ihr innerer Widerstand gegen diese Idee war noch längst nicht gebrochen, Mel beschlich jedes Mal ein leichtes Misstrauen bei der Vorstellung, dass Black sie vor den Klatschern beschützen sollte. Gegen ihn zu spielen wäre kein Problem – erstere Version hatte es bisher nur auf Platz fünf ihrer Alptraumszenarien geschafft.

Andererseits gab es doch tatsächlich sogar eine verlockende Sache für Mel in Gryffindors Mannschaft zu sein – das Spiel gegen Slytherin. Es grollte zufrieden in ihrem Innern, bei dem Gedanken den hinterlistigen Schlangen eins auszuwischen, besonders einer ganz bestimmten wollte Mel die arrogante Hohnvisage für lange Zeit aus dem Gesicht radieren.

„Dafür allein lohnte es sich schon, Potters unendlichen Quidditchwahn und Blacks dreiste Rausekelversuche jedes Mal aufs Neue zu ertra-“

Plötzlich wirbelte Mel herum.

Angespannt sah sich die Blonde mehrmals gründlich nach allen Seiten um.

Ihr war so … als ob …

Eine leichte Nervosität versuchte sich in Mel breit zu machen, doch die Gryffindor schüttelte sie vehement ab.

„Nein, hier ist niemand“, sprach sie deutlich mit sich.

„Wahrscheinlich war es nur ein unerwarteter Windstoss gewesen … Sieh dich doch um! Hier ist keine Menschenseele“, Mel kämpfte heftig gegen einen Teil in ihr an, der noch immer Zweifel streuen wollte.

Und dabei stand sie wirklich völlig verlassen und mutterseelenallein auf dem kleinen Woodcroft-Platz im Zentrum von Hogsmeade, einzelne Rufe erklangen nur von der weiter entfernten, gut befüllten Haupteinkaufsstraße her.

Mel schüttelte wirsch den Kopf.

Sie musste sich geirrt haben – sie musste einfach.

„Hör auf darüber nachzudenken, niemand hat nach dir gerufen!“

Stille.

Das Mädchen hatte sich angewöhnt auf die Befehle ihrer inneren Stimme zu hören. Denken war sowieso in vielerlei Hinsicht oftmals nur lästig. Und zu viel Nachgrübeln war generell nicht gut …

Die Gryffindor blendete jegliche vorherige Überlegung aus und konzentrierte sich wieder auf ihr eigentliches Ziel:

zum Honigtopf gehen!

Wiederum eine Schwäche – aber eine süße Schwäche, die Mel liebte. Sie konnte einfach nichts dagegen tun, das große Gummibärchen-Sortiment des Honigtopfs zog die Blonde geradezu magisch an, wie sonst kaum etwas auf der Welt. Besonders die peperoniroten Chili-Bärchen hatten es ihr neuerdings angetan. Und eine Tüte Bertie Botts Bohnen musste natürlicherweise für Mel immer mit dran glauben, auch für dieses gefährliche Zungenroulette hatte sie einen absoluten Faible entwickelt – egal wie viele Kotze- und faule-Eiertoffes da noch kämen.

In beinah kindlicher Vorfreude stakste Mel in Richtung Süßigkeitenspezialisten für alle Fälle davon, ohne dass sich ihr Gesichtausdruck merklich verändert hätte.

Über den einsamen Woodcroft-Platz wehte ein eisiger Wind …
 

Wurmschwanz ließ sich mit einem schreckhaften Plumpsen wieder neben ihm fallen.

„Na los! Und, hast du sie sehen können?“, fragte James ungeduldig nach, als sein Freund ihm nicht sofort Rede und Antwort über seine Beobachtung erstattete.

„Nein, aber ich glaube die Oma da drinnen hat mich bemerkt“, meinte Wurmschwanz nervös und machte sich noch kleiner als nötig.

„Egal, darauf können wir jetzt keine Rücksicht nehmen!“, James blieb hartnäckig.

Außerdem gehörten Omas in James’ Agentenverständnis nicht gerade zu den bedrohlichen Subjekten.

Was wollte so eine alte Frau schon tun?

„Warum gehen wir dann nicht rein und suchen nach ihnen?“

„Blöde Frage, weil unsere Mission strengster Geheimhaltung unterliegt, solange bis wir den offenen Angriff riskieren können“, erklärte James als Fachmann für derartige James-Bond-Fälle.

„Und warum muss ich dann die ganze Zeit durch das Schaufenster spionieren?“, maulte Peter.

„Das liegt doch auf der Zauberstabhand!“, James ging diese überflüssige Ausfragerei so langsam gegen den Strich.

„Erstens, weil du weniger Verdacht erregst als ich und zweitens, weil du kleiner bist.“

„Und warum tun wir das ganze eigentlich, Krone? Ich meine es ist doch nur Moony …“, erkundigte sich Peter mit großen Augen.

James war endgültig genervt.

Die Antwort war jawohl simpel!

„Weil … weil, äh …“, der Gryffindor suchte angestrengt nach der einfachen Lösung für diese Frage, bis ihm klar wurde, dass er es selber gar nicht so genau wusste.

Peters Augen wurden immer größer und tatsächlich – Misstrauen blitzte in ihnen auf.

Das nannte sich dann Freund!

„Ist doch egal weil!“, erregte sich James heftig.

„Fest steht nur, dass Remus uns angelogen hat.“

Peter wiegte den Kopf komisch hin und her, sagte aber daraufhin nichts mehr und begab sich endlich wie ein wahrer Freund wieder an die Arbeit.

Wenigstens war auf Wurmschwanz immer Verlass!

Von seinem Vertrauensschülerfreund und dem alten Brummbär konnte James das nicht gerade sagen. Doch er hoffte, dass zumindest letzterer sich bis heute Abend wieder beruhigt hätte, schließlich sollte da ihre gut überlegte Überraschung starten …

Nach einer Weile des schweigenden Auskundschaftens, zupfte ihn Wurmschwanz plötzlich aufgeregt am Ärmel.

James schaute genervt auf.

„Was ist de-“, seine haselnussbraunen Augen fanden von selbst den Grund.

„Oh …“
 

Lily fühlte sich komisch.

Nein, „komisch“ war nicht das richtige Wort für diesen Zustand.

Ihr war merkwürdig und seltsam zumute, zugleich kribbelig und aufgeregt, gepaart mit Euphorie und einem eigentümlichen Glücksgefühl – ja, das alles zusammen beschrieb am besten, wie ungewöhnlich die Rothaarige sich fühlte. Es war ein kunterbunter Emotions-Müsli-Mix, doch etwas fehlte noch … die Milch, die alles gut vermischte und die gute Lily Evans vollends verwirrte.

Das neuartige Gefühl einer unbekannten Leichtigkeit, das sich schon einmal in ihrem Bauch breit gemacht hatte …

So fremd das alles auch für sie war – Lily wollte nicht, dass es endete.

Es fühlte sich … gut an.

Brian ließ abrupt ihre Hand los.

Lilys Hochstimmung verebbte langsam … aber sie verschwand nicht ganz.

„Siehst du – da vorne ist der Drei Besen“, sagte der blonde Junge, mit seinem Arm auf das örtliche Lokal in der Ferne deutend.

Natürlich hatte er wie immer Recht gehabt, mit allem. Der Weg war vom Hinterausgang tatsächlich viel kürzer gewesen und was noch wichtiger war – er hatte ihnen eine Menge Ärger und vor allem ihr Nerven erspart. Lily könnte noch immer bei dem Gedanken an Pettigrews auf- und abtauchenden Kopf explodieren. Ganz zu schweigen von den paar hervorlugenden Büschel schwarzen abstehenden Haares …

Sie hatte so kurz davorgestanden diesem Stalker ihre sehr persönliche Meinung von seinem ganzen albernen Kindertheater mitzuteilen, doch Brian hatte es verhindert.
 

„Lass ihn, Lily!“, Brian lächelte verschmitzt und die Rothaarige wurde augenblicklich weich – ohne dass ihr Puls sich beruhigte.

„Ich habe eine bessere Idee.“

Dann wandte er sich zu der empörten Zelma Hazard um, die Potters Verhalten beinah noch mehr verärgert hatte als Lily selbst („Die Jugend von heute! … das gilt natürlich nicht für euch, Kinder.“).

„Ich hätte da eine Bitte an dich, Tante Zelma …“
 

Anfangs hatte Lily heftig gegen den Rückzug protestiert, besonders im Hinblick auf Remus, der von alledem nichts mitbekommend, noch immer im Laden verschwunden geblieben war. Doch Brian hatte es wiederholt geschafft, sie zu beruhigen:
 

„Mach dir keine Sorgen, Lily! Zelma weiß ja, wo wir sind, sie wird es ihm sagen. Es ist besser jetzt zu gehen, bevor es James Potter da draußen zu kalt wird. Außerdem kann Remus noch am besten etwas gegen ihn ausrichten – glaub mir, wir beide würden ihn kaum beruhigen können.“

Brian zog sie an der Hand zur Hintertür fort und Lily vergaß, trotz offen stehenden Mundes, was sie hatte sagen wollen – ihr Widerstand war längst verschwunden.
 

„Halt!“, rief Lily da auf einmal, als sie beide schon die halbe Strecke zur Kneipe zurückgelegt hatten.

Lily war siedend heiß eingefallen, dass sie etwas Elementarwichtiges vergessen hatte. Brian beobachtete sie neugierig.

„Einen Moment – können wir noch schnell in den Honigtopf? Ich wollte für meine Familie die Weihnachtsgeschenke besorgen.“

Brian lachte laut auf. Und Lily stellte fest, dass sie es mochte, es hatte irgendwie etwas sehr klares an sich.

„Du bist reichlich früh dran, das muss ich dir lassen“, schmunzelte er.

„Der frühe Vogel fängt das Korn“, murmelte Lily automatisch.

Brian musterte sie mit seinem intensiven Blick.

„Das hat meine Oma immer gesagt …“, meinte die Rothaarige und errötete.

„Deine Oma scheint mir eine weise Frau zu sein.“

Brian lächelte sie an, doch diesmal konnte Lily nicht gleiches zurückgeben, nicht mit dem traurigen Gedanken, wie lange es bereits her war, seit sie diesen Spruch das letzte Mal gehört hatte. Seine kastanienbraunen Augen musterten sie eindringlich.

„War … sie ist vor vier Jahren gestorben“, erklärte Lily mit schwacher Stimme.

„Das tut mir sehr Leid, Lily!“, sagte Brian voller Mitgefühl und sein Blick verriet, dass er es wirklich ernst meinte.

Dann wandte er das Gesicht kurz von ihr ab.

„Es ist nicht leicht, jemanden zu verlieren.“

Es war nur ein einzelner kurzer Satz, der so oft bereits als Höflichkeitsfloskel in solchen Situationen verwendet worden ist, doch Lily, die derlei Sprüche seit damals mehr als kundig war, spürte, dass Brian ihn weder aus wohlwollender Nettigkeit, noch des Mitleids wegen gesagt hatte. Es klang eher, als wüsste er genau, wie sie sich fühlte …

„Hast du- hast du auch schon mal jemanden verloren?“

Oh nein, Lily Evans!

Die Rothaarige hätte sich jetzt bereits wieder die Zunge abbeißen können, dafür so taktlos und neugierig zu sein.

Brian schaute sie mit verschlossenem Gesicht an.

„Nicht so wichtig“, meinte er.

Doch Lily hatte das kurze winzige Zucken bemerkt – diesmal blieb sie jedoch still und hielt sich mit ihren allzu neugierigen Fragen zurück.

„Aber du wollest doch was kaufen, oder?“, Brian überraschte sie mit seinem plötzlichen Mienenwechsel und ehe sich die Rothaarige versah, stand sie im Eingang des Honigtopfs.

Lily musste standardmäßig lächeln, sie erinnerte sich, wie sie ihren Eltern damals lang und breit von dem „Süßigkeitenparadies“ vorgeschwärmt hatte – und bis heute war es das für Lily geblieben. Egal welchen Geschmack auch das innewohnende Naschkätzchen bevorzugte, hier blieb kein Wunsch offen. Die verschiedensten zuckerreichen Leckereien türmten sich in den Regalen bis an die Decke, man war richtig geblendet von dem gigantischen Meer an Regenbogenfarben, das einen umgab. Da fanden sich saure Drops, die einem ein Loch in die Zunge ätzen konnten, Beat-Cola-Kracher, deren Genuss eine wahre Disko in den Mund verlegten, quiekende weiße Marshmallow-Mäuse, Lakritz-Schnapper, Amor-Lollis, die jeder Person eine stundelang die rosa-rote Brille auf die Nase setzten – und das war nur ein kleiner Teil des Sortiments.

Auch heute war der Laden vollgestopft mit Schülern aller Art, man konnte kaum vorwärts und rückwärts, ohne jemanden auf die Füße zu treten. Groß und klein, Gryffindor und Slytherin, aufgestylte Mädchen und langhaarige Friedensproleten – alle waren sie gekommen.

Lily verlor Brian schnell in dem engen Gewusel, als sie von hinten stetig weiter nach vorne gedrängt und er in eine komplett andere Richtung geschubst wurde. Die Rothaarige beschloss die Suche nach ihm bei der Masse an Leuten vorerst sein zulassen, zudem sie sich auch gerade zufällig vor dem Schokoladenstand befand. Also lud sich Lily schnell die übliche Auswahl ihrer Lieblingssorten auf (Vollmilch, Zartbitter und Haselnuss) und fügte abschließend noch die Geschenke für ihre Familie hinzu, dazu zählten u. a. ein herausnehmbarer Schokoladenweihnachtsmann, der in einem Zuckergussrentierschlitten mit Bonbon-Päckchen Platz fand und jedes Mal „Santa Claus is coming to town“ sang, sobald man ihn berührte, um ein Stück zu essen. Nachdem ihre Eltern schon Rudy, das singende Rentier, so sehr gemocht hatten, dass ihre Mutter es nicht übers Herz gebracht hatte, es zu essen, war Lily sich sicher, dass sie auch das diesjährige Honigtopf-Weihnachtsspecial wieder mögen würden.

Jetzt fehlte ihr nur noch eins …

Lily kämpfte sich, möglichst ohne jemanden weh zu tun, bis zum Bertie Botts Bohnen-Regal durch und griff nach der erstbesten Tüte. Sie nutzte eine sich ebengerade auftuende günstige Lücke aus, um rasch Richtung Kasse zu gelangen und sich dabei nach Brian umzusehen. Die Rothaarige erspähte seinen Rücken, wie er über einem Trüppchen Drittklässler aufragte und wollte bereits glücklich nach ihm rufen – doch in genau diesem Moment, als Lily ihren Arm erhob, passte die Vertrauensschülerin nicht auf und machten einen unvorsichtigen Schritt nach vorne.

Rumms – Lily schwankte gefährlich und mit den rudernden Armen um ihr Gleichgewicht ringend, ließ sie alles fallen. Der Weihnachtsmann verlor vor ihren Augen Kopf und Bein, die kunterbunten Bonbons verteilten sich auf dem Fußboden und der Zuckerschlitten lag nunmehr halb in seinen Einzelteilen dar.

„Es tut mir Leid“, sagte Lily, sich traurig von ihrem Geschenk abwendend, „ kann ich dir-“

Die Rothaarige stockte mitten im Satz und hielt die Luft an.

In einem farbenfrohen Süßigkeitenmeer auf der Erde saß … Mel!

Und ihre dunkelblauen Augen schauten wie immer nicht besonders freundlich zu Lily auf – im Gegenteil – bis sie sich erhebend und den scheinbaren Dreck von den Sachen klopfend, ihren kalten Blick abwandte. Lilys trotz allem aufhelfen wollende Hand, hatte sie natürlich ignoriert.

„Besser aufpassen kannst du wohl nicht, Evans, du Trampel?! Vielleicht solltest du dir mal Potters Brille leihen, er würde sie dir bestimmt mit persönlicher Widmung überreichen!“, schimpfte sie vor sich hin.

In Lily fand ein Kampf statt, angeheizt durch Mels Erwähnung von Potter, ein Wettstreit zwischen der Höflichkeitsstimme, die ihr gebot, sich zehnmal zu entschuldigen und einem kämpferischen Echo, das sie daran erinnerte, dass nicht nur sie an dem Zusammenprall Schuld hatte.

„Was ist hier los? Um Merlins Willen!“, der Ladenbesitzer Ambrosius Flume kam auf sie beide zugeeilt.

Entgegen einer möglichen Annahme, war der Führer dieses Naschgewerbes dünn wie eine Bohnenstange. Und mit seinem schwach besiedelten Haupte schaute dieser jetzt auf die noch immer leise singenden Reste des Weihnachtsmannes und Schlittens.

„Wie ist das passiert?“, erkundigte er sich ernst.

Lily sah Mel eine Augenbraue hochziehen:

„Fragen Sie Evans“, und sie deutete mit einem schwachen Kopfnicken in ihre Richtung, bevor sich die Blonde daran machte, ihre Einkäufe wieder aufzusammeln.

Der Ladenbesitzer musterte sie daraufhin mit knittriger Stirn und die Höflichkeitsstimme entschied den Wettstreit in der Rothaarigen sofort für sich:

„Es tut mir schrecklich Leid“, Lily schlug beschämt die Augen nieder, „ich … ich habe einen Moment nicht so richtig aufgepasst-“

„Genauso wie die andere“, sagte eine sanfte Stimme.

Brian gesellte sich sicheren Schrittes neben sie und Lily spürte, wie der Mut in sie zurückkehrte.

Mel schaute auf, nachdem sie die ganze Zeit mit aufsammeln beschäftig gewesen war. Lily beobachtete, wie sich ihre großen dunkelblauen Augen ein klein bisschen verengten, als sie Brian neben ihr fixierte.

„Was kann ich dafür, wenn Evans plötzlich blind durch die Gegend wandelt?!“, erwiderte sie aggressiv und stierte ihren blonden Partner weiterhin an, der jedoch äußerst gelassen wirkte.

Jetzt kam auch endlich etwas Bewegung in die zuschauende Menge um ihren Unfallort herum und das Gemurmel klang gewaltig danach, als wenn sich niemand auf Mels Seite schlug.

„Also schön“, meinte der dünne Süßigkeitenhändler beschwichtigend.

„Belassen wir es dabei, dass es ein Unfall war – einen kaputten Schokoladenhaufen kann der Laden schon verkraften“, und mit einem Wink seines hervorgeholten Zauberstabs ließ Mr. Flume das ehemalige Kunstwerk verschwinden.

„Doch damit das Geld wieder reinkommt … ich wollte gerade eine Dose meiner neusten Kreation öffnen – kitzelnde Lachgummis! Wer will eine kostenlose Probe haben …?“

Die Aufmerksamkeit der Leute entfernte sich alsbald vom Geschehen und die drei Teenager blieben allein zurück. Lily seufzte erleichtert und wollte nun gerade nach ihrer ersten Besorgung greifen, als es ihr vor der Nase weggeschnappt wurde.

„Das ist meine, Evans!“, zischte Mel und steckte die Bertie-Botts-Bohnen-Tüte in ihre Tasche.

Lily wich zurück, aber Brian hielt ihre Hand fest an Ort und Stelle.

„Ich glaube, eine Entschuldigung bei Lily wäre angebracht“, sagte er freundlich, sein Gesicht hatte einen steinernen Ausdruck angenommen.

„Und ich glaube, dass sich Evans den Vorschlag mit Potters Brille noch mal gut durch den Kopf gehen lassen sollte“, erwiderte die Blonde eisig und verschwand mit einem letzten Funkeln auf Brian hinaus aus dem Geschäft.

Eine Weile packten sie beide nun stumm Lilys Besorgungen zusammen, dann erhob Brian seine Stimme wieder:

„Keine … Freundin von dir, oder Lily?“, Brian sah sie nicht an.

Lily dagegen schaute zu ihm … und schüttelte den Kopf.

„Nein“, wollte sie klar und deutlich feststellen, doch ein leichtes Zittern ihrer Stimme konnte sie nicht vermeiden.

„Danke übrigens, dass du mir geholfen hast“, sagte Lily ohne aufzuschauen – sie hatte Angst sonst erneut zu erröten.

„Das war selbstverständlich.“

„Nein“, hielt Lily dagegen, „nicht bei Melody Roberts. Die meisten legen sich nicht gerne mit ihr an“, meinte die Gryffindor mit Gedanken an Mels entwürdigende Kommentare.

Roberts“, er betonte das Wort eigenartig, „war das nicht die spezielle Umarmungs-Freundin von Sirius Black aus dem Unterricht bei unserem Problemfall?“, harkte Brian nach.

„Allerdings“, Lily hob ihre eigene Bertie-Botts-Bohnen-Tüte auf, „das ist sie.“
 

Mit Sack und Pack war Mel mit voll beladenen Umhangtaschen dabei, sich auf den Weg zurück ins Schloss zu machen, schließlich wartete noch jede Menge Arbeit auf sie.

Eigentlich hatte sie zuerst gar nicht nach Hogsmeade gewollt, sie hatte ja nichts absolut Dringendes benötigt … aber die Verlockung war einfach zu groß gewesen und die Frustration über ihren alljährlichen Misserfolg in Zaubertränke gigantisch – da war eine Packung Gummibärchen schlichtweg existentiell, wie sich Mel sagte.

Doch nun stand dem Weg in die Bibliothek von Hogwarts nichts mehr im Wege!

… oder?

Mel blieb wie erstarrt stehen. Begierig sog ihre Nase einen wohl vertrauten Geruch ein.

„Mmh – frisch gebrautes Butterbier …“

Doch, da stand allerdings etwas zwischen Mel und ihrem stetig weniger verführerisch wirkenden Arbeitsberg.

Lautes Gelächter, Gläserklirren und andere typische Kneipengeräusche drangen an ihr Ohr.

Oh, warum nur musste der Drei Besen auch direkt am Wegesrand aus dem Dorf liegen?

Das war vollkommen unfair!

Nein, sie musste weitergehen, dass sie es schon wieder nicht hatte lassen können, dem Honigtopf einen Besuch abzustatten, war heute genug.

Für weiteren Blödsinn hatte sie keine Zeit!

Mels Füße aber sahen das leider anders, denn sie blieben zum Verdruss ihrer Besitzerin standhaft stehen.

Erneut blies der Wind diesen verlockenden Duft an ihrer Nase vorüber.

Nein, sie musste konsequent bleiben!

Wenn ihre Finger sich nur nicht mit einem Male so gewaltig kalt anfühlen würden … ein kleines Butterbier könnte da mit Sicherheit Abhilfe schaffen …

Mels Füße nahmen ihrer gespaltenen Besitzerin die Entscheidung einfach ab, indem sie sie schnurstracks in die drei Besen reinführten, der so gut gefüllt war, wie es sein Geräuschpegel angekündigt hatte.

Ausnahmslos jeder Tisch war wie üblich besetzt, bis auf ein kleines einzelnes Tischlein in einer der dunkelsten Ecken. Es wirkte schon von weitem ungemütlich auf jeden und mehr als eine Person hatte dort wahrlich keinen Platz, zudem war es heute auch noch von einem der riesigen Halloween-Kürbisse so verdeckt, das es vermutlich kaum wahr genommen wurde.

Mel ließ sich auf diesem ihrem Stammplatz fallen, nachdem sie sich eins der leckeren Butterbiere am Tresen bei der neuen Besitzerin, Madam Rosmerta, organisiert hatte und genoss jetzt ausgiebig die Wärme, die vom Glas ausging und sanft ihre Fingerspitzen durchfuhr, sowie den aufsteigenden köstlichen Duft, an dem sie ausgiebig schnupperte. Schließlich nahm Mel den ersten Schluck und wurde wie immer nicht enttäuscht – angenehme heiße Wellen breiteten sich von Innen heraus bis in ihre Zehenspitzen hin aus.

Ein herrliches Gefühl!

Aber sie würde sich nur dieses eine Glas gönnen, dann schwor sie sich, wieder zu verschwinden. Sie durfte nicht noch länger so untätig hier verweilen …

Während sie so hin und wieder an ihrem Bier nippte, beobachtete Mel aufmerksam die Leute um sich herum. Wenn sie sich auch sonst wenig für ihre Mitschüler interessierte, hier hatte sie ja nichts Besseres zu tun, also studierte sie zu diesen seltenen Gelegenheiten umso gründlicher das momentane Privatleben ihrer Schulkameraden.

In einer Ecke machte sie Miss Busenwunder Nancy Stuart aus, die heftig auf einen Jungen einquasselte, während dieser ausnahmslos von ihrem Dekolleté fasziniert zu sein schien.

„Wenn der wüsste, dass er einzig und allein das Wunderwerk von Hugh Prices magischen Push-up BHs ansabbert …“

Aber Hauptsache ein netter Ausschnitt und schon gab es mindestens einen Kerl, der bald seine Augen darin suchen musste, egal ob das nun Mutter Naturs Werk oder das eines 8-Sickel-Zaubers war.

Wenige Tische weiter entdeckte sie ebenfalls drei ihrer Mitschüler aus Gryffindor:

Frank Longbottom, Fabian Prewett und Chris Young.

Alle drei warfen einem Tisch giggelnder Mädchen – die Mel augenscheinlich als Hufflepuffs identifizierte – ziemlich oft interessierte Blicke zu. Mel bemerkte wie Young Longbottom in die Seite knuffte und der sonst so ruhige orangehaarige Riese daraufhin eine ganz puterrote Nase bekam. Was für eine Krankheit hinter diesem auffälligen Symptom stecken musste, konnte man sich ja denken …

Ein überlautes affektiertes Kichern ganz in ihrer Nähe lenkte abrupt Mels Aufmerksamkeit von den Jungs ab.

„Nein – wirklich?“

Mel verdrehte die Augen und lächelte gequält, diese Quietschstimme würde sie unter Tausenden erkennen, aber sie hob sich ja auch durch ihre einmalige aufdringliche Penetranz unverwechselbar von den anderen ab.

„Natürlich, ich habe es mit eigenen Ohren gehört!“

Und die Quelle dieser dumpfen Erwiderung war Mel ebenfalls vielbekannt.

Nur ein kleines Stück vor ihrem Kürbis-Versteck entfernt saßen Venice Lithon – wie immer natürlich ätzend perfekt aussehend –, daneben die Antwortgeberin und Hogwarts’ Gerüchteküche in persona Bertha Jorkins, des weiteren Mels über alles geliebte Zimmergenossinnen Grace Hopkins, Holly Jones und Megan McCaufield – alle drei denselben einstudierten Freundlichkeitsausdruck auf den Lippen – und schließlich noch Lithons überallhin folgender Anhang, die dauerkichernde Meute aus Mandy, Sandy und Randy – einzig offizieller Schwule Hogwarts’ (auch wenn die Bekanntmachung dieser Tatsache mehr als überflüssig gewesen war).

„Der Club der hohlen Kichererbsen“, dachte Mel abschließend, als allesamt wie die blöden geierten, sobald Jorkins ihnen von Amos Diggorys heimlichen Seitensprung erzählt hatte, den sie aus erster Quelle haben wollte.

Mel rollte die blauen Augen, jetzt verstanden sich alle ja noch sooo wahnsinnig gut – nachher würde wieder die Zickerei losgehen, wenn Lithon „das Prinzesschen“ und Hopkins „die Diva“ gegenseitig übereinander in einer Tour ablästern würden, dass sich die Ritterrüstungen in den Fluren krümmten.

Mels Augen wanderten gelangweilt weiter über ihr bekannte und weniger bekannte Ravenclaws, weitere Hufflepuffs und Gryffindors, offensichtliche Dorfbewohner an der Theke, die sich mit Rosmerta über den neusten Tratsch austauchten, unbekannte Fremde, die vermutlich auf der Durchreise waren, ein seltsam anmutendes zotteliges Wesen und sogar einige wenige Slytherins, unter ihnen der blonde Haarschopf von Esmond Cedric Debbenham.

Nicht viel weiter links von ihr nahm Mel noch jemanden war, den sie kannte und wogegen man Venice Lithon als ihre beste Freundin hätte bezeichnen können, hätte man den Hass, den sie für beide empfand, gegeneinander aufgewogen.

Black.

Er verschlang gerade ein Mädchen – zumindest sah es für Mel so aus, er hätte es vermutlich als „unwahrscheinlich leidenschaftliche Art zu küssen“ bezeichnet.

Doch Mel blieb lieber beim „Aufessen“.

Die Tür flog auf und trug einen Strom kalter Luft selbst zu Mels kleiner Nische hinüber. Herein traten ein blonder Junge mit rostrotem Schal, der einem rothaarigen Mädchen Gentleman like die schwere Honigtopf-Tüte trug.

Lily Evans und ihr neuer Freund – für Mel das Stichwort zu verschwinden.

Ihr Glas war eh schon seit einer Weile leer, sie hatte sich viel zu lange ihrem Lieblings-Spiel hingegeben. Das merkte beim Aufstehen auch Mels Blase an, die vehement und dringend nach Erleichterung verlangte. Schneller wie Merlins Teekessel pfeifen konnte, raste Mel also den Weg zum unteren Klo hinab (Schlange stehen auf dem oberen wäre jetzt nicht gut gewesen, da nahm sie lieber den längeren Weg in Kauf).

Erleichtert wollte sie ein paar Minuten später ihre Kabinentür wieder aufschließen, als sie hörte, wie die eigentliche Tür zum Klo erneut aus heiterem Himmel aufgeschlagen wurde.

„Wer kommt denn hierher?“

Es gab vermutlich nicht viele Mädchen, die von der weiteren Toilette im Untergeschoss des drei Besen wussten und den meisten wäre es hier gewiss auch zu einsam gewesen, schließlich lag es in der instinktiven Natur einer Frau, die Gesellschaft anderer weiblicher Mitgeschöpfe auf dem stillen Örtchen zu suchen.

Komische erstickte Laute drangen rasch an Mels Ohr, ein stetig wiederkehrendes Rascheln von Kleidern und … Geräusche wie, wenn jemand beim Essen schmatzte. Bei dem Gedanken verzog Mel angewidert das Gesicht, als sie kurz darauf ein immer lauter werdendes Japsen und Seufzen wahrnahm, das eindeutig femininen Ursprungs war.

Eine gewisse Ahnung beschlich sie – vorsichtig öffnete Mel einen winzigen Spalt breit die Tür ihrer Kabine.

Er reichte aus.

Sie schloss die Tür ganz leise wieder und machte es sich auf dem Klopott bequem. Das könnte ja noch eine Weile dauern.

Wie lang würde Sirius Black wohl brauchen, um dieses Mädchen zu vögeln und abzuservieren?

Wäre interessant mal die Zeit zu stoppen.

Aus Ermangelung eines passenden Zaubers ließ es Mel dann doch bleiben.

So hockte die Blonde einfach auf dem Klodeckel da, den Kopf auf die Hand gestützt und wartete – bei jedem „Oh, Sirius!“ die Augen entnervt verdrehend – ab. Gewiss, sie hätte auch rausgehen können, Blacks herrlich dämliche Visage wäre es hundertmal wert gewesen, aber auf einen weiteren unvergesslichen Anblick wie in seinem Schlafsaal konnte Mel getrost verzichten. Der erste wollte schon nicht mehr von ihr weichen, ein zweites Brüderchen, das ihm Gesellschaft leistete und sie nachts in ihren Träumen heimsuchte, benötigte Mel nicht.

„In meinen Alpträumen“, verbesserte sich die Blonde mit gerunzelter Stirn.

Also lauschte Mel weiterhin dem äußerst eintönigen Spektakel („Oh, Sirius!“), bis es nach einer ganzen Weile mit einem finalen „Merlin“-Schrei endlich sein Ende fand.

„Wow – Wild Beauty macht seinem Ruf tatsächlich alle Ehre!“, dachte Mel sarkastisch.

Sie nahm war, wie Kleider wohl wieder zu Recht gerückt wurden – anscheinend war das lustige Spektakel wirklich beendet, zumindest jetzt. Morgen hätte Beauty sicherlich schon wieder eine andere zum Weitermachen gefunden und da er heute ja auch noch das Geburtstagskindelein war, würde er bestimmt nicht in der Lage sein, den Weg in sein Bett allein zu finden.

„Sirius-Schatz, wo willst du hin?“, flötete das Mädchen.

„Weg?!“, blaffte er sie deutlich genervt an.

Aha – das war also der Anfang des Endes einer Kurzbeziehung mit Mr. Wenn-du-mich-siehst-ist-es-als-hättest-du-Gott-gesehen Black. Soso … (A/N: Dieser „liebevolle“ neue Kosename für Sirius stammt übrigens von joj55!^^*kuss*)

„Hey, ha-hat es dir denn nicht gefallen?“, es klang als wolle das Mädchen taff wirken, aber ihre Stimme zitterte dafür zu sehr.

„Schätzchen, es war wirklich ganz nett mit dir, aber ich hab heute noch was anderes zu tun.“

Er hörte sich mehr als desinteressiert an.

„Das … das war mein erstes Mal …“, murmelte sie mit schwacher Stimme und Mel hätte schwören können, dass sie in diesem Moment zu weinen begann.

„Ich hab dir nichts versprochen“, war seine distanziert herablassende Erwiderung auf ihr Geständnis.

Mels Lippen formten ein seltsames Lächeln in diesen Augenblicken, während sich ihre Fäuste gleichzeitig in ihrer Hose festkrallten. Eigenartige Zufriedenheit mischte sich in ihr mit einer unbekannten Wut.

Nein, er hatte ihr bestimmt nie etwas versprochen und wer blöd genug war sich auf diesen Playboy einzulassen, musste eben nachher mit den Konsequenzen leben. Und trotzdem … so sehr sich Mel auch dagegen wehrte, etwas spürte Mitleid mit dem dummen Huhn da draußen – das musste ihr Hass auf Black sein, der sich da bemerkbar machte.

Frei nach dem Motto:

Der Feind meines Feindes ist mein Freund.

Ein leises Schluchzen drang an Mels Ohr – und sie hatte genug gehört.

„Zeit zu gehen!“, dachte Mel grimmig lächelnd.

Sie hatte eindeutig schon zu viel Zeit auf diesem Klo verschwendet, also schlug die blonde Gryffindor im nächsten Moment krachend die Tür zu ihrer Kabine auf und marschierte schnurstracks aufs Waschbecken zu.

Zwei Augenpaare starrten sie erschrocken an, doch Mel ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. In scheinbar Gemütsruhe wusch sie gründlich ihre Hände und trocknete sie anschließend so sorgfältig ab, als gäbe es nichts Interessanteres auf der Welt als Hände säubern.

Schließlich schaute sie aber doch wieder auf und erblickte das Gesicht von Blacks nachmittags-Ex-Freundin, die noch immer auf dem Waschbecken hockte, wo er Minuten zuvor noch lustvoll über sie hergefallen war.

„Wa-was machst d-du hier?“, sie stotterte, da sie wohl mit den Tränen kämpfen musste – auf ihren Wangen zeichneten sich bereits deutlich Mascara-Spuren ab – dennoch wirkte sie durchaus angriffslustig.

„Eine Toilette in ihrem ursprünglich gemeinten Sinn benutzten, im Gegensatz zu euch“, erklärte Mel und winkelte die rechte Braue an.

Jetzt waren ihre Wangen nicht nur verschmiert, sondern glühten auch. Sie wandte ihr süßes kindliches Gesicht ab, dass ihr die kurzen braunen Haare ins Gesicht fielen, anscheinend hatte sie den Kampf gegen die Tränen doch noch aufgegeben. Ihr Körper zuckte immer wieder und die Töne, die sie am laufenden Band von sich gab, waren eindeutig.

Mel mochte das dumme Huhn zwar nicht trösten wollen, aber sie hatte immerhin so viel Anstand – und eventuell auch Mitgefühl – das Mädchen jetzt in Ruhe zu lassen.

Also drehte sie sich zur Tür um, die allerdings durch einen 1, 85m hohen Gegenstand versperrt war. Die ganzen Minuten hatte Mel sich bereits gefragt, warum es auf der anderen Seite so verdächtig ruhig geblieben war, nun war ihr klar, wieso.

Bisher war der Vulkan nämlich nur leise am Brodeln gewesen und hatte für den richtigen Moment der Explosion gewartet. Dieser war nun gekommen – ein kurzer Augenaufschlag von Mel in seine Richtung kam einem entzündenden Funken gleich, der den Vulkan endgültig zum Überlaufen brachte.

„HAST DU SIE NOCH ALLE?!“

Mel winkelte unbeeindruckt die rechte Augenbraue noch steiler an:

„Meiner mentalen Gesundheit geht es bestens, danke auch der Nachfrage, Wild Beauty.“

„ACH JA? DANN KANNST DU MIR JA BESTIMMT VERRATEN, WARUM DU MICH SOGAR BIS HIERHIN VERFOLGST?!“, schrie der selbsternannte Schulschönling erbarmungslos weiter das Bad zusammen.

„Verfolgen? Ich – dich?!“, Mel lachte spöttisch auf.

„Zu deiner Information, Black, da du ja etwas schwer von Begriff bist: Dies ist eine öffentliche Toilette, und eigentlich für natürliche weibliche Bedürfnisse gedacht, nicht für das Ausleben deiner niederen männlichen Perversitäten.“

Oho – vielleicht hätte sie die Erklärung noch einfacher formulieren sollen, der Vulkan wackelte abermals verdächtig.

Roberts“, es hörte sich an, als müsse er sich einiges an Mühe geben, ihren Namen über die Lippen zu bekommen, „nur weil du auf ewig eine alte verbitterte Jungfer bleiben wirst, brauchst du nicht neidisch auf dieser Seite meines Lebens rumzuhacken.“

Mel starrte ihn an – ihr überhebliches Lächeln verschwand.

„Tja, aber so einen Trottel, der dich freiwillig von deinem Eremiten-Schicksal erlöst, lässt sich wohl auf der ganzen Welt nicht finden“, meinte er abschätzig, zu seiner üblichen Arroganz zurückfindend.

„Schließlich müsste der nicht nur mit Blindheit geschlagen, sondern auch taub und dazu ein völliger Schwachkopf sein!“

Nie zuvor hatte Mel so viel Hass gegen Black verspürt wie nach haargenau diesen Sätzen.

Dieses eingebildete, hochmütige, selbstgefällige, schleimige, arrogante Arschloch!

… und eigentlich war selbst das noch viel zu nett, man sollte das „Arsch“ vorneweg streichen.

Aber wenn Prince Charming glaubte, dass er damit schon gewonnen hätte, würde sie ihn jetzt im hohen Bogen wieder von seinem eitlen Ross runterschmeißen.

„Wenigstens hast du deinen Trottel schon gefunden, was, Black?“

Er schaute sie leicht irritiert an und kniff seine grauen Augen misstrauisch zusammen. Mel lächelte süffisant.

„Ich muss sagen, es ist wirklich überaus spannend, wenn man dem größten Mädchenschwarm Hogwarts’ beim Schlafen zuhören kann – oder sollte ich lieber sagen, beim Reden?“

Ihr Lächeln wurde noch intensiver, als sie bemerkte, wie die Farbe um seine Nasenspitze etwas abnahm.

„Wie war das noch gleich“, tat Mel tief überlegend, „Jaah, Schniefi sei sexy!“, sie imitierte perfekt seinen begeisterten Schlaf-Ausruf vom Morgen und grinste höhnisch, als er vollends sein Gesicht verlor und hinter ihr ein geschocktes „W-was?!“ des Mädchens erklang.

„Aber, aber, Black - ich bin mir sicher, dass Snape einem schönen Gesicht wie deinem nicht widerstehen können wird, nachdem du ihn erst mal deine heimliche inbrünstige Liebe gestanden hast!“

Mel machte nun das einzige, was in dieser Situation richtig war:

Sirius Blacks wutentbrannter Hechtsprungattacke geschickt ausweichen – einmal machte sich Potters Sklaventreiber-Training bezahlbar – und anschließend so schnell sie konnte, die Beine in die Hand nehmen, die Tür aufreißen und hinausstürmen.

Dummerweise nahm ihr leider sehr viel stärkerer Gegner auch an diesem Training teil …

Sie war schon halb aus der Tür draußen, da packte etwas nach ihrer linke Hand mit einem derartig felsenfesten Griff, dass Mel zurückgerissen wurde – nur um im nächsten Moment blitzschnell wieder losgelassen zu werden. Mel taumelte daraufhin leicht zurück, die Augen – größer als sonst – auf ihr Gegenüber fixiert.

Für einen Augenblick sahen sich die beiden Intimfeinde absolut stumm an. Dunkelblau traf auf Anthrazit – völlige Verwirrung auf blanke Irritation. Genau wie sie, suchte er in ihren Augen nach einer Erklärung – einer Erklärung für etwas von dem keiner von ihnen wusste, was es gewesen war.

Sekunden vergingen so, dann machte Mel schließlich ein paar vorsichtige Schritte rückwärts auf die Treppe zu, zuletzt löste sie auch noch den Blickkontakt, in dem sie ihn mit den üblich kalten Augen fixierte und er sofort mit typisch wütenden Zusammenkneifen antwortete.

„Fass mich ja nie wieder an, Black!“

„Mit dem allergrößten Vergnügen, Roberts!“

Die Normalität der Ordnung war zurück.

Mel rannte. Rannte die Treppen hoch, rannte an dem vollen, eigentlichen Mädchenklo entlang, rannte an Evans und ihrem Freund vorbei, rannte hinaus – rannte, rannte, rannte.

Bis sie nicht mehr konnte, da war das Schloss schon in Sichtweite.

Für einen winzigen Moment blieb Mel stehen und blickte auf ihre linke Hand – dann schüttelte sie energisch den Kopf.

„Ach, Blödsinn!“

Sturen Schrittes machte sich Mel auf den restlichen Weg zum Schloss, aber tief in ihr blieb trotzdem die Verwirrung über diesen einen rätselhaften Augenblick zurück.
 

„Wo Remus nur bleibt?“, fragte Lily in das drückende Schweigen hinein, dass sie beide jetzt schon eine ganze Weile umgab, eigentlich hatte es bereits angefangen, kurz nachdem sie den Pub betreten hatten.

„Kurz nachdem Mel an uns vorbei gelaufen war …“

Leichte Wehmut erfasste Lily, sie konnte es nie ganz verhindern, dass dieses Gefühl sie im Zusammenhang mit Mel überkam. Ihr Erstaunen, dass Sirius Black nur zwei Minuten später auf ähnlich eilige Weise die Kneipe verlassen hatte und dabei beinah einen Fremden in der Tür umgerannt hätte, war jedoch noch sehr viel größer gewesen.

Momentan fühlte Lily sich selbst eingeschüchtert von der Atmosphäre, schließlich war das hier nicht die übliche ruhige Bibliothek, in der sie normalerweise zu zweit zu sitzen pflegten und wo sie genau wusste, welche Fragen zu stellen waren, weil sie nach der passenden Antwort für ein Problem dürstete. Das hier war etwas anderes.

Fast wie ein … Date!

Bei dem Gedanken ruckelte Lily noch nervöser auf ihrem Stuhl und fummelte aufgeregt an ihrem halbleeren Glas herum.

Was redete man in so einer Situation bloß?

Lily hatte in ihrem ganzen Leben noch kein Date mit einem Jungen gehabt und wenn sie ehrlich war, hatte sie auch bisher nur selten bis gar nicht ein tiefer greifendes Gespräch mit dem anderen Geschlecht geführt. Und dazu zählten für Lily nicht so eins von der Sorte „Hallo! Wie geht’s dir?“ oder die zahllosen Streitereien mit Potter.

Nein, Lily Evans, allein mit einem Jungen, sich über sehr private Dinge austauschend oder den Sinn des Lebens philosophierend?

Ausgeschlossen.

Obwohl … Remus hatte dieses Jahr bereits den Anfang gemacht hatte, seit sie beide zusammenarbeiteten, war ihre Beziehung von mal zu mal enger geworden.

Aber mit Remus war das ja etwas ganz anderes … jeder konnte mit Remus reden!

Doch nun saß sie hier, im „Drei Besen“, mit Brian Peterson und wusste einfach nicht wie … ja, wie sie nur anfangen sollte.

Währenddessen saß er da, als wenn – Lily beobachtete ihn heimlich aus den Augenwinkeln – als wenn er eine unbewegliche Marmorstatue wäre, tot und starr. Seine emotionale Stimmung typisch unablesbar.

Würde er doch nur etwas sagen …

Egal, einer musste es tun, einer musste den Anfang machen und Lily wollte sich nicht Tod schweigen, noch sich nachsagen lassen, dass sie eine schrecklich langweilige Schweigerin wäre.

Also los!

„Äh, schmeckt dein Butterbier auch so gut wie meins?“

Und der erste Preis für den intelligentesten Einstiegssatz geht an … Lily Evans!

Brian schaute sie ein wenig irritiert an, dann lachte er plötzlich laut los.

Solange bis Lily schwören konnte, ihr Kopf könnte mit einem amerikanischen Hydranten verwechselt werden.

Doch tat es irgendwie auch gut, ihn lachen zu hören …

„Entschuldige, bitte!“, sagte er und sein Lächeln nahm Lilys potentieller Wut jede Möglichkeit zum Angriff.

„Ich glaube, ich war mit den Gedanken gerade … etwas woanders, als du mich zurückgeholt hast. Tut mir Leid, du musst dich fürchterlich gelangweilt haben!“

„Nein, nein“, log Lily und nahm lieber noch einen kräftigen Schluck Butterbier.

„Ok, hier ist mein Vorschlag – sozusagen als Entschädigung für meine schreckliche Ignoranz – ein kleines Ravenclaw-Spiel.“

Lily wurde neugierig. Sie spitzte die Ohren und kam seinem Kopf ein Stück näher.

„Es geht folgendermaßen: Wir stellen uns abwechselnd Fragen, aber nur ganz einfache, wie „Was ist deine Lieblingsfarbe?“, und der andere muss so schnell es geht, mit dem Erstbesten antworten, was ihm gerade in den Sinn kommt.“

„Eine Art Psycho-Test?“, fragte Lily verwundert.

Brian zog die Stirn kraus.

„Das kenn ich aus Muggelzeitschriften …“, meinte Lily und errötete abermals.

War ja klar, woher sollte er so etwas auch kennen!

Hoffentlich gehörte er nicht auch noch zu der Sorte, die sich über Muggel-Sachen lustig machten.

„Ah ja, davon hab ich schon mal gehört“, verkündete Brian aber dann zu Lilys Überraschung verschmitzt lächelnd.

„Nun, so ähnlich wird es sein. Es ist wohl die beste Möglichkeit schnell mehr übereinander zu erfahren und da man so rasch antworten muss, sagt man meistens die reine Wahrheit. Es ist fast so gut wie Veritaserum.“

Lily nickte.

„Es ist unsere Art, so die Neuzugängen in Ravenclaw zu begrüßen, wir sind eben alle furchtbar neugierig und wollen es immer ganz genau wissen“, er grinste.

„Okay, fangen wir an?“

Lily nickte erneut.

Brian gab ihr mit einer eleganten Handbewegung zu verstehen, selber anzufangen.

Krampfhaft suchte Lily nun in ihrem Kopf nach einer schönen, aber intelligenten, interessante, jedoch nicht zu privaten Frage. Bis Brian ungeduldig die Lippen schürzte und Lily sich daran erinnerte, dass es ja nur ein Spiel war und es um ganz triviale Sachen gehen sollte. So stellte sie die erste Frage, die ihr daraufhin in den Sinn kam.

„Woher kommst du?“

„Aus dem Nirgendwo.“

Brian lachte über ihr irritiertes Gesicht.

„Ich wohne mal hier, mal dort. Wirklich, wenn ich dir alle Orte aufzählen würde, säßen wir noch lange hier. Also … hast du Geschwister?“

„Nur eine Schwester“, murmelte Lily, „ihr Name ist Petunia. Dein Sternzeichen?“

„Krebs. Dein Lieblingsautor?“

„Ich kann mich wirklich nicht entscheiden“, Lily schüttelte lächelnd den Kopf.

„Mal William Shakespeare, dann wieder J. R. R. Tolkien. Momentan ist es Jane Austen.“

Ihre Antwort jagte ihm ein flüchtiges Lächeln übers Gesicht. Lily fragte sich, ob es ihm ebenso ging und deshalb lautete ihr nächste Frage genau wie seine vorherige.

„Den habe ich noch nicht gefunden. Aber es gibt auch einige, die ich sehr schätze … Dein Haustier?“

„Artus – meine Eule.“

„Bist du reinblütig?“, Lily wollte unbedingt mehr über seine Familie erfahren.

„Nein“, antwortete er monoton.

„Hat es eine bestimmte Bedeutung, dass deine Eule ausgerechnet Artus heißt?“, jetzt wurde seine Stimme wieder neugieriger und seine Augen funkelten.

Lilys Wangen wurden warm.

„Weil König Artus als Kind mein Held war“, erzählte die Rothaarige, ließ dabei aber einen anderen noch peinlicheren Teil der ganzen Geschichte aus.

Sie machte sich auf sein Lachen bereit, aber ein verschmitztes Lächeln zeigte nur, dass er äußerst amüsiert war.

„Welchen Beruf haben deine Eltern?“, fragte Lily, die die ungewöhnlichen Zaubererberufe von Natur aus spannender fand als die von Muggeln.

Hier legte sich plötzlich ein Schatten über Brians Gesicht und das eben noch dagewesene Lächeln verschwand unter einer starren Maske.

„Keinen. Nicht … mehr“, er stockte.

Geschockt starrte die Gryffindor ihn an.

Wieder mal hatte sie, Lily Evans, ihre Zeichens Vertrauensschülerin, es geschafft, vollends im Fettnäpfchen nicht nur baden zu gehen, sondern gleich auch noch mit Salto Montane und anschließendem Bauchplatscher reinzuspringen.

Aber bevor ihr auch nur irgendein weiteres Wort zur Rettung aus dieser Misere möglich war, sprang die Tür zur Kneipe mit einem riesigen Krachen auf, dass sie fast aus den Angeln flog und jemand stürmte wutentbrannt hinein …
 

„Au – au – AU!“

Krone.

„Hey, du Alte, lass mich gefälligst los – nicht mal meine Mum behandelt mich so!“

„Dann sollte ich mich wohl dringend mal mit deiner Mutter unterhalten, denn sie hat einen furchtbar ungezogenen Bengel einfach nur größer werden lassen!“

Zelma Hazard.

Dazwischen ertönte das zaghaftere Gejammere von Wurmschwanz, der wohl sehr genau wusste – im Gegensatz zu einem gewissen schwarzhaarigen Jungen –, dass er sich nicht zu beschweren hatte.

Die rigorose alte Frau schleifte die beiden Jungen, trotz größten einseitigen Protests und Beleidigungen, erbarmungslos weiter – ihre Ohrläppchen beide in den eisernen Kneifzangen ihrer Finger gefangen –, bis sie ihn erreicht hatte und sie ihm geradezu vor die Füße warf.

„Mein lieber guter Junge …“, Zelma schüttelte harsch ihre weiße Löckchenfrisur, „und das sind wirklich deine Freunde?!“

Remus nickte, wenn auch mit verzweifelten Blick auf James, der sich jetzt aufrappelte und ihn mit seinen Brillengläsern wild anblitzte.

„Dann sollten sie sich mal ein Beispiel an dir nehmen!“, sie stemmte die Hände in die Hüften, Wurmschwanz wurde etwas kleiner.

„Aber heutzutage kann man anscheinend auch nicht mehr damit rechnen, solch gut erzogene Jungen wie dich und Brian vorzufinden. Zu meiner Zeit hätte man dieses Bürschchen da noch mit dem Zauberstab auf seinen Platz verwiesen!“, sie deutete auf Krone, der auf einmal einen äußerst komischen Anblick machte, es zuckte gefährlich um sein rechtes Auge.

Remus ahnte schlimmstes – dieses Anzeichen kannte er, es kam nicht oft bei Krone vor.

„Brian … Peterson?“, es klang nicht so richtig wie eine Frage.

„Genau der!“, Zelma hob stolz den Kopf.

„Das ist ein guter lieber Junge, der weiß, was sich gehört. Aloysius, jetzt steh da doch nicht so rum, sondern sag auch mal was!“

Remus kam der Einfall leider zu langsam, dass es besser wäre, nichts Weiteres über den „höflichen Brian“ zu erzählen – doch es war bereits zu spät.

„Jaja, kluger Junge ist der, typischer Ravenclaw eben. Und wie schon damals kriegen die gesitteten Kerle da natürlich die hübschesten Mädchen ab. Aber ich kann ihn verstehen, wenn ich nur ein paar Jährchen jünger wäre …“, Zelma schnaubte ungehalten.

„Was denn?! Ich wollte damit nur ausdrücken, dass ich dem Jungen Glück wünsche, dass in den Drei Besen die Funken schlagen. Rothaarige sollte man sich jedenfalls nicht entgehen lassen, die waren immer schon am besten!“, erklärte Aloysius großmütig und Remus wurde schlagartig so bleich, wie jemand anderes nun rot sah.

„Aber davon verstehst du ja nichts, alte Schabra-“

Er wurde durch ein lautes Schnauben, wie dem eines Stieres beim spanischen Torero-Kampf unterbrochen.

„Peterson – Peterson – PETERSON!“

Jetzt war alles zu spät – die halb gläserne Eingangstür krachte gefährlich gegen die Wand – die Katastrophe nahm ihren Lauf.
 

Remus Lupin lief – so schnell er konnte. Nicht um sein Leben, sondern um Brian Petersons und auch James’. Lily würde ihn umbringen.

Wurmschwanz schnaufte neben ihm her, doch ihre Fitness war ungefähr gleich – viel zu schlecht für den wutentbrannten Quidditchkapitän Gryffindors.

Dafür verbrachte er einfach zu viel Zeit mit dem emsigen Studium sämtlicher Regalreihen der Bibliothek und seine monatlichen Termine schwächten ihn jedes Mal noch zusätzlich. Wurmschwanz hingegen war schlichtweg zu rundlich und hatte zu kurze Beine, um einen brauchbaren Sportler abgeben zu können.

Kurz gesagt:

Sie würden zu spät kommen.

Endlich erblickte Remus viele Seitenstiche später den Ort der sich gerade ereignenden Katastrophe. Der Drei Besen lag nunmehr in greifbarer Nähe, aber trotzdem hatte der Braunhaarige die schlimmsten Befürchtungen, was bereits alles passiert sein könnte.

Normalerweise war Tatze ja der unberechenbare Pol von ihnen Vieren, doch es gab auch empfindliche Punkte beim immer gut gelaunten James, die bei ihm ähnlich leichtsinniges und unreflektiertes Verhalten á la Sirius auslösten:

eine Kurzschlussreaktion.

Keuchend kamen Wurmschwanz und er an der offenen Tür des Drei Besen zum Stehen. Von drinnen drangen bereits, wie von ihm erahnt, laute Rufe. Eine Stimme identifizierte er davon als Lilys – allerdings nicht sanft und freundlich, sondern Potter-hasserfüllt geladen.

„… nicht dein Eigentum! Ich gehe, wohin ich will und mit wem ich will, Potter!“

James war am Toben – Remus hörte es an seinem gereizten aggressiven Ton – und dass so schlimm, wie er es noch nie erlebt hatte bzw. bei James Potter überhaupt für möglich gehalten hätte.

„NEIN, aber dieser langweilige Idiot-“

„Nenn Brian nicht, was du selber bist, Potter!“, unterbrach Lily ihn fauchend.

Wurmschwanz und er betraten jetzt durch die halb offenstehende Tür, das Kampfgeschehen.

Lilys flammendes Haar fing sofort seinen Blick, sie stand halb von ihrem Platz erhoben mit Zorn funkelnden grünen Augen da, die ihr Gegenüber verfluchen wollen zu schienen.

James stand dem in nichts nach, die Zähne fest zusammengebissen, den Zauberstab nicht erhoben, aber bereits sicher umklammert, stand er vor ihrem Tisch – durchbohrte die meiste Zeit allerdings Brian mit seinen Blicken.

„-ist nichts für dich! Er soll sich gefälligst von dir fern halten. Verstanden, Freundchen?!“

James beugte sich noch mehr zu Brian hinab und schaffte es selbst Sirius in Sachen „tödliche Blicke“ noch Konkurrenz zu machen, was allerdings nicht zur gewünschten Gegenreaktion führte.

Brian saß da, schaute ihn beinah gelangweilt an, als wenn James ihm gerade irgendeine ermüdende Geschichte erzählen würde.

„HEY, ich rede mit dir, du streberhafter Blödmann!“, Brian guckte ihn weiterhin mit dem größten Desinteresse an – wenn er ihn überhaupt anschaute.

„Verflucht noch mal! JETZT SAG SCHON ENDLICH WAS!!!“, brüllte James jetzt herum.

Remus wusste, dass es jetzt richtig brenzlig wurde, denn nichts konnte James Potter weniger ausstehen, als wenn ihm jemand nicht die gebührende Aufmerksamkeit schenkte. Das drohende Erheben seines Stabs bestätigte Remus’ Befürchtung.

„Hey ihr!“, die gut gebaute jungen Kneipenwirtin, Madam Rosmerta, stand nun vorne am Tresen.

„Keine Schlägereien in meinem Pub – prügeln könnt ihr euch draußen, James!“

Remus nutzte diese Ablenkung den Schwarzhaarigen beim Arm zu packen, Peter tat es ihm gleich.

„Komm schon, James. Sei vernünftig – das hat doch keinen Zweck!“, redet er auf ihn ein.

Wohl leider die falschen Worte.

„NEIN!“, der Quidditchkapitän schüttelte sie beide brutal ab.

„Wir regeln das draußen wie richtige Männer!“

James wandte seinen schwarzen Wirrkopf wieder seinem Objekt des Hasses zu:

„Na los, wird’s bald oder soll ich dir Beine machen?!“

Brian zeigte ein unbeeindrucktes Lächeln.

„Nein, danke – aber ich habe kein Interesse, dir irgendwohin zu folgen, James Potter.“

„Falsche Worte“, dachte Remus mit einem Anflug von Panik, um James’ Zurechnungsfähigkeitszustand.

„Niemand hier hat Interesse deinem Affenaufstand zu zuhören, Potter! Also wie wäre es, wenn du endlich verschwindest – du hast für heute bereits genug Mist gebaut!“

Nun ging alles sehr schnell.

„Daran bist nur du Schuld!“, rief James in vollkommenen Zorn und wollte sich auf Brian stürzen.

Dieser tat jedoch nichts, rührte sich kein bisschen vom Fleck, als James mitten in der Attacke heftig zurückgeschleudert wurde und mit dem Rücken auf den Boden prallte.

„Scusi“, ertönte es irgendwo von der Seite her.

Remus schaute sich verwirrt nach der Stimme um, die gesprochen hatte, dann merkte er wie ein brauner Wuschelkopf den sich widerstrebenden James blitzschnell einfach unter dem Arm packte und nach draußen schleifte. Alle vier Jungendlichen folgten dem seltsamen Geschehen vor die Tür, am schnellsten die fuchsteufelswilde Lily – James hatte sich eindeutig jede Chance auf ein wenig Sympathie bei ihr für immer verbaut.

„Wer bist du? Was hast du gemacht?!“, hörte er James bereits im Türrahmen erbost rufen.

„Lass mich gefälligst wieder rein – ich bin noch nicht fertig mit dem Kerl!“

„Scusi erneute, meine Freund“, sagte eine dunkle Stimme, mit deutlichem südländischem Akzent.

Remus entdeckte vor dem Drei Besen angekommen, den seltsamen Fremden mit dem braunen Lockenkopf, der Brian anscheinend den Hals gerettet hatte.

„Aber du machste mir nicht den Eindruck, dass du bereit wieder zu gehen rein, biste“, erklärte er mit ausladenden Armen und auffällig rollendem „r“.

„Ich bin bereit wie noch nie, diesem Typen sofort klar zu machen, wem Evans gehört!“

„Ich gehöre niemanden, Potter!“, mischte die Rothaarige sich jetzt wieder ins Geschehen ein.

„Am allerwenigsten dir“, spie sie ihm angewidert ins Gesicht.

„Und ob, Evans!“, sagte James in typisch unerschütterlicher Manier.

„Du hast es nur noch nicht verstanden. Und dieses Würstchen da-“

„Nein, du hast nicht verstanden!“, schrie sie ihn an.

„Du und ich James Potter, hatten nie etwas, haben nichts und werden auch nie irgendwas sein. Es gibt kein „uns“, noch bin ich in irgendeiner Weise dein persönliches Eigentum. Und solltest du Brian nochmals, auf welche Art auch immer, beleidigen, werde ich nie mehr mit dir sprechen. Dann hörst du für mich auf zu existieren, endgültig.“

„Ische glaube, die signorina hatte sich klar ausgedrückt“, sagte der seltsame Fremde, den Remus entweder als Spanier oder Italiener einordnete.

„Misch dich nicht ein!“ sagte James scharf.

Dieser Ton – Lilys letzter Kommentar musste wirklich einmal tief bei ihm gesessen haben.

„Nein, James Potter, misch du dich nicht in Angelegenheiten ein, die dich nichts angehen!“

Das war das erste Mal, dass er bei Brian eine Spur von Wut und nicht die gewöhnliche Gelassenheit wahrnahm.

„Lily möchte nichts mit dir zu tun haben, das hat sie dir bereist auf verschiedenste Weise und das nicht erst seit gestern versucht, klar zu machen. Aber da du ja nicht in der Lage zu sein scheinst, dies wie ein normaler Mensch zu begreifen …“, er drehte sich zu Lily, „… würde ich dich gern jetzt zurück ins Schloss begleiten, Lily.“

Er warf einen letzten abschätzigen Blick auf James:

„Es hat keinen Sinn, noch länger hier zu bleiben.“

„Lass schön deine dreckigen Griffel von ihr, du schmieriger intellektueller Schnösel!“

Remus wollte sich an den Kopf greifen!

James verstand immer noch nicht. Er ging mit einem scheinbar kindischen Unverständnis an die ganze Sache ran, als wenn ihm jemand sein Lieblings-Spielzeug weggeschnappt hätte.

„Potter, jetzt reicht’s mir! Von heute an, werde ich auf dich nur noch reagieren, wenn es absolut nötig ist. Ansonsten existierst du für mich nicht mehr – vielleicht bringt dich das ja mal irgendwann zu ein bisschen Verstand.“

Lily wandte sich erhobenen Hauptes von ihm ab und nahm dankend Brians Arm an, den er ihr höflich anbot.

„Evans, bleib hier!“, brüllte James dem rothaarigen Mädchen nach.

Aber Lily und Brian gingen beide einfach weiter und bald schon hatten sie die Kurve erreicht, die sie aus dem Dorf und ihrer aller Blickfeld führen würde.

James blieb für einen Moment stehen und starrte ihr beinah fassungslos hinterher, dann kehrte die altbekannte Wut in sein Gesicht zurück und er wäre ihnen mit Sicherheit nachgestürmt.

Er wäre …

James fluchte die wildesten Ausdrücke, als der Ausländer ihn abermals am Angriff hinderte, indem er zur rechten Zeit unsichtbare Schnüre heraufbeschworen hatte.

„Glaubte, dass ihr kommt eine Weile mit ihm zurechte?“, fragte sie der – wie Remus inzwischen beschlossen hatte – Italiener.

„Musse nämlich selber ins Schlosse.“

Wurmschwanz und er nickten synchron, auf das verschnürte Bündel namens James hinabblickend („Verräter!“).

„Klar, das schaffen wir schon“, meinte Wurmschwanz mit mehr Mut in der Stimme, als es sein Blick denken ließ.

„Ja, vielen Dank für ihre Hilfe“, sagte Remus höflich und schüttelte seine große braungebrannte Hand.

„Nichtse problema!“, lachte der Mann ausgelassen.

Er schien von einem äußerst sonnigen Gemüt zu sein.

„Aber bevore ich gehe“, er beugte sich zu James hinab und grinste ihn an, während dieser wohl gerne dasselbe mit dem Südländer angestellte hätte wie mit Brian.

„Eine Rat von eine erfahrene Mann, an meine giovane amico. Das Herze einer signorina du nicht kannst ergreifen mit Gewalt – sondern nur stehlen in rischtige momento!“

Er zwinkerte dem grimmigen Quidditchkapitän verschwörerisch zu.

„Und dann erst iste sie für immer dein.“

James schnaubte abfällig.

Remus bezweifelte stark, dass auch nur irgendetwas von der Botschaft des Mannes bei seinem Freund angekommen war. James’ Hirn schien heute wie vernagelt.

Der Mann verabschiedete sich mit einem übergroßen Lächeln von ihnen („Arrivederci! Wir bestimmt nicht haben gesehen letztes Mal …“) und verschwand ebenfalls denselben Weg entlang wie zuvor bereits Brian und Lily.

Remus löste daraufhin mit einem Zauber vorsichtig James’ Fesseln. Der Schwarzhaarige blieb völlig ruhig am Boden sitzen – dann sprang er blitzschnell und unerwartet auf.

Aber diesmal nicht.

Remus brachte ihn mit einem Stolperzauber erneut zum Fallen und er und Wurmschwanz schnappten sich jeweils einen Arm des Quidditchkapitäns.

„Hey, was soll das? Seid ihr eigentlich meine Freunde?!“

So heftig protestierend schleiften die zwei Freunde ihren unberechenbaren Kumpel durch das gesamte Dorf, bis zur Heulenden Hütte – der Honigtopf wäre heute zu auffällig gewesen.

Erst jetzt fiel Remus etwas auf. Er hatte den fremden Helfer gar nicht nach seinem Namen gefragt, noch was er hier tat.

Der Braunhaarige zuckte die Schultern – sie würden ihn bestimmt noch mal wiedersehen.

Schließlich sah man sich im Leben immer zweimal
 


 

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@eva-04: *lol* Was findet Lily an Brian - gute Frage! Die stell ich mir auch öfters ... Ihre Gefühle haben mich auch damals sehr überrumpelt, aber ich würd sagen, sie sind sich in manchen Punkten einfach sehr ähnlich (Bücherwurm ^^), Brian ist sehr höflich im Gegensatz zu James und irgendwie fasziniert er sie auch. *g*

Jep, Sirilein ist heute arm dran *troest* - doch vllt hab ich ja noch ein Herz, der Tag geht schließlich noch weiter. ^^
 

@Nicce: Nö, wie Sirilein sich das ganze gedacht hat, hat man ja ganz am Anfang sehen können - fehlte nur noch das Mädchen im Bikini, das aus seiner Geburtstagstorte springt. *g* Bin aber geneigt ihm wenigstens heute noch eine Freude zu machen (das Chap besteht schließlich aus drei Teilen ^^) - dat is dann James' Part. ;)
 

@whatever92: Ich war schon ganz aufgelöst =( - will ja niemanden verärgern oder so. *kopfschüttel* Bin sehr froh, dass du weiter liest und auch weiter fleißig Kommi schreibst! *knuddel*

Jo, der Streit (denk mal du meinst Jamesies Ausraster ^^), der war ja nur zum warm werden *g* ... na da bin ich mal gespannt was du zum heutigen Ergebnis sagst! ^^
 


 

A/N: So Leute, jetzt sind alle meine schönen vorgeschriebenen Chaps aufgebraucht. *Mist* Heißt ihr werdet nun wahrscheinlich erst richtig merken wie faul ich sein kann. *g*

Doch ich hab Hoffnung, weil ich ja sehr bald (hoffentlich) auch den letzten Schulstress endgültig hinter mir lasse, dass ich dann mal zu Abwechslung sehr produktiv bin. Vor Ende April würde ich jedoch nicht unbedingt mit einem neuen Chap rechnen ...

Also verabschiede ich mich an dieser Stelle von euch in eine (kurze) Pause - hoffe ihr schreibt mir trotz allem jedoch ein paar Kommis, wäre übrigens nett, wenn sich ein paar von den Schwarzlesern auch mal äußern würden (ich sehe euch alle *muhaha*)!
 

heagdl yanni =)
 

P.S. Noch mal ein großes DANKESCHÖN an alle bisherigen Kommischreiber, besonders an die, die regelmäßig was hinterlassen - ihr seid die Besten!!! *knutscha*

... Halloween ...

Na, ihr? *wink*

Dachte ich schau auch mal wieder vorbei, und hab sogar ein kleines Kapitel *hust* 33 Seiten *hust* miteingepackt. ;)

Ich hoffe, es ist nicht sooo schlimm geworden. =( Irgendwie mag ich es nicht so recht und empfinde es die meiste Zeit nur als „blah blah“, aber schaut doch einfach selbst!^^
 

vlg, die yanni =)
 

P.S. Lasst euch von Mel und einem anderen Abschnitt nicht so sehr verwirren – klärt sich schon noch auf! *zwinker*
 


 

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Kapitel 15.2 – … Halloween …
 

«Ut sementem feceris, ita metes. »

Wie du aussäest, so wirst du ernten.

Marcus Tullius Cicero (106 v. Chr. – 43 v. Chr.), römischer Politiker, Anwalt, Philosoph, Redner u. Konsul
 

Sirius stand vor der Tür zum Schlafsaal und focht einen schweren Kampf aus. Den schwersten überhaupt denkbaren Kampf, den ein Mensch wohl bestreiten konnte – ein Kampf mit sich selbst.
 

„Hey Kumpel – wir warten schon eine Ewigkei-“

„NICHTS „KUMPEL“!“, brüllte Sirius seinem winkenden Freund entgegen.

„Weißt du, was heute für ein Tag ist, hm? Weißt du das, James?!“

Sirius kniff seine Augen so sehr zusammen, dass er nur noch durch einen Spalt breit die etwas verdutzte Visage seines besten Freundes wahrnehmen konnte.

„Natürlich, weiß ich das! Hältst du mich etwa für blöd oder total bescheuert?!“

James funkelte ihn verärgert durch die Gläser seiner Brille an.

„Was soll die dämliche Frage überhaupt?!“, rief er beinah ebenso erzürnt wie der Blackspross – heute war er seltsamerweise äußerst schnell gereizt.

In einer anderen Situation hätte Sirius sich über das unerwartet schnelle Austicken seines besten Freundes mit Sicherheit gewundert, wo James doch immer der Lockere von ihnen beiden war.

Im Augenblick war ihm dieser neue Wesenszug jedoch herzlich egal, war’s doch nur ein laues Lüftchen im Gegensatz zum dem Sturm, der nun endgültig entfesselt worden war.

„DÄMLICHE FRAGE?!!“

Der geballte Zorn des Sirius Black traf James Potter wie ein Faustschlag mitten ins Gesicht – dieser machte allerdings keinen Schritt rückwärts, so wie die Hälfte seines „mutigen“ Gryffindor-Quidditchteams, sondern blieb standhaft und etwas verdattert stehen.

„Ich sag dir, was ’ne DÄMLICHE FRAGE ist! Wenn du weißt, was heute für ein Tag ist, warum schickst du dann „das da““, und Sirius deutete mit seinem bebenden Finger auf Gryffindors Sucherin, die gerade noch als einzige in der Luft über ihnen schwebte, „um mich zu wecken?! Oder ist das etwa mein Geburtstagsgeschenk? HA HA – hab wirklich sehr herzlich gelacht, James!“

Sirius war immer noch fuchsteufelswild, wie ihm sein bester Freund „das“ an seinem Geburtstag – Geburtstag! – hatte antun können.

Hatte der Blödmann überhaupt einmal nachgedacht?!

Nein, hatte er nicht!

Ansonsten hätte er das nicht … er wusste doch schließlich, wie …

Er hätte es einfach wissen müssen!

„Verflucht! Ich wollte dir halt einen Gefallen tun-“, begann James mit fuchtelnden Armgestiken, als wäre Sirius hier der Schuldige, der Undankbare – der Idiot.

„Einen GEFALLEN?!“, brüllte er verständnislos dazwischen.

„Mit DER?!!“, wiederum deutete Sirius auf das weibliche Wesen in der Luft, dessen Namen er nicht aussprechen wollte.

Diese hatte anscheinend beschlossen sich unbedingt auch mal wieder einmischen zu müssen, denn nur Momente später musste sie – ausgerechnet neben ihm – wieder auf der Erde landen.

Die rechte Augenbraue in typisch ätzender Manier erhoben, schaute sie auf:

„Gefallen würde ich das nicht nennen, eher Bequemlichkeit erzwungen durch Erpressung.“

„Ach, sei still, Roberts!“, fuhr James barsch dazwischen.

Anschließend warf er einen Seitenblick zu ihm und zerstrubbelte sich mit einer Hand wild das Haar.

Sirius’ natürliches Misstrauen war sofort erweckt, und obwohl sich wirklich alles in ihm dagegen sträubte – er wollte um jeden Preis die volle Wahrheit hören, selbst wenn es bedeutete, freiwillig mit diesem Miststück kommunizieren zu müssen.

„Was heißt hier „Bequemlichkeit“, Roberts?!“, quetschte er also zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor, sie zwanghaft mit seinen Augen fixierend.

Das Mädchen mit den blonden Locken grinste süffisant. Das gleiche schreckliche Lächeln hatte sie auch drauf gehabt, als sie ihm ihre „Glückwünsche“ mitgeteilt hatte – und ihn im selben Moment wegen seines nächtlichen Fehlgriffs bei der Unterwäschewahl verhöhnt hatte.

„Potter, ich weiß zwar nicht, was dein Gefuchtel mir sagen soll“, Sirius warf einen kurzen grimmigen Blick über seine Schulter, und James hörte sofort auf mit seinem Hampelmann-Gehabe, das ihr eindeutig vermitteln sollte, nicht weiterzusprechen, „aber ich dachte immer Freunde“, sie zog das Wort extra auf eine ironisch, abfällige Weise in die Länge, „wären immer ehrlich zueinander. Und Black hat als dein bester Freund bestimmt Verständnis dafür, dass du deine Prioritäten eben anders setzt.“

Sirius drehte seinen Kopf in Zeitlupe zum Quidditchkapitän um, das Gesicht eine wutverzerrte Maske.

Dass er hier so einige Dinge ausgerechnet von Roberts erfuhr, war für sein kochendes Blut nicht unbedingt von besänftigender Wirkung.

„Was meint sie damit, dass du deine „Prioritäten“ anders setzt?!“, presste Sirius abermals durch seine Zähne hervor.

Schwer atmete er ein – er musste sich stark beherrschen, hier nicht sofort alles in Grund und Boden zu brüllen, sowie seine ureigensten Gefühle es ihm eigentlich befahlen.

Aber erst war die Wahrheit dran … und dann James!

„Ach, Sirius, hör nicht auf sie – James meinte das nicht so!“

Der Black-Spross suchte mit seinen Augen gefährlich langsam die Reihen nach der Stimme ab, die es da gewagt hatte dazwischen zu quatschen.

„Nur Quidditch …“, das Grau seiner Augen hatte Fabian Prewett ins Visier genommen, dieser hielt inne im Unterstützungsversuch für seinen Kapitän, schluckte kurz und ward – zum Glück für ihn – augenblicklich verstummt.

Sirius wandte sich wieder dem eigentlichen Objekt seiner lodernden Wut zu.

Der Quidditchkapitän schaffte abermals Unordnung in seinem Haar, bevor er mit einem versucht lockerem Grinsen (aber Sirius konnte er nicht täuschen – er kannte ihn zu gut) auf ihn einredete:

„Äh, ja, Kumpel … es war nämlich so, ich wollte dich heute Morgen mal länger schlafen lassen, weil ja dein Geburtstag ist. Ich hab halt gedacht, dass du sicher bald danach auch von selber aufwachen würdest, doch dann-“

„-hat er endgültig gecheckt, dass du die trotteligste Schnarchnase der Welt bist, und da er sich nicht in der Lage sah, einen anderen Spieler oder sich selbst von seinem heiligen Training zu entbehren, wurde ich geschickt – ich war nämlich günstigerweise mit meinen Übungen schon fertig.“

Sirius blickte James an.

Nein, er blickte ihn nicht an, er spießte ihn auf mit seinen Blicken:

Jede Sekunde, die sein Blut mehr in seinen Adern kochte, jeden Moment, in dem sein Kopf in der Lage war, die eben gehörte Nachricht besser zu verarbeiten.

In jedem Augenblick wuchs die Wut auf seinen angeblich besten Freund mehr ins Unermessliche.

So wichtig war er James Potter also?

So wichtig, dass der den verdammten Sport ihm überordnete?!

Sirius bebte – innerlich wie äußerlich.

Wie immer fehlte in dieser Situation nur noch das berühmte Zünglein an der Wage … das sich auch nicht lange bitten ließ …

„Also wirklich, Black, nur weil deinem besten Freund der Sport wichtiger ist, brauchst du nicht gleich in Tränchen ausbrechen.“

… und die Lawine rollte:

„ROBERTS – HALT ENDLICH MAL DEINE VERDAMMTE KLAPPE!!!“

Sirius konnte ihre höhnische Stimme einfach nicht mehr länger ertragen – sie war wie ätzende Säure auf seiner Haut. Mit jedem Wort fraß sie sich tiefer in seinen Körper hinein.

Die standhafte Unbeeindruckbarkeit über jedes seiner eigenen Worte, die sie mit einem gekonnten Augenbrauenhochziehen noch untermalen musste, ignorierte er in diesem Moment völlig – es war ihm alles egal.

„UND DU“, er drehte sich beinah zähnefletschend zu James um, „DU SELTEN DÄMLICHER VOLLIDIOT! GEH MIR AUS DEM WEG – ODER ICH VERGESSE MICH SELBST!!!“

James zuckte und wirkte … sprachlos. Anscheinend war sein Gebrüll tatsächlich mal weiter als bloß bis zu seiner Ohrmuschel vorgedrungen, denn die nicht-kommunikativen Momente traten nur äußerst sporadisch in James Potters Leben auf.

Doch Sirius kümmerte es nicht.

Er stürmte an ihm vorbei – natürlich nicht ohne ihn absichtlich hart anzurempeln – irgendwohin, wo seine Beine ihn auch immer hin tragen würden. Im Moment wollte er einfach nur sein Gesicht nicht mehr sehen.

Aber am aller meisten wollte er vor allem einer anderen Visage nicht mehr begegnen!

Sirius spürte, wie die Wut wild durch seine Adern pulsierte.

Und James hätte es wissen müssen!

Er hätte einfach – wusste er doch genau Bescheid!
 

Noch immer tobte ein Sturm der Wut in ihm, Zorn brannte auf bei dem Gedanken an heute Morgen, gar eine Spur versteckter Verletztheit kam zum Vorschein. Und alles, ja wirklich alles, stürzte sich auf es, bekämpfte es, versuchte seine Wirkung zu vertreiben – aber schlussendlich blieb das Band der Freundschaft doch der wie immer strahlende Sieger.

Sirius stieß ein dunkles Knurren aus.

So sauer er auch sein mochte, er wollte ihn jetzt auf gar keinen Fall hängen lassen!

Schließlich würde er allen Widrigkeiten zum Trotz immer sein bester Freund bleiben. Und niemand würde je daran rütteln können – schon gar nicht Roberts.

Sirius atmete noch mal tief durch und trat ein.

Die „nette“ Begrüßung folgte sogleich auf dem Fuße:

„Verflucht, Remus! Dich will ich jetzt ganz sicher nicht … oh!“

James hatte erst jetzt seinen Kopf vom Bett erhoben.

„Du bist’s.“

Für einen Moment schauten sich beide fest in die Augen, Haselnussbraun begegnete Sturmgrau, ein stummer Austausch fand statt, den Außenstehende niemals begreifen könnten – den sie beide noch nicht mal selbst bisher ganz verstanden hatten. Dann ließ sein bester Freund den schwarzen Wuschelkopf zurück aufs Kopfkissen plumpsen.

Sirius hockte sich ihm gegenüber auf sein eigenes Bett.

Eine Weile sagte keiner von beiden etwas, doch dies war kein schlechtes Zeichen. Zwischen ihnen herrschte ein Verständnis, das auch ohne Worte funktionierte.

Peterson! Schon allein dieser Name klingt doch bescheuert“, sprudelte es schlussendlich doch aus James heraus. „Langweilig, öde und total nichtssagend – genau wie dieser eingebildete Ravenclaw-Schleimer selbst!“

Sirius kannte das schon – dauerndes Schweigen konnte James am Ende doch nie ertragen.

„Der Typ schaut aus wie ein käsiges Bleichgesicht und ist so interessant wie ’ne Schachtel alter Kürbiskuchen! Der hat doch heute bestimmt zum ersten Mal seit Jahren wieder das Sonnenlicht gesehen dieser … dieser kastrierte, besserwisserische Vertrauensblödmann! Ich wette, er hat ihr irgendeinen hinterlistigen Trank untergejubelt, dass sie mit ihm ausgeht, dieser arschkriecherische Superstreber!“

James begann nun hin und her zu laufen, weiter obskure Wortgebilde vor sich hin zu fluchen und dann und wann die Arme zu erheben, als würde das Objekt seiner Rachsucht direkt vor ihm stehen, und er bräuchte nur noch zu zugreifen. Eine Weile hörte Sirius ihm ruhig zu – oder auch nicht, da sich James teilweise in seinen Ausführungen über den emotionslosen, aalglatten Lackaffen leicht wiederholte – bis er eine Frage stellte, die er seit Jahren nicht kapierte und die ihm heute mehr denn je auf der Zunge brannte.

„Warum?“

James schaute ihn verwirrt an.

„Warum, was?“

Eine außergewöhnliche Situation – die beiden verstanden sich mal nicht auf Anhieb.

Also wurde Sirius noch ein bisschen deutlicher, auch wenn es ihm nicht leicht fiel, dieses sein Unverständnis in Worte zu fassen.

„Warum dieser ganze Terror? Nur wegen ihr?“

Sirius runzelte die Stirn und blickte den immer noch irritierten James an.

„Ganz ehrlich, James – Evans ist es doch gar nicht wert!“

Mit James’ heftiger Reaktion daraufhin hatte er allerdings nicht gerechnet. Sie sprudelte sogar noch schneller hervor, als sein Vortrag über das „milchige Arschgesicht von Ravenclaw-Schleimbrocken“, nur klang es weniger wütend, dafür seltsam gereizt.

„Sag so was nicht – sie ist jeden Knut wert! Und wenn ich erst mal diesen Vollidioten aus dem Weg geräumt habe …“

„James, verdammt, sie ist nicht Wonderwoman! Du hast sie in der Dritten wegen einer kleinen dummen Wette angefangen zu fragen – weißt du noch? Schön – aber jetzt sind wir in der Fünften, die Wette ist längst Geschichte, Miss Perfect ist genauso prüde wie eh und je und du … läufst ihr immer noch hinterher“, Sirius machte eine Pause und blickte James mit seinem gesamten Unverständnis an, das er über dieses jahrelange, bizarre Verhältnis hatte.

„Ich versteh’s einfach nicht, James! Die schreit dich dauernd vor allen Leuten in Grund und Boden, dass es einem in den Ohren klingelt, und du lässt dir das auch noch gefallen und fragst sie trotzdem immer wieder wie doof nach einem Date.“

„Ja, Mann – aber sieh sie dir doch mal genau an!“, erwiderte James und seine Augen funkelten so eigenartig. „Dann wirst du sehen …“

„Verdammt, es gibt Tausende die rote Haare haben und nett lächeln können, James – ich muss es wissen!“

James schnaubte abfällig.

„Aber keine davon ist Evans!“

„Und was ist dann so besonders an Miss Evans, dass Rosmerta dir fast Hausverbot aufgehalst hätte?“

Remus hatte ihn zuvor über die kritische Gesamtsituation aufgeklärt – auch warum jetzt nicht er hier oben bei James war.

Dieser ließ sich zurück auf sein Bett fallen und schloss die Augen.

„Soll ich ehrlich sein? Ich weiß es nicht. Aber irgendwie ist sie …“, und hier öffnete James seine Augen wieder, „… anders“, murmelte er und lächelte merkwürdig.

Sirius strich beiläufig sein Haar zurück – er verstand immer noch nichts.

In seinen Augen war Lily Evans nur so weit anders, als dass sie das wohl regelbesessenste Mädchen war, das er je getroffen hatte. Ansonsten … gut, sie hatte rote Haare und grüne Augen, eine Kombination, die nicht allzu oft vorkam – aber sie kam vor. Von der Bettkante hätte er sie nicht gerade gestoßen (wenn ihr Charakter nur ein klein wenig ansprechender gewesen wäre), aber für ihn war sie ein Mädchen wie jedes anders auch. Ersetz- und austauschbar.

„Hör zu“, sprach Sirius mit bemüht ruhiger Remus-Stimme, denn das komische Lächeln klebte immer noch auf James’ ganzem Gesicht – Sirius empfand es als beängstigend.

Das war nicht mehr James!

„Vergiss sie doch einfach“, schlug er vor.

James richtete sich standepeter auf und starrte ihn an.

„Das kann ich nicht!“

„Auch nicht für immer, du Blödmann!“, Sirius verdrehte die Augen. „Sondern nur ein paar Tage und Wochen. Lenk dich ab – es gibt genug andere Mütter mit schönen Töchtern. Und ehe du dich versiehst, ist sie eifersüchtig, weil du sie nicht mehr beachtest, und der Vertrauensidiot ist Geschichte.“

„Meinst du?“, fragte James mit unsicherer Stimme und treuherzigen Augen nach.

Er fuhr sich ein paar Mal durchs Haar – wieder so ein Zeichen, das Sirius Angst bereitete.

„Klar“, sagte der Black-Spross mit sicherer Stimme, als wäre das alles eine Kleinigkeit.

In Wirklichkeit war sich Sirius überhaupt nicht sicher, dass das hinhauen würde, aber sein eigentlicher Plan lautete ja auch ganz anders:

James schnellstmöglich auf andere Gedanken bringen!

Denn was auch immer da Besitz von James ergriffen hatte, dass er Evans wie ein kompletter Vollidiot hinterherlief, Sirius sah es als seine Pflicht an, seinen besten Freund davon zu kurieren – um was es sich dabei auch handeln mochte.

Ein schrecklicher Verdacht keimte da ja in ihm auf … aber, nein!

Sirius verengte seine grauen Augen ein wenig.

Ein paar schöne Mädels und dieser ganze Evans-Quatsch wäre ein für alle Mal gegessen. Davon war Sirius überzeugt.

„Ich hätte Roberts heute Morgen nicht schicken sollen – Sorry!“, begann sein Freund urplötzlich.

James’ Hand wanderte erneut zu seinen Haaren, sein drückendes schlechtes Gewissen konnte man ihm geradezu wortgetreu vom Gesicht ablesen.

„Ich war ein kompletter Vollidiot. Hab nicht nachgedacht“, murmelte er etwas kleinlaut weiter.

„Allerdings“, meinte Sirius trocken.

„Ich dachte … ich wollte … war so mit Abigail und Franklin beschäftigt, die diese einfach Formation schlichtweg nicht auf die Reihe bekommen haben“, James fuchtelte mit seinen Armen rum – bei ihm war in Verbindung mit Quidditch alles einfach, „… dass ich … weiß nicht …“, er rang wieder mal mit den richtigen Worten, Sirius half ihm nicht, fixierte ihn nur stumm mit seinen Blicken. „Ok, Frank hat mich daran erinnert, wo du bleiben würdest, und ich war angenervt wegen … wegen Franklin, genau“, murmelte der Schwarzhaarige schnell, aber Sirius wusste, dass er eigentlich etwas anderes hatte sagen wollen, „und da hab ich einfach sie geschickt, weil sie gerade so teilnahmslos dastand. Ich hab nur gedacht, dass sie dich bestimmt wach kriegen würde … alles andere, das hab ich in dem Moment … vergessen … tschuldige!“, murmelte James kleinlaut zu Ende.

„Kurz gesagt: Du hast mir die Zauberer-Pest an den Hals gehetzt, weil du wieder mal vergessen hast, dein verdammtes Hirn einzuschalten?“

Sein bester Freund blickte mit verunsichertem Kopfnicken auf, Sirius jedoch stöhnte nur äußerst angenervt:

„James, du bist wirklich ein selten dämlicher Teilzeit-Trottel!“

Der Potter-Sohn versuchte ein entschuldigendes Lächeln, Sirius allerdings winkte beruhigend ab:

„Aber du bist immerhin nicht Schuld, dass sie existiert.“

Er wollte sich jetzt echt nicht noch mal darüber aufregen!

Jeden andere hätte er normalerweise noch lange, seinen Zorn darüber zu spüren lassen bekommen, aber das hier war James. Und James bildete die große Ausnahme bei Sirius. Ihre Freundschaft hätte vermutlich nicht mal begonnen, wenn er allzu nachtragend gewesen wäre. Außerdem war James Meister darin, alle Nase lang den dümmsten Mist zu bauen – was er im Übrigen grundsätzlich erst fünf Minuten zu spät bemerkte – und Sirius hatte sich allmählich dran gewöhnt, dafür waren seine Entschuldigungen immer absolut reumütig und ehrlich.

Wahrscheinlich war James Potter auch deswegen sein bester Freund.

„Vielleicht solltest du einen Beschwerdebrief an ihre Eltern schreiben“, grinste Krone ihn nun an, offensichtlich schwer erleichtert und bereits zu neuen Scherzen aufgelegt.

„Falls die diesen Plagegeist überlebt haben, sollte ich das echt mal in Erwägung ziehen. Wenn ich allein jeden ihrer blöden Kommentare zusammenrechne, könnte ich sie auf eine ziemlich hohe Summe schmerzvollen Schadensersatzes verklagen, dafür, dass die das in die Welt gesetzt haben!“, entgegnete Sirius ebenso fies lächeln.

Seltsam, dass hier seine kleine Moony-Stimme alias Gewissen mal wieder aufmokieren wollte …

Sirius stellte sie einfach ab.

„Aber keine Sorge, wenigstens heute Abend wirst du sie vergessen – das verspreche ich dir!“

Sirius spürte urplötzlich die Neugier in seinen Fingern kribbeln. Das Vorhandensein einer Überraschung versetzte ihn in helle Aufregung.

Mann, er wollte nicht warten, er wollte das jetzt und sofort wissen!

Krone merkte das natürlich.

„Aber erst heute Abend, bis dahin ist das eine Top Secret Mission!“, erklärte ihm sein bester Freund grinsend und mit ausschweifender Armbewegung – er schien nicht minder aufgeregt zu sein als er.

Na hoffentlich war es keine Vorführung des neusten James Bond Films, mit James selbst in der Hauptrolle …

„Ja, ja, schon gut!“, erklärte Sirius murrend.

Er versuchte seit bald mehr als einem Monat, aus Krone Informationen hervorzukitzeln, doch sein Freund hüllte sich hier ausnahmsweise in ein eisernes Mundzuklappen.

>Der Gentleman-Agent genießt die Aufregung und schweigt, Tatze!<, äffte er seinen Freund gedanklich nach.

Es war ja so frustrierend!

Er hatte doch schon jetzt Geburtstag – warum sollte er dann bis heute Abend warten?

Das war ja schlimmer wie Weihnachten … aber das mochte Sirius eh meistens nicht … genaugenommen, mochte er es nie …

„Na schön“, Sirius erhob sich vom Bett und vertrieb die Gedanken, „dann würde ich sagen, wir gehen jetzt runter.“

Krone warf ihm einen verständnislosen Blick zu.

„Wieso?“

Sirius packte ihn Augen verdrehend am Arm und schleifte einen bedröppelten Krone einfach mit aus der Tür raus.

„Weil wir da, glaube ich, noch mehr als eine Sache zu klären haben …“

Und mit diesen Worten unten angekommen, gab er seinem besten Freund einen heftigen Stoß gegen den Rücken, dass dieser beinahe den Boden geküsst hätte – ok, ein bisschen Rache musste einfach sein – und gerade noch so schlitternd vor einer Person zum Stehen kam.

Sirius konnte förmlich hören, wie es in James’ Hirn „klick“ machte und er ihm über die Schulter hinweg, ein böses Funkeln zuwarf, bevor er sich mit einem genauso bösen Blick zu der Person vor ihm wieder umwandte.

„Na, das kann ja noch lustig werden …“, dachte Sirius für sich, während er in seinem Sessel neben Peter Platz nahm und im Stillen eine gewisse rothaarige Vertrauensschülerin verfluchte.
 

~*~*~*~
 

Ihre Hand fuhr das schwarze Gefieder sanft auf und nieder. Immer und immer wieder tat sie diese Bewegung, geistesabwesend vor sich hinstarrend, und Gedanken nieder kämpfend.

Die dunkel gefiederte Eule öffnete einen Spalt breit die genüsslich geschlossenen Augen, als hätte sie die innere Unruhe ihrer Besitzerin gespürt. Ein leises, klangvolles Schuhuhen verließ ihren Schnabel, dann schloss sie die Lider wieder.

Mel seufzte frustriert.

Heute konnte selbst Sador sie nicht ruhiger stimmen.

Irgendwie war sie … aufgewühlt.

Es war, als hätte sich etwas Schlafendes seit langer Zeit wieder in ihr geregt und würde sich nun einfach nicht erneut zur Ruhe legen lassen wollen. Mit ihm schreckte es Erinnerungen auf – Erinnerungen, die längst vergessen sein sollten. Von überall in Mels Kopf schienen sie hervorzudringen, aufzutauchen, sich vor ihr geistiges Auge zu schleichen, und obwohl sie die Bilder mit einem eisernen Willen niederrang, konnte sie doch nicht verhindern, dass in ihrem Ohr schon lang vergangene Stimmen noch einmal zu neuem Leben erwachten.

Ein Flüstern aus anderen Tagen … anderen Zeiten
 

„Sag mal, bist du eigentlich sicher, dass du hier richtig bist? Der Zug in den Kindergarten war nämlich auf einem anderen Gleis, jedenfalls liefen da Leute in deiner Größenklasse rum“, amüsierte sich eine gehässige Stimme.

„Und du, Meister Riese?“, erwiderte eine fremd tönende Stimme ebenso herablassend. „Ich geb dir jetzt mal einen Tipp! Wenn es nächstes Jahr bei der Fahrt ziehen sollte, dann liegt es daran, dass du mit dem Kopf durch die Decke gestoßen bist, also vergiss bloß nicht, dein Wollmützchen mit einzupacken!“

Ein neckisches Lachen erklang in Mels Kopf:

„Du bist ziemlich frech … Kleines!“
 

Zornig hörte die Blonde weg, wollte nichts hören, alles ignorieren. Sie legte sich die Hände auf die Ohren, als könne sie damit die lästigen Stimmen einfach abstellen, aus ihrem Kopf ein für alle mal verschwinden lassen.

Es bewirkte jedoch das völlige Gegenteil.

Als wenn sich ihre Gedanken plötzlich gegen sie verschworen hätten, tauchte weiteres aus den dunklen Ecken ihrer Erinnerung wieder hervor. Und Mel konnte nichts dagegen ausrichten.
 

„Wo warst du, verdammt?! I- wir haben uns echt alle Sorgen gemacht, wo du bleibst!“, schimpfte eine Stimme voller Zorn.

„Einmal muss ich dem Idioten zustimmen!“, rief eine hellere Stimme nicht minder geladen. „Du bist nicht da, keiner weiß, was mit dir ist – und plötzlich tauchst du wieder mitten aus dem Nichts auf und weichst offensichtlich jeder Frage aus!“

„Ich-“

„Weißt du eigentlich, was ich mir alles ausgemalt habe, was passiert sein könnte? Herrgott, ich hab dich schon sonst wo gesehen, besonders nachdem, was im Sommer-“
 

>Nein!<

Mel wollte das nicht hören!

Sie wollte rein gar nichts hören!

Und noch weniger wollte sie sich auch nur an irgendwas erinnern!

Sie hatte aufgehört sich die Ohren zu zuhalten, stattdessen umkrampfte ihre Hand nun die Eulenstange neben Sador, während sie das Tohuwabohu in ihrem Kopf bekämpfte. Fast verzweifelt versuchte Mel, die alte Ordnung wiederherzustellen, lenkte sich ab, dachte an anderes und schloss die Augen. Aber allem inneren Widerstand zum Trotz überrollte sie das Vergangene erneut wie eine riesige Welle – jetzt ein einziges Wirrwarr an alten Echos, die sich in ihrem Kopf gegenseitig wild anbrüllten.
 

„Wo ist er? Wo ist er?!“
 

„Mir vertraust du also nicht – aber ihm schon?!“
 

„Ach nichts. Ist nur der dumme Köter, der hier herumstreunt …“
 

„Dein Vater … ist nur aufgewühlt. Er wird sich schon wieder … beruhigen – vertrau mir!“
 

„Das meinst du nicht so …“

„Ich meine die Dinge immer so, wie ich sie sage!“
 

„Ich kann gar nicht glauben, dass das Jahr bereits rum ist. Bald gehen wir schon in die zweite Klasse, könnt ihr euch das vorstellen? Ich fühl mich noch gar nicht so groß.“
 

„Wo ist er? Wo ist er?!“
 

„Halt endlich die Klappe … Schlammblut!“
 

„Ich habe dich die längst Zeit gekannt – geh mir aus den Augen, ich habe dir nichts mehr zu sagen!“
 

„Es wird mir ein Vergnügen sein … Black!“
 

„Du magst ihn wohl … nicht besonders …?“
 

„Es ist okay! Wir haben wohl beide unsere kleinen … Geheimnisse, was?“

„Ich weiß. Nein, keine Sorge, von mir wird nie jemand etwas erfahren. Trotzdem … danke!“
 

„Weißt du, was das Schöne am Leben ist? Die Sonne geht jeden Tag wieder auf!“
 

„Wo ist er? Wo ist er?!“
 

„Ich bin so stolz auf dich …“

„Fass mich nicht an!“
 

„NEIN!“

Aus dem Nichts heraus schlug die Tür zur Eulerei auf einmal krachend gegen die Wand, und Mel war demjenigen außerordentlich dankbar, wer auch immer sie da zurück in die Realität befördert haben mochte.

Ihre Hände lockerten ihre Verkrampfung.

Die Holzsplitter-Rauspul-Aktion blieb ihr damit, Merlin sei Dank, erspart … und die unwichtigen Gedanken konnte Mel durch die Störung nun zum Glück auch rasch wieder verschließen.

Sicherer als zuvor – das durfte nicht noch mal passieren!

Die Blonde wandte ihren Kopf zur Tür – im nächsten Moment war jede Spur von Dankbarkeit gänzlich verflogen.

Denn hereinspaziert, die Nase überbetont arrogant erhoben (als wäre sie nicht schon so weit genug vom Erdboden entfernt) kam eine gewisse Persönlichkeit, auf deren bloße Anwesenheit Mel getrost verzichten konnte.

Oh, wie gut war es doch, im Schatten des hintersten Winkels der Eulenbehausung zu stehen!

Haustiere passten sich eben schnell ihrem Besitzer an. Die blonde Gryffindor zog sich vorsichtshalber noch etwas weiter in die Ecke zurück – man musste ja nichts provozieren – ihre Fäuste geballt.

„Bella, ich halte dies nicht für eine besonders kluge Idee!“

Überrascht nahm Mel zur Kenntnis, dass ihre persönliche Feindin Nr.1 nicht allein unterwegs war.

Ein blondes Mädchen kam elfenhaft leichten Schrittes ebenfalls durch die Tür geeilt. Sie war von einem langen, sehr zierlichen Körperbau und hatte ein ausgesprochen mehr als nur hübsches Gesicht. In Hogwarts wurde sie von manchen als „stummer Engel“ bezeichnet, andere behaupteten sie müsse mit einer Veela verwandt sein, was von wiederum anderen Persönlichkeiten dann als ein regelrechter Affront empfunden wurde. Schließlich hatte dieses elbenhaft anmutende Mädchen solch reines Blut wie nur die wenigsten anderen in der Schule. Die Blacks waren und blieben eben eine Instanz, selbst unter den sogenannten „Reinblütern“, und das schöne Geschöpf dort vorne war eine von ihnen – Narzissa Black.

„Zissy, sei still!“, ereilte die blonde Slytherin die schrille Erwiderung ihrer Schwester.

Mel konnte sehen wie ihre schwarzen Augen, Onyxsteinen gleich, begannen zu leuchten. Bellatrix Black schien sich über irgendetwas diebisch zu freuen – denn Mel kannte dieses gierige Glimmen in ihren Augen, das schiefe Hochziehen ihres blutroten Mundes.

„Dieser Bastard verdient es, an die Regeln unserer Familie erinnert zu werden. Und ich bin mir sicher, dass sie das bei seinem nächsten Aufenthalt Zuhause in jedem Falle tun werden. Tante Purga vergisst nichts!“, ein hinterlistiges Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht und verlieh ihren angenehmen Zügen etwas bedrohliches.

„Du solltest sie nicht unnötig aufregen, Bella!“, redete Narzissa Black weiter mit ihrer leisen Stimme auf ihre ältere Schwester ein.

„Unnötig?!“, zischte die schwarzhaarige Slytherin. „Er hat in aller Öffentlichkeit mit diesem Etwas rumgemacht! Ihr Blut ist nicht rein, Zissy – er entehrt unsere Familie, dieser Nichtsnutz!“

Ach, darum ging es. Blacks heutige Nachmittags-Teilzeit-Freundin. Allem Anschein nach hatte er sich die falsche Knutschpartnerin nach Bellatrix’ Geschmack ausgesucht und dummerweise – oder wahrscheinlich mit vollster Absicht – hatte sein liebes Cousinchen es mitbekommen.

Mel könnte jetzt Mitleid mit dem Blödmann haben, denn es hörte sich ja wirklich nicht allzu gut an, was ihm da Zuhause drohte – doch selbstverständlich hatte sie keines.

Warum auch?

Casanova war selbst dran schuld, wenn er meinte, aus Herzensbrecherei seinen persönlichen Sport machen zu müssen. Andere Leute wechselten nicht so oft die Unterhose wie Mr Möchtegern-Sexgott Black seine Bettgenossinnen.

Nein, Mel fühlte rein gar nichts. Allenfalls diesen seltsamen Tropfen Genugtuung in ihrem Innern und … Bestätigung.

„Bella, es ist doch nicht das erste Mal, dass er das tut!“

>Allerdings!<, dachte Mel Augen verdrehend.

„Was ist? Willst du diesen Missetäter auch noch verteidigen, Zissy?!“, die Schwarzhaarige gab einen schlangenähnlichen laut von sich, als Narzissa auf den Brief in ihrer Hand schielte und beinah so aussah, als wollte sie ihn ihrer älteren Schwester abnehmen.

„Hast du deinen Brief für deinen Verlobten eigentlich schon fertig?“, wechselte die dunkelhaarige Slytherin nicht nur so urplötzlich das Thema, sondern auch ihren gesamten Ausdruck, dass Mel verwundert die Braue hochzog.

Narzissa Black war verlobt …?

Anscheinend musste man in den sogenannten „höheren Kreisen“ wohl gerne Kinderehen schließen, denn die blonde Slytherin war allenfalls fünfzehn Jahre alt; sie war ein ganzes Jahr unter Mel.

„Er wartet nicht gern, wie du weißt“, sagte die Ältere mit der lieblichsten Stimme, als wolle sie ihre Schwester nur hilfsbereit an einen vergessenen Termin erinnern.

Das Mädchen mit den weißblonden Haaren zeigte ein verschlossenes Gesicht und nickte einmal kurz. Bella hatte ihr Ziel demnach erreicht – Narzissa war stumm. Mel konnte den blanken Hohn in ihrer Visage sehen, die Schwarzhaarige frohlockte, den Sieg so einfach davon getragen zu haben.

Als die intrigante Slytherin sich gerade umdrehte, die Eule direkt vor ihr zu schnappen, um den Brief loszuschicken, passierte es.

Zwei laut streitende Vögel, direkt in Mels Nähe, erweckten kurzzeitig beider Mädchens Aufmerksamkeit, als ihr Blick auch schon weiterfiel … auf Mel in ihrer geschützten Ecke.

„Na, wen haben wir denn da?“

Im Stillen verfluchte Mel kurzzeitig die verfressenen Vögel, die sich immer noch um eine tote Maus kloppten – es war vermutlich das erste Mal in Mels Leben, dass sie auf ein Tier sauer war.

„Sucht die kleine Eremitin etwa ein bisschen Gesellschaft?“, sie machte eine Schnute, als wenn sie mit einem Kleinkind reden würde. „Immerhin scheinen die Eulen wenigstens deinen Anblick ertragen zu können, was?“, die Slytherin stieß ein überhebliches Lachen aus.

Mel hatte nur Geringschätzung für sie übrig:

„Dafür muss ich meinen Freunden immerhin nicht erst meinen Stammbaum vorlegen, um zu beweisen, dass ich zum hochwohlgeborenen Kreis überzüchteter Möchtergern-Adliger gehöre. Oder, wie ist euer Aufnahmeritual in Slytherin, Black?“, erwiderte Mel im selben arroganten Tonfall wie zuvor Bellatrix.

Damit hatte die blonde Gryffindor wohl eindeutig das richtige falsche Thema berührt, denn jetzt kam die Schwarzhaarige völlig in Rage. Wütend stapfte sie auf Mel zu und hatte nun nichts mehr von der sonstigen eleganten Note, die sie auf Schritt und Tritt begleitete, sondern eher etwas von einem tollwütigen Trampeltier.

Narzissa Black machte zwar ein leicht verkniffenes Gesicht im Hintergrund – als würde ihr irgendwas gewaltig stinken – rührte sich allerdings im Gegensatz zu ihrer Schwester nicht von der Stelle und hüllte sich stattdessen in ein kühles Schweigen.

„Wiederhol das noch mal!“, Bellas schwarze Augen funkelten nun kaum einen Meter vor ihr, die Wut hatte ihr schönes, ebenmäßiges Gesicht geradezu grotesk verzerrt.

Es hatte etwas von einer Wahnsinnigen, ging es Mel durch den Kopf und ließ ihren Blick ruhig auf Bellas erhobenen Zauberstab weiter gleiten.

„Gehen dir etwa die Argumente aus, Black, dass du schon zur Waffe greifen musst?“

Die Gryffindor zeigte nicht die Spur von Angst, egal wie sehr der Stab ihres Gegenübers auch wackeln mochte. Von Bellatrix Black würde sie sich nie im Leben einschüchtern lassen.

„Pass auf!“, erneut stieß ihr Mund das schlangenartige Geräusch aus – diese Slytherin war wirklich gut aufgehoben in ihrem Haus. „Es sind Sätze wie diese, Roberts, die dich noch mal in ernste Schwierigkeiten bringen könnten.“

Mel blickte sie unbeeindruckt an, erwiderte jedoch nichts darauf, sondern griff jetzt in einer Seelenruhe nach ihrer Lerntasche für die Bibliothek, als wenn sie gerade nicht Bellatrix Black, Rachegöttin, hinterlistigste und unberechenbarste Slytherin weit und breit, bedrohen würde.

„Ach, Black“, Mel schenkte ihr einen kühlen Blick voller Herablassung, „erzähl deine Schauergeschichten doch den kleinen Erstklässlern. Ich bin mir fast sicher, dass die noch Angst vor dir haben könnten.“

Mel schritt an der schwarzhaarigen Slytherin vorbei und beachtete sie nicht mehr … scheinbar. Doch in Wirklichkeit wartete sie nur auf etwas …

Ein zischendes Geräusch erklang hinter ihrem Rücken.

„Protego!“

Mit einer blitzschnellen Drehung hatte Mel ihren Zauberstab hervorgeholt und fixierte nun erneut ihre Feindin Nr.1.

>Da haben wir’s wieder: Dreh einem Slytherin niemals den Rücken zu …<, dachte Mel abfällig.

Sie hatte das hier geahnt, es war schließlich nicht das erste Mal gewesen …

Mel schaute in die wutverzerrte Maske der Bellatrix Black – nein, nach ihren netten Worten war sie sich gewiss gewesen, dass Bella sich gar nicht zurückhalten konnte. Schließlich schien Jähzorn eine weit verbreitete Krankheit unter gewissen Blacks zu sein.

„Eins muss ich deinem Cousin“, Mel sprach das Wort ein wenig überdeutlich aus, „lassen. Im Streiten ist der Trottel wirklich besser – er muss jedenfalls nicht gleich zum letzten Mittel greifen.“

Sie sah, dass Bella sich nach ihrer „freundlichen“ Bemerkung am liebsten sofort wieder auf sie gestürzt hätte, ein unerwarteter Zwischenruf verhinderte es jedoch.

„Bella.“

Narzissa Black sprach den Namen ihrer Schwester so laut aus, wie Mel sie noch nie gehört hatte. Normalerweise redete diese Black nämlich generell nicht besonders viel – etwas, was Mel an ihr schätzte. Ein nervtötender Black weniger, war immer gut.

Die stille Black schaute ihre vorlaute Schwester mit eindringlichen Blicken an, die sie allerdings nicht deuten konnte.

Mel wartete erst gar nicht darauf, ob es klappte – sie hatte einfach genug Black für heute gehabt und wollte nur noch weg. Gerade war sie dabei, die Tür zu öffnen, als Bella sie ein letztes Mal „ansprach“ – eigentlich war es mehr ein letztes „Anfauchen“.

„Diesmal kommst du noch davon, Roberts, aber freu dich nur nicht zu früh! Dafür und alles andere wirst du kleines Dreckblut noch bezahlen!“

Mel reagierte mit einer arrogant hochgezogenen Augenbraue auf die Drohung der Slytherin.

„Wenn du meinst, Black – versuch es doch!“

Die blonde Gryffindor ließ die beiden Slytherin-Schwestern in der Eulerei zurück und machte sich auf zur Bibliothek, an Bellas Rachegesuch verschwendete sie kaum mehr einen Gedanken.
 

Wenn Melody Roberts nur gewusst hätte, was sie damit heraufbeschworen hatte …
 

~*~*~*~
 

Remus hob die Augen von seinem Buch, als er ein lang erwartetes Geräusch vernahm. Es dauerte noch einen Augenblick, dann stapfte endlich derjenige durchs Portraitloch – die Hände tief in den Hosentaschen vergraben und das Gesicht abwesend zu Boden gerichtet – auf den Remus gewartet hatte, seit Wurmschwanz und er einen gewissen, außer Kontrolle geratenen Quidditchkapitän zurück nach Hogwarts geschleift hatten.

Was nach ihrem freundschaftlichen Eingreifen geschehen war, bzw. was James vor allem an Sachen herumgebrüllt und besonders ihm an den Kopf geworfen hatte („Verräter“ gehörte da noch zu den netteren Beschimpfungen), daran wollte er sich allerdings jetzt lieber nicht mehr erinnern.

Remus war eigentlich nicht sonderlich nachtragend, aber die Anschuldigung seines Freundes, ihn nach Strich und Faden betrogen und belogen zu haben, trafen ihn natürlich tief. Er sollte wahrscheinlich sauer auf James Potter sein, der bis jetzt immer noch nicht verstand und sich auch so standhaft dagegen gesperrt hatte, Vernunft anzunehmen – dennoch beschuldigte Remus vor allen Dingen zuerst sich selbst, Schuld an dem ganzen Schlamassel gewesen zu sein, ja die Katastrophe geradezu herausgefordert zu haben. Und das alles nur, weil er einem anderen Freund hatte helfen wollen – einer anderen Freundin. Nur weil Remus eine Sekunde lang schwach geworden war gegenüber Lilys hilflosem Anblick, ihrem verzweifelten Flehen, ihren Augen … das durfte nicht wieder passieren!

„Tatze?“, der braunhaarige Vertrauensschüler vernahm, wie Wurmschwanz’ Stimme mit einem nervösen Unterton neben ihm erklang.

Ihr schwarzhaariger Freund blieb stehen, rührte sich jedoch nicht.

„Ich-ich glaube, es ist keine gute Idee, da jetzt hoch zu gehen … Krone ist da drin und er … na ja, ist nicht so besonders gut drauf …“

„Hm.“

Was?

Remus hob seine Brauen in größter Verwunderung.

Das war alles, was Sirius Black zum Thema „James Potter“ zu sagen hatte?

Nach dem was sich Letztgenannter da heute Morgen geleistet hatte?

Remus hätte nicht davon gewusst, hätte ein Haare verwuschelnder und zerknirschter James Potter Wurmschwanz und ihn nicht nach dem Frühstück aufgegriffen und ihnen in vielen Worten erklärt, warum ihr anderer schwarzhaariger Freund bei seinem Geburtstagsfrühstück wohl derart „feierlicher“ Laune gewesen war, dass man ihm nicht mal gefahrlos hatte gratulieren dürfen.

Remus erster Reflex darauf war ein langes, verständnisloses Kopfschütteln gewesen.

Er begriff bis jetzt immer noch nicht, wie James das hatte tun können!

Hatte er denn wirklich keine Vorstellung davon gehabt, wie Sirius Black – morgens ohnehin schlechter gelaunt als zu jeder anderen Tageszeit – gerade darauf an seinem Geburtstag reagieren würde?

In solchen Momenten beschlich ihn das Gefühl, dass James tatsächlich alles vergessen hatte, oder aber – und das war die wahrscheinlichere Möglichkeit, die Remus in Betracht zog – Sirius es ernsthaft geschafft hatte, ausgerechnet seinem besten Freund seine eigene „Unkenntnis“ weiß zu machen.

Der Black-Spross war eben ein wirklich guter Schauspieler. Nur Remus, so schien es, hatte er von Anfang an nicht täuschen können und so beobachtete der ruhige Braunhaarige manches, was Sirius tat, seit Jahren mit einem kritischen Auge.

Aber egal, was James gedacht – oder nicht gedacht – haben mochte, eins war klar:

Er hat sich absolut dämlich verhalten.

Natürlich hatte Remus sofort eifrig an das doch-vorhandende-Gewissen seines Freundes appelliert, und an seiner geknickten Art nach dem Gespräch wusste der Vertrauensschüler, dass seine Worte angekommen waren.

James mochte hin und wieder – und man konnte es einfach nicht anders ausdrücken – ein wahrer Idiot sein oder sich zumindest wie einer verhalten, aber dafür war er umso einsichtiger, wenn er merkte, einen Fehler begangen zu haben. Besonders gegenüber einer Person, die ihm wichtig war. (Nicht wie ein gewisser anderer Freund, der dem Fehler stur und dickköpfig wie er war, sogar noch demonstrativ den Rücken zuwenden würde, dachte Remus innerlich seufzend.) Denn wenn es eine Sache gab, die James Potter nicht mochte, dann war das Streit mit einem Freund, insbesondere Sirius.

Allerdings vermutete der Vertrauensschüler schwer, dass sich seine Worte kurz danach mit James’ Erspähen von ihm an Lilys Seite alsgleich leider in Rauch aufgelöst hatten.

Wer würde auch schon auf die Worte eines „Verräters“ hören?

Remus seufzte.

Oh, warum nur hatte er auch nicht gewusst, wie schlimm es bereits um James stand?

>Lügner.<

Remus hatte sich selbst dabei ertappt, Unwissenheit vorzutäuschen.

Ja, es war wahr, dass er den genauen Grad von James’ Obsession noch nicht kannte, dass es bereits äußerst schlimm stand, hatte er aber durchaus längst beobachtet.

Hatte er nicht gar vorgehabt, seinen Freund ganz vorsichtig darauf anzusprechen?

>Allerdings.<

Remus erinnerte sich, dass James’ Zustand sogar eines der vielen Argumente gewesen war, weswegen er erst „nein“ zu Lily gesagt hatte.

Doch, was war es dann gewesen – hatte sich Remus bereits, während der einsamen Durchstöberung von Hazards Schatzinsel, gefragt – dass ihn schlussendlich doch ein einziges Mal in seinem Leben nicht auf seine innere Stimme der Vernunft hatte hören lassen?

Kaum gestellt, war die Antwort auf seine gedachte Frage auch schon vor seinen Augen gewesen:

Lilys herzerweichender Blick – so bittend, so flehend, so einzigartig, so … schön

Mit Schrecken hatte Remus diesen letzten Gedanken wahrgenommen gehabt und ihn, so schnell er gekonnt hatte, beiseite geschoben.

Trotzdem blitzte James’ Gesicht auch jetzt bei der bloßen Erinnerung in seinem Kopf auf – „Verräter!“ –, und Remus fühlte sich augenblicklich so schlecht wie selten zuvor in seinem Leben.

Nein, er würde das nie wieder tun!

Das Fallen eines Körpers beförderte Remus aus seinen selbstkritischen Gedanken zurück in die Gegenwart, zurück zu Wurmschwanz und Tatze, der soeben nebenan auf seinem Lieblingssessel Platz genommen hatte. Der Braunhaarige beobachtete, wie sein Freund geistesgegenwärtig ins Feuer starrte, das in einem seltsamen Lichterspiel, den ungewöhnlich abwesenden Gesichtsausdruck Sirius Blacks noch untermalte.

Remus hob misstrauisch die Brauen.

Sein siebter Sinn hatte ihn also nicht getäuscht, auch den Black-Spross schien ein tieferes Problem zu beschäftigen.

Schon allein die Haare hatten Remus diesmal aufmerksam werden lassen. Hingegen seines angeborenen Talentes immer eine perfekt elegant fallende Haarpracht aufzuweisen, sahen sie momentan – für Sirius’ Verhältnisse – nämlich äußerst zerzaust aus, als hätte er sich längere Zeit draußen in nicht windgeschützten Bereichen aufgehalten.

Remus vermutete, dass er spazieren gewesen war. Wieder mal – allein. Sirius erzählte selten das „warum“ – eigentlich war nie, das richtigere Wort.

Remus konnte auch heute also nur raten. Meistens war der Grund ja allzu offensichtlich Wut, die er abreagieren wollte, aber manch anderes mal … waren es schier unerfindliche Gründe, selbst für einen guten Beobachter wie Remus.

So wie in diesem Augenblick. Vom komischen Ausdruck auf Sirius’ Gesicht hätte es mal wieder Wut sein können – vielleicht wegen James –, was Remus allerdings eher für unwahrscheinlich hielt. Denn hinzu kam da noch diese tief wirkende Nachdenklichkeit … jedes Mal, wenn Sirius sie aufgelegt hatte, umgab ihn ein mysteriöser Schleier der Unleserlichkeit.

Es blieb rätselhaft.

Und ein Unterredungsversuch war noch hoffnungsloser. Sirius war nicht der Typ, der erzählte, was genau ihm durch den Kopf ging, noch weniger eine Person, die freimütig seine Gefühle offenbarte.

Wahrscheinlich, weil er es nie gelernt hatte.

Was würde Remus darum geben, dass es Sirius einem nur einziges Mal leichter machen und einen hinter die Welt seines Dickschädels sehen lassen würde …

Remus gab das Grübeln auf.

Der Vertrauensschüler entsann sich, dass es noch wichtigere Dinge außer Tatzes Gedankengängen gab – Dinge, die ihm im Augenblick von weitaus explosiverer Gefahr schienen.

Er räusperte sich. Wurmschwanz schaute von seinen Nägeln auf, die er seit geraumer Weile nun abfraß – ein Zeichen von Nervosität und Bedrücktheit –, der Black-Spross allerdings hatte oder wollte gar nichts mitbekommen.

Was immer ihn beschäftigte, ging ihm dem Anschein nach auch weiterhin durch den Kopf.

„Sirius!“, sagte Remus mit ernster, kräftiger Stimme.

Der schwarzhaarige Junge merkte endlich auf. Remus’ Ton und die Verwendung seines normalen Namens hatten ihn wohl doch aufhorchen lassen.

„Was?“, fragte er – gelangweilt oder genervt?

Egal, Remus musste fortfahren.

„Interessiert es dich denn überhaupt nicht zu erfahren, warum James so schlecht drauf ist?“

Man sollte dazu wissen, dass auf längere Sicht die schlechte Laune meist einen möglichst großen Bogen um Super-Optimist James Potter machte.

Sirius war zurück in der Realität. Remus erkannte es an den zornigen Blitzen in seinen Augen.

„Wieso sollte ich?!“, zischte er.

Die eingeschnappte Diva war also ebenfalls nach wie vor anwesend und nicht so leicht bereit sich wieder mit dem Quidditchkapitän auseinander zu setzten.

„Soll er doch auf seinen Quaffel einschlagen, vielleicht geht’s ihm dann ja besser! Ich unbedeutende Randfigur seines Lebens könnte ihm gewiss nie helfen!“

Ja, Sirius Black war sogar noch reichlich geladen, zu merken an der verwendeten Theatralik. Der größte Mädchenschwarm Hogwarts’ konnte eine solche Drama-Queen sein.

„Tatze, es tut ihm Leid!“, sagte Wurmschwanz.

Der Schwarzhaarige durchbohrte ihn mit Blicken.

„Zumindest heute Morgen tat es ihm leid, als Moony auf ihn eingeredet hat …“, murmelte er leise weiter.

Der Black-Spross nahm daraufhin ihn ins Visier seiner dunkelgrauen Augen:

„Hast du versucht ihm den Unterschied zwischen einem Schnatz und einem Freund zu erklären?“, erkundigte er sich.

Die Gehässigkeit in seiner Stimme hätte selbst ein Tauber nicht überhören können.

Remus fasste sich genervt an den Kopf.

„Bitte, Sirius – nur dieses eine Mal! Zick jetzt nicht auch noch rum wie ein Mädchen.“

Der Schwarzhaarige gab einen empörten Laut von sich:

„Ich bin kein-“

„Ich weiß“, stieß Remus harsch hervor.

Wurmschwanz wie Sirius schauten ihn verblüfft an. Wahrscheinlich, weil es nicht üblich war, dass gerade er lauter wurde als unbedingt nötig. Doch an einem einzigen Tag zwei Freunde zu ertragen, die sich aufführten wie Kindergartenkinder – das wurde auch Remus mal zu viel.

„Hör einfach nur kurz zu! Dann kannst du dich immer noch über James aufregen …“

Und dieses eine Mal schwieg Sirius Black tatsächlich und hörte seinem Freund – wenn auch erst leicht grummelnd – zu, während dieser, mit reichlicher Unterstützung von Wurmschwanz, berichtete wie ihrer beider Nachmittag, bzw. James’ verlaufen war.

Stumm saß der Black-Spross da und erneut war es selbst Remus unmöglich zu deuten, was durch seinen Kopf ging. Jedes noch so brisante Ereignis nahm er ohne eine ersichtliche Regung hin. Nur einmal verengten sich seine Brauen, als Peter davon berichtete, wer James und ihm da auf die Sprünge geholfen hatte, Lily zu finden.

„Dieser Idiot! Dieser gewaltige, hirnlose Idiot!“, begann ihr schwarzhaariger Freund sogleich, nachdem sie ihre Erzählung beendet hatten.

Sein Statement schwankte irgendwo zwischen Feststellung und immer noch verbliebenen Trotz vom morgigen Streit.

Dennoch erhob sich ihr Freund – mit einem abfälligen Schnauben.

„Bleibt sitzen!“, lautete sein einziger Befehl.

Wurmschwanz blickte ihm mit großen Augen nach, aber Remus zeigte ein schwach erleichtertes Lächeln.

Er hatte richtig gehofft.

Sobald Sirius erst mal über alles Geschehene Bescheid wusste, konnte er für James auch seinen größten Feind überwinden – seinen Stolz. Etwas, was er für niemand anderes wohl je tun würde.

Das war vermutlich das besondere Element an ihrer Beziehung. Falls es darauf ankam, würde der eine für den anderen nicht nur alles stehen und liegen lassen, sondern auch alle Hürden dieser Welt überwinden – selbst die eigenen.
 

Eine Dreiviertelstunde später saßen die beiden Freunde immer noch wartend vor dem Kamin, inzwischen hatte er auch Wurmschwanz ein Buch in die Hand gedrückt, bevor ihn seine eigene Nervosität noch ganz kirre machen würde.

Remus hatte sich im Gegensatz dazu in der vergangenen Zeit kaum bewegt. Ziemlich steif hockte er da, überflog wieder und wieder dieselbe aufgeschlagene Seite, ohne irgendeine Information aufzunehmen, und hielt das Buch einem Schutzschild gleich so hoch, das möglichst sein ganzes Gesicht dahinter versteckt ward. Nur seine Augen ragten hin und wieder für einen Moment über den Umschlag hinweg, wenn seine Ohren ein Geräusch vernahmen. Selbst ohne, dass es auf Vollmond zuging, waren Remus’ Sinne besser geschärft als die gewöhnlicher Menschen.

Lily hatte ihn trotz allem nicht übersehen. Freundlich hatte das rothaarige Mädchen ihn angesprochen, sich dafür entschuldigt, so plötzlich mit Brian verschwunden zu sein und dass „Potter“ ihm durch ihre Verabredung solche Probleme bereitet hätte, ansonsten hatte sie sich erstaunlicherweise nicht weiter zu ihm geäußert. Allem Anschein nach wollte Lily ihre Ankündigung wirklich durchführen – normalerweise hätte er nämlich damit gerechnet, dass die sonst so friedfertige Vertrauensschülerin sich schnell in Rage über seinen Freund reden würde. Doch bis jetzt hielt sie sich gut.

Ohne ein weiteres böses Wort hatte sie sich mit ihrer wie immer kühl dreinschauenden Freundin, Caite Gallagher, anschließend auf den Weg aus dem Turm gemacht.

Remus hatte ihr die ganze Zeit bewusst nicht in die Augen geschaut.

Er konnte es einfach nicht.

Zu sehr lastete immer noch die Schuld auf ihm, zu groß war das Gefühl des Hintergehens. Vermutlich war es auch besser, sich in Zukunft mehr von Lily fernzuhalten und sie distanzierter zu behandeln. Aber es würde ihm schwer fallen – Lily war einfach so ein warmherziger und offener Mensch, dass man gar nicht anders konnte, als sie zu mögen. Tatze war wohl der Einzige, der das schaffte – er und die Slytherins … und Melody Roberts. Doch das war ja eine andere Geschichte …

Plötzlich erklangen Schritte auf der Treppe. Und Stimmen. Remus versuchte nach außen hin, dieselbe immerwährende Ruhe zu wahren.

„Weil wir da, glaube ich, noch mehr als eine Sache zu klären haben …“, hörte er Tatzes Stimme sagen.

Kurz darauf schubste selbiger Schwarzhaarige ihm einen verwirrt guckenden James beinah vor die Füße.

Dieser schaute auf, erkannte Remus, legte prompt einen grimmigen Ausdruck auf und warf Tatze, der sich gerade in seinem Sessel fallen ließ, über die Schulter hinweg ein ebenso finsteres Funkeln zu.

„Ich habe diesem Verräter aber nichts zu sagen!“, blieb James hartnäckig bei seiner vorherigen Meinung von ihm.

Tatze verdrehte stöhnend die Augen:

„Nur weil Miss von und zu Evans unseren gutmütigen Moony auf gemeinste Weise besticht, in dem sie an seine unendlich hilfsbereite Seite appelliert“, wiederum fühlte Remus ein schuldbewusstes Stechen, „ist er noch lange kein Verräter, Krone!“

„Als ob! Dieser Verräter hat mich einen Monat lang zum Narren gehalten-“

„Sie hat ihn gestern gefragt“, unterbrach Tatze ihn.

„Oh“, diese Nachricht schien den Schwarzhaarigen kurzzeitig tatsächlich, in seinem Zorn zu irritieren, aber eben nur kurzzeitig. „Na – und? Er hat mir trotzdem nichts gesagt! Und so jemand ist nicht mein Freund!“

Schnell hatten James’ dunkelbraunen Augen ihn wieder auf diese stechende Weise fixiert, dass es Remus fast unangenehm wurde, bei dem Gefühl in seinem Magen. Aber er hielt dem Blick trotzdem stand.

„Mich anlügen und vor allem mit Evans auf ein Date gehen …“

„Es war kein Date, James“, berichtigte Remus diesen ebenfalls von James falsch aufgeschnappten Fakt.

„Ach ja, Remus? Du lügst schon wieder!“, funkelte James ihn durch die Gläser seiner Brille an. „Warum hat mir Evans dann vorher etwas anderes erzählt, hm?!“

„Weil da ihre … wirkliche Verabredung ihr noch nicht abgesagt hatte.“

Remus überging seinen eigenen Verdacht, dass es vor ihm gar keinen anderen gegeben hatte.

„Wirkliche Verabredung? Und was warst du dann??“, harkte der Schwarzhaarige barsch nach, anscheinend erwartete er nicht, dass Remus eine gute Antwort für ihn hätte. „Ihre harmlose Ausrede für mich, doch ein Date zu haben?!“, kam es abfällig schnaubend vom Quidditchkapitän hervor.

„Ja.“

James schaute ihn ungläubig an.

„Bitte, hör mir zu, James! Lily und ich sind Freunde – mehr nicht.“

Wieso hatte er bei diesem Satz das eigenartige Gefühl, James anzulügen?

„Und wir haben uns nur getroffen, weil sie mich um einen Gefallen gebeten hat. Ich sollte ihre offizielle Verabredung spielen, aber inoffiziell war es nur ein ganz normales Treffen zweier Freunde“, berichtete Remus.

„Na also, damit hat sich die ganze Geschichte doch jetzt erledigt“, Tatze verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und lehnte sich entspannt zurück.

Er schien der Auffassung zu sein, dass das als Erklärung ausreichen würde.

„Und das soll ich glauben?!“, fragte James mit immer noch ablehnender Haltung.

Er war anscheinend nicht überzeugt – Tatze verdrehte die Augen.

„Was willst du denn noch hören, Krone? Moony kann dir nicht mehr als die offensichtliche Wahrheit sagen!“

James blickte ihn kühl an:

„Wenn er kein Verräter ist, weil er sich mit Evans getroffen hat, so hat er sich dennoch mit dem Feind verbündet – oder bestreitest du, dich mit Peterson verbrüdert zu haben, Remus?!“

Hier hätte Remus fast gelacht, wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre. So beließ der Braunhaarige es bei einem für ihn typischen, kurzen Kopfschütteln.

James war im höchsten Maße eifersüchtig auf Brian – vielleicht begründet …

„Lily und ich haben Brian-“

„Aha!“, stieß der Schwarzhaarige triumphierend auf. „Verwendung des Vornamens ist das erste Zeichen des Verrats!“

„Schnauze, Krone!“, meinte Tatze trocken.

„Hey! Wer ist hier der mit Schnauze?“, fragte James beleidigt.

„Bitte“, abermals gingen die Augen des Black-Sprosses auf Wanderschaft zur Decke, „dann eben, Maul halten, Krone!“

Wurmschwanz kicherte.

Ungeachtet dessen und James’ böser Blicke, fuhr Remus etwas lauter fort:

„Wie ich gerade sagen wollte, haben Lily und ich Brian zufällig getroffen, als wir auf dem Weg zum Honigtopf waren …“

„Siehst du, Wurmschwanz? Sie wollte dorthin!“, verkündete James erneut sich triumphal aufrichtend.

„MAUL ZU!“, rief Tatze genervt dazwischen.

Wie immer schien er der Einzige zu sein, auf den James wirklich hörte.

„Also“, begann Remus wiederum ruhig, „wir haben ihn getroffen und er hat uns daraufhin erzählt, dass er dich in den Honigtopf hat rein laufen sehen …“

„Dieser-“

„KRONE! Klapp den Kiefer für drei Minuten zusammen, oder ich helfe dir!“

Was für Wunder ein einziger Blick von Sirius Black bei James Potter doch manchmal bewirken konnte …

„Lily war deshalb wieder mal kurz davor zu explodieren. Aber Brian hat angeboten, uns stattdessen einen Ort zu zeigen, den du nicht finden würdest.“

„HA!“, James sprang von seinem Sitzplatz auf. „Falsch gedacht, du Oberstre-“

„Silencio!“

Plötzlich ging von James eine wunderbare Ruhe aus, mal abgesehen von seinen drohenden Fäusten. Tatze drückte ihn fies grinsend zurück auf seinen Sitzplatz, während die Augen seines besten Freundes ihn vorwurfsvoll musterten.

„Ich denke, du kannst jetzt ohne Unterbrechung fortfahren, Moony!“

Remus unterdrückte ein Schmunzeln, er musste James ja nicht noch mehr Gründe geben, sauer auf ihn zu sein.

„Den Laden kennst du inzwischen ja auch. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe die beiden dort drinnen irgendwie aus den Augen verloren – aber hättet ihr all diese Bücher gesehen, ich sage euch, Hogwarts Bibliothek ist fast nichts dagegen …“

„Monny! Bleib beim Thema“, erinnerte ihn Tatze gelangweilt, als er ins Schwärmen über das Bücher-Paradies geriet.

„Äh, ja – du hast Recht“, räusperte Remus sich.

„Immer“, erwiderte Tatze lässig.

„Jedenfalls hat mich erst Zelma“, James verzog säuerlich sein Gesicht, „darüber informiert, dass die beiden schon vorausgegangen wären und im drei Besen auf mich warten würden. Sie hat mir auch erklärt, warum die beiden so schnell verschwunden sind, d.h. was sie vor dem Schaufenster beobachtet haben. Den Rest der Geschichte kennst du ja … Ich schwöre dir, James“, Remus musterte seinen stummen Freund mit eindringlichen Blicken, „ich wusste nicht, dass die beiden zusammen weggehen würden, noch glaube ich, dass es ein richtiges Date war. Sie wollten dir einfach nur nicht begegnen und haben sich deswegen davongeschlichen. Und im drei Besen haben sie schlichtweg auf mich gewartet.“

James’ Augen schienen ihn, an Ort und Stelle zu fixieren, als wollte er ihn durchleuchten, um den Wahrheitsgehalt seiner Sätze zu prüfen. Remus verspürte hier zum Glück kein schlechtes Gewissen – kein so großes jedenfalls, dass er glaubte, man müsse es ihm unbedingt ansehen. Über die Frage, ob das zwischen Brian und Lily ein Date war oder nicht, konnte er schließlich auch nur Vermutungen anstellen …

Da nickte James und drehte seinen Kopf. Er gab Sirius einen Wink und zeigte überdeutlich auf seinen Mund. Seine Mitteilung konnte gar nicht missverstanden werden – eigentlich.

„Was, Krone? Ich versteh dich leider nicht. Wenn du etwas von mir willst, musst du es nur sagen!“, Sirius grinste vergnügt über James’ Luftboxverhalten daraufhin, sah allerdings nicht so aus, als würde er sich einen Deut in nächster Zeit bewegen. Dafür amüsierte er sich viel zu gut.

Nach einer Weile wandte James seinen Kopf fast verzweifelt abwechselnd zu ihm und Wurmschwanz um und Remus fand, dass Tatze jetzt genug von seiner Rache bekommen hätte.

„Du Idiot!“, war das erste, was aus James’ Mund hervor schoss. „Ich sollte dich-“

„Na, na, ich hab Geburtstag, ich darf das!“, erinnerte ein grinsender Tatze und verhinderte somit jede Silencio-Attacke auf sich selbst.

James ließ etwas schmollend den Zauberstab sinken. Aber dieser Zustand hielt nicht lange an. Räuspernd und sich ein paar Mal durch die ohnehin zerstrubbelten Haare fahrend, wandte ein nun reumütig drein schauender James Potter seinen Kopf zu ihm um.

„Hey, Moony – ich glaub, ich war ein ziemlicher Idiot heute, oder? Das mit Hogsmeade und so … und das, was ich da später, äh gesagt habe … Kannst du mir trotzdem noch mal vergeben?“

Nur ein Wort stand groß und breit auf James’ Gesicht geschrieben:

SCHLECHTES GEWISSEN

Remus selbst fühlte sich dadurch zwar innerlich beruhigt, aber noch nicht besser. Ein bestimmtes grünes Augenpaar schien ihn pausenlos zu verfolgen.

„Wenn du mir vergeben kannst, dass ich mit Lily nach Hogsmeade gegangen bin, ohne dir was zu sagen und damit dieses ganze Chaos heraufbeschworen habe?“

Immerhin konnte er so halbwegs seine Schuldgefühle offen zugeben …

Trotzdem rief eine kleine, leise Stimme in ihm nach wie vor ein bestimmtes Wort …

„Es tut mir ehrlich Leid, James, es wird nie wieder vorkommen!“

„Ach, was!“, winkte James mit der einen Hand ab, die andere befand sich nach wie vor in seinem Haar. „Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, dass ich der Trottel bin?“, ein vorsichtiges Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab.

„Ihr seid beide Trottel!“, fuhr Tatze schief grinsend dazwischen.

„Und was bist du?“, erkundigte sich Krone.

„Ich bin Sirius Black, ich bin cool.“

Bevor jemand auf dieses Statement etwas sagen konnte, erklang eine andere Stimme wieder, die bis jetzt ruhig geblieben war:

„Äh, Leute?“

Alle schauten auf Wurmschwanz.

„Was ist jetzt eigentlich mit den Vorbereitungen? Müssen wir nicht langsam mal anfangen? Ich mein, alle sind schon unten, denn gleich beginnt das Abendessen, und …“

„Scheiße, verflucht – Wurmschwanz hat Recht!“

Krone sprang hyperventilierend vom Sofa auf und kriegte sich kaum mehr ein. Tatze holte weit aus und gab ihm einen beruhigenden, festen Schlag auf den Rücken.

„Da-danke, Tatze-e!“, hustete der Quidditchkapitän, während er sich wieder zur vollen Größe aufrichtete.

Remus hatte nur wenige Male solch einen Schlag von seinem Freund abbekommen, aber er glaubte dadurch eine gute Vorstellung davon zu haben, wie es sich anfühlen musste, von einem Klatscher ihm Rücken getroffen zu werden.

„Ok“, Krone schien sich wieder gesammelt zu haben, „Moony, du holst die Liste! Wurmschwanz, Tatze, ihr kommt mit mir!“

„Ihr beide wisst, was zu tun ist“, hörte Remus seine Stimme noch, während er die Treppe rauf stieg, „Tatze, du verlangst nach Essen, Wurmschwanz, du … isst und Moony und ich kümmern uns um den Rest, sobald er wieder da ist – eben alles ganz normal.“

Remus lächelte, als er die Tür zum Schlafsaal öffnete.

Ja, jetzt war alles wieder normal.

Wenn da nur nicht ständig dieses unangenehm, drückende Gefühl in ihm wäre …
 

~*~*~*~
 

„Lily, was bist du so nervös heute?“, fragte Caite sie gereizt.

„Was?“

Lily blickte verwirrt zu ihrer Freundin – hatte sie eigentlich gerade schon dagesessen?

Ja, doch, Lily erinnerte sich jetzt wieder, ihre schöne Freundin nach Hogsmeade im Gryffindor-Turm wieder getroffen zu haben. Allerdings hatte Caites Gesichtsausdruck bis jetzt verhindert, dass sie großartig ein Wort miteinander gesprochen hatten.

Wenn Lily nett war, würde sie ihn als verschlossen bezeichnen.

„Ich bin nicht nervös!“, erwiderte die Rothaarige auf die Frage ihrer Freundin.

„Ach, und warum schaust du dich dann so oft um?“, harkte Caite harsch nach.

Und wenn Lily nicht nett wäre, würde sie das momentane Verhalten ihrer Freundin, als angeborenen Zickigkeits-Tick bezeichnen, der ausbrach, wann immer Caitlín Gallagher etwas missfiel.

Was durchaus häufiger vorkam …

Die Frage nach dem berühmten „was“ sollte man sich jedoch hüten zu stellen. So gut Caite auch darin sein mochte, sich einfühlsam und liebevoll um jemand anderes zu kümmern, der Problem auf dem Herzen hatte, so schlecht war sie darin, eigene zu äußern.

Lily reckte trotzig das Kinn vor:

„Ich halte nach Potter Ausschau!“, lautete ihre stolze Antwort.

Den Blick, den Caite ihr daraufhin signalisierte, war entgegen der Norm, eindeutig lesbar.

Du?

Potter?

Ausschau halten??

Für Caite ganz klar drei miteinander unvereinbare Dinge.

„Nur, um ihn rechtzeitig zu ignorieren, wenn er auftaucht“, fügte die Vertrauensschülerin schnell hinzu und versuchte sich in einem ebenso kühlen, aber vornehmen Ausdruck wie ihre Freundin.

Sie scheiterte auf ganzer Linie.

Caites gesamte Art war von ihrem Auftreten, bis hin zu der Weise, wie sich bewegte, sprach und verhielt absolut einmalig und … beneidenswert. Ein einzelner Blick von ihr konnte ausreichen, um das Gefühl vermittelt zu bekommen, ein unwürdiges Nichts zu sein.

„Ach ja“, bemerkte die Dunkelhaarige beiläufig, „ich habe Grace darüber sprechen hören, dass im drei Besen ein Vorfall stattgefunden habe … es hatte etwas mit Potter und diesem … Peterson zu tun“, endete die Irin in einem abfälligen Ton.

Lily seufzte innerlich auf. Sie kannte Caite inzwischen gut genug, dass sie es ihr nicht krumm nahm. So war ihre schöne Freundin nun mal, und Lily hatte sich dran gewöhnt. Sobald es um einen Jungen ging, wurde sie merklich arrogant und abweisend, es hatte nichts mehr mit der fürsorglichen, freundlichen Caite gemeinsam, die sie kannte.

In diesen Momenten hatte sich Lily da ein manches Mal an das Verhalten ihrer Freundin aus der ersten Zeit in Hogwarts erinnert – besonders ihr selbst gegenüber.

„Brian konnte absolut nichts dafür! Er hat sich völlig richtig verhalten, ihn einfach zu ignorieren. Nur dieser Potter!“

Lily holte wütend Luft, allein sein Name brachte sie wiederum zur Weißglut.

„Er kapiert einfach nichts! Jetzt glaubt der Typ auch noch, einen Besitzanspruch auf mich erheben zu können, weil er sonst ja auch immer alles kriegt, was er will. Als wenn sein ständiges Nerven nicht schon genug wäre! Ich weiß nicht, was passiert wäre, falls dieser Fremde uns nicht geholfen hätte …“

Erneut sog Lily geladen die Luft ein, als ihr auf einmal Caites vornehm gerunzelte Porzellanstirn auffiel.

Natürlich verstand sie nicht, wovon Lily redete.

So berichtete die Rothaarige ihrer Freundin in wenigen abgehackten Sätzen schnell, was passiert war, auch wenn sie nicht wusste, wie sehr sich ihre Freundin für derartige Geschichten, in denen reichlich Jungs vorkamen, interessierte.

Ein paar Mal bemerkte die Vertrauensschülerin tatsächlich, wie Caite, in dem immer wütender werdenden Strom ihrer Worte, die babyblauen Augen verengte, aber sie sagte nichts.

„Dieser kindische, bescheuerte Vollidiot!“, endete Lily ihre Erzählung.

„Lily, du redest von Potter?“, eine fröhliche Stimme erklang hinter ihrem Rücken.

Belli kam in einem Affenzahn neben ihnen zum Halt und quetschte sich sogleich einfach auf den Platz neben ihr und einem losmeckernden Drittklässler. Ihr Gesicht nahm einen fragwürdigen Ausdruck an.

Lily brauchte sich nicht zu erkundigen, die Antwort auf ihre gedachte Frage – Belli vermutete grundsätzlich bei jedem Menschen, den sie traf, dass dieser natürlich derartige Fragen hätte – kam postwendend.

„Es ist aus!“, rief die Spanierin, dass es mehr Leute als nötig auch mitbekam.

„Schon wieder?“, kommentierte Caite zickig.

Vermutlich waren das heute ein paar zu viele Jungsgeschichten für sie – normalerweise hätte sie sich solch eine Aussage nämlich versagt.

Belli schien das nicht weiter zu irritieren.

„Diesmal ist es endgültig vorbei!“, sagte die Schwarzhaarige mit großer Überzeugung in der Stimme – so wie die fünfmal zuvor auch bereits – und wandte ihren Kopf nur allzu offensichtlich vom gegenüberliegenden Hufflepufftisch ab.

Lily konnte innerlich nur mit dem Kopf schütteln. Da hatte ihre kleine Freundin es mal geschafft, sich einen – in Lilys Augen – vernünftigen Jungen anzulachen, um sich dann, nach der längsten Beziehung, die Belli je gehabt hatte, in einer dramatischen Szenerie wieder von ihm zu trennen. Nur, um zwei Tage später lauthals zu verkünden, dass sie sich geirrt habe und immer noch wahnsinnig verliebt sei. Selbiges hatte sie übrigens 36 Stunden später erneut widerrufen und nach 48 Stunden war sie ihm bereits wieder freudestrahlend an den Lippen gehangen.

Dieses Hick-Hack-Spiel zwischen der Gryffindor und dem Hufflepuff, John Berman, ging jetzt schon über einige Wochen so ewig hin und her.

Hogwarts’ Gerüchteküche, alias Bertha Jorkins, musste wohl begeistert sein, schließlich erfreute sich dieses Thema einer ständigen Dauerbeliebtheit, wie Lily durch so manche aufschlussreiche Besuche auf dem Mädchenklo leider hatte erfahren müssen.

Lily wollte Bertha, einer etwas beleibteren Hufflepuffschülerin aus dem siebten Jahrgang, nicht böse sein, schließlich konnte das Mädchen ja sicher nichts dafür … aber sie war nun mal eine furchtbare Plaudertasche!

Geheimnisse waren bei ihr wahrlich nicht gut aufgehoben, sagte man Bertha etwas, war es am Ende des Tages so, als hätte die gesamte Schule an dem Gespräch teilgenommen.

Eine Lektion, die Maria Duff-Poke erst letztes Jahr zu spüren bekommen hatte. Unvorsichtig wie sie war, hatte sie sich in einem schwachen Moment ausgerechnet bei Bertha ausheulen müssen – Lily wusste davon, weil sie sich nachher freiwillig um das arme Mädchen gekümmert hatte – und diesmal hatte es sogar nur zwölf Stunden gebraucht, bis die Hufflepuff diese brandheißen News unter die Leute gebracht hatte. Jeder Vorbeigehende hatte Marias Bäuchlein danach angegafft, als könne es jeden Moment platzten und etwas Schreckliches daraus sie anspringen.

Der Höhepunkt war mit Berthas Verlautung erreicht, dass ein gewisser, vielbekannter Mädchenschwarm angeblich der Vater sei – was sich nachher als völliger Irrtum herausgestellt hatte, da Black (ausnahmsweise) mit diesem Mädchen noch nie etwas gehabt hatte.

(Lily vermutete dahinter ja viel mehr gekränkte Eitelkeit, weil Bertha etwas von Black gewollt hatte und er ihr mehr als deutlich, rücksichtslos zu verstehen gegeben hatte, dass dieses Interesse nicht auf Gegenseitigkeit beruhte.)

Trotz allem war der Spießrutenlauf für die Fünfzehnjährige nicht mehr aufzuhalten gewesen. So hatte Maria auf eigenen Wunsch die Schule frühzeitig verlassen – ein Resultat, das Lily zum Teil Bertha ankreidete.

Aber Lily war einfach nicht der Typ der lange nachtragend und böse auf jemanden sein konnte, und Bertha hatte die schlimmen Folgen ihres Handelns ja nicht voraussehen können. Bestimmt tat es ihr inzwischen leid, was sie getan hatte …

Konsequenzen hatte der Fall trotzdem nach sich gezogen, Madam Pomfrey – vollkommen geschockt über die Nachricht, dass eine Fünfzehnjährige, unter ihrer Herrschaft des Krankenflügels, schwanger geworden war – hatte solange beim Schulleiter protestiert (Bertha hatte auch hier Gerüchte verbreitet, dass die Schulkrankenschwester vor seinem Büro übernachtet hätte – in Anbetracht von Madam Pomfreys überfürsorglichen Charakter neigte Lily sogar dazu, es zu glauben), bis dieser ihrer Forderung stattgegeben hatte:

Vom Ende des letzten Schuljahres an musste Professor Slughorn nun regelmäßig Verhütungstrank für die Heilerin bereitstellen – für Frauen und Männer –, den sie kostenlos und ungefragt an jeden Schüler verteilte, solange der- oder diejenige wenigstens fünfzehn Jahre alt war.

Sie war sogar bereit, mit unsicheren Schülern zu reden, wobei Lily kaum glaubte, dass bisher auch nur ein einziger mit Madam Pomfrey „das Gespräch“ geführt hatte.

Besonders Mädchen, die ersteres dieser Angebote nicht wahrnahmen, konnten in letzter Zeit nicht mehr den Krankenflügel betreten, ohne dass die Beherrscherin dieser Hallen ihnen ein zweistündiges Zwiegespräch aufschwatzte, bis man schließlich doch noch bereit war, einmal im Monat bei ihr vorbei zu schauen.

So war schließlich auch Lily zu ihren regelmäßigen Besuchen gelangt.

Madam Pomfrey hatte sie überzeugt, dass das nur der Sicherheit dienen könnte – nicht für sie selbst, da war es überflüssig.

Als wenn Lily an so was jetzt schon denken würde!

Aber für jemanden wie Belli z.B., die gerade wortreich erläuterte, warum dieses mal Schluss sei – zufälligerweise aus denselben Gründen wie zuvor: Er hatte darüber gemeckert, dass sie zu umtriebig sei, sie, dass er ihr seine Regeln auferlegen wolle – war es eine gute Sache und allein schon, um ihrer Freundin mit guten Beispiel voranzugehen, war Lily bereit, einmal im Monat diesen für sie gänzlich unwichtigen Trank einzunehmen. Immerhin war er ohne Nebenwirkungen, nicht zu vergleichen mit den hochchemischen Muggelpillen.

Bei allem, was Belli noch in den nächsten Minuten zu meckern haben würde, über eins war sich Lily sicher – morgen schon würde sie John Händchen haltend und zutiefst verliebt sogar in die Bibliothek folgen. (Ein Ort, den Belli normalerweise leider nicht im Geringsten zu schätzten wusste.)

„Guten Tag, die Damen!“

Alarmiert sah sich Lily um, jetzt kam ihr Auftritt, auf den sie sich schon die ganze Zeit geistig vorbereitet hatte.

Brians Abschiedsworte kamen ihr wieder in den Sinn:
 

„James Potter wird dich nicht so einfach in Ruhe lassen. Es tut mir leid, das sagen zu müssen, Lily, aber er ist viel zu verbohrt, was dich angeht, als dass auch nur eins deiner Worte, mehr als sein Ohr erreicht haben könnte. Also, gib gut auf dich Acht!“
 

Und dann hatte er sie umarmt.

Unbewusst schlich sich ein träumerisches Lächeln auf Lilys Gesicht.

Für eine ganze Sekunde war sie erst geschockt, dann überrascht und schließlich wahnsinnig glücklich gewesen.

Doch die Berührung hatte nur so lang angehalten wie die in Professor Flosops Klassenzimmer. Zu Lilys eigenem, seltsamen Bedauern.

Trotzdem war sie danach unglaublich fröhlich gewesen. Für einen Moment hätte sie gar schwören können, dass ihre Füße über den Boden schwebten. Sie hatte sich einfach so wahnsinnig leicht gefühlt …

„Oh, hey, Lily, du träumst?“, Bellis gebräunte Hand wedelte auf einmal vor ihrem Gesicht rum.

Die Rothaarige schreckte verwirrt aus ihren Gedanken hoch.

„Na, wie heißt er denn?“, kicherte Belli.

Caite auf der anderen Seite gab einen unerfreuten Laut von sich und musterte Lily kühl, aber aufmerksam.

„Ich, äh …“, Lilys Wangen drohten einen Rotschimmer zu bekommen.

Sie vermutete allerdings, es wäre besser nichts zu sagen, was Belli zu sehr in ihrem Glauben ermutigen könnte und das würde die Wahrheit ganz gewiss tun.

„Ich habe mir nur Potters Gesicht gleich vorgestellt, wenn ich ihn ignorieren werde!“

Die Rothaarige war stolz auf sich – diese Ausrede klang wirklich überzeugend!

Und ein Blick auf Bellis enttäuschtes und Caites etwas gelasseneres Gesicht gab ihr Recht.

Lily drehte sich nun um – einen möglichst distanzierten Ausdruck auflegend – in der Erwartung ein altbekanntes Grinsegesicht schon länger hinter sich warten zu sehen … doch – da war niemand!

Irritiert stockte die Vertrauensschülerin für einen Moment.

Dann begaben sich ihre grünen Augen wie von selbst auf Suche, und kaum waren sie ein Stück nach links gewandert, fanden sie auch schon ihr Ziel.

James Potter, wie immer umgeben von seinen drei Freunden, hatte tatsächlich nicht weit von ihr entfernt Platz genommen, seine dämlich, schleimige Begrüßung hatte allerdings wider erwarten nicht ihnen gegolten – sondern drei anderen Gryffindor-Mädchen.

„James, woher weißt du nur diese ganzen Witze?“, kicherte ein Mädchen mit maronenfarbenen Haaren.

„Was soll ich sagen, Holly? Ein Rumtreiber verrät eben nie all seine Geheimnisse!“, grinste ein Junge mit chaotischen Haarwirrwarr ihr entgegen.

Lily konnte es nicht fassen und war gleichzeitig geneigt ihre Augen über seine letzte Aussage zu verdrehen.

„Das ein oder andere versteckte Talent könnte er dir allerdings doch zeigen, wenn ihr ein bisschen ungestörter seid“, hörte Lily eine anzügliche Stimme von der anderen Seite des Tisches sagen, für die sie gar nicht hinzugucken brauchte, um zu wissen, wem sie gehörte.

Ihre Nase rümpfte sich ein wenig zu laut über Blacks letzte Aussage und mit offensichtlich präsentiertem Desinteresse wandte sie sich ab.

Sollte Potter doch weiter Holly Jones beeindrucken und sein Freund genoss es ja sichtlich, jede Sekunde seines Daseins gleichzeitig von Grace und Megan angeschmachtet zu werden. Da taten ihr ja fast schon Pettigrew und Remus – der mit etwas gezwungenem Lächeln daneben saß – leid, die scheinbar gar nicht wahrgenommen wurden.

„Anscheinend hast du es ja doch geschafft, nach zwei Jahren endlich zu Potters Ohr durchzudringen, Lily“, Caites Blick war auf eben beschriebenes Grüppchen gerichtet, und ihre Meinung dazu war ihrem Gesicht überdeutlich zu entnehmen.

„Unmöglich!“, rief Belli geschockt.

Sie hopste etwas auf ihrem Sitzplatz rum, um über Lilys Kopf hinwegsehen zu können.

„Das glaub ich nicht! Er läuft dir seit der dritten Klasse ununterbrochen hinterher, es müssen doch tausende Male inzwischen gewesen sein, dass er dich nach einem Date gefragt hat“, Belli schüttelte den Kopf, dass ihre Locken wild hin und her flogen.

„Freu dich einfach, Belli! Ab jetzt muss sich Lily wohl nicht mehr tagein, tagaus über ihn aufregen“, ihre schöne Freundin schenkte ihr das erste Lächeln an diesem Abend, der Gedanke schien sie ehrlich zu erheitern. „Auch wenn ich dem Ganzen noch nicht so recht trauen will …“, fuhr sie misstrauischer fort, den Blick auf Lilys persönliche Nervdämon gerichtet, der gerade irgendein ganz besonderes, abstruses Schauspiel zum Besten gab.

„Also, ich auch nicht! James kann Lily bestimmt keine zwei Wochen am Stück in Ruhe lassen, das hält er niemals aus!“, Bellis schokobraune Augen zwinkerten ihr amüsiert zu.

Dafür, dass sie sich gerade von ihrem Freund getrennt hatte, ging es ihr noch erstaunlich gut – aber das war nur jetzt!

Morgen wäre dies schon wieder eine ganz andere Geschichte …

Lily schaute noch einmal zu James Potter und Konsorten, und seufzend nickte sie ihren Freundinnen zu.

Es wäre schlichtweg zu schön, um wahr zu sein. Wie ein lang herbeigesehnter Traum, der endlich in Erfüllung ging – ein Traum von Ruhe und Gelassenheit. Aber das wäre zu einfach.

So sehr sie auch daran glauben wollte, so sehr sie auch jeden Augenblick dieses ungewohnten neuen Daseins genoss, Brians warnende Worte tauchten ständig in ihrer Erinnerung auf.
 

„James Potter wird dich nicht so einfach in Ruhe lassen.“
 

>Nein, das wird er nicht …<, stimmte Lily dem Ravenclaw zu.

Aber solange er sich anderweitig beschäftigte, war es für Lily wenigstens leichter, ihn zu ignorieren, da sie nicht das dauernde Bedürfnis verspürte, ihn anschreien zu müssen.

Zwei Jahre hatte sie das dauernde Übergehen ihrer Worte schon ertragen, den leibhaftigen Nerventod durchgestanden, ein paar Monate mehr würde sie auch noch überleben. Doch zum Ende des Jahres war Lily wild entschlossen, James Potter und seine ewige Fragerei losgeworden zu sein – denn sie hatte keine Lust mehr.

>Soll er es doch gefälligst bei jemanden versuchen, der ihn wenigstens mag. Auswahl genug hätte er ja!<

Lily jedenfalls wollte das nicht länger hinnehmen.

Schon jetzt verspürte sie keinen einzigen Tropfen des Bedauerns nach der mangelnden Aufmerksamkeit.

Nein, Lily vermisste James Potters Interesse rein gar nicht.

Sie hatte es nie gewollt.
 

~*~*~*~
 

„Dürfte ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten?“, Professor McGonagall klopfte mit ihrer Gabel an ein Glas, ganz offensichtlich war der Klang magisch verstärkt.

Alsgleich kehrte Ruhe ein in die große gesprächige Schülerrunde, selbst der Gryffindortisch, insbesondere der interessante Zirkel um vier Jungs, die sich selbst gern „Rumtreiber“ nannten, verstummte in seinen lauten Ausführungen.

Ihre Augen wanderten zum Schulleiter weiter, der sich wie erwartet nun erhob:

„Jetzt, da wir alle endlich versammelt sind und ich mir sicher bin, dass wir das gleiche im Sinn haben, spare ich mir ein paar wichtige Worte für später auf. Alles, was ich jetzt noch zu sagen habe ist“, er machte eine kurze Pause, bevor mit dem typisch, großherzigen Lächeln fortfuhr, „Buon appetito!“

In genau diesem Moment erschienen die herrlichsten Köstlichkeiten vor ihrer aller Augen, dass selbst ihr sonstiges Abendmahl wie die kargen Speisen armer Bettler wirkten.

Sie wusste, dass sich die kleinen Hauselfen jedes Jahr aufs Neue ganz besonders zu Halloween ins Zeug legten, um die außergewöhnlichsten Kreationen an Kochkünsten zu erschaffen. Manche richtig gruselig und abstoßend auf den ersten Blick, aber umso schmackhafter auf den ersten Bissen, andere wiederum schlichtweg zum schief Lachen.

Fasziniert starrte sie eine orangene Suppe mit schwarzen Spiralen an, in der winzig kleine Mini-Kürbisse mit noch kleineren Schnitz-Grimassen fröhlich ihre Bahnen schwammen. Es war lustig ihnen dabei zu zusehen, man bekam einen richtigen, irrwitzigen Drehwurm nach einiger Zeit.

>Aus was sie wohl gemacht sind …?<, überlegte sie, den Kopf schief legend.

Vielleicht Karotten … oder eingefärbtes Marzipan?

Das wäre doch mal interessant!

Ihr amüsierter Blick ging weiter auf Suche und entdeckte noch so allerlei Aufregendes:

Angebliche Monsterwürmer, die sich als in Pfefferminzsoße eingetauchte Rouladen herausstellten, Rumpsteaks – natürlich blutig angebraten, Kartoffelklößchen mit Schreckgesichtern, in blutrote Paprikasoße getauchte Schnitzel, Gemüse, das gruselig lachte, wann immer man es nicht beachtete („Isst du wohl dein Gemüse auf? Du willst doch auf deine Mama hören – oder? Muhahaha …“), und dann waren da noch …

Sie erhielt einen sanften Stoß in die Seite.

„Vergiss bei aller Faszination bitte nicht wie letztes Jahr das Essen!“

Sie lächelte ihrem Aufpasser zu:

„Ihr beachtet diese schönen Künste alle viel zu wenig, dabei befinden sich direkt unter uns Lebewesen, die sich reichlich Mühe geben – findest du die Kürbissuppe nicht auch spannend?“

Ihr Gegenüber war anscheinend verblüfft über den schnellen Wechsel von Anschuldigung zur alten Faszination, denn er sagte einen Moment nichts, bevor er Kopf schüttelnd antwortete:

„Du änderst dich nie. Aber jetzt iss, ich denke, die Hauselfen werden noch viel enttäuschter sein, wenn sie einen gar nicht berührten Teller vorfinden.“

„Hm … du hast Recht!“, ihr Kopf wiegte hin und her und sie lächelte erneut fröhlich. „Es wäre auch viel zu schade um die Suppe!“, meinte sie enthusiastisch und griff über den halben Tisch nach dem Topf.

Wiederum schüttelte ihr Freund den Kopf, aber auch das so typisch schwache Grinsen zeichnete wie üblich seine Lippen.

„Oh!“, entfuhr es ihr.

„Was?“, bohrte er neugierig mit in weiche Falten gelegter Stirn nach.

„Kein Marzipan“, lautete ihre enttäuschte Antwort.

Er zog eine Braue hoch, sagte jedoch nichts mehr. Wieder Kopfschütteln.

>Schade …<, dachte sie.

Marzipan wäre doch wirklich mal interessant gewesen …

Aber die Möhren waren dafür echt gut und kicherten so lustig auf der Zunge!

Sie lachte vergnügt laut auf, und es sollte nicht das letzte Mal an diesem Abend sein, dass sie sich im wahrsten Sinn des Wortes „köstlich“ amüsierte. Aber kaum jemand beachtete ihr Verhalten, das sich, wie sie schon im Kindesalter aufmerksam beobachtet hatte, sehr stark von ihren Mitmenschen unterschied.

Man war hier an sie gewöhnt.

„Verquer“ nannten sie die anderen, sie fand es belustigend.

Denn für das Mädchen selbst waren alle anderen Menschen ebenfalls ziemlich komisch – aber das war nichts Schlimmes, über was sollte sie sonst lachen können?

Und das tat sie gern.

Den lieben langen Tag das seltsame Verhalten ihrer Mitschüler und Lehrer zu analysieren und darüber zu schmunzeln, wie sie im Gegenzug auch gerne ihre vielen Witzchen über sie machten, das war ihr Leben.

Ein ständiges Geben und Nehmen.

Das eindeutig interessanteste, mitmenschliche Objekt, das sie auch nach jahrelangem Studium noch nicht langweilig fand, saß ihr jedoch gegenüber.

Äußerst schweigsam wie immer.

Und heute war er ganz besonders darauf bedacht, keine falsche Bewegung zu machen, die sie irritieren könnte. Er wusste schließlich, dass ihr alles auffiel, was anderen entging. Aber sie wusste im Gegenzug auch, warum er das tat – ihre Augen funkelten.

Ein alarmierter Blick großer, brauner Augen traf sie sogleich.

Ihre schwarzen Pupillen jedoch funkelten weiter vergnügt.

Oh ja, sie hatte längst den Grund bemerkt, den Rest konnte sie sich aus dem letzten Monat zusammensetzten, der bereits ebenfalls … äußerst unterhaltsam gewesen war.

Das war es wieder!

Das Mädchen grinste, der Junge ignorierte es.

Oder zumindest versuchte er es …

Ihre Lippen zeigten ein Lächeln.

>Zu unvorsichtig! Sie muss sich wie immer für unauffällig halten …<, sinnierte sie für sich selbst.

Plötzlich verschwand der leckere Topf Kürbissuppe vor ihren Augen und machte kalorienreichen Nachtischen Platz.

„Das sieht ja wieder herrlich spannend aus …“, sie ließ erneut ihre Augen rotieren.

„Bitte – iss endlich was! Du hast gerade schon so wenig gehabt. Wenn du jetzt noch die Mandelsplitter auf der Schokotorte anfängst zu analysieren, wird Emily morgen wieder meckern, weil du vor lauter Hunger, nachts heimlich ihre Keksdose geklaut hast!“

Sie gab ein glucksendes Geräusch von sich:

„Keine Bange, ich habe den Pudding entdeckt!“

Wie ein kleines Kind stürzte sie sich freudig auf die Schale, dass einige ihrer Mitschüler erschrocken zurückwischen.

Sie kicherte.

Er verdrehte die Augen, aber sie hörte ihn trotzdem schmunzeln:

„Pudding!“
 

~*~*~*~
 

„Muhahaha!“

Mel schaute mit zweifelndem Blick auf.

Hatte sich jetzt ein Teil des nervtötenden, plappernden Gemüses etwa heimlich unter das Nachtischbüffet geschlichen?

Auch andere sah sie verwundert den Blick heben, auf der Suche nach der Ursache des Geräuschs. Ein kleiner Tumult brach in der Halle aus. Das vorherige Geschnatter war vorzeitig unterbrochen.

Mel sah über ihre Schulter hinweg.

>Es war von irgendwo dahinten gekommen …<

Ihre blauen Augen blickten vorbei am Ravenclawtisch und wanderten schließlich zu den Slytherins, die alle leicht auseinander gestoben waren und immer wieder Blicke zur Mitte ihres Festbankettes warfen.

Die Gryffindor winkelte eine Braue an.

Die Schlangen wurden aber auch immer ängstlicher …

Fürchteten die sich jetzt etwa schon vor ihrem „wahnsinnig gruseligen“ Gespensterpudding?

Desinteressiert länger als nötig die ihr verhassten Schlangen zu beobachten, wendete sie ihre Aufmerksamkeit zurück auf die leckere Schokotorte auf ihrem Teller, die in Form eines frischen Grabhügels daher kam. Gerade hatte sie die Gabel gehoben und wollte ihren Nachtisch endlich genießen, als …

„MUHAHAHA!“

Mel ließ die Gabel, wie so viele andere, entnervt fallen.

Schon wieder!

Erneut fing der Slytherin-Tisch ihren Blick und nach kurzer Beobachtung, war sich Mel plötzlich sehr sicher, woher das alberne Gelächter kam. Es war-

„Was hat dieser Krach zu bedeuten!“, hörte sie Professor McGonagalls empörte Stimme sich erheben, als sie von einem weiteren, tiefen Grusellachen überboten wurde.

Im selben Moment erhob sich die – von Mel richtig vermutete – Quelle des eigentümlichen Geräusches.

Der riesige Kürbis, der von den Hauselfen reichlich mit Süßem und Dekoration in der exakten Mitte des Tisches platziert worden war, hob von der Tischdecke ab. Die verängstigten Schüler des Schlangenhauses hatten sich inzwischen endgültig in alle möglichen und nur denkbaren Ecken zurückgezogen, ihre vormalige Tisch-Deko mit großen Augen anstarrend.

Der Rest der Schüler- und auch Lehrerschaft stand dem in nichts nach, jeder war wie gebannt von dem bizarren Schauspiel und wartete nur darauf, was als nächstes passieren würde.

Als Mel bereits annahm, dass das bisschen Lachen und Schweben alles gewesen wäre, trat plötzlich ein unerwartetes, gleißend helles Licht aus dem Zickzack-Mund hervor und erstrahlte einen Augenblick lang den silbern-grünen Tisch.

„MUHAHAHA!“, erklang es vom fliegenden Kürbis ... und anschließend wurde dasselbe Lachen wie im Echo dreimal zurückgeworfen – von anderen Stellen der Halle aus.

Eine war direkt in Mels Nähe.

Der Erstklässler-Gryffindor, der mit seiner Nase genau vor dem zweiten lebendig werdenden Gemüse saß, machte riesige Augen und hob ängstlich seinen Zauberstab an, während der Kopflose Nick, der Hausgeist Gryffindors, tapfer zur Tat schritt und Peeves zum Zweikampf herausforderte. Er erhielt jedoch keine Antwort – außer einem weiteren, peinlichen „MUHAHAHA“ – und Mel bezweifelte ernsthaft, dass dies das Werk Peeves’ war. Nicht mal einen fremden Poltergeist zog sie in Betracht.

Nein, für diese Show war ganz sicher jemand völlig anderes verantwortlich.

Jemand … lebendigeres!

Bevor sie jedoch weiter denken konnte, flogen vier riesige Kürbisse – die von Hufflepuff und Ravenclaw hatten sich auch erhoben – auf einmal genau in die Mitte der Halle und bildeten abstruser Weise über ihrer aller Köpfe einen Kreis. Darin flogen sie erst langsam hintereinander herjagend, dann immer schneller und schneller werdend, bis nur noch ein orangener Wirbel zu erkennen war und schließlich wiederum das gleißend helle Licht ihre Augen blendete.

Peng!

Der erste Kürbis war aus der Formation geschossen und über dem Hufflepuff-Tisch hochgegangen.

Strahlende Gesichter blickten dort nun nach oben und schnappten begeistert nach den vielen bunten Süßigkeiten die plötzlich vom Himmel herabregneten.

Mel starrte nur auf das einzelne Wort, das in Leuchtbuchstaben über ihrem Tisch schwebte:
 

HAPPY
 

Mel runzelte die Stirn. Bevor die Blonde sich einen Reim darauf machen konnte, ging es schon weiter.

Nacheinander explodierten ein Kürbis über ihrem Tisch und dem der Ravenclaws. Beide Male ging daraus ein Schauer kunterbunter Leckereien hervor, der auf gierige Schülerhände hinab segelte.

Hingegen ihrer angeborenen Sucht nach Süßem jedoch, kümmerte Mel sich rein gar nicht um die bunten Bonbons in ihrer Reichweite, sondern achtete nur auf das letzte Wort, das soeben über dem Ravenclaw-Tisch erschienen war.

Sie verdrehte hemmungslos die Augen.

Mitten in ihrer „großen“ Begeisterung über dieses Schauspiel vernahm Mel ein angeekeltes Murren und Fluchen hinter ihrem Rücken. Ein „entzückendes“ Odeur mit Schwefelgrundlage breitete sich um ihre Nase aus. Es war aus der Slytherin-Ecke gekommen.

Sie drehte sich um … und hätte beinah laut losgeprustet.

>Na, wenn das mal kein Anblick für die großen Zauberer-Götter ist!<, dachte Mel schadenfroh bis in den letzten Winkel.

Aber alles andere hätte sie ja eigentlich auch wundern müssen. Schließlich stand es ganz außer Frage, dass die Slytherins vom Urheber „Süßes“ bekommen würden.

>„Saures“ passt ja auch viel besser zu Bellatrix’ Haaren!<, sinnierte Mel vergnügt, während sie beobachtete, wie eine äußerst säuerliche Anführerin der Slytherin-Quidditchmannschaft versuchte, sich die gelb-milchige Eierpampe aus den schwarzen Haare zu wischen.

Das war genau das Richtige für ihr eitles Köpfchen!

Mel gab offen zu, dass sie in höchstem Maße schadenfroh war, auch wenn sie den Absender der Eierpost fast genauso gern hatte wie den Empfänger.

„MUHAHAHA!“

Mel blinzelte.

>Natürlich … <

Der letzte und größte Kürbis in der Halle konnte neben dieser luftigen Karussellfahrt selbstverständlich nicht einfach liegen bleiben.

Hagrids persönliches Prachtstück numero uno, ehemals festlich postiert auf dem Lehrertisch, sauste zu guter Letzt auch noch mit einer Wahnsinnsgeschwindigkeit in die Mitte der Halle ab.

Wieder Peng!

Und es regnete noch mehr Süßes als zuvor, zugleich vervollständigte das allerletzte Wort für diesen Tag die immer noch übergroße, protzige Leuchtschrift, die über ihren Köpfen hing.

Abermals verdrehte Mel an diesem Tag die Augen.

>Zarter konnte man ja wohl kaum darauf hinweisen, oder?<
 

HAPPY BIRTHDAY SIRIUS TATZE BLACK
 

„Hey, davon wusste ich ja gar nichts!”, rief ein breit grinsender Sirius Black laut aus, dass es garantiert auch jeder mitbekam.

„Tja, Tatze, dafür sind Geburtstage ja auch da – Überraschung!“

James Potter schien sich fast mehr zu freuen, als Mr unwiderstehlich-grinsend-Black, dass man fast meinen konnte, sein eigener Geburtstag sei soeben zelebriert worden.

Von allen Ecken und Enden der Halle wurden nun Glückwünsche gebrüllt und gerufen – natürlich musste es so sein, schließlich gab es nur wenige, die die unglaublichen Rumtreiber nicht bewunderten. Auffällig waren besonders wieder die vielen weiblichen Liebesbekundungen zwischen drin – Mel konnte gar schwören, dass ein Hufflepuff-Mädchen gerufen hätte, sie wolle ein Kind von diesem notgeilen Obermacho.

Mel beschloss, dass es nicht mal wert war, darüber die Augen zu verdrehen, so dämlich war diese offensichtliche Einladung, beinah auf gleicher Höhe wie Blacks verblödet, eingebildeter Gesichtsausdruck.

>Der – als Vater?!<

Bei seinem sprunghaften Leben von einem Bettchen zum nächsten eine zwar durchaus denkbare Unfallgefahr, aber … nicht mal Grace Hopkins würde sie das an den Hals wünschen!

>Man wüsste ja gar nicht, wen man mehr bedauern sollte: Das dumme Ding, das sich von Black zur alleinerziehenden Mutter hat machen lassen, oder das arme Kind, das ein Leben lang mit seinem halben Gensatz rumlaufen muss.<

Egal, wen es, wann, wie und wo mal treffen würde – Mel fühlte ja sogar jetzt schon so etwas wie ein Fünkchen Mitleid mit ihr …

„Auch von mir Glückwunsch, Mr Black!“, keifte eine Stimme auf halben Wege zum rumzwinkernden Schulschönling. „Ich bin mir sicher, dass Sie sich über mein Geschenk freuen werden – Sie dürfen nämlich wieder mal ihr Lieblingsklo im zweiten Stock putzten!“, Professor McGonagall war zum Geburtstagskindchen getreten, wirkte aber alles andere als in feierlicher Stimmung. „Und da Sie meine Herren, bestimmt alle wie immer beteiligt waren, werden Sie Ihrem Freund nicht nur tapfer zur Seite stehen, sondern ich ziehe auch jedem großzügige zwanzig Punkte ab – von meinem eigenen Haus!“, setzte sie keifend hinzu.

„Ja, Sir!“, salutierte Potter.

Wie konnte man eigentlich so verdammt stolz darauf sein, dauernd die Regeln auf möglichst fantasievollste Art zu brechen?

Aber eins musste Mel ihnen dennoch lassen – die Idee mit den Slytherins war wirklich nicht schlecht gewesen …

„Findet ihr nicht auch, dass die Slytherins so viel besser aussehen?“, fragte Black ein wenig zu laut als nötig. „Das milchige Gelb harmoniert so schön mit dem Giftgrün auf ihrem Umhängen … und ihren käsigen Gesichtern!“, meinte er fies lächelnd.

„Die Idee von dir war wirklich klasse gewesen, Tatze!“, stimmte Pettigrew begeistert mit ein.

Auf einmal wollten Mel die „faulen“ Slytherins so gar nicht mehr gefallen …
 

~*~*~*~
 

Das war ja alles 1a verlaufen!

James Potter rühmte sich selbst für diesen perfekten Plan, den er natürlich nicht ganz allein aufgestellt hatte, aber immerhin:

Die Idee für die Überraschung kam von ihm allein!

Und sie war gänzlich gelungen. (Vorher sollte da statt dem Glückwunsch nämlich „Süßes sonst gibt’s Saures!“ stehen.)

Tatze strahlte und grinste breiter, als nach jedem anderen großen Rumtreiber-Spezial, wenn das mal nichts heißen wollte!

>Mission „Hohler Kürbis“ erfolgreich abgeschlossen und Auftrag bestens ausgeführt!<, suggerierte der Schwarzhaarige James Bond mäßig.

Was würde Tatze da wohl erst zum späteren Verlauf des Abends sagen …

James erinnerte sich, das letzte Mal als Zehnjähriger vor der Quidditchweltmeisterschaft so aufgeregt gewesen zu sein.

Aber es war ja diesmal auch nichts gewöhnlich – und das meiste wuchs auf seinen Mist. Das hieß, wenn es Tatze nicht gefallen würde …

Doch James Potter war durch und durch Optimist, folglich würde es sein Freund auf jeden Fall mögen!

Da fiel ihm ein … er musste dringend noch mal mit Chris reden …

„Oh, James – du bist ja so genial!“, bewunderte ihn Holly.

Vollkommen verträumt betrachteten ihn ihre wasserblauen Augen.

Der Potter-Sohn richtete sich zu seiner vollen Größe auf und grinste, bis ihm die Mundwinkel weh taten.

Megan vergötterte ihn eben so sehr mit dem gleichen Blick, wenn sie nicht gerade Tatze anschmachtete, der in einer Tour von Grace Hopkins in Beschlag genommen wurde und es scheinbar genoss.

Genauso wie James.

Vielleicht war an der ganzen „andere-Mütter-haben-auch-schöne-Töchter-Sache“ ja doch was dran …

Der Potter-Sohn fuhr sich zur Probe extra durchs Haar und bemerkte, wie sehr es Holly entzückte.

James grinste breit.

Tatze hatte Recht. Sich von anderen Mädchen umschwärmen zu lassen, war kein schlechter Zeitvertreib – im Gegenteil – es war sogar eine nette Abwechslung zu Evans … ähm, teilweise nicht besonders freundlichen Ausführungen über ihn.

Aber sie konnte ja nichts dafür. Sie war eben extrem schüchtern, was ihre Gefühle anging, bzw. sich noch nicht völlig im Klaren darüber.

Der Vertrauensidiot konnte schließlich nicht ihr Ernst sein – was hatte der denn, was James nicht hatte?

Er, James Potter, hatte alles und dieser Jammerlappen rein gar nichts – so war es nämlich!

Und in ein paar Wochen würde Evans das auch noch sehen, nachdem James erst mal per Eifersucht ihre Gefühle hervorgelockt hätte.

Wer weiß, vielleicht würde sie ihn sogar in ein paar Tagen schon vermissen?

Alles, was er ihr nur geben musste, war Zeit, dann würde sie es erkennen und ein rothaariges Geschöpf würde ihn genauso hingebungsvoll anschauen wie jetzt Holly.

Gerade wollte James den Mund öffnen, um seiner Verehrerin noch mehr Gründe zu geben, warum James Potter toll war, als eine Stimme amüsiert dazwischen funkelte.

„Ah, Mr Potter – ein Glühwürmchen-Zauber wie ich annehme?“

Alle vier Rumtreiber und Personen in näherer Umgebung wandten sich um und stellten zu ihrem Erstaunen fest, dass tatsächlich der Schulleiter von Hogwarts sich so unbemerkt an sie rangepirscht hatte.

„Unter anderem“, verkündete James stolz nickend und laut genug, dass Evans auch einfach auf sein Gespräch mit Dumbledore aufmerksam werden musste. „Es waren noch ziemlich viele Zeitzauber dabei, aber vor allem war es ein Haufen Kombinationsarbeit einfacher Sprüche, die …“

„… Sie hier aber jetzt nicht näher erläutern werden, gehe ich Recht in der Annahme?“, Dumbledores Augen funkelten.

„Ein wahrer Rumtreiber behält immer ein paar Geheimnisse für sich, Professor!“, James war grinsend aufgestanden und hatte vornehm seinen imaginären Zaubererhut vor Dumbledore gezogen.

Der alte Mann schmunzelte belustigt.

„Nun, das dachte ich mir bereits. Ich muss sagen, obwohl es eindeutig gegen die Schulregeln verstößt, bin ich beeindruckt von Ihrer aller Arbeit“, er ließ seine Augen an Tatze, Wurmschwanz und Moony entlang funkeln. „Normalerweise würde ich Ihnen für solch’ Genialität ja Punkte verleihen – wenn es nicht wider die Ordnung wäre – jedoch …“, und seine Miene wurde kurz ernster, als er zum Slytherin-Tisch blickte, der immer noch mit Reinigungszauber beschäftigt war, „wünschte ich Sie würden es nächstes Mal für alle amüsanter gestalten!“

„Ich fand es äußerst amüsant.“

Moony schoss ihm einen warnenden Blick zu, doch Tatze war eben Rebell. Selbst gegenüber Dumbledore, der es ihm offensichtlich aber nicht krumm nahm.

„Nun, Mr Black, ich freue mich ja, dass Sie an Ihrem Geburtstag Spaß haben, aber ich muss Sie trotzdem inständig ermahnen, es nicht wieder zu tun. Wenn ich Sie wohl daran erinnern darf, dort drüben sitzt auch ihre Familie.“

Familie?“, schnaubte sein Freund so abfällig wie es eben nur ging.

James fand dieses Wort in Verbindung mit Bellatrix auch eher zweifelhaft. Sirius war echt ein armer Hund, was seine Verwandten anging.

„So ist es, Mr Black. Und wenn Sie mir auch jetzt nicht glauben wollen, man kann seine Wurzeln niemals völlig verleugnen. Ich hoffe, dass sie das eines Tages erkennen werden … und akzeptieren können.“

„Wenn Sie meinen, … Sir“, letztes Wort brachte er nur äußerst steif aufgrund eines Stoßes von Moony hervor.

Sirius gesamte feierliche Miene war soeben den Bach runtergegangen – das wusste James. Es gab spezielle Themen, auf die man seinen besten Freund keinesfalls ansprechen durfte.

Sie waren absolut tabu.

Eines dieser Unaussprechlichen war „Familie Black“.

Dumbledore blitzte seinen Freund mit diesen für ihn einzigartigen, allwissenden hellblauen Augen an und hielt auch sonst Tatzes Erwiderung gut stand.

„Nun denn, wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden, ich habe selber noch ein paar wichtige Worte an alle zu richten – meine eigene Überraschung sozusagen.“

Dumbledore ließ schmunzelnd ein paar staunende Schüler zurück, darunter auch einen überraschten James Potter.

Ja, Dumbi hatte irgendwas von „wichtige Worte“ vorher gefaselt gehabt, aber James hatte gedacht, dass damit seine übliche Erinnerung gemeint gewesen wäre, daran, dass Schulregeln durchaus vorhanden wären und sie auch eigentlich eingehalten werden sollten. (Wohl wissend, dass die Rumtreiber deren Existenz besonders zu feierlichen Anlässen gerne vergaßen.)

Ihr Schulleiter trat ans Rednerpult und strahlte sie alle an:

„Da ihr jetzt hoffentlich genauso rund, prall und zufrieden seid wie ich“, Dumbeldore warf den Slytherins einen mild stimmenden Blick zu, „ist es endlich Zeit noch eine kleine, aber wichtige Ankündigung zu machen.“

Er hielt inne, bevor er mit verschmitztem Lächeln auf ihre neugierigen Gesichter fortfuhr:

„Ab sofort möchte ich ein paar junge Leute an dieser Schule begrüßen, die euch dieses Jahr durch den Unterricht begleiten werden. Sie sind Schüler wie ihr und dennoch keine. Sie werden euch sogar Vorbilder sein, so hoffe ich zumindest.“

James tauschte einen Blick mit seinen Freunden aus. Der alte Mann sprach mal wieder in Rätseln.

„An dieser Stelle gilt mein herzlicher Dank auch Professor Slughorn, der mit seinem „Docere&Doceri-Projekt“ den Anstoß zu dieser Idee gebildet hat.“

Sluggi erhob sich ächzend und stolz von seinem Platz, reckte den Bauch vor und wirkte, als wäre er soeben zum Zaubereiminister ernannt worden.

Schüchterner Applaus erklang, der rasch auch wieder erstarb.

Ihr Zaubertränkelehrer schien danach ein bisschen verstimmt. Wahrscheinlich hatte er Trommelwirbel und knallende Sektkorken erwartet.

„Also, getreu diesem Motto – „Durch lehren, lernen wir.“ – heiße ich hiermit unsere neuen Schüler willkommen, die sich auch einmal als Lehrer versuchen möchten und ein paar unserer alten Meister damit gleichwohl eine hilfreiche Hand sein werden. Ich darf euch vorstellen“, die Tür neben dem Lehrertisch ging auf, „Mailin Li“, und eine schöne, junge Frau mit asiatischen Zügen betrat freundlich lächelnd die große Halle.

Es wunderte James, warum sein bester Freund nicht einen bewundernswerten Pfiff ausstieß – denn so was tat Sirius Black für gewöhnlich, wenn eine schöne Frau die Bildfläche betrat –, aber seine Laune von Dumbledores Gespräch her schien noch zu mies dafür.

„Ludovic Bagman“, der Applaus verzehnfachte sich, als ein strahlender, blonder Mann hervorkam, der von seinem jungenhaften, pausbäckigen Gesicht auch ebenso gut noch ein Schüler hier hätte sein können.

James konnte es kaum fassen!

Es hielt ihn nicht auf der Bank, er musste einfach aufstehen und wie wahnsinnig seine Handflächen gegeneinander jagen.

Ludo Bagman!

Der aufsteigende Star-Treiber schlechthin, angeblich sollen die Wimbourne Wasps ihn erst letztens unter Vertrag genommen haben – für eine horrende Summe an Galleonen …

„Wilhelmina Grubbly“, eine etwas ältere Frau – schätzungsweise Ende zwanzig – mit markant scharfem Kinn und kurzen braunem Haar betrat die Halle, ihnen ein knappes Nicken zusendend.

„Und zum guten Schluss noch …“

Ein letztes Mal ging die Tür hinter dem Lehrertisch auf – James wollte seinen Augen nicht trauen!
 


 

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An einem ganz normalen Tag in yannis Kopf ...
 

James: Was, was, was?? Wieso will ich meinen Augen nicht trauen? *unruhig rumhibbelt*

yanni: Tja, das musst du schon selber wissen, was du siehst! *fg*

Sirius: Genau! *fg* … aber mir verrät’s du’s doch, ooooder? *von nicht so guter Laune in Flirt-Modus schaltet und verführerisch mit Augen wackelt*

yanni: Haaaach …

Sirius: Jaaaah?

yanni … NÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖ!

Sirius: *beleidigt Flunsch zieh*

James: *auf Boden plumpst und sich kringelig lacht*

Sirius: Aber heute ist mein Geburtstag – du musst es mir sagen, wenn du lieb bist!

yanni: Erstens: Nö – bin nicht lieb! *g* Solltest du doch am allermeisten inzwischen gemerkt haben. ;) Und zweitens: Du hast seit ungefähr vier Monaten Geburtstag! -.-’

Sirius: Pah! Ist doch nicht meine Schuld, wenn du deinen Arsch nicht zum Schrei-

*yanni mit Fingern schnippst und Sirius plötzlich verpufft*

James: *verwundert von Lachanfall beruhigt* Nanu, wo ist Tatze auf einmal hin?

yanni: *muhahaha* Jaaah, dein Freund hier hat leider vergessen, dass ich die Autorin bin! Ich kann tun und lassen mit euch, was ich will! *megafiesgrins*

James: *Haare nervös verwuschel* Aber, wo ist Tatze denn jetzt bloß?

*Geräusche aus hinteren Winkel von yannis Hirnwindungen hervorkommen*

Sirius: Roberts, du bist nicht schlimm wie die Pest – du bist Pest, Cholera und Typhus zusammen!

Mel: Und das erzählt mir die Ansammlung sämtlicher Geschlechtskrankheiten weit und breit – Wild Beauty?

Sirius: *ruf* Verdammte Autorin – Hol. Mich. Hier. Weg!

*yanni desinteressiert Nägel feil*

*Geschrei im Hintergrund weitergeht*

James: *traurig guck*

yanni: Hey, ich hatte da gerade so ne Idee … *einsamen James zuzwinkert und erneut mit Fingern schnippst*

James: Moony! *strahl*

Remus: *verwirrt um sich schau* War ich nicht gerade noch in der Bibliothek?

Sirius: *brüll* Hey! Wieso holst du ihn her und lässt mich hier bei diesem Etwas zurück?!

yanni: Weil ich den Remy lieb hab! *überraschten Remus knuddel*

James: *grins*

Sirius: *schmoll*

Mel: *Augebraue hoch zieh* Oh, Adonis, pass auf! Wenn du weiter diesen Gesichtsausdruck hältst, könntest du dir dauerhafte Falten in dein ach-so-hübsches Gesichtlein machen!

Sirius: *grummel*
 


 

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@whatever92: Woah! In nur zwanzig Minuten? *staun* Mann, da fühl ich mich selbst echt langsam – ich glaub, ich werd alt … *lol*

Freut mich, dass es dir trotz der massiven Länge gefallen hat! =) Hoffe ich konnte das mit dem hier wiederholen, auch wenn es nicht soooo toll war … *kopfschüttel*

Danke für dein Kommi! *kuss*

P.S. Freun-de? *g* Komisches Wort … muss ich mal im Lexikon nachschlagen gehen … :P *lol*
 

@Wolfdemon-Ai: Dankeschön! *drück*

Ist inzwischen offiziell auch mein Lieblings-Chap. ^^ Wobei ich immer ganz nervös bin euch so viele Seiten zu zumuten, aber deine Resonanz klingt ja trotz allem positiv! *freu*
 

@Nicce: Schlimmster Geburtstag weiß ich noch nicht … Ich denk da z.T. an die ganze die er auch Zuhause gefeiert hat und dann wäre da noch ein ganz bestimmter über den ich mir noch nicht sicher bin … Aber er hat es ganz gewiss bis nach oben in seine Top 5 seiner Alptraum-Geburtstage geschafft! ;)

Mal sehen ob Jamesie ihn nicht noch ein bisschen mehr als bis jetzt aufheitern kann … ^^

Den Südländer wirst du schon seeehr bald wiedersehen – versprochen! *g*
 

@Abbi: Eine neue Leserin! =) *jubel*

Das freut mich! *strahl* Weil ich die Grundlage dafür (die Erinnerungen) nämlich schon vor ner kleinen Ewigkeit geschrieben habe und außerdem gerne über diese „besondere Beziehung“ der beiden berichte. ^^

Die Frage bei Mel ist ja auch, ob sie überhaupt geträumt hat?? Ich sach mal, sie hat so „halbgeträumt“. *g*
 

@Yuki_94: Hey wollte mich hier auch noch mal für dein Kommi bedanken! *knuddel*

Den Rest habe ich ja schon in dein Büchlein geschrieben …^^

Deinen Eintrag habe ich übrigens auch – inzwischen -_-’ – mal bemerkt. Ich schau da ehrlich gesagt nämlich selber nicht so häufig rein … *peinlich, peinlich*

Werd deine Story dann lesen und dir ein Kommi hinterlassen, sobald ich Zeit hab! ;)
 

@Lesca07: Juhuu! *freu*

Ich hatte ehrlich schon Angst, du würdest nicht weiter lesen! T,T Aber bei Stress hab ich immer Verständnis – bin die letzte, die da kräht. Außerdem haste mich ja sogar schon mal vorgewarnt. ;)

Danach war ich erst mal geschockt von deinem Statement:

Ich finde Brian soooo toll! O_o

Boah, so drastisch hab ich noch nie eine Fan-Bekundung für ihn gehört! *lol* Ich mein, inzwischen hör ich öfter mal, dass nicht alle ihn hassen, aber dass du ihn sogar für einen Traumprinzen hältst? *W-o-W* Hoffentlich lass ich da nicht irgendwann eine Seifenblase platzen … ^^

„Der Augenblick“ – jaaah, also wichtig ist er schon … aber du musst noch nicht richtig verstehen, was da genau abgegangen ist. Ich hab’s ja auch nicht ohne Grund so offen gelassen, was passiert ist. ;)

Uhh, Mel ist nicht rätselhaft – sie ist ein Rätsel! *g* Werdet ihr noch merken. Vielleicht sogar schon heute, denn ich denke mit ihren Gedanken werde ich einige verwirrt haben. *fg*

Oh, du findest, ich schaff das wirklich? *strahl* Bin ja selber immer skeptisch … aber ich denke, jeder Autor hat bei jedem Kapitel Angst, die Charaktere vielleicht doch nicht getroffen zu haben.

Hm, einen Teil der Überraschung für Sirius hast du je jetzt schon gesehen, aber es deutet sich ja, dass das noch nicht alles war … Ich hoffe bloß, dass es euch gefallen wird. *zitter*

*lol* Du möchtest also echt, Lily und Brian zusammen sehen? Na, mal sehen, was sich da tun lässt – von Lilys Seite stehen die Chancen nicht schlecht *g*, aber Brians …? Oh, oh, das wird noch kompliziert! ^^

Ich danke dir sehr für dein Kommi (Besser spät als nie stimm übrigens voll und ganz – sozusagen auch mein Lebensmotto! *lol* ), bist immer so schön ausführlich! *kuss*

P.S. Ich glaube, bis ich dich dazu kriege Mel zu mögen, müssen noch Wunder geschehen! *lach* … aber die gibt es ja immer wieder, gell? *g*
 


 

Uuuuund? *ganz lieb um Kommis bittet* Mich würde besonders interessieren, ob ihr Sirius’ und James’ Reaktionen logisch findet …? *da furchtbar unsicher ist*
 

P.S. Noch mal ein Dankeschön an alle fürs Daumen drücken beim Abi!!! *alle knuddel* An mangelndem Glück kann’s jetzt also schon mal nicht scheitern, höchstens meiner schulischen Beschränktheit … ^^

... und Happy Birthday - oder die italienische Überraschung!

Wotcher! *wink*

Ich hoffe, ihr kennt mich noch? Wenn nicht, ich bin die komische Autorin dieser Geschichte … und die hat’s sogar endlich geschafft, ein neues Kapitel zu fabrizieren! Unglaublich aber war! *g*

Das gefällt mir zwar noch weniger als das letzte, aber da es auch nicht besser wird … dachte ich, ich stell’s mal rein! ;)

Viel Spaß!!!
 


 

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Kapitel 15.3 - … und Happy Birthday – oder die italienische Überraschung!
 

«Da spina nasce rosa, da rosa nasce spina.»

Aus dem Dorn wächst die Rose, aus der Rose wächst der Dorn.

italienische Weisheit
 

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„Und zum guten Schluss noch …“

Ein letztes Mal ging die Tür hinter dem Lehrertisch auf – James wollte seinen Augen nicht trauen!

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„Buongiorno, meine Freunde!“, platzte es mit ausgebreiteten Armen und rollendem „R“ ihrem alten Schulleiter da dazwischen.

Remus’ Brauen verschmolzen beinah mit seinem Haaransatz. Er glaubte einfach nicht, was er da sah. Wen er da sah.
 

„Arrivederci! Wir bestimmt nicht haben gesehen letztes Mal …“
 

Das war es also, was er gemeint hatte …

„Was. Tut. Der. Denn. Hier?!“, stieß es als Reaktion sogleich aus Krone hervor.

Mit stechenden Augen hatte er das Lehrerpodium ins Visier genommen, auf dem ein braunhaariger Lockenkopf stand und breit grinste. Ein gefährlicher Hauch vom heutigen Nachmittag schien von seinem Freund urplötzlich wieder Besitz zu ergreifen.

„Ah ja“, schmunzelte der weißbärtige Zauberer neben dem Lockenkopf, „und jetzt hoffe ich doch, euch auch noch den letzten Kandidaten unseres Projektes vorstellen zu dürfen“, er und der Fremde tauschten einen amüsierten Blick aus, „Professor Figaro Garibaldi!“

Viele lachten und kicherten über diesen stürmischen Lehreranwärter, während fröhlicher Applaus für den letzten Kandidaten erklang. Manche Mädchen am Hufflepuff-Tisch, allen voran Venice Lithon – nicht unbedingt gerade eine der hellsten Persönlichkeiten in Hogwarts Remus’ stillschweigender Meinung nach –, sah er gar allzu offensichtlich mit dem Finger auf den jungen Mann deuten und laut losgiggeln.

Irgendwie schien von Figaro Garibaldi von Natur her eine gute Stimmung auszugehen, als hätte er die Sonne seiner warmen Heimat gleich mitgebracht ins sonst regnerische Schottland.

Es knirschte mit den Zähnen.

Aber anscheinend nicht für James Potter.

Nicht verwunderlich, schließlich war dieser Mann da oben der seltsame Italiener, der ihnen im Drei Besen geholfen hatte – nach Meinung seines Freundes allerdings der, der ihn davon abgehalten hat, Brian Peterson „die Meinung zu sagen“. Oder schlimmeres.

So was Ähnliches musste dem schwarzhaarigen Quidditchkapitän wohl gerade durch den Kopf gehen. Die herausfordernden Blicke, die er ununterbrochen zum Lehrertisch sandte, sprachen jedenfalls für sich.

Tatze daneben wirkte nicht minder fröhlich. Nachdem Dumbledore das Thema angeschnitten hatte, würde es wahrscheinlich auch noch einiges brauchen, damit er wieder von seinem derzeitigen Höllenstimmungs-Trip wieder runter kam.

Sirius Black sprach selber nie von seiner Familie – es sei denn in abfälligen Scherzen –, und man erinnerte ihn auch besser nicht daran, dass er eine hatte.

Wurmschwanz nagte derweil, nervös über dieses Verhalten seiner Freunde, seine Nägel ab und beäugte sie abwechselnd kritisch. Vermutlich überlegte er, ob es eine gute Idee wäre, jetzt etwas zu sagen. Remus gab allerdings zu verstehen, dass das Beste im Moment war, einfach zu schweigen und die beiden Scherzkönige ihre schlechte Laune mit sich selbst aushadern zu lassen.

Krone würde zwar ganz gewiss reden, aber einen halbstündigen Vortrag über „den da oben“ wollte sich Remus hier mitten in der großen Halle dann doch lieber ersparen.

Und Tatze … nun ja, seine „fröhlichen“ Launen hatten fast schon einen so legendären Ruf hier auf Hogwarts wie sein unabwehrbarer Black’scher Charme. Beides hatte tödliche Wirkung. Das eine auf den Mut (und manchmal die physische Gesundheit), das andere auf weibliche Gehirne.

Also ignorierte Remus das Treiben seiner Freunde mal zur Abwechslung und schob all seine Sorgen beiseite, um stattdessen Dumbledore andächtig lauschen zu können.

Erklärt hatte ihr Schulleiter bereits, welche Aufgaben den Jung-Lehrern zufallen würden, nämlich dass sie ab jetzt die Doppelstunden zur Hospitation nutzen würden, um dazu zu lernen und die jeweiligen Einzelstunden sogar wahlweise für eigenen Unterricht zur Verfügung ständen.

Zum Abschluss seines Vortrags ging Dumbledore nun noch dazu über, die einzelnen Fächerwahlen der Frauen und Männer auf der Bühne bekannt zu geben.

„Miss Mailin Li wird euch demnächst in Zaubertränke und Astronomie hilfreich zur Hand gehen.“

Die Asiatin trat vor und verbeugte sich auf typisch chinesische Höflichkeits-Art, ein freundliches Lächeln auf ihren Lippen.

Ihr Zaubertränkelehrer, schwerst’ begeistert, klatschte so heftig in die Hände, wie es sein dicker Bauch eben zu ließ, während Professor Starr, ihr bisheriger Astronomielehrer, nur verhalten applaudierte. Das könnte allerdings daran liegen, weil er Dumbeldores Bekanntgabe gar nicht mitbekommen hatte. Der Mann wurde von Jahr zu Jahr immer tauber.

„Mr Ludo Bagman“, augenblicklich schien Krone wieder sein altes hibbeliges Selbst zu sein, „begleitet euch in Muggelkunde und in den Flugstunden“, und James Potter ließ den Kopf etwas hängen.

„Aber zu den Spielen wird er kommen. Er muss unbedingt kommen!“, hörte Remus ihn leise vor sich hinflüstern.

„Des Weiteren gibt Professor Grubbly Pflege magischer Geschöpfe und Signor Garibaldi“, erneutes Kichern, als angesprochener Italiener fröhlich durch die Gegend winkte, „Verteidigung gegen die dunklen Künste.“

„Nein!“, platzte es aus James Potter laut genug hervor, dass es für einen scharfen Blick ihrer immer noch verstimmten Hauslehrerin reichte.

Remus dagegen war einfach mal wieder baff, wie ihr Schulleiter das hingedeichselt hatte.

>Dieser Mann ist schlichtweg unglaublich!<, schoss es ihm durch den Kopf.

Erneut hatte er eine völlige Katastrophe in eine gute Sache verwandeln können.

Krone neben ihm, sah das wohl leicht anders:

„Habt ihr das gesehen?! Dieser dämliche Peterson-Sympathisant hat mir gerade zugezwinkert! Was fällt dem ein, sehe ich etwa schwul aus?!“

Remus sagte nichts daraufhin, sondern schüttelte – wie in so vielen Lebenssituationen zuvor – innerlich seinen Kopf.

„Ich bin mir sicher“, fuhr ihr Schulleiter anschließend fort, „dass alle Kandidaten würdige Anwärter sind und außerdem eine … Erleichterung für meine gestressten Kollegen sein werden.“

Verhaltenes Lachen machte selbst vor dem Lehrertisch nicht halt, denn niemandem war Dumbledores winzig kleiner Seitenblick zu einer bestimmten Person entgangen. Nur Chadna – die verträumt hinlächelnd schon den ganzen Abend so dasaß – kriegte rein gar nichts mit.

Remus studierte nochmals eindringlich das Erscheinungsbild ihres neuen italienischen Lehrers und hatte keinen Zweifel, dass er besser war, als das, was sie bisher hatten – was ja auch nicht ein sonderliches Kunststück darstellte. Nur irgendwie konnte er sich trotzdem nicht so recht vorstellen, dass dieser grinsende Ausländer dort neben Dumbeldore wirklich viel in Sachen Verteidigung drauf hatte. Er sah einfach nicht danach aus.

„Der erste Eindruck kann täuschen, Remus!“, erinnerte ihn seine innere Stimme. „Vergiss nicht, dass er es war, der Krone aufgehalten hat …“

Ja, er sollte wirklich abwarten, was der erste Unterricht bringen würde. Remus versuchte, mit positivem Blick den Freitag abzuwarten. Dann hätten sie ihre erste Einzelstunde bei Garibaldi.

Sobald Dumbledore die letzten Worte ausgesprochen und sie alle ins Bett verabschiedet hatte, erhob sich Tatze mit einer eleganten Bewegung so schnell, dass keiner überhaupt in der Lage war, ihm noch etwas hinterher zu brüllen. Anscheinend bedurfte er erneut eines kleinen Auslaufs.

Remus versuchte nicht über die Ironie seiner gedanklichen Formulierung nachzudenken.

Krone blickte seinem bestem Freund kurz, beinah schon besorgt nach. Die eigene Wut schien, mit Garibaldis Verschwinden aus seinem Blickwinkel, bereits wieder verpufft zu sein.

Krone war eben nicht Tatze.

Beide mochten gewaltig austicken können, aber es war Sirius Black, dem man in diesem Zustand nicht zu nahe kommen wollte. Er explodierte leichter und häufiger und dieser Vulkan brauchte noch länger, um wieder abzukühlen, wo hingegen sein bester Freund äußerst selten seinen überoptimistischen Zustand verließ.

„Ok, das erleichtert schon mal etwas“, meinte ebengenannter Optimist schließlich, und die drei übrig gebliebenen Rumtreiber steckten über dem leerer werdenden Tisch die Köpfe zusammen. „Projekt „Mitternachtssnack“ kannst du damit von der Liste streichen, Wurmschwanz …“
 

~*~*~*~
 

Mels Schritte führten sie den langen Weg zum Gemeinschaftsraum zurück. Sie war gerade noch mal in der Bibliothek gewesen, bis Madam Pince sie leicht nervös raus beordert hatte. Der alte Geier – obwohl sie wahrscheinlich nur halb so viele Jahre zählte, wie sie in ihrem grauen Strickpullöverchen den Anschein gab – hatte immer noch Ehrfurcht vor ihr und das war auch besser so. Es machte ihr und der Bibliothekarin weniger Probleme.

Unter dem Arm geklemmt, trug Mel zwei dicke Bücher. Das eine würde sie heute Abend auch unter Garantie direkt noch anfangen zu lesen, das andere würde ihm morgen folgen.

Sie durfte nicht aus der Übung kommen!

Zu viel Zeit war bereits heute vertrödelt worden, und schließlich würde der morgige Tag wieder einmal den Anfang eines neuen Monats mit sich bringen …

Und nichts würde sie abhalten – auch nicht ihr „Problem“.

Mel atmete etwas lauter als nötig aus.

Noch war ihre Wut nicht ganz verklungen …

Ein bisschen frische Luft schnappen an ihrem Lieblingsplatz und das Beschäftigen mit Büchern hatte allerdings für Abhilfe gesorgt. Ihre Gedanken waren jetzt wieder klarer. Geordneter. Nicht mit Emotionen überladen. Sie hatte die Entscheidung getroffen, sich jetzt nicht länger mehr damit auseinandersetzten zu wollen. Genug hatte sie es bereits von allen Seiten beleuchtet und die möglichen Konsequenzen abgewogen.

Es würde sich nichts ändern.

Höchstens ein bisschen …

>Schluss<, beendete Mel rigide jede potentiell neu aufkeimende Diskussion.

Sie hatte in den letzten Stunden schon genug geführt.

Die Gryffindor drückte ihre Bücher ein wenig fester an sich und versuchte, sich deren genaueren Inhalt ins Gedächtnis zu rufen. Ein Plan, der normalerweise immer funktionierte, wenn sie sich ablenken wollte. Doch wie sie so entlang schritt, kam ihr da stattdessen plötzlich Potter in den Sinn.

>Stopp! Potter? Wie kommt der denn bitteschön in meinen Kopf?!<

Mel gab sich ärgerlich jede Mühe, den Gedanken an sein Gesicht zu vertreiben, aber er piekte sie weiter.

>Wieso nur … ach ja!<

Mel zog eine Grimasse.

Potter hatte heute morgen, zwischen seinem schwachsinnigen Motivations-Geschwafel (das bei ihr ähnlich energiereiche Wirkung verursachte wie Professor Binns Vorträge über Gwendolin den Grantigen und die Koboldverträge von anno 1347), gesagt, dass er abends noch die Hilfe des gesamten Quidditchteams bräuchte, für „unglaublich wichtige Angelegenheiten“.

Mel zuckte die Schultern.

Dann hatte sie das – Hoppla! – leider, leider eben vergessen.

Zu dumm auch!

Sollte Potter doch die anderen vier Idioten als Butterbierlieferanten missbrauchen. Sie würde bestimmt keine einzige Geburtstagsgirlande für Black aufhängen. Denn seine unglaublich wichtigen Angelegenheiten hatte sie schnell durchschaut – oder besser gesagt, für sich selbst übersetzt gehabt: Ich schmeiß eine Party für meinen besten Kumpel und weil ich zu faul bin, alles selber auf die Beine zu stellen, befehle ich euch als euer Teamcaptain, mir wie Sklaven zu dienen!

>Ohne mich!<

Ihr werter Teamchef hatte sie heute nun wirklich bereits genug erpresst – das lag unter ihrer Würde, so wie Black unter ihrer Würde lag.

Mel verlangsamte ihre Schritte.

Eigentlich gab es ja dann keinen Grund sich unnötig zu beeilen, vielleicht sollte sie sich gar noch woanders eine Auszeit gönnen?

Potter konnte hyperaktiv, aufgedreht nämlich äußerst beängstigende Züge annehmen …

Gesagt, getan.

Ein leeres Klassenzimmer, das auf ihren bloßen Gedanken hin, zu ihrer Rechten aufzutauchen schien, war Mel Antwort genug.

So ließ sich die Gryffindor auf dem erstbesten Stuhl neben der Tür nieder, schlug ihr Buch auf und sah einem friedlichen Abend entgegen – ohne Potter. Und ohne Black.
 

~*~*~*~
 

„… und hast du-“

„Ja, James.“

„Aber diese andere Sache …“

„Geht klar.“

„Bist du sicher, dass-“

„Alles easy, Mann!“, lachte der Junge mit den weizenblonden Haaren und klopfte James Potter auf die Schulter. „Das wird schon schief gehen!“

James’ Gesichtsausdruck fiel schlagartig.

Chris Young lachte erneut laut auf:

„Muggelspruch, ’tschuldige! Soll heißen, dass alles glatt gehen wird.“

Die Miene des Schwarzhaarigen hellte sich wieder auf, dafür kratzte er sich nun nachdenklich am Kopf:

„Muggel sind echt merkwürdig. Warum erfinden die Sprüche, die genau das Gegenteil besagen?“

Chris schüttelte nur schmunzelnd seinen Kopf und sich wieder den Instrumenten zuwendend, ließ er James Potter ohne eine Antwort einfach stehen.

„Wenn du dieses Geheimnis hättest lüften wollen, hättest du Muggelkunde belegen müssen“, antwortete ein hinter seinem Rücken erscheinender Moony ihm stattdessen.

„Oder jemanden fragen, der es wissen muss …“, murmelte der Quidditchkapitän als er etwas Rotes aus den Augenwinkeln erspähte.

„James, es wäre besser-“, aber Angesprochener achtete schon gar nicht mehr auf seinen Freund.

Tatzes Vorschlag war in diesem Moment ebenfalls äußerst schnell vergessen …

„He, Evans!“, rief er der rothaarigen Gryffindor enthusiastisch hinterher, die sich gerade auf den Weg zu den Mädchenschlafsälen machte.

Doch sie reagierte nicht, als wenn sie ihn gar nicht bemerkt hätte. Also wiederholte James sein Rufen. Jedes Mal etwas lauter.

„EVANS, ich will dich, was fragen!“

Nur ein kurzes Zucken über seine Lautstärke verriet überhaupt, dass sie anscheinend doch Ohren hatte, mit denen sie ihn durchaus hören konnte.

„Ach, Remus“, drehte sich das schöne rothaarige Mädchen da plötzlich um.

Es war überdeutlich, dass sie ihn nicht ansah.

„Ja, Lily?“, sagte sein Freund, während er damit beschäftigt war, Chris und seinen Jungs beim Aufbauen zu zusehen.

„Denk bitte daran, dass ich bis zwölf gesagt habe. Die übrigen Vertrauensschüler mögen das vielleicht anders sehen, aber da ihr eigentlich keine Genehmigung von Professsor McGonagall hierfür habt-“

„Bis zwölf?“, schaltete sich James ein, als er endlich verstand, worum es ging. „Welcher Blödmann feiert eine Party bis zwölf?!“

Ein nicht mal Sekunden dauerndes, missbilligendes Blinzeln war alles, was James erhielt, dann redete sie ungestört weiter, als hätte er überhaupt nichts gesagt.

„Ich hoffe, wir verstehen uns, Remus. Ich will euch nicht eure Feier kaputt machen, in dem ich sie abbrechen muss, aber als Vertrauensschüler haben wir nun mal Verantwortung zu tragen“, endete sie im vorbildlichen Tonfall.

„Natürlich, Lily“, gab sein Freund als knappe Antwort.

Evans schien kurz über etwas irritiert, denn ihr Blick ruhte noch etwas auf seinem Freund, dann verschwand sie aber die Treppe hinauf.

„Was war das denn?“, fragte James laut.

Moony fixierte ihn mit gerunzelter Stirn:

„Was war, was?“

„Sie hat mich völlig ignoriert!“, empörte sich James in selbstverständlicher Weise.

Es war ja schließlich kaum zu übersehen gewesen, dass Lily Evans ihn, James Edward Potter, kaum einmal angesehen hatte!

Der Braunhaarige schüttelte nur seinen Kopf. James wunderte sich, was sein Freund jetzt wieder besser wusste als er.

„James!“

Es musste ja arg schlimm sein, wenn Moony ihn gar so nannte.

„Wie kannst du erwarten, dass sie sich nach heute Nachmittag noch normal dir gegenüber benimmt? Sie hat dich sogar vorgewarnt, aber du wolltest auf niemanden hören!“

James Potter machte große Augen:

„Hat sie das etwa ernst gemeint?“

Sein Freund wirkte seltsamerweise irgendwie verzweifelt auf seine Nachfrage.

„Komm schon, Moony!“, er legte ihm grinsend den Arm um die Schulter. „Evans hat bestimmt nur ihre Tage und ist deswegen heute etwas merkwürdig drauf. Das ist doch auch die Erklärung wie sie mit diesem Peterson ausgehen konnte!“

Egal wie viel sein Freund noch den Kopf schüttelte in den nächsten Minuten, James blieb bei seinem unbesiegbaren Optimismus. Und nur für den Fall der Fälle könnte er Tatzes Plan ja trotzdem weiterhin verfolgen. Er hatte seine angenehmen Seiten …
 

~*~*~*~
 

Sirius folgte entspannt dem Weg zum Turm zurück. Er war jetzt in einer viel besseren Stimmung als noch zuvor, was ja einzig und allein Dumbledores Schuld war. Der alte Mann mit seinem dummen kryptischen Geschwafel und seinem ständigen ich-weiß-was-was-du-nicht-weißt-Blick trieben ihn ein manches Mal zur Weißglut.

Ein Glück, dass es da Geschöpfe wie Mary Heart gab. Mit ihrer fürsorglichen Art und ihrem eisernen Bemühen um ihn und seine Laune, hatte sie ihn gerade ehrlich erheitert. Durchs halbe Schloss war sie ihm angeblich gefolgt, nur weil sie besorgt wegen seines Zustands gewesen sei. Wirklich niedlich … und hübsch. Da tat es ihm ja richtig Leid, ihr zuvor so wenig Aufmerksamkeit geschenkt zu haben. Dabei hatten seine „Erkundungstouren“ doch gerade so einiges ahnen lassen, ganz zu schweigen davon, dass sie eine ausgezeichnete Küsserin war …

Nachher hatte sie ihn gefragt, ob sie jetzt zusammen wären. Er hatte ihr keine Antwort gegeben, sie lieber noch mal geküsst und war dann blitzschnell verschwunden. Dennoch waren diese treuen blauen Augen nicht zu verachten, richtig gehend verführerisch wirkten sie. Erneut daten würde er sie auf jeden Fall – schließlich hatte er ja auch noch nicht seinen „richtigen“ Spaß mit ihr gehabt – doch Sirius war the ladiesman. Eine Freundin kam für ihn nicht in Frage. Er nahm sie sich nur, wenn er gerade in Stimmung dazu war – und das war er momentan eindeutig nicht.

Also würde er mal sehen, was der Tag noch an schönen Überraschungen so mit sich bringen würde …

Sirius grinste in sich hinein.

Oh, er war sich so sicher, dass Krone noch etwas Bombastisches geplant hatte!

Er kannte ihn einfach.

Das vorhin konnte jedenfalls bei Weitem noch nicht alles gewesen sein!

Als Sirius an eine kleine Weggabelung kam, bemerkte der Black-Spross so in Gedanken versunken darüber, was James Potter womöglich ausgeheckt haben könnte, nicht die andere Überraschung, die schon auf ihn wartete. Eine, der besonders bösen Art.

„Nein, was für ein Zufall! Guten Abend, Cousin!“

Ohne nachzudenken griff Sirius beim ersten Klang dieser Stimme sofort nach seinem Zauberstab, als Strafe für seine Unachtsamkeit wurde ihm seine Waffe jedoch alsgleich entzogen.

„Schön still halten!“, beorderte die schrille Stimme von Bellatrix Black.

Sirius dachte ja nicht dran. Aber bereits die erste kleine Regung wurde mit einem bedrohlichen Schockzauber, knapp nur an seinem linken Bein vorbeigehend, bestraft.

Aus dem Schatten des Ganges vor ihm, aus dem der Zauber hervorging, trat Bellas treues, höriges Schoßhündchen: Rudolphus Lestrange. Ein dumpfer Gesichtsausdruck lag auf seinen dunklen Zügen. Manchmal fragte Sirius sich, ob der Junge überhaupt in der Lage war, einen Gedanken selber zu denken. Aber vermutlich übernahm Bella auch das.

„Sieht aus, als wäre Sirilein diesmal in der Falle und kein Pottie-Boy weit und breit, um ihn wieder rauszuschlagen“, die schwarzhaarige Slytherin zog eine Schnute.

Sie hatte die schreckliche Angewohnheit alle ihre Opfer wie kleine, hilflose Kinder anzureden. Eine Eigenart, die Sirius inständig hoffen ließ, dass dieses verrückte Weib niemals Mutter werden würde.

Seine Pupillen wanderten rasch hin und her auf der Suche nach dem letzten Angreifer. Slytherins griffen niemals unter der Anzahl von drei an, dafür waren sie zu feige … und zu schlecht. Seine Vermutung wurde – wie gerufen – mit hervortreten der letzten Person bestätigt.

„Bella, wir sind hier, um eine Botschaft zu übermitteln, wenn ich dich erinnern darf.“

„Du darfst nicht!“, zischte sie. „Ich bin die Ältere, also habe ich auch das Sagen, verstanden?!“

Der schmale Junge gab ein folgsames Nicken und schwieg.

Sirius fixierte seine Silhouette eine Spur düsterer mit seinen grauen Augen.

Der junge Slytherin hatte auffällig viele Ähnlichkeiten mit ihm, darunter auch der Name.

Black.

Regulus Black.

„Guten Abend auch, Brüderchen!“
 

~*~*~*~
 

Mel horchte auf. Was waren das für Geräusche?

Der Inhalt von „Angriff ist die beste Verteidigung – über die hohe Kunst des Duellierens“ kümmerte die blonde Gryffindor auf einmal nur noch wenig.

Woher kam dieser Krach?

Mit schnellen, leisen Schritten war Mel bei der Tür angelangt und lauschte.

Stimmen.

Aber allem Anschein nach war es nicht laut genug, um etwas oder jemanden deutlich heraus zu hören. Mel warf einen Blick zurück auf ihr aufgeschlagenes Buch.

Und … interessierte sie das?

>Vermutlich nur irgendein knutschendes Pärchen … vielleicht hat Black ein neues Spielzeug gefunden …<

Das hatte sie nicht zu interessieren.

Die Echos von draußen erklangen weiter.

Mels Neugier widersprach kurzerhand ihrer inneren Stimme, in dem sie schlichtweg ihre Hand die Tür einen Spalt breit öffnen ließ.

Nun konnten die Laute zumindest ungehindert zu ihr vordringen, und wenn sie auch nichts verstand, zweifelsfrei identifizieren konnte sie eine Stimme dennoch.

Bellatrix Black.

Die Gryffindor entschied umgehend, dass sie das doch interessierte.

Vorsichtig, darauf bedacht kein Geräusch zu verursachen, pirschte sie sich näher heran, den Körper fest gegen die kühle Steinmauer gepresst. Hinter einem alten Schrank, der höchstwahrscheinlich aus puren Nostalgiegründen noch hier stand, fand sie Schutz – und eine gute Möglichkeit die Lage unbemerkt zu erspähen.

Ein Blick genügte und Mel war die gesamte Situation klar …

Die Gryffindor wandte ihren Kopf ab.

… klar genug, um zu wissen, dass sie das doch nicht zu interessieren hatte.

Ein ungeliebter Intimfeind war nämlich tatsächlich Mitverantwortlicher des störenden Krachs, allerdings hatte er kein neues Spielzeug gefunden – er war das Spielzeug.

Sirius Black war der Name von Bellatrix Blacks neustem Opfer. Vermutlich eine kleine Vergeltungsaktion der Rachegöttin für seinen „netten“ Scherz.

Die Gryffindor konnte ein schwaches Grinsen nicht unterdrücken, als sie an Bellatrix’ schönes Eidotter-Gesicht zurückdachte. Es hatte sie ja so viel besser aussehen lassen …

„Trotzdem, das ist nicht dein Butterbier!“, flüsterte ihre innere Stimme ihr energisch zu. „Er hat sich die Sache selber eingebrockt, jetzt muss er sie auch selber ausbaden, wenn er meint, damit so offensichtlich rumprahlen zu müssen.“

… außerdem konnte es ihr ja nur Recht sein, wenn er mal was auf sein eitles Köpfchen bekam. Vielleicht würde es ihm eine Lehre sein.

>Jeder bekommt, was er verdient!<, erinnerte sich Mel an ein Sprichwort, das sie gern gebrauchte.

Und so auch eben der große Sirius Black.

Mel warf einen eigentlich letztgeglaubten Blick auf Black hinter dem Schrank hervor, doch in diesem Moment konnte Melody Roberts sich nicht davor bewahren, etwas anderes als gönnerhafte Schadenfreude gegenüber dem ihr verhassten Jungen an der Mauer zu spüren.

Ausgeliefert.

Wehrlos.

Schwach.

Hilflos.

Mel haute ihren Schädel mit einem leisen dumpfen Schlag gegen die Schrankwand und atmete wütend aus.

>Scheiße!<, war das einzige, was sie dachte.
 

~*~*~*~
 

Regulus’ Brauen fuhren zusammen und seine Augen betrachteten ihn mit dieser einen arroganten Kälte, die so typisch war für Blacks. Es war der Ausdruck, den ihm fast alle Mitglieder seiner ehrenwerten Familie pausenlos zukommen ließen.

„Was? Hat’s dir die Sprache verschlagen, oder muss unsere liebe Cousine dir erst eine Redeerlaubnis erteilen?“, hakte Sirius nach, das Black-Spiel erwidernd und sich der familiären Überheblichkeit beim Sprechen bedienend.
 

„Ein Black ist allen überlegen, weil er einfach besser ist. Merk dir das, Sirius!“, echote die Stimme Walpurga Blacks in seinem Kopf.
 

Wie oft er diese zwei Sätze bereits in seinem Leben zu hören bekommen hatte, konnte er nicht mehr sagen. Aber „verdammt oft“ fing es ganz gut ein, dachte Sirius.

Bella gab ein unzufriedenes Geräusch von sich und wirkte so, als ob sie ihm auf ihre eigene Medizin eine weitere ihrer endlosen Drohungen entgegenbringen wollte, und Rudolphus wartete wie ein braves Hündchen auf das Kommando zum Angriff.

„Nicht doch“, Regulus gab mit einer Gestik zu verstehen, dass Bella und Lestrange sich abregen sollten. „Es ist eben so, Bruder“, Sirius gefiel es nicht, mit welcher Abneigung in der Stimme er das Wort hervorbrachte, „dass ich es vorziehe, nicht mehr als nötig mit solch familiärem Abschaum wie dir zu kommunizieren. Du hast oft genug bewiesen, dass du kein wahrer Black bist.“

„Ah, und wie ich sehe hast du Mummys Hausaufgaben dafür brav erledigt.“

Sirius mochte von drei bewaffneten Slytherins umgeben sein, während er zauberstablos zwischen ihnen stand, ach was, Bella könnte ihr das Ding in den Hals bohren, Sirius würde seinen Mund nicht halten. Er ließ sich partout nicht einschüchtern. Nicht hier, nicht Zuhause in Hogwarts.

„Sie wird sicher wieder ungemein stolz sein, dass du ihre Blut-Floskeln alle bereits so schön auswendig nachplappern kannst – wie ein wahrer Black!“

„Du Missgeburt!“, kreischte Bella schrill.

Sirius spürte einen plötzlichen Schmerz seinen Körper durchfahren. Es erinnert ihn an den, den er bekommen hatte, als er im Muggelkundeunterricht ein bisschen zu fahrlässig mit Peter an diesen Steckbüchsendingern rumgebastelt hatte.

Nur mehrere Male so stark.

Über Sirius’ Lippen kam kein Laut der Klage.

Einerseits, weil er zu stolz war, um Bella dieses Vergnügen zu gönnen, andererseits war Sirius abgehärtet. Er hatte Schlimmeres erlebt.

„Immerhin hat unsere Mutter einen Sohn, auf den sie stolz sein kann.“

Regulus sprach die gesamte Zeit gedämpfter als Bella – Rudolphus sprach überhaupt nicht, grunzte allerhöchstens – als fürchtete er unliebsame Mithörer. Seine stille Wut, über die Unbiegsamkeit des missratenen Bruders, war für Sirius trotzdem kein Stück zu überhören.

„Du bringst schon genug Schande über uns alle.“

Und es entzündete in ihm nur noch mehr Zorn, als es diese vertrackte Situation ohnehin bereits tat.

„Da gibt es nichts mehr, über dass ich Schande bringen könnte!“

„Ich an deiner Stelle würde mich vorsehen, Sirius!“, für einen Moment klang Regulus’ Stimme so eindringlich, dass er fast den Eindruck hatte, sein Bruder würde ihn bitten. Als wenn er sich Sorgen um sein Wohlergehen machte.

Lächerlich! Regulus Arcturus Black scherte das Dasein seines älteren Bruders seit Jahren nur soweit, als dass er um den ehrwürdigen Ruf des Hauses Black besorgt war.

„Du bist nämlich nicht der einzige, der heute Morgen Post erhalten hat.“

Sirius wusste sehr wohl, worauf Regulus mit seinem Blick anspielte, aber er versagte es sich, länger als nötig darüber nachzudenken.

„Dad hat mir einen Brief zukommen lassen. Er ist nicht … glücklich über die derzeitigen Zustände in unserer Familie – über dich. Ich glaube nicht, dass er dein bisheriges Verhalten sehr viel länger dulden wird, Sirius“, fügte Regulus ohne großartige Gefühlsregung hinzu, als würde er mit einem sehr langweiligen Vortrag abschließen.

In Bellatrix’ Augen leuchtete hingegen das gierige Glimmen auf. Selbst Rudolphus grinste hinterhältig (auch wenn er vermutlich nicht wusste warum, aber die Hauptsache war ja, Bella zu folgen).

„Irre ich mich oder ist unser kleiner Sirilein gerade etwas blasser geworden?“, seine Cousine zeigte ihr schrecklichstes blutrotes Lächeln.

Regulus hielt seinen kühlen Ausdruck.

Wie Sirius es hasste.

Er wünschte, dass Regulus ihn genauso hinterhältig grinsend ansehen würde. Aber so … war er genauso. Sie wurden einander immer ähnlicher.

„Hat da jemand Angst vor Daddy?“, Bellatrix klimperte höhnisch mit den Wimpern.

Dieses Weib musste instinktiv jede Möglichkeit spüren, um Angst und Intrige zu verbreiten, so wie ein Vampir Blut roch.

„Dass du alles andere als Angst ihm gegenüber verspürst, ist mir seit letztem Sommer klar, liebste Bella.“

Sirius fand zu seiner alten Stärke zurück, als es nun an Bella war, endgültig das Gesicht zu verlieren. Und aller scharfen Warnung in Regulus’ Augen zum Trotz, er hatte sich noch nie den Mund verbieten lassen. Einmal angefangen, konnte Sirius gar nicht aufhören, bevor alles gesagt war.
 

~*~*~*~
 

Mel hatte die Situation die ganze Zeit mitverfolgt, während sie innerlich mit sich selbst haderte.

Sollte sie eingreifen – oder Black seinem Schicksal überlassen.

„Es ist Black!“, begann die eine Seite sogleich mit einem guten Argument.

>Aber er ist auch ein Gryffindor!<, erwiderte die Gegenpartei, an ihren Slytherin-Hass appellierend.

„Er würde dich auch getrost hängen lassen und sich stattdessen in der Küche einen Snack besorgen!“

>Das kannst du nicht genau wissen …<

„Doch! Black ist ein purer Egoist, der es außerdem nicht anders verdient. Er leistet sich selber auch immer genug …“

>Aber das verdient niemand! Von einem Slytherin so hinterhältig in die Mangel genommen zu werden, ohne eine Chance auf Gegenwehr.<

„Es ist ja nicht so, als ob ihn das bei seinen Opfern stören würde, wenn ihnen aus dem Nichts plötzlich Tentakel im Gesicht wachsen.“

>Das kann man mit der derzeitigen Situation wohl kaum vergleichen!<

„Oh doch!“, blieb es auf der anderen Seite mächtig stur.

>Es ist Bellatrix Black, die ihn bedroht!<, versuchte die Pro-Black-Partei, auf einen anderen Punkt auszuweichen.

„Das ändert nichts an der Tatsache, dass er nahezu genauso verabscheuungswürdig ist wie seine Verwandte! Das einzige, was ihn aufwertet, ist sein Status als Gryffindor.“

Und so ging das die ganze Zeit zwischen den Stimmen in Mels Kopf hin und her. Sie konnte nicht mal sagen, wer da mit wem argumentierte. Ihr Bewusstsein mit ihrem Gewissen oder vielleicht ihr Stolz mit dem Mitleid. Fest stand nur, dass es nach wie vor unentschieden stand … und dass es Mel einfach unmöglich war sich leise fort zu schleichen. Etwas band sie hier.

Während ihr Kopf seinen ganz eigenen Kampf austrug, beobachtete Mel weiterhin das Treiben vorne. Bis jetzt war es erstaunlich ruhig geblieben. Nur einmal hatte Lestrange einen Zauber auf Black losgehen lassen. Anscheinend wurde er ihnen da zu aufmüpfig. Die Formel hatte sie nicht verstanden, aber schlimmes konnte es nichts gewesen sein. Black hatte nicht mal gezuckt.

Die meiste Zeit demütigten sie ihn mit Worten. Allerdings mit mäßigem Erfolg. Blacks Erwiderungen regten Bella mehr auf, als dass sie selber schadenfroh sein konnte.

Erst als das Thema auf Blacks Vater fiel, wurde der gehässige Gryffindor so merklich blasser, dass Mel verwundert darüber sogar eine Augenbraue hob.

Was war es mit Sirius Black und seinem Vater?

Ein schwaches Bild tauchte vor Mels geistigem Auge auf, doch sie steckte es rasch wieder weg. Sie hatte sich heute bereits genug erinnert, noch so einen Zwischenfall wie heute Nachmittag konnte und wollte sie nicht riskieren.

Aber das kurze Bild hatte gereicht, um ein einzelnes Wort wieder hervorzubringen, das sie mit dem Mann verband, den sie an ihrem ersten Schultag das einzigste Mal in ihrem Leben gesehen hatte.

Abgrund.

Das war das Wort gewesen, das Mel durch den Kopf geschossen war, als sich ihre Augen, mit den so unheimlich schwarzen von Sirius Blacks Vater getroffen hatten. Es war vielleicht nicht einmal eine Sekunde gewesen, ein bloßes zufälliges Streifen ihres Gesichts wie mit dem Rest der Umgebung, doch in dieser Winzigkeit der Zeit hatte Mel das Gefühl gehabt zu fallen. In einen schwarzen, kalten Abgrund ohne Ende.

>Ob Black tatsächlich Angst hat vor seinem Vater?<

Und wenn ja … was dann? … könnte sie es ihm verdenken …?

„Dass du alles andere als Angst ihm gegenüber verspürst, ist mir seit letztem Sommer klar, liebste Bella.“

Zwischen Mels Brauen bildete sich eine kleine, nachdenkliche Falte.

Sie konnte ihm nicht ganz folgen … Worauf spielte Black da an?

„Ist doch egal. Der Kommentar war jedenfalls eindeutig nicht zum Vorteil seiner Gesundheit“, meinte die eine Stimme in ihr unbekümmert, ja richtig hämisch.

Wie sie Bella so ansah, hatte sie allerdings eindeutig Recht. Und Black – dumm und großklappig wie eh und je – machte nicht den Anschein, hier schon fertig zu sein.

„Wir sollten wirklich mal die Decken renovieren, findest du nicht auch, teuerste Cousine?“, statuierte Black ein Exempel an größtmöglicher Ironie, gepaart mit einem arroganten Grinsen, das es in sich hatte.

Mut hatte er ja. Das würden sich wohl nur wenige gegenüber Bellatrix Black trauen, besonders, wenn sie in gleicher Situation wären.

„Mut?“, schnaubte da Stimme Nr.1. „Das ist kein Mut, das ist Idiotentum! Er hat die Schlinge um seinen eigenen Hals zugezogen, der Trottel! Jetzt hält Bellatrix nichts mehr …“

>… und er ist ihr ausgeliefert. Ihr wehrloses Opfer. Und wenn du nichts tust, wird er hilflos bleiben.<

Mel biss die Zähne zusammen.

„Na schön!“, ergab sie sich und trat, ohne noch einen weiteren Gedanken zu zögern, hinter dem Schrank hervor. Von einem befremdlichen Drang erfasst, Black aus der Patsche zu helfen, griff Mel nach ihrem Zauberstab – aber bevor der Schatten des Ganges ihre Silhouette vollständig freigeben konnte, wurde ihr Vorhaben überflüssig.
 

~*~*~*~
 

„Hoppla! Allora, was haben wir denne hier?“

Sirius – schon innerlich darauf eingestellt gewesen, die gemeinsten Flüche seiner Cousine ohne Sang und Klang über sich ergehen zu lassen – blinzelte leicht irritiert den Flur hinter Bellatrix entlang, die sich soeben wie eine wilde Furie auf ihn stürzen wollte. Die Stimme kannte er doch von irgendwo her …

In den Schein des Lichts direkt über Sirius trat ein großer, schlaksiger Mann mit dunklem, wuscheligem Haar, einer etwas zu großen Nase und funkelnden olivbraunen Augen.

„Ah jahe! Mr Black, wenn nicht irren?“, sprach der Mann ihn begeistert an, als hätten sich soeben zwei lang voneinander getrennte Freunde wieder getroffen.

Wer war …

Da kam Sirius Dumbledores „wundertoller“ Plan wieder in den Sinn, ihnen noch weniger Unterrichtsausfall zu beschaffen und dem er so wenig Aufmerksamkeit wie möglich geschenkt hatte. Nur den einen merkwürdigen Lehrer-Typen hatte auch er nicht völlig ignorieren können. Den komischen Spaghettimann. (Sirius hatte die Angewohnheit oder besser gesagt, die Gabe, sich über Essen alles besser merken zu können.)

Und so fiel ihm auch gleich umso leichter wieder ein, dass der Kerl Italiener war.

Denn merke: Spaghetti = Heimat von Pizza und Eiscreme = das Land mit dem Stiefel-Dingen unten dran. (Sirius’ Logik)

Nur wie hieß er noch gleich …?

Da gab es leider keine Verbindung mit Essen …

Gariboni, oder so?

Sirius wusste es nicht. Namen waren für ihn meist nur Schall und Rauch.

Einzig an das breite Grinsen, das der Mann ihm jetzt gab, konnte er sich noch bestens erinnern. Irgendwas störte ihn nämlich gewaltig daran.

„Und Sieeh“, er sah fröhlich drein blickend zu den drei Slytherins, die für einen Moment scheinbar nicht wussten, wie sie mit der Situation oder dem noch unbekannten Lehrer umgehen sollten, „wollten zum Geburtstage gratulieren? Seien Verwandte, oder?“, er deutete auf ihn und Regulus.

Natürlich war ihre offensichtliche Beziehung zueinander nicht zu übersehen, genau wie leider eine gewisse Ähnlichkeit mit seiner persönlichen Hass-Cousine. Sirius bedauerte diesen Umstand mehr als tief. Es hätte ja immerhin auch Narzissa oder Andromeda sein können, aber nein, deren Gesichter verrieten natürlich weitaus weniger bis gar nicht (Narzissa), dass sie miteinander in einem verwandtschaftlichen Verhältnis standen.

„Natürlich!“, antwortete Bella ihrem neuen Lehrer mit der süßesten, schmeichelhaftesten Stimme, die sie beherrschte.

Manchmal war es unglaublich wie schnell diese Frau zwischen klein-Mädchen-Anschein und Todesfee schalten konnte.

„Beinah hätten wir es vergessen!“, Bella holte die Dramatikerin hervor. „Aber unser guter Cousin hier und seine netten Freunde haben uns ja glücklicherweise noch mal daran erinnert, nicht wahr, Sirilein?“, ihre Lippen lächelten, aber ihre Augen erdolchten ihn.

Sirius grinste schief zurück. Er spielte das Spiel vorerst mit. Was blieb ihm auch anderes übrig? Er war immer noch unbewaffnet und dieser Garandaldi-Typ sah aus, als würde er seiner Cousine alles abkaufen. Selbst wenn sie erzählen würde, sie träfen sich hier jeden Abend zum philosophischen Diskurs.

„Ich weiß immer noch nicht, wie uns das passieren konnte“, wand sich Bella weiter aus der Gefahr wie eine Schlange, „schließlich vergessen Slytherins nie!“

Ihre Worte mochten harmlos klingen, aber ihre Augen sprachen eine eindeutige Sprache. Es war eine Warnung: „Denk ja nicht daran, dass du so einfach davon kommst! Wir vergessen nicht, dass wir noch eine Rechnung offen haben.“

Der Professor klatschte in die Hände, offensichtlich glaubte der Trottel nicht nur diese billige kleine Lüge, sondern war auch noch völlig entzückt von ihr.

„Wie schöne! Bekommen auch immer ganz viele Besuche an compleanno von la famiglia, dass mia mamma ganz sein außer Häuschen!“, er lachte vergnügt auf.

Sirius lächelte halb herzig mit, während die Slytherins nur mit Mühe ihre Abneigung verbergen konnten.

>Bei dem Typen singt ein Hippogreif im Oberstübchen!<

„Das ist ja alles sehr schön“, verkündete Bella ungeduldig, mit einem deutlich gezwungenen Lächeln auf den Lippen, „aber wir müssen jetzt leider gehen. Auf Wiedersehen, Cousin“, Bella drückte ihm unauffällig seinen Zauberstand in die Hand, „wir sehen uns doch hoffentlich bald wieder in diesem großen Schloss?“

„Ach, ich weiß nicht liebste Bella“, gab Sirius mit ebenso unschuldigem Lächeln zurück, „es ist so groß, dass man sich manchmal tagelang nicht begegnen kann. Aber vielleicht komme ich stattdessen mal – mit meinen Freunden – bei dir auf einen spontanen Besuch vorbei, wer weiß?“, fügte Sirius beiläufig hinzu.

Was sprach dagegen, ein bisschen zurückzudrohen?

So viele „Manieren“ hatten man selbst ihm Zuhause beigebracht.

„Wir werden sehen …“, meinte Bella das alte blutrote Lächeln kurz zurück auf ihre Lippen kehrend, bevor sie die beiden Jungs abkommandierte, ihr zu folgen.

Regulus blieb jedoch ungerührt stehen.

„Denk darüber nach, was ich dir gesagt habe, Sirius! Noch … ist es nicht zu spät.“

Sirius starrte seinen Bruder feindselig an, der Spaghettimann war ihm gerade ziemlich egal.

Bevor Regulus sich schließlich umdrehte und mit einer nicht gerade begeistert wartenden Bella verschwand, überraschte ihn sein kleiner Bruder allerdings noch: „Herzlichen Glückwunsch!“ Diese Worte murmelte er so rasch und leise, dass keiner, weder Pizza-Typ noch Bella, sie mitbekam.

Sirius blickte seinem Bruder nach.

Ohne Hass.

Und ohne so recht zu wissen, was er denken sollte.

„So“, holte ihn der Jung-Lehrer zurück aus seiner Irritation, „jetzt wo sein ruhiger, letzter schüschterne Gratulante vielleicht auch wollen herauskommen, ja?“, verkündete der braune Lockenkopf lauthals mit einem eindeutigen Glucksen in der Stimme.

Sirius sah ihn leicht zweifelnd an. Was war los mit seinem Geisteszustand?

Oder war da noch ein Slytherin, der sogar zu feige war sich zu zeigen?

„Ah, na lohsse!“

In blendender Manier marschierte der Italiener auf den Mittelgang, um genauer zu sein, auf einen großen alten Schrank, der dort nutzlos rum stand, zu.

„Schon gut, schon gut!“, rief es urplötzlich wütend dahinter hervor, noch bevor der Wuschelkopf seinen Arm ausstrecken konnte.

Nein, nein, nein! Das konnte nicht sein! Das durfte nicht sein!

>Alles, nur das nicht!<

Aber natürlich musste alles so kommen, wie Sirius es nicht wollte und ins Licht trat …

„Roberts!“

„Black!“

„Ah, Sie sich kennen?“, fragte der Lockenkopf fröhlich.

„Als kennen kann man das nicht bezeichnen. Roberts ist eine Plage, die man nicht mehr loswird“, stellte Sirius klar.

„Charmant wie eh und je, Black!“, die Stimme des blonden Mädchens triefte vor Gehässigkeit. „Du kannst stolz auf dich sein, sechzehn Jahre lang ohne ein Fünkchen Höflichkeit zu leben, schafft nicht jeder.“

„Sagt die Richtige“, knurrte er.

„Erwiderte der Mann ohne Gewissen“, zischte sie zurück.

„Und wie ich sehen sogar sehr mögen!“, er zwinkerte ihnen beiden zu. „Na dann, ich nicht wollen stören weiter Flirterei, aber Sie sollten schnelle entschwinden in ihr Liebestürmchen – seien nach Sperrstunde!“

Sirius starrte ihn mit blanken Entsetzten an:

„Flirterei?“

„Liebestürmchen?“

Roberts sah den Typen an, als hätte er nicht mehr alle Kessel im Schrank … und als würde sie ihn bereits jetzt verabscheuen. Was nicht schwer war, da ihr Menschen generell ja auf die Nerven gingen.

Der Spaghettimann grinste.

„Ich würde freiwillig vom Astronomieturm springen, wenn mein Kopf auch nur einmal so was in Erwägung ziehen würde!“, verkündete Sirius angewidert.

„Oh Black, auf einmal erscheint mir der Gedanke, mit dir zu flirten, furchtbar attraktiv!“, säuselte sie mit falscher Stimme. „Hör auf mir Angebote zu machen, die so verlockend sind!“

„Ich mache keine Angebote, die verlockend sind, ich stelle nur Tatsachen fest“, Sirius Augen bohrten sich hart in ihre. „Mein Leben müsste dann eh schon im Arsch sein, wenn ich jemals so verzweifelt wäre!“

„Und schon wieder sprühen Funken von amore!“, zwinkerte der Italiener erneut. „Ma jetzt müssen die Turteltäubchen ins Bette, ansonsten wird wunderbare Minerva McGonagall ihre Zweisamkeite stören!“

Ihr neuer Lehrer gab ihnen beiden einen ermunternden Stoß in die richtige Richtung, bevor er (und vermutlich auch Roberts, da sie den Mund geöffnet hatte) protestieren konnte.

„Arrivederci!“, rief ihnen der neue Lehrer noch mit einem großen Schlenker seines Armes nach, während das blonde Mädchen neben Sirius ihm ununterbrochen Blicke hinterher sandte. Die Wut darin unübersehbar riesig. Und er dachte, nur er könnte das erzeugen …
 

~*~*~*~
 

In ihren dunklen Onyx-Augen glimmte es.

Ihre Instinkte hatten sie nicht getäuscht, ganz und gar nicht. Durch sie hatte sie sogar wieder mal günstige Informationen bekommen. Äußerst günstige …

Ihr Kopf war bereits dabei diese zu nutzen. Ein Plan formte sich langsam und dennoch schnell in ihm.

Und es wäre so einfach ihr kleines, intrigantes Spiel umzusetzen. Alles, worauf sie noch warten müsste, wäre eine Gelegenheit …

Aber auch hier sagte ihr eine kleine Stimme, dass das nur eine Frage von Zeit sei. Und Geduld konnte sie bei so etwas haben, wie eine Schlange, die ihre Beute erspäht hatte und auf den Moment abzielte, ihren tödlichen Biss zu setzten - genauso würde auch sie ruhig daliegen.

Und schließlich aus dem Nichts zuschlagen.

Ihre Lippen verzogen sich zu einem blutroten Lächeln und Bellatrix Black verschwand mit eleganten, schnellen Schritten unbemerkt in der Dunkelheit, bevor der neue Jung-Lehrer sie auch nur hätte erblicken können.
 

~*~*~*~
 

Keiner sagte ein Wort.

Die sonst nicht gerade auf den Mund gefallenen beiden Intimfeinde schwiegen sich den gesamten Weg zurück zum Gryffindorturm aus.

Mel wusste, wie schnell ein Wort mit Black zum anderen führen konnte, und darauf hatte sie nach der Begegnung gerade heute wirklich keine Lust mehr. Deswegen ertrug sie ihr äußerstes Unbehagen darüber, sich mit Black den Rückweg teilen zu müssen, lieber nur stillschweigend.

In diesem riesigen Schloss und seinen unzähligen Gängen musste es natürlich einzig und allein von ihrem Startpunkt aus nur einen Weg zurück geben!

Wie froh war die Gryffindor da, dass Black ihr unsichtbares Schweigeabkommen ebenfalls einhielt, denn ansonsten hätte sie auf seinen Stuss ja zwangsweise etwas erwidern müssen, was am Ende dazu führen würde, dass sie vor Mitternacht nicht den Turm erreichen würden – oder sich einer von ihnen demnächst eine kuschelige Zelle in Askaban aussuchen dürfte.

>Blacks Mund muss verflucht sein!<

Schließlich kam da pausenlos nur der größte Mist raus.

>Oder ist das vielleicht ein angeborener Schaden der ehrenwerten höheren Gesellschaft?<, überlegte Mel, an Bellatrix Black dabei denkend.

Fragen, tat sie ihn nicht …

Als sie endlich, nach ihr scheinbar nie enden wollenden Minuten, das Portrait der fetten Dame erreichten, blinzelte Mel als erstes leicht verwundert den halb dunklen Flur entlang. Sie hätte schwören können, dass das Bild gerade erst zugeklappt wäre …

Die Gryffindor schüttelte den Gedanken – ob wahr oder nicht – jedoch als unwichtig ab.

Sich direkt vor die gepackte Frau im schrecklichen rosa Kleid stellend, wartete Mel darauf, dass Black das Losungswort sagen würde.

„Passwort?“, fragte das Gemälde mit neugierigen Augen, was wahrscheinlich zwei so verschworene Feinde (Portraits waren schlimmere Klatschtanten als jedes Hufflepuff-Mädchen!) wohl noch so spät zu treiben hatten.

Stille.

Mel wandte ihr Gesicht genervt zu ihrer schweigsamen Begleitung um, die sich nur ach-so-cool ein paar Meter weiter gegen die Wand gelehnt hatte.

„Was ist, Roberts? Etwa das Passwort vergessen?“, er grinste überlegen.

„Hast du es etwa vergessen, Black?“, gab Mel zurück, ein kühles Gesicht zeigend.

Und schon war der Quaffel wieder am Fliegen.
 

~*~*~*~
 

„Ich bin mir sicher! Nein, wirklich, ich hab ihn ganz bestimmt kommen sehen, James!“, versicherte ihm Timmie Stalk-Rooter zum wie vielsten Mal innerhalb weniger Minuten.

James aber war trotzdem nicht überzeugt. Denn wenn Timmie seinen besten Freund wirklich gesehen hat, warum tauchte er dann trotzdem nicht auf?

Gerade wenn Timmies Beobachtung stimmen würde – mit der er seinen größten Fan beauftragt hatte – und er „die Sucherin“ ebenfalls ausgemacht haben wollte (was James schon von daher nicht glaubte, da diese beiden niemals irgendwo freiwillig zusammen auftauchen würden), gäbe es für seinen besten Kumpel doch keinen Grund, länger als nötig vor dem Portrait rumzulungern. Die Sache sähe schon anders aus, hätte er ein hübsches Mädchen dabei gehabt – aber angeblich war ja Roberts da.

Das Portrait der fetten Dame klappte zur Seite und James Potter steckte seinen schwarzen Wuschelkopf hinaus in den Flur, um sich schließlich selbst zu überzeugen. Erst links … dann rechts.

James stockte.

„Äh … Kumpel?“

Timmie hatte doch nicht Halluzinationen gehabt. Sirius Black war hier. Und er war tatsächlich mit beschriebener Begleitung vorhanden.

Von der er allerdings so blitzschnell das Weite suchte, wie sie von ihm. Beide blickten einander von den gegenüberliegenden Mauern an. Starrten sich an.

„Alles in Ordnung?“, erkundigte sich James.

Er kannte seinen besten Freund in und auswendig, und gerade war wirklich etwas äußerst eigenartiges um ihn herum.

„Klar!“, erwiderte Tatze lässig und wandte ihm sein grinsendes Gesicht zu. „Ach, bis auf einen gewissen nervigen Umstand, der wie eine Klette an mir klebt!“, schnarrte er gehässig in Richtung eines blonden Mädchens.

„Also, wie du siehst, Black geht’s prima, Potter. Dasselbe Arschloch wie immer!“, sie verschränkte die Arme, ihn feindselig musternd.

>Da haben dir deine Augen wohl einen Streich gespielt, Potter!<, dachte James.

Denn gerade eben hätte er für den Bruchteil einer Sekunde schwören können, dass …

>Sei nicht albern, Potter!<

Die beiden benahmen sich absolut normal! Auch das merkwürdige Gefühl, dass er wegen Sirius hatte, war verschwunden.

„Roberts“, Tatze gebrauchte einen solch arroganten Ton, den er sich sonst nur für Mitglieder seiner Familie aufhob, „ich bin kein Arschloch, ich behandele dich nur, wie du es verdienst!“

Sie zog eine Augenbraue hoch, bevor sie zur Erwiderung ansetzte.

>Jep<, dachte James, >alles völlig normal!<
 

~*~*~*~
 

„Black, du bist nicht nur dämlich, du lässt sogar jeden Flubberwurm intelligent aussehen!“

Remus schaute von seinem Buch auf. Er nahm sich immer Lektüre, wenn er nicht wusste, was er tun sollte; es war eine gute Möglichkeit, der Realität zu entfliehen.

Ein verzweifelt stöhnender Krone blieb vor dem Sofa stehen und ließ sich wie eine umgestoßene Statue darauf fallen.

Remus schloss daraus – und der Zeit, die vergangen war, seit Krone den Gemeinschaftsraum verlassen hatte –, dass es sich nicht um die erste Erwiderung handelte. Weder von der einen …

„Roberts, ich muss mich nicht sieben Tage die Woche in der Bibliothek verschanzen, um gute Noten zu bekommen. Ich bin von Natur aus ein talentierter Zauberer. Du würdest nicht mal einen halbwegs guten Muggel machen!“

… noch von der anderen Seite.

Die Meute, die sich bereits hoffnungsvoll und entsprechend gekleidet versammelt hatte, um eine echte Rumtreiber-Party zu erleben – zahlreiche Quidditch-Siegesfeiern hatte nicht nur Anlass für unzählige Gerüchte, sondern sogar für einige wahrheitsgetreue Geschichten geliefert – ließ enttäuscht die Arme sinken.

Tatze hatte keine Augen für sie. Alle Dekoration und Anstrengungen – Girlanden, Luftballons, Partyhüte – ja, selbst das übergroße Geburtstagsbanner und das Essen in Hülle und Fülle, übersah er.

Beide waren ausschließlich auf den Feind konzentriert. Die Umwelt wurde regelmäßig von ihren wortreichen Auseinandersetzungen ausgeschlossen.

„Sagt mir der arroganteste Zauberersohn aus dem hochnäsigsten, reinblütigsten Magierhaus?“, als Melody Roberts sich nur ein wenig bewegte, wurde ihr sofort, hastig von einigen Viertklässlern Platz gemacht.

Und die Umwelt ließ sich ausschließen.

„Black, du würdest als Muggel nicht am offenen Kühlschrank verhungern, sondern am geschlossenen. Weil du nämlich, in deiner unendlichen geistigen Beschränktheit, zu blöd wärst, ihn zu öffnen und stattdessen nach deinen dreißig Hauselfen jammern würdest!“

Mit diesen beiden wollte man sich nicht auseinandersetzten. Man würde eh auf verlorenem Posten kämpfen.

>So viel also zum viel gerühmten Gryffindor-Mut<, suggerierte Remus.

Er ging soweit, wie der Gryffindor-Stolz begann. Und den wollte keiner verlieren.

Nicht in einem Duell gegen „Black Beauty“ oder „Eremit“.

Remus schloss sein Buch, um einem inzwischen Haare raufenden James Potter Beistand zu leisten.

„Ich gebe ihnen noch mindestens drei Stunden“, ließ er sich neben seinem Freund nieder, „spätestens dann lassen die Zauber nach und McGonagall wird misstrauisch, wenn sie noch Krach hört.“

Ok, vielleicht war das nicht die richtige Art von Beistand, aber hin und wieder konnte auch Remus sich einen Kommentar nicht verkneifen.

Krone gab ein verzweifeltes Stöhnen von sich, was wohl so viel heißen sollte, wie „Du hast leider – Verflucht noch mal! – Recht!“.

Allerdings gab es da jemanden, der sich noch viel früher als ihre Hauslehrerin von dem Lärm gestört fühlte, den die beiden Streithähne immer noch – pausenlos – verursachten.

„Was hat dieser Lärm zu bedeuten?!“
 

~*~*~*~
 

Lily Evans abendrotes Haar wehte hinter ihr, als sie die Treppen runtergestürmt kam – bereits im Nachtgewand mit dem Morgenmantel schnell übergestülpt, Potter sollte schließlich nicht denken, sie hätte irgendwie vor, zu seiner tollen Überraschung zu kommen. Ihre inneren Alarmglocken hatten Lily vorzeitig signalisiert, dass der Krach, der Caite und sie nicht in Ruhe hatte lesen lassen, nicht von zu lauter Musik kam, sondern einem handfesten Streit, der sich dort anbahnte.

Auf der Suche nach der Ursache machte die Vertrauensschülerin als erstes ihren Kollegen aus, der völlig untätig neben seinem bescheuert starrenden Freund, auf dem Sofa saß.

Anklagend schaute sie ihn an, und er wich ihrem Blick aus:

„Remus, ich hatte zwar meine grundsätzliche Erlaubnis zu einer kleinen Party gegeben, aber …“, Lilys Augen waren inzwischen weiter gewandert, immer noch auf der Suche nach der Ursache des Lärms, als sie sie schließlich entdeckte.

Umringt in einem weiten Kreis von lauter glotzenden Mitschülern, die nicht den Deut bereit schienen, die Auseinandersetzung selbst zu unterbrechen.

>Wie bei einem Hahnenkampf<, dachte Lily.

„Du hast den Charme eines Trolls!“, krähte Sirius Black.

Nur, dass ein Hahn in Wirklichkeit eine Henne war.

„Und du sein Gehirn, Black!“, schallte es sogleich von Melody Roberts zurück.

„Das reicht!“, rief Lily laut in die Menge, unbewusst die Brust mit dem Vertrauensschülerabzeichen rausstreckend.

Die beiden führten ihren Disput ungestört weiter.

Lily glaubte es ja nicht!

Sich also gezwungen fühlend, ging die rothaarige Vertrauensschülerin mit ausgebreiteten Armen dazwischen und trennte zwei überrascht guckende Gryffindors.

„Evans!“, erklang es aus beiden Mündern gleichzeitig.

Black verengte daraufhin gefährlich seine Augen, während Mel ihn ihrerseits mit einem frostigen Augenaufschlag bedachte.

„Hört auf! Sofort!“, unterband Lily jedweden Kampf, den sie schon nach fünf Sekunden des Trennens, erneut aufflammen sah.

Manchmal verstand sie wirklich nicht, was in diese beiden fuhr, sobald sie sich sahen.

„Man kann euch sogar noch oben überdeutlich hören! Wenn ihr euren überflüssigen Streit nicht sofort beilegt, muss ich euch Punkte abziehen. Und ich werde Professor McGonagall darüber informieren!“, fügte sie noch hinzu, in dem festen Glauben, es klinge äußerst abschreckend.

Wäre Lily nicht gerade so aufbrausender Stimmung, sie hätte nun zumindest darüber geschmunzelt, wie beide – wie einstudiert – gleichzeitig die Arme verschränkten und einen trotzigen Blick aufsetzten.

„Er/Sie hat angefangen!“, ertönte es im selben Moment.

Wieder ein Grund der eigentlich zum Lachen wäre.

Aber Lily war nicht danach zu Mute. Sie war Vertrauensschülerin und musste für Ordnung und Disziplin sorgen!

Lily stemmte also die Hände die Hüften und ließ den Zeigefinger wackeln:

„Es ist mir egal, wer von euch beiden angefangen hat – aber hört endlich mit diesem albernen Gezanke auf!“

Leider hatte Lilys scharfe Aufforderung nicht ganz den Erfolg, den sie sich vorgestellt hatte.

„Du hast es gehört, Black!“, sagte Mel sogleich. „Hör endlich auf, dich wie der letzte Idiot aufzuführen, dem ganz Hogwarts die Füße küssen muss.“

„Roberts, ich weiß es ist schwer für dich, doch wie wär’s wenn du einmal in deinem Leben Manieren zeigen würdest“, Black klang in diesem Moment ganz wie der perfekte Sohn seines Hauses.

Heute Abend schienen diese beiden irgendwie mehr denn je nach Streit zu suchen, ihn offen herauszufordern, wie Lily bemerkte. Sie ließ ein bittres, resignierendes Geräusch erklingen.

„Oh, aber ich vergas, deine Mutter muss dir wohl beigebracht haben, jedem Menschen, dem du begegnest, zu beleidigen!“

Mit Mel geschah etwas Seltsames. Sie erwiderte nicht nur nichts auf seinen Kommentar – was Black natürlich dazu veranlasste ein ekelhaft triumphierendes Grinsen aufzusetzen – dafür bemerkte Lily aber wie aschfahl ihr Gesicht wurde. Beinah weiß.

„Sag mal, Roberts, hat sie eigentlich geschrien, als sie dich das erste Mal gesehen hat?“

„Black“, sagte Mel leise, „lass es sein!“

Lily fiel auf, dass ihre Stimme leicht zitterte – als würde sie etwas unterdrücken … zurückhalten …

Black aber fiel natürlich rein gar nichts auf, und die Masse unterstützte ihn mit hämischem Gegrinse.

„Muss ja ein ziemlicher Schock für die arme Frau gewesen sein. Du warst doch bestimmt das hässlichste Baby der ganzen Station! Oder hast du danach eine Metamorphose rückwärts gemacht?“

Als Mel jetzt nichts sagte, war Lily wirklich beunruhigt. Normalerweise hätte sie sich sonst laut darüber gewundert, dass Black ein Wort wie „Metamorphose“ überhaupt richtig aussprechen konnte. Aber Mel blieb diesmal absolut stumm. Dafür machte ihre bleiche Gesichtsfarbe langsam einem zarten Rot platzt.

Die Vertrauensschülerin war entschlossen, erneut einzugreifen, doch kaum hatte sie ihren Mund geöffnet, kam Black ihr bereits zuvor:

„Na ja, eigentlich sollte man sie ja nicht bedauern, schließlich haben wir dich ja jetzt an der Backe wegen ihr. Verrat mir eins Roberts, glaubst du es war eine Strafe des Schicksals – dafür, dass sie dich bekommen hat oder deine bloße Existenz, die sie hat sterben lassen?“

„SPRICH NICHT SO ÜBER MEINE MUTTER, BLACK!“

Lily setzte perplex einen Schritt rückwärts, die Luft anhaltend.

Mels Brust aber senkte sich schnell und heftig, ihr sonst so bleiches Gesicht hatte an den Wangen ein hitziges Rot angenommen und ihr Zauberstab … er war direkt auf Sirius Blacks Herz gerichtet.

Jeder war geschockt. Melody Roberts war dafür bekannt, kalt, unfreundlich und verletzend zu sein – aber sie wurde niemals lauter als nötig. Niemals

Mel war einfach nicht der Typ, der ausflippte. Es musste Jahre her sein, dass Lily sie das letzte Mal so laut gehört hatte.

„In diesem Raum sind mindestens dreißig andere bewaffnete Hexen und Zauberer, also senke lieber deine Waffe, Roberts und werd vernünftig.“

Bevor die Vertrauensschülerin sich nur daran erinnern konnte, einzugreifen, hatte ihr Kollege diesmal die Lage schon in die Hand genommen, und wie die Rothaarige jetzt auch missbilligend feststellte, Potter davon abgehalten, sich mit dem Zauberstab direkt auf Mel zu stürzen.

Während all dieser Zeit hatte sein bester Freund, obwohl deutlich bedroht, ganz ruhig dagestanden. Ob er Angst hatte, konnte Lily nicht sagen, sein Gesicht war halb von seinen reinfallenden Haaren verdeckt, alles was sie sehen konnte, war, dass er sein Gegenüber durchweg vermied, direkt anzuschauen.

„Roberts!“, sagte Remus noch mal eine Spur bedrohlicher.

Mel hatte ihren Zauberstab immer noch oben. Ihr Kopf gab ein kurzes, steifes Nicken von sich – und ihre Waffe verschwand in ihrer Tasche – doch sie wandte sich nie vom ihrem Gegner ab.

„Hass mich so viel du willst, Black“, es klang völlig gleichgültig, „aber lass meine Mutter da raus, verstanden?!“, dieser Teil endete nun alles andere als emotionslos.

Dann rauschte Mel an ihr vorbei, die Treppen hoch.

Lily drehte sich um, immer noch ein klein wenig perplex von gerade eben, aber sich sammelnd, um Sirius Black die Standpauke seines Lebens zu halten – Geburtstag hin oder her, der Kerl hatte es verdient – als Besagter ebenfalls an ihr vorbei, in seinem Schlafsaal verschwand. Remus und Potter ihm eiligst nachfolgend.

„Fällt Sirileins Party jetzt aus?“, fragte eine Viertklässlerin aufgelöst.

Lily atmete tief aus.
 

~*~*~*~
 

Was war in ihn gefahren?

„Was ist in dich gefahren?“, fragte James, als er seinem Freund durch die Tür des Schlafsaals hinterher stürmte, Moony auf den Fersen.

James war momentan zwiegespalten. Einerseits war da Wut und Zorn, weil der Überraschungsgast selber seine Überraschungsparty „übersehen“ hatte und weil er stattdessen nichts Besseres zu tun hatte, als seine Sucherin dafür zur unerwarteten Explosion zu bringen. Aber andererseits war da wie immer auch leichte Sorge und Mitgefühl, wenn es einem seiner Freunde schlechtging – und seinem besten Freund ging es schlecht, das wusste James.

Sirius Black stand mit dem Rücken zu ihnen, stur aus dem Fenster starrend. Das schwache Licht der Sterne erhellte den Raum kaum wahrnehmbar und machte sein Gesicht somit unleserlich. Nur anhand seiner geballten Fäuste war abzulesen, dass Sirius sehr wohl zuhörte.

„Alter, Mann! Ich weiß, dass du sie hasst, aber das gerade-“

„-war genauso widerlich, wie das, was du ihr vor zwei Monaten gesagt hast!“, schnitt Moony ihm überraschend scharf das Wort ab.

James war für einen Moment irritiert, wovon sein Freund sprach, doch dann kehrte die kleine Szene vom Beginn ihres Schuljahres zurück in sein Gedächtnis.

Ihr winziger Scherz mit den Schnürsenkeln, das wütende Funkeln in Lily Evans schönen grünen Augen daraufhin, Roberts abfällige Beleidigungen und schließlich Sirius – Sirius, der sich natürlich sofort mit ihr streiten musste:
 

„Ich sagte schon, es ist meine Sache und bei solchen Idioten, wie den beiden, hilft die schlimmste Strafe ja sowieso nicht. Sie werden nie erwachsen, egal wie viel Nachsitzen sie noch bekommen werden.“

Roberts sprach mit derartiger Herablassung, dass es selbst James aus der Haut fahren ließ, aber sein bester Freund war schneller:

„Besser nie erwachsen, als schon lebendig tot, Roberts“, knurrte Sirius.

Roberts blieb von seinen Worten wie immer gänzlich unbeeindruckt.

„Besser lebendig tot als ein Narr wie du, Black“, erwiderte sie arrogant und spielte auf ihre Wahrsagestunde am Morgen an.

„Lieber bin ich ein Narr als ein verbitterter Eremit!“, schoss es, ohne zu zögern, von seinem besten Freund zurück.

Er war allerdings noch nicht ganz fertig …

„Bei dir macht es wenigstens nichts aus, dass du bald sterben wirst, vermissen wird dich ja eh keiner!“
 

„Woher weißt du das überhaupt von ihrer Mutter?“, holte ihn Remus zurück.

Seine braunen Augen waren misstrauisch auf Tatzes’ Rücken fixiert.

„Geraten“, kam eine kurze brummige Antwort.

Der Ton in seiner Stimme mochte noch so überzeugend und gleichgültig klingen, James glaubte ihm nicht. Genauso wenig wie Moony.

„Das stimmt nicht“, meinte er, sein Blick bohrte sich unverändert in den Rücken des Schwarzhaarigen.

„Ich weiß es, einfach, ok?!“, bellte Sirius ihnen mitten ins Gesicht, nachdem er sich auf einmal blitzschnell umgewandt hatte. „Ist doch egal woher! Außerdem hat das Miststück alles verdient, was ich zu ihr gesagt habe – sie macht dauernd Leute blöd von der Seite an …“

„Du meinst, sie macht dich blöd von der Seite an“, murmelte Moony, dass James sich nicht sicher war, ob man es hören sollte.

Aber selbst wenn, sein bester Freund überging es:

„Wenn sie da nicht ertragen kann, dass ihr mal jemand die Wahrheit ins Gesicht sagt, ist mir das völlig egal!“, endete Sirius viel lauter als er begonnen hatte, als wolle er, dass es jeder in Gryffindor hören konnte.

Er verschränkte die Arme, während Moony sie resignierend sinken ließ – und James? James stand einfach nur da und überlegte, wie er seinen Kumpel wieder aufheitern konnte. Es war immerhin Tatzes Geburtstag und er hatte sich bereits genug an diesem aufregen müssen. James sah es als seine Pflicht an, ihn wieder in Feierlaune zu bringen!

Ihn wegen Roberts zu nerven – beruhigte James sein Quidditch-Gewissen – wäre eh überflüssig. Und genaugenommen hatte sie ja immer schlechte Laune, sie würde deswegen jetzt nicht schlechter spielen …

Es war zwar mehr als nicht ok gewesen, was er zu ihr gesagt hatte, aber jeder versucht mit Sirius über sie zu reden war zwecklos. Genauso effizient war es auf eine Betonmauer einzureden. Er würde sie immer hassen. Das stand ihm gerade auch ins Gesicht geschrieben.

Als James deshalb schon mit seiner Aufheiterungstaktik beginnen wollte, steckte ein verwirrter Wurmschwanz den Kopf durch die Tür.

„Krone?“

Alle drei schauten auf. Wurmschwanz betrachtete sie mit einem großen Fragezeichen auf dem Gesicht. James gab ihm zu verstehen, jetzt keine Fragen zu stellen, sondern schnell zur Sache zu kommen.

„Äh, ich und Frank haben die Sachen besorgt … wollten wir jetzt eigentlich nicht loslegen? Ich mein, die ersten sind schon wieder nach oben verschwunden …“

„Was?!“, rief James verständnislos. „Ich hab denen doch erklärt, es kann dauern! Ungeduldige Idioten …“, redete James vor sich hin, während er begann ein paar Mal quer durch ihren Schlafsaal zu hasten.

Das half ihm beim Nachdenken.

„Was kann noch dauern? Von welchen Idioten sprichst du? Und was zum Dementor haben Wurmschwanz und Frank geholt?“, erkundigte sich Tatze mit vorwurfsvoller Stimme.

Er mochte es nicht von Dingen ausgeschlossen zu werden. … und er war furchtbar neugierig. Zwei Dinge, die er mit James teilte – jedoch trieb James Eigenschaft a) zum Exzess, während Tatze bei b) nicht wusste, wie viel gut für ihn war.

James fixierte ihn während seines Trabs aus den Augenwinkeln.

Tatze machte ein paar Schritte auf sein Bett zu – im Gegensatz zu James, war er kein Freund des Laufnachdenkens. Wie auch, sein Freund war viel zu faul! Und er hatte schon immer eine tiefe Liebe zu Betten gepflegt.

James wollte ihm gerade antworten, als es plötzlich klick machte und ein Alarmsignal in James Potters Kopf schrillte. Moment mal – sein Bett?

Wie in Zeitlupe schien nun alles zu geschehen. James stürzte auf seinen besten Freund zu, der sich gerade genüsslich mit voller Wucht auf’s Bett werfen wollte, als er ihn gerade noch rechtzeitig mit einem gekonnten Bodycheck davon abhielt.

Gefluche und protestierende Schmerzenslaute ertönten – darunter auch James’ eigene, denn er hatte sich und Tatze in eine nicht gerade bequeme Ecke gestürzt (aber Ecken waren ja auch selten bequem …) – und anschließend wurde James auch noch unsanft von dem weichen Dingen wegbefördert, das seinen Sturz wenigstens einigermaßen abgefedert hatte. Es stellte sich als Tatze heraus.

„Verdammt! Was sollte das?!“, brüllte er. „Muss ich jetzt erst eine Erlaubnis einholen, um auf deinem Bett zu liegen, oh Quidditchkapitän?“

„Ach was“, meinte James, der sich eine schmerzende Stelle rieb.

Das würde blaue Flecke geben! Hoffentlich konnte er trotzdem gut fliegen – schmerzende Hintern waren nicht von Vorteil gegen Slytherins.

„Aber du hättest sie beschädigen können!“

Im Hintergrund konnte er Moony und Wurmschwanz heimlich grunzen hören.

Sie?“, fragte Tatze ungläubig.

„Ja. Sie!“, antwortete er, krabbelte auf seine Beine zurück und zeigte seinem besten Freund, was er durch seinen Attacke hatte schützen wollen.

Tatzes Augen wurden tellergroß, wie ein Dreijähriger, der das erste Mal den Honigtopf betrat.

„Ist das … ist das“, stammelte er vor sich hin.

James drückte ihm die Gitarre in die Hand.

„Herzlichen Glückwunsch, Tatze!“, riefen alle drei Rumtreiber im Chor.

Tatze strahlte, als hätte ihm der Weihnachtszauberermann soeben seinen Geschenkesack überreicht.

„Du hast doch nicht wirklich geglaubt, das vorhin wäre schon alles gewesen?“, lachte James. „Was ist? Kannst du dich aufraffen? Unten wartete noch mehr …“

Die Augen seines besten Freundes wurden, wenn es überhaupt ging, noch größer. Ehrfürchtig hielt er die Gitarre in einer Hand, an der freien zog James ihn wieder auf die Beine.

„Außerdem wären viele Mädchen am Boden zerstört, wenn sie dir nicht ihre Pralinen, Kuchen, Plätzchen und sonst noch was, mit ihrem heimlichen Liebestrank überreichen könnten!“

Sirius Black grinste breit:

„Worauf warten wir dann noch?“, und er stürmte die Treppen runter.

James klopfte sich selbst auf die Schulter. Er hatte es erfolgreich geschafft seinen Freund abzulenken. Mission „Rockstar“ würde ebenfalls ein voller Erfolg werden!
 

~*~*~*~
 

Remus nahm noch einen Schluck von seinem Butterbier.

Er fragte sich nicht, wie viel seine drei Freunde bereits intus hatten, die leeren Bier-, Feuerwhiskey- und Flaschen anderer alkoholischer Ingredienzien auf dem Boden sprachen für sich. Wurmschwanz schnarchte bereits glückselig lächelnd in einem Sessel.

Er war stets der Erste, der passte. Immer aber musste er auch versuchen, mit dem Konsum seiner beiden anderen Freunde mitzuhalten.

Was schier an Unmöglichkeit grenzte.

Krone wusste ebenfalls nicht, wie viel gut für ihn war – vertrug allerdings deutlich mehr als sein kleiner Freund – und Tatze, er war schon offiziell als „Saufkönig“ oder „Herrscher der Blauen“ bezeichnet worden. Es war schlichtweg unglaublich, wie er noch gerade stehen konnte, obwohl er doch nie den Hals voll bekam.

Remus schüttelte den Kopf.

Oh ja, er hatte schon so einigen Gelagen zugesehen – oder auch, ähm selber beigewohnt. Es war unmöglich, mit James Potter und Sirius Black so lange befreundet zu sein, ohne bereits einmal einen Black-out erlebt zu haben. Und so gab es auch bei Remus einige Abende und Nächte, an die er nur schwer eine Erinnerung fand …

Das Gefühl vom nächsten Morgen, konnte er dagegen jetzt noch prima nachempfinden. Ein Grund, warum er sich gern vornehm zurückhielt. Auf einen Presslufthammer im Kopf, gepaart mit Seekrankheit konnte er verzichten. Und genau dieses Gefühl hatte man vorzugsweise nach Tatzes Geburtstagsfeiern.

Seit sie in der Dritten den Drei Besen und zahlreiche Geheimgänge nach Hogsmeade entdeckt hatten, war es nämlich Tradition geworden diesen Tag feucht fröhlich unter Männern – was hieß ihr gesamter Schlafsaal – zu begießen. Was sie genau gemacht hatten, konnte Remus wegen Mangels klarer Erinnerung nicht mal mehr sagen, außer natürlich, die Flasche weiter zu reichen …

Dieser Geburtstag war deswegen völlig anders. Zwar hatten Frank und Wurmschwanz wie immer Madam Rosmerta erleichtert – Frank, weil er Krones Meinung nach der vertrauenswürdigste und stärkste außerhalb der Rumtreiber war, und Wurmschwanz die Sachen mangels Kraft und ausreichender Zauberfähigkeit nicht allein befördern konnte – doch noch nie war ganz Gryffindor beteiligt gewesen. Feiern derartigen Ausmaßes gab es normalerweise nur nach gewonnenen Quidditchspielen ihrer Mannschaft. Doch die Rumtreiber hatten über die Jahre einen gewichtigen Status in Hogwarts erreicht. Für James Potter als Teamkapitän Gryffindors war es da natürlich ein Leichtes gewesen, die Massen zu mobilisieren und auf eine Party einzustimmen. Keiner der Vertrauensschüler hatte etwas einzuwenden gehabt – ausgenommen Lily Evans natürlich.

Und neben gewaltigen Mengen „flüssiger Nahrung“, richtiger Nahrung, dem üblichen Partyschmuck zur Dekoration, hatte James Potter – passend zu ihrem Geschenk an Tatze – auch noch etwas anderes organisiert.

„Ok, Gryffindor, bist du bereit das Haus zu rocken?“, rief Chris Young der Leadsänger in die Menge.

Livemusik.

„Ja!“, rief es von allen Seiten zurück.

„Bin ich im richtigen Haus? Das hörte sich nämlich gerade verdächtig nach einem Haufen Hufflepuffs an“, grinste der blonde Junge vor dem magischen Mikrofon. „Also, wie war das Gryffindor?“, er hielt eine Hand an sein Ohr.

„JA!“, schallte es nun von überall, selbst von Remus zurück.

Kein Gryffindor ließ sich schließlich einen Hufflepuff nennen!

„Na, also!“, lachte er und gab seiner Band das Zeichen loszulegen.

Remus kannte sich bei Musik ehrlich nicht aus. Aber wenn, dann war er eher Beatles als Stones-Fan, das hatte er gelernt. Trotzdem hatte die Art wie Chris sang etwas Mitreißendes an sich. Er war ein wirklich guter Sänger.

„Na, bereit Tatzes Gesicht gleich zu sehen, wenn er von unserer nächsten Überraschung erfährt?“, ein angetrunkener Krone kam grinsend, mit der Whiskeyflasche in der Hand wedelnd, auf ihn zu.

„Jederzeit!“, grinste Remus zurück.

Und wie Tatze staunen würde … hoffentlich gefiel es ihm!

Über die Gitarre hatte Remus von Anfang an weniger Bedenken gehabt. Ihr Freund hatte ihnen von den Dingern vorgeschwärmt, seit sie „Muggelinstrumente“ im Unterricht durchgenommen hatten. Und immerzu hatte er neidisch Chris’ eigene Gitarre betrachtet – Remus hatte ihn gar dabei erwischt, wie er sie einmal heimlich ausprobiert hatte. Sirius war verrückt nach Musik! Rock am liebsten und wenn es von Muggeln kam, umso besser – widersprach es doch so schön, den ganze Ansichten, die seine Familie repräsentierte.

Trotzdem hatte Remus immer noch leise Bedenken wegen ihrer letzten Überraschung. Diese Vorliebe hatte er nie offen gezeigt. Selbst Krone hatte es nur per Zufall mitgekriegt.

„Ich geh jetzt unseren Wurmschwanz wecken“, Krone lachte darüber, als wäre es ein guter Witz, „und du solltest nicht so allein herumstehen …“, er kam näher und flüsterte ihm etwas halb laut ins Ohr, wie es Leute in seinem Zustand nun mal machten. „Diese kleine Viertklässlerin dort drüben“, Remus erblickte ein jüngeres Mädchen mit langen orangerotem Haar, “Mary Mcirgendwas oder so – schaut dich schon die ganze Zeit immer an. Geh dich also amüsieren!“

Er zwinkerte, kriegte es nicht mehr ganz richtig auf die Reihe und verschwand nach fünfzehn Sekunden andauerndem Wundern in Richtung Wurmschwanz.

Remus war froh, dass sein Freund angetrunken war. Ansonsten wäre das in eine echte Diskussion ausgeartet. Remus hatte nämlich nicht vor, zu dem Mädchen zu gehen, auch wenn Krone recht behielt und er das Mädchen tatsächlich bei einigen merkwürdigen Blicken erwischte.

Was sollte er auch zu ihr sagen?

„Hallo, ich bin ein Werwolf, findest du mich trotzdem attraktiv?“

Oder: „Einmal im Monat jage ich Menschen, aber stör dich einfach nicht dran!“?

Remus nippte ein weiteres Mal an seinem Butterbier und sah zu Sirius rüber.

Der hatte selbstverständlich wieder irgendein sehr bald unglückliches Ding im Arm – dessen Namen er sicherlich nicht ansatzweise kannte – nachdem er zuvor wild auf dem Sofa getanzt hatte.

Remus würde nie so werden.

„Ok, Gryffindors, darf ich noch mal um eure Lauscher beten?“, sagte Chris nach einem Lied, und die noch aufnahmefähigen Köpfe wandten sich an ihn. „Ihr wisst alle, was wir heute feiern und deswegen red ich auch gar nicht lang drum herum und bitte unser Geburtstagskind einmal auf die Bühne!“

Tatze hob irritiert den Kopf, tauschte einen Blick mit Krone aus und stakste dann immer noch verwirrt auf die „Bühne“ – eigentlich nur ein abgetrennter Bereich zwischen Band und Publikum – zu.

„Unser lieber Sirius hier“, der Blonde legte einen Arm um ihn, „hat, wie ich aus verlässlicher Quelle weiß“, Krone johlte auf, „heute eine Gitarre bekommen. Nun ja und wir suchen noch einen zweiten Gitarristen – und Sänger. Lange Rede, kurzer Sinn: Hier kommt dein nächstes Geschenk, Sirius, in das mich James Potter reingequatscht hat.“

Auf dem Gesicht von Remus’ Freund war immer noch ein blanker Ausdruck.

„Willkommen in der Band, Kumpel!“, und Chris schüttelte einem verdatterten Sirius heftig die Hand.

Remus zählte von fünf rückwärts:

>Fünf … vier … drei … zwei … eins …<

„WAS?!“, sprudelte es aus Sirius Black hervor. „Ich soll wirklich … du meinst echt“, stammelte er halb begeistert, halb sprachlos abwechselnd in Krones und Chris’ Richtung.

„Du kannst doch nicht ewig nur unter Dusche singen!“, brüllte James ihm entgegen und verriet somit auch das Geheimnis um die Entdeckung von Sirius Blacks gut gehüteter Leidenschaft.

Tatze setzte ein Grinsen auf, doch plötzlich fiel es.

„Ich kann nicht spielen!“

„Null problemo“, Chris haute ihm entspannt auf den Rücken, „dafür bin ich ja da! Aber wie wär’s wenn du uns jetzt mal was vorträllerst, Meistersinger?“

Die Menge jubelte begeistert.

Für einen Augenblick dachte Remus jedoch, dass sein Freund wirklich nervös war über diese Aussicht, aber er verging so schnell wie er gekommen war. Sirius Black nahm einen weiteren Schluck aus der Feuerwhiskey-Flasche, grinste und fing an seine eigene, angetrunkene Version von „We are the champions“ ins Mikro zu gröhlen. Und obwohl es gröhlen war – er war ehrlich gut. Aber das wusste Remus. Vielen heimlich belauschten Duscheinlagen sei Dank.

Während die Party weiter lief und Tatze und Chris bereits Arm im Arm wie ein altes Duo etwas ins Mikro sangen, wanderten Remus’ Gedanken zu seinem ursprünglichen Geschenk, das er Sirius hatte geben wollen – mit dem er allerdings inzwischen größere Pläne vorhatte – und seine Blicke fielen wie von selbst immer wieder zur Treppe der Mädchenschlafsäle.

Zuerst, weil er sich fragte, wann Lily kommen und der Party ein grausames Ende bereiten würde. Was er sich jedoch schnell verbot zu fragen, aufgrund des rothaarigen Umstands, der darin auftauchte.

Und dann, weil der Vorfall zwischen Roberts und Sirius wie aus dem tauben Nichts zurück in sein Bewusstsein gekrochen war.

Remus’ Hirn nagten Fragen, die er sich eigentlich nicht stellen sollte. Doch sein Drang nach Wissen siegte natürlich.

Die, die sich am häufigsten wiederholte war: Woher wusste Sirius Black davon, dass Melody Roberts Mutter tot war?

Für Remus blieb da offensichtlich nur ein Schluss zu. Da die letzten Jahre auf einer rein nicht-freundschaftlichen Basis zwischen den beiden gelaufen waren, musste er es im ersten oder zweiten Schuljahr erfahren haben.

Was hieß, dass ihre Mutter bereits eine kleine Ewigkeit tot war …

Eine Sache blieb jedoch für Remus Lupin an der ganzen Geschichte merkwürdig.

Nie, nicht ein einziges Mal, hatte er Melody Roberts von ihrer Familie sprechen hören, obwohl er sich damals durchaus als ihr Freund bezeichnet hätte. Es war, als wenn sie nicht existierte.

Wenn sie Sirius Black dieses Geheimnis also je erzählt hatte, dann hatte sie ihm mehr vertraut als allen anderen. Vielleicht sogar mehr als Lily Evans.

Remus schüttelte den Kopf:

>Ach, das macht doch alles keinen Sinn!<, dachte er.

Melody Roberts hatte nie irgendwem vertraut. Nicht wirklich.
 

~*~*~*~
 

Der Krach von unten war unerträglich laut. Die tiefen Basstöne ließen selbst im Mädchenschlafsaal der Fünftklässlerinnen alles mitvibrieren.

Mel kümmerte es nicht.

Sie lag völlig angezogen auf ihrem Bett, die dunkelroten Vorhänge zugezogen und starrte die Decke ihres Himmelbettes an.

Nebenan schimpfte Lily Evans wie ein Rohrspatz über „Potters Idiotenparty“ und Gallagher stimmte ihr als eifrige Zuhörerin in allem zu. Es würde nicht mehr lange dauern, bevor nicht nur ein roter Haarschopf, sondern ein völlig knallrot angelaufenes Wesen unten alles mit seinem Geschrei übertönen würde – da war sich Mel nicht sicher, sie wusste es.

Doch Mel beachtete die lauten Geräusche um sie herum kaum. Oder besser formuliert: Es gelang ihr einfach nicht.

Wann immer sie versuchte Konzentration zu finden, etwas zu fokussieren, drifteten ihre Gedanken schon nach wenigen Minuten ab in eine andere Richtung … Black.

Unbewusst krallten sich Mels Fingernägel ins Laken.

Argh, dieser Kerl hatte sie vorhin so derartig wütend gemacht! Wie konnte er es nur wagen?! Über Dinge zu sprechen, von denen er keine Ahnung hatte … aber das tat er ja ständig, wenn er seine große Klappe wieder aufreißen musste!

Dieses dumme Arschloch – bildete sich ein, er wäre der König der Welt und niemand könne es mit ihm aufnehmen.

Sie hasste ihn!

Aus tiefstem Herzen verabscheute sie alles, was er war.

>Was war das dann vorhin?<, fragte eine kleine nervtötende Stimme in ihrem Kopf.

Oh, sie wusste ganz genau wessen Stimme das war – und leider auch, worauf sie anspielte …
 

Mel wandte ihr Gesicht genervt zu ihrer schweigsamen Begleitung um, die sich nur ach-so-cool ein paar Meter weiter gegen die Wand gelehnt hatte.

„Was ist, Roberts? Etwa das Passwort vergessen?“, er grinste überlegen.

„Hast du es etwa vergessen, Black?“, gab Mel zurück, ein kühles Gesicht zeigend.

Und schon war der Quaffel wieder am Fliegen.

„Ich? Natürlich nicht!“, erwiderte der Schwarzhaarige höchst angegriffen. „Aber offensichtlich du, wie du so blöd guckend vorm Portrait stehst.“

„Zu deiner Information, Black: Ich stehe ganz normal. Der einzige, der sich wie immer, wie der letzte Trottel aufführt, bist du! Aber ich vergas“, sie rollte mit den Augen, „du hältst dieses halb an die Wand lehnen ja für supercool.“

„Roberts, ich weiß, dass ich nach deinen Maßstäben nicht cool bin. Aber lass dir gesagt sein, dass damit auch nicht gemeint war, die Liebenswürdigkeit eines Kühlschranks-“

„Wow“, unterbrach ihn Mel mit fast nicht gespieltem Erstaunen, „du hast in Muggelkunde mal aufgepasst, statt in den Ausschnitt in deiner Tischnachbarin zu glotzen?“

„-zu besitzen“, ließ sich Black nicht beirren. „Cool heißt lässig, relaxed, angesagt, entspannt – also alles, was ich bin und du nicht bist.“

„Ha, ha!“, Mel lachte freudlos auf. „Einbildung ist zwar auch eine Bildung, aber gib dir keine Mühe, Black, bei deinem Winzhirn ist Butter und Malz verloren!“

„Du bist die, bei der Butter und Malz verloren ist, Roberts!“, schoss er ein wenig aggressiver zurück. „Du merkst nämlich nicht mal, wie bemitleidenswert du eigentlich bist.“

Mel zog eine unbeeindruckte Augenbraue hoch. Dass es sie aufregte, dass Black sie bemitleidenswert nannte, würde sie ihm gewiss nie zeigen.

„Kein gutes Aussehen, keinen guten Ruf und keinen einzigen, lausigen Freund – was ist eigentlich der Sinn deines verdammten Lebens, Roberts?“

Mels Augen blinzelten nicht.

„Anderen auf den Kesselkuchen gehen und in zynischen Sprüchen zu ersticken?!“, fragte er, seine angeborene Arroganz durchschimmernd.

„Zumindest ist es nicht, mich wahllos durch die Gegend zu vögeln!“, zischte Mel, eine Spur zorniger als bisher, zurück.

Es zeigte seine Wirkung.

Black verengte seine Augen zu gefährlichen Schlitzen und überbrückte die letzte Distanz zwischen ihnen mit einem einzigen Schritt, dass kaum Zentimeter mehr sie beide trennten und Mel heißen Atem auf ihrem Gesicht spüren konnte.

„Ich vögel mich nicht wahllos durch die Gegend!“, seine Augen wirkten beinah schwarz, so sehr hatten sie sich verdunkelt. „Denn dich dreckiges Miststück würde ich nicht mal anrühren, selbst wenn du mich darum anbetteln würdest!“, sagte er, die pure Angewidertheit sich auf seinem Gesicht widerspiegelnd.

„Keine Sorge, das wird nie im Leben geschehen“, zischte Mel, mit dem eisigsten Ton, dessen sie fähig war. „Auf ein solches Niveau kann ich gar nicht herabsinken!“

„Stimmt“, schnarrte er, „du bist schon über den Kerkergrund jeglichen Niveaus hinaus – deins müsste irgendwo auf Grundhöhe mit dem schwarzen See liegen.“

„Das wäre dann immer noch höher als deins!“, fauchte Mel bissig zurück.

Hier wurde sein Gesicht hart wie ein Fels.

„Nein“, erwiderte er fest.

Seine Augen bohrten sich hasserfüllt in ihre.

„Denn ich würde meine Freunde nie betrügen und hintergehen. Nie! Aber wem erzähle ich das?“, fragte er voll Abfälligkeit. „Dir sind Menschen ja eine lästige Zeitverschwendung.“

„Uuhh! Das muss ja die erste intelligente Erkenntnis gewesen sein, die du … in Jahren gehabt hast, Black!“, ein höhnisches Lächeln zierte Mels Lippen.

„Du bist das widerwärtigste Miststück, das mir je untergekommen ist!“

Es sollte sie wohl treffen. Aber an Mel prallte alles ab.

„Du wiederholst dich, Black!“, gab sie mit gelangweilter Stimme zurück. „Und sonst stellst du dein eigenes Licht doch auch nicht unter den Scheffel.“

Blacks Augen verengten sich diesmal misstrauisch. Er war offensichtlich irritiert von dem, was sie meinte. Mel lächelte süffisant.

„Mir sind Menschen nur lästig, du behandelst sie wie Spielzeug. Auch wenn das bei dir ja rein geschlechtsgebundenes Verhalten – du bist mir trotzdem ähnlicher als dir lieb ist.“

„Dass so was wie du Stück Dreck auch nur behauptet, ich und du hätten etwas gemeinsam, ekelt mich an, Roberts!“, spie er ihr ins Gesicht.

Mel zeigte keinerlei Regung.

„Ich bin in keinster Weise so wie du!“, das letzte Wort spuckte er ihr geradezu vor die Füße. „Ich nämlich würde für meine Freunde jederzeit sterben, wenn es sein muss – doch was ist mit dir? Ich sag es dir. Du würdest jeden mit Kusshand zur Hölle fahren lassen, Hauptsache dein armseliges kleines Leben wäre in Sicherheit. Dir sind alle anderen völlig egal, dir ist nur du selbst wichtig!“

Mels Kopf war blank. Sie starrte ihn an.

Kein Spruch.

Keine freche Antwort.

Kein Sarkasmus, keine Ironie, keine Abfälligkeit.

Nichts.

Für diesen einen Moment herrschte in ihren Gedanken eine eisige Stille.

Etwas kroch bedrohlich langsam in ihr empor.

„Geh!“, war ihre einzige Erwiderung.

Mel schaute ihn nicht an. Sie hatte Angst. Angst davor, war er in ihren Augen sehen könnte. Dass er etwas sehen könnte, was er nicht sehen sollte.

„Nicht doch, Roberts! Dafür amüsiere ich mich gerade viel zu gut – so sprachlos wirst du mir ja noch richtig sympathisch!“

Er verhöhnte sie. Ergötzte sich an ihr. Badete in seinem „Sieg“.

Ohne hinzuschauen, wusste sie, dass ihm ein hässlich großes Grinsen im Gesicht klebte.

Ihre ungewohnte Schweigsamkeit ließ ihn triumphieren.

Dieses miese Arschloch hatte ja nicht den leisesten Schimmer, was er da überhaupt gesagt hatte …

Eine eiserne Hand schien, sich um Mels Herz zu schließen.

„Verschwinde!“, zischte sie erneut.

Der Zorn brachte ihre Stimme zum Zittern.

„Leider kein Interesse. Aber wie wär’s, wenn ich dir stattdessen noch ein paar Wahrheiten über dich erzähle, die du nicht vertragen kannst?“

Das Grinsen war jetzt selbst in seiner Stimme zu hören.

Die Hand drückte zu …

„Weg“ lautete das einzige Wort in Mels Gedanken.

Weg, weg, weg.

Sie wollte losstürmen, aber er stellte sich ihr in den Weg, als wenn sie ein albernes Kinderspiel spielen würden.

Mel ballte die Fäuste.

„Geh aus dem Weg!“, rief sie.

Wut war nicht unbedingt hilfreich, es zu unterdrücken. Im Gegenteil, mit noch mehr Emotionen konnte Mel nicht umgehen. Etwas Verräterisches drohte, ihr in die Augen zu steigen.

„Aber, aber“, sagte seine gehässige Stimme, „wer wird sich denn gleich aufregen? Ich bin mir sicher, du kannst das auch noch netter sagen.“

Mel drehte ihren Kopf inzwischen auffällig weg.

Panik machte sich ebenfalls in ihr breit. Die furchtbare Angst, dass jemand sie sehen könnte – dass er sie sehen könnte. Schwäche.

„Ach und Roberts“, plötzlich spürte sie etwas Warmes an ihrer Wange, „es ist höflich die Person anzusehen, die man um etwas fleht!“, und er drehte, mit der Hand an ihrer Wange, ihren Kopf zu ihm.

Mels Augen trafen auf sein höhnisch entzücktes Gesicht. Sie ertrug es. Gab sich keine Blöße, indem sie die Gefühle in ihr unterdrückte, während sie sich einzig und allein auf seine Nasenspitze konzentrierte. Höher erlaubte sie ihrem Blick nicht zu wandern.

Es würde ihm langweilig werden – sein Spiel. Es würde ihm ganz bestimmt langweilig werden …

Doch stattdessen nahm Mels Panik überhand, als sie seine Hand unter ihrem Kinn spürte und er sie mit Gewalt zwang, ihm in die Augen zu sehen.

Sein Lächeln war beinah sadistisch triumphal.

Warum nur schlug sie seine Hand nicht einfach weg?

Gab ihm am besten noch einen Tritt in sein Allerheiligstes als Geburtstagsgeschenk?

Und warum, war es so schrecklich warm in diesem Flur?

Sein Blick bohrte sich in ihren. Es war zu spät. Er hatte es ganz gewiss gesehen.

Mel wartete darauf, dass er etwas sagte. Sie verhöhnen würde wie zuvor.

Wegschauen konnte sie nicht, es war als wenn er sie mit seinem Blick an eine unsichtbare Mauer festnageln würde.

Anthrazit. Seine Augen waren so dunkel wie Anthrazit. Das war Mel nie aufgefallen. Sie erinnerten sie an ein Gewitter … oder einen heftigen Sturm … Und je länger sie hineinschaute, desto wilder wurde dieser Sturm, sein Gesicht dagegen wurde … sanfter.

Sie bemerkte das, als ihre Augen für den Bruchteil einer Sekunde zu seinen Lippen wanderten. Genauso wie seine zu ihren. Er hatte schön geschwungene Lippen … für einen Mann.

Auf dem Flur herrschte absolute Stille.

Bis auf die tiefe Atmung von ihnen beiden war nichts zu hören.

Seine Augen zogen sie magisch an. Sie wollte hineinblicken in diesen Sturm, sich in ihm verlieren, davon geweht werden. Die kalte Hand um ihr Herz war längst vergessen …

Ihre Gesichter waren sich so nah … Ein kaum wahrnehmbarer Luftspalt trennte sie – trennte ihre Lippen noch.

Mel war davor sich gänzlich fallen zu lassen, als …
 

Die Gryffindor öffnete schnell ihre Augen.

Lily Evans hatte die Tür aufgerissen und war runter gestürmt. Gallagher ihr hinterher. Vermutlich, um schlimmeres zu verhindern.

Mel hatte also natürlich Recht behalten.

Ihr Herz klopfte immer noch wie verrückt. Sie hatte sich erschreckt, das war es. Erschreckt – nicht mehr und nicht weniger.

Mel rollte sich auf die Seite und schloss die Augen wieder. Aufs umziehen verzichtete sie. Es war ihr ziemlich egal, wie ihre Klamotten am Morgen aussehen würden. Sie nutzte die Ruhe – zumindest hier, von unten konnte man das nicht gerade sagen – um hoffentlich zu einem schnellen Schlaf zu finden. Morgen würde sie alle ihre Kräfte brauchen …

Doch sobald sie sich zu entspannen suchte, war es wieder da. Das Bild. War er wieder da. Genauso wie die Frage.

>Nichts! Da war nichts!<, dachte Mel eisern.

Und es war nicht Potters Verdienst, dass …

Mel hielt ihren Kopf davon ab, in die falsche Richtung abzudriften.

Er war ein Arschloch. Ein merlinverdammtes Arschloch.

Und nie würde sie vergessen, was er über sie gesagt hatte. Nie.

Melody Roberts hasste Sirius Black. Aus tiefster Seele. Mit größter Leidenschaft.

Daran würde sich nichts ändern.
 

~*~*~*~
 

Sein Löffel wanderte zum unzähligsten Male in seiner Tasse viel zu süßen Zitronentees umher. Er hatte zumindest beobachtet, dass die meisten seiner Gäste ihn als das empfanden, aber nur das Gesicht leicht verziehend, nichts zu sagen pflegten. Er gluckste leise vor sich hin. Es hatte doch manchmal seinen Vorzug, eine „lebende Legende“ zu sein …

Genüsslich nahm er einen Schluck des inzwischen nur noch lauwarmen Getränks. Ahh! So mochte er ihn. Und es brachte ein manches Mal seine Gedanken erst richtig in Schwung. Etwas, was mehr denn je von Nöten war.

Nachdenklich stellte er die Tasse auf seinem alten Schreibtisch ab, auf dem momentan nicht er, sondern das Chaos regierte. Zu viel Korrespondenz.

Automatisch begann er, den Raum zu durchschreiten. Auch das ein Helferlein für seinen Kopf. Wie ein Zirkel oder eine gefangene Raubkatze zog er wieder und wieder seine Kreise.

Hatte er die richtige Entscheidung getroffen? Der Zweifel nagte stark an ihm. Stunden hatte er damit verbracht seinen langen Bart zu zwirbeln und seine Idee von jedem Standpunkt zu beleuchten, alle nur denkbaren Möglichkeiten vorsorglich abzuwägen. Und doch war er seinem ersten Gedanken treu geblieben – sie hatten die Angewohnheit richtiger zu sein, als all das was ihm nachfolgte. Trotzdem überkam ihn in dieser Angelegenheit von Zeit zu Zeit Unsicherheit, heute natürlich mehr denn je.

Ein kleines Lächeln kitzelte seine Mundwinkel.

Er vermutete – und seine Vermutungen waren von ungewöhnlich hoher Treffsicherheit – dass die Menschen, wohl beinah die gesamte Zauberergemeinschaft, derartige Empfindungen nicht von ihm erwarteten.

Aber sie waren da. Und die Entscheidung längst getroffen. Eigentlich hatte nie eine andere zur Wahl gestanden.

Er hielt inne in seinem langen Marsch durchs Büro.

Die Dinge waren nun unveränderbar und er musste ihnen seinen Lauf lassen … in der Hoffnung, dass alles nach Plan verlaufen würde: zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen – ein Muggelsprichwort, an dem er seit vielen Jahren seine helle Freude fand.

Sein Weg führte ihn nun zu dem steinernen Becken in einer Ecke seines Büros. Er beugte sich über es und blickte tief hinein in das silbrig schimmernde Meer seiner Erinnerung. So viele Gedanken, die er sich im Laufe seiner vielen Lebensjahre gemacht hatte, steckten dort drinnen, so viele Bilder, die er gesehen, Wesen und Menschen, die er getroffen hatte – es war allzu leicht, dabei die Übersicht zu verlieren, dass das Wesentliche schnell aus dem Blickwinkel verschwand.

Aber wonach suchen …?

Der rot und gold schimmernde Vogel auf der Stange neben seinem Schreibtisch gab einen kurzen Sing-Laut von sich.

„Ich danke dir, Fawkes!“, sagte er und wandte sich lächelnd zur Tür um.

Sie wurde ohne ein Quietschen geöffnet.

„Ah ja …“, Dumbeldores hellblaue Augen funkelten auf ihre berühmte Weise, während sich das Lächeln in seinem Gesicht gleichzeitig vergrößerte.

>Wie erwartet.<

„Guten Abend, Wulfie!“

Der Eintretende verzog sein Gesicht in Unbehagen.

Der alte Mann aber schmunzelte.
 


 

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~*~* yannis Blitzinterview-Ecke *~*~
 

yanni: *professionell mäßig da hockt, an ihrem Latte Macchiato nippt, während sie bereits mit gespitztem Bleistift auf ihren Gast wartet*

*Tür geht auf*

*Figaro Garibaldi spaziert mit einem sonnigen Lächeln auf unsere Reporterin zu*

yanni: Signor Garibaldi …

Garibaldi: Bitte! Nennen Figaro, schöne signorina! *zwinker*

yanni: *hysterisch kicher* Äh ja … *sich wieder fängt* Figaro, du bist erst seit diesem Kapitel wirklich dabei. Wie hast du vor dich in der Geschichte bemerkbar zu machen? Wie sehen deine Pläne aus?

Figaro: Oh, ich haben grosse Pläne! *geheimnisvoll grinst* Nächste Unterricht, ahh … werden Spaß! Und ich werden immer bemerkbar sein in tolle Geschichte, *yanni verlegen auf ihren Block guckt* binne wichtige persona! Du wissen! *italienische Armbewegungen macht*

yanni: Hm, kann schon sein … *in sich hinein grinst* Eine abschließende Frage noch …

Figaro: Naturalmente! *charmant lächelt*

yanni: *rot wird* Also *hust* wie beurteilst du die Situation von Mel und Sirius?

Figaro: *lol* Ahh, sinte wie füreinander gemachte, die beiden! Nur noch so schüschtern, wollen Gefühle nicht zugeben – aber wirte noch passieren. *g* Ich helfen vielleichte etwas nach … Brauchen nur kleine Schubs! ^^

yanni: *ungläubig* Ob das hilft?

Figaro: Werden sehen! In amore seien alles möglich … *optimistisch zwinkert*

yanni: Äh ja … vielen Dank für dieses Gespräch, Figaro!

Figaro: Waren große Ehre, bella signorina! *verbeug*

yanni: *dämlich vor sich hingrinst und es plötzlich mit Sirius’ Ego aufnehmen kann*
 


 

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@Lesca07: Oh, Jippie! Gleich zwei Kommis auf einmal! =) *strahl*

Dann fang ich mal mit dem letzten an, was aber chronologisch eigentlich davor gehört – du verstehst mich? ^^
 

James kann man wohl auch nicht so recht verstehen – belassen wir es dabei, dass er ein echter Hohlkopf sein kann …

Joah, ich bin immer ein bisschen überausführlich, aber ich hab sonst Angst, dass es irgendwie unlogisch wird. Deswegen auch die dreißig Seiten! *lol*

Also, Lily war da wirklich gemein zu ihm. =( Aber die gute ist mit ihren Gefühlen selber momentan nicht im Reinen … Was sie natürlich nicht so recht merkt. ^^

Die Kosenamen … tja, was soll ich sagen, ich habe eben auch äußerst liebe Mitmenschen … und die sind immer eine gute Inspirationsquelle dafür. Besonders, wenn sie mal doch nicht so lieb sind. ;)
 

Nächstes Kommi!
 

Oh je, zwei Stunden?? *lach* Ich glaub, ich sollte mich doch mal bremsen … ich halte euch von allem ab …

Aber immerhin warst du trotzdem Erste! *auch stolz auf Lesca ist*

Das Mädchen kennst du nicht, aber ihren Freund! *g* Ich hatte eigentlich gehofft, man könne es raus lesen, aber anscheinend ist dem nicht so. Vielleicht schaffe ich es nächstes Chap das ein bisschen zu hinterleuchten. Ich möchte euch das Mädchen unbedingt vorstellen! =)

Uhh, wenn du Mels Perspektive gar nicht magst, dürfte dir dieses Chap wohl nicht gefallen haben. Schließlich taucht sie ständig auf … Aber ich hab mal versucht, dass sie etwas „menschlicher“ heute wird. Und Sirius war ja auch nicht soo nett.

Freut mich, dass dir die Männerfreundschaft so gut gefällt! =) Tja, was so richtige Kerle sind, da kommen eben keine „Weiber“ dazwischen! ;)

James hat Mel nicht wirklich „aus Versehen“ geschickt, aber sie war die einzige, die gerade nichts zu tun hatte und James, der Hohlkopf, hat da eben nicht weiter nachgedacht. *autsch*

*lol* Du bist die einzige, die das bedauert hat! … und Lily natürlich. Dieses Chap konnte ich dir leider wieder keinen Brian bieten, aber ich bin mehr als zuversichtlich, dass wir von ihm ausreichend im nächsten Chap sehen werden. Und es würde mich doch sehr wundern, wenn Lily nicht „zufällig“ hin und wieder seine Nähe sucht! ;)

Mal sehen wie stark Remus’ Gefühle gegenüber Lily wirklich sind. Dass er sie nett findet, hat man ja schon vorher gemerkt, aber jetzt auch noch attraktiv … O_o Die Story wird aber auf jeden Fall keine Entscheidungsgeschichte zwischen Remus und James werden. ;)

Ein Kommi länger als meine Chaps – besser nicht. Dann dauert meine Antwort ja länger als der ganze Schreibprozess und ihr müsst noch mehr warten. *lol*

Brian ist eben der Störenfried, der das James-Lily-Paradies bedroht, deswegen will wohl keiner seine guten Seiten sehen … Na ja, ein Fan von ihm bin ich auch nicht. Hat aber teilweise andere Gründe – nicht nur weil ich James lieber mag! ;)
 

Ich danke dir ganz doll für deine zwei Kommis und auch das viele Lob *knuddel* – das ist immer Balsam für die Autorenseele! =D
 

@eva-04: Ach, nicht schlimm, wenn das Kommi mal ein bissel später kommt! Wichtig ist doch, dass es kommt. ^^

Hm, bei Lily&James müssen wir uns leider noch gedulden – ich halte mich da an JKRs Angaben. Spannend dürfte es trotzdem werden. Ich denke Miss Evans wird Jamie nämlich allerhand Gründe zur Eifersucht geben. ;)

Vielen Dank für deine zwei Kommis! *bussi*
 

@Nicce: Heyho!

Jo, meine paar Seiten können schon „leicht“ schockieren … *lach* Ich kann mich einfach nicht bremsen! ^^

Hm, also dass James nicht so gut darin ist, Lily mit Unaufmerksamkeit zu bestrafen, kann man sich ja vorstellen … Hoffentlich kommt er deswegen nicht noch auf schlimmere Gedanken. =(

Dankeschön für’s Kommi, du bist echt eine fleißige Schreiberin! =)
 

@LilTe: Hey!

Das Kappi kam dann leider nicht so schnell, sorry! =( Hoffe es hat die trotzdem ein wenig gefallen? *lieb guck*

Wie das mit Ludo Bagman wird, hm, da bin ich selber schon gespannt … Aber ich hab da so meine Bedenken bei der Qualität seines Unterrichts. *g*

Stimmt, das wäre doch seehr einfach, wenn Jamie es schafft sein Herzblatt zu ignorieren und sie auf seine Methode einfach reinfällt. Das wird noch einiges geben! ;)

Remus hat ja nicht gesagt, dass er sich in Lily verliebt hat – eigentlich hat er nur zugegeben, dass er sie ein bisschen „mehr“ mag. Doch natürlich wäre es nicht gut, wenn James davon erfahren würde …

Wie du siehst, hat Sirius noch ein bisschen mehr bekommen. Das wäre wirklich sonst wenig gewesen. ^^

Die Liebesbriefe lagen schon morgens auf seinem Tisch. ^^

Thanks für’s Review!! *drück*
 


 

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Noch ein paar kurze Worte der komischen Autorin …

Ich wollte mich noch mal ganz ausdrücklich bei allen entschuldigen, weil ich wieder neue Rekorde bei der Pausenlänger aufstelle – ich war im Juni sehr beschäftigt und dann wollten Mel&Sirius nicht so wie ich wollte – und versuche jetzt wirklich das nächste Chap schnell zu schreiben!

Damit wäre ich nämlich auch beim nächsten Problem: Ich fahr in ungefähr 1½ Wochen in Urlaub. Heißt es gibt diesmal automatisch eine Pause, weswegen ich auch versuche Kapitel 16 bis Ende Juli/Anfang August noch zu liefern.

Versprechen will ich allerdings nichts …

Dafür hier schon mal ein Vorgeschmack, was euch so im nächsten Chap erwartet:
 

Signor Garibaldi wird seine erste Stunde abhalten … dafür mietet er gleich mal die große Halle … eine Person wird sehr wahrscheinlich lernen, dass Hochmut immer vor dem tiefen Fall kommt … und überhaupt geht es um die ganze Woche vor dem lang erwarteten ersten Quidditchspiel: Gryffindor vs. Slytherin. Werden sich Mel und Sirius deswegen jetzt „netter“ verhalten??
 

Und dann habe ich noch eine Frage an euch:
 

Wer gefällt euch besser als Regulus Black?

Ich hab für ihn immer Joseph Gordon-Levitt ins Auge gefasst gehabt, aber jetzt haben sie ja einen Schauspieler für ihn gecastet, den ich nicht schlecht finde: Tom Moorcroft. Die beiden sehen sich sogar ein wenig ähnlich – aber entscheidet selbst:
 

Tom: http://www.gazette-du-sorcier.com/IMG/jpg/TomMoorcroft.jpg
 

Joseph: http://img2.timeinc.net/ew/dynamic/imgs/080226/Joseph-Gordon-Levitt_l.jpg
 

vlg, die yanni
 

P.S. Ich möchte noch mal betonen - weil ihr euch alle so um ihn sorgt - dass das hier niemals eine Limus gegen Jaly Geschichte wird. ;) Also, nicht zu viel Sorgen um den guten Remus machen!
 

P.P.S. Falls es euch interessiert: Das erste Lied das Chris gesungen hat war "When I'm gone" von Simple Plan.

(Video: http://youtube.com/watch?v=Mn_dUR7IX-A)

Fünf Kater, zwei Tote und einmal Hochmut

Ähm, hi! *vorsichtiges Grinsen aufsetzt*
 

Ich glaub, wir wissen alle, dass ich faul bin ... also, nicht mehr dazu. *Kopf senk*
 

Zum Chap:

Premiere - ein bereits bekannter Chara liefert erstmals Eindrücke aus seinem Köpfchen!

Es wird endlich aufgeklärt, wer in 15.2 das Halloween-Essen so bestaunt hat & damit gibt's eine neue Persönlichkeit für die Story.

Ich werde euch gnadenlos mit einem Abschnitt verwirren - aber ich konnte einfach nicht wiederstehen. ^^

... ach, und Mel findet wieder mal wen, den sie nicht mag. *g*
 

Viel Spaß damit!!! =)
 

P.S. Nein, ich sag euch nicht die Seitenzahl. Glaubt mir ... ist besser so!
 


 

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Kapitel 16 – Fünf Kater, zwei Tote und einmal Hochmut
 

„Alles, was man im Leben braucht, sind Ignoranz und Selbstvertrauen.“

Mark Twain alias Samuel Langhorne Clemens (1835 – 1910), US-Schriftsteller
 

Die Begrüßung des Spiegels an diesem frühen Sonntagmorgen hellte Melody Roberts’ Stimmung nicht unbedingt auf. Um nicht zu sagen, es hatte genau gegenteiligen Effekt: Der Anblick war geradezu gruselig, wie ihre Reflektion leichenblass und mit blutunterlaufenen Augen zurückstarrte, mehr Zombie als Mensch.

… oder Inferi, fuhr es Mel durch den Kopf.

Ihr Körper erschauderte. Die Gryffindor blinzelte den grausigen Gedanken an Untote hinfort. Es war wahrlich nicht der beste, wenn man im Halbdunkeln stand.

Stattdessen überlegte sie lieber, was sie noch alles an diesem Tag abzuarbeiten hatte. Jede Menge. Und der erste des Monats brachte für Mel immer besonders viel Extraarbeit mit sich …

Die Antwort ihres Körpers darauf war eine sofortige, bockige Erinnerung, welche Uhrzeit es war. Mel entwich ein unschönes, wenn auch herzhaftes Gähnen. Merlin, fühlten sich ihre Glieder noch müde an!

Ausgerechnet heute …, dachte die Blonde.

Am liebsten würde sie ja wieder unter ihre warme Bettdecke schlüpfen und einfach nur die Augen schließen … Doch sie wusste, dass das keine besonders ratsame Idee war.

05:34 Uhr hin oder her – es würde es bloß schlimmer machen.

Bloß die verdammte Schuld dieses Idioten!, dachte Mel grimmig, als sie ihr Selbst ein letztes Mal kritisch im Spiegel betrachtete.

Wütend darüber, schon am frühen Morgen sein gehässiges Grinsen wieder in ihren Gedanken zu entdecken, zerrte sich die Gryffindor rasch ihre zerknitterten Klamotten vom Leib. Sie klebten ihr schon die ganze Zeit unangenehm am Körper. Eine Dusche wäre da jetzt genau das Richtige.

Als das heiße Wasser über ihren Körper rauschte, trug es nicht nur all den kalten Schweiß ihrer Haut mit sich hinfort, es ließ Melody Roberts auch ungeliebte Erinnerungen der Nacht wieder vergessen. Für den Moment.
 

~*~*~*~
 

Remus war geschafft. Erschöpft ließ sich der Braunhaarige auf die Bank am Frühstückstisch fallen, er fühlte sich müder als er am Abend zuvor ins Bett gegangen war.

Und den Weg dahin hatte er sich schon anstrengend erkämpfen müssen.

Um exakt Punkt zwölf war Lily natürlich unten erschienen – sowie Remus es vorausbefürchtet hatte – und hatte ihre kleine Party mit vielen Drohungen und Geschimpfe zu einem abrupten Ende gebracht. Die meisten hatten sich auch nach mehreren Buh-Rufen und unter Maulen brav ins Bett bewegt, aber wie immer hatten sich James Potter und Sirius Black selbstverständlich nicht wie die gewöhnlichen Durchschnittsmenschen benehmen können.

Oh nein – wie hätte Remus auch je etwas anderes erwarten können?

Während ein Schwarzhaariger, fröhlich benebelt wie er war, der fünften Rothaarigen an diesem Abend einen Heiratsantrag unterbreitete, hatte sich der andere jaulend an den Mikroständer geklammert: er wolle doch unbedingt weiter singen.

Wäre Chris nicht gewesen, Remus hätte nicht gewusst, wie er Tatze hätte dazu überreden können, sich vom Mikro zu trennen, die friedliche Lily Evans davon abzuhalten, Krone in einen Klumpen Hackfleisch zu verwandeln – ihre Gesichtsfarbe hatte sich bereits gefährlich nah ihrem Haarton angepasst gehabt, als James Potter glücklich erzählte, welche Hochzeitstorte er bestellen wollte – und bei all dem seinen Verstand zu behalten.

Leicht war es also mit Sicherheit nicht gewesen, gestern (oder eher heute früh) ins Bett zu kommen – Fabian, Frank und Wurmschwanz hatten da ja auch noch irgendwie rein befördert müssen – und die nächtliche Aufgabe war nur vom Erwachen an diesem Morgen übertroffen worden. Bzw. Nicht-Erwachen.

Bei Sirius nämlich schien Alkohol zwar kaum eine unmittelbare Wirkung zu haben, dafür hatte sich die Schnarchnase wohl irgendwann entschieden, für jede getrunkene Flasche eine Stunde länger zu schlafen. Dementsprechend halfen nur zahlreiche eisige Wasserduschen, um einen fluchenden Mädchenschwarm aus dem Schlaf zu reißen – der, sobald seine Augen erst mal offen waren, prompt in Krones, Wurmschwanz’ und Fabians Dauergejammere eine Oktave tiefer mit einstimmte. Und das alljährliche Kater-Quartett hatte sich wieder zusammengefunden!

Als wenn sie nicht wüssten, was Alkohol für Folgen hatte …

Es waren diese Momente, in denen Remus manchmal das Gefühl beschlich, mit einem Kindergarten befreundet zu sein.

Der Morgen hatte sein Klimax erreicht, als zum Schrecken der Kater-Fraktion bemerkt worden war, dass man beim letzten Mal vergessen hatte, den selbstgebrauten Partynachwirkungs-Trank á la Rumtreiber neu aufzufüllen.

Krone war ab diesem Moment nur noch von der Decke abzukratzen gewesen:
 

„Aber es ist nur noch eine Woche bis zum Spiel! Und heute ist Training – das kann ich unmöglich absagen! Bloß sieben Tage, bis wir diese miesen Schlangen zu Ehren Godrics in den Hintern treten müssen! … Merlin! Nur noch eine Woche bis zum Spiel! Eine Woche!“
 

Glücklicherweise hatte Chris da übernommen und hatte einen aufgebrachten Krone – der sie nicht mehr vergessen lassen wollte, dass es bis zum Spiel nur noch eine Woche war – zusammen mit den anderen Wehleidigen zur Küche geführt. Er wollte sie mit ein paar Muggel-Tricks gegen Kater wieder auf Vordermann bringen.

Remus hoffte, dass es helfen würde. Ansonsten würde James Potter heute das schaffen, was Sirius Black trotz jahrelangem, stetigem Bemühens noch nicht gelungen war: Remus den letzten Nerv zu rauben.

Dankbar nahm der Braunhaarige da den Tagespropheten von einer Post-Eule entgegen; er brauchte gewisse Routinen am Morgen und das Zeitunglesen zählte da zu seinen Favoriten. Remus wusste gern, was in der Welt um ihn herum passierte. Natürlich hatte er immer ein besonderes Auge auf mögliche Änderungen bei den Werwolfgesetzen. Daneben brachte es dem Gryffindor vor allem eins: Entspannung und Ruhe.

Er war bereits ganz in seine morgendliche Lektüre vertieft, während er sich nebenbei ein Toast rein schob, als er plötzlich zusammenzuckte.

„Ah, Remus, gut, dass du allein bist. Ich wollte mit dir sprechen.“

Der Vertrauensschüler blinzelte über den Rand seiner Zeitung hinweg und musste feststellen, dass es nicht nur wirklich Lily war, die mit ihm sprach, sondern, dass sie sogar ihm gegenüber Platz genommen hatte. Links von ihr saßen ihre beiden Freundinnen, Caitlín Gallagher und Isabella Cruz.

Erstere guckte verkniffen drein, während letztere ihm enthusiastisch einen „wunderschönen Guten Morgen“ wünschte.

„Ähm, wirklich? Wieso?“, meinte Remus, nachdem er verhalten zurückgegrüßt hatte, ohne sich großartig von seiner Zeitung zu lösen.

Er wusste, es war unhöflich, aber es musste sein. Für James. Remus hatte zu riesige Furcht davor, noch einmal dasselbe über Lilys Augen denken zu können, sollte er wiederum zu intensiv in sie hineinstarren.

„Es geht um gestern Abend.“

Jetzt kam es! Sie würde ihn bitterböse zurechtweisen, weil er seine Freunde nicht unter Kontrolle hatte.

„Ich möchte mich noch nachträglich bedanken, dass du so rasch gehandelt hast. Ansonsten wäre womöglich ein Unglück geschehen.“

Verwirrt erhob der Kopf Remus Lupins sich nun doch über seine Zeitung hinweg. Wovon redete sie?

„Ich muss leider gestehen, dass ich selber zu geschockt war, um einzugreifen. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass sie … dass sie zu solchen Mitteln greifen würde. Aber andererseits hätte ich auch nicht gedacht, dass selbst Black so derart tief sinken kann“, endete Lily in einem scharfen Tonfall.

Die Verwirrung hatte von Remus abgelassen, nicht die Überraschung. Lily bedankte sich bei ihm! Kaum ein anderer Mensch wäre wohl je auf diese bloße Idee gekommen, doch sie … sie war gut. Zu gut. Ein moralisches Vorzeigemodell. Ein Herz aus Gold. Perfekt.

Der Braunhaarige lenkte seine Augen rasch ab, als er sich dabei erwischte, Lily wieder einmal viel zu intensiv angeschaut zu haben. Stattdessen beobachtete er, wie Isabella Cruz lautstark mit ihrem Papagei stritt. Anscheinend wollte er ihr den mitgebrachten Brief nicht geben:

„Nein, böser Chico! Gib Brief! Nein – nicht beißen … Autschi!“, und ein Schwall spanischer Flüche erklang.

Lily warf ihr einen kurzen Lippen schürzenden Blick zu, bevor sich ihre grünen Augen wieder freundlicher an ihn wandten.

„Ihr habt Black doch hoffentlich nachher noch zur Rede gestellt? Es ist einfach unglaublich, was für Widerwärtigkeiten er sich ihr gegenüber erlaubt hat!“

„Sie hat Sirius aber auch ganz gemein beleidigt, Lily!“, meinte Isabella Cruz, die endlich ihren Brief erobert hatte, wofür sich ihr Ara nun beleidigt über ihre Cornflakes hermachte. „Und es war doch sein Geburtstag!“

„Das gibt ihm noch lange kein Recht, ihr einfach so abstoßende Dinge an den Kopf zu werfen, nur weil sein Ego es nicht verträgt!“, gab die Rothaarige zurück.

Remus stimmte ihr stillschweigend zu. Äußern tat er sich nicht. Sirius war trotz allem sein Freund und mit Lily Evans waren Diskussionen über ihn eh sinnlos. Sie konnte ihn noch nie leiden.

„Lily, ich bitte dich! Fang nicht wieder an, sie zu verteidigen“, sprach Caite Gallagher zum ersten Mal an diesem Morgen.

Ihr Gesicht wirkte nicht mehr ganz so kühl wie noch Momente zuvor.

„Sie ist ganz allein selbst Schuld an ihrer Lage.“

„Es geht hier nur ums Prinzip“, meinte die Rothaarige und drehte ihren Kopf weg.

Die Ungläubigkeit in einem Paar babyblauer Augen entging ihr somit.

„Also, Remus, habt ihr ihm nachher noch etwas Verstand einreden können?“, wechselte das Gespräch urplötzlich wieder zu ihm.

Der Vertrauensschüler rutschte unruhig auf seinem Platz herum.

„Du kennst Sirius. Wir haben es versucht, aber … er ist sehr festgefahren in seiner Meinung über sie.“

Lilys Lippen wurden schmal wie die von Professor McGonagall, also fügte er hastig noch hinzu:

„Doch ich glaube, er weiß besser als er zeigen will, dass es falsch war, was er gesagt hat. Sirius … ist nun mal so.“

Leider, fügte Remus in Gedanken hinzu.

Die Rothaarige gab ein Schnauben von sich, das allerdings schnell in einem überraschten, freudigen Ausruf der Spanierin unterging.

„Oh! Meine mamá hat mir einen Brief geschrieben!“, rief sie, als sie das Papier auseinander gefaltet hatte.

Remus hätte die ganze Sache nicht weiterbeachtet, wäre ihr so fröhlich strahlendes Gesicht beim Lesen der ersten Sätze nicht schlagartig gefallen. So hatte er das kleine schwarzhaarige Mädchen noch nie schauen sehen.

„Belli, was ist los? Stimmt etwas nicht?“, erkundigte sich Lily Evans sofort besorgt.

Nicht wie man sie sonst redefreudig kannte, antwortete Isabella Cruz, dafür wanderten ihre Augen weiter in Höchstgeschwindigkeit über das Papier, das Strahlen mit jedem Wort mehr verloren gehend. Schließlich blieben ihren dunklen Augen an einer Stelle stecken und starrten geschockt auf den Brief.

„No!“, murmelte sie, den Kopf heftig schüttelnd. „No!“, und Tränen begannen über ihr Gesicht zu fließen, verwandelten sich in Ströme.

Die sehr viel größere Gallagher zog die kleine Spanierin alsgleich in ihre Arme, mit der dunklen Stimme beruhigend klingende Worte zuflüsternd, so wie eine Mutter einem Kind.

Lily war aufgestanden und sie von der anderen Seite ebenfalls in die Arme schließend, fragte sie immer wieder, was geschehen war.

„Nana“, flüsterte die Südländerin unter gebrochenen Schluchzern, „sie ist … sie ist …“, weiter kam das kleine Mädchen nicht.

Erneut suchte ein Strom von Tränen ihre Augen heim. Ihr ganzes Gesicht war bereits nass und glänzte im herein scheinenden Licht der blassen Novembersonne.

Remus wusste nicht, wer diese „nana“ war, aber sie musste ihr viel bedeuten. Bedeutet haben.

Er spürte eine Welle des Mitgefühls über ihn kommen; auch wenn er noch nicht den Tod einer geliebten Person miterlebt hatte, so wusste Remus doch, was es hieß, einen wichtigen Menschen für immer zu verlieren.

„Miss Cruz?“, Professor McGonagall erschien hinter den Mädchen, ihr sonst so strenges Gesicht wirkte seltsam bedrückt. „Ich weiß, dass das jetzt äußerst schwer für sie sein muss, aber der Schulleiter wünscht sie zu sehen. Ihre Familie hat ihn bereits informiert über … die Umstände.“

Remus merkte wie sehr sich seine Hauslehrerin Mühe gab. Das war eindeutig eine Situation mit der Minerva McGonagall nicht sonderlich gut umgehen konnte. Aber wer war schon gut in solchen Angelegenheiten? Am Ende war ja doch jedes Wort, das man sagte, ein falsches. Immer eins zu viel, immer eins zu wenig.

Das kleine Mädchen gab ein kraftloses Nicken als Antwort, ihre sonst so starke südländische Energie spurlos verschwunden. Es schimmerten neue Tränen auf ihrem Gesicht, als sie sich von ihren Freundinnen verabschiedete.

„Ich-ich seh euch … später …“

Ihre Stimme war zittrig, genau wie ihr Gang, mit dem sie ihrer Hauslehrerin hinaus folgte.

Remus schaute ihr genau wie ihre Freundinnen betroffen nach, als sich die Szenerie auch schon wieder um 180° wendete und sechs Jungs im Eingang zur großen Halle erschienen, von denen fünf einen viel frischeren und besser gelaunten Eindruck als zuvor machten.

„Hey, Evans!“

Krone konnte es natürlich nicht lassen, Lily sogleich auf sich aufmerksam zu machen. Gedanklich trat ihm Remus dafür gegen’s Schienbein.

Das war nun wirklich nicht der passende Augenblick! Und sein Freund – der öfter Mal betrunkener Elefant im Porzellanladen von Lily Evans’ Großmutter spielte – machte es sogar noch schlimmer, als es sich selbst Remus’ größte Befürchtungen hätten ausmalen können.

„Wir haben gerade gesehen wie Cruz von Gonni abgeführt wurde – was hat sie denn ausgefressen? Muss ja arg schlimm sein, wenn die gleich heult!“

Remus legte den Kopf ihn die Hände.

„Halt deine große Klappe, Potter!“, fauchte Lily, scheinbar für den Moment ihr Schweigegebot gegenüber seinem Freund vergessend. „Wie immer verstehst du überhaupt nichts!“

Eindeutig außer sich vor Wut zogen sich Gallagher und sie rasch ans Ende des Tisches zurück.

„Das ist wohl jemand mit dem falschen Fuß aufgestanden, wie üblich!“, meinte Tatze mit gehässigem Unterton.

Für diese Aussage bekam auch Sirius Black vom Vertrauensschüler erst mal einen saftigen geistigen Tritt.

Sie haben wirklich keine Ahnung!, stimmte Remus seiner Vertrauensschülerkollegin zu.

Ein verwirrt blickender Krone ließ sich kurz darauf ihm gegenüber nieder, sich mit der Hand ständig durch die Haare fahrend – vermutlich fragte er sich, was er jetzt schon wieder falsch gemacht hatte.

Remus schüttelte noch einmal seinen Kopf, bevor er begann, seine Freunde wie üblich aufzuklären.
 

~*~*~*~
 

Sirius war es, der als Erster wieder das Wort ergriff. Niedergeschlagen wie sein Kumpel Krone – aus nicht nachvollziehbaren Gründen – wirkte, bedurfte es seiner Meinung nach unbedingt eines aufbauenden Kommentars:

„Alter, vergiss Evans endlich! Die wird sich die nächsten Tage jetzt sowieso in einer depressiven Zicken-Phase befinden und dich wegen jedem bisschen blöd anmachen.“

Er legte einen seiner langen Arme um Krones Schultern.

„Nun schau dir doch lieber mal das Angebot dort vorne z.B. an!“, machte er ihn auf ein paar Blondinen am Hufflepufftisch aufmerksam.

Die funktionierten wenigstens normal! Ihr Kichern wurde noch ausgefallener als es ohnehin schon war, sobald sie James Potters und seinen eigenen Blick bemerkten. So sollte es sein.

Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, wie Moony mit den Augen rollte. Er überging es. Von Mädchen verstand Remus Lupin seiner Ansicht nach nicht allzu viel. Er hingegen wusste genau, wie man von ihnen bekam, was man wollte.

Ein Zwinkern verließ Sirius’ Augen. Die Hufflepuff, die damit geehrt wurde, bekam rote Wangen und giggelte hysterisch. Sie war noch sehr jung, aber bereits ein richtiger Hingucker.

Hm, noch ein Jährchen warten …, vermerkte Sirius beiläufig.

Gewissen Körperteilen musste man schließlich Zeit geben sich „gut“ zu entwickeln.

„Oder wie wär’s mit denen hier“, setzte der Schwarzhaarige seine Aufbau-Taktik am Gryffindor-Tisch fort, nachdem sein Freund noch nicht so begeistert reagierte, wie Sirius sich das vorstellte. „Nein, nicht Evans!“, drehte er Krones Kopf gewaltsam aus der Richtung roten Haares, in die er schon wie automatisiert zu gucken schien. „Ich sprech von der Braunhaarigen da vorne!“, drehte er seinen Kopf weiter in Richtung einer ihrer Mitschülerinnen. „Wie-heißt-sie-doch-gleich Holly oder so. Ich sag dir, Krone: Auf die solltest du dich konzentrieren! Die ist absolut scharf auf dich – heißt, sie tut, was immer du willst!“

Sirius grinste so eindeutig wie möglich. Er musste seinen Freund endlich kurieren! Was wollte er bloß mit der zickigen Streberin Evans, wenn er doch ein Mädchen haben konnte, das jeden Zentimeter Erde verehrte, auf dem er lief? Sirius verstand es partout nicht. James verdiente etwas Besseres als diesen roten Teufel!

„Sie schaut schon wieder her, Krone!“, gab Wurmschwanz mit seiner piepsigen Stimme zur Beobachtung.

Wenigstens einer, der Sirius in seiner „Heilung“ unterstützte! Aber da er erwartet hatte, dass Moony eigentlich wieder kluge Weisheiten à la „Frauen sind keine willenlosen Liebes-Sklavinnen“ von sich geben würde, war sein neues Schweigen doch sehr angenehm.

Krone löste seinen Blick von Holly und schaute einmal fragend in die Runde. Merlin sei Dank hielt Remus Lupin seinen Blick weiter gesenkt und seinen Mund geschlossen! Das rief Sirius abermals auf den Plan, seinem Freund einen letzten Schubser ins Glück zu geben:

„Komm schon, Krone – schnapp sie dir!“, er gab ihm einen freundschaftlichen Stoß in die Seite. „Du weißt doch noch, was wir über Evans besprochen haben, oder?“, fügte Sirius verschwörerisch hinzu.

Endlich schien James Potter zu reagieren. Seine Augen wurden wacher, der Ausdruck in ihnen optimistischer.

„Vertrau mir, das Ganze wird tadellos funktionieren!“, bestärkte der Black-Spross ihn großmütig.

Es wird so tadellos funktionieren, dass du endlich deinen Kopf von Evans freikriegst und wieder normal wirst!, setzte Sirius Black in Gedanken hinzu.

Ein Plan hinter dem Plan.

Krone räusperte sich:

„Ich denke, ihr habt Recht!“, und mit einem letzten Zögern, als wenn er auf etwas warten täte, erhob sich sein Freund und ging auf das Holly-Mädchen und ihre Freundinnen zu.

Sirius Black grinste. Innerlich feierte er schon tausende Siege.

Nimm das, Evans!, schmetterte er.

Bald wäre James ganz der Alte! Ohne diesen lästigen Evans-Kram. Dann könnte er die rothaarige Streberin wieder ganz offen verabscheuen.

Apropos Mädchen … mit einem „Ich muss mal kurz weg.“ verabschiedete sich Sirius urplötzlich von seinen zwei übriggebliebenen Freunden, von denen einer sich guter Laune sein Frühstück rein zog und ein anderer es nur betrachtete. Moony musste wohl wieder eine seiner „Phasen“ durchmachen – Sirius hatte nicht auf den Kalender geschaut. Doch er hatte jetzt keine Zeit, ihm auch noch zu „helfen“. Er musste sich selbst behelfen …

Am Ravenclawtisch entlang schlendernd, zwinkerte Sirius zuerst der süßen Sheila Gallagher zu – ihre Wangen brannten abrupt auf, was ihn bestätigte –, bevor er weiter auf ein Mädchen mit langen dunkelbraunen Haaren zuschritt, die am Abend zuvor ein wenig lebendiger gewirkt hatte. Abwesend rührte sie in ihrem Müsli rum.

„Hey, Mary!“, Sirius ließ sich ohne Umschweife neben der Ravenclaw nieder und schenkte ihr eins seiner Lächeln, von dem er wusste, dass es Hogwarts’ weibliche Bevölkerung um den Verstand brachte.

„Si-Si… Sirius“, ihre klaren blauen Augen weiteten sich.

Das veranlasste Sirius, sein Lächeln noch etwas zu intensivieren. Sanft strich er ihr eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht – er konnte schwören, ihr rasendes Herz zu hören.

„Ich glaube, ich habe dir gestern noch keine eindeutige Antwort auf deine Frage gegeben …“, und damit beugte sich Sirius langsam zu ihrem Gesicht hinab.
 

~*~*~*~
 

Mit einem Gefühl überaus gewinnender Zufriedenheit packte James Potter heute die Quidditch-Sachen zusammen. Dank Chris’ Behandlung am Morgen hatten er, Tatze, Frank und Fabian ohne große Probleme am Training teilnehmen können. Nur so ein Rollmopsteil würde James jetzt gewiss für lange Zeit nicht mehr sehen können. Wurde aber auch Zeit, dass sie ihre Rumtreiber’sche Geheimmischung nachbrauten.

James grinste siegesgewiss. Das Training war wirklich ein voller Erfolg gewesen! Die Aussicht nur noch eine einzige Woche zu haben, bis ihr erstes großes Spiel – das Spiel überhaupt – gegen Slytherin laufen würde, beflügelte alle eindeutig noch mal in ihrem Ehrgeiz. Selbst Malcolm Franklin hatte weniger von seiner großen Klappe und mehr von seinem Talent gezeigt als sonst. Aber sie waren ja auch Gryffindors – sie konnten nicht verlieren!

Sie würden nicht verlieren, beruhigte sein unbesiegbarer Optimismus ihn.

Er, James Edward Potter, hatte schließlich höchstpersönlich dieses Weltklasseteam zusammengestellt!

Zuerst einmal wären da Abigail, Malcolm und auch noch seine Wenigkeit, die Gryffindors goldene Angriffsfront bildeten; hundert Punkte in zwanzig Minuten, kein Problem für sie.

Und Fabian würde im Gegenzug dafür sorgen, dass jeder mögliche (schwächliche) Angriff der Slytherins ohnehin einfach an seinem Besen abprallen würde.

Wenn sie denn überhaupt soweit kämen!

Frank und Tatze waren schließlich die unüberwindbare Abwehrfront, die den Schlangen, auf dem Weg zu den Ringen, da im Weg stand und James wusste, wie sehr es seinen Freund danach juckte, wieder Slytherins vom Besen hauen zu dürfen. Es musste Sirius Black eine ungemeine Genugtuung bescheren, jenem Hobby nun endlich nachgehen zu können – besonders natürlich, wenn sich seine allerliebste Verwandte mit im Team befand. Das sadistische Grinsen nach ihrem letzten Spiel gegen die Schlangen hatte jedenfalls für sich gesprochen.

Und zu guter Letzt würden die Slytherins gar nicht genug Zeit haben, mal an den Ball zu kommen, weil sie ja Roberts hatten! … ok, sie war vielleicht nicht sehr ähm, kameradschaftlich und im Grunde genommen nicht mal freiwillig im Team – wobei James ihr bloß einen klitzekleinen „Anreiz“ gegeben hatte, um ihre Meinung zur Abwechslung positiv zu beeinflussen –, aber sie spielte ihre Position nun mal astrein. Da konnte auch er, der Experte, nicht meckern.

Inzwischen funktionierte selbst die Zusammenarbeit im Team mit ihr schon viel besser. Sogar Tatze und sie hatten sich heute nicht gestritten – nicht einmal! Eine Tatsache, die James vom Besen gehauen hätte, wäre er nicht schon längst wieder am Boden gestanden, als ihm plötzlich die Erleuchtung gekommen war. James fand es vor allem so überraschend, weil selbst er, nach dem was gestern zwischen den beiden abgegangen war, mit dem schlimmsten gerechnet hatte (heißt: Es hätte ihn auch nicht verwundert, wenn sein Freund mit dem Treiberstock auf sie losgegangen wäre, und sie ihm dafür im Gegenzug einen Tritt voll in die Sechs gegeben hätte.). Stattdessen hörten sie endlich auf ihren Quidditchkapitän und taten, was James ihnen bereits vor Monaten geraten hatte: sich völlig zu ignorieren. Keine gehässigen oder sarkastischen Kommentare, die sie sich gegenseitig an den Kopf warfen, kein abfälliges Schnauben von Sirius oder kaltes Starren ihrerseits. Nichts! Auf dem Quidditchfeld hatte lange keine so herrliche Ruhe mehr geherrscht. Die beiden schauten sich nicht mal mehr an, all ihrer beider Konzentration galt allein dem Spiel – und bei Tatze heute auch noch überextrem seinem eifrigen Fan-Club.

Trotzdem, die Slytherins – insbesondere deren Sucher (wer immer es jetzt auch war) – würden sich noch gewaltig umsehen!

„Uff!“, James verstaute zuletzt noch schnaufend die schwere Kiste mit den Bällen wieder sicher im Schrank und war nun bereit, endlich eine erquickende Dusche zu nehmen. Auf Tatzes Warten – das sein Freund sonst gern mit größter Ungeduld demonstrierte – würde er diesmal allerdings verzichten müssen. Er und Chris hatten keine Zeit verschwenden wollen und begannen sofort mit dem Gitarrenunterricht. Soweit James wusste, sollte sein Freund nämlich schon in der Woche nach dem Spiel an den Proben der Band teilnehmen.

So schlenderte James also allein zu den Umkleiden; Sirius war das nicht gewesen. Seine neue Freundin, Mary Heart aus Ravenclaw, schien ihn unbedingt zu seinem Unterricht bringen zu wollen. James war überrascht gewesen zu sehen, dass sein Freund es zugelassen hatte, aber er hatte ihn schon damit überrascht, sie überhaupt als seine offizielle „Freundin“ zu bezeichnen. Normalerweise tat Sirius Black so etwas nämlich nicht. Genauso wenig wie er es normal ertrug, dass Mädchen meinten, ihm auf Schritt und Tritt folgen zu müssen. Tatze fühlte sich schnell in seiner Freiheit eingeengt.

Wie er so über das Date seines Freundes nachdachte, kam James auch unweigerlich Holly in den Sinn – und die Verabredung mit ihr, über die er nicht wusste, ob er glücklich sein sollte oder nicht.

Holly war jedoch rasch wieder aus James’ Gedächtnis gestrichen, als ein kleines Etwas sich hastig auf ihn zu bewegte. Zuerst dachte er, es wäre Wurmschwanz und wunderte sich schon, was der auf dem Quidditchfeld tat. Doch als es noch näher kam, merkte er, dass selbst sein kleiner Freund größer war und identifizierte das Objekt als Timmie Stalk-Rooter.

„Ich weiß es jetzt, James! Ich weiß es endlich!“, keuchte der blonde Junge, als er vor James zum Halt bremste.

Der Quidditchkapitän musterte ihn für einen Moment irritiert durch seine Brillengläser, bevor es klick machte und er sich an den großen Auftrag erinnerte, den er Timmie gegeben hatte. Beinah so wichtig wie der andere, den James ihm vor längerer Zeit aufgetragen hatte.

„Wirklich?“, fragte der Schwarzhaarige begeistert. „Gut gemacht, Timmie! Dann schieß mal los – wer ist es?“

Und der winzige Zweitklässler setzte mit einem glückseligen Gesichtausdruck – vermutlich, weil er, sein Idol, ihn gelobt hatte – zur Antwort an.

James Potters Gesicht verdunkelte sich schneller, als man hätte „Slytherin“ sagen können.
 

~*~*~*~
 

Remus’ Kopf befand sich in einer typische Situation: mit der Nase tief in einem äußerst dicken Buch steckend. Seine Beine waren währenddessen damit beschäftigt, selber den Weg zurück zum Gryffindor-Turm zu suchen. Jahrelanges Training hatte sie darin schon zu wahren Meistern gemacht, und so konnte sich der oberste Teil ihres Herrn entspannt, voll und ganz dem Inhalt der derzeitigen Lektüre widmen: Kartographie – Eine jahrtausende alte Kunst (Exklusiv mit einer Kopie vom Original-Plan des Minotaurus-Labyrinths in Knossos!).

Es gab jedoch einen Teil am Körper des Vertrauensschülers, der derzeit unter fürchterlicher Unterbeschäftigung litt. Seine immer aufmerksamen Ohren. Und genau deshalb suchten seine feinen Hörgeräte – der akuten Langeweile zu entfliehen – nach Arbeit, ja lechzten geradezu nach jedem Geräusch, das sie kriegen konnten. Da war es also wohl kein Wunder, dass diese unbeanspruchten Körperteile den Werwolf noch früher als sowieso schon gewöhnlich hochschrecken ließen, als sich vertraute Töne aus der Ferne näherten.

„Hey, was …?!“, empörte sich eine irritierte Stimme.

Sirius Black – ohne jeden Zweifel.

Und die lachende, ihm antwortende Stimme musste demnach von Chris Young stammen, schließlich hatte Tatze sich den ganzen Morgen wie ein kleiner Junge zur Abwechslung auf Unterricht gefreut. Eine wahre Rarität.

„Vielleicht hörst du mir jetzt sogar mal zu, wenn ich dein Herzblatt in Händen halte?“

Mit gerunzelter Stirn steckte Remus den Kopf um die Ecke. Sirius Black und ein Herzblatt?

Dieser Fall war so wahrscheinlich wie der, dass Dumbledore heute Abend nackt den Ententanz auf dem Lehrertisch vollführen würde.

Remus schüttelte eiligst den Kopf, um dieses Bild wieder aus seinen Gedanken zu verscheuchen. Sonst könnte er seinem Schulleiter nie wieder in die Augen sehen. Albus Dumbledore war ein Meister der Legilimentik.

Die beiden Jungen schritten nun langsam heran, kamen schließlich in Sichtweite. Und was Chris da in der Hand hielt, war …

„Also, wenn du weiter so guckst, mache ich gleich einen Hochzeitstermin aus!“

… Tatzes liebste, neuste Errungenschaft – seine blitzrote Gitarre. Und er starrte sie tatsächlich an, als wenn es nichts Kostbareres, Ehrerbietungswürdigeres und Schöneres auf dieser Welt gäbe – definitiv gieriger als jedes Mädchen.

„Bei dieser Hochzeitsnacht wäre ich gern Zeuge“, rutschte Remus die Bemerkung heraus, ein Schmunzeln breitete sich genüsslich auf seinen Lippen aus.

Verärgerte und schmollende graue Augen trafen den Braunhaarigen dafür sofort.

„Wirklich lustig, Moony!“, maulte Tatze ihn beim Näherkommen an, während Chris schon mal pfeifend den Hochzeitsmarsch anstimmte. „Ihr verletzt ihre Gefühle!“, beschuldigte er sie voller Dramatik und nahm Chris sein „Herzblatt“ aus der Hand, um es fest an sich zu drücken. „Keine Sorge, Baby, wir werden uns nie trennen!“

Nachdem diese Szene – die im Übrigen nach Remus Lupins Meinung nur wieder so vor Black’scher-Theatralik tropfte – überstanden worden war, folgten die drei Jungs eine kurze Weile ruhig dem Weg zum Turm zurück. Hier und da die üblichen Dinge austauschend und Witzchen über Tatzes Gitarrenfanatismus machend.

Aber wie Weilen nun mal sind – besonders, wenn sie vom Autor als „kurz“ beschrieben werden –, sie alle finden einmal ein Ende.

Für Remus schon früher, weil er ja nach wie vor die besten Ohren besaß.

„So etwas kann man auch freundlich formulieren, nur zu deiner Information!“

Für einen Augenblick dachte Remus, er müsse sich irren. Diese Stimme war doch sonst nie unausgeglichen! Strotzte stets mit ihrer ruhigen Überlegenheit. Was konnte sie da derart erregen?

„Freundlichkeit ist etwas für dämliche Leute, die eindeutig zu viel Zeit in ihrem sinnlosen Leben haben.“

Ein Ton – und Remus hatte Antwort genug.

Natürlich …, dachte er.

Darauf hätte er auch selber kommen können. Und dennoch – seine Überraschung blieb.

Die drei Jungs näherten sich jetzt immer mehr der Abzweigung, von der die hitzige Diskussion stammte.

„Ich aber habe Wichtigeres zu tun, als auch nur eine Minute länger als unbedingt nötig an dich zu verschwenden!“

Nun schienen auch seine beiden Gryffindor-Mitschüler, es endlich zu hören. Denn er sah Chris neugierig seinen Hals vorstrecken, wohingegen Sirius Black abrupt stehen blieb und schwer ausatmend die Augen schloss. Seine Fäuste ballten sich wie auf Knopfdruck.

Wäre er jetzt Tatze, würde er wahrscheinlich auch noch seine Ohren anlegen und die Nackenhaare aufstellen, sinnierte Remus.

Sirius Black musste immer übertreiben. Er war und blieb eben eine Drama-Queen.

„Hey, ist das nicht …“, murmelte Chris und verschwand plötzlich im Gang hinter der Ecke.

Remus folgte ihm zögerlich, immer ein Auge auf seinen angespannten Freund habend.

Seine Ohren hatten ihn natürlich wieder mal nicht getäuscht. Dort, hinter einem alten, antik aussehenden Schrank, stand Brian Peterson. Der Junge, der sonst die Ruhe in Person war und dabei eine unglaubliche Überlegenheit ausstrahlen konnte.

„Wie überaus überraschend!“, dieser Sarkasmus war allerdings neu beim Ravenclaw-Vertrauensschüler. „Glaub mir, aus unserer letzten Begegnung habe ich genug Schlüsse ziehen können. Deine Worte eben waren daher absolut überflüssig. Du hast mir nichts gesagt, was ich nicht ohnehin schon gewusst hätte.“

Harte Worte. Doch leider hatte sich der schlaue Ravenclaw einen Gegner aussuchen müssen, der in Sachen verbaler Konfrontation kein Anfänger war. Melody Roberts konnte man nicht so leicht beeindrucken – man konnte sie gar nicht beeindrucken. Sarkasmus war ihr zweiter Vorname.

„Wenn du so schlau bist, wie du denkst, Peterson, habe ich einen Tipp für dich: Erinnere dich an deine eigenen weisen Gedanken und halt beim nächsten Mal gleich von Anfang an die Klappe! “, erwiderte sie ohne ein Zögern.

Und Gehässigkeit ihre Natur.

„Verschwende deine ach-so-klugen Worte von mir aus an irgendwen anders, der meint, deinen Rat nötig zu haben. Ich habe gehört, bei Rothaarigen bist du ja gerade ganz erfolgreich, oder Peterson?“

Etwas musste man ihr lassen, egal für wie verabscheuungswürdig (Tatze) man sie hielt. Sie wusste haargenau, welche Schalter und Knöpfe zu drücken waren, um jemanden in argen Konkurrenzkampf zu Vulkan „Sirius“ zu setzten. Davon blieb selbst Brian nicht verschont. Denn nie hätte Remus nächstes von ihm erwartet.

Als die blonde Gryffindor dies wohl für den Zeitpunkt betrachtete endlich zu verschwinden, stellte sich der Ravenclaw-Vertrauensschüler nicht nur in den Weg, der große, dunkelblonde Junge packte sie auch noch an den Schultern. Er wollte sie festhalten.

„Hey, brauchst du Hilfe?“

Erneut eine Sache, die Remus nie erwartet hätte. Noch weniger wohl Sirius Black, der Chris Young ansah, als ob bei ihm mindestens drei Hippogreife im Oberstübchen singen müssten. Und das auch noch schräg.

Der streitenden Gryffindor und dem Ravenclaw-Schüler schien erst jetzt bewusst zu werden, dass sie Gesellschaft hatten, denn sie tauschten kurz einen unerkennbaren Blick aus, anschließend ließ Brian sie so abrupt los, als wäre nie etwas gewesen.

Die blonde Gryffindor wandte sich in ihre Richtung um. Die rechte Augenbraue gekonnt erhebend, musterte sie ihren blonden Mitschüler aus kalten, blauen Augen.

„Halt dich gefälligst aus meinen Angelegenheiten raus, Young! Ich bedarf niemals der Hilfe eines Idioten, klar?“

Es war keine richtige Frage. Mehr der schon gewöhnliche Zusatz von ihr, um andere zu beleidigen, wie es Remus bemerkte.

Chris schien für einen Moment perplex, da er selber gerade zum ersten Mal Zielscheibe ihrer „Höflichkeit“ geworden war. Er fing sich jedoch erstaunlich schnell.

„War nur ein Angebot“, meinte er schulterzuckend.

„Dann spar sie dir, denn niemand braucht sie!“

Natürlich musste sie das letzte Wort haben. Immer schon.

„Du winkelst immer eine Augenbraue an, wenn du dich angegriffen fühlst – das ist lustig!“, sagte eine heitere Stimme urplötzlich aus dem Nichts heraus.

Remus’ Kopf wirbelte umher. Er konnte es beinah nicht glauben, aber die gesamte Zeit hatte er, der aufmerksame Beobachter, Remus Lupin, es doch tatsächlich geschafft, eine Person zu übersehen, die neben der Ritterrüstung gegenüber der Tür stand, vor der sich Gryffindor und Ravenclaw eine Auseinandersetzung lieferten.

Es handelte sich um ein farbiges Mädchen aus Brians Haus. Remus wusste es, weil sie u. a. auch in seinem Alte-Runen-Kurs saß. Von dem, was er über sie mitbekommen hatte, machten die Mitschüler ihres Hauses allerdings meistens einen weiten Bogen um sie, weil sie dort als ziemlich „wirsch“ und „abgedreht“ galt. Remus konnte es ihnen nicht verdenken. Wann immer er sie gesehen hatte, starrte sie mit diesem eigenartigen Zwinkern im Auge durch die Gegend – als sähe sie alles zum ersten Mal und könnte nicht genug davon bekommen. Und ihre Augen … die waren sowieso merkwürdig. Remus könnte schwören, dass sie unnatürlich größer waren als die von anderen. Vielleicht war es aber auch nur eine Sinnestäuschung, weil Pupille und Iris nahezu denselben Schwarz-Ton besaßen.

Alles in allem ein Mädchen, das selbst er als eigenartig bezeichnen würde.

Nur ihren Namen … Remus wüsste nicht, dass er je gefallen war. Jedenfalls nicht, dass er es mitbekommen hätte. Der Vertrauensschüler konnte sich einfach partout nicht erinnern, und er hatte ein hervorragendes Gedächtnis für Namen.

„Da – du machst es schon wieder!“, lachte die dunkle Ravenclaw in merkwürdigen, kurzen Glucksern.

Sie hatte ein ziemlich eigentümliches Lachen.

Melody Roberts blickte sie kalt an:

„Peterson, du hast echt komische Freunde!“, sagte sie, als hätte sie soeben eine universell unverrückbare Tatsache festgestellt. „Aber damit erinnerst du mich dankenswerter Weise daran, warum ich keine zu haben pflege.“

Warum du keine mehr zu haben pflegst, verbesserte Remus sie gedanklich.

Er konnte nicht verhehlen, dass dieser Gedanke sich ein wenig traurig, ja fast wehmütig äußerste. Ein Quäntchen stechender Wut war ebenso dabei …

Brian erwiderte nichts, doch die unverhohlene Abneigung in seinen Augen sprach für sich allein.

Das Mädchen, das sich jetzt eigentlich wie jeder normale Mensch zutiefst beleidigt fühlen sollte, wippte nur merkwürdig den Kopf von einer Seite zu anderen, ihre riesigen, schwarzen Augen nicht von der Gryffindor nehmend, als wenn sie erst noch angestrengt über das nachdenken müsste, was diese gesagt hatte.

„Hm … du bist wirklich sehr interessant zu beobachten“, meinte die Ravenclaw, den Zeigefinger in der Mitte ihrer Stirn positionierend. „Du machst so komische Bewegungen mit deinem Körper“, und sie spulte genau ab, wie Melody Roberts sich zuvor bewegt hatte, Feinheiten, die dem normalen Menschen nie auffallen würden, „als wenn du dich dauernd vor allen verteidigen müsstest.“

Stille. Die Blonde starrte die Ravenclaw an.

„Dein Geschmack lässt eindeutig zu wünschen übrig, Peterson, aber das hast du mit Evans ja schon zur Genüge bewiesen!“, verkündete die Gryffindor eisig und marschierte erhobenen Hauptes los.

Als sie an ihnen Drei vorbeirauschte, entging Remus nicht, wie absichtlich Sirius Black sein Gesicht zur Mauer drehte. Die Fäuste noch fester zusammenballend.

Sie stand dem im Nichts nach. Auch ihr Gesicht war in jede andere Richtung als die eines schwarzhaarigen Kopfes gedreht. Nicht mal mit einem Blinzeln würdigte sie ihn.

Und da war noch etwas, was Remus auffiel: den leichten Windhauch, den sie mit sich zog. Er trug eine ganz feine Schweißnote. Wie Mädchen eben rochen, nachdem sie Sport gemacht hatten. Kein Wunder, dass Tatze das Gesicht verzog.

Remus hob die Brauen. Irgendwas kam ihm daran eigenartig vor. Sie trug zwar zwei dicke Bücher mit sich – aber die konnten sie doch nicht so sehr anstrengen. Oder? Da fiel es ihm plötzlich wie Schuppen vor die Augen: heute Morgen hatte Krone doch ein ausgedehntes Quidditchtraining veranstaltet!

Manchmal fragte Remus sich ernsthaft, warum er sich um solch unwichtige Kleinigkeiten immer Gedanken machen musste. Sie hatte es einfach noch nicht geschafft zu duschen.

Na dann wird Tatze jetzt wohl seinen Beweis feiern …, überlegte Remus mit Blick auf seinen Freund, der immer noch eine Grimasse zog.

Schließlich hatte er doch behauptet, dass sie ständig stank, weil sie neben ihrer Streberei keine Zeit fürs Duschen hätte. Eine Behauptung, die absolut nicht stimmte, aber Remus hatte es bis jetzt unterlassen, Sirius Black darüber aufzuklären, dass Melody Roberts für gewöhnlich alles andere tat – außer zu stinken.

„Lass uns gehen, Ivy“, sagte Brian und beförderte Remus damit aus seinen Gedanken in die Realität zurück.

Ivy? Remus blickte zu der dunkelhäutigen Ravenclaw, die ihre Augen inzwischen leuchtend vor Neugier auf ihr Grüppchen gerichtet hatte. Wieder war da dieses unheimliche Zwinkern in ihren Augen. Remus wusste nicht mal, wie sie es fertig brachte. Ihr Lächeln zum Abschied war nicht weniger unangenehm. Als wüsste sie bereits Dinge über dich, die du selbst niemals erfahren wolltest.

Brians Abschied fiel kürzer aus. Er gab nur ihm ein steifes Nicken. Dann waren die Ravenclaws auch schon verschwunden.

„Junge! Also, wenn das nicht richtig irre ist, dann weiß ich auch nicht mehr!“, brachte es Chris auf den Punkt. „Worüber haben die sich eigentlich jetzt gestritten, so richtig bin ich da nicht hinter gestiegen …?“

„Warum wolltest du ihr helfen?“, schaltete sich Tatzes Stimme scharf wie ein Messer ein, ohne auf die vorherige Frage seines Bandkollegen einzugehen.

„Oh“, die graublauen Augen Chris Youngs wirkten verblüfft, „hab seit gestern Abend Mitleid mit ihr.“

Sirius Black starrte den Gryffindor nun definitiv an, als wäre er reif für St. Mungos Geschlossene. Und zwar mit vierundzwanzig Stunden Aurorensicherung vor der Tür.

„Hey, versteht mich nicht falsch!“, meinte ihr Mitschüler abwehrend, als er ihrer beider Blicke sah.

Remus gab offen zu, selber bei Chris’ Aussage gewisse Probleme mit der Nachvollziehbarkeit zu haben. Er mochte es moralisch verwerflich finden, was Tatze da gestern Abend mal wieder von sich gegeben hatte. Richtiges Mitleid – nein, das hingegen konnte er ihr gegenüber nicht empfinden.

„Sie ist mir jetzt dadurch nicht irgendwie sympathischer, aber … einen Elternteil zu verlieren, das ist hart. Kann einen echt fertig machen. Glaubt mir. Ich hab meinen Dad verloren.“

Über den Flur legte sich eine unangenehme Stille. Remus wusste ehrlich nicht, was er darauf sagen sollte. Das war der zweite Tote heute. Und noch immer fiel ihm nichts ein, was er sinnvolles erwidern könnte. Gab es das überhaupt?

Er hatte nicht einmal gewusst, dass Chris Halbwaise war. Genaugenommen, kannte er ihn gar nicht.

Tatze schien ebenso ratlos. Erkennbar am beiläufigen Zurückstreichen seiner Haare. Das tat er dauernd, wenn ihm langweilig war oder er seine Nervosität verbergen wollte so wie jetzt. In diesem Punkt hatte Remus ihn inzwischen durchschaut.

Sirius Black konnte mit solch intensiven Gefühlen nicht umgehen. Sie machten ihn unruhig.

„Na ja, Schluss mit den sentimentalen Themen!“, wechselte Chris glücklicherweise das Thema.

Er musste ihr gehemmtes Verhalten bemerkt haben.

„Wenn ich heute Abend noch Songs schreiben will, braucht mein Magen ein wenig Futter. Auf leeren bin ich nicht kreativ.“

Prompt gab Sirius’ Körpermitte ein zustimmendes Grollen von sich.

„Ich entnehme daraus, dass ich nicht der einzige mit dieser Meinung bin?“, fragte Chris lachend nach.

Tatze grinste. War ja klar. Wann war ihm sein kommunikativer Bauch auch je peinlich gewesen?

„Denkst du eigentlich immer nur mit deinem Magen?“, fragte Remus und musste sich größte Mühe geben, dabei nicht die Augen zu verdrehen.

„Ach, Moony!“, der Schwarzhaarige legte einen Arm um seine Schulter, als sie begannen zur großen Halle zu schlendern. „Nicht immer. Wenn ich mit einem Mädchen zusammen bin, dann überlass ich einem ganz anderem Körperteil das Denken!“

Remus zog es vor, sich zu diesem Kommentar nicht zu äußern. Stattdessen verdrehte er nun doch die Augen.
 

~*~*~*~
 

„Evans!“

Lily hob auf die nicht gerade freundliche Ausrufung ihres Namens den Kopf. Sie kannte die Stimme. Das verhieß nichts Gutes.

„Evans!“, dort im Türrahmen des Verteidigungsklassenzimmers stand Mel und ihr Blick war alles – außer freundlich. „Du hast meinen Wecker ausgestellt!“, sie fragte nicht, sie stellte fest.

Lily konnte spüren, wie sich die wenigen anwesenden Blicke neugierig zu ihr umwandten. Es war noch nicht viel los an diesem Montagmorgen, nur drei Ravenclaws waren da, obwohl der Unterricht in fünf Minuten bereits beginnen sollte. Aber diese Stunden standen ja immer in ganz besonderen Anführungsstrichen – Chadna (die ebenfalls vorbildlich mit Nicht-Anwesenheit glänzte) sei Dank. Auch Caite war heute noch nicht da. Sie wollte sich vor dem Unterricht noch mit ihrer Schwester treffen. Lily war also auf sich allein gestellt.

Deshalb versuchte die Vertrauensschülerin, bei ihrer Antwort um so gefestigter zu erscheinen:

„Ich hab es nur gut gemeint. Als er viel zu früh losging, habe ich ihn eben ausgestellt, weil ich nicht wollte, dass du und die anderen so früh wach werdet.“

Die Gryffindor war absolut ehrlich. Sie hatte doch nur Mels Fehler korrigiert, vergessen zu haben, den Wecker auf eine spätere Uhrzeit umzustellen. Und jede Minute Schlaf war der Blonden früher immer heilig gewesen …

Mels Augen blieben unverändert hart.

„Wegen dir bin ich fast zu spät gekommen!“

Die Erwiderung der Rothaarigen verließ ihren Mund daraufhin weitaus weniger mutig als zuvor:

„Ich hatte angenommen … ich dachte, du-“

„Evans“, der frostige Unterton erzeugte auf Lilys Unterarm eine Gänsehaut, „tu dir selbst einen Gefallen: Hör auf zu denken! Es kommt sowieso nichts bei rum.“

Schlagartig fühlte sich Lily zehn Zentimeter kleiner. Und unter Mels kaltem Blick schien sie jede Sekunde weiter zu schrumpfen. Warum nur konnte sich Lily so schwer gegen sie verteidigen? Warum gab sie ihr immer das Gefühl, kein Recht zu haben, selber anzuklagen?

Du bist Vertrauensschülerin, Lily Evans. Du darfst dich so nicht behandeln lassen!, erinnerte sie eine kleine gewissenhafte Stimme.

Es stimmte. Dumbledore hatte sie nicht nur ernannt, damit sie für Recht und Ordnung sorgte, sondern anderen auch ein Vorbild war. Mel hin oder her, sie musste ihren Auftrag erfüllen.

„Ich … ich hab’s doch nicht böse gemeint“, startete die Gryffindor einen zaghaften Versuch, ihre gut gemeinten Intentionen zu verteidigen. „Ich wollte doch nur …“

„Du bist schuld, Evans“, sagte sie, als wäre es eine absolute Konstante, „also hör auf dich rauszureden! Die arme-klein-Mädchen Nummer zieht bei mir nicht.“

Wieder hatte es Mel geschafft. Sie war richtig und Lily … Lily war falsch.

Ihr Kopf senkte sich beschämt und schaute die Tischplatte an.

„Im Übrigen kannst du froh sein, dass das Trampeltier Hopkins noch mal zurückgekommen ist, um ihren Lipgloss zu suchen“, setzte Mel ihre Leviten-Lesung ohne Mitleid fort. „Ansonsten-“

„Allora, allora!“, rief da eine Stimme dazwischen.

Wenn Lily sich schon nicht selbst verteidigen konnte, so schien das Schicksal sie dennoch nicht ohne Verteidigung lassen zu wollen.

„Was iste problema?“, ihr neuer italienischer Lehrer kam in vergnügter Manier auf sie zu, hinter ihm – und hier machte Lilys Herz einen aufmunternden Hüpfer – betrat auch Brian das Klassenzimmer.

Für sie hatte er sogar ein sanftes Lächeln übrig. Seine Augen wirkten jedoch gegenteilig. Die ganze Zeit bewegten sie sich nicht von Mels Rücken fort, der sich noch immer vor Lilys Tisch befand.

„Es gibt kein Problem“, antwortete Mel in einem äußerst unfreundlichen Tonfall, wenn man bedachte, dass ihr ein Lehrer gegenüber stand. „Man muss Evans leider bloß immer wieder klar machen, dass sie sich um ihren Kram kümmern soll.“

Die Blonde sah Lily nicht an. Auch Professor Garibaldi wurde keines zweiten Blickes bedacht. Ganz in Mel typischer Manier ging die Blonde auf ihren Platz zu, breitete die nötigen Sachen vor sich aus und schlug ein Buch auf. Ihre Umwelt stur ignorierend.

„Nichte traurig sein, schöne signorina!“, flüsterte eine Stimme Lily plötzlich zu.

Sie musste Mel wohl etwas zu intensiv hinterher gestarrt haben, denn das Gesicht ihres neuen Lehrers war ihr auf einmal so nah, dass sie sogar die Beschaffenheit seiner Iris feststellen konnte. Die scheinbar braunen Augen waren eigentlich mehr olivfarben. Außen von einem dunkleren Ring umgeben, strahlten sie um die Pupille in feurigem Braun mit rötlichem Schimmer.

Die Nasenspitze des Mädchens verfärbte sich leicht. Und es wurde noch schlimmer, als der Italiener ihr zuzwinkerte.

„Wissen nichte? Sonne scheinte jeden Tag – auch wenn nicht können sehen hier!“

Er lachte kurz und fröhlich auf, und es wirkte so aufmunternd auf Lily, dass es sogar schaffte, ihr wieder ein kleines Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Mit einem jungenhaften Grinsen verabschiedete sich der neue Lehrer auf seinen Hospitationsplatz in die hinteren Reihen.

Lily konnte sich nicht helfen, aber diese sonnige Art – er war wie Belli. Dauerfröhlich, optimistisch, ein wenig verrückt und es immer wieder schaffend, dir ein Lachen ins Gesicht zu malen. Menschen aus dem Süden schien die Sonne wahrhaft ins Herz geboren zu sein. Isabella Cruz war schließlich auch 95% ihrer Freundschaft fröhlich gewesen.

War.

Mit Schrecken bemerkte Lily, wie wenig sie bisher an ihre kleine Freundin gedacht hatte, und es versetzte ihr einen unangenehmen Stich. Heute früh hatte sie die Wecker-Sache abgelenkt, doch im Nachhinein fühlte es sich komisch an, nicht von einem riesigen Belli-haften „Guten Morgen“ geweckt zu werden. Es war auch keiner da gewesen, der sie über die neusten Gerüchte vom Wochenende aufgeklärt hatte. Niemand der bemerkte, dass das Wochenende viel zu kurz sei für all den Spaß, den es biete und keiner, der aufgeregt zurück zum Turm flitzten musste, weil die Hausaufgaben sich dort noch irgendwo in Bellis selbst erschaffenen Chaos versteckten.

Ohne sie fehlte etwas. Aber es hatte schon seit gestern Morgen gefehlt. Nie hatte sie Belli – auch nach all den abenteuerlichen Beziehungen, die sie gehabt und beendet hatte – so am Boden zerstört gesehen. Es war, als wäre kurzzeitig ein anderer Mensch an ihre Stelle getreten. Kein Lächeln hatte ihr mehr entrinnen wollen, ihre Stimme selbst beim Abschied ein einziges Zittern.

Lily konnte verstehen, was sie fühlte. Sie hatte schließlich ebenfalls ihre Großmutter vor ein paar Jahren verloren. Und für Belli war ihre der Fels in der Brandung gewesen, ihr ein und alles, zu dem sie stets aufgeschaut hatte. Da musste es mehr als ein Schock – für ihre gesamte Familie – gewesen sein, dass diese starke Frau, die neun Kinder zur Welt gebracht hatte, von einem Moment auf den anderen an einem Herzinfarkt verschied. Ein Schlag aus dem Nichts.

Es wird schon wieder werden!, redete sich Lily gut zu.

In einer Woche würde Belli wiederkommen – Dumbledore hatte ihr erstaunlich großzügig freigegeben –, und dann wäre sie bestimmt bereits besser drauf.

Belli kriegte sich schon wieder ein. Das hatte sie bis jetzt immer getan.
 

~*~*~*~
 

Mels Dienstag war schrecklich. Keine Überraschung. Ein Tag, der mit Zaubertränke begann, konnte nichts anderes sein. Frei nach Mels Motto: Du sollst den Tag nicht vor dem Abend loben, aber ihn in Grund und Boden verfluchen, falls er dir bereits am Morgen krumm kommt.

Und das tat er jeden Dienstag in Form eines eklig riechenden Substanzengematsches, das bei der Gryffindor auch noch grundsätzlich immer nach der falschen Scheiße aussah und roch. Einem dickbäuchigem Lehrer, der alles bevorzugte, was Talent oder Namen hatte – und womit sie natürlich in beiden Kategorien gleichermaßen versagte. Der bloßen Anwesenheit eines schwarzhaarigen Subjekts im selben Raum, und nun auch noch – um das ganz feierlich abzurunden – diese Süßholzraspelnde Asiatin.

Slughorn überschlug sich vor lauter Begeisterung gleich zu Anfang schon. Welch eine große Hilfe sie allen doch sein würde und dass sie mit ihrem Talent – dessen glücklicher Zeuge er bereits hatte sein dürfen – auch jede andere Stelle hätte bekommen können! Und während der ganzen Zeit, die Slughorn sie da laut in seinen Lobeshimmel trompetete, stand Professor Mailin Li nur dauerlächelnd daneben. Andere glaubten wahrscheinlich, das wäre auf eine schüchterne Weise höflich von ihr, Mel aber fand dieses Lächeln furchtbar arrogant. Als wenn dieses asiatische Prinzesschen nichts anderes gewohnt wäre.

Der Unterricht mit Professor Li wurde dann sogar noch besser! In einem sarkastischen Sinne.

Mal abgesehen nämlich von den ganzen Jungs, die ihr allzeit mit den Augen am Hintern klebten und urplötzlich einen so starken Leistungsabfall zeigten, dass sie ständig ganz dringender Hilfe bedurften – ein gewisser Schulschönling selbstverständlich als ihr Anführer vorneweg – hatte sie auch noch diesen schlimmen penetranten Tick, der es ihr bei Mel bis in alle Ewigkeiten gründlich versaute. Sie musste sich einmischen.

Jedes Mal, wenn wieder ihre hohe, süßliche Stimme erklang, um ihr einen „Verbesserungstipp“ zu geben – aka, sie auf einen groben Fehler hinzuweisen, der vor Dummheit strotzte – rollten sich Mels Zehennägel auf. Reichte nicht schon Evans neben ihr, mit ihrem angeborenen Weltverbesserungssyndrom? Ihre rechte Augenbraue war bis zum Maximum angewinkelt. Außerdem musste die ihr ja jede Stunde aufs Neue ihre Hilfe anbieten und sie mit ihrer Klugheit nerven. Professor Li hatte das nach Mels Meinung aber nicht zu tun.

Das i-Tüpfchen oben drauf war wie immer das Lachen des Idioten aus der letzten Reihe. Völlig ungeniert amüsierte er sich köstlich über jeden von der Asiatin entdeckten Fehler bei Mel. Sie wusste, dass er es war. Dafür brauchte sie sich nicht umzudrehen – ein Hauch ihrer Beachtung wäre schon übermäßige Verschwendung gewesen.

Nach diesen herrlichen zwei Stunden in der Welt der giftigen Dämpfe und ätzenden Kleister hätte Mel gern gedacht, dass es jetzt vorbei war. Doch allein Professor Li, der lebenden Zuckertüte, würde sie am Abend wieder gegenübertreten müssen. Die Astronomie rief – o Freude!

Und Potter hatte am Sonntag auch noch stolz verkündet, dass er sein Sklaventreibertraining endlich auf jeden Tag der Woche hatte ausweiten können. Manchmal sogar morgens, weil es sonst mit den Slytherins Hauen und Stechen gegeben hätte.

O doppelte Freude!

Mel sollte sich nicht irren. Nachdem ihr – mit Potters Hilfe – mehr denn je bewusst war, wie viele Knochen und Muskeln sich in ihrem Körper befanden, entwickelte sich Astronomie – ein Fach, das ihr normal nie große Probleme bereitet hatte – an einem einzigen Abend zum zweiten Zaubertränke. In den Augen der „bezaubernden“ Perfektionstante konnte sie nichts richtig machen.

„Miss, Orion befindet sich weiter nördlich.“

„Miss, der große Wagen ist Ihnen zu groß geraten.“

„Miss, Sie haben Sirius ausgelassen.“

Mel starrte auf den weiß gebliebenen Fleck auf ihrer Karte. Anschließend knallte die Blonde die Feder auf den Tisch, nachdem Madame Perfekt endlich zu einer anderen Reihe abgezogen war, einem Jungen, der sich nicht mehr „erinnern“ konnte, ob nun großer oder kleiner Bär größer war.

Wieder erklang ein hämisches Lachen in der Dunkelheit. Mel ignorierte ihn; ihre Zähne pressten sich mit gewaltigem Druck gegeneinander.

Der ach-so-schöne Namensvetter ihres letzten Fehlers hatte natürlich nicht einmal dergleichen zu hören bekommen. Nein, er wurde sogar noch in den höchsten Tönen für seine exakte Kartographie gelobt! Nicht, dass man anderes in Astronomie von Mr Ich-bin-so-toll-dass-man-es-kaum-glauben-kann gewöhnt war. Hatte er es doch zum erklärten Lieblingsschüler von Professor Starr gebracht. Aus dem Mund von Honigsüß klang es allerdings viel schlimmer. Wie ätzende Klebmaße.

Da lobte sich Mel doch die neue Lehrerin in Pflege magischer Geschöpfe. Professor Wilhelmina Grubbly war genauso entspannend mürrisch wie Professor Kettleburn und nur geringfügig gesprächiger. Na ja, sie war eben eine Frau.
 

~*~*~*~
 

Mittwoch, das war immer ein toller Tag. Denn Unterricht begann erst um neun (grob gesagt) und jede Minute Schlaf war schließlich mehr als kostbar. Und dann hatten sie an diesem Tag eigentlich nur die „guten“ Fächer. Hieß Geschichte der Zauberei, wo man alles tun konnte, außer dem Unterricht zu folgen (Es war absolut tödlicher als tödlich Professor Binns zuzuhören!). Kräuterkunde, was nun wirklich keine Herausforderung darstellte – und es machte immer einen Heidenspaß andere Leute, die konzentriert aufpassen wollten (Moony), mit Erde zu bewerfen. Zum guten Schluss war da dann noch Muggelkunde … nur Verteidigung gegen die dunklen Künste war der größere Witz. Es war ein reines Spaßfach – und Professor Bilius Weasley ein leicht schräger Partylehrer, der als einziger versuchte, sich ernst zu nehmen. Alles in allem ein wunderbarer Tag!

Doch es musste natürlich jemanden geben, der Sirius Black einen dicken, fetten Strich durch seinen liebsten Wochentag (neben Samstag und Sonntag selbstverständlich) machte.

Und damit meinte er nicht Krone, der ihn kurzerhand aus dem Bett geschmissen und diesen Morgen zu einem Quidditch-Morgen erklärt hatte. Obwohl Sirius es da hätte wissen müssen, wenn ein Tag so schlecht (früh) anfing.

Ebenfalls nicht – und das tat der schwarzhaarige Gryffindor nun wirklich nur ungern zugeben – die Sicht des „unaussprechlichen Etwas’“ auf seinem Besen. Trotzdem hatte sie, mit dem Wissen, dass ihre Existenz einen weiteren Tag fortdauerte, natürlich schon provisorisch dazu beigetragen, seine Laune an einem Mittwoch gefährlich abzusenken.

Nein, all das verwandelte Sirius’ Lieblingstag noch nicht ins Gegenteil, aber bekanntlich sind ja aller schlechten Dinge gleich drei. Und drei war das, was er jeden Mittwoch gepflegt verdrängte, damit die Vorstellung von seinem „perfekten Tag“ heile blieb.

„Mr Black, es wäre mir doch eine überaus große Freude, wenn Sie sich von Ihrem Platz erheben könnten, um mir hier vorne Gesellschaft zu leisten.“

Die eine, unsägliche Stunde Unterricht, die um neun Uhr begann. Wahrsagen.

Sirius tauschte einen Blick mit seinem besten Kumpel aus. Stumme Kommunikation.

„Sie brauchen sich um Mr Potter keine Gedanken zu machen. Er wird in der nächsten halben Stunde garantiert nicht sterben. Das sage ich Ihnen als Seher. Auch wenn ich hinzufügen muss, dass Mr Potters Zukunft in bedrohlich dunklen Schatten verschwindet …“, die dünnen Lippen des alten Mannes kräuselten sich.

Natürlich konnte Professor Sugam Nomis es nicht lassen, auch nur eine einzige Stunde abzuhalten, ohne ein ungewisses Schicksal vorherzusagen. Sirius wusste, warum er den komischen alten Wahrsagefuzzi nicht ausstehen konnte. Das Geschwafel machte ihn wahnsinnig!

Trotzdem nahm er mehr oder weniger willig seinem Lehrer gegenüber Platz. Auf dem Tisch zwischen ihnen befand sich ein großer Haufen dieser nutzlosen Bilder-Karten, die einem angeblich etwas über die Zukunft erzählten.

Zwei Monate hatten sie sich nun schon mit diesem ewigen Thema beschäftigt! Als wenn es so unglaublich wichtig wäre, diese zig verschiedenen Legemethoden und Kartendecks zu lernen. Krone und er waren am Ende so verwirrt gewesen, dass sie aus lauter Langeweile ein neues Kartenspiel erfunden hatten. Irgendwie musste man diese sinnlose Zeit ja vernünftig rum bringen.

Warum nur hatte er dieses Fach gewählt? Ach ja, er hatte es ja gar nicht gewählt. Er wurde gewählt.

Dies hier war nämlich das Ergebnis einer kreativen Strafarbeit seiner allerliebsten Hauslehrerin. Dabei hatten die Toiletten gar nicht in die Luft fliegen sollen! Nur in die Luft gehen, sobald jemand kam, um ein „dringendes Geschäft“ zu erledigen. Doch irgendwie war die Zauberformel wohl nicht ganz korrekt gewesen. Es Peeves nachher in die Schuhe zu schieben, war leider ebenfalls nicht erfolgreich gewesen. Und so hatte Sirius nun drei zusätzliche Fächer „gewählt“, statt der vorherigen zwei. Das einzig gute war, dass Krone genauso daran beteiligt gewesen war wie er – Gonni war automatisch vom Richtigen ausgegangen – und sein bester Freund hier nun ebenfalls seine Strafe absitzen musste. Sirius wäre sonst gestorben vor Langeweile (und Verzweiflung).

„Nun, da wir das Thema heute zum Abschluss bringen“, Sirius entglitt ein erleichternder Seufzer, „möchte ich Ihnen allen noch mal die große Macht und Weisheit demonstrieren, die in den Karten auf Sie warten kann – falls Sie sie denn richtig zu deuten wissen …“, der Mann, mit dem grau-weiß meliertem Bart, ließ den Satz geheimnisvoll in der Luft schweben, bevor er weiter sprach. „Mr Black erhält hierbei die Ehre, von mir persönlich eine Vorhersage über seine Zukunft zu bekommen.“

Sirius’ Gesicht verzog sich angesichts dieser „Ehre“ nicht unbedingt zum Positiven. Genaugenommen schaute er so begeistert drein wie zuvor, wenn nicht gar noch fröhlicher. Aber es kümmerte ihn nicht. Es kümmerte ihn überhaupt nicht, ob er in Wahrsagen keine gute Note erreichen würde. Das Fach war Spinnerei.

„Allerdings ist mir durchaus bewusst, dass Mr Black jetzt noch nicht in der Lage ist, die Worte zu verstehen, die ihm die Karten sagen werden – doch“, dunkle Augen funkelten belustigt in der Tiefe, „… man sagt nicht umsonst: Hoffnung, gibt es immer.“

Die Brauen des Schwarzhaarigen fuhren misstrauisch zusammen. Er mochte den Blick nicht, mit dem ihn dieser klapperdürre Greis anschaute.

„Nun denn“, ein konzentrierter Gesichtsausdruck fand Einzug auf das Gesicht seines Lehrers und sein Blick galt fortan einzig und allein den Karten, „ich werde für Mr Black jetzt „das Fegefeuer“ legen. Es wird mit Sicherheit interessant sein zu sehen, welches Problem ihn in naher Zukunft beschäftigen wird.“

Dann verstummte er von einem Moment auf den anderen völlig und alles mit ihm. Man konnte die Ehrfurcht spüren, die durch den Raum ging. Es kam nicht oft vor, dass Sugam Nomis einem einfachen Schüler eine kostenlose Analyse seiner Zukunft gab – ausgenommen seine kleinen Spielchen natürlich. Gerade wegen dieser Seltenheit hielten ihn wohl viele in diesem Raum für einen wahrhaften Wahrsager. Gerade deswegen tat Sirius es nicht.

Wenn er die Zukunft so super kannte, wie er seinen besten Freund, James Potter, warum zog er dann nicht umher und warnte die ganze Welt vor allem, was sie dort draußen bedrohte?

Ganz einfach, weil er ein Schwindler war! So wie die anderen auch. Der Black-Spross glaubte nicht ein Fünkchen dieses Zukunfts-Gebrabbels.

Alles Schwachsinn!

Bei Merlin, Sirius glaubte ja nicht mal ans Schicksal! Als wenn irgendwo geschrieben stände, was er in den nächsten paar Monaten treiben würde. Er traf die Entscheidungen – weil er sie treffen wollte und nicht weil sie so bereits fest standen. Schicksal war eine Erfindung von Menschen, die nicht für ihre eigenen Fehler gerade stehen konnten. Stattdessen klagten sie lieber die übermächtige Kraft an, die sie zur falschen Entscheidung gezwungen hatte. Feiglinge!

Und wenn es kein Schicksal gab, dann auch keine Wahrsagerei. Somit hätte sich dieser ganze Kram hier als nutzlose Zeit-tot-Schlagerei erledigt. Seine Zukunft bestimmte man nun mal selbst und nicht ein Haufen Karten.

Aus besagtem Haufen zog sein Lehrer nach minutenlangen Starren nun endlich vier Karten hervor. Ohne sich damit aufzuhalten, sie umzudrehen, positionierte er sie auf ihrem Platz. Dann tat der Alte vor ihm wiederum für Augenblicke nichts, als die Karten zu fixieren, bevor sich aus dem Nichts dieses eklig, dünne Lächeln auf seinen Lippen bildete.

„Eindeutig interessant“, lautete scheinbar sein Gesamturteil über Sirius’ Zukunft.

„Ich wusste doch, dass sie mich nicht langweilen würden, Mr Black.“

Bei ihm klang es, als wenn der Black-Spross ein spannendes Museumsstück wäre, das er soeben eingängig studiert hatte. Der Mann wurde Sirius jeden Moment unsympathischer.

Ungehalten dessen drehte Professor Nomis die erste Karte um – und wirkte nicht im Mindesten überrascht. Ein paar Köpfe seiner Mitschüler streckten sich überdeutlich.

„Mr Black“, adressierte er ihn, „als erstes haben wir hier die Karte oder das Problem, das bei Ihnen im Fegefeuer liegt: die 7 der Schwerter. Allgemein gesagt, steht sie für den Betrug.“

Schon allein damit konnte Sirius nichts anfangen. Es gab keinen Betrug.

„Doch wir halten uns nicht damit auf …“, seine Hand wanderte weiter. „Die nächste Karte wird uns bereits mehr darüber sagen, wie ihr Problem entstanden ist. Ah ja …“, das kleine Bild zeigte einen Kerl mit ziemlich vielen Stöcken, „9 der Stäbe. Ursache ist also die verschlossene Tür.“

Warum war mir das nicht schon vorher klar?, dachte Sirius ironisch.

„Lösung für Ihr Problem finden Sie hierin“, deckte Professor Nomis ohne Pause die vorletzte Karte auf – eine, die Sirius äußerst bekannt war. „Der Turm: ein Umsturz.“

Die Sache wurde immer wirscher … Selbst Chadna drückte sich klarer aus.

„Bei der letzten Karte war ich ehrlich gesagt überrascht“, und das verbliebene Blatt wurde weitaus langsamer von ihm gewendet. „Es kommt doch nicht oft vor, dass das Rad des Schicksals einem begegnet, selbst in meinen Kreisen. Aber die Botschaft ist eindeutig: der Sinn des Ganzen liegt im Schicksal selbst.“

Ein ehrfürchtiges Geflüster und Raunen ging durch die Schülerreihen. Schließlich hatte er diese geheimnisvolle Kraft genannt, an die hier jeder zu glauben schien.

Sirius war unbeeindruckt und hätte sie am liebsten alle laut ausgelacht. Also bitte! Diesen Blödsinn gerade hätte er auch erfinden können.

„Mr Black“, widerwillig spendete ihm der Schwarzhaarige eine Spur seiner Aufmerksamkeit, und er hatte gehofft, dass sie endlich fertig wären, „ich weiß, dass Sie mir kein Wort glauben.“

Der alte Mann warf ihm diesen Vorwurf so locker vor die Füße, dass es Sirius beinah verblüffte.

„Das ist auch der Grund, warum ich Sie ausgewählt habe.“

„Macht für mich nicht besonders viel Sinn“, erwiderte Sirius zum ersten Mal etwas auf seinen Lehrer.

Seine Arme waren ineinander verschränkt.

„Nennen Sie es eine Herausforderung“, wieder das eklige Lächeln.

Erinnerte ihn an Dumbledore, mit seinem ich-weiß-was-was-du-nicht-weiß-Blick. Nur mit dem Unterschied, dass es mehr ein ich-weiß-schon-was-was-du-noch-nicht-weiß-Lächeln war.

„Ich könnte Ihnen natürlich mehr über die Botschaft der Karten verraten – aber das wäre eine Nutzlosigkeit. Deshalb wiederhole ich nur die Fakten: Sie, Mr Black, unterliegen einem deutlichen Betrug, resultierend aus einer Tür, die verschlossen wurde. Durchbrochen kann er nur werden, wenn sie den Turm zum Einsturz bringen. Doch den Rest zu dieser Geschichte, müssen sie allein raus finden.“

Am liebsten würde Sirius ihn auslachen und anschreien zugleich.

Niemand seiner Freunde betrog ihn! Er konnte jedem blind vertrauen.

„War’s das?“, hakte er wenig freundlich nach.

„So ist es, Mr Black. Die Stunde ist hiermit beendet.“

Merlin sei dank! Sirius erhob sich ohne Umschweife von seinem nicht sehr bequemen Stuhl, um zu Krone zurückzukehren, da hielt ihn die nervige Stimme seines Lehrers noch einmal auf.

„Mr Black, vergessen Sie nicht die letzte Karte“, die Augen des Wahrsagers bohrten sich unangenehm in seine.

Sirius brachte ein rüdes Nicken mehr schlecht als recht hervor und verdrehte, nachdem er Professor Nomis den Rücken zugewandt hatte, ungeniert die Augen.

Der Sinn liegt „im Schicksal selbst“ – na klar!

„Also, ich schwöre ehrlich und feierlich als Rumtreiber und dein bester Freund, dass ich dich nicht betrüge!“, platzte es aus Krone hervor, sobald er in Reichweite ihres Tisches kam. „Ich hab dir bis jetzt nur vorenthalten, dass wir morgen früh wieder Quidditchtraining haben – und dass ich vor dir auch schon einen besten Freund hatte.“

Erneut verdrehte Sirius Black die Augen, als James Potter, seines Zeichens sein bester Freund, meinte, ihm mit aufrichtig glänzenden Augen vor Anwesenheit der halben Klasse erklären zu müssen, dass er ihm vertrauen konnte.

„Erstens – wozu müssen wir schon wieder mitten in der Nacht trainieren?!“

Er ließ seinen Freund die Frage nicht beantworten. Zu langer Quidditchvortrag.

„Zweitens, hast du mir von deinem besten Freund erzählt. Er hieß Bongo, der fliegende Bär und war ein Teddy.“

Die Hand seines Freundes glitt zu seinen Haaren und richtete wie immer noch mehr Chaos an.

„Und drittens: Du glaubst den Mist von gerade doch nicht etwa?“, es war ihm egal, ob der Professor ihn hörte oder nicht.

Er „wusste“ ja schließlich lange bevor schon, dass Sirius ihm keine seiner Lügen abkaufte.

„Du nicht?“, fragte Krone irritiert. „Ich meine, der Kerl ist-“

„Ein echt guter Lügner, sonst nichts.“

„Also, ich weiß nicht, selbst Dumbledore soll-“

„Dumbi ist alt und kann sich auch mal irren. Oder glaubst du etwa, dass mich Wurmschwanz oder Moony hintergehen?“, fragte Sirius, wissend wie die Antwort lauten würde.

„Natürlich nicht“, sagte Krone hastig, „aber-“

„Also. Dann vergiss das Thema und lass uns gehen! Ich hab Hunger“, maulte der Schwarzhaarige.

Krone grinste. Dabei erlitt sein bester Freund hier große Qualen, weil er eindeutig zu wenig vom Frühstück abbekommen hatte. Warum musste das auch um Punkt neun von der Gabel verschwinden – nur weil Unterricht da begann?

Als zwei schwarzhaarige Jungs den Weg zur Küche hinunterflitzten – Moony würde ihnen ein schlechtes Gewissen machen für jede Minute, die sie nicht in Geschichte saßen – rempelten und schubsten sie so manche Leute aus dem Weg. Einen Fluch bekamen sie beide aber nur selten zu hören, meistens hörte die betroffene Person bei der Hälfte auf. Da wusste Sirius, dass sie erkannt worden waren.

Niemand legt sich freiwillig mit einem Rumtreiber an!, dieser Gedanke ging ihm voller Genuss durch den Kopf – neben den Törtchen, die er plante zu essen.

Nur manche schienen stur ihre Stellung ignorieren zu wollen. Ein wütendes Zischen, Folge eines groben zur-Seite-Stoßens blonder Locken, hätte Sirius fast dazu gebracht stehen zu bleiben. Aber er entschloss sich nichts gehört zu haben.

Sollte sie sich doch sonst wohin scheren – am besten ganz weit weg –, Sirius hatte wichtige Dinge zu erledigen. Und dazu würde sie nie gehören.
 

~*~*~*~
 

Lachen. Laute Schritte. Caite schaute auf. Ihre kirschroten Lippen in strenger Miene geschürzt.

„Hast du sein Gesicht gesehen?“

James Potter.

„Wir haben ihm bestimmt den Schock seines Lebens verpasst!“

Dann konnte der andere auch nicht weit sein.

„Dabei weiß ich gar nicht, was er hat? Das Rot steht ihm eindeutig!“

Wenn man vom Teufel spricht …

„Ja, und erst die goldenen Haare, sie runden sein neues Outfit perfekt ab!“

Diese beiden waren wie Zwillinge. Niederträchtig und voller Widerwärtigkeit.

„Nicht zu vergessen das große leuchtende „Gryffindor“, das du ihm auf die Stirn gezaubert hast und jedes Mal brüllt, wenn er wütend wird! Krone, ich muss schon sagen, da hast du dich wieder mal selbst übertroffen!“

Und sie schreckten sogar nicht davor zurück, sich gegenseitig in ihren verabscheuungswürdigen Taten zu bestätigen.

Wahre Vertreter ihrer Gattung!, dachte Caite voller Abneigung gegenüber den beiden schwarzhaarigen Jungs, die gerade eben den Gemeinschaftsraum betreten hatten.

Ihr Gesichtsausdruck wurde noch eine Spur strenger.

„Ich weiß, was du meinst, Tatze! Wir sind und bleiben doch die Meister. Die, die uns schlagen wollen, müssen erst noch geboren werden!“

Herrmerlin! Diese zwei mussten wirklich noch dümmer sein, als die Irin bisher ohnehin von ihnen angenommen hatte. Anders könnten sie sich, auf den Mist, den sie ständig fabrizierten, nicht so viel einbilden.

Wo nichts ist, passt viel Einbildung rein …, ging der Gryffindor der nicht gerade positive Gedanke durch den Kopf.

Normale Leute würden sich schämen! Und Black wollte aus wohlerzogenem Hause kommen? Das sie nicht lachte! In all den Jahren hatte er keinerlei Spuren von Höflichkeit oder einer vorbildlichen Moralität aufgezeigt. Wie jetzt gerade.

Caite räusperte sich merklich laut, um Aufmerksamkeit zu erhalten. Die beiden hohlen Nichtsnutze waren allerdings immer noch viel zu sehr mit der Lobpreisung ihres albernen Scherzes beschäftigt.

„Black!“, sprach Caite – wenn auch unwillig –, sodass er sie bemerken musste.

Angesprochener drehte sich mit gelangweilt, angenervter Miene zu ihr um.

„Hm?“

Sein Ton strotze nur so vor Unfreundlichkeit. Caite überging seine Manierlosigkeit für den Augenblick. Zwangsweise.

„Wenn du die Güte hast, mir nun mal zuzuhören, vielleicht fällt dir dann auch auf, dass du etwas vergessen hast?“

Der schwarzhaarige Junge schaute sie mit irritiertem Blick an.

„Ich kann mich an kein Date mit dir erinnern.“

Die Irin wollte ihren Ohren nicht trauen.

„Wir hatten auch kein Date!“, ihren blauen Augen funkelten eisig. „Du solltest mich um fünf Uhr in der Bibliothek treffen, um mir in Zaubertränke Nachhilfe zu geben!“

Ihre Antwort vertrieb die Irritation aus seinem Gesicht. Gegen die Arroganz half es allerdings nicht.

„Hör zu, Schätzchen, alle Mädchen wollen andauernd, dass ich ihnen Nachhilfe gebe“, er betonte das letzt Wort auf eine überdeutliche Weise.

Caite war außer sich. Was dieser Mistkerl sich für Sachen traute! Und dann grinste er auch noch so furchtbar anzüglich, als wäre es genau, was sie wollte. Ein altbekanntes Gefühl glimmte in Caites Magen auf und verwandelte sich in ein dauerhaftes Brennen. Ihr war schlecht. Doch weder dies noch Blacks Macho-Gehabe ließen sie ihre lang anerzogene Haltung verlieren. Letzteres war sowieso zu erwarten gewesen – ein Mann wie Black konnte sich nicht anders benehmen.

„Ich habe eine Viertelstunde auf dich in der Bibliothek gewartet, wenn das dein letztes Wort sein sollte, dann gehe ich jetzt wohl besser zu Professor Slughorn und sage ihm, dass du lieber die Schüler seines Hauses verhext – anstatt dich um sein Projekt zu kümmern!“

Caite stand schon halb im Portraitloch, als endlich Antwort kam:

„Na schön, Gallagher! Wir treffen uns nächste Woche um dieselbe Zeit. Ok?“, es klang nicht wie eine Frage, eher wie eine Entscheidung, zu der er sich gütiger- und notwendigerweise durchgerungen hatte. Doch mit Caite Gallagher spielte man nicht. Sie behielt die Karten in der Hand.

„Oh nein, Black! Da kann ich nicht“, verkündete Caite kühl.

Ihre Nase hob sich wie von selbst an.

„Wieso?“, platzte es ungehalten aus ihm hervor.

„Das geht dich ja wohl überhaupt nichts an!“

Tat es selbstverständlich auch nicht. Doch in Wahrheit hatte Caite nächste Woche noch gar nichts vor. Herumschubsen ließ sie sich von einem von seiner Sorte jedoch nicht. Niemals.

„Ich sage, wir treffen uns Samstag um Punkt fünf Uhr am selben Ort.“

Seine Antwort kam diesmal schnell:

„Geht nicht. Da hab ich Quidditchtraining und danach Gitarrenunterricht“, winkte er siegreich lächelnd ab.

Caite verschränkte etwas undamenhaft die Arme und beglückte ihn mit der traditionsreichen irischen Kühle eines berechnenden Gallagher’schen Augenaufschlags:

„Tja, dann solltest du wohl sehen, wie du das alles unter einen Zauberhut bekommst, nicht wahr?“

Caite würde nicht vor ihm kriechen. Im Gegenteil, sie würde ihn einmal von seiner eigenen Medizin kosten lassen. Das Gefühl der Erhabenheit lag auf ihrer Seite, und er würde es zu spüren bekommen.

„Ich jedenfalls bin Samstag pünktlich da, und du solltest es auch sein. Ansonsten sage ich dem Professor, dass andere Dinge für dich größere Priorität haben als sein Unterricht.“

„Verdammt, Gallagher!“

Seine Lautstärke war ein gutes Zeichen für die Gryffindor, dass es bereits erste Wirkung zeigte. Leute wie er vertrugen die eigene Behandlung nicht.

„Warum bist du auf einmal so scharf darauf, diese Sache durchzuziehen und dich unbedingt mit mir zu treffen? Eifersüchtig auf die Schwester?“, der Nachsatz kam wieder leicht überheblich.

Zu überheblich.

„Ein falsches Wort, Black“, zischte Caite mehr als sie sagte, „und Slughorn wird dich schneller aus seinem kleinen Club rauswerfen als dir lieb ist! Ich habe meine Gründe, Black – mehr brauchst du nicht zu wissen. Und von Sheila hältst du dich gefälligst fern!“

„Es kam mir nicht vor als wäre ihr meine Nähe unbehaglich, Gallagher!“, erwiderte Sirius Black äußerst gelassen in gönnerhafter Manier.

Dieses Grinsen, das er jedes Mal bei Sheilas Erwähnung oder in ihrer Nähe hatte – so eindeutig, so gleich wie gegenüber seinen anderen Opfern – Caite wollte es ihm am liebsten herausschneiden. Sie ertrug es nicht.

„Sheila ist dreizehn“, die Dunkelhaarig betonte jedes Wort überdeutlich. „Sie weiß natürlich nicht, was gut für sie ist – aber ich, Black! Und ich werde dafür sorgen, dass deine dreckigen Griffel, nicht mal in die Nähe meiner Schwester kommen. Verlass dich darauf!“

Das waren Caite Gallaghers letzte Worte für heute an Sirius Black. Länger konnte sie seinen Anblick einfach nicht aushalten.

Schnelle, gewählte Schritte führten sie hinter die sicheren Mauern des Mädchenschlafsaals hinauf. Ruhig und mit geradem Rücken ließ sie sich auf ihrem Bett nieder.

Sie hasste ihn. Ihn und sein einschmeichelndes Lächeln. Seine Art Frauen wie den letzten Dreck zu behandeln, der kaum würdig genug war, seine Füße zu tragen.

Und nun hatte er es auch noch auf sie abgesehen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, ein Moment, in dem Caite nicht hinsah und … Die Gryffindor weigerte sich diesen Gedanken zu Ende zu führen.

Sie würde sie schützen. Sie musste sie schützen.

Nie und nimmer würde sie zulassen, dass ihrer kleinen Sheila das passierte.

Dieselben Augen machen noch nicht denselben dummen Fehler, Caitlín, sagte sich die Irin an diesem Nachmittag wieder und wieder, während dunkle Gedanken vor ihrem geistigen Auge tanzten …
 

~*~*~*~
 

„Ich halte es für besser, wenn wir jetzt aufhören, Lily. Wir haben heute wirklich viel gearbeitet, dein Kopf verdient sich eine Pause“, sagte Brian, ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen.

Die Rothaarige nickte und lehnte sich erschöpft ausatmend in ihrem Stuhl zurück. Gearbeitet hatten sie tatsächlich mehr als sonst. Aber Professor McGonagall hatte für übernächste Woche auch einen Test angekündigt und das momentane Thema lag Lily nun mal kein bisschen.

Was für ein Glück, dass Professor McGonagall Quidditch-Fan ist …

Lily hätte es nicht für möglich gehalten, dass sie es je denken würde, aber zur Abwechslung war sie diesem idiotischen Sport mal dankbar. Würde es das Spiel am Sonntag nicht geben – ihre Lehrerin hätte nie und nimmer einen Test verschoben.

Aufgrund dieser außergewöhnlichen Dankbarkeit wollte Lily ausnahmsweise sogar hingehen. Und das mit mehr Elan als üblich. Es stand natürlich in absolut keinem Zusammenhang mit Gryffindors neuer Sucherin …

Was Lily ohne Umschweife gleich zum nächsten Thema brachte. Denn an Aufhören war für die Vertrauensschülerin trotz aller Arbeit an diesem Donnerstag noch bei Weitem nicht zu denken. Hier fand Lily wieder einen Grund, Quidditch nicht zu mögen. Einzig und allein der Sport war nämlich Ursprung von Lilys langem Arbeitstag. Oder vielmehr Potter und sein Training, das er meinte, auf jede freie Minute dieser Woche legen zu müssen.

Nun würde nämlich ein Rollentausch stattfinden und die Gryffindor würde fortan den Lehrer spielen, während eine äußerst unwillige, dickköpfige Persönlichkeit aus seinem vielbeschäftigten Quidditchteam den Schüler mimen würde. Ein leiser Seufzer entwich Lilys Lippen. In letzter Zeit brachte der Gedanke an Mel Lily nur Kopfschmerzen. Ihre Zensuren wurden in keinster Weise besser und die Rothaarige hatte noch immer keine Ahnung, wie sie Mel auf ihr gemeinsames Referat mit Pettigrew ansprechen sollte. Tiefe Frustration machte sich vom Neuen in der Gryffindor breit.

„Irgendwas, was dich bedrückt, Lily?“

Die Rothaarige sah überrascht auf. Sie hatte so Gedanken verloren gar nicht mitbekommen, dass Brian noch da war. Für gewöhnlich verschwand er ziemlich schnell nach ihren Treffen, manchmal gar ohne, dass Lily seinen Abschiedsgruß rechtzeitig mitbekam.

„Ach, es ist nichts. Nicht so wichtig“, spielte Lily ihre Sorgen wie üblich herunter.

„Nach nichts sieht es aber nicht aus“, meinte er, ihr intensiv in die Augen schauend.

„Ich will dich nicht aufhalten. Du hast bestimmt doch noch zu tun …“, murmelte sie.

„Nichts, dass so wichtig wäre, dass ich dir nicht behilflich sein könnte.“

Dieser Blick. Er machte Lily nervös – doch wegschauen erschien ihr unmöglich.

„Hat es mit diesem Mädchen zu tun?“, fragte er langsam, als müsste er jeden Buchstab einzeln formulieren. „Melody Roberts?“

„Woher weißt du das?“, platzte es perplex aus Lily hervor und verriet sie damit.

Er zuckte mit den Schultern:

„Ich bin gut im Raten. Außerdem ist sie zufällig gerade eben in die Bibliothek gekommen und scheint jetzt auf etwas zu warten“, er nickte kurz hinter Lilys Rücken zu einem Tisch.

Ein Blick sagte der Rothaarigen, dass dort tatsächlich Mel saß: ihre Sachen bereits vor ihr aufgebaut und ein Buch lesend.

Unabsichtlich entwich ihr ein leises Stöhnen.

„Ich gebe ihr Nachhilfe in Zaubertränke. Allerdings nicht so ganz freiwillig. Auf keiner Seite.“

„Docere&Doceri.“

Lily nickte. Natürlich hatte Professor Slughorn sein Projekt auch bei den Ravenclaws und Hufflepuffs eingeführt.

„Und jetzt sollen wir-“

„Ein Referat zusammen vorbereiten?“, nahm ihr Brian das Ende des Satzes lächelnd vorweg.

Wiederum eine zustimmende Kopfbewegung auf Lilys Seite.

„Ah … Lass mich noch mal raten: Sie weigert sich nun, mit dir zusammen daran zu arbeiten?“, Brian schien sich in seiner düsteren Vorahnung so sicher, dass es wenig nach einer Frage klang.

„Ja und nein.“

Eine kleine Delle entstand zwischen seinen Brauen – entweder weil er irritiert über ihre Antwort war oder weil er nicht richtig gelegen hatte.

„Ich … hab mich noch nicht getraut, sie so direkt darauf anzusprechen, weil sie sich ansonsten immer verweigert, wenn ich mit ihr arbeiten will“, gestand die Gryffindor.

Sein Gesicht hellte sich auf.

„Ich verstehe. Sie scheint mir …“, seine Augen fixierten den Punkt hinter Lilys Rücken, wo Mel sitzen musste, „ein schwieriger Fall zu sein. Und nicht besonders höflich oben drein“, seine Augen wurden eine Spur düsterer.

„Nein“, stimmte Lily ihm ohne zu zögern zu.

Wenn sie eins gelernt hatte, dann dass Brian Menschen, die sich chronisch unhöflich verhielten nicht sonderlich schätzte. Doch der bloße Gedanke zwischen Mel und dem Wort „Höflichkeit“ eine Brücke aufbauen zu wollen, schien Lily so absurd, dass es sie beinah schmunzeln ließ.
 

„Höflichkeit ist eine Tugend, Mel!“, sagte Lily, Hände wie üblich in die Hüften stemmend, wenn sie jemandem eine Standpauke hielt.

„Nur für Feiglinge, die sich nicht trauen, die Wahrheit zu sagen“, erwiderte das blonde Mädchen vor ihr bockig. „Ehrlichkeit ist viel wichtiger. Ehrlichkeit ist mutig.“

„Bedeutet Ehrlichkeit seit neustem, Venice Lithon zum Weinen zu bringen?“, fragte Lily mit einiger Schärfe in der Stimme.

„Nur wenn sie wieder Blödheit verbreitet und es dann nicht verträgt, dass ich ihr sage, dass sie dämlich ist.“

Mel grinste mit diesem ihr eigenen verschmitzten Grinsen. Etwas, dass Lilys Nerven immer arg kitzelte, weil es ein deutliches Zeichen war, dass Mel haargenau wusste, dass sie etwas getan hatte, was Lily nicht gut hieß.

„Lüg nicht Mel!“, ermahnte sie die Rothaarige.

„Tu ich doch nicht.“

Wieder dieses Lächeln.

„Du hast ihr aber nicht bloß gesagt, dass sie- dass sie dämlich ist. Du hast gesagt“, Lily musste für diesen Ausdruck tief Luft holen, damit sie ihn über die Lippen bekam, „dass sie das von sich gibt, „was eine Kuh hinten raus scheißt“!“

„Ich fand, das traf es ziemlich gut. Ich wollte die Kuh ja nicht zu sehr beleidigen“, eine gewisse Gehässigkeit war hier trotz Unschuldsmiene nicht zu überhören. „Aber fürs nächste Mal überleg ich mir einen noch schöneren Ausdruck – nur nicht zu intelligent, damit sie ihn versteht.“

„Das ist nicht komisch!“

Mel verschränkte die Arme:

„Sirius hat gelacht!“

„Dieser Blödian findet ja auch alles witzig, wo nur ein Schimpfwort vorkommt.“

Lily musste sich sehr anstrengen, nicht zu hitzig zu klingen. Aber Sirius Black gehörte nun mal zu den Menschen, die sie nach einem einzigen Wortwechsel schon nicht mochte.

Zu recht, wie sie fand.

Da regte es die Gryffindor verständlicherweise auf, dass ihre beste Freundin mehr als nötig mit diesem Blödmann redete. Schlimmer noch, sie hatte ihn bereits als ihren „Freund“ bezeichnet!

„Wie kannst du ihn nur mögen?“, wiederholte Lily nicht zum ersten Mal diese Frage.

Mel zuckte die Schultern:

„Wie kannst du ihn nicht mögen?“, antwortete Mel mit der gewohnten Gegenfrage.

In ihren Augen las Lily immer eine ehrliche Ungläubigkeit, die ihr nicht gefiel.

„Das ist jawohl nicht schwer! Weil Sirius Black unhöflich, laut und vulgär ist – und der beste Freund von diesem Potter.“

Mel lachte auf:

Vulgär!“

„Was soll daran komisch sein?“, Lily tippelte ungeduldig mit dem Fuß.

Mel hielt sich inzwischen schon den Bauch wegen ihres heftigen Gelächters.

„Es ist nur …“, wieder ein Lachanfall – Lilys Stirn zog sich mehr und mehr kraus, „keiner benutzt ein Wort wie „vulgär“!“

Lily wäre fast hinten umgekippt. Wirklich, manchmal war Mel so was von kindisch – als ob sie wieder acht Jahre alt wäre.

„Du bist unmöglich!“, sagte Lily.

„Ich mag dich auch“, grinste Mel zurück.
 

Ja, so war Mel immer schon gewesen: unhöflich – und äußerst direkt, wenn es darum ging, ihre Meinung zu sagen. Aber genau das hatte Lily auch an ihr geschätzt, ihre Ehrlichkeit. Ihre falsche Ehrlichkeit.

Lily wusste, warum sie nicht versuchte, zu oft zurückzudenken. So fröhlich alles schien, so groß war der Stich, wenn man zurückkehrte und der Realität der Dinge ins Auge sehen musste.

Nur manchmal … manchmal war die Sehnsucht einfach erdrückend. Nach anderen Zeiten. Besseren Zeiten. Zu leicht war es sich in der Vergangenheit zu verlieren. Auch die Wahrheit konnte das nicht verhindern. Es war ein wehmütiger Blick zurück.

„Lily?“

Die Gedanken der Rothaarigen schnellten wieder ins Jetzt, wo Brian Peterson immer noch vor ihr saß.

„Hm?“

Brians Mundwinkel hoben sich an.

„Nichts Besonderes. Du schienst für einen Moment nur etwas abzudriften, und dein Nachhilfeschüler wird wohl nicht ewig warten.“

„Oh. Ja …“

Lily stürzte erneut in Sorgen hinein. Das Erheben fiel ihr schwer. Alles – von den Büchern angefangen über ihre Beine bis selbst zur Feder – schien urplötzlich Kilos an Masse zugelegt zu haben. Da legte sich eine Hand auf ihre Schulter. Lily zuckte zusammen. Ihr Magen fühlte sich prompt wieder so komisch an. Unnatürlich leicht. Lily hatte bereits daran gedacht, deswegen Madam Pomfrey aufzusuchen.

Aber so schnell sie gekommen war, so schnell war auch die Hand wieder weg. Und Lilys Magenprobleme ebbten ebenfalls wieder ab.

„Lily.“

Es war Brians Hand – Brians Hand, die auf ihrer Schulter gelegen hatte. Lily verspürte den seltsamen Drang, mit ihren Fingerspitzen genau dieselbe Stelle zu berühren.

„Bevor ich dich verlasse und dich … deinen anderen Aufgaben überlasse“, seine Stimme kam an dieser Stelle sehr steif rüber, „wollte ich dir noch einen Rat geben.“

Lily schaute ihn neugierig durch ihre grünen Augen hindurch an. Es dauerte mehr als einen Moment, bis Brian urplötzlich weiter sprach – als hätte es keine Pause gegeben.

„Lass dich nie von ihrer Präsenz einschüchtern. Sag ihr die Dinge, die du ihr sagen willst direkt und gleich ins Gesicht. Du kannst genauso stark sein wie sie – wenn nicht sogar stärker, glaub mir.“

Könnte sie etwas anderes tun, so wie er sie anschaute?

„Ich bin recht gut darin, Leute einzuschätzen und sie … muss man Respekt lehren. Andersrum wird man ihn nicht erhalten.“

Lily war überrascht über Brians Worte. Überrascht, dass ihr Kopf ihnen alsgleich zustimmte – und überrascht, wie schnell er doch Menschen durchschauen konnte. Ob er sie auch längst durchschaut hatte?

„Auf Wiedersehen und viel Glück, Liliana!“, Brian verabschiedete sich mit Lilys liebsten Lächeln: sanft, wie eine Feder, die seine Wangen kitzelte und aufheiternd wie das Leuchten der Morgensonne.

Und während Lilys Magen sich mit demselben Problem wie zuvor rumplagte, war ihr Kopf für einen Moment von der Frage abgelenkt, seit wann sie unter die Poeten gegangen war – und woher Brian ihren richtigen Namen wusste, als das Scharren von Stuhlbeinen beides beendete.

Mel verließ ihren Platz und war augenscheinlich dabei, mit der Bibliothek dasselbe zu tun.

Aber nicht mit Lily!

Brians ermunternde Worte fest im Hinterkopf gespeichert, marschierte die Rothaarige mutigen Schrittes und an sich gepressten Sachen auf die Blonde zu.

„Halt!“, sprach Lily klar und deutlich.

Zu ihrem Erstaunen hörte Mel wirklich auf ihren Ruf und drehte sich um. Außergewöhnlich, weil die Gryffindor sonst normalerweise gerne alles und jeden ignorierte – egal, ob was man von ihr wollte.

Sie fixierte Lily mit einem Blick absoluter Gleichgültigkeit … oder war es vielleicht Langeweile?

„Du bist spät, Evans“, verkündete sie ungerührt. „Musstest du auf deinem Weg zu meinem Tisch noch einen Umweg nehmen, um Potter zusammenzustauchen, oder hat dich dein Freund mit seinem Langweiler-Charme so sehr verzaubert, dass du die Zeit vergessen hast?“

Lilys Wangen fühlten sich ein bisschen wärmer an als zuvor.

„Ich hoffe bloß, du weißt worauf du dich da einlässt, Evans. Aber dass dein Geschmack zu Wünschen übrig lässt, ist ja kein allzu großes Wunder.“

Normal hätten diese Worte Lily mit Sicherheit tief getroffen. Aber hier ging es nicht nur um sie, sondern auch um Brian. Brian, der ihr geholfen hatte. Brian, der ihr Mut gemacht hatte. Brian, der einfach für sie dagewesen war. Lily gefiel nicht nur der Ton nicht, in dem Mel über diesen Brian sprach, nein, ihre Gehässigkeit rief auch ihre Wut hervor.

Sie konnte Mel nicht ewig alles durchgehen lassen.

„Erstens, bin ich nicht besonders spät, sondern nur fünf Minuten über der Zeit!“

In Lily schrie eine kleine Stimme, dass das gewaltig spät war.

„Zweitens ist Brian nicht mein Freund, sondern nur ein sehr guter Freund. Und ich akzeptiere nicht, wie du über ihn redest!“

Mel ließ ein abfälliges Geräusch erklingen.

Es half nicht, dass eine kleine neckische Stimme in Lily erklang, die das ganze auch noch hinterfragte: „Ein sehr guter Freund, also?“

Unbeirrt dessen fuhr Lily fort.

„Und drittens: Setzt dich wieder hin, damit wir anfangen können!“

Lily war stolz auf sich. Die Gryffindor hatte das alles ohne zu stottern und ohne unsicher zu wirken rübergebracht. Selbst Mels Gesicht konnte sie eine gewisse Überraschung entnehmen. Ob sie positiv war oder wahrscheinlich eher negativ, das konnte Lily allerdings beim besten Willen nicht herauslesen.

Aber Hauptsache es tat seinen Zweck. Mel nahm wieder Platz und breitete ihre Sachen vom Neuen stumm vor ihr aus.

„Na schön, Evans! Dann schieß los, damit wir das hier hinter uns bringen können. Ich hab auch noch wichtige Dinge zu tun“, fügte sie wenig freundlich hinzu.

Manches würde sich aber wohl nie ändern … und es brachte Lilys Entschlossenheit über ihr nächstes Vorhaben kurz ins Wanken. Brians Worte waren jedoch nach wie vor präsent in ihren Gedanken:

„Sag ihr die Dinge, die du ihr sagen willst direkt und gleich in Gesicht.“

Lily entschied sich, ihm zu vertrauen.

„Ich habe aber vorher noch etwas mit dir zu besprechen. Etwas, was von äußerster Dringlichkeit ist“, Lily hob zuletzt ihre Stimme, um ihren Anliegen Nachdruck zu verleiten, anscheinend jedoch ohne den richtigen Erfolg.

Ihr Gegenüber verdrehte überoffensichtlich die Augen.

Lilys leichte Eingeschnapptheit darauf, half ihr nächstes in einer ungewohnten Schärfe gegenüber Mel rüberzubringen:

„Das ist auch für dich wichtig, Roberts! Wir müssen unser Referat über Liebestränke ausarbeiten, und ob dir das gefällt oder nicht – dabei müssen wir zusammen arbeiten!“

Die Begeisterung auf der Gegenseite zeugte eindeutig nicht von Größe.

„Und wenn wir alles rechtzeitig schaffen wollen – neben dem Lernen für die ZAGs“, Lily war schon dabei einen Plan zu machen, wann sie, welches Fach zu wiederholen beginnen wollte, „sollten wir nächste Woche bereits anfangen. Ich werde Pettigrew informieren und als Hausaufgabe gebe ich euch beiden schon mal auf, euch in das Thema rein zu lesen. Verstanden?“

„Oh, fein, Evans. Wenn die Diktatorin will, dass ich mich in das Thema rein lesen soll, um weitere Zeit mit ihr und Dummbeutel-Rumtreiber zu verbringen, werde ich das natürlich tun.“

Und damit schwieg Mel wieder bis zum Rest der Stunde. Und danach. Ein „Wiedersehen“ erhielt Lily selbstverständlich nie.

Wenigstens hatte sie ihr Ziel erreicht, in soweit verließ sie sich auf Mels letzte Worte. Jetzt müsste sie nur noch Pettigrew Anweisung geben und einen genauen Termin ausarbeiten.

Diktatorin?

Der Gedanke spukte Lily unaufhörlich im Kopf herum. Klammerte sich an sie. Manche Zweifel verließen einen eben nie … Mel schien das zu wissen.
 

~*~*~*~
 

Das erste, was er am Freitagmorgen sah, war eine große Enttäuschung für Remus.
 

Der Verteidigungsunterricht um 14:00 Uhr fällt aus!
 

Doch gleich darauf schon keimte neue Hoffnung in ihm auf:
 

Er wird um 16:30 Uhr nachgeholt, alle Schüler mögen sich rechtzeitig in der großen Halle einfinden!

Figaro E. Garibaldi
 

Mehr verriet der Aushang am schwarzen Brett nicht.

Warum in der großen Halle?, fragte sich Remus sofort. Und warum muss der Unterricht um 2½ Stunden verschoben werden?

Der Braunhaarige hatte bereits mitbekommen, dass die Hufflepuffs und Slytherins ein ähnliches Schicksal ereilt hatte. Auch, dass der Italiener bis jetzt noch in keinem Jahrgang eine Stunde gegeben hatte, war durch Hogwarts’ Mundpropaganda weithin bekannt.

Was hatte Figaro Garibaldi bloß vor?

Bevor Remus Lupin weitere Überlegungen hierzu anstellen konnte, unterbrach ihn allerdings eine äußerst maulende Stimme:

„Hey, Moony, komm – ich hab Kohldampf!“

Sirius Black stand wie ein kleiner jammernder Junge vor ihm – obwohl er Remus deutlich um einige Zentimeter überragte – und rieb sich den Bauch.

Remus schüttelte den Kopf.

„Du hast immer Hunger, Tatze! Und damit stellst du ein einmaliges, wissenschaftliches Phänomen dar.“

„Ich weiß!“, ein eingebildetes Seufzen verließ seine Lippen. „Ich bin absolut einzigartig und außergewöhnlich“, er legte sich theatralisch den Handrücken auf die Stirn. „Was wäre die Welt nur ohne mich?“

„Um viele Nahrungsmittel reicher“, erwiderte Remus trocken.

Und ungebrochene Mädchenherzen …, aber das sagte er nicht.

Tatze ließ lediglich sein lautes Hundelachen erklingen und zog ihn in Richtung große Halle, wo Krone (der allein Frühtraining gemacht hatte) und Wurmschwanz (der James Potter aus erfindlichen Gründen dazu hatte begleiten wollen) sicher schon ungeduldig auf sie warten würden.
 

~*~*~*~
 

„Buongiorno, meine Freunde!“

James musste beinah lachen. Beinah.

Freunde?, dachte er.

Es gab nur einen Freund, den dieser verrückte Ausländer hier hatte – nach James Edward Potters Meinung – und das war Peterson, auch bekannt als der Ravenclaw-Schleimbrocken.

„Sie sich sicher alle fragen, was wir tuen in großes Raume zusammen?“

Der schwarzhaarige Quidditchkapitän gab ihm hier sogar widerwillig recht. Es war schon eine kleine Überraschung vorhin gewesen, die große Halle zu betreten und festzustellen, dass dieser Löckchen-Heini den gesamten fünften Jahrgang hatte antanzen lassen. Nun hockten sie also alle hier, in einer Art großem Sitz- und Stehkreis, Tische und Bänke an die Wand gerückt und jedes Haus für sich. Die Slytherins hatten sich natürlich noch mal extra separieren müssen; eng aneinander gerückt hielten sie eine deutliche Grenze von einigen Luftmetern zu allen anderen. Bellatrix Black hatte zuvor groß verkündet, sie wolle sich nichts bei „anderen Subjekten hier“ holen – James war da ja mehr der genau umgekehrten Ansicht. Die Schlangen taten ihnen somit allen einen Gefallen.

Tatze meinte dazu nur, dass wenn die „Fetti-Schniefi-Krankheit“ weiter um sich greifen würde, er sich freiwillig die Haare abrasiere – bevor Hogwarts im „Öl schwimmen“ konnte. Moony jedoch war dagegen gewesen. Er hatte erwidert, dass das Schloss nämlich dann in einem „Meer von Tränen“ untergehen würde. Offensichtlich bezweifelte er, dass Sirius Blacks Verehrerinnen seinen mutigen Schritt zu würdigen wüssten.

Währendessen war die italienische Lockenpracht überfröhlich um sie herumgewuselt und hatte hier und da sogar mal einen Hacken zur Anwesenheit gemacht. Nie würde James den Anblick vergessen, als er zu seiner Sucherin gekommen war und sie, nach viel fröhlichem Geplapper auf seiner Seite und keiner Erwiderung auf ihrer, lauthals in „signorina Melodia Robertse“ umbenannte. Wenn Blicke doch nur töten könnten … James hätte schon ein italienisches Problem weniger auf der Welt!

Welch verquere Idee hinter diesem ganzen Treiben stecken mochte, war ihm nach wie vor ein Rätsel. Aber es ärgerte ihn – ärgerte ihn deshalb, weil er sein Quidditchtraining für diesen Typen hatte nach hinten verschieben und kürzen müssen! Wenn sie wegen dem Peterson-Freund jetzt verlieren würden … James Potter wäre entschlossen, ihm das nie zu vergessen. Darauf schwor er ein Rumtreiber-Ehrenwort.

„Ah, ich dachten, gemeinsam machen immer mehr Spaße, ja?“, kam endlich die Antwort.

Die bescheuerte Antwort.

Seit wann macht irgendwas mit Slytherins zusammen Spaß?!

Man merkte, dass dieser Ausländer null Ahnung von gar nichts hatte. Er wusste einfach nicht, wie der Schnatz in Hogwarts flog.

„Außerdem wollten iche sehen alle auf einmal, wasse können. Wir nämlich machen jetzt ganz großes Spaß!“

Oh, James könnte sich viele Wege vorstellen, wie er und Garibaldi Spaß hätten, aber es würde zahlreiche Scherzartikel und Flüche mit beinhalten.

„Wir nun machen Duelle!“, verkündete er freudestrahlend.

Einige wurden auf seinen Ausspruch schlagartig bleich um die Nase, andere blickten sich bereits herausfordernd zu den gewissen Intimfeinden um. James war überrascht und verärgert zugleich, dass der Gedanke, sich offen duellieren zu dürfen, ihm gefiel.

„Ausgezeichnet!“, sagte Tatze und rieb sich die Hände.

James kannte das Lächeln haargenau, dass sein bester Freund soeben aufgelegt hatte. Es war das gleich-wird-Schniefelus-sein-blaues-Wunder-erleben-Lächeln.

„Ma, ich wählen Gegner aus und jeder kommen dranne“, es klang ein wenig nach einer Drohung, so schien es jedenfalls bei einigen anzukommen.

Tatze dagegen murmelte ein leises „Verdammt!“.

„Also, keine Grund zu drängeln!“, grinste der Italiener ein paar Hufflepuff-Mädchen an, die bereits ängstlich zusammenrückten.

James konnte das nicht nachvollziehen. Warum sollte man schon Angst vor einem kleinen Duell haben?

„Dann wollen mal sehen“, der Italiener schwang seinen Kopf wild hin und her.

Es vergingen ein paar Sekunden, als …

„Ah jahe!“

James folgte mit seinem eigenen Blick dem Garibaldis … und stockte. Lily Evans.
 

~*~*~*~
 

Mel gefiel diese Sache nicht. Ausgerechnet Lily Evans sollte das Eröffnungsduell geben! Lily, die nie besonders gut darin gewesen war. Lily, die auch nicht besonders gut darin sein konnte, bei der Vergangenheit ihres Unterrichts. Lily, die viel zu zögerlich und behutsam agierte, aus Befürchtung jemanden verletzten zu können.

Und nun war auch noch Severus Snape als ihr Gegner auserwählt worden. Snape, eine von den hinterlistigen Schlange, die nichts als abfälliges Geschnarre für jemanden von Lily Evans’ Sorte übrig hatte. Snape, der so gut wie jeden Tag Training hatte – Dank der beiden Vollzeit-Idioten ihres Hauses. Snape, der mit seinem riesigen Zinken tief in Büchern steckte, deren Herkunft man nicht wissen wollte.

Oh ja, Mel hatte ihn oft genug in der Bibliothek dabei beobachtet, wie er mit großherziger Erlaubnis von Slughorn in die Verbotene Abteilung lief oder Bücher als harmloser tarnte als sie in Wirklichkeit waren. Seine Augen flackerten dann immer beim Lesen, voller Begeisterung und einer unstillbaren Gier über das grausige Zeug, das er dort erlernte.

Es wäre gelogen, wenn Mel sagen würde, sie möge schwarze Magie nicht. Sie hasste sie. Abgrundtief. Aus ihr entsprang nichts als Unheil und Verderben …

Die Arme der Blonden waren verschränkt; ihre Nägel bohrten sich in ihre Haut.

Aber Snape? Snape würde doch bestimmt am liebsten Tag und Nacht über sie verfügen, wenn es nicht strengstens verboten wäre.

Nein, Mel traute ihm nicht. Kein bisschen. Dieser ölige Vampirverschnitt würde einem jederzeit die Zähne in den Nacken jagen, wenn man gerade nicht hinsah. Daran hatte die Gryffindor keinen Zweifel.
 

~*~*~*~
 

James verfolgte das Duell von Anfang bis Ende mit offenen Augen. Blinzelte nur, wenn es sein musste. Seine Haltung war angespannt. Aber es handelte sich ja auch um die unschuldige Lily Evans, die da oben gegen den hinterhältigsten, miesesten und öligsten Slytherin aller Zeiten antreten musste.

James Potter war sich absolut sicher, dass dieser alle seine gemeinen Tricks auspacken würde, um Evans in einer möglichst demütigenden Weise zu schlagen. Denn schließlich war sie eine Gryffindor und dazu auch noch Schla… James konnte das Wort nicht mal denken.

Doch Schniefelus – entgegen seines niederträchtigen Charakters – enttäuschte ihn bitter. Das Duell dauerte nämlich kaum Minuten, wenn überhaupt, da hatte der Slytherin die zögerliche Gryffindor mit einem schlichten Entwaffnungszauber auch schon geschlagen.

Was sollte das?! Seit wann war Schniefelus Snape denn so „nett“ geworden?

Das musste alles zu irgendeiner großen Taktik gehören … Vermutlich, um den dummen Ausländer im Unklaren darüber zu lassen, was er wirklich konnte bzw. wovor er nicht zurückschreckte.

„Was ist mit Schniefi los?“, dachte sein bester Freund laut mal wieder dasselbe wie er. „Haben wir ihm heute Morgen irgendeinen Streich gespielt, den ich vergessen habe, oder warum ist er so schlecht darauf?“

Tatze blickte sie alle mit einer sofortigen Antwort fordernden Irritation an.

„Vielleicht hat er gesehen, dass es sich nicht lohnt, weil Evans nichts drauf hat“, meldete sich Wurmschwanz zu Wort.

„Als ob!“, sagte Tatze und vernichtete mit einem einzigen Wink die Theorie ihres kleinen Freundes.

Wurmschwanz schaute zu Boden.

Moony räusperte sich vorsichtig:

„Na ja, Lily ist immer sehr nett zu allen. Es könnte doch sein, dass er sie nicht so schlimm sieht-“

Diesmal unterbrach James selber:

„Ein Slytherin? Tatze hat recht. Als ob die Evans anders behandeln würden. Da steckt in jedem Fall etwas ganz anderes dahinter“, James schaute finster zu Bellatrix Black und Konsorten, denen sich sein Erzfeind etwas abseits wieder angeschlossen hatte.

Die nächsten Duelle waren für James weitaus weniger spannend – um nicht zu sagen langweilig. Entweder es traten Leute an, die beide zuviel Angst hatten, einen Zauber auf den anderen loszulassen und es so mehr zu harmlosen Lichtspielen kam, oder sie gehörten zu der Gruppe „Hilfloser Schüler in Not wartet auf Lehrer-Kommando“. Diese wussten ohne klare Anweisung eindeutig nicht, was mit dem Stab in ihrer Hand zu tun war.

Am interessantesten war noch der Kampf Christopher Savage aus Ravenclaw versus Sandy Sapers, Hufflepuff-Blondine. Er mochte Savage nicht (von sich selbst eingenommener Jäger, der als möglicher Kapitän gehandelt wurde) – James hatte sowieso seit einiger Zeit ein Misstrauen gegen männliche Ravenclaws entwickelt –, und er war allenfalls mittelmäßig in Verteidigung. Ein Problem stellte seine Gegnerin trotzdem nicht für ihn dar: Kurz bevor sie verlor, beschwerte sie sich noch, dass dauerhaftes Zauberstabhalten ihre Nägel kaputt machen würde.

Das war der Höhepunkt der Unterhaltungsshow.

Tatze ließ ein lautes Gähnen erklingen. James putzte derweil seine Brille mit Hilfe der Schuluniform. Mangel an Spannung machte sich bei ihnen beiden immer am schnellsten bemerkbar.

Hatte James es doch gewusst: Dieser Garibaldi-Typ taugte zu nichts!

Unerwartet wurde es dann aber doch noch für James Potter sehr spannend …

„Sieeh, signore!“, der Italiener erwählte diesmal einen blonden Jungen als Kandidaten. „Na, wir uns doch schon kennen?“, er grinste und warf über seine Schulter hinweg einen kurzen Blick zu ihm, James.

Die gerade geputzten Brillengläser des Gryffindors blitzten auf.

Brian Peterson grinste nicht. Sein Blick war wenig ausdrucksvoll. Wie immer zeigte er, dass er so viele Emotionen besaß, wie ein langweiliges Stück vertrocknetes Brot.

Gegenüber der italienischen Lockenpracht packte er jedoch natürlich seinen Schleim aus:

„Ja, auch wenn ich mir gewünscht hätte, unsere Begegnung hätte unter fröhlicheren Umständen stattgefunden.“

War doch klar, dass der jedem Lehrer in den Hintern kriecht!

Er konnte Peterson nicht leiden.

„Ah, ich fanden sehr lustig!“, grinste Löckchen-Heini unverblümt in James’ Richtung. „Aber jetzt suchen passende Gegner!“, begeistert klatschte er in die Hände.

Das war sein Stichwort! Sofort machte sich der Quidditchkapitän einige Zentimeter größer – dass dafür sein bester Freund als Schulterstütze herhalten musste, fand dieser wohl nicht so lustig. Tatzes Gemaule drückte jedenfalls ein leichtes Beklagen über James’ Gewicht aus, was diesem momentan völlig schnuppe war. Es galt schließlich Peterson vor aller Augen fertig zu machen! Dann würde Evans sehen, welch ein Schwächling er war …

Leider schien der Blick des Italieners bei dieser Wahl nicht erst Fünfzehn-Mal vorwärts und rückwärts durch die Halle zu wandern, bevor er seine Entscheidung traf, sondern äußerst konkret nach etwas zu suchen. Etwas, dass er schnell fand.

„Aha!“

Etwas, das sich aber nicht finden lassen wollte. Stur schaute es zu Boden in entgegen gesetzter Richtung, als wenn der heranmarschierende Lockenkopf nicht existieren würde. Ihr Gesicht sprach Bände über ihre derzeitige Gemütslage.

Die Laune des überfröhlichen Südländers trübte das nicht im Geringsten – im Gegenteil.

„Kuckucke!“, klopfte er ihr vergnügt mit der Hand an den Kopf.

Jetzt musste sie ihn ja beachten. Mit einem Ausdruck, der ihn an Tatzes Gesicht bei einem allzu frühen Erwachen erinnerte, drehte sie sich um. Neben ihr rückten man plötzlich etwas enger zusammen. Der Italiener grinste noch vergnügter.

Signorina Robertse, du biste rischtige Frau!“, begeistert schüttelte er ihr die Hand und erntete dafür den zweiten mörderischen Blick an diesem Tag.

Anscheinend hatte Roberts vor diesem Referendar keinerlei Respekt – was James ihr nicht im Geringsten Übel nahm – oder er hatte für ihren Geschmack einfach zu gute Laune. Der Quidditchkapitän war inzwischen zu der Auffassung gelangt, dass seine Sucherin auf jegliche Sache, die mit dem Wort Fröhlichkeit in Verbindung stand, einen allergischen Schock erhielt. Mit sarkastischen Auswirkungen.

„Blitzmerker.“

Da hatte man’s wieder. Sirius neben ihm schnaubte abfällig. Ansehen tat er sie nicht.

Einige warfen ihr empörte Blicke zu á la wie-kannst-du-so-mit-einem-Lehrkörper-reden, aber den selber schien es gar nicht zu stören, eher zu amüsieren.

„Iche weiße, binne gut!“, lachte er laut auf. „Aber eigentlich meinen, dass du biste rischtige Frau für Kampfe gegen blonde signore!“

Für den Bruchteil einer Sekunde wanderten die Augen von Melody Roberts zu Brian Peterson, dann fixierten sie wieder den jungen Mann vor ihr.

„Ich kann aber nicht“, antwortete sie, ihre Schultern zuckten gleichgültig.

„Scusa?“, fragte der Wirrkopf zum ersten Mal an diesem Nachmittag etwas ernster, seine Brauen rückten zusammen.

„Pazifist“, sagte sie, „ich weigere mich zu kämpfen. Es widerspricht meinen friedliebenden Prinzipien.“

Ein falsches Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus.

Tatze schnaubte erneut – lauter.

Jeder im Raum wusste, dass die „friedliebenden Prinzipien“ mehr als an den Haaren herbeigezogen waren. Schließlich lebte sie allein mit seinem besten Freund im Dauerkriegszustand.

Also konnte es nur einen einzigen wahren Grund geben, warum Roberts eine Konfrontation gegen Peterson vermeiden würde wollen, weil …

„Ich bin Jahrgangsbester“, sagte Peterson.

Die Abgehobenheit in seiner Stimme hatte James dabei genau gehört.

„Es ist also verständlich, dass sie Angst hat, gegen mich anzutreten“, meinte er zu ihrem neuen Lehrer und dessen irritiertem Blick.

Arrogant – eingebildet – aber leider war. James war tief enttäuscht von seiner Sucherin. Und er hatte angenommen, sie hätte wenigstens Mut als gute Eigenschaft.

Tatze grinste als wären die Ferien vorverlegt worden. Jetzt hätte er etwas, mit dem er sie ewig triezen könnte. Sie war eine Gryffindor und sie war ein Feigling. Wer hätte gedacht, dass gerade jemand wie Roberts vor einem Duell davonlaufen-

„Ich mach’s“, tönte es da.

Und ohne weiter auf eine Reaktion zu warten, marschierte Melody Roberts keines einzigen unsicheren Schrittes auf den Ring in der Mitte zu. Der Sonnenschein-Idiot warf ihr einen seiner typischen Blicke nach; Peterson folgte mit weniger Begeisterung und arrogant erhobenen Brauen.

James verstand das nicht. Erst wollte sie nicht kämpfen, weil sie Angst hatte und nun wollte sie doch, weil Peterson – der verfluchte Alles-Besserwisser – laut ausgesprochen hatte, was jeder wusste.

Andererseits, überlegte James, würde sich kein Gryffindor von einem Ravenclaw-Streber in seinem Stolz beleidigen lassen. Schon gar nicht von dem Ravenclaw-Streber schlechthin.

Oh, er hoffte, dass sie gewinnen würde! Mit allem, was er zusammendrücken konnte, feuerte James sie an. Peterson verdiente eine gehörige Lektion!
 

~*~*~*~
 

Sirius war in einer Zwickmühle.

Sollte er sich gegen seinen besten Freund stellen und für Peterson hoffen, dass er den Plagegeist fertig machen würde – oder Krones eindeutiges Anfeuern unterstützen und damit das da oben uägh, geistig bejubeln?

Wahrlich eine nicht einfach zu treffende Entscheidung!

Sirius’ Gewissen – ja, gegenüber seinen Freunden konnte er eins vorweisen – verbot es ihm eigentlich strikt, James in irgendeiner Weise zu hintergehen, aber … mit hoher Wahrscheinlichkeit würde sich Sirius’ persönliches Miststück Nr.1 sowieso innerhalb der nächsten fünf Minuten aus einer der Ecken herauskratzen können. Ihre Angst (Sirius kostete dieses Wort gedanklich aus) konnte ja nicht umsonst gewesen sein, und Peterson war wirklich Jahrgangsstreber, sogar vor Evans. Das hieß für Sirius viel.

Also, würde er doch Peterson klammheimlich ein wenig anfeuern.

Was James nicht weiß, macht ihn nicht heiß, bestätigte der Rumtreiber in ihm.

Bei einem Duell seines besten Freundes gegen Peterson würde er diesen selbstverständlich jederzeit am lautesten anfeuern. Nur hier … hier ging es um etwas anderes …
 

~*~*~*~
 

Krone würde Roberts anfeuern, das sah er in der offensichtlichen Feindseligkeit, die er dem blonden Vertrauensschüler ununterbrochen zukommen ließ. Und Tatze würde insgeheim hoffen, dass Brian ihr stattdessen eine reinwürgen würde, das war für ihn unübersehbar beim hasserfüllten Glimmen seiner dunklen Augen.

Er würde wohl in jedem Duell gegen sie wetten, dachte Remus. Aus purem Prinzip.

Nur bei einer Konfrontation würde er Probleme bekommen: Bellatrix Black gegen Melody Roberts. Auf wen würde er da setzten wollen? … so wie er Sirius Black kannte, vermutlicherweise hoffen, dass beide sich gegenseitig die Augen auskratzen würden.

„Allora, iche zählen Countedown!“, rief ein strahlender Professor Garibaldi als Startsignal. „Tre … due … uno … zero – beginnen Sieeh!“

Zuerst geschah gar nichts zwischen den beiden kampfbereiten Schülern. Sie schauten sich nur an, jeder den ersten Schritt des anderen abwartend. Brian wirkte dabei um einiges gefasster und auch konzentrierter als seine Gegnerin. Diese schien nervös

Sie war es dann auch, die schließlich den ersten Zauber ins Spiel brachte – ein wenig zu hastig vorgetragen, wie Remus befand. Der „Expelliarmus!“ hatte augenscheinlich nicht mal volle Kraft, sie hatte bei der Beschwörung einen Fehler gemacht. Ohne jede Mühe wurde er von Brian pariert.

Und dann begann die Jagd.

Der Ravenclaw-Schüler holte sein gesamtes Repertoire hervor, und es gab keinen Zweifel, dass er besser war als der Durchschnittsfünftklässler. Dass er besser war als sie. Ohne Erbarmen hetzte er sie von einem Punkt zum nächsten, scheuchte sie herum wie ein Fuchs das Kaninchen.

Und sie? Sie hatte gleich zu Anfang aufgegeben, sich mit Schild- und Schutzzaubern zur Wehr zu setzten. Schlimmer noch, ihre obskuren Ausweichmanöver wirkten, als ob sie fliehen wollte. Sie lief weg.

Remus’ Brauen hoben sich von selbst an. Die Gryffindor hatte Angst. Nie hätte er es für möglich gehalten, dass er diesen Tag noch erleben würde – aber anscheinend hatte Remus sich getäuscht. Melody Roberts’ Furcht manifestierte sich vor seinen Augen in Form eines normalen Duells. Selbst über ihr Gesicht – sonst so unterkühlt und unbeeindruckt – wanderte ein Schatten von Panik. Und Brian hatte kein Mitleid.

Wurden ihre Bewegungen hastiger, folgten seine Zauber umso schneller. Wo ihr Gesicht panischer wurde, zog seins mit einer ausdrucksstarken Kraft nach, die Remus bis jetzt nicht von ihm kannte. Auf seinen Lippen lauerte das verschmitzte Lächeln von einem, der wusste, dass er Sieger war.

Er war aber auch unglaublich gut! Diese Zauber … eindeutig nicht zum Standardwerk gehörend, perfekt ausgeführt und in einer harmonischen Abwechslung – da könnten sich selbst James Potter und Sirius Black noch etwas abschauen. Apropos, einer von beiden schaute gerade drein, als hätte er einen ganze Berg Zitronen zum Mittag gehabt, die Lippen des anderen hingegen umspielte ein sehr ähnliches Lächeln wie das von Brian Peterson. Oh ja, Tatze genoss es ungemein, wie seine erklärte Todfeindin dort oben rumgescheucht wurde, da war sich Remus sicher. Sein rechter Mundwinkel hob sich bei jedem Angriff des Ravenclaws etwas mehr nach oben. Gut, dass Krone abgelenkt war …

„Stupor!“

Das war es gewesen. Eine Chance zum Ausweichen gab es für sie nicht mehr, außerdem war sie ohnehin verdächtig langsam geworden bei ihren letzten Manövern, als würde sie unter einem ständigen Impedimenta-Fluch stehen. Sie war am Ende. Brian hatte gewonnen.

… doch der Tag war gekommen, an dem sich der kluge Beobachter, Remus Lupin, gewaltig täuschen sollte.

„Protego!“, parierte Melody Roberts den leuchtend roten Zauber mit einer geschwinden Armbewegung.

Allen in der Halle stand die Überraschung über diese plötzliche Wendung ins Gesicht geschrieben.

Besonders Brian Peterson. Für einen Augenblick schien er sogar mehr verblüfft als jeder andere. Dieser Augenblick dauerte zu lang.

Das Geräusch eines fallenden Körpers riss auch den letzten von seinem Starren in Melody Roberts’ Richtung weg und wieder zu ihrem Gegner hin. Der lag nun steif und starr am Boden, gefangen in einer schlichten, aber effektiven Ganzkörperklammer.

Remus konnte es nicht glauben. Krone guckte als hätte er alle Zitronen vom Mittagessen in seine Backen gestopft, um noch breiter als sonst grinsen zu können. Wurmschwanz’ Blick schwebte irgendwo zwischen ich-weiß-nicht-was-ich-davon-halten-soll und einer zarten Bewunderung. Und Tatze … nun über seinen Kopf hätte ein Comic-Zeichner jetzt wohl eine kleine Gewitterwolke gemalt.

„Bravissima!“, applaudierte Figaro Garibaldi ganz allein los. „Signor Peterson iste kampfunfähig, damit signorina Robertse klare Sieger!“

Es war tatsächlich wahr. Melody Roberts hatte gewonnen. Ein Duell, das sie von Anfang an zu verlieren schien, hatte sie mit überragender Einfachheit gewonnen. Überschwänglich ließ sich Professor Garibaldi noch weiter über ihren „Sieg incredibile“ aus, eine Tatsache, die die Siegerin wenig zu berühren schien. Ohne eine Regung hatte sie seine Worte entgegengenommen, jede ehemalige Spur von Panik von ihrem Gesicht gewischt, als könnte sie dort niemals heimisch gewesen sein; doch, was Remus wirklich verwunderte, war, dass auch kein gehässiges Siegerlächeln entdeckt werden konnte. Nichts.

Sie ging völlig ruhig auf Brian zu und erlöste ihn von seiner Starre. Sofort richtete sich der blonde Ravenclaw wieder zu seiner vollen, imposanten Größe auf und starrte sie an. Ein stilles, drückendes Starren. Remus erkannte, dass das seine Art sein musste, Wut und Hass zu zeigen. Sie erwiderte es ohne ein Wimperzucken.

„Du hast mich getäuscht!“, brach es nach einigen Sekunden aus Brian hervor.

Es hörte sich wie eine Anklage an.

Sie schaute reglos zurück, mit Ausnahme des scharfen Bogens ihrer rechten Augenbraue.

Professor Garibaldi beäugte seine beiden Schüler, als wären sie ein lehrreiches Theaterstück.

„Und du bist drauf reingefallen, Peterson“, gab Melody Roberts unbewegt zurück.

Nun wurde Remus alles klar und er fragte sich, wie er so dumm hatte sein können. Ihre gesamte Panik und Angst war nichts als Schauspielerei gewesen. Ein gerissenes Manöver.

Anscheinend wollte Melody Roberts nicht mehr zum Ravenclaw zu sagen, denn sie war dabei den „Kampfring“ zu verlassen, ohne jemanden zu beachten. Brian aber hatte wohl noch nicht genug. Wut stand dem sonst so gelassen reagierenden Jungen sprichwörtlich ins blasse Gesicht geschrieben.

„Das ist Betrug! Ich hätte nicht verloren, hättest du ehrlich gezeigt, was du kannst.“

„War’s nicht!“, zischte James Potter leise. „Du bist nur ein schlechter Verlierer, du Streber!“

Ausnahmsweise sah seine Sucherin die Lage wohl ähnlich wie ihr Kapitän, denn sie drehte sie gemächlich um und der Blick, mit dem sie Brian Peterson anschaute, war beinah von Mitleidigkeit.

„Der einzige Betrug, der begangen worden ist, stammt von dir selbst, Peterson. Du hast dich von deiner gewohnten Überlegenheit als Jahrgangbester so blenden lassen, dass du doch glaubtest, jeden hier in diesem Raum schlagen zu können. Es ist nicht schwer, so jemanden an der Nase rumzuführen.“

Brians Augen bohrten sich in ihr Gesicht. Wenn er so weiter machte, könnte er bald bei Sirius Black einen Antrag auf Aufnahme in seinen Melody-Roberts-Hassclub stellen. Den Eingangstest hatte er bereits bestanden.

„Hochmut, Peterson, kommt immer vor dem Fall. Merk dir das – es ist Regel 1.“

Ihre blonde Lockenmasse wippte hinter ihr her, als sie zu dem großen Haufen mit jedermanns Schultaschen ging. Doch Brian war noch immer nicht fertig.

„Regel 1? Was ist das für ein inkompetenter Blödsinn?!“

Sie machte sich nicht mal die Mühe, sich umzudrehen.

„Lies mehr“, war ihr einziger Kommentar, bevor sie die Halle verließ.

Das rief anscheinend Figaro Garibaldi wieder auf den Plan:

„Ah jahe! Können gehen, machen weiter nächstes Woche!“, verkündete er und alle stürmten zu ihren Sachen, erleichtert diese zuletzt doch merkwürdige Situation verlassen zu können.

Beim Rausgehen hörte Remus Garibaldis Stimme noch einmal erklingen:

„No, signor Peterson, Sieeh nicht gehen – müssen noch sprechen!“

Hoffentlich kann er ihn wieder beruhigen, ging es dem Gryffindor durch den Kopf.

Denn wütend war Brian Peterson eindeutig kein angenehmer Zeitgenosse.
 

~*~*~*~
 

Auf dem Rückweg zum Turm war Sirius Black nicht unbedingt bester Laune. Nachwirkungen dieses kleinen Miststücks, das wie immer allen auf der Nase rumgetanzt war! Sie war wie pures Gift, das seine Emotionen ständig überkochen ließ. Er war ein leidenschaftlicher Mensch, aber die Reaktionen, die dieses Gör am laufenden Band bei ihm verursachte, waren einmalig: Wut. Zorn. Hass. Verwirrung. Sirius strich das letzte so schnell von seiner gedanklichen Liste, wie es aufgetaucht war.

So gern hätte er sie heute einmal verlieren sehen, einmal erlebt, wie das Gefühl von Niederlage über ihr Gesicht flackert …

Das hast du schon, wenn ich dich erinnern darf …

Das kurze Bild, das seine innere Moony-Stimme lieferte, ließ Sirius ebenso schnell verschwinden wie er sein Gewissen verstummen ließ. Er wollte weder hören noch sehen. Ansonsten würde er sich nur-

Sirius hielt inne, zu seinem ursprünglichen Gefühl der Abscheu und Wut schnell zurückkehrend, wo er sie auf jede erdenkliche Weise verfluchen konnte.

Seine drei Freunde kannten ihn eindeutig gut genug, um zu wissen, dass sie ihn jetzt nicht ansprechen sollten. Deswegen lief nur ein leises Flüstergespräch zwischen ihnen, während Sirius grummelnd nebenher lief.

Und gleich würde er sie auch noch stundenlang wieder ertragen müssen! Wiederum fragte sich Sirius, warum es ausgerechnet sie hatte sein müssen, die James als Sucherin ins Quidditchteam geholt hatte. Jeder Trottel hätte es auch getan … jeder Trottel hätte Sirius weniger gestört. Nur das Biest! Argh, es lenkte ihn andauernd ab. Er konnte sich nicht richtig auf die Klatscher konzentrieren, solange ihre blonden Locken in der Luft um ihn herumwirbelten. Ihre pure Nähe zu ertragen, war für ihn unmöglich – und dennoch würde er es wieder-

„Sirius!“

Grantig drehte der Schwarzhaarige seinen Kopf zur Quelle des hellen Geräusches um, nicht begeistert in seinen wichtigen Gedankengängen unterbrochen worden zu sein. Es war Mary, die auf ihn zu kam.

Meine Freundin, erinnerte er sich.

Wie er sie jetzt sah, wusste er nicht mehr, was in ihn gefahren war, sie dazu zu machen.

Glücklich blieb sie vor ihm stehen, ergriff seine Hände, drückte sie und strahlte ihn einfach an, bis die Fröhlichkeit urplötzlich von ihr abfiel.

„Was ist los?“, fragte sie besorgt.

Anscheinend war sein Gesicht gerade nicht eine perfekte Maske. Sirius hatte keine Lust extra für sie zu schauspielern, nur um den lieben Freund zu mimen.

„Nichts.“

Aber noch weniger Lust hatte er dazu, ihr hier und jetzt sein Herz auszuschütten. Sirius war zu sehr Mann, um sich so einem emotionalen Blabla hinzugeben. Das war für Frauen da.

„Sirius, ich weiß, das etwas nicht stimmt. Also, bitte, sag es mir!“, ihre klaren blauen Augen wurden so herzerweichend, das wohl jeder ihr geantwortet hätte – nur Sirius blieb stur. „Bitte, ich bin deine Freundin, Sirius Black und in unserer Beziehung müssen wir keine Geheimnisse voreinander haben. Ich verspreche dir, alles zu verstehen.“

Wenn Mary Heart nur gewusst hätte, dass sie sich damit den Todesstoß versetzt hatte.

„Fein“, sagte Sirius äußerst kalt. „Was mich bedrückt, ist, dass mir klar geworden ist, dass das hier nicht funktioniert. Wir passen einfach nicht zueinander. Das war’s dann, Mary!“

Das Mädchen blinzelte für Momente verwirrt, die Information für sie eindeutig nicht aufnehmbar. Dann schossen Tränen in diese treuen, blauen Augen, die in dicken Tropfen ihre sanften Wangen runter rollten.

„Aber i-ich liebe dich doch, Sirius! Was … was habe ich falsch gemacht?“

Wegen der Tränen kam ihre Stimme nur stockend voran.

„Verstehst du es nicht?“, blieb Sirius ungerührt.

Er war heute nur genervt. Weiber! Machten aus einer kleinen Sache, eine Ministeriumsaffäre.

„Ich empfinde nichts für dich – und ich habe es auch nie getan“, die Worte kamen ihm ganz leicht über die Lippen.

Und mit jedem sah er sie mehr zerbrechen. Ein letztes Mal schaute sie ihn mit geröteten Augen an, ihr gebrochenes Herz darin unübersehbar schimmernd, dann drehte sie sich um und lief weinend davon.

Sirius spürte Erleichterung. Beziehungen waren wirklich nicht sein Ding. Er fühlte sich jedes Mal hundert Prozent besser, wenn der Moment da war, in dem er Schluss machte. Er wusste nicht, warum die Mädchen dabei immer schluchzend zusammen brechen mussten.

Ihr Pech!, zuckte er innerlich mit den Schultern.

„Du hättest das netter sagen können“, merkte Krone an.

Sirius schaute genervt zu seinem besten Freund; er hatte beinah vergessen, dass die anderen drei Rumtreiber noch da waren.

„Und warum?“

„Na ja, Mary schien dich wirklich zu lieben und sie war doch auch so ganz ok. Eine von deinen besseren Freundinnen“, fügte der Schwarzhaarige hinzu.

Sirius hob gleichgültig die Schultern.

„Es war ein Fehler, sie überhaupt dazu zu machen.“

„Also, ich fand sie ganz hübsch …“, ließ Peter Pettigrew leise seine Meinung erklingen.

„Es gibt hübschere, Wurmschwanz“, winkte er ab. „Außerdem ist sie mir dauernd nachgelaufen und wollte mit mir über alle meine Probleme sprechen.“

„Macht man das nicht so in einer Beziehung?“, fragte sein kleiner Freund verwundert.

„Nicht in meinen. Es nervt“, antwortete Sirius und klang auch so.

„Vielleicht solltest du Frauen mit ein wenig mehr Respekt behandeln?“, hob James Potter abermals seine Stimme.

„Woher auf einmal die Beziehungstipps, Krone? Hast du heimlich geheiratet?“, hakte Sirius scharf nach.

Ihm gefiel diese Ausfragerei nicht. Seit wann kümmerte es seine Freunde so sehr, was er mit Mädchen tat? Es war allein seine Angelegenheit, wie er sie behandelte und er würde wegen ihrer Kritik nicht damit aufhören.

„Ich hab mich nur erinnert, was mein Dad mir mal empfohlen hat …“, meinte Krone etwas kleinlauter als zuvor.

Es brachte nichts, um Sirius Blacks schon lange gereizte Stimmung zu beruhigen.

„Prima!“, rief er. „Moony, was ist los? Willst du mir nicht auch noch sagen, was für ein Arsch ich bin?“

Remus Lupin, der merkwürdigerweise das gesamte Gespräch über geschwiegen hatte, obwohl Sirius moralisch zurechtweisen zu seinen Hobbys zählte, hob verwundert den Kopf.

„Was?“, fragte er irritiert.

„Was ist los, Moony? Du bist schon die ganze Zeit so schweigsam“, fragte James Potter – offensichtlich auch verwundert, dass sein Freund nicht als Erster (wie gewohnt) an die Moral appelliert hatte.

„Stimmt“, sogar Wurmschwanz war es aufgefallen.

Moony seufzte.

„Ich hab nur über etwas nachgedacht, das ich mir nicht erklären kann.“

„Und das wäre?“

Remus Lupin und seine ewige Nachdenkerei über Probleme, die kein anderer sah. Sirius würde es nie verstehen.

„Ist euch vorhin denn gar nichts aufgefallen?“

Das Gesicht des Black-Sprosses wurde genauso unwissend blank wie das seiner Freunde. Keiner von ihnen war ein exzellenter Beobachter wie Moony.

„Als Roberts Bri- äh, Peterson“, verbesserte sich der Braunhaarige hastig, „vorhin besiegt hat … hat da irgendeiner von euch mitbekommen, welchen Zauber sie genau verwendet hat?“

Krone und Wurmschwanz schüttelten synchron den Kopf.

„Warum interessiert dich das?“, hakte Sirius misstrauisch nach.

Es gefiel ihm nicht, dass einer seiner Freunde so viel über das Gör nachdachte.

„Es war eindeutig eine typische Ganz-Körper-Klammer. Also nichts Besonderes“, verschränkte er die Arme.

„Aber gehört-“

„-habe ich es nicht. Nein“, er verdrehte die Augen. „Worauf willst du hinaus, Moony? Was ist so wichtig daran, ob jemand …“

Sirius sagte den Satz nie zu Ende. Stattdessen schüttelte er kurz darauf wild den Kopf, als er endlich verstand, was Moony meinte – was ihn so sehr beschäftigte. Die Frage: Ob …?

Nein, dachte Sirius.

„Nein!“, wiederholte er laut. „Sie hat es leise gesagt, sie kann nicht …“

„Aber genau, weiß es keiner“, gab sein ruhiger Freund zu bedenken.

Jetzt schaltete sich auch Krone ein:

„Ihr meint doch nicht allen Ernstes, sie kann bereits ungesagte Zauber?“

Wurmschwanz blickte verwirrt – vermutlich über die Masse an Information – von einem zum anderen.

„Lächerlich!“, gab Sirius als Antwort.

Damit war das Thema für ihn auch gegessen. Das Miststück und ungesagte Zauber! Allein der Gedanke war hirnrissig. Das war Stoff der sechsten Klasse, und es hatte bisher keinen Jahrgang gegeben, der nicht darüber gestöhnt hatte. Sie waren unheimlich schwer in der Umsetzung.

Niemand würde sich so etwas Anstrengendes früher als nötig beibringen.

Und Sirius hielt sie auch keinesfalls in der Lage dazu. Die hatte nichts drauf! Das heute war reines Glück vermischt mit ein wenig Schauspielerei.

„Wenn ich sie doch nur fragen könnte …“, seufzte Moony.

Remus Lupin konnte es nicht aushalten, ein Rätsel nicht zu lösen. Er saß auch immer an diesen Muggel-Kreuzwortdingern so lang dran, bis er auch das letzte Kästchen ausgefüllt hatte. Gab es eine Frage, Moony war der Erste, der eine Antwort wollte.

„Denk nicht über sie nach! Sie ist so unwichtig wie Filch’ dreckigster Mop“, sagte Sirius vollster Überzeugung.

Moony sah ihn bemitleidend an. Einen Ausdruck, den der Gryffindor nicht leiden konnte. Er wurde nicht bemitleidet! Mitleid war für armselige Schwächlinge da.

„Du weißt selbst wie lächerlich du manchmal bist, oder, Sirius?“

Angesprochener kniff die Augen zusammen.

Lächerlich?!

Jeder weiß inzwischen, wie sehr du sie hasst; du musst es nicht ständig wiederholen. Wir alle wissen aber auch, dass das nicht immer so war.“

Sirius warf seinem Freund einen wutentbrannten Blick zu, drehte sich auf der Stelle um und brauste davon.

Er musste sich Moonys Gequatsche nicht anhören!

Er musste nicht, er wollte nicht … und er konnte nicht.

Denn anhören, hätte bedeutet sich zu erinnern. Und Sirius war kein Freund von alten Erinnerungen. Er lebte völlig im Hier und Jetzt. Nur die Gegenwart hatte Bedeutung – Vergangenheit, so etwas war unwichtig! So etwas gehörte vergessen.

Im Hintergrund nahm er noch Krones Geschimpfe war:

„Merlin! Danke, Moony. Jetzt wird er nachher wieder bestimmt versuchen, sie mit dem Treiberholz umzubringen.“

Krones Vorschlag war nicht schlecht – das sollte sich Sirius wirklich überlegen.

Sie umbringen … sie auslöschen … sie verschwinden lassen … für immer.

Wenn es doch nur gehen würde. Nur Sirius wusste, wie gern er sie ein für alle Mal aus seinem Leben entfernen wollte, wie einen Namen aus einer Geschichte zu streichen.

Doch es ging nicht. Sie würde immer da sein. Wie ein eklig, juckender Mückenstich, der ihn ständig nervte. Wie eine nie verheilende Wunde, die ihn auch nach Jahren noch quälte.
 


 

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~*~ The asshole in my mind ~*~
 

yanni: “Sirius, you’re an ass!”

Sirius: “What?!”

yanni: “Ass means that you are a mean, disgusting idiot.”

Sirius: “I did know that!”

yanni: “Then why you’re asking?”

Sirius: “I didn’t ask! That was an exclamation telling you, I’m no ass!”

yanni: “You are.”

Sirius: “Not! … wait, why are we talking English by the way?”

yanni: “Because I want to.”

Sirius: “Want to?”

yanni: “Yeah.”

Sirius: “You are not able to speak this language without mistakes and now, you force me to talk that nonsense, too?”

yanni: “First of all: you are not allowed to criticize me, which leads us to point two. I am the author of this story meaning I’m your god, your mother, best friend, the neighbour you don’t like and your cousin third degree. So yes, I can force you to whatever I want.” *muhahaha* *thinks about all the horrible plans for Sirius in her mind*

Sirius: “You forgot to mention ‘dictator’.” -.-‘

yanni: „Willst du wieder auf die stille Treppe?!”

Sirius: “What the hell is- Hang on! Why am I still talking that shit, but you don’t?!”

yanni: “Darum.” :P

Sirius: “That’s no fucking answer!”

yanni: „Doch. Gottes Wege sind eben unergründlich.“ ;D

Sirius: “Holy shit!“ -.-’
 


 

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@eva-04: Hey!

Puh, bin froh, dass du Länge nicht schlecht findest – kurz fassen könnt ich mich ja nie! XD

Beim anderen sag ich nur: Lass dich überraschen! ^^ Es wird sowohl bei James & Lily, was zu erzählen geben, als auch bei Mel & Sirius. Ich persönlich finde besonders letzteres spannend und freu mich schon darauf, es zu schreiben. =)

lg
 

@Nicce: Juhuu!

Figaro gefällt dir? *freu* Ich hoffe, deine Einstellung hat sich nach diesem Chap nicht geändert? *bang*

Oh, das ich natürlich eine gute Frage … ;) Eigentlich scheint Mel ja nichts von sich preisgegeben zu haben, aber eigentlich war Sirius auch mal ihr bester Freund, dem sie wohl sehr vertraut hat. Bleibt also abzuwarten, ob da noch was kommt. ^^ Hoffen wir einfach mal, dass es nicht auf dieselbe Weise wie im letzten Chap dann bekannt wird.
 

@Lady-Yuna: Joah, hallo erst mal … wie man gemerkt hat, hat das mit dem „Chap in zwei-drei Wochen nicht so gaaanz hingehauen. *murksi* Ich hoffe, das hat dich nicht gleich wieder vertrieben – aber sooo lang brauch ich gewöhnlich doch nicht.

Du magst also Mel? *lol* Wenn das Mädel nur wüsste, wie beliebt sie ist, obwohl sie doch alles dagegen tut … XD

Und Sirius findest du ganz schön dreist? Kann ich verstehen. ;) Er ist eben so ein richtiges Arschloch und geht über (Mädchen)Leichen. Mal schaun ob ich – oder jemand anders ^^ - ihn noch ein wenig bekehren kann. Zumindest etwas. ;D

Danke für dein Kommi! *kuss*

P.S. Lily wird ihre Meinung spätestens irgendwann in der Siebten ändern – ich bleibe schließlich bei JKR. Ist doch gar nicht so lang. XD Na ja, vllt mag sie ihn ja auch schon vorher … aber nur vielleicht … ;)

P.P.S. Figaro bringt ganz bestimmt sehr viel Schwung mit! Bei Mel&Sirius – und anderswo.
 

@whatever92: Hey!

Schön, wieder von dir zu hören! Hatte schon befürchtet, du liest nicht mehr weiter …

Wie das mit dem „bald“ und einem „neuen Chap“ bei mir ist, weißte ja schon zur Genüge …

vlg
 


 

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Vorschau
 

Kapitel 17 - Lasst das Spiel beginnen!

Endlich ist er da! Der Tag, der Tage: Gryffindor versus Slytherin. Jeder weiß, was für ein harter Kampf bevorsteht, doch James ist siegesgewiss. Natürlich.

Aber wird es wirklich so einfach, wie der Quidditchkapitän sich das vorstellt? Immerhin hat er zwei Teammitglieder die lieber gegen- als miteinander spielen würden ...

Wer wird ganz am Ende also den Sieg davontragen?

"Man(n) soll den Tag nicht vor dem Abend loben" - das wird das Motto dieses Kapitels sein.
 

Der Titel ist erst mal vorläufig, ganz sicher ist er noch nicht. Das Chap selbst ist (wie könnte es auch anders sein) auch noch nicht fertig. Eigentlich wollte ich das ja vor dem nächsten Update erledigt haben ... wie man sieht ohne Erfolg. =( Und da ich die nächsten Wochen Stress habe, dachte ich, ihr wollt wahrscheinlich nicht noch länger warten.
 

hegdl, yanni
 

P.S. Und auch diesmal verlass ich euch nicht ohne Bildchen! =D

Mary Haert:

http://i707.photobucket.com/albums/ww71/yantara_2008/Mary.jpg

Ivy:

http://i707.photobucket.com/albums/ww71/yantara_2008/Tessie.jpg

Christopher Savage:

http://i707.photobucket.com/albums/ww71/yantara_2008/EdWestwick.jpg

Sandy Sapers:

http://i707.photobucket.com/albums/ww71/yantara_2008/AshleyTisdale.jpg
 

P.P.S. Übrigens hat Joseph

http://i707.photobucket.com/albums/ww71/yantara_2008/Joseph.jpg

mit großer Mehrheit gewonnen! *juhuu*
 

P.P.P.S. Ich verspreche, dass ich nie nie wieder ein Versprechen wegen Updates abgebe!!!

Lasst das Spiel beginnen!

Bevor es los geht, muss ich mal wieder in aller Form bei euch entschuldigen, dass das Update so lange auf sich hat warten lassen: SORRY!!! (Ich hoffe, das liest überhaupt noch einer? *zitter*)

Zu meiner Verteidigung: ich hatte ehrlich viel um die Ohren. Zuerst bin ich umgezogen und musste lernen, allein klar zu kommen. Und dann gab es da noch so lustige Uni-Prüfungen … gibt sie noch immer … und eigentlich … sind sie gar nicht lustig. ^-^

Na ja, aber das interessiert euch wahrscheinlich überhaupt nicht – deswegen geht’s jetzt erst mal weiter! Heute kommen wir endlich an einem Punkt an, auf den ich mich schon lange freue – es geht in eine neue ‚Phase’! Viel Spaß dabei!!! =D
 


 

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Kapitel 17 – Lasst das Spiel beginnen!
 

„Aber es gibt Niederlagen, die Siege sind; und Siege, verhängnisvoller als Niederlagen.“

Wilhelm Liebknecht (1826–1900), deutscher Journalist und Politiker, war einer der Gründerväter der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD)
 

James erwachte mit einem gewaltigen Druck auf dem Magen. Es fühlte sich an, als hätte ihm jemand die Besenstilspitze mit voller Wucht hineingerammt. Blitzschnell richtete sich der Quidditchkapitän auf und raste zum Klo – mit dem Kopf nach vorn.

Nachdem er sich einige Male erleichtert hatte und kein Inhalt in seinem Bauch mehr vorhanden war, der hätte drücken können, ging es dem Gryffindor schon sichtlich besser. Mit seiner Farbe kehrte auch James Potters unschlagbarer Optimismus für alle Lebenslagen zurück: Sein Alptraum von dieser Nacht würde sich nicht erfüllen! Dessen war der Schwarzhaarige nicht entschlossen, sondern überzeugt. Eben jenes besiegelte der Quidditchkapitän sogleich mit einem lauten Kampfschrei, so dass die Slytherins auch unten in den Kerkern noch hören sollten, dass Gryffindor mutig zur Tat schreiten würde. Allerdings bekamen es wohl nicht die hinterhältigen Schlangen in ihren grünen Betten mit, sondern jemand anders.

„Schnauze!“, ein Kissen flog schlitternd durch die halb geöffnete Badezimmertür.

James grinste.

Er wusste, wer es geschickt hatte.

Ohne auf die Uhr zu schauen – die aber garantiert eine brutal frühe Anzeige nach Meinung des Werfers präsentierte –, nahm er das Kissen auf und stürzte sich in den Krieg. Müde spielte Sirius Black sowieso besser. Da war er aggressiver.

Und Aggressivität würden sie heute brauchen.
 

~*~*~*~
 

Remus gähnte. Ein weiterer Sonntag, an dem er sich müde fühlte. Diesmal nicht wegen einer durchzechten Nacht oder katerigen Freuden, das genaue Gegenteil war der Fall.

Zuerst war da der plötzliche Aufschrei James Potters am allerfrühsten Morgen gewesen, der alle wenig sanft aus dem Schlaf gerüttelt hatte. Remus hatte es einfach übergangen und war wieder eingedöst.

Dann der Kissenkrieg, den der Quidditchkapitän Gryffindors sogleich gegen Sirius Black ausgerufen hatte. Remus hatte fliegende Tatsachen ignoriert, in der Hoffnung sich weitere Minuten Schlaf sichern zu können.

Schließlich, als das Feder-Gemetzel vorbei war und alle gleichzeitig zum Bad stürmten, hatte sich Remus an den Glauben geklammert, vielleicht, als einzige noch ruhende Seele, übersehen zu werden.

Doch dieser Fluch hatte natürlich nach hinten losgehen müssen …
 

„Moony – Moony – Moony!“, hüpfte es urplötzlich auf Remus Lupins Bett herum.

Sein allererstes Spiel als Captain der Gryffindors versetzte James Edward Potter anscheinend in derart hyperaktive Zustände, dass er mit niemandem an diesem Morgen Erbarmen hatte. Im Gegenteil – er ging zum Frontalangriff über.

„Komm schon, steh auf! Selbst Tatze ist vor dir wach“, sprang er weiter auf seiner Matratze umher wie ein junges Känguru.

Remus seufzte.

„Du willst doch nicht das große Spiel verpassen?“, empörte sich die aufgekratzte Klein-Jungen-Stimme.

„Zuerst einmal wollte ich meinen Schlaf nicht verpassen“, murmelte Remus noch immer mit dem Kopf im Kissen vergraben. „Aber, da du ja nie aufgibst …“,

Resignierend drehte sich der Braunhaarige um und quälte sich aus dem Bett.

James Potter grinste ihn topfit an. Dann hüpfte er von Remus’ Bett und düste weiter, die nächste Seele zu suchen, die er mit seinem Überschuss Energie nerven konnte. Tatze hieß wohl das Opfer. Das entnahm Remus jedenfalls dem lauten Gebell aus dem Badezimmer.
 

Und nun saß er hier, viel zu früh und sah seinem sehr aktiven Freund zu, wie er von einem seiner Spieler zum nächsten rannte, um sie mit möglichst viel Essen vollzustopfen. Als leuchtendes Vorbild verließ er aber selbstverständlich keinen, ohne etwas in seine breite Luke geschoben zu haben.

Bei manch einem zeigte diese Art von Hartnäckigkeit jedoch wenig Erfolg. Melody Roberts rührte angeekelt in ihrem Haferschleim rum. Sie war noch nie eine Morgenperson gewesen.

Das krasse Gegenteil dazu war Tatze, der trotz Wut – oder gerade deswegen – ein drei Gänge Frühstück in sich hineinstopfte. Nur alles, was Krone ihm bei seinen Besuchen zuschob, lehnte er mit einem aggressiven Knurren ab. James Potter wirkte trotzdem absolut zufrieden.

… bis er an eben genannter Sucherin vorbeikam.

„Roberts, iss endlich! Wir können uns nicht leisten, dass du vom Besen fällst!“

Von einem anderen Schwarzhaarigen kam ein sehr gegenteiliges Schnauben.

„Potter“, zischte die blonde Sucherin gefährlich, während sie geräuschvoll den Löffel auf den Tisch knallte und aufstand, seine Augen mit den Ihrigen aufspießend, „wenn du mich weiter mästest, ziel ich deinen Kopf an, sobald ich auf dem Besen sitz und kotzen muss!“

Definitiv kein morgendlicher Sonnenschein!, dachte Remus für sich.

Und es war vermutlich nicht förderlich gewesen, dass Krone Abigail Speedy damit beauftragt hatte, seine Sucherin früher als eigentlich nötig zu wecken. Das sensible Mädchen war jedenfalls sehr zittrig zurückgekehrt.

„Nur weil ich nicht, wie manch anderer hier, alles in mich hineinstopfe, was nicht schnell genug weglaufen kann“, sie warf einen angewiderten Blick zu der Person, die Remus schräg gegenüber saß, „werde ich beim Fangen des dummen Schnatzes schon nicht vom Besen fallen.“

Dieser Kommentar wirkte sich leider nicht sonderlich positiv auf die Laune des anderen morgendlichen Nicht-Sonnenscheins aus.

Sirius Black drehte seinen Kopf in bedrohlich langsamer Geschwindigkeit zu ihr.

Eine Woche. Länger konnten sich diese beiden gar nicht „ignorieren“. Der Vertrauensschüler verspürte das dringende Bedürfnis seinen Kopf mal wieder gründlich zu schütteln.

„Roberts“, da war Ekel, da war Hass – aber Remus hatte auch den Eindruck, es würde Tatze eine gewisse Befriedigung verschaffen, ihren Namen wieder aussprechen zu können, „wenn ich dich so anschaue, ist es auch besser, dass du nichts isst. Es wäre heute nicht der passende Moment, wenn dein Besen wegen Übergewicht nicht abheben kann!“

Remus Lupin hatte hier gewisse Probleme mit der Nachvollziehbarkeit von Sirius Blacks Vorwurf. Melody Roberts war nicht schrecklich dünn, aber auch nicht ungemein dick – einfach ganz normal. Doch vermutlich schaute sie in den Augen seines Freundes aus wie ein fettes Monster. Eben das, was er sehen wollte.

„Den Hinweis kann ich wohl getrost zurückgeben, Black!“, erwiderte sie postwendend.

Alles wieder beim Alten! Und wieder der Drang in Remus, mit seinem Kopf eine mehrmalige halbkreisförmige Bewegung zu vollführen.

„Bezeichnest du mich etwa als fett, Roberts?!“

Tatzes Geduldsfaden war heute Morgen eindeutig kurz: er war bereits von seinem Platz aufgestanden und machte einige bedrohliche Schritte auf sie zu.

„Lass mich überlegen“, meinte sie ironisch und legte den Finger ans Kinn. „Ja, Black!“

Aber ihre Sprüche hatten auch schon frischere Tage erlebt.

Tatze schloss erbost den letzten Rest ihrer Distanz mit drei großen Schritten. Sie hielt ihm herausfordernd das Gesicht entgegen.

„Ach, ja?“, hakte Sirius mit aggressivem Unterton nach.

„Ja!“, wich sie kein Stück zurück, weder mit ihrer Meinung noch mit ihren Füßen.

Der Beginn eines ‚geistreichen’ Konflikts:

„Ja?“

„Ja!“

„Jaa?“

„Jaa!“

„Jaah?“

„Jaah!“

„Jaaaah?“

„Miss Roberts, Mr Black, was treiben Sie dort für alberne Kindereien?“

Professor McGonagall kam mit zackigem Schritt in die große Halle marschiert, ein Gryffindor-Schal bereits um den Hals.

Das schien die beiden verschworenen Intimfeinde doch wieder aus ihrem neusten ‚Kampf-Spiel’ zu holen. Man drehte das Gesicht der Hauslehrerin Gryffindors zu, dann erneut zu einander, bis nach drei sekündigen Dauerstarren das Entsetzen Einzug hielt. Denn man war sich in diesem Moment näher als so manches Liebespaar. Die anderen „mans“ (ihn mit eingeschlossen) konnten nun gar nicht so schnell gucken, wie die beiden Todfeinde auseinander wichen. Der Rücken wurde einander zugewandt und wie in einem schlechten Sketch verschränkten beide Parteien die Arme und legten einen nahezu identischen Gesichtsausdruck auf.

„Roberts’/Blacks Schuld!“, drang es gleichzeitig hinter beiden Rücken hervor.

Man konnte das andere Subjekt selbstverständlich nicht ansehen. Das wäre gegen die Spielregeln. Remus fand, dass die Streitereien der beiden allmählich so lächerlich wurden, dass es doch nicht mehr ernst zu nehmen war – doch das sahen die zwei Sturköpfe eindeutig anders. Trotzdem war die derzeitige Szene wiederum so albern, dass Remus nur schwerlich sein Lachen verstecken konnte. Aber da war er ja nicht der Einzige …

„Das reicht!“, rief die schneidende Stimme Minerva McGonagalls. „Es ist vollkommen gleichgültig, wer von Ihnen beiden Schuld hat, es bedeutet in jedem Fall Strafarbeit – für Sie zwei. Zusammen!“

Das letzte Wort hatte es eindeutig in sich gehabt – aus Sicht von Streithenne und -hahn. Die Gryffindors blickten ihre Hauslehrerin an, als müsse sie gewiss zum ersten Mal in ihrem Leben einen Scherz machen. Aber bekannter Maßen machte Minerva McGonagall ja nie Scherze.

„Schauen Sie nicht so! Es wird Ihnen gut tun – ich dulde solch ein kindisches Verhalten nicht im Hause Gryffindor. Und Potter“, Krone stand alarmiert sofort stramm, „Sie sollten als Quidditchkapitän mit dafür sorgen, dass sich Ihre Spieler nicht in unsinnigen Streitereien verlieren.“

„Ja, aber …“, setzte James Potter an.

Vermutlich, um ein wenig Licht in die Situation dieser zwei ganz besonderen Streitsucher zu bringen.

„Kein „aber“, Potter“, ließ die schneidende Stimme seinen Freund ins Leere laufen. „Ich habe Sie zum Kapitän gemacht, also tragen Sie auch die Verantwortung für das, was in Ihrem Team geschieht.“

Ein letzter Blick von Schärfe war das Abschiedsgeschenk Minerva McGonagalls. Ihr Schal wehte wie eine letzte Warnung an Gryffindors Schüler hinter der Professorin her.

Das Ergebnis war, dass in der nächsten halben Stunde ein peinlich berührter James Potter – war er doch sicher, dass es vor und nach ihm nie einen besseren Quidditchkapitän gab bzw. geben würde – seinen Treiber und seine Sucherin zusammenstauchte. Oder sich zumindest größte Mühe bei dem Versuch gab. Diese Ansprache blieb nämlich ohne sichtbares Ergebnis. Sirius Black und Melody Roberts würdigten sich nach wie vor keines Blickes, geschweige denn den Quidditchkapitän der Gryffindors.

Bei diesen beiden Sturköpfen prallt wohl alles an ihren Dickschädeln ab, dachte Remus, Mitleid für Krone empfindend.

Er wollte wahrlich nicht Captain über diesen beiden sein.

Aber McGonagall wird nach ihrer Strafarbeit bestimmt Verständnis haben …

Wenn ihre Lehrerin nur wüsste, was es hieß, diese Zwei gemeinsam in einen Raum zu sperren. Heutzutage. Denn trotz all der Dinge, die geschehen waren … die Professorin hatte sicherlich noch immer ein klein wenig anderes Bild von ihren beiden Schülern für sich behalten.

Doch diese Zeiten waren längst vorbei.
 

~*~*~*~
 

Worauf hast du dich da nur eingelassen, Lily Evans?, war der Gedanke der Gryffindor, als sie die Treppe des vollen Stadions hinaufstieg.

Überall war nur Rot und Grün zu sehen, kein einziges Fleckchen bunt war übrig geblieben, man bekannte offen Farbe. Unübersehbar war, dass Gryffindor mehr Anhänger hatte – Hufflepuff und Ravenclaw hielten nicht hinterm Berg, für wen sie jubelten, obwohl Lily doch einige Grünlige ins Auge sprangen, die eindeutig nicht im Haus der Schlangen eingeschrieben waren.

Zum ersten Mal bemerkte Lily, dass es auch praktisch sein konnte, rote Haare zu haben.

Ich falle definitiv nicht auf!, dachte sie, eine kopfschüttelnde Bewegung machend.

Lily war heute zwar nicht das erste Mal bei einem Spiel – aber das erste Mal, seit sie zwölf war, bei einem Duell Slytherin versus Gryffindor. Und ihr wurde sofort klar, warum.

Die offene Rivalität, die in der Luft lag, die Feindseligkeiten, die zwischen den Fans ausgetauscht wurden, empfand die Vertrauensschülerin schlimmer als das Treiben englischer Hooligans bei einem Fußballspiel. Sie hatte diese Häuserfeindschaft noch nie gut geheißen – und Quidditch förderte sie offensichtlich nur.

Aber sie würde ihr Versprechen einlösen …

Die Gryffindor zog ihren Umhang enger um sich. Auch dieser Novembermorgen war von klirrender Kälte erfüllt und dazu kam heute auch noch ein leichter fisselnder Regen, der den kalten Eindruck vom Wetter nur verstärkte.

Zu dumm, dass Caite darauf hatte bestehen müssen bei Sheila und ihrer Freundin zu bleiben. Mit der Irin an der Seite wäre es erträglicher gewesen. Normal wäre Lily ja auch bei Sheila geblieben … doch die stand zwischen hysterischen Mädchen, die Banner hochhielten wie „Sirius, du bist mein fliegender Stern!“ und „James Potter gewinnt jeden Ball, jedes Spiel und mein Herz!“. Und da Lily nicht unbedingt das Gefühl hatte, dass ihre Freundin sie brauchte, noch aus purem Mitgefühl zu ihr gekommen war – Caite war nur ein einziges Mal bei einem Spiel gewesen und hatte die Hälfte der Zeit meckernd, die andere kalkweiß auf ihrem Platz verbracht –, hatte sie sich schließlich davon gemacht. Ein wenig schlechtes Gewissen nagte natürlich trotzdem an ihr, aber sie hatte sich doch sehr unbehaglich da unten gefühlt: Ein Mädchen hatte ein Schild gehalten mit „Vergiss Lily Evans – nimm mich, James!“ in leuchtend roter Schrift darauf. Lily verzog ihr Gesicht ein wenig. Was, bitteschön, gab es da überhaupt zu vergessen?!

Die Rothaarige stampfte ein wenig unelegant, auf der Suche nach einem Platz, weiter die Treppen hoch. Und nicht nur das … unmerklich wanderten ihre Augen auch die Reihen ab, wo die meisten Ravenclaws saßen. Doch sie wurde enttäuscht.

Aber er wirkt auch nicht sehr Sport begeistert …, überlegte die Gryffindor.

Und es spielte ja nicht mal Ravenclaw. Lily seufzte leise. Seit der Verteidigungsstunde bei Professor Garibaldi hatte sie ihn jetzt schon nicht mehr gesehen … und dabei brannte sie doch darauf, mit ihm zu reden. Über sein Duell. Sie wusste nicht mal genau, warum, nur, dass sie irgendwie darüber reden wollte. Denn irgendwas störte die aufmerksame Gryffindor. Wie von selbst legte sich Lilys Stirn in Falten.

Aber sie würde wohl allein–

In genau diesem Moment stolperte jemand gegen Lily.

„Entschuldigung!“, murmelte es leise.

Nanu? War das nicht … Lily wandte ihren Blick weiter zum Boden. Tatsächlich wanderte Pettigrews kleine, runde Form die Reihe vor ihr entlang, zu einem Lily sehr bekannten, braunen Haarschopf.

„Remus!“, rief Lily erfreut, als sie Pettigrew folgte.

Ein deutliches Zucken verriet, dass ihr Vertrauensschülerkollege sie gehört hatte. Und glücklicherweise war neben ihm auch noch ein Platz frei.

„Darf ich?“, fragte Lily höflich und deutete auf den leeren Teil der Bank.

Der blasse Junge vor ihr nickte als Antwort nur, seine Augen waren wie gebannt auf das Spielfeld gerichtet. Und in den nächsten fünf Minuten würde sich nichts daran ändern: Keiner sagte ein Wort. Eine merkwürdige Stille legte sich in Kontrast zum Lärm des Stadions um sie drei. Es war eine Stille, die kaum zu reden wagen ließ und selbiges gleichzeitig forderte.

Schließlich fiel Lily aber doch noch etwas ein, was sie gut sagen konnte:

„Petti–, äh Peter?“

Lily fand es unhöflich hier so selbstverständlich neben Remus zu sitzen und ihn trotzdem mit Nachnamen anzureden. Außerdem war sie seine Nachhilfelehrerin und sollte sich langsam daran gewöhnen, seinen Vornamen zu benutzen – selbst wenn er nach wie vor ein Rumtreiber bleiben würde.

Kleine blaue Kugeln beäugten sie irritiert.

„Ich wollte dir nur Bescheid geben, dass ich nachher noch kurz mit dir sprechen muss. Es geht um unser Projekt für Zaubertränke.“

Sie wollte es nicht jetzt erklären. Das Spiel begann jeden Augenblick und der rundgesichtige Junge war nicht gerade für sein gutes Gedächtnis bekannt.

Peter Pettigrew nickte ein paar Mal übereifrig mit dem Kopf, bevor er wie sein Freund zurück aufs Spielfeld schaute und die Stille wieder Einzug über sie hielt.

So vergingen die Minuten tragend langsam im „roten Block“, wie Lily ihre Position inzwischen bezeichnete. Vielleicht sollte sie ihre Augen schließen, nur damit sich keiner hier von ihrer grünen Farbe angegriffen fühlte? Sie war natürlich für Gryffindor, aber in Herrgottsnamen: Es war ein Spiel! Die machten daraus ein Duell auf Leben und Tod.

„Ladies und Gentlemen!“, eine unbekannte Stimme begrüßte Lily plötzlich.

Anscheinend war der Sprecher von damals längst im „Ruhestand“ – wie zu erwarten, aber die Gryffindor empfand es dennoch als befremdend, nicht die erwartete Stimme zu hören. Und zuordnen konnte sie die neue auch nicht.

„Willkommen zum lang erwarteten Spiel, Slytherin gegen Gryffindor!“

Lauter Jubel brach aus und überbot alles vorher dagewesene. Auch Lily wurde endlich vom Bann der Menge mitgezogen. Es ging los!
 

~*~*~*~
 

„… und vergesst das alles bloß nicht!“, rief James Potter zum Abschluss seines sich selbst lobenden Quidditch-Vortrags.

Langsam öffnete Mel wieder die Augen, nachdem sie gleich zu Beginn der Potter-Show eingedöst war. Seine Schuld, wenn er sie zu übertrieben frühen Zeiten von kleinen, zitternden Speedys wecken ließ. Das Gebrabbel von gerade hatte er diese Woche auch erst sieben Mal von sich gegeben. Sie konnte selbst sein Armgefuchtel an den passenden Stellen schon imitieren.

Mel gähnte – wohl etwas zu laut.

„Roberts möchte, dass du deinen Vortrag extra für sie noch mal wiederholst, Krone“, schnarrte eine gehässige Stimme. „Sie konnte gerade nicht zu hören, weil sie gepennt hat.“

„Ich habe nicht „gepennt“, Black! Nur meine Augen für das Spiel ausgeruht“, zickte Mel zurück.

Dieser Idiot aus der dritten Reihe konnte natürlich nicht einmal sein übergroßes Maul halten!

„Schluss jetzt!“, ging Potter diesmal sehr schnell dazwischen, bevor Black irgendeinen weiteren Blödsinn hätte verzapfen können (Mel hatte die Rädchen hinter seinem ach-so-hübschen Köpfchen schon quietschen hören). „Hättet ihr beide gerade zugehört, dann wüsstet ihr, dass ich keinerlei Streitereien weder vor Spielen noch zwischendurch in meinem Team mehr haben will!“

Abwechselnd musterte er sie und Black herausfordernd durch seine Brillengläser hindurch.

„Hast du noch was zu sagen, Roberts?“, erkundigte sich ihr Kapitän argwöhnisch.

Anscheinend war er unzufrieden, weil sie nicht zerknirscht guckte – so wie Black. Doch dafür triumphierte Mel zu sehr über Adonis’ Fehler, sich mit seiner großen Klappe wieder mal selbst ins Schwänzchen gebissen zu haben.

„Ja“, antwortete die Gryffindor. „Können wir endlich anfangen?“

Sie wollte diesen ganzen Kram hinter sich bringen … und den Slytherins (Bellatrix Black) eins auswischen, dass sie für einen ganzen Monat ihre arroganten Näschen nicht wieder gen Himmel recken könnten.

„Noch nicht!“, ruderte Potter wichtigtuerisch mit seinen Armen.

Sein Ego nahm heute universelle Züge an. Es füllte bereits den Raum aus.

„Zuvor müssen wir unbedingt noch einen Team-Schwur ablegen! Also …“

Er stellte sich in die Mitte des Raumes, streckte seine rechte Hand aus und forderte die anderen auf, es ihm nachzutun. Wessen diese auch sogleich brav nachkamen. Nur Melody Roberts musste sich natürlich der Order ihres Kapitäns widersetzten.

„Roberts, wo bleibst du?“, kam es in einem ungeduldigen Befehlston, der Mel nicht gefiel.

„Keine Chance, Potter! So einen Blödsinn mache ich nicht mit.“

Erstens das, und zweitens war der einzig freie Platz noch neben Mr Ich-bin-Gottes-Geschenk-an-die-(Frauen-)Welt.

„Roberts!“, Potter nahm vollends seine diktatorische Kapitänspersönlichkeit an. „Muss ich dich wieder erinnern, warum du im Team bist?“

Argh, immer das Gleiche!

Mel ließ ein leicht fauchendes Geräusch erklingen, fügte sich aber. Widerwillig nahm sie also ihren Platz neben Black ein – sie wie er sorgten für möglichst viel Abstand. Körperkontakt war zu vermeiden. Ihre Hand schwebte knapp über seiner. Die Wärme, die er ausstrahlte, war trotzdem deutlich spürbar. Deutlicher als die von allen anderen.

„Kessel, Zauberstab und Besen bricht, aber Gryffindor besiegt ihr trotzdem nicht!“

Mel fügte noch ein Augenrollen hinzu, bevor sie ihre Hand blitzschnell zu sich zurückzog. Nur Black war darin noch schneller und ließ seine rasch in die Umhangtasche zurückgleiten.

Der Kreis löste sich auf, jeder ging zu seinem Besen, holte ein letztes Mal tief Luft in diesen wenigen verbleibenden Momenten der Ruhe, bevor es raus in ein volles Stadion gehen würden. Auch Mel hatte das vor, bis Potters Stimme sie abermals zurückbeorderte. Was wollte ihr persönlicher Rumkommandierer denn noch?

„Tatze?“, rief Potter anschließend quer durch den Raum

Ein scheinbar völlig gelangweilter Black kam auf sie zugeschlendert und sah sie ganz offensichtlich nicht an.

Mel gefiel das hier nicht. Aber ihr gefiel ja nichts, was in irgendeinem Zusammenhang mit schwarzhaarigen Schönlingen stand, geschweige denn sie beinhaltete. Was Potter wohl wieder wollte? Sein Gebot „Ihr sollt nicht streiten auf des Quidditchs heiligem Felde!“ hatte er schließlich schon ausgesprochen.

„Also“, räusperte sich ihr Kapitän merklich, „ich hab da noch eine wichtige Information, die vor allem euch beide betrifft. Ähm …“

Potter zerwuselte sich seine Haare und rang um Worte. Ein seltenes Phänomen in seiner Kapitänsrolle und es machte Mel misstrauisch. Weshalb war er so nervös?

„Eine vertrauenswürdige Quelle hat in den letzten Wochen die Schlangen für mich ausspioniert und ich äh, weiß jetzt, wer ihr Sucher ist.“

Black schaute irritiert:

„Und was geht mich das an, Krone? Mich interessiert’s nicht, wen ich vom Besen hauen soll, das weißt du. Hauptsache eine Schlange weniger.“

Mel weigerte sich, ihm zu zustimmen. Aus Prinzip. Sie wollte nicht mit Black irgendwo derselben Meinung sein.

Potter sah seinen Freund händeringend an:

„Das interessiert dich doch. Slytherins Sucher … heißt Black.“

Gryffindors Black starrte den Quidditchkapitän an. Für Momente rührte sich nichts.

„Das ändert nichts“, verkündete er schließlich.

Scheinbar unberührt marschierte Black von dannen, doch Mel wusste es besser. Sie konnte in dem steinernen Gesichtsausdruck lesen, hatte er doch oft genug selbigen ihr gegenüber verwendet. Es hatte also einen Nerv getroffen …

Potter schien verwirrt und gleichzeitig erleichtert, dass Black nicht wieder einen seiner typischen Affentänze aufgeführt hatte.

„Hör zu, Roberts: Ich hab keine Ahnung, wie Black spielt, aber sei einfach besser, das reicht mir schon.“

„Bescheiden wie immer, Potter!“, der Sarkasmus tropfte von ihren Worten. „Aber du hast Glück: Blacks werfe ich besonders gerne von ihrem hohen Ross runter.“

Potter schien den versteckten Angriff auf seinen Freund darin zu übersehen und war für den Moment einfach selbstzufrieden, dass sie seinen Befehlen ‚gehorchen’ würde.

„Also gut, Leute, es geht los! Schnappt euch euren Besen – jetzt putzen wir ein paar Schlangen vom Feld!“, brüllte Potter durch den Raum.

In Mels Mundwinkeln zuckte ein kleines Grinsen. Immerhin einmal hatten sie und ihr Kapitän den gleichen Gedanken.
 

~*~*~*~
 

„Und dort kommt das Team der Gryffindors eingeflogen, unter der neuen Leitung von James Potter. Nun werden wir sehen, ob seine Wahl zum Kapitän und erstem Jäger eine gute Entscheidung war – oder ob er doch lieber beim Sucher geblieben wäre.“

„Hey!“, Wurmschwanz war aufgesprungen und wedelte mit seinen kleinen Fäusten in der Luft. „Du … du, Idiot, du! Krone ist super!“

Auf Lilys Stirn sah er das Evans-Runzeln sich bilden, ein Zeichen des Misstrauens und des Unverständnisses der Gryffindor. Remus drückte seinen kleinen Freund zurück auf die Bank. Aber er konnte Peter Pettigrews Wut – er mochte es rein gar nicht, wenn jemand seinen Freund James Potter im Quidditch kritisierte – gut nachvollziehen. Er fühlte sie auch.

Wie schon beim letzten Spiel im vorigen Jahr übernahm Azriel Smith den Kommentar, ein Slytherin, der auch bei 99 weiteren Häusern sich in kein anderes so gut eingefügt hätte. Seine Haltung überheblich, die Nase weit über Maß erhoben, und eine Stimme … nicht einfach arrogant, sondern immer mit diesem einen bestimmten Ton: als könne sie nichts anderes, als seine Mitmenschen zu kritisieren und sich über sie lustig machen. Und damit schaffte sie es auf die Liste von wenigen Dingen, die Remus Lupin unter keinen Umständen leiden konnte. Doch Krone würde ihn heute verstummen lassen – er musste!

„Es folgen Franklin, Speedy, Prewett – hoffen wir, dass sein Kapitän ihm keinen Grund gibt, die Familientradition fortzuführen“, spielte Smith scheinheilig auf das letzte Spiel Gryffindors an, wo Gideon Prewett dem damaligen Kapitän, Sturgis Podmore, die Nase gebrochen hatte. „Dahinter fliegen die Treiber Longbottom und Black – nicht überraschenderweise konnte der beste Freund des Kapitäns seine Position halten, obwohl auch er letztes Jahr einen Hang zur Regelmissachtung bewiesen hat“, hier musste natürlich der Verweis auf Tatzes versuchte Attacke (mit Treiberholz) auf seine Cousine kommen. „Und zum guten Schluss wohl der erstaunlichste Neuzugang in Potters Team dieses Jahr: Sucherin Melody Roberts. Hoffen wir, dass auch uns die Entscheidung zu dieser erstaunlichen Wahl klar werden wird …“

Wie er „erstaunlichen“ betonte! Würden dort vorne nicht Krone und Tatze spielen, Remus hätte große Lust gehabt, jetzt schon wieder nach Hause zu gehen. Seine empfindlichen Ohren mochten diese Ansagen nämlich eigentlich nicht länger ertragen. Und niemand tat was gegen ihn! Wie letztes Jahr saß Professor Slughorn zwar direkt neben Smith, aber er schien dessen Kommentare eher als belustigende Scherze zu empfinden. Nur für seine Freunde blieb Remus also sitzen. Das nächste Mal würde er sich allerdings Watte mitnehmen.

„Und da sind auch schon die Slytherins!“, mit viel mehr Enthusiasmus begrüßte der Stadionsprecher das Team seines eigenen Hauses. „Bellatrix Black, die erfahrene und erfolgreiche Kapitänin führt auch dieses Jahr wieder das Team an. Es folgen Rosier, Wilkes, Lestrange und Rowle – Nachfolger für die beinah schon legendären Carrow-Zwillinge – uuuuunnnd wieder Black!“

Remus hielt den Atem an. Das war nicht gut, gar nicht gut.

„Damit ist nun auch das gut gehütete Geheimnis endlich enthüllt: Bellatrix Black holt ihren Cousin als neuen Sucher mit an Bord! Bei diesem familiären Talent ein gewiss kluger Schachzug Slytherins.“

Und Tatze zählt anscheinend für dich nicht zu diesem „familiären Talent“?, fragte Remus leicht wütend in Gedanken.

„Ist das nicht Blacks Bruder?“, fragte Lily überrascht.

Remus nickte. Sein Gesicht zog eine Grimasse. Er war es wirklich. Regulus Black, Sirius’ kleiner Slytherin-Bruder. Er konnte nur hoffen, dass Krone das vorher schon gewusst und Sirius Black rechtzeitig darauf vorbereitet hatte – ansonsten würde es sich nicht positiv auf sein Befinden auswirken.

„Madam Hooch kommt ins Stadion geflogen, in ihrem Arm hält sie den sehnlich erwarteten Quaffel, der das Spiel eröffnet. Die Pfeife erklingt – ab jetzt heißt es Slytherin gegen Gryffindor!“

Wie bei jedem Spiel packte die entladende Anspannung des Stadions auch hier Remus schlussendlich und selbst Azriel Smiths Stimme konnte ihn nun nicht mehr vertreiben.

„Der Quaffel fliegt – Gryffindor kommt durch einen glücklichen Schnellstart vor Slytherin in Ballbesitz – Potter gibt ab an Franklin – doch da sind Rosier und Wilkes, an ihnen ist noch keiner so schnell vorbeigekommen – aber Franklin entkommt durch ein Ausweichmanöver nach unten, ein sehr simpler Trick – Gryffindors Jäger steuert weiterhin aufs Tor zu – da lässt Franklin wegen eines plötzlichen Hakens den Quaffel fallen, hervorgerufen von einem gut geschossenen Klatscher von Rudolphus Lestrange – aber Glück für Gryffindor, James Potter war in der Nähe um Franklins Unaufmerksamkeit auszubügeln – Slytherins Verteidigung umkreist ihn – wieder Ballwechsel zu Sly… nein, Speedy konnte aus ihrer geringen Körpergröße einen Vorteil machen und sich den Quaffel schnappen – sie rast aufs Tor zu – doch wird sie an Walden Macnair vorbei kommen? … sie schafft es – 10 zu 0 für Gryffindor!“, fügte Azriel Smith gepresst hinzu.

Remus grinste. So mochte er seine Stimme viel lieber.

„Es geht weiter, Bellatrix Black im Ballbesitz – das sieht gut aus – da kommt ein Klatscher von Black – er verfehlt sie um einige Meter – Slytherin behält durch ein glänzendes Ausweichmanöver den Quaffel – Wilkes und Rosier stehen schon bereit zur Abgabe, aber Black scheint entschlossen, das Ding reinzumachen – sie fliegt Potter und Franklin davon – nur noch Prewett steht zwischen ihr und dem Tor – nein! Da kann Black nur haarscharf einem Klatscher ausweichen – Potter nimmt den Quaffel an sich – Longbottom hat ihm ein Tor gerettet, diesen Treiber scheint Potter gut ausgewählt zu haben.“

Die letzte Bemerkung hätte man fast als freundliche Aufwertung Smiths gegenüber dem Gryffindor-Team verstehen können. Fast. In Wirklichkeit ging es darum, Sirius Blacks leicht verpatzten Klatscher noch weiter herabzuwürdigen und seine Position somit in Frage zu stellen.

„Sollte ein Kommentator beim Quidditch das Spiel nicht objektiv ansagen? Beim Fußball gibt es jedenfalls diese Regel“, meinte Lily, die Azriel Smith aus der Ferne kritisch beäugte.

„Eigentlich sollte es auch beim Quidditch so sein“, antwortete Remus, während das parteiische kommentieren des Slytherins im Hintergrund weiter lief.

„Warum sagt dann Professor Slughorn nichts? Dieser Junge dort …“

„Azriel Smith“, piepste Wurmschwanz eine Oktave höher als sonst, so geladen war er.

„Dieser Azriel Smith ist nicht fair. Es ist eine absolute Ungerechtigkeit, dass er unser Team von vornherein so bevorurteilt!“

Remus musste versteckt lächeln. Krone war die Fairness bei einem Spiel auch immer heilig. Der Gedanke erinnerte ihn, warum er eigentlich nicht mit Lily reden sollte … wollte. Er erwiderte deswegen nichts mehr, sondern konzentrierte sich zurück aufs Spiel. Gerade rechtzeitig um zu sehen, wie sein Freund mit Bravour Slytherins Hüter umging und das 20 zu 0 einleitete. Remus jubelte mit dem riesigen Gryffindor-Block auf. Ein Gefühl von Zufriedenheit breitete sich in ihm aus.

Es hielt nicht lange an. Nachdem Rosier mit einigen (nicht ganz regelkonformen) Stößen und Rowle durch den Klatscher der zierlichen Abigail Speedy immens zugesetzt hatten, kam Bellatrix Black wieder in Ballbesitz, und diesmal schoss sie das erste Tor für Slytherin. Fabian Prewetts rote Ohren glühten bis zu ihnen.

„Und in einem unglaublichen Alleingang verringert Kapitänin Bellatrix Black den knappen Abstand zu Gryffindor bereits wieder. Vielleicht hätte man dem Hüter Gryffindors doch nicht das schwere Erbe seines Bruders überlassen sollen?“

Das war zu viel! Gideon Prewett – im Übrigen der Schulsprecher Hogwarts – hang über dem Geländer, eindeutig bereit seine Tradition des Nasebrechens an Smith fortzuführen. Diese beiden Brüder hielten sehr dicht zusammen, fast wie Zwillinge. Der Angriff auf den einen, war des anderen Wut. An Gideons Rachsuchtsgefühlen konnte auch Slughorns beschwichtigendes „Na, na!“ zu Smith nichts ändern.

Plötzlich zischte ein Klatscher nur haarscharf an der Tribüne des Stadionsprechers vorbei. Madam Hoochs silberne Pfeife erklang schrill.

„Black, ihr Gegner ist nicht der Ansager des Spiels – Freistoß für Slytherin!“

Remus wusste ohne hinzusehen, in welcher angespannten Gefühlslage sich sein heißblütiger Freund befand: in einer Ich-hau-alles-vom-Besen-was-nicht-rot-trägt-Stimmung. Wenn das mal gut ging …

„… und nun visiert Rosier das Tor an – Black steht schon bereit für die Abgabe – doch was ist das?“

Auf Smiths Ansage wirbelten sämtliche Köpfe verwirrt umher, auch Rosiers, der zu Bellatrix’ Missfallen den Quaffeln fallen ließ. Krone fing ihn auf, aber seine Augen waren wie ihrer alle nicht aufs Tor gerichtet.

„So wie es scheint, hat Gryffindors Sucher den Schnatz entdeckt!“, Skepsis überwog in der Stimme des Slytherin.

Natürlich konnte er sich nicht vorstellen, dass Gryffindor besser war als Slytherin mit Regulus Black.

„Black ist ihr auf den Fersen – doch Roberts hat bereits einen glücklichen Vorsprung, zu was immer sie auch gesehen haben mag – sie steuert die Erde an – das wird ein gewagter Sturzflug – sie streckt ihre Hand aus … und muss sie wieder zurückziehen!“

Ein gewaltiges Aufstöhnen ging durch Gryffindors Fan-Reihen. Lestrange und Rowle – anstatt einen Klatscher zu benutzen – waren plötzlich aufgetaucht und hatten der Sucherin einfach wie zwei breite Wände auf Besen den Weg versperrt, der sie zu einem schnellen Ausweichmanöver gezwungen hatte. Der Schnatz war nun natürlich wieder verschwunden.

Madam Hoochs silberne Pfeife erklang abermals und wutentbrannt erteilte sie den beiden Slytherins eine kurze Standpauke, die mit zwei Freistößen für Gryffindor endete. Anstatt diese allerdings gleich zu nutzen, bat Krone um eine Auszeit.

Remus fragte sich, warum … War ihm etwas entgangen?

„Sie ist gut, oder?“, fragte Lily.

Ihre Augen waren auf den kleinen Punkt von Gryffindors Sucherin gerichtet. Remus hatte zuvor aus den Augenwinkeln bemerkt, wie sich ihre Finger urplötzlich ins Holz gekrallt hatten. Beim Sturzflug.

„Ich glaub schon“, meinte Wurmschwanz in die Stille hinein.

„Wie zu erwarten“, war Remus’ simple Antwort.

Das heutige Spiel hatte nur wiederholt, was er vor Jahren bereits gesehen hatte. Melody Roberts gehörte auf einen Besen.
 

~*~*~*~
 

„Wo warst du Tatze?!“

Mel blickte von ihren Nägeln auf, die sie ganz automatisch mit gelangweiltem Blick am betrachten gewesen war, nachdem sie wieder Boden unter den Füßen verspürt hatte. Sich gut versteckt, im Innern über den verpatzten Sturzflug ärgernd. Aber wenn Black von seinem Kapitänsfreund fertig gemacht wurde, schenkte sie ihm zur Abwechslung natürlich liebend gern Aufmerksamkeit.

„Keine Ahnung, was du meinst“, stellte Mr Schönling auf stur und tat offensichtlich unwissend.

Falsche Antwort, Black Beauty!, dachte Mel genüsslich.

„Weißt nicht, was ich meine?!“, Potter war nun vollständig zu seiner zweiten dunklen Kapitänsseite gewechselt und die kannte keine Freunde. „Ich meine, dass wir das Spiel jetzt schon gewonnen haben könnten – hättest DU aufgepasst!“

Oho, war Wonderboy da gerade zusammengezuckt? Aber Potter war ja momentan auch wirklich beängstigend … wie ein wütender gackernder Hahn, dessen Kikeriki man beleidigt hatte.

Sie sah Black Luft holen, aber Potter ließ ihn nicht zur Ausrede kommen.

„Und schieb jetzt nichts auf Frank! Der ist am anderen Ende des Feldes gewesen – wo er hingehörte – während du in idealer Position warst. Ein Klatscher von dir und Roberts hätte kein Problem gehabt das Ding einzusacken!“

So. Das ging zu weit. Potters Wut hin oder her, aber das klang ja, als wäre sie ohne Black total hilflos. Was nicht der Fall war! Seiner Hilfe bedurfte sie ganz und gar nicht. Sicher nicht.

Black zuckte geradezu gleichgültig die Schultern. Ansonsten schwieg er. Eine erstaunliche Neuerung an ihm, die Mel am liebsten bis in alle Ewigkeit beibehalten hätte. Doch für die Quidditchempfindlichkeit war das ja leider die falsche Reaktion.

„Jetzt hör mir mal zu, Sirius!“, noch nie hatte sie James Potter mit derart ernster Stimme reden gehört. „Wenn wir das Spiel wegen deiner Nachlässigkeit verlieren, hat das Konsequenzen!“

Ein kleines gehässiges Grinsen schlich sich in Mels Mundwinkel – bevor eine zarte Stimme sie erinnerte, dass sie ja gar kein Spiel verlieren durfte. Das Lächeln schwand. Dummer Potter. Dummer, erpresserischer Vertrag. Und sehr, sehr dumm-doofer Black!

„Das wird nicht passieren“, quetschte der Dümmling gerade zwischen seinen Zähnen hervor.

Die beiden Super-Freunde starrten sich an … es erinnerte Mel an irgendwas, doch sie kam nicht drauf. Auf jeden Fall hieß der Quaffel in diesem Spiel Aggressivität und Blinzeln war eindeutig verboten. Wer zuckte, hatte verloren.

Nach kurzer Zeit schon wurde es Mel zu bunt.

„Wenn ihr mit eurem Starr-Kontest mal fertig seid, können wir dann auch weiterspielen? Ja?“

Untätigkeit wie diese war nichts, was Mel mochte. Da dachte man zuviel nach.

„Halt die–“

„Roberts, als Kapitän liegt es an mir, wann das Spiel fortgesetzt wird … worauf wartet ihr noch? Steigt auf eure Besen!“

Zu Befehl, oh Möchtegern-Diktator!, erwiderte Mel.

Ausnahmsweise nur in Gedanken. Potter war geladen genug. Ein Augenrollen ihrerseits durfte natürlich trotzdem nicht fehlen.

Als sie wieder auf ihren Besen stieg, geschah es, dass sich ihre und Blacks dunkle Augen für Momente trafen. Hasserfüllt blickte das Grau sie an. Nichts Neues – wenn sie ihr nicht das Gefühl vermitteln würden, er gäbe ihr die Schuld an seinem Scheitern. Mel schaute entschlossen weg. Sollte er sie doch zehnmal verfluchen, es war ihr egal, Hauptsache sie konnte endlich den vermaledeiten Schnatz fangen und das Spiel beenden. Ohne Blacks Hilfe.
 

~*~*~*~
 

Erneut peitschte Sirius die eiskalte Luft um die Ohren. Es tat nichts, um seine hitzigen Gefühle abzukühlen. Im Gegenteil: dieser fusselige kleine Regen nervte ihn zu Tode und seine Haare wirbelten ununterbrochen wild umher, schlugen ihm wieder und wieder ins Gesicht. Vielleicht würde ein Haarband helfen – aber das wäre natürlich zu peinlich, um es zu benutzten.

Konzentrier dich, Mann!, rief Sirius seine Gedanken ins laufende Spiel zurück.

„Und Franklin bricht seinen Versuch ab, Bellatrix Black den Quaffel abnehmen zu wollen – ein von vornherein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen …“

Angestrengt bemühte Sirius sich, Smiths eklige Rotzbengel-Stimme auszublenden. Er durfte nicht noch mal die Kontrolle verlieren – für den wäre auch später Zeit. Krones Vorwürfe konnten dagegen nicht warten. Sirius’ Stolz war schließlich nicht in der Lage, das auf sich sitzen zu lassen!

Für ein paar Minuten schaffte es genau dieser Ehrgeiz, dass Sirius nichts als die umhersausenden Klatscher wahrnahm und völlig in seiner Rolle dieses Spiels aufging. Wie es bei jedem vorherigen Spiel immer gewesen war.

Dann sah er es. Und dann war es endgültig vorbei mit seiner Aufmerksamkeitsspanne.

Ihm war es zuvor schon verdächtig einsam mit Frank vorgekommen – er hatte sich nicht geirrt. Rowle und Lestrange konzentrierten sich nicht länger auf die Verteidigung des Quaffel. Ihre einzige Sorge galt nur noch dem Schnatz, bzw. dem Sucher von Sirius’ Team auf der Suche nach dem kleinen Flattermann zuzusetzen. Egal, welches Manöver sie unternahm, die beiden klebten bedrohlich hinterher schwebend an ihrem Schweif. Frank flog in einiger Entfernung und kümmerte sich um die Verteidigung des Tores, so wie sie es ausgemacht hatten. Er hatte sie unter Garantie nicht bemerkt.

Ein Klatscher war nicht unweit in Sirius’ Nähe. Der Treiber verfolgte die schwarze Kugel aus den Augenwinkeln. Er könnte sicher zumindest einen von den Schränken treffen, beide eventuell auch möglich, bei einem guten Schlag von ihm.

Sirius holte aus. Es würde das Spiel zu Gryffindors Gunsten lenken. Der Black-Spross sammelte seine Kräfte. Es würde ihr helfen.

Urplötzlich fiel sein Arm auf halbmast zurück. Der Klatscher kam weiter auf ihn zugerast. Auf einmal überschlugen sich Gedanken in Sirius’ Kopf. Er dachte sonst nie bei einem Spiel großartig nach. Unentschlossenheit machte sich breit. Der Klatscher flog im direkten Bogen auf sein Gesicht zu, Sirius hatte keine Wahl mehr. Der Schläger traf den schwarzen Ball und schleuderte ihn nahezu ins Nichts.

„Black träumt während der laufenden Partie und verspielt somit Gryffindors Chancen maßgeblich – es steht immer noch 60:40 für Slytherin.“

Sirius konnte James’ stechende Augen selbst über die weite Entfernung auf sich spüren – und wenn er richtig lag auch den Adlerblick seiner Hauslehrerin. Was war nur mit ihm los?
 

~*~*~*~
 

Hoch – runter – seitlich – links – rechts – scharfe Kurve – Looping. Alles hatte Mel ausprobiert. Doch sie klebten weiter an ihr, wenn auch langsam, weil die beiden schweren Klötze mit ihrem hohen Tempo nicht mithalten konnten. Dennoch – sie blieben ihr auf den Fersen. Eine gemächliche Bedrohung.

Wo sind denn nun die tollen Treiber, wenn man sie mal nötig hat?, dachte Mel bitter.

Longbottom, das lange Elend, schien sich ja ausschließlich auf seinen vorderen Bereich bei den Jägern konzentrieren zu wollen und Black – Mel hat keine Ahnung, was der in luftigen Höhen trieb.

Wahrscheinlich sucht er nach der Technik, wie man am besten beim Fliegen aussieht – und trotzdem seine hübsche Frisur nicht kaputt macht.

Schön und nutzlos: das schien ja der Sinn von Blacks Existenz zu sein.

Egal, sie würde es auch ganz allein schaffen, diesen dummen goldenen Flattermann einzufangen! Sie musste nur immer ein Auge auf Regulus Black haben, ein weiteres auf Spuren gelber Blitze in ihrer Umgebung … und irgendwo ein drittes im Hinterkopf finden, um die zwei hohlen Muskelprotze im Auge zu behalten.

Geladen sog Mel die beißend kalte Höhenluft ein. Sie brannte in der Lunge und machte ihre Finger langsam taub – doch war sie wenigstens hilfreich, um einen klaren Kopf zu behalten.

Inzwischen herrschte Gleichstand der erbitterten Feinde: 80 zu 80. Das Stadion war so sehr am Toben, dass man hätte meinen können, Gryffindor- und Slytherin-Fans würden sich im nächsten Moment vor Aufregung gegenseitig massakrieren. Bei jedem riskanten Manöver eines Spielers konnte Mel das kollektive Luftholen problemlos bis zu ihr oben hin wahrnehmen. Und es ging ihr auf die Nerven. Denn man kam einfach nicht umhin kurz nachzuschauen, was passiert war, dass die Zuschauer so ausflippten. Aber ihr Fokus musste einzig und allein bei einem kleinen goldenen Ball liegen! Es war gleichgültig, wie sie ihn bekam. Fest stand nur, dass sie ihn um jeden Preis bekommen musste. Er war alles, was zählte.

Die kühle Luft ließ ihre Augen Tränen – auch weil sie die gesamte Zeit so schnell flog. Sie konnte sich ja nicht in Ruhe umschauen, wie Regulus Black, der gemütlich seine Runden drehte. Die Tränen in ihren Augen ließen Mels Blick leicht verschwimmen. Verbissen kämpfte die Gryffindor weiter. Sie konnte nicht verlieren – um keinen Preis der Welt! Ein bisschen dummes Wasser in ihren Augen, würde Mel da nicht aufhalten.
 

~*~*~*~
 

Sirius fühlte sich mies. Er hatte wieder … versagt. Nichts, mit dem der Black-Spross gut klar kam. Er war kein Verlierer; er war ein verdammter Gewinner! Und das würde er allen beweisen!

Wenn es doch nur nicht so furchtbar ablenkend wäre …

Von Anfang an war dieses Spiel nicht gut gestartet. Wie könnte es das sein, wenn man erfährt, dass der dumme kleine Bruder nun meint, Sucher spielen zu müssen? Und wenn dieser Bruder auch noch in Slytherin war und Sirius ihn mit dem Klatscher zermatschen sollte? Nein, das war kein guter Anfang.

Aber Sirius hatte ihn ignoriert. Solange es nicht um den Schnatz ging, konnte Regulus für ihn auch weitgehend uninteressant bleiben und er alle Klatscher seiner herzallerliebsten Cousine widmen.

Eigentlich. Denn Sirius hatte heute die meisten Klatscher verpatzt, verfehlt bzw. erst bemerkt, als es schon zu spät war. Seine Augen waren immer wieder mit einer anderen Sache beschäftigt gewesen – und darin waren keine schwarzen Bälle vorgekommen. Er konnte nichts dafür … aber sie klebten einfach an ihr!

Sie flog an ihm vorbei – wusch, drehte sich sein Kopf in selbige Richtung. Er nahm nur am Rande seiner Wahrnehmung etwas Blondes war – klong, die Aufmerksamkeit für seinen Job war dahin. Und er wusste nicht mal warum!

Im Training, ja, da war es ihm auch öfter passiert, doch dem Miststück konnte man ja auch nicht trauen! Wer wusste schließlich, was die als nächstes ausheckte?! Einmal nicht hingeschaut und Sirius hätte vielleicht seine Haare verloren gehabt.

Ja, das musste es sein. Er traute ihr nicht – und konnte nebenbei seinen ständig brodelnden Hass auf sie nicht kontrollieren. Die Anspannung des Spiels machte ihn einfach noch empfindsamer dafür. Deswegen war er heute so mies. Und deswegen hatte nur sie daran schuld.

Sirius peitschte schneller durch die kalte Luft, schüttelte seinen Kopf dabei. Er brauchte dringend klare Gedanken. Und sie musste endlich aus ihnen raus.
 

~*~*~*~
 

Mit einem Mal wurden Mels brennende Augen riesig groß. Ein goldener Schatten war vor ihnen vorbei gehuscht. Sie riss den Besen rum.

Verdammte Scheiße!, war der einzige Gedanke, der ihr durch den Kopf ging.

Dieser dumme Schnatz musste ja unbedingt im ungünstigsten Moment auftauchen. Und ihre Probleme wurden noch größer. Der goldene Flattermann steuerte nämlich in schnellen Haken eine bestimmte Richtung an – und Black hatte ihn bereits ebenfalls bemerkt.

Unverdrossen lehnte sich Mel nach vorn, holte aus dem Besen raus was möglich war. All ihre Konzentration war nun auf einen kleinen goldenen Punkt gerichtet. Azriel Smiths dämliches Geschnarre ging im Rausch der Lüfte ebenso unter, wie ein anderes Geräusch, das Mel fast zum Verhängnis geworden wäre.

Nur ihre ureigensten Instinkte retteten sie mit einem scharfen Rechtsschlenker, bevor der Klatscher sie erwischen konnte. Ihren Ohren sei Dank blieben sie und ihr Besen heile – doch es kostete wertvolle Zeit. Blacks Vorsprung schien unerreichbar.

Aber Mel war zu dickköpfig, um jetzt schon aufzugeben. Sie blieb unermüdlich. So flach wie möglich an ihren Besen gepresst, ließ die Gryffindor ihr Fluggerät verzweifelt schneller durch die Luft gleiten.

Sie musste diesen Schnatz haben. Sie musste unbedingt! Sie durfte nicht verlieren, nein, das durfte sie nicht. Es ging um alles.

Mel wusste nicht, wie sie es schaffte, aber schließlich holte sie doch auf. Fast war sie mit dem schmalen Regulus Black auf einer Höhe, der, sich schon in Zielnähe begreifend, die Hand nach dem Schnatz ausgestreckt hatte. Slytherin hatte einen guten Sucher.

Nein, ich werde nicht verlieren!, schrie es stur in Mels Kopf.

Auf einmal geschahen mehrere Dinge gleichzeitig: Ein Klatscher kam frontal auf die zwei Sucher zu – Black zog verunsichert dadurch seine Hand zurück – und Mel … Mel wusste plötzlich, was zu tun war.
 

~*~*~*~
 

„Doch was ist das?“, das erste Mal konnte man Azriel Smiths Stimme heute eine Nuance wahrer Überraschung entnehmen. „Ein Klatscher zwingt Sucher Black zum Abbruch eines fast schon gewonnen Spiels – Roberts weicht nach unten … nein … das ist … ein Falken-Fall!“, nun war es echte Überraschung.

Für Sirius’ weit geöffnete Augen war es schlichtweg das waghalsigste Schauspiel, das sie bis jetzt gesehen hatten. Und es war sein Fehler. Der Klatscher war von ihm gekommen. Verdammt, er hatte doch nur eine einzige Sache heute mal richtig machen wollen! Gryffindor den Sieg bescheren. Sich feiern lassen, für den spielentscheidenden Zug. Ziemlich dumme Idee, wenn man sich nicht entscheiden kann, wen man treffen will: den eigenen Bruder, der einem doch noch so wichtig war, dass man ihm nicht den Kopf zermatschen wollte – oder die eigene Sucherin, deren innere Organe nicht ganz so wichtig erschienen.

Gar keinen. Das war Sirius’ Super-Lösung gewesen. In seinem inneren Zwiespalt gefangen, hatte er dem Klatscher einen Schlag verpasst, der beide zu einem schnellen Ausweichmanöver gezwungen hatte.

Nur was tat sie jetzt mit dem Falken-Fall?! Das war eine der riskantesten Techniken überhaupt für einen Sucher; beinhaltete es doch, Kontrolle über seinen Besen aufzugeben, in dem man sich dem namensgebenden Vogel gleich in Tiefe stürzen ließ. Und wer nicht rechtzeitig genug das Kommando über den Besen zurück erlangte … würde nur noch einer Flunder Konkurrenz machen.

Melody Roberts ging dieses Risiko ein. Vor aller Augen stürzte die blonde Gryffindor Meter um Meter schneller in die Tiefe. Sie kam dem Boden so rasch näher, dass es kaum mitzuverfolgen war. Das Stadion atmete hörbar erschrocken ein; Sirius hielt die Luft völlig an. Er vergaß seinen natürlichsten Reflex.

Was tat sie nur?!

Fünf Meter … vier … drei … Sirius’ Hände umklammerten seinen Besenstiel fest wie Granit … zwei … etwas in ihm wollte sich bewegen … einer … doch er konnte seine Augen partout nicht von dem Bild lösen, das sich ihm darbot.

Er sah sie die Hand ausstrecken. Der Schnatz? Sie war also die ganze Zeit diesem dummen Flattermann hinterher gefallen?

Ihre rechte Hand ballte sich zur Faust. Die linke versuchte den Besen wieder hochzuziehen – in seinen Ohren hörte Sirius die Sekunden ticken, vor seinen immer noch weiten Augen zogen die Bilder wie in Zeitlupe vorbei.

Sie schaffte es nicht.

Die Spitze ihres Besens war eine Idee zu sehr geneigt und kam mit dem Boden in Berührung. Im hohen Bogen wurde die Gryffindor vom Besen geschleudert, schlug zweimal schliddernd auf dem Boden auf und rollte schließlich noch einige Male, bis sie reglos liegen blieb.

Sirius atmete noch immer nicht.
 

~*~*~*~
 

Madam Hoochs schrille Pfeife erklang gerade, da raste James Potter bereits auf die Erde zu. In seinem Kopf wechselten sich echte Stimmen der Besorgnis gegenseitig ab. Die wichtigste fragte wohl immer wieder: War sie ok? Also, ok lebendig – oder … nicht?

Ihr Sturz hatte wirklich arg böse ausgesehen, dass er es selbst mit all seinen eigenen schlimmsten Quidditch-Unfällen problemlos aufnehmen konnte. Aber wie kam sie auch nur dazu, den Falken-Fall auszuprobieren?! Natürlich hatte er ihr vorher mehrmals erklärt, wie wichtig ein paar Asse unterm Umhang für Sucher wären, doch davon hatte er nicht gesprochen. Er hatte bestimmt nicht gemeint, dass sie sich gleich umbringen sollte! Höchstens zu allem bereit zu sein – was aber etwas ganz anderes war!

Trotzdem konnte James bei allem nicht verhehlen, dass es da auch eine kleine Stimme in ihm gab, die fragte, ob sich die ganze Halsbrecher-Aktion denn jetzt überhaupt gelohnt hatte. Seine Antwort sollte James Potter bekommen. Auf überraschende Weise.

Denn nur wenige Meter von seiner Sucherin entfernt, blieb der Kapitän der Gryffindors plötzlich über der Erde schweben. Da hatte sich was bewegt!

Melody Roberts – eindeutig sehr nicht tot – richtete sich wieder auf, erblickte ihn, zog ein grimmiges Gesicht und hob die Faust:

„Siehst du das, Potter? Da hast du deinen blöden Schnatz!“

Sehen tat er es allerdings, denn kleine Flügel flatterten widerspenstig in ihrer Faust. James fragte sich, warum sie ihn nicht losließ. Es sollte ihm schnell klar werden. Seine Sucherin starrte nämlich plötzlich die eigene Hand an, wurde aschweiß, verdrehte die Augen und viel anschließend auf den Rücken zurück.

Als James und die anderen endlich den Boden wieder betraten, kam bereits eine überaus beunruhigt aussehende Madam Pomfrey herbeigewuselt, gefolgt von den Professoren Dumbledore, McGonagall … und Garibaldi? James wusste nicht, was der Löckchen-Heini hier zu suchen hatte. Der würde sich doch garantiert falsch rum auf einen Besen setzen!

„Dieser Sport bringt noch mal jemanden um!“, schimpfte Madam Pomfrey gleich zu Beginn ihrer Not-Untersuchung, wo sie zuerst den kleinen Schnatz aus der verkrampften Faust in die Freiheit entließ.

„Kann nicht sein, das ist schon passiert“, sprudelte es aus James hervor, die winzige goldene Kugel sogleich wieder einfangend.

Zwei Sekunden später merkte er, dass sein Kommentar wohl etwas unklug war, stellte es ihn bei der Heilerin nicht unbedingt gut dar. Die Frau sah ihn so bitterbös an, wie sonst nur Gonni nach einem Rumtreiber-Spezial.

„Wie geht es Miss Roberts, Poppy?“, erkundigte sich James’ Schulleiter mit einem überaus besorgten Blick auf den lädierten Körper von Gryffindors Sucherin.

„Es ist nichts akut Lebensbedrohliches“, schimpfte die Schulschwester als würde sie diese Tatsache immens ärgern, „allerdings sind zahlreiche Knochen in ihrem Körper gebrochen, ein paar wahrscheinlich ein Trümmerhaufen. Ich bin erstaunt, dass sie sich überhaupt noch mal erheben konnte. Das Mädchen muss einen wahnsinnigen Dickkopf haben, um nicht gleich von den Schmerzen völlig bewusstlos geworden zu sein.“

Dumbledore schmunzelte.

„Allerdings. Mir ist doch zu Ohren gekommen, dass Miss Roberts über einen erstaunlich ausgeprägten Willen verfügt.“

Mit einer Armbewegung, die der alte Mann sich sprichwörtlich aus dem Handgelenk zu schütteln schien, schwor er eine Trage herauf. Sanft ließ er James’ sehr blass aussehende Sucherin darauf schweben und sorgte mit einem weiteren Fingerwackeln dafür, dass sich der Krankentransport in Bewegung setzte. Garibaldi verkündete überschwänglich, dass er „machen Security“ – James glaubte ja, dass sich der Löckchen-Heini bestimmt nur an Madam Pomfrey ran machen wollte mit dieser Extra-Ladung sozialer Ader. So alt war sie ja auch nicht … nur eben weit älter als der Italiener. James verzog sein Gesicht in Unbehagen. Ihm mochte von Loopings ja kein bisschen schlecht werden, aber das drehte ihm den Magen um.

So allein auf einmal rumstehend, betrachtete der Quidditch-Kapitän Gryffindors geistesabwesend den widerspenstig flatternden Schnatz in seiner Hand. War da nicht was … gewesen?

Plötzlich spürte er ein arges Gewicht auf den Schultern, das ihn beinah nach vorne überkippen ließ.

„Ey, James, Captain, wir haben’s geschafft, haben wir nicht?“, gröhlte Fabian Prewetts Stimme ihm lautstark ins Ohr.

Auch seine anderen Spieler kamen und schmissen ihn im Freudentaumel beinah zu Boden – bei Frank fiel das ‚beinah’ weg, denn der Treiber-Riese vergaß in seinem glückseligen Siegesgefühl glatt, dass ihn und James rund 30 Zentimeter trennten und damit auch zahlreiche Kilos. Abigail Speedy bekam kreisrunde rote Flecken auf den Backen, nachdem sie James wieder aufgeholfen und angesprungen hatte.

Genau dieser James Edward Potter hätte bei der ganzen Unfallgeschichte und dem anschließenden Krankentransport fast das wichtigste heute vergessen: Sie hatten gewonnen: 240 zu 80! Sein Team, er, sie alle, ja, ganz Gryffindor hatte gewonnen! Und Slytherin – diese miesen Falschspieler – hatten jämmerlich versagt!

James Potter strahlte übers ganze Gesicht. Ein riesenhaftes Grinsen spiegelte alle seine Emotionen wieder.

Moony, Wurmschwanz, Chris und immer mehr Gryffindors kamen über das Feld gelaufen und verstärkten James’ Hochgefühl. Er schwebte auf Wolken des Glücks, ohne auf einem Besen zu sitzen. Nicht mal sein erstes gewonnenes Spiel konnte das Toppen! Denn er war Kapitän dieses Sieger-Teams!

Ein Kreischen ertönte. Holly kam auf ihn zu gerannt. Ihr braunes Haar wirbelte wild um ihren Kopf herum, als sie seine Arme um ihn schlang. Ein paar Strähnen verirrten sich auch zwischen ihre Lippen, als sie ihren Mund auf seinen drückte. James war völlig überrumpelt, während Holly ihn mit glühenden Augen anstrahlte. Mit einem Kichern stahl sie sich zu ihren zwei Freundinnen zurück und sofort steckten sie ihre Köpfe tuschelnd zusammen.

Jemand klopfte James auf die Schulter.

„Die Meerjungfrau zappelt am Harken, gut gemacht, Kumpel!“

Tatze. Er grinste. Scheinbar locker und lässig wie für ihn üblich – doch nur für Außenstehende. James kannte ihn. Und diesen Ausdruck von Freude, den sein Freund gerade der Welt zeigte, dort hinter versteckte sich eindeutig Unsicherheit. Nervosität, weil Sirius Black sich heute eindeutig nicht von seiner besten Quidditch-Seite gezeigt hatte.

Kein Wunder, dass er erst jetzt kam, wo alle schon die ersten Umarmungen an James abgelassen hatten und munter in Klein-Grüppchen am Schwatzen waren.

Doch James war ihm nicht böse. Nicht mehr. James Potter war schließlich generell nicht so gut darin, nachtragend zu sein. Es bedeutete, dass man mit der Person lange nicht reden durfte. Unmöglich gegenüber seinem besten Freund!

„Ich bin halt ein Gewinner-Typ!“, grinste James zurück und boxte ihn – leicht unsanft – in die Schulter.

Sirius rieb sich die Stelle nicht.

„Wie geht es ihr eigentlich?“

Beide Freunde zuckten zusammen: Moony war verflucht gut im Anschleichen. Eine weitere Fähigkeit, die er vermutlich seinem Werwolf-Dasein zu verdanken hatte.

„Entschuldigt!“, hob Moony alsgleich die Hände. „Und?“

James brauchte drei Sekunden, um zu schalten.

„‚Ihr’ wie in Roberts?“

Moony nickte. Sirius Black wandte scheinbar äußerst desinteressiert sein Gesicht den anderen noch auf dem Feld Feiernden zu.

„Geht so.“

Bildete er es sich ein oder hatte Sirius gerade gezuckt? Wenn ja, wahrscheinlich, weil sie nicht – wie er gehofft hatte – bereits auf dem Sterbebett lag. James aber würde seine Sucherin nach diesem Spiel erst Recht nie wieder hergeben.

„Haufen gebrochener Knochen und so, aber nichts was Madam Pomfrey nicht zusammenflicken könnte. Sie wird auf jeden Fall zum neuen Spiel bereit sein!“

James strahlte bei der Aussicht des bereits nächsten wartenden Sieges. Was konnte bei diesem Team schief gehen?

„Na, wenn das deine einzige Sorge ist …“

Hatte Moony gerade die Augen verdreht? Aber Moony verdrehte doch nie die Augen! James wüsste auch überhaupt keinen Grund dazu.

Egal. Er und Sirius stürzten sich kurz darauf jubelnd in die Gryffindor-Polonaise zurück zum Schloss. Was für ein herrlicher Tag!
 

~*~*~*~
 

Was für ein bitterer Tag.

Ihre dunklen Augen folgten der sogenannten ‚Sieges-Parade’ zum Schloss hinauf. Gryffindors waren derartige Angeber. Und ihr Cousin bildete da keine Ausnahme. Nein, er war noch die Krönung dieses Angebertums! Dabei hatte dieser Treiber nicht mal etwas zu Gryffindors unverdientem Sieg beigetragen! War nur jämmerlich von einer Ecke zur nächsten geflogen.

„Bella, soll ich dir …“

Die Schwarzhaarige zischte. Rosier machte, dass er verschwand. Wenigstens dieses bisschen Verstand trug er mit sich. Bellatrix Black wünschte in diesem Augenblick keinerlei Gesellschaft – selbst Rudolphus hatte sie vorhin von sich getrieben. Was nützte es, Slytherins anzuschreien, wenn sie doch Gryffindors leiden sehen wollte?

Oh ja, das wünschte sich Bellatrix Black in diesem Moment. Einen Gryffindor am Boden zu sehen. Am liebsten ihren Cousin, der sich so unrühmlich zum Sieger erklärte – und anschließend dieses kleine Dreckblut Roberts, das alles zunichte gemacht hatte. Sie verdiente es mehr als jeder andere! War sie doch die einzige, die Gryffindor an diesem Tag zu seinem nicht-verdienten Sieg–

Auf einmal hielt Bellatrix Black in ihren grimmigen Gedanken inne. Ihr Gesicht wurde ruhig. Schließlich schlich sich Momente später das blutrote Lächeln auf ihre Lippen, für das sie bekannt und gefürchtet war. Gefahr lag in der Luft. Gefahr für jemand ganz bestimmtes …

Zwei Fliegen und noch mehr Fliegen mit einem einzigen Besen schlagen, das würde Bellatrix Black! Die Slytherin lacht laut auf, wie sie doch frohlockte! Und wie sie geahnt hatte, dass sie das Wissen noch nutzen könnte. Nun war der Zeitpunkt gekommen. Die Schlange würde zubeißen.
 

~*~*~*~
 

„Lily, wo willst du hin?“

Angesprochene zuckte zusammen und hielt mitten in der Luft in ihrem Schritt inne. Caite hatte sie auf frischer Tat ertappt. Natürlich. Die Irin hatte doch seit Ende des Spieles geahnt, dass ihre rothaarige Freundin so etwas plante und sie dementsprechend wenig aus den Augen gelassen.

Um sie herum ging das niveaulose Gegröhle der Siegesparty weiter.

„Ähm, … ich dachte, ich, äh … schnapp noch mal ein bisschen frische Luft vor dem Schlafen gehen?“, stellte ihre Freundin vorsichtig den Fuß auf dem Boden ab.

Caite blickte sie scharf an, Lily dagegen vermied es, sie anzusehen. Als ob die Irin nicht auch so wüsste, wann ihre Freundin log! Das hier war nur ein weiteres Indiz.

„Hier drin ist es derart schlechte Luft, und bevor Potter und Black gleich mit dem ganzen illegalen Alkohol zurückkehren, wollte ich schon oben sein.“

Selbstsicherer als zuvor reckte die Rothaarige das Kinn. Caites Blick veränderte sich nicht.

„Du brauchst mich nicht anzulügen, um in den Krankenflügel zu kommen.“

Höchst ertappt sah Lily auf – und versuchte sich dennoch weiter rauszureden, wo sie genau wusste, dass sie Caite nichts vor machen konnte.

„Ich-ich wollte nicht … i-in den Krankenflügel, nein! Auf keinen Fall! Ich weiß nicht, wie du darauf kommst …“

Caites blaue Augen sahen Lily unerbitterlich an. Sie mochte es nicht, wenn ihre Freundin log. Mochte es generell nicht, wenn jemand, dem sie ihr Vertrauen gab, nicht die Wahrheit sprach.

„Ich meine … ich wollte doch nur …“, gab ihre Freundin schließlich kleinlaut zu, „nur mal ganz kurz schauen … vielleicht Madam Pomfrey nach ihrem Zustand fragen … und kurz bei ihr sitzen–“

„Lily, es ist immer das Gleiche mit dir!“, Caite konnte sich kaum in Beherrschung wahren.

Undamenhaft warf sie die Hände in die Luft.

„Wie viele Jahre sind es nun schon? Drei?“

Lily wandte ihren Kopf zu Boden.

„Wann lernst du endlich deine Lektion, dass es nichts bringt?“

Die Antwort schien: nie. Drei lange Jahre hatten nicht ausgereicht, um Lily Evans in dieser Hinsicht klüger zu machen, als wenn ein hartnäckiger Teil in ihrer Freundin immer noch kämpfte. Ein Teil, der nicht loslassen wollte. Caite wusste nicht, woher Lily diesen Antrieb nahm. Sie selbst hatte ihre Lektion längst gelernt. Endgültig.

„Sie will es nicht, Lily. Sie verdient es noch weniger“, fügte die Irin mit Schärfe hinzu. „Von allen Menschen hat sie dich am schlechtesten behandelt und von allen Menschen bist du immer noch diejenige, die zu ihr hält.“

Nein, Caite hatte Lilys Tränen nicht vergessen – im Gegensatz zu ihr. Besonders das heimliche nächtliche Wachliegen, wenn sie dachte, niemand würde ihr Schluchzen hören, war ihr sehr gut in Erinnerung verblieben. Es zerriss Caite noch heute das Herz.

„Ich halte nicht zu ihr!“, protestierte Lily schnell. „Nur, wer kommt denn sonst und sieht nach ihr?“

Niemand, so wie sie es will.

„Sie ist ganz allein dort, obwohl es ihr zu verdanken ist, dass wir gewonnen haben. Als Vertrauensschülerin ist es da meine Pflicht–“

„Dann schick doch Lupin“, erwiderte Caite.

Ihre Freundin biss sich abermals ertappt auf die Unterlippe. Caite hatte ihre Argumentation ausgehebelt. Nun gingen ihr langsam die Ausreden aus.

„Sie will deine Freundschaft nicht, Lily“, Caites Augen blickten bittend in die ihrer Freundin. „Das kannst du doch nicht vergessen haben.“

Sie merkte wie Lily sich versteifte. Und wie sie sich erinnerte. An alles, was Melody Roberts je zu ihr gesagt hatte.

Plötzlich ertönte ein überlautes Quietschen und Caite wurde heftig an Lily gedrückt, an ihrer beider Hälse auf einmal 43 Kilo Lebendgewicht mehr hängend.

„Oh Dios! Ich hab euch zwei sooo vermisst! Ihr wisst gar nicht, wie ihr mir gefehlt habt! Sieben Tage ohne euch und Hogwarts sind eine Ewigkeit!“, sprudelte es in einer beeindruckend schnellen Geschwindigkeit hervor – und das sollte erst der Anfang dieses Redequells sein.

Belli war wieder da! Und sie war so fröhlich und aufgedreht wie eh und je. Bestimmt zehn Minuten lang stand die kleine Spanierin nur da, drückte sie mit erstaunlicher Kraft für so einen zierlichen Körper und verlieh ihrer Freude durch einen vertraut raschen Wortschwall Ausdruck. Caite freute sich. Eigentlich. Denn die Welt ohne Belli erschien ihr nur halb so lebenswert, entdeckte ihre spanische Freundin doch jeden Tag sonst tausend Gründe zu leben – und erst recht zu lachen. Und dennoch … ihre ungetrübte Fröhlichkeit erweckte Caites Argwohn. Schließlich schien sie noch vor einer Woche plötzlich der traurigste Mensch der Welt geworden zu sein. Konnte es da möglich sein, dass ein einziger Besuch Zuhause in der Lage war, sie derartig neu mit Freude zu erfüllen?

„Wie … war es, Belli?“, fragte sie ihre Freundin also zaghaft nach ihrem Aufenthalt.

Für den Bruchteil einer Sekunde flog ein nervöser Schatten über Bellis strahlendes Gesicht. Danach jedoch lächelte sie so breit wie eh und je.

„Na, wie immer. Spätestens beim Nachtisch fängt tío Alfonso einen Streit über irgendein Thema an, zu dem jeder was beitragen muss. Alle liegen sich irgendwann in den Haaren und es kommen die üblichen Schwüre, für immer aus der Familie auszutreten!“

Belli ließ ein kleines Lachen erklingen.

„Und sonst?“, hakte Caite vorsichtig nach.

Ihre kleine Freundin schaute sie mit tellergroßen Augen an:

„Was sonst?“

Lily und sie warfen sich einen leicht irritierten Blick zu.

„Ach so!“, gluckste ihre Freundin. „Na ja“, wurde der Ton ein wenig ernster – so weit das für Isabella Cruz möglich war, Ernsthaftigkeit zu bezeugen, „es wurde viel geweint, viel gegessen, viel getrunken – aber nachdem sich alle gestritten haben … geht es jedem jetzt schon wieder besser.“

Caite runzelte die Stirn. Sollte das wirklich alles gewesen sein?

„So ist eben meine familia!“, Belli zuckte grinsend die Schultern. „Aber das ist langweilig – lasst uns lieber mitfeiern, Gryffindor hat gewonnen!“

Und mit einer erstaunlichen Kraft für so einen – besonders in Caites Augen – menschlichen Winzling zog sie sie beide hinter sich her ins Party-Geschehen. Überall wurde Belli begeistert begrüßt und umarmt. Es gab eigentlich niemanden, den sie nicht kannte.

Für Caite jedoch war das nichts. Sie war glücklich, dass Belli wieder so gesund und munter erschien, den Tod ihrer Großmutter gut verkraftend – Vielleicht ein spanisches Erbe, dass sie als Irin niemals nachvollziehen könnte? – aber dennoch blieb es dabei, dass sie derartige Partys, wie sie in Gryffindor gefeiert wurden, verabscheute. Ganz zu schweigen, dass es ihr zuwider war, wie sich ihre Freundin selbst so ‚herumreichte’ – von einem Bekannten und Freund zum nächsten – und sie und Lily regelmäßig stehen ließ.

Apropos Lily … Caite bewegte sich rasch durch das Party-Gesocks hinauf in den Turm. Sie öffnete die Tür zu ihrem Schlafsaal – doch alles war dunkel. Lily war nicht da.

Caite schloss die Augen und atmete tief ein. So sehr die Gryffindor auch hoffte, dass ihre Freundin einfach unten ‚verloren’ gegangen war, wusste sie doch, dass sich Lily Evans schon in einer ganz anderen Ecke des Schlosses befand. Manches änderte sich einfach nie.

So wie du, Lily.
 

Da waren sie wieder. Sie sah, wie die Rothaarige etwas erzählte, was die Blondine mit einem Kommentar bedachte, der beide laut los lachen ließ.

Lily Evans und Melody Roberts – Caite beobachtete sie ständig. Und jedes Mal kam erneut dieses niederträchtige Gefühl auf. Neid.

Es war kaum ein Monat, den sie Erstklässler alle erst in Hogwarts verbrachten, doch diese Mädchen agierten bereits so miteinander, als verbände sie eine jahrelange Freundschaft.

So eng. So nah. So vertraut.

Caite ordnete ihre Hände erneut ordentlich übereinander. Im Hinterkopf hörte sie ihre Großmutter sprechen: „Sitz gerade, Caitlín! Anderes geziemt sich nicht für eine junge Dame.“

Nein, sie würde die Haltung nicht verlieren. Wer waren diese Mädchen schon?

Evans war übereindeutlich von niedriger Geburt – eine Muggelgeborene, so wie sie alles bestaunte, was Caite nie mit einem zweiten Blick bedenken würde, weil es Dinge der Gewohnheit waren. Und Roberts … nun, Caite wusste es nicht genau, aber das Mädchen schien nicht von Muggeln abzustammen. Nicht rein. Dafür erklärte sie Evans zuviel. Aber ein Reinblut konnte sie auch nicht sein – Caite war der Name „Roberts“ kein bisschen geläufig.

Sie waren also beide eindeutig weniger wert als sie, eine Gallagher. Eine wahre Gallagher. Caite wollte an ihren Fingern nesteln, bevor sie sich erinnerte, dass man das nicht tat.

Besonders diese Evans war ihr generell suspekt. Caite traute ihr nicht. Sie war zu freundlich, obwohl Caite doch eindeutig zu verstehen gegeben hatte, dass sie nichts mit ihr zu tun haben wünschte. Ihre Bemühungen fielen dementsprechend immer ins Leere – doch gab sie zu ihrem Bedauern nicht auf. Aber Caitlín Gallagher würde nicht nachgeben! Sie fiel nicht auf derart einfache Tricks herein.

Roberts mochte sie generell nicht. Diese Sprache, die sie benutzte – unmöglich! Caite hatte nicht vergessen, welch fürchterlichen Ausdruck dieses Mädchen bei der einen grauenvollen Flugstunde gegen sie benutzt hatte.

Caite zwang ihre Augen, ihre Mitschülerinnen zu verlassen und weiter im Raum umher zu wandern. Sie entdeckte einige Gesichter, die ihr zwar unbekannt vom Namen, aber dennoch langsam alltäglich erschienen. Die Irin begann sich an das unvertraute Land und sein Schloss zu gewöhnen. Ein Zuhause war es nicht.

In der Nähe des Kamins konnte Caite weitere Mitschüler ausmachen. James Potter und Sirius Black, die Unzertrennlichen. Nie sah man den einen, ohne, dass der andere gleich um die Ecke kam, es war schlichtweg unfassbar. Konnten sie sich augenscheinlich am Anfang nicht leiden – Caite dachte an die vielen widerwärtigen Kinderstreitereien der beiden –, waren sie nun plötzlich wie zwei Hälften.

Im Moment redete Potter mal wieder – die Gallagher-Tochter fand, dass er nicht gelernt hatte, wie man seinen Mund überhaupt schloss – auf seinen Freund ein, ohne dass ihm aufzufallen schien, dass dieser ganz woanders seine Aufmerksamkeit hatte. Wie Caite schon, beobachtete auch er höchst interessiert die zwei Mädchen beim Kamin. Die Art seines Blickes vermochte sie nicht zu deuten, wollte es aber auch nicht. Sie empfand Sirius Black kein bisschen sympathisch. Er war so unhöflich für einen Black … und viel zu … schön.

Im nächsten Moment hob die rothaarige Lily Evans überraschenderweise den Kopf und erwiderte Blacks Blick – nicht besonders freundlich. Sie stieß Roberts an. Diese schaute verwundert auf.

Und was tat der Sohn der Blacks? Er zwinkerte seiner blonden Mitschülerin zu! Wieder ein Beweis für Caite. Ein Gentleman würde so etwas nicht tun. Es war ungehörig.

Aber Roberts besaß ja auch keinerlei Manieren. In diesem Moment erneut für jedermann gut sichtbar: als Erwiderung auf sein Zwinkern streckte sie ihm nämlich frech die Zunge raus. Black grinste. Sie grinste zurück. Ein Grinse-Kontest – wie furchtbar! Nein, so was gehörte sich nun ganz und gar nicht.

„Eine Dame grinst niemals, Caitlín. Sie lächelt allenfalls annehmlich, wenn die Situation es zulässt.“

Ihre Großmutter hatte natürlich recht.

Und Evans und Potter – er hatte inzwischen mitbekommen, dass er keine unumschränkte Aufmerksamkeit von seinem besten Freund erhielt – schienen über den manierlosen Wettstreit ihrer Freunde auch nicht sehr glücklich. Sie noch etwas mehr als er.

Nun ist es genug, Caitlín!, sie sah zurück auf ihr Pergament.

Ihre Großeltern hatten ihr schließlich im letzten Brief mitgeteilt, dass ihre Noten „zufriedenstellend“ waren. Aber zufriedenstellend hieß in ihrer Sprache „nicht gut genug“, Caite sollte mehr lernen. Sie wünschten eben nur das Beste für sie. Auch um den Makel ausbügeln zu können.

„Hey, hey, Caite! Du siehst so allein aus – ist dir auch langweilig? Wir könnten ja etwas zusammen spielen!“

Isabella Cruz.

Caite gab ihrem Gesicht einen würdevollen Ausdruck.

„Nein, danke, Cruz! Aber für Spiele bin ich schon viel zu alt, außerdem habe ich zu lernen.“

Cruz war von edlerer Herkunft – nicht, dass sich das zeigte. Aber mit ihren großen braunen Augen erinnerte sie sie so oft an Sheila …

„Spiel mit mir, Caite! Bitte!“

Caite konnte ihr kleines pausbäckiges Gesicht genau vor sich sehen, die rehbraunen Augen mit einem kindlichen Betteln erfüllt, dem man nichts abschlagen konnte. Wie sehr sie ihre Schwester vermisste … und sich sorgte, ob es ihr auch gut ging. Ohne Caite, die auf sie Acht geben konnte.

„Ach menno!“, Sheilas Gesicht verpuffte und Isabella Cruz stand wieder vor ihr. „Na, dann vielleicht später, ja? Wenn du fertig bist.“

Die Spanierin verstand noch weniger als dieses Evans-Mädchen ein Nein.

Nein, Caite würde nicht mir ihr spielen. Aus diesem Alter war sie längst herausgewachsen. Und da sie dem Drang des Spielens sowieso nur selten hatte nachgeben können, war er auch heute bei ihr nicht besonders ausgeprägt. Nur Sheila erweichte ihr Herz so manches Mal …

Bevor Caite Ruhe und Zuflucht zum Lernen in ihrem Schlafgemach suchte, fiel ihr Blick wie automatisch erneut auf die beiden Mädchen am Feuer.

Sie redeten jetzt nicht mehr. Evans saß auf dem Sofa und las in einem dicken Buch, während eine müde Roberts ihren Kopf auf die Schulter ihrer Freundin hatte fallen lassen. Sie wirkten so friedfertig.

Caite spürte erneut das ungute Gefühl des Neids in sich, das ihr dauernd zuflüsterte, dass ihr etwas mangle.
 

~*~*~*~
 

Ruhig blickten Lilys grüne Augen auf den schlafenden Körper vor ihr hinab. Caite würde das hier nicht gefallen. Doch so sehr Lily auf die Worte ihrer Freundin zuhören versucht hatte – sprachen sie weit mehr Wahrheit als der Gryffindor lieb war –, so sehr hatte sie es nicht übers Herz gebracht, sich einfach an diesem Tag ins Bett zu begeben.

Der Rothaarigen entwich ein Seufzer.

Mel bewegte ihren Kopf im Schlaf. Nun lag sie mit ihrem Gesicht zu Lilys Seite gerichtet da. Für Sekunden hatte das Herz der Rothaarigen schneller geschlagen. Aber Mel würde nicht aufwachen. Madam Pomfrey hatte sie darüber schon aufgeklärt.
 

„Also, schön. Ich mache eine Ausnahme für dich, Mädchen. Jedoch nur fünf Minuten! Und versuch ja nicht meine Patientin zu wecken, um mit ihr sprechen zu können. Das Schmerzmittel, das ich ihr verabreicht habe, wird bis morgen früh halten – und es lässt sie gleichzeitig auch durchschlafen. Wenn du also gekommen bist, um zu reden, ist dies jetzt der Zeitpunkt wieder zu gehen.“

„Das bin ich nicht. Ich möchte nur … einen Augenblick hierbleiben.“

„Nun gut. Wenigstens einer, der sie besucht – man sollte ja meinen, dass mehr kämen, wenn sie schon dieses brutale Spiel gewonnen hat!“
 

Ja, das sollte man wohl meinen … Aber so war es nicht – und so schien es ihr recht zu sein.

Warum nur?

In die schneeweiße Decke eingehüllt und friedlich schlafend wirkte Mel so unschuldig … und verletzlich. Fast wie ein Engel mit den langen blonden Locken. Als könne sie keiner Fliege was zu leide tun. Was ja auch stimmte: der Fliege tat sie nichts. Bei Menschen sah das anders aus.

Warum nur musstest du so werden?

Die Frage auf die Lily seit drei Jahren keine Antwort fand. Obwohl durchaus eine vorhanden war …
 

„Du warst ein Experiment, finde dich damit ab. Denn der Versuch ist … gescheitert!“
 

… aber diese Antwort mochte Lily nicht. Und sie redete sich noch heute gern ein, dass sie nicht passte. Dass es eine andere Lösung gab. Dass alles nicht wahr war.
 

„Sie will deine Freundschaft nicht, Lily. Das kannst du doch nicht vergessen haben.“
 

Nein, Lily hatte nicht vergessen. Mit dem Akzeptieren war das eine andere Sache. Sie war schon immer schlecht im Loslassen gewesen. Caite hatte einfach einen Strich unter die Angelegenheit gezogen, Belli hatte sich neuen Dingen zugewandt, nur sie – sie hoffte stets eines Tages aufzuwachen und ihre beste Freundin wiederzuhaben. Die Mel, die sie gekannt hatte.
 

„Hey! Ist da auf dieser breiten leeren Bank dir gegenüber noch Platz für 1,48m und zwei viel zu verwöhnte Haustiere?“
 

Lily lächelte. Wie schüchtern sie damals gewesen war. Mel hingegen hatte sie locker angegrinst und nicht lange gefackelt, als die Rothaarige zaghaft hinter ihrem Hogwarts-Geschichtsbuch hervorgenickt hatte. Auch danach war Mel immer die mutigerer von ihnen beiden gewesen. Und so viel stärker als Lily.

„Miss Evans?“

Lily schaute verwirrt auf. Sie war wieder im dunklen Krankenflügel, Madam Pomfrey stand neben ihr und die Mel im Bett war nicht ihre Freundin.

„Ich muss Sie nun bitten zu gehen. Es ist gleich nach der Zeit und ich habe Ihnen bereits mehr Minuten gegeben, als eigentlich erlaubt.“

„Ja. Danke, Madam Pomfrey“, erwiderte Lily rasch.

Die Vertrauensschülerin erhob sich, doch so ganz ohne Abschied wollte sie nicht gehen. Lily griff nach Mels Hand auf der Bettdecke. Sie war warm. Die Rothaarige drückte sie kurz, dann ließ sie sie wieder los. Die Blonde schlief ganz ruhig weiter.

Mel würde nie wissen, dass sie hier gewesen war. Aber wahrscheinlich … war es sogar besser so.
 

~*~*~*~
 

„Weißt du, was das Beste war?“

„Nee. Sag an, Krone! Was war richtig gut?“

Sirius nahm einen Schluck aus seiner Butterbierflasche. Bei weitem nicht der erste an diesem Abend – und noch lange nicht der letzte.

„Das Gesicht deiner Cousine!“, grinste James Potter, die Hand, mit der er den Butterbiervorrat von Rosmerta trug, wechselnd.

„Ah, zu schade, dass mir das entgangen ist!“, seufzte der Gryffindor. „Aber lass mich raten …“, sie verließen den Geheimgang und Sirius senkte seinen Ton nur geringfügig.

Filch ging ihm heute Abend überall vorbei: Sie hatten das Spiel gewonnen!

„Bleich wie eine Leiche?“

„Hm.“

„Ihr Gesicht auf diese hässliche Weise verzogen, dass sie selbst Schniefelus Konkurrenz machen könnte?“

„Und wie!“

„Augen als ob sie den nächstbesten massakrieren wird?“

„Exakt.“

„Wirklich schade, dass ich das nicht gesehen hab“, seufzte Sirius noch etwas dramatischer.

Krone klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter.

„Beim nächsten Mal, Kumpel.“

„Ich weiß. Aber was gibt es schöneres als, als Sieger an ihrem schmachvollen Gesicht vorbeizuziehen?“, fragte er laut.

Sie waren eh so gut wie am Portrait. Wer sollte sie noch aufhalten?

„Feiern wir uns mal wieder selbst, Cousin?“, Sirius verschluckte sie beinah an dem Zug Butterbier, den er gerade tätigen wollte.

Bellatrix Black tauchte bedächtig aus dem Schatten der Dunkelheit.
 

~*~*~*~
 

Sirius’ Kiefer spannte sich sichtbar an. James’ freie Hand wanderte sogleich in aller Heimlichkeit automatisch zu seinem Zauberstab.

„Und was will die Verliererin?“, fragte sein Freund, das letzte unauffällig auffällig betonend.

„So eine Überraschung, Cousin – du fühlst dich als Gewinner, wo du doch so gar nichts dazu beigetragen hast? Ich dachte, du würdest weinend in der Ecke sitzen …“, die Slytherin zog eine Schnute, als bemitleide sie Sirius Black, „… und dich über die aufregen, die dir heute so eiskalt jede Show gestohlen hat.“

„Sie hat mir nicht die Show gestohlen!“, platzte es hitzig aus Tatze heraus.

Oh je, das war nicht gut, dachte James. Sein angetrunkener Freund und Bellatrix Black über Sirius’ Erzfeindin redend, war bestimmt nicht eine der besten Ideen.

„Weißt du, ich habe mir sagen lassen, dass es nur eine Sache gibt, die schlimmer für einen Gryffindor ist als zu verlieren: Unberechtigterweise zu den Gewinnern zu zählen“, sprach Bella heuchlerisch leise, als wäre es ein Geheimnis, das niemand wissen durfte.

Und es setzte seinem Freund zu.

„Ich bin nicht–“

„Aber was soll man machen“, lächelte die Black, „sie ist dir eben weit überlegen.“

„Ist sie nicht!“, brüllte Sirius Black zurück.

Zeit für James ihn dringend wieder ruhig zu stellen! Denn es war offensichtlich, dass Bellatrix nur versuchte, ihn zu provozieren. Mit Erfolg.

„Kumpel, komm runter. Sie will dich doch nur–“

„Halt dich da raus, James!“, wies Tatze ihn wütend zurecht. „Mit der werd ich allein fertig!“

Er wusste, für seinen Freund ging es bei der Slytherin immer um mehr, weil sie … Familie war – aber er musste doch ihr eindeutiges Vorhaben hinter all dem sehen!

„Ich bezweifele ja, dass du überhaupt mit irgendeinem Mädchen fertig wirst. Bei ihr versagst du schließlich regelmäßig. Oh ja, ich weiß davon“, ihr Lächeln wurde immer intensiver. „Deine kleinen Streitereien mit ihr sind nicht zu übersehen, Cousin – ebenso, dass du ständig als Verlierer daraus hervorgehst.“

Tatze holte tief Luft, doch diesmal ließ Bellatrix ihm keinen Raum, sich lauthals zu beschweren.

„Schon traurig“, sagte sie ohne eine Spur Mitleid in der Stimme. „Aber was soll man machen … du bist und bleibst eben der Versager der Familie, Sirius!“

Eins hatten sein Freund und seine Cousine gemeinsam: beide wurden bleich wie Leichen, wenn sie richtig sauer waren. Und Sirius Black war momentan bleicher als jede Leiche.

Bellatrix Black lachte:

„Weißt du, was ich wette? Dass du – nicht mal wenn du wolltest – die Kleine mit deinem Charme einwickeln könntest!“

Das war der berühmte Tropfen gewesen, der den Kessel zum Überlaufen brachte. James wusste, was sein Freund antworten würde, bevor er es gesagt hatte und dennoch hoffte er, Sirius würde es nicht tun.

„Und ob ich das könnte!“

Zu spät, er hatte es gesagt. Bellatrix hielt sich eine Hand vor den Mund, während sie laut auflachte.

„Das will ich sehen! Nicht in einem ganzen Jahr würdest du es schaffen, das Mädchen ins Bett zu kriegen.“

„Wenn du dir so sicher bist, dann wetten wir doch!“, schlug Sirius Black in seiner heißblütigen Wut vor.

„Kumpel …“, versuchte James nochmals dazwischen zu gehen.

Aber Tatze schob ihn mit einer Bewegung zur Seite. Seine Augen waren grimmig und dunkel auf Bellatrix gebannt.

„Wenn ich will, kann ich das Biest im Handumdrehen flach legen!“

James verschluckte sich beinah. Sirius? „Im Handumdrehen“ Melody Roberts „flach legen“? Das konnte er nicht ernst meinen!

„Wie du meinst“, lächelte Bellatrix Black gönnerhaft. „Ich gebe dir bis zum Ende des Jahres Zeit, die Kleine in dein Bett zu bekommen. Und wenn du es schaffen solltest …“, James spitzte die Ohren, „… gebe ich meinen Posten als Kapitänin der Slytherins auf und verlasse das Team. Na, ist das nicht was?“

„Gefällt mir“, zeigte Tatze sein schräges Lächeln.

James jedoch war skeptisch. So verführerisch die Aussicht war, Bellatrix aus dem Weg zu haben – er würde sie lieber durch eine weitere öffentliche Demütigung wie heute los werden. Diese Art gefiel ihm nicht. Ihm gefiel diese ganze Sache hier nicht.

„Doch im Gegenzug gilt für dich das gleiche. Solltest du verlieren, wirst du nie wieder Treiber im Gryffindor-Team sein.“

„Geht klar“, antwortete der Gryffindor scheinbar absolut unerschrocken über diese Tatsache.

James gefiel das ganze nun noch weniger: Sein Freund vielleicht nie mehr als Treiber!

„Wie soll ich dir denn beweisen, dass das Miststück kein Problem für mich darstellt?“

„Oh“, Bellatrix’ Gesicht verlor nicht von ihrer Ruhe. „ Ganz einfach: lass sie die Wahrheit sagen.“

Sie holte etwas aus ihrer Tasche und warf es seinem Freund zu. Er fing es auf. Es war eine kleine Ampulle.

„Veritaserum. Reicht gerade aus, dass du mich überzeugen kannst – falls es dir denn gelingt.“

Sie ließ ein kleines Lachen erklingen. Es schien die Entschlossenheit seines Freundes nur weiter zu beflügeln, denn er steckte den Trank entschieden in seine Umhangtasche.

„Die Wette gilt.“

Die Slytherin hielt ihre Hand hin, mit leicht angewiderter Miene ergriff sein Gryffindor-Freund sie. James sah Bellas Augen sich kurz verengen, es erinnerte ihn an eine Schlange.

„Ich freue mich darauf, dich scheitern zu sehen, Sirius.“

Und mit einem weiteren verrückten Lachen, das dieser Slytherin so eigen war, verschwand Bellatrix Black. Leise und lautlos wie sie gekommen war. Einem Schatten gleich … oder einer giftigen Natter.

James dreht sich zu seinem Freund um:

„Kumpel, weißt du eigentlich, was du da gerade getan hast?“

„Natürlich“, erwiderte sein Freund, als wäre es die größte Selbstverständlichkeit dieser Welt. „Den Sieg für unser Team garantiert. Ohne Bellatrix als Anführerin der Slytherins gibt es keine Mannschaft, die uns großartig Probleme machen wird.“

„Nein, Kumpel“, James war fassungslos. „Du hast gerade mit der hinterlistigsten Schlange überhaupt eine Wette abgeschlossen!“

„Und?“

Das konnte er noch fragen?! Nachdem James schon allein darüber pikiert war, wie leichtsinnig er mit dem Treiber-Posten in seinem Team Handel trieb!

„Mit Slytherins soll man nicht wetten – hat schon mein Dad immer gesagt.“

Ja, James wusste es ganz genau:

„Hör zu, Sohnemann! Es gibt eine wichtige Regel in Hogwarts: Wette niemals mit einem Slytherin! Oder du wirst es ewig bereuen.“

„Mach dir keinen Kopf, da kann nichts schief gehen“, winkte Sirius Black lässig ab. „Die Bedingungen sind klar geregelt.“

„Du versuchst Melody Roberts ins Bett zu bekommen!“

Scheinbar keine Reaktion bei Tatze, bis auf das übliche Verziehen bei der Nennung dieses Namens.

„Sie hasst dich!“, fügte James dringlich erinnernd hinzu.

„Nicht mehr lang“, tat der Black-Spross als handle es sich um eine läppische Formalie.

„Du hasst sie noch mehr“, sprach James es offen aus.

„Das kann man … überspielen.“

Überspielen?! James glaubte es nicht nur – er musste sich verhört haben!
 

„Kumpel?“

So vorsichtig er konnte, öffnete James Potter an diesem Tag die vertraute und so verrostete alte Tür. Vergeblich. Sie knarzte trotz seiner Mühe wie immer unangenehm laut. Aber Sirius Black, der halb über das Geländer gelehnt dastand, zuckte nicht mal.

Mit der einen Hand die Haare kurz verwuselnd, bewegte sich der Potter-Sohn langsam auf seinen besten Freund zu. Es war das erste Mal, dass er wirklich keine Ahnung hatte, was er zu ihm sagen sollte.

Sirius’ Blick war stur geradeaus gerichtet, aber James bezweifelte, dass er nur irgendwas von Hogwarts’ gewaltiger Landschaft wahrnahm. Er schien ja schon nicht die sehr frischen Temperaturen hier oben zu registrieren, so dünn wie er angezogen war. Mehr denn je hatte sein Freund sich in sich selbst zurückgezogen. Scheinbar unerreichbar auch für ihn. Doch so leicht gab James Potter natürlich nicht auf.

„Sie ist die mieseste Schlange, die mir je untergekommen ist“, begann der Gryffindor tapfer.

Sirius’ Hände umspannten die Metallstange des Geländers.

„Echt, unglaublich wie so was nicht nach Slytherin kommen konnte! Aber wahrscheinlich hat sie selbst den Sprechenden Hut getäuscht! Ich mein, du konntest es wirklich nicht ahnen, keiner von uns hat es richtig vorhergesehen. Nicht mal Remus! Dich trifft also keine Schuld, Alter, dass sie–“

„Halt die Schnauze, James!“

Der Potter-Sohn verstummte augenblicklich. Sirius hatte ihn zwar nicht angebrüllt, so wie er vorhin den Schlafsaal und Gemeinschaftsraum zusammengebrüllt hatte – wovon ersteres Zimmer nun in viel mehr Einzelteilen bestand – aber ein scharfes Knurren war es dennoch gewesen. So geladen hatte er Sirius noch nie erlebt. Und er hatte ihn oft ‚erlebt’.

„Ich brauche kein gutes Zureden von dir – egal, was Remus gesagt hat. Klar?!“

James nickte schnell. Ein wenig unbehaglich war ihm nun schon, wie sein bester Freund ihn anschaute … als wäre er nicht er … sondern sie.

„Ich bin einfach nur sauer, dass ich so saudumm sein konnte, diesem– diesem Miststück zu vertrauen! Mehr nicht.“

Sirius starrte erneut hinaus, während seine Hände, im höchsten Maße angespannt, weiter die Metallstange umkrampften, als könnten sie sie durchbrechen. Und James hatte ehrlich Angst, dass sie es heute könnten.

Denn egal, was sein bester Freund sagte; egal, was er beteuerte; egal, wie unerreichbar er an diesem Tag war, eins wusste James Potter: Sirius Black war nicht einfach wütend – er war zutiefst verletzt. Und nie würde er ihr verzeihen.
 

Kein Hass, der James jemals untergekommen war, hatte ihm größer geschienen als der von Sirius Black auf Melody Roberts. Noch nie hatte er mehr Abscheu gegen einen einzelnen Menschen gesehen. Ein Fakt, der James Potter verständlicherweise nicht verstehen ließ, wie sein Freund sich auf diese Wette überhaupt hatte einlassen können.

Überspielen?!

Nein, diesmal glaubte er ihm kein Wort. Er konnte es nicht. Seine Erinnerung war zu gut.

„Kumpel, ehrlich, du weißt gar nicht, worauf du dich da eingelassen hast!“

„Und ob ich das weiß.“

Sirius wirkte fest entschlossen. Doch James, James hatte seit langer Zeit in seinem Leben wieder Zweifel.
 


 

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Wieder mal an einem Tag wie jedem anderen in yannis Kopf ...
 

Mel: Arschloch!

Sirius: Miststück!

Mel: Blöder Idiot!

Sirius: Dumme Zicke!

Mel: Unsensibler Klotz!

Sirius: Eiskaltes Stück Dreck!

yanni: Klappe! *Was?!* Beide. Sofort! Ich muss hier schließlich das neue Kapitel schreiben, wo Sirius versucht sich an Mel ran zu schmeißen.

Mel: Damit eins klar ist: ich tue nichts Körperliches mit Black! Außer vielleicht meine Faust in seinem Gesicht zu platzieren.

Sirius: Boah, stell dich nicht so an, Roberts! Schließlich bin es noch immer ich, der sich ekeln muss!

Mel: War doch deine blöde Wette!

Sirius: Es geht um meine Ehre!

Mel: Was für eine Ehre?

Sirius: *Wörter murmelt, die von der Autorin zensiert werden mussten* Hey! *Protest*

Mel: Oh, und übrigens, Black, wenn ich das erst mal herausfinden werde, wirst du nicht nur meine Faust in deinem Gesicht wiederfinden. *mit dem Knie auf Sirius’ empfindlichste Körperregion deutet*

Sirius: Du weißt, dass das strafbar ist?

Mel: Eigentlich würde ich sagen: Du musst es ja wissen, so oft, wie du die Schulordnung abgeschrieben hast! Aber mir wäre neu, dass es verboten ist, die Welt von einer Plage zu befreien.

Sirius: *Brauen zusammen kneif* Welcher?

Mel: Deiner Vermehrungsfähigkeit! *fg*

Sirius: Du–

yanni: Muhahaha! *heimlich gruselig lacht*

Sirius & Mel: Was war das?!

yanni: Oh, wenn ihr wüsstet, was ich noch alles mit euch vorhabe … *muhahaha*

Sirius: Das passt überhaupt nicht zum Thema. -.-’

yanni: Ich weiß, aber ich wollte mal wieder auftauchen! ;D

Sirius & Mel: -.-’ & -.-’

Sirius: Streiten wir weiter?

Mel: Als ob ich auf deine Vorschläge hören würde, Black!

Sirius: Schnauze, Miststück!

Mel: Vergiss es, Arschloch!

yanni: Irgendwie fühl ich mich manchmal ausgeschlossen … *seufz*
 


 

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@eva-04: Hey! Dann freu dich schon mal auf Jaly! ^^ Uninteressant wird’s bestimmt nicht ;D *an ganz viele top-secret-Pläne denkt* aber nach diesem Chap kannst du vllt verstehen, warum ich mich momentan noch mehr auf die anderen beiden freue. Die nächste Runde im Ring ist eröffnet – ping! XD
 

@Nicce: Hi! Hm, also ich weiß noch gar nicht, ob ich je erläutern werde, worüber genau die beiden sich gestritten haben – war eigentlich nur ’ne Kleinigkeit. Doch dass sie sich so schnell gestritten haben, ist natürlich leicht ‚besonders’. ;) Selbst für Mels Art. ^^

P.S. Freut mich, dass dir das Bild gefällt!!! =D Das ist Ben Barnes und er hat Orlando Bloom ziemlich rasch den Sirius-Rang abgelaufen. ^^ Tja, schade Orli, aber Ben ist eben so viel mehr Sirius! =D *schwärm*
 

@Lady-Yuna: Hey! Du glaubst also nicht, dass Mel das ganze nur gespielt hat …? Hm, könnte natürlich sein, dass ich euch da nur täuschen will … und auf was ganz anderes hinarbeite. ;-) Ob sie Angst hatte oder nicht wirst du aber bestimmt noch herausfinden.

Jetzt zu deiner ‚geringfügig’ hervorgehobenen Frage ^-^: ICH AUCH! *lol* Bzw. ich will es endlich schreiben! Aber als ich in diesem Kapitel mal was richtig großes bringen wollte, hat es einfach nicht hingehauen – meine eigenen Charas wollen mit mir darüber reden. T-T Jedenfalls jetzt nicht. Dauert leider also noch etwas – ich hoffe, dass das bisschen, das ich geliefert habe, aber schon mal einen kleinen Vorgeschmack gibt.

slG

P.S. *yanni sich Yuna anschließt und auch vor ihren Lesern versteckt* O_o *zitter*
 

@CurlyHair: Heeeey! *mit in Luft hüpf* Ich freu mich natürlich auch, dass du die Story gefunden (und für gut bewertet^^) hast! Hm, die drei Tage Lesezeit schieb ich mal gar nicht auf meine Kapitelanzahl, sondern auf meine ähm, nicht so ganz kurzen Chaps: Ich bin echt mies darin, mich kurz zu fassen. *kopfschüttel*

Hehe, noch jemand, der Mel ganz klasse findet! *g* Es gibt ja Leser die sie nicht so mögen … weil sie – zugegeben – doch nicht ganz nett zu Sirilein ist. ^^ Und die Hazard-Zwillinge konnte dich auch schon erobern? *doppelt freu* Ich verspreche auch, dass sie wieder auftauchen werden – nur wann ist noch die Frage …

Hm, wieso überrascht es mich nicht, dass der Peterson-Hass-Club sich wieder um ein Mitglied erhöht?? *g* Er hat irgendwie eine ähnliche Wirkung wie Mel. Wobei ich zugeben muss, dass ich ihm selber zwiegespalten gegenüber steh. ;)

Dein langes Kommi hat mich echt gefreut – hoffe, es gibt mehr davon? *lieb guck*
 

@Emmett-the-Cullen: Hey du! *wink* Ich fand deine Eindrücke seeehr interessant von den Anfangskapiteln. Da die ja schon so alt sind, krieg ich ja leider nicht so oft noch Reviews dazu …

Kannst du dir jetzt eigentlich denken, wer die Person im Prolog war? ^^

Freut mich, dass du Chadna gleich so ‚magst’ – ich bin nämlich wahnsinnig stolz auf diese Figur. Sie ist doch schon etwas ‚Besonderes’. ^-^

Ich hoffe du bleibst an der Story dran! =)
 

@littleSunshine: Juhuu! *hüpf* Ein neuer Leser!!! *strahlend Keks überreich*

Freut mich total, dass dir meiner Story gefällt – und du die Charas bereits ins Herz geschlossen hast. Die Mel/Sirius-Szenen schreib ich selber unheimlich gern, deshalb bin ich besonders glücklich, wenn die beiden gut ankommen. ^-^

vlg =)
 

@_charly_: Heeey! *freu* Hab dein Kommi gerade eben noch gesehen - freu mich dich an Bord dieser Story begrüßen zu können! ^-^ Hast du aber gut getroffen, mit deinem Kommi, denn jetzt gibt's gleich schon ein neues Chap (normal geht das bei mir ja nicht so schnell ... T-T).

Schön, dass dir die Charas gefallen (bei den OCs freu ich mich natürlich immer doppelt, wenn sie gut ankommen =D ) und natürlich kann ich dir sagen, wer das auf dem Sirius-Bild ist: Ben Barnes! *schwärm* Ein britischer Schauspieler - kennt man z.B. aus Narnia 2.
 

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Und jetzt gibt's statt Bildchen diesmal noch 'ne wichtige Ankündigung:

Beim nächsten Update wird die Geschichte anders heißen!

Ich plane nämlich schon seit längerem die Geschichte umzubennen. Das liegt zum einem daran, dass sich mit der Zeit für mich selbst herausgestellt, dass ich die drei Jahre nicht in einer einzigen Story, sondern in drei Teilen erzählen werde (kann bei meiner Kapitellänge sicherlich jeder verstehen :D ). Zum anderen habe ich inzwischen einfach das Gefühl, dass "Beyond the soul" als Titel zu wenig 'abdeckt'.

Also, hab ich mich mal hingesetzt und ein Haufen an abstrusen Name entwickelt, die ich anschließend einer kompetenten Jury, bestehend aus drei Experten (Ich danke euch nochmals sehr für die Hilfe & Zeit, die ihr investiert habt! *kuss*), vorgeführt habe. Herausgekommen ist am Ende das hier:
 

Bittersweet memories - Forgotten, not lost (5. Schuljahr)

Bittersweet lies - For the Greater Good (6.Schuljahr)

Bittersweet changes - Break away (7. Schuljahr)
 

"Beyond the soul" wird demnach beim nächsten Update "Bittersweet memories - Forgotten, not lost" heißen. (Ich hab's diesmal nur gelassen, damit ihr nicht zuu verwirrt seid.)

Wer den bisherigenTitel allerdings mag, den kann ich beruhigen: "Bts" wird zu 95% Sicherheit im 6. Schuljahr als Kapiteltitel noch mal auftauchen. Ganz rauskicken möchte ihn dann doch nicht. ^^
 

Das nächste Update wird übrigens wohl wieder auf sich warten lassen ... =( In ca. 1 Woche muss ich nämlich eine Klausur wiederholen und anschließend bin ich eine Woche in Urlaub, wo ich wenig Zeit zum Schreiben haben werde.
 

vlg, die yanni

Wenn der Wind sich dreht

Ähm, ja … hallo erst mal …? *sich ganz vorsichtig in den Raum rein traut*

Ich hoffe, ihr wisst noch ungefähr wer ich bin – oder wenigstens worum’s in der Story ging. Ist ja doch schon etwas länger jetzt her. *nervös lacht*

Ok, es tut mir Leid. Ja, ich war faul. Ja, ich hab mich gedrückt und war mit Ausreden nicht sparsam. U_U“ Aber mir ist es auch noch nie so schwer gefallen, ein einziges Kapitel zu schreiben. Das hier war echte Folter gewesen!

Zwischendurch hatte ich dann neben der Uni mit ein paar Schreibblockaden zu kämpfen, dass ich schon dachte, das krieg ich nie hin. T-T

Na ja, aber jetzt ist der Misthauf… äh, das Kapitel heute morgen um halb sechs fertig geworden. Und ich will auch keinen Tag länger mehr daran arbeiten – was bestimmt ebenso wenig bringen würde (sehr, sehr wenig T-T). Also, dacht ich mir, lädste das Chap noch schnell hoch, bevor’s morgen in den Urlaub geht. ;-) Noch zwei Wochen länger wollte ich euch schließlich nicht warten lassen.
 

So, genug gequasselt. Vorwörter nerven eh nur.

Ich entschuldige mich wieder mal für die Rekordverspätung dieses Kapitels (und dass ich euch DAS da unten überhaupt jetzt antue) und kann nur Besserung geloben! Vielleicht tröstet euch, dass das nächste Chap (ein Remus-Kapitel) schon in seiner ersten Version steht, und auch Kapitel 20 von mir schon durchgeplant wurde (dürfte äußerst lang werden). Ich hab also schon an mir gearbeitet. =)
 

Und nun, viel Spaß bei 40 Seiten Lesestoff! (Hoffentlich habt ihr mehr Freude daran als ich. ;-) )
 

Vlg, die yanni
 

P.S. Ich bedanke mich wieder herzlichst bei allen Kommi-Schreibern (auch die, die mich angetrieben haben ^^). Das war mir im Kreativen-Loch immer ein guter Ansporn! =) Leider hab ich die Antworten jetzt nicht mehr vor dem Urlaub alle zusammenbekommen – ich werd sie aber auf jeden Fall noch nachliefern!
 


 

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Kapitel 18 – Wenn der Wind sich dreht
 

„Veränderung ist das, was die Leute am meisten fürchten.“

Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821–1881), einer der bedeutendsten russischen Schriftsteller
 

Er war blöd. Einfach nur blöd. So blöd, dass es wehtat. Aber selbstverständlich würde Sirius Black das niemals offen zugeben. Nur – WIE ZUM DEMENTOR SOLLTE DAS FUNKTIONIEREN?!

Er hasste sie. Verabscheute sie. Konnte ihre bloße Präsenz auf den Tod nicht ausstehen. Und nun sollte er sie verführen?

Sirius rieb sich mit dem rechten Handballen die Augen, der Bagel in seiner Linken wurde arg zusammengematscht. Worauf hatte er sich da nur eingelassen?

Es gab keine andere Frage, über die er seit dem Erwachen am Morgen nachdachte hatte. Gestern hatte der Alkohol ihn noch in einer positiven Sieges-Stimmung gewiegt – der darauffolgende schwache Kater am Morgen bestrafte ihn dafür nun mit einem Sturz in die verzweifelnde Negativ-Phase.

Aber er durfte auf keinen Fall einen Rückzieher machen! Schließlich ging es hier um seine männliche Ehre – und noch weit mehr: es galt, eine Wette gegen Bellatrix Black zu gewinnen.

Ich bin kein Versager!, schoss es Sirius eisern und wiederholt durch den Kopf. Sein Blick heftete am Slytherin-Tisch.

Zu oft hatte er sich so was anhören müssen … Er würde in keinem Fall einen Rückzieher machen und in jedem Fall gewinnen!

Der Gryffindor nahm einen herzhaften Biss von seinem Orangen-Marmelade-Nougatcreme-Bagel. Mmh, seine Spezialmischung war einfach unschlagbar! Sofort besserte sich Sirius’ Laune um hundert Prozent. Er musste das ganze positiv sehen! Er würde zwei Fliegen mit einem Besen schlagen: Bellatrix besiegen und sie demütigen!

Oh ja, warum hatte er das nicht gleich erkannt? Das war die perfekte Gelegenheit! Sirius grinste diabolisch. Kein Mädchen konnte ihm widerstehen. Er würde sich an sie ranmachen, ihr eiskaltes Herz zum Schmelzen bringen und sie anschließend, ohne mit der Wimper zu zucken, wieder fallen lassen. Dann hätte er’s dem Miststück ein für alle Mal gegeben!

Diesmal wirst du gebrochen!

Eine Hand wedelte plötzlich hektisch vor seinem Gesicht herum und holte Sirius Black zurück in die laufende Realität, weg von seinen schönen Vorstellungen über ein tränenfeuchtes Gesicht, direkt hinein ins Mittagessen am Gryffindor-Tisch.

„Hey, was lächelst du denn so sadistisch vor dich hin?“

James Potter. Ein breites Grinsen prangte in seinem Gesicht. Eigentlich nichts Ungewöhnliches, aber Sirius hätte nicht bemerkt, dass sein Freund es seit heute Morgen einmal abgelegt hätte.

Verpennt am frühen Morgen. James rast mit breitem Grinsen ins Bad.

Garibaldi betritt strahlend den Raum. Die optische Mundverbreiterung sitzt perfekt.

Evans und Peterson werden für ein Liebesgedicht von Chadna nach vorne gerufen – die Lippen zittern, aber das Grinsen hält.

Die Nachwirkungen vom Quidditch-Sieg waren jetzt also auch körperlich bei seinem Freund angekommen – der Gesichtsausdruck dürfte sich für mindestens eine Woche dort bei ihm einbetoniert haben … und lief durch Training Gefahr, seinen Aufenthalt noch zu verlängern.

„Du weißt, wenn du wieder eine tolle Idee hast, was wir mit Schniefelus anstellen könnten, hast du als Rumtreiber die Pflicht, es uns mitzuteilen!“, erklärte Krone mit begierigem Glitzern in Richtung Slytherin-Tisch.

„Ich würde ja eher sagen, er hat wieder mal über ein Mädchen getagträumt“, mischte sich Moony ein, ohne die Aufmerksamkeit groß von seinem Buch zu lenken („Gewitzte Techniken aus der Spionage – Behalten Sie auch Ihre Feinde des Alltags im Auge!“ von Ian Bond).

Sirius grinste. Oh, Moony wusste ja gar nicht wie recht er damit hatte! Doch gerade der durfte nichts erfahren … Sein moralischer Freund wäre nur eine mögliche Komplikation. Zum Glück konnte er in diesem Fall auf Krones Verschwiegenheit zählen. Schließlich war er sein bester Freund – und ansonsten könnte James Potter nicht auf Sirius’ eigenes Maulhalten über diesen Vertrag zwischen ihm und Roberts vertrauen.

„Hast du Mary etwa schon überwunden, Tatze?“, fragte Wurmschwanz überrascht.

Sirius streckte den Arm aus und legte ihn lässig um seinen um einiges kleineren Freund:

„Ach, Wurmschwanz! Mein Herz heilt so schnell, denn es hat gespürt, dass auch dieses Mädchen wieder nicht die Richtige war! Tja, ich bin eben weiter auf der Suche …“

„Die Richtige für was? Die Besenkammer oder dein Bett?“, fragte Remus Lupin immer noch über sein Buch gebeugt.

Sirius konnte nicht anders: er brach in lautes Gelächter aus.

„Ach, Moony, du durchschaust mich einfach immer!“

Und erneut hatte Remus Lupin nicht den blassesten Schimmer, wie nah er Sirius Blacks neustem unmoralischem Vorhaben gewesen war.

„Vielleicht bist du ja in Wahrheit der Richtige für mich?“, klimperte er aufreizend in Richtung seines lesenden Freundes.

Dieser schaute auf mit einem Blick, der keiner weiteren Worte bedurfte.

„Schon gut!“, lachte Sirius, diesen unwiderrufbaren Gesichtausdruck Remus Lupins fest abspeichernd, um ihn bis in alle Ewigkeit vor Augen zu haben, falls er mal was zu lachen bräuchte. „Ich könnte doch Jamie-Baby niemals sein Herz brechen, in dem ich eine Affäre mit dir beginne!“, rief der Blackspross laut genug, dass Hogwarts-Gerüchteküche monatelang davon würde leben können.

Krone verlor für exakt drei Sekunden sein breites Grinsen und sah ihn mit geschockten übergroßen Augen an, bevor er sich hektisch umsah – nach was auch immer – und schließlich, mit einem erleichterten Seufzer – etwas entdeckt oder nicht entdeckt zu haben –, mit in das Lachen seiner Freunde einstimmte.

Nur Peter Pettigrew guckte leicht bedröppelt und lachte bloß leicht nervös mit. Ironie und Sarkasmus: zwei Dinge, die sein kleiner Freund wohl nie begreifen würde.

Das Essen verlief dennoch fröhlich weiter, wie bei den Rumtreibern eben üblich. Von der Last seiner Sorgen befreit, war Sirius in einer Hochstimmung wie selten. Nichts konnte seine Laune trüben – er war auf dem Weg zum größten Sieg seines Lebens! Entsprechend herzhaft schlug der Gryffindor-Schwarm heute zu, kreierte nebenbei noch drei weitere seiner unschlagbaren Aufstriche (Apfelmus mit Met und einer dünnen Schicht Thunfischcreme war sein neuer Favorit!), und protestierte lautstark als sich seine Freunde nach all zu kurzer Zeit bereits erheben wollten.

„Kumpel, es ist schon eins! Wenn du von deiner Pause noch was haben willst, bevor Gonni über unsere Köpfe herfällt, schließ deine Futterluke mal für ein paar Stunden!“, lachte Krone ihn und seine mampfenden Beschwerden aus.

Moony und Wurmschwanz waren Sirius auch keine Unterstützung. Beide wollten in die Bibliothek: ersterer um – mal wieder – irgendwas nachzuschlagen; zweiter, weil er vermutlich hoffte, dass Moony ihm noch schnell bei der unfertigen Hausaufgabe für ihre gestrenge Verwandlungslehrerin helfen würde. Und sein bester Freund …

„Außerdem muss ich jetzt echt los: die Pflicht ruft“, der Gryffindor reckte sich ein wenig, vermutlich, damit er männlicher wirkte als seine Hühnerbrust bis jetzt den Anschein gegeben hatte. „Roberts verdient nach ihrem großartigen Einsatz gestern einen Besuch! Und als Kapitän werde ich ihr natürlich im Namen der … gesamten Mannschaft danken.“

Krones Augen visierten ihn kurz an, doch bevor Sirius zum Rundumschlag gegen „das Miststück“ ausholen konnte, bremste ihn eine innere Stimme.

Denk an deinen verdammten Plan!

Seine Lippen pressten sich gegeneinander.

Er würde lernen müssen, netter zu Roberts zu sein … es schüttelte ihn innerlich … oder zumindest lernen, so zu tun als ob. Gedankenlesen konnte ja keiner.

Also, schnaubte Sirius nur, zuckte die Schultern und widmete sich erneut seinem Essen zu, statt seinem innerem Drang – seiner Wut – nachzugeben und laut zu erzählen, was er von der Ehrung dieses hinterhältigen Biests hielt.

Seine drei Freunde verabschiedeten sich derweil von ihm; und wenn Moonys Blick auch etwas länger als nötig auf ihm lag, schien sein richtiges Misstrauen noch nicht geweckt. Der Werwolf trottete mit seiner Nase bereits wieder im Buch vergraben davon. Wurmschwanz immer an seinen Fersen.

Er musste aufpassen, nicht zu auffällig zu werden. Remus Lupin könnte ansonsten ein Risiko für sein Vorhaben darstellen, das er nicht eingehen wollte. Und ein Problem war er auch so schon.

Sirius kaute bedächtig auf seinem Sandwich, während er weiter überlegte, Pläne ausarbeitete, seine nächsten Schritte bedachte.

Er musste die Sache vorsichtig angehen – und vor allem langsamer als ihm lieb war. Wollte er doch eigentlich schnell alles hinter sich bringen. Aber anfangen war generell so eine Sache … Was war nur die beste Methode, sich dem Miststück unauffällig zu nähern?

Plötzlich hallte James Potters Stimme wieder in seinem Kopf und Sirius Black hatte die Idee, wie er dem ganzen Vorhaben einen Anfang setzten könnte.
 

~*~*~*~
 

Mel blinzelte. Helligkeit stach ihr ins Auge. Irgendwie war alles um sie herum so … weiß. Seit wann war der Schlafsaal denn weiß? Und wer in Merlins Namen hatte es gewagt, ihre Vorhänge zu öffnen?

Bestimmt Lily.

Na, die konnte was erleben! Urgh, Mel hasste zu viel Licht am Morgen, dass sie zum Aufstehen foltern wollte. Aber das könnte daran liegen, dass sie generell morgens alles hasste.

Hm, wie spät war es überhaupt?

Komisch …, dachte Mel diffus in ihrer Schläfrigkeit.

Sollte da nicht, was sein …?

Wie vom Basilisken gebissen, richtete sich die blonde Gryffindor auf: natürlich sollte da was sein! Sie hörte ihren verdammten Wecker nicht!

Schmerz schoss im gleichen Moment durch den Körper des Mädchens; in Mels Kopf pochte es wie nach einem Rock-Konzert, das direkt neben ihrem Bett stattgefunden hatte.

„Scheiße!“, fasste sie sich stöhnend an den Kopf.

Was ist denn nur los?

Als Melody Roberts sich daraufhin endlich ein bisschen weniger verschlafen die Welt um sie herum besah, erhielt sie ihre Antwort: Sie war im Krankenflügel. Wo es keine dunkelroten, lichtundurchlässigen Vorhänge gab, keine laut vor sich hintickenden Wecker und erst recht keine Lily Evans, die in irgendeiner Weise wieder meinte, ihr Leben tangieren zu müssen.

Was war nur gleich passiert, dass sie hier gelandet war? Mel rieb sich den pochenden Schädel. Irgendwas mit Slytherins … Ach ja. Das Spiel … ein dummer Schnatz … Dumm und Dümmer Black, die ihr auf den Reisigzweig gingen … Klatscher aus dem Nichts … der Sturzflug … Es prasselte alles wieder auf sie ein, bis nichts als bewusstlose Schwärze zurückblieb.

Dann hab ich Potter wohl wieder mal zu danken, ging es Mel sarkastisch durch ihre momentane Matschbirne. Jetzt bringt mich sein Erpresser-Verhalten schon in den Krankenflügel!

Mel überging in diesem Fall einfach ihre persönliche Selbstverschuldung – oder was für einen berauschenden Adrenalinstoß ihre kleine ‚Hals- und Beinbruch’-Aktion ihr verpasst hatte …

Wohin verhilft mir Potter nach dem nächsten Spiel – einen Sarg? … oder müssen sie mich da schon in einzelnen Tüten vom Feld tragen?

Na ja, war ja jetzt auch egal. Mel empfand es als viel wichtiger, wie sie jetzt wieder hier rauskam aus dieser Anstalt, als über ihren bevorstehenden Tod durch des Quidditch’ größten Fan nachzudenken. Wie lang war sie überhaupt im geistigen Knock-out gewesen?

Rasch wanderten Mels blaue Augen im Saal hin und her, nahmen ihn ganz genau unter die Lupe. Sie war augenscheinlich allein. Keine weiteren Gäste, kein Besuch – Wer sollte auch schon kommen …? – und das wichtigste: keine Madam Pomfrey weit und breit zu sehen!

Prompt schwang Mel die wackligen Beine aus dem Bett. Die sofort ‚aufjubelnden’ Schmerzen mit zusammengebissenen Zähnen ertragend und den leichten Schwindel als bloß vorübergehend beiseite schiebend, tapste die Gryffindor im leeren Saal umher auf der Suche nach brauchbaren Klamotten. So konnte sie ja schlecht gehen, in diesem krank machenden Weiß ihres Patienten-Nachthemds, dass Madame Pomfrey ihr während der geistigen Abwesenheit wohl übergezogen haben musste. Black würde ewig hämisch frohlocken, wenn er auch nur Wind davon bekäme.

Gerade erblickte sie erleichtert ihren Zauberstab samt einem gefalteten Bündel Klamotten, das sogar ihre eigenen waren, als …

„Also, so was! Was fällt Ihnen eigentlich ein?!“

Madam Pomfrey eilte aus der Tür ihres Arbeitsbereiches, eine große bauchige Flasche braunen Glases in der Hand umklammert.

„Marsch zurück ins Bett mit Ihnen, Miss Roberts!“, kommandierte die Gebieterin des Krankenflügels und half mit sanftem Druck sogleich nach, als Mel sich anscheinend nicht schnell genug bewegte. Das zum Thema „Flucht“ …

So – ein – Mist!, ging es der Blonden säuerlich durch den Kopf.

Wenn das so weiter ging, würde sie bestimmt nicht vor drei Tagen aus dieser „Anstalt“ entkommen können, nicht bei dieser überwachsamen Fürsorglichkeit.

Sobald genannte Aufpasserin ihren Körper mithilfe der Decke erst mal hermetisch von jedem Molekül Luft abgegrenzt hatte, hielt sie ihr eine Strafpredigt über ihr „wahnsinniges Verhalten“ und die sowieso viel zu hohen Risiken dieses „Mördersports“, den sie ausübte („Dumbledore wird schon sehen: eines Tages stirbt noch eins von euch armen kleine Dingern, weil ich es nicht mehr zusammen zaubern konnte!“).

Sehe ich so aus, als würde ich diesen Mördersport freiwillig ausüben?

Sofort hatte Mel Potters grinsende Frontansicht vor Augen. Sollt sie doch ihm was vorzetern, dass sie diesen Mördersport ausübte. Ausüben musste.

Mel hörte ihr eh nicht zu, ihre Ohren hatten sich wie automatisch auf Durchzug gestellt. Stattdessen starrte sie gelangweilt ihre klinisch weiße Decke an, während Madam Pomfrey weiter Vorträge über Gesundheit und Risikosportarten hielt.

Da sprang Mel plötzlich etwas ins Auge, was sie aus ihrer Lethargie riss. Ihre Decke war nicht so schneeweiß, wie sie zuvor gedacht hatte … Sie nahm etwas zwischen ihre Fingerspitzen: ein Haar. Eigentlich nichts Ungewöhnliches – doch war es rot. Und Mel kannte nur wenige Rothaarige in Hogwarts, und noch weniger, die sich freiwillig ihrem Bett nähern würden.

Sie konnte es einfach nicht lassen, oder?

Warum musst du alles immer verkomplizieren?, schoss es Mel beinah wütend durch den Kopf.

„Miss Roberts, wissen Sie überhaupt, wie viele Quidditchverletzungen ich mir schon ansehen musste?!“

Für einen Moment dachte Mel, die Frau hätte ihre fehlende Begeisterung für langes Gezeter von Heilerinnen bemerkt – aber falscher Alarm.

„Der Tag wird kommen, da werde ich Albus Dumbledore schon noch überzeugen, diesen Sport wenigstens an Hogwarts abzuschaffen, damit dieser Ort ein sicherer Ort für Kinder wie sie wird!“

Die Frau hatte bloß den sentimentalen Teil ihrer Rede erreicht. Mel atmete langsam ein.

Als Madam Pomfrey zwanzig Minuten später auch schon tatsächlich fertig war, zwang sie ihr zum Abschluss netterweise noch etwas aus der mitgebrachten Flasche hinunter. Sofort spuckte die Gryffindor einen Teil der nach Kreide und ranziger Butter schmeckenden Medizin wieder aus, der Rest brannte sich seinen Weg über ihre Speiseröhre zum Magen. Merlin, sie hasste Zaubertränke – in jeder Form!

Bei Madam Pomfrey – auf der Mels Spuckattacke gewisse Spuren hinterlassen hatte – machte sie das wohl kaum beliebter. Die Krankenschwester verließ sie nicht gerade freundliche Komplimente murmelnd.

Immerhin waren die pochenden Schmerzen ihres Körpers nun weg. Normal war Mel ja dafür, solche Sachen auszuhalten, denn dafür war Schmerz ihrer Meinung nach da: die Erinnerung an einen Fehler. Oder gewaltige Blödheit.

Jetzt gerade hingegen erwies sich diese Schmerzfreiheit als enorm praktisch, würde es ihre Chancen doch beträchtlich erhöhen.

Mel schwang sich erneut aus ihrem Bett, die Freiheit vor Augen. Sie wollte bloß raus aus diesem Laden, hatte keine Zeit so lang auszuruhen. Start für Flucht, die Zweite!
 

~*~*~*~
 

Mit eindeutig überspannter Backenhaltung lief James Potter zum Krankenflügel, die Brust ein wenig mehr als sonst rausgestreckt. Warum auch nicht? Jeder, an dem er vorbeikam – Slytherins wie immer ausgenommen – warfen ihm anerkennende Blicke zu. Über Nacht war James Potters Ruhm die Stufen des Erfolgs weiter empor geklettert. Und er genoss es.

Gerade erst schüchtern von einer Drittklässlerin gegrüßt, stieß er voller Elan die Tür zu seinem Ziel auf:

„Einen wunderschönen Guten Tag, Madam …“, James brach abrupt ab.

Denn zu seiner eigenen Fassungslosigkeit war die Schulheilerin ungewöhnlicherweise nicht in ihrem Arbeitsbereich vorhanden. Und was auf den siegereichen Quidditchkapitän noch viel verstörender wirkte: seine Sucherin ebenfalls nicht.

James wuschelte sich unbewusst durch sein Strubbelhaar. Hatte die nicht scheintot im Bett zu liegen? Umgeben von einer Heilerin, die jeden, der sich ihr auf drei Metern nähern wollte, wütend verscheuchte?

„Hallo, Madam Pomfrey, ich …“, James drehte sich verwundert zur Tür um.

Isabella Cruz. Der Quidditchkapitän hatte gar nicht mitbekommen, dass sie wieder da war.

„Oh! Hi, äh James!“, kam es rasch hervor.

Ihr Gesicht erhellte sich wie ein zu schnell stattfindender Sonnenaufgang.

„Hey, Cruz! Ähm … gut, dass du wieder da bist!“, setzte James hinzu, als ihm nichts Besseres einfiel.

Normal war es nicht schwer mit seiner Mitschülerin zu reden oder gar in ein Gespräch zu kommen. Zwar hatten sie nicht viel miteinander zu tun, mal abgesehen von Slughorns kleinem Projekt, aber das Mädchen redete ja schon von Natur aus sehr viel. Mehr als James – das sollte was heißen!

„Wirklich? Wieso?“, fragte ein Paar irritierte großer Augen.

Upps! Jetzt musste er sich aber was einfallen lassen …

„Na ja, … weil, ähm …“ Gott, warum sollte er überglücklich sein, dass Cruz wieder da war?!

Weil es Evans glücklicher macht, sendete ihm sein Kopf als erste Antwort, zusammen mit dem Bildnis eines schönen rothaarigen Mädchens.

Ok, vielleicht nicht die beste aller Antworten, aber …

„Weil Evans und Gallagher ohne dich total schlecht drauf sind!“

Na, passte doch! James’ Grinsen kehrte zurück.

„Echt, die waren meistens so miesepetrig und zickig, das ging auf keine Drachenhaut! Du machst sie fröhlicher, irgendwie.“

Es klappte. Das kleine Mädchen kicherte, anscheinend belustigt von dieser Vorstellung.

„Oh ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen!“, plapperte sie auch schon erheitert drauf los. „Die beiden sind immer viel zu ernst und wollen dauernd lernen – dabei ist das doch so langweilig! Die wissen gar nicht allein wie man Spaß hat. Wenn wenigstens Lily sich nicht so anstellen würde …“, sie machte ausladende Bewegungen mit ihren Armen, „ihr würdet nämlich echt gut zusammenpassen! Aber nein, jetzt hat sie ja diesen Langweiler-Typen aus Ravenclaw, der ihr dauernd Nachhilfe gibt–“

„Moment mal, Peterson tut was?!“, unterbrach James. Seine Siegesstimmung war plötzlich verraucht.

„Na, er gibt ihr Nachhilfe“, wiederholte die Spanierin gedehnt und gluckste ein wenig dabei. „Schon seit September. Lily erzählt natürlich, sie bräuchte das, weil sie ja so schlecht sei, aber ich hab gesehen, wie sie an ihren Haaren rumfummelt, bevor sie dorthin geht. Als ob die nur lernen würden!“

Nun war James’ gesamtes Nach-Quidditch-High verschwunden wie ein Schnatz im Nebel. Peterson gab Evans Nachhilfe. Peterson, der Schleimbrocken, gab der unschuldigen Lily Evans Nachhilfe. Aber worin gab er ihr Nachhilfe? James wollte es sich gar nicht vorstellen, aber schon überfielen ihn Bilder … nicht sehr schöne Bilder. Bilder aus Alpträumen.

„… also, ich kann sie ja wirklich nicht verstehen! Ich mein, ich würd dich sofort nehmen, James!“

James schaute verwirrt, worüber sie gerade redete. Er hatte ihr überhaupt nicht zugehört, sondern eine rothaarige Schönheit und Ravenclaws Schleimbrocken vor seinem geistigen Auge im Vertrauensschülerbad gesehen. Oder hinter dunklen Bibliotheksregalen. Oder … Es kicherte mädchenhaft vor ihm auf.

„Oha, dich hat’s aber wirklich schwer erwischt!“

James guckte noch verwirrter. Im Moment konnte er sich auf ihre Worte keinen Reim machen, zu sehr war sein Hirn damit beschäftigt, ihm grausige Bilder zu zeigen, die lustige Dinge mit James’ Magen anstellten.

„Was machst du eigentlich hier?“, lenkte er deshalb ungeschickt vom Thema ab.

Ein nervöser Schatten zuckte über ihr Gesicht …

„Ich … ähm, ich wollte …“, sie hopste von einem Bein aufs andere.

„Du wolltest doch nicht etwa auch Roberts besuchen, oder?“

Bevor James eine Antwort erhalten konnte, wurden die Flügeltüren aufgerissen und … Chadna stürmte herein?
 

~*~*~*~
 

Mel schnaufte. Das Quietschen und Klackern wurde nicht leiser. Sie legte noch einen Zahn zu – jetzt wurde es ihr fast schwummerig vor den Augen, die Seite schmerzte ihr höllisch. Aber trotz aller Mühe: der Abstand zwischen ihr und den federnden Schritten wurde einfach nicht größer.

Hatte man Mel nicht noch vorhin lang und breit erklärt, wie gefährlich Sport in jeder Variation sei? Warum hatte sie dann jetzt das Gefühl, dass diese dauerbesorgte Heilerin sich nicht an ihre eigenen Regeln hielt?

So eine Ausdauer kann einfach nicht normal sein!, dachte Mel schwerfällig, während ihr Atem nur keuchend ging.

Oder rannte sie häufiger hinter flüchtenden Patienten her? Und dabei hatte Mel geglaubt, dass ihr Ausbruch vorhin eine Premiere für Hogwarts gewesen wäre – zumindest unter der Herrschaft dieser Heilerin. Aber sie hatte ja auch geglaubt, dass mit ihrem Entkommen des Krankenflügels die Sache geritzt gewesen wäre – jetzt hechelte sie hier durch die Gänge.

Und wenn nicht bald ein Wunder geschehen würde, war sich Melody Roberts ziemlich sicher, heute Abend Madam Pomfreys zweiten medizinischen Vortrag über sich ergehen lassen zu müssen. Ach, und bevor sie rauskam, würde Hagrid bereits die Weihnachtsbäume aufgestellt haben.

Wunder, wo bleibst du verdammt?!, fluchte Mel innerlich zu allem was heilig war. Jetzt wär nur echt mal der passende Zeitpunkt, um mich von deiner Existenz zu überzeugen …

Mel bog schlitternd um die nächste Ecke ab … Rumms! Mels Flucht wurde urplötzlich durch einen harten Gegenstand behindert. Ein Gegenstand, der sprechen und sogar fluchen konnte …

„Verdammt!“

Warum war es eigentlich nicht möglich, dass sie mal schwungvoll in eine Ritterrüstung reinlief oder gegen eine Wand knallte – einfach nur irgendwas Sympathischeres vielleicht?

„Roberts“, Black stand wieder und rieb sich den scheinbar schmerzenden Oberschenkel, „sag mal, bist du in Wahrheit blind oder ¬–“ Abrupt brach er ab und … starrte sie mit zusammengespressten Lippen an?

Mel konnte sich auf sein Verhalten keinen Reim machen. Sie hatte nicht mal Zeit für einen ‚netten’ Kommentar. Die Schritte, die sie für Momente vergessen hatte, waren nämlich plötzlich äußerst nah. Viel zu nah.

„Miss Roberts, ich weiß, dass Sie hier irgendwo sind! So schnell gebe ich nicht auf, Sie brauchen unbedingt weiter heilmagische Versorgung!“

Mel geriet in leichte Panik: Sie wollte verdammt noch mal nicht zurück in diesen klinisch reinen Krankenflügel! Und auch wenn sie wusste, dass sie nicht mehr weit kommen würde, hielt sie das in diesem Moment nicht davon ab, es trotzdem zu versuchen.

Die Gryffindor kam keine zwei Schritte. Ein ziemlich starker Arm packte sie, zog sie Richtung Wand. Mel wollte Black noch anzischen, dass sie für seinen Scheiß jetzt keine Zeit hätte – da war sie plötzlich sehr still. Um sie herum war es schlagartig dunkel geworden, kein einziger Lichtstrahl half ihren Augen sich zu orientieren. Doch ihre Ohren hörten Stimmen, fast so deutlich als würde sie direkt daneben stehen.

„Roberts? Nö, Madam Pomfrey, die hab ich nicht gesehen.“

Mel tastete sich langsam und leise mit ihren Händen vor, während ihr Hirn über die erhaltene Information gleichzeitig auf Hochtouren lief: Black log für sie – warum?

„Wirklich? Ich war mir doch äußerst sicher, sie in diese Richtung laufen zu hören!“

Ihre Finger berührten etwas Weiches … ein Wandteppich! Natürlich, Mel erinnerte sich schwach, dass da etwas an der Wand des Flurs gehangen hatte. Und selbstverständlich kannte ein Rumtreiber wie Black alle Verstecke und Gänge dieses Schlosses. Nur, warum verhalf er gerade ihr zur Flucht?!

„Vielleicht hat sie sich ja irgendwo versteckt?“, erklang Blacks Stimme unschuldig vemutend zu ihrem Ohr hinter dem Wandteppich. Mels Körper spannte sich an. War doch klar, er tat das nur, damit er sie Madam Pomfrey jetzt wie zufällig auf einem Extra-Präsentierteller überreichen konnte – eine Sonder-Demütigung sozusagen!

„Wissen Sie, Roberts verkrümelt sich gern mal in dunklen Ecken. Wenn da irgendwo ein alter Schrank stand, würde ich dort mal nachschauen, Staub und Dreck machen der nichts aus!“

Mel hatte bildlich vor Augen, wie Black die Heilerin mit dem hämischsten Unschuldsblick anschaute, den ein Mensch vollbringen konnte.

Typisch Black!

Ein Blödmann blieb eben immer ein Arschloch. Und das bloß, weil sie sich einmal unter dem schmutzigen Ding versteckt hatte, das er „Bett“ nannte.

„Dieses Mädchen!“, schimpfte die Pomfrey. „Aber ich habe keine Zeit mich nur um eine Patientin zu kümmern – wenn sie meine Versorgung nicht will …“, die Heilerin klang jetzt richtig verschnupft, „… ich habe auch noch andere Patienten, die mich brauchen. Professor Dumbledore wird dennoch davon zu hören bekommen!“

Es zuckte um Mels Lippen.

„Wenn Sie mich jetzt entschuldigen, Mr Black, aber ich kann meine Station nicht länger unbeaufsichtigt lassen!“

Merlin, die Frau übertrieb aber auch alles … Mel machte sich dennoch eine mentale Notiz, demnächst einen größeren Bogen um diesen Bereich des Schlosses zu machen.

Plötzlich blendete sie Licht.

„Na, Roberts? Schon Angst bekommen dort im Dunkeln?“

Mel brauchte nicht richtig sehen zu können, sie wusste auch so, dass momentan ein großes Grinsen in seinem ach-so-schönen Gesicht klebte.

„Black, nur weil du dir allein im Dunkeln vermutlich in die Hosen scheißen würdest, gilt das noch lange nicht für alle anderen Menschen. Die meisten wachsen da raus – aber vielleicht ist das ja das andere neben deinem Hirn, das nicht gewachsen ist!“

Mels Sehkraft wurde mit jeder Sekunde besser. Nun sah sie Black deutlich vor sich – sah, dass ihm ihr letzter Kommentar wohl nicht ganz gefallen hatte. Überhaupt gar nicht gefallen hatte.

Die Gryffindor hätte gesagt, er würde sich jeden Moment auf sie stürzen und eine Prügelei anfangen – wenn er nicht auf einmal diese merkwürdige 180° Wendung mit seinem Gesicht demonstriert hätte. Und wirkte sein Lächeln anfangs noch gequält, so wurde es mit jedem Wort selbstsicherer:

„Ach, Roberts, an deiner Stelle würde ich mich heute ja nicht so aufspielen! Schließlich kann ich immer noch ganz schnell dafür sorgen, dass du dorthin zurückwandert, wovor du eben weggerannt bist. Und das würde dir bestimmt nicht schmecken, oder?“

„Und Madam Pomfrey würde es bestimmt nicht schmecken, dass du mich keine drei Meter von ihr versteckt hattest!“, erwiderte Mel uneingeschüchtert.

Doch Black ließ Gesagtes nur intensiver lächeln:

„So? Und das würde natürlich jeder glauben, dass ich nichts Besseres zu tun hab, als gerade dich zu verstecken?“

Mel öffnete den Mund, aber es kam kein Laut raus. Sie wusste zur Abwechslung tatsächlich nichts zu sagen.

„Tja, wie’s aussieht hab ich dir da also ziemlich nett aus der Patsche geholfen – und kann es immer noch rückgängig machen.“

Mels Braue hob sich leicht an. Blacks Gesicht schien jeden Ausdruck bis auf ‚Grinsen’ vergessen zu haben.

„Ich würde sogar sagen, ich habe dir einen Gefallen getan – und nun schuldest du mir einen.“

„Vergiss es, Black!“, kam es alsgleich aus Mels Mund geschossen.

Black zuckte darauf nur unbekümmert die Schultern:

„Wie du meinst! Ich hab kein Problem damit, mein Nett-sein dir gegenüber wieder rückgängig zu machen.“

„Arschloch!“, zischte Mel wie von selbst.

„Für dich doch immer wieder gern, Roberts!“ Herrmerlin, selbst seine Augen schienen grinsen zu können!

Er drehte sich um, ging los. Ein Meter … zwei … drei ...

„Na, schön, Black! Was willst du?!“

Er und Potter waren definitiv aus demselben Holz! Im Erpressen machte jedenfalls keiner dem anderen was vor.

Mit einem siegreichen Lächeln auf seinen Zügen drehte sich Sirius Black wieder zu ihr um. Seine Augen funkelten in einer Weise, dass sich Mels Magen sehr unwohl fühlte. Er reichte ihr seine Hand – sie sollte einschlagen auf den Handel. Die Gryffindor ließ sich gewaltig Zeit dafür.

Eine Abmachung mit Black … das war ja noch schlimmer als zehn Verträge mit Potter!

Aber was für eine andere Wahl hatte sie? In den Krankenflügel ging sie auf keinen Fall zurück. Einerseits, weil sie ihn verabscheute und andererseits wäre es ihr wie eine Niederlage gegenüber der dort herrschenden Heilerin vorgekommen.

Mel atmete tief ein. Zögerlich machte sich ihre Hand auf den Weg, Blacks Handel zu besiegeln – doch dem ging das anscheinend alles zu langsam. Ihre Fingerspitzen berührten sich kaum, da griff er zu. Plötzlich war Mel ihrem größten Widersacher viel näher als ihr eindeutig lieb war. Warmer Atem streifte ihr Ohr:

„Nichts.“

So steif wie Mel urplötzlich war über Blacks überraschende Tat, brauchte sie eine gefühlte Ewigkeit um seine Botschaft zu verstehen.

„Was?!“, versuchte sie wieder mehr Platz zwischen ihn und sich zu bringen.

Er grinste ihr dreist ins Gesicht:

„Ganz einfach, Roberts: ich will nichts.“

Mel hatte schon stocksauer fünfzehn mögliche Beleidigungen auf der Zunge, als er ihr zuvorkam.

Noch nichts. Ich komme auf unsere Abmachung zurück, wenn … die Zeit reif ist.“

Mel wäre der Unterkiefer über seine Dreistigkeit runtergeklappt, hätte sie sich nicht dazu angehalten, vor Black niemals das Gesicht zu verlieren. So zuckte es nur wütend darin.

Die Zeit reif ist?!

„Ach, und bevor du überlegst, dich später nicht mehr an deinen schuldigen Gefallen erinnern zu können …“, er hob die Hand, mit der er gerade noch Körperkontakt zu ihr gehabt hatte und ließ geradezu frech daran die Finger wackeln, „vergiss nicht, dass du diese Abmachung mit einem Rumtreiber geschlossen hast.“

Er zwinkerte ihr zu und verschwand mit dem einbetonierten Grinsen in seiner Visage.

... oder: versuch nicht unsere Abmachung zu brechen, sonst könntest du eine böse Überraschung erleben, Roberts!

Wie blöd konnte sie auch nur sein? Mit dem zweiten Rumtreiber einen Handel einzugehen – und ihm dann auch noch fast vertrauensselig die Hand reichen?! Ganz offensichtlich musste ihr Hirn bei dem Sturz gestern Schaden genommen haben.

„Und Black sind scheinbar zwanzig Kessel auf den Kopf gedonnert!“, flüsterte sie unbewusst, bevor sie wütend weiter stapfte.
 

~*~*~*~
 

Selten war James ein bizarrerer Anblick untergekommen. Der weiße, säuberliche Krankenflügel der Madam Pomfrey und Chadna, seine kunterbunte Verteidigungslehrerin, an der wirklich alles Ordnung und Klarheit widersprach.

„Oh, meine lieben Kinder!“, fuhr die Lehrerin auf, als sie nach verwirrten mehrmaligem Gucken ihre zwei Schüler endlich bemerkte. „Den großen Geistern sei Dank!“, ging es mit weinerlicher Stimme weiter und plötzlich erlebte James die Premiere seines Lebens: ein Lehrerin umarmte ihn! „Euch geht es gut!“

„Ähm, ja?“, meinte James. „Ist das schlimm?“

Er fühlte sich leicht unbehaglich. Nicht nur weil ein Lehrkörper ihn und Isabella Cruz an sich quetschte, sondern weil Chadna schlichtweg komisch roch. Vielleicht war das ja ihr selbstkreiertes „indisches“ Liebesparfüm …

Plötzlich ließ die Lehrerin beide Schüler wieder los, schaute sich mit eigenartigem Blick um.

„Geht es dir denn gut, Chadna?“, fragte Isabella Cruz und konnte dabei ein kleines Lachen nur schwer unterdrücken.

„Auch hier sind sie!“, rief Angesprochene völlig unpassend darauf aus. James glaubte nicht mal, dass die Lehrerin die vorherige Frage gehört hatte. Dafür hatte er inzwischen zu viel „Unterricht“ bei ihr genossen.

„Die Schwingungen sind überall … dieses Schloss ist negativ geladen! Meine Schwester, mein Bruder“, plötzlich sahen sich die beiden Schüler wieder mit Chadnas merkwürdigen Halb-Realitätsblick konfrontiert, „wir müssen ein Reinigungsritual durchführen. Unbedingt!“

„Äh, und warum?“, fragte James halb lachend. Es war selbst so schwer, sich nicht über die Frau am Boden zu kringeln – auch ohne Tatze nebendran, der schon lauthals nach Luft schnappend auf dem Tisch lag.

„Weil sonst noch Schlimmeres geschehen wird, mein Bruder!“, ergriff sie James’ Schultern in höchster Emotionalität. „Und es ist bereits passiert! Unser armer Bruder Figaro musste das Schloss bereits verlassen, so schlecht ging es ihm!“

„Professor Garibaldi ist weg?“, fragte Isabella Cruz schockiert. James konnte das nicht verstehen: in ihm hatte soeben etwas erleichtert aufgeatmet.

„Oh ja, meine Schwester! Die Schwingungen: sie waren es! Ich habe es selbst von der guten Minerva erfahren: er fühlte plötzliches Unwohlsein – und nun finde ich ihn nicht einmal noch hier! Es muss bereits schlimm um ihn stehen … Und nur wir können verhindern, dass unseren anderen Geschwistern noch Schlimmeres widerfährt, die Familie muss gerettet werden!“, rief sie mit Tränen in den Augen.

Eins musste James Moony lassen: die Frau hatte wirklich einen Dachschaden. Aber es war viel lustiger, seit sie in Hogwarts unterrichtete. Dumbledore sollte nur noch solche Verteidigungslehrer einstellen!

„Ich muss gehen, alles für unser Ritual besorgen“, wirbelte die Frau plötzlich herum. Sie ging genauso wirsch wie sie reingeplatzt war, diesmal etwas von Hasenpfoten, vierblättrigen Kleeblättern und Lakritz murmelnd.

„Verrückt“, sagte James – für mehr Anmerkungen blieb ihm schon keine Zeit, denn nun kam endlich Madam Pomfrey durch die Tür geschritten. Ebenfalls Wörter laut vor sich hin murmelnd – allerdings nicht die Freundlichsten …

„Was machen Sie beide denn hier?“, wurden die Teenager sogleich angefahren. „Soll ich mich, um sie kümmern – oder wollen Sie gleich vor mir weglaufen?“

James und seine Mitschülerin tauschten einen verwirrten Blick aus.

„Schon gut, vergessen Sie es!“, meinte die Pomfrey. „Ach ja, Potter, falls Sie wegen Miss Roberts hier sind … nun, sie zieht es allerdings vor, meiner Behandlung zu entflüchten. Also, können Sie auch gleich wieder gehen!“

„Wie?“, fragte James, sich am Kopf kratzend. „Sie ist nicht hier?“ Wieso redeten alle heute so wirr?

„Sagte ich das nicht gerade?!“

Junge, waren der Frau heute Morgen Haare auf den Zähnen gewachsen?

„Sie ist verschwunden, und ich habe nicht Zeit und Muße sie den ganzen Tag in diesem Schloss zu suchen. Aber wenn Sie wollen – vielleicht haben Sie ja mehr Glück!“, endete die Heilerin patzig und gab James das Gefühl, dass seine pure Anwesenheit sehr unerwünscht nun war. Also, klappte er zur Abwechslung den Kiefer zu und eilte rasch der Tür entgegen.

Er hörte die Pomfrey noch fragen „Und was wollen Sie hier, Miss Cruz? Sie sehen mir sehr gesund und lebendig aus …“, aber die Antwort bekam er nicht mehr mit. Die Tür fiel hinter James ins Schloss.

Er hatte andere Sorgen. Was Cruz im Krankenflügel wollte oder ob Garibaldi nun todkrank war, konnte ihm ja egal sein (obwohl er nicht so viel dagegen hätte). Und wenn seine Sucherin wieder mal eine helfende Hand verweigerte, war das nicht verwunderlich, sondern ein gutes Signal – es ging ihr schon sehr viel besser, war also bereit für neue Trainingseinheiten. Die Sache mit Evans und Peterson hingegen …

„Jamie!“

Ein Kichern ertönte hinter seinem Rücken – und es war nicht Isabella Cruz. Dieses hier war noch quietschiger.

Holly kam auf ihn zugestürzt.

„Wo warst du nur? Meine Freundinnen und ich haben dich schon überall gesucht!“

„Ach, ich …“, James blickte ihn Hollys strahlende Augen, die nur ihm galten. „Nichts Besonderes“, streckte der Junge sich, „aber als Quidditchkapitän von Gryffindor hat man eben ständig Pflichten!“ Er legte ungeschickt den Arm um sie, was Holly aber zu gefallen schien, denn sie schmiegte sich noch enger an seinen Körper.

„Ach, Jamie, du bist immer viel zu bescheiden!“

„Ich weiß“, grinste James. Ihm gefiel wie Holly ihn dabei an sah. Sehr sogar.

Nur erwischte er sich wieder dabei, wie Hollys Haare in seiner Vorstellung etwas mehr rot wurden …

Er blinzelte den Gedanken weg und rief sich dafür Tatzes Ratschläge ins Gedächtnis. James musste Geduld haben und dem Plan folgen. Ja, sein Kumpel hatte Recht! Schließlich waren Mädchen sein Spezialgebiet. Sirius Black wusste, wie man jedes noch so schüchterne oder stolze Herz eroberte. James müsste also einfach nur auf ihn hören …

„Sag mal“, begann Sirius Blacks bester Freund langsam, nahm dabei versucht spielerisch eine von Hollys Haarsträhnen zwischen die Finger, „was hattest du denn bis zu Gonnis Paukenschlag noch so vor?“
 

~*~*~*~
 

Konzentriert starrte Lily hinauf. Unbewusst landete ihre Unterlippe zwischen ihren Zähnen. Die Brauen fuhren angestrengt zusammen.

Zu hoch …, dachte sie. Obwohl …

Blick nach links und rechts – nein, niemand zu sehen. Ok, demnach könnte sie es wagen.

Gesagt, getan: Schon im nächsten Moment hüpfte Lily Evans, ihres Zeichens Vertrauensschülerin Gryffindors, angestrengt auf und nieder, verzweifelt am versuchen, ein Buch im oberen Drittel des Regals zu erreichen. Hogwarts war einfach nicht für kleine Menschen gemacht!

Natürlich hatte Lily Evans nicht vergessen, wie sie damals Brian Petersons nähere Bekanntschaft geschlossen hatte, nämlich in dem ihr sämtliche Bücher bei einer ähnlichen Aktion auf den Boden gefallen waren – und sie gleich mit. Und dennoch … es war einfach zu peinlich, jemand Größeres in diesem Fall um Hilfe zu bitten. Wie machte das Professor Flitwick nur?

Vermutlich nicht seinen Zauberstab irgendwo liegen lassen!, strafte Lilys Gewissen ihre Vergesslichkeit.

So hüpfte die Gryffindor weiter wie ein kleines Känguru auf und ab, und kam doch nicht näher ran, bis … Ja, bis eine äußerst weiße Hand weit jenseits von Lilys Hemisphäre nach dem Buch griff. Auf einmal sah sich das hilflose Mädchen mit dem dunkelroten Einband direkt vor ihrem Gesicht konfrontiert.

„Da-Danke“, sagte Lily perplex und nahm das Buch an sich.

„Ich brauch es selber. Also, sie zu, dass du heute damit durchkommst“, lautete die kurz angebundene Antwort. Auf ihre freundlichen Worte ging Severus Snape gar nicht erst ein.

Kaum stand er vor ihr, war der hagere Slytherin im schwarzen Gewand auch schon wieder verschwunden, während Lily nur weiterhin verblüfft auf das Buch in ihren Händen schauen konnte.

Da sag noch einer, Slytherins wären alle durch und durch böse!, ging es Lily mit einem Lächeln durch den Kopf.

Sie kannte ja genug Leute, die so etwas behaupteten. Allen voran, James Potter. Ein weiterer Grund, warum sie ihn nicht mochte. Er war nicht nur beseelt von lauter Vorurteilen, die er mal gehört hatte – er lebte sie auch offen aus!

Lily holte tief Luft. Sie konnte sich jetzt nicht wieder über diesen kleinen, dummen Jungen aufregen, hatte sowieso geschworen, das nicht mehr zu tun. Denn im Moment gab es wirklich wichtigere Aufgaben zu erledigen. Also begab sich Lily auf den Rückweg zu ihrer Arbeitsstätte – allerdings nur mit mäßiger Vorfreude an diesem Freitag.

Wie sie schon da sitzen …

Selbst auf die Vertrauensschülerin wirkten die beiden wie eine kaum gegensätzlichere Kombination. Auf der einen Seite nervöses Rotieren mit dem Kopf und ein Schwall nie enden wollender Fragen in den Augen – auf der anderen keinerlei Neugier vorhanden, dafür der überdeutliche Missmut bloß dort sein zu müssen.

„Auch wieder da, Evans?“, meckerte Mel dementsprechend gleich drauflos. „Ich hoffe, du musstest dich nicht von deinem Bücherwurm-Freund wegen uns losreißen? Nur zu, wenn Peterson in der Nähe ist: wir können das hier gern bis Nimmermehr verschieben!“

Lilys Wangen wurden warm. Leicht erhitzt knallte sie das Buch auf den Tisch, dass selbst sie zusammenzuckte. Hoffentlich hatte Madam Pince das nicht mitbekommen …

„Noch mal, Brian Peterson ist mein Freund, Roberts“, sagte sie so ruhig und gefasst wie sie nur konnte. „Und wir verschieben gar nichts! Wir haben Arbeit vor uns!“

Mit diesen Worten ließ sich Lily auf ihrem Stuhl zwischen den beiden nieder und die wohl schrecklichste Zaubertrankstunde ihres Lebens nahm ihren Lauf. Wenn Lily bisher nur gewagt hatte zu denken, dass es vielleicht noch miserabler werden könnte, als ihre Einzelstunden mit Mel, lag sie gründlich daneben. Es war eine einzige Katastrophe.

Zuerst stellte Lily ihnen Fragen, um zu testen, ob sie sich auch ausführlich in ihr Thema eingelesen hatten und wie viel sie ihnen noch erklären müsste. Das Ergebnis: null Punkte! Nicht einer von beiden schien sich nur irgendwie mit Liebestränken beschäftigt zu haben. Wo Pettigrew aber noch Reue zeigte und etwas von „keine Zeit“ nuschelte, nahm Mel eine offensive Verweigerungshaltung an. Eine, die klipp und klar sagte: Ist mir egal.

Als Lily daraufhin schon etwas genervt ihre ellenlangen Notizen durchging, musste Pettigrew unbedingt eine Frage nach der anderen stellen; Fragen, die für Lily nicht mal Sinn machten. Doch nicht sie war es, die wirklich gereizt war. Mel schnaubte mit jedem einleitenden „Ähm“ von Pettigrew mehr. Sie hörte sich an wie ein Pferd, dem man nach und nach eine Nadel tiefer in den Allerwertesten bohrte … und irgendwann schien der Punkt erreicht, an dem dieses Pferd hinten ausschlug:

„Verdammt, Pettigrew!“, schnauzte Mel drauf los. „Nein, Armontentia kann dich nicht in einen zweiten Playboy namens Black verwandeln! Er macht einem Liebe nur vor – niemand wird sich wirklich damit in dich verlieben!“

Peter Pettigrew blickte äußerst ertappt, verstummte aber sofort. Lily hatte ja fast befürchtet er würde auf Mels wütende Attacke hin entweder heulen – oder zum ersten Mal in seinem Leben richtig austicken.

Ihre Versuche daraufhin Mel zu einer Entschuldigung zu überreden – nervige Fragerei hin oder her, das war nach Lilys Meinung jetzt eindeutig angebracht –, mussten natürlich gänzlich ins Leere schießen. Mel blieb stur. Jetzt war aus dem Pferd ein bockender Esel geworden.

Und Lily? Lily war wütend. Sehr, sehr wütend auf einmal. Ihre langen und ausführlichen Notizen lagen vor ihr – wie viele Stunden hatte Lily gebraucht, um sie anzufertigen? Der Plan, wo sie schon einzelne Themengebiete und wichtige Punkte eingegrenzt hatte – welche Bücher hatte Lilys alle dafür wälzen müssen? Und zum Schluss der dicke rote Einband: „Knifflige Zaubertränke für den jungen Tränkemeister – Mit Tricks von Trixie Aromata“, Severus hatte ihn Lily extra überlassen … Der Zeitpunkt war gekommen: bei der Gryffindor brannten sämtliche Sicherungen durch.

„Jetzt hört mir mal zu!“ Pettigrews und Mels Blick glichen sich für Momente in ihrem baffen Erstaunen. „Wenn ihr denkt, ich mach dieses Projekt, während ihr euch auf die faule Haut legen könnt, habt ihr euch aber gewaltig getäuscht! Es ist unsere Aufgabe und jeder von uns wird eine Note bekommen! Aber wenn es sein muss, gehe ich auch zu Professor Slughorn und sage ihm die Wahrheit. Durch mich erhält hier keiner ein Ohnegleichen umsonst – ich bin nicht euer Depp!“

Lily sah abwechselnd ihre beiden Schüler an. Aber keiner sagte etwas, muckte gar durch Gesten auf. Selbst Mel schien in Ehrfurcht erstarrt – oder zumindest Überraschtheit. Lily zweifelte, dass sie ersteres wirklich kannte. Doch was wirklich zählte war … Ruhe. Es herrschte wunderbare Ruhe: plötzlich hörten sie Lily zu.

„Also, ich werde jetzt noch einmal meine Notizen durchgehen, und danach verteile ich die Aufgaben bis zum nächsten Treffen. Wenn ihr Fragen habt, dann stellt sie.“ Dabei sah sie Pettigrew wie Mel gleichermaßen mit einem ermutigenden Blick an. „Dafür bin ich schließlich da, dafür ist Professor Slughorns ganzes Projekt da! Ansonsten … können wir anfangen?“

Eineinhalb Stunden später und mit einer viel heiseren Stimme verabschiedete Lily ihre beiden Schüler. Keiner hatte auch nur eine Frage gestellt, obwohl selbst die jeweils angetragenen Aufgaben zum nächsten Mal in ihren Ohren kompliziert klingen mussten. Wunderte Lily das? Nein. Mel würde ihr wohl nie freiwillig eine Frage stellen, dazu war sie viel zu stolz, von irgendwem Hilfe anzunehmen – und Pettigrew hatte inzwischen einfach zu viel Angst davor. Aber trotzdem war die Gryffindor zufrieden: die Katastrophe hatte noch einen halbwegs guten Ausgang gefunden. Lily hatte deutlich gemerkt, dass beide konzentrierter als sonst zugehört hatten. Anscheinend war ihr kleiner Ausraster positiv gewesen … doch fühlte es sich trotzdem schlecht im Nachhinein an, so die Kontrolle verloren zu haben. Ja, Lily schämte sich gar für diesen langen Augenblick, der allein von ihren Gefühlen beherrscht worden war.

Sie hoffte, dass es ab jetzt einfach besser mit ihren beiden Schülern laufen würde. Ja, Hoffnung hatte Lily viel – nur nagten bereits die Zweifel kräftig daran.

Seufzend packte die Gryffindor ihre Sachen zusammen. Es brachte ja alles nichts, erst die Zukunft würde zeigen, wie das Projekt sich entwickeln würde. Nun musste sie erst mal ein Buch wegbringen.

Slytherins saßen alle immer gern in der genau selben Ecke, unter Ihresgleichen. Gingen Fremde auch nur vorbei, wurden sie sogleich misstrauisch beäugt. Lily fand, dass es ihnen vielleicht nur an Vertrauen zu anderen fehlte – nicht wie Potter, der von „systematischer Abkapselung der Dummblütigen“ sprach. Ein absolut ungerechtfertigtes Urteil! Schließlich bewies gerade Severus Snape das Gegenteil. Oft hatte Lily ihren Mitschüler aus Slytherin nun schon an anderen Tischen und Enden der Bibliothek gesehen. Überhaupt war ihr über die Jahre aufgefallen, dass er sich ein wenig anders als seine Hausgenossen benahm: er suchte auch gern mal die Einsamkeit. So wie heute.

Die Gryffindor machte vor seinem Einzeltisch halt:

„Vielen Dank, Severus. Es war wirklich sehr nett von dir, mir das Buch zuerst zu überlassen!“, bedankte sich Lily. Sie legte das Buch auf einem der zahlreichen Stapel seines Arbeitsplatzes ab, die von Titeln wie „Elixiere des Lebens“, „Die vergessene Braukunst der alten Druiden“ oder „Die Magie den Tod zu verkorken“ geschmückt wurden. Gern hätte der Zaubertränke-Fan ihm ein paar Fragen gestellt, die sich ihr bereits auf der Zunge breit machten, aber sie wollte ihn ja nicht noch mehr bei seiner Arbeit stören. Lily spürte deutlich, wie Severus Snape sie nun schon geraume Zeit betrachtete. Wer weiß, wie viel sie und ihr Buch ihn bereits nervten …

„Na, dann … auf Wiedersehen und noch viel Spaß bei deiner Arbeit.“

Lily wollte sich umdrehen und gehen – aber sie konnte nicht. Seine dunklen Augen nahmen sie gefangen. Für Momente schien sein Blick gar so intensiv, als würde er sie durchleuchten, sie einschätzen … wie eine potentielle Gefahrenquelle.

Plötzlich gab sein Kopf ein wortloses Nicken von sich.

Lily blinzelte.

Er wandte sich wieder seiner Arbeit zu.

Das Gesicht der Gryffindor wurde leicht rot und sie machte sich schnell auf den Weg hinaus. Irgendwie, war ihr die ganze Situation etwas unangenehm. Ihr war fast, als hätte der Slytherin tatsächlich in sie hineinsehen können … Seine Augen waren einfach merkwürdig. So unergründlich – fast wie Brians. Nur waren diese tief schwarz, wie die Beeren des Holunderbusches Zuhause.

Lily schüttelte den Kopf, sie wusste nicht, wie sie gerade darauf kam. Es war alles absurd! Severus hatte sie bestimmt nur so komisch angesehen, weil er es nicht gewohnt war, von Gryffindors Nettigkeiten zu erwarten.

Nein, Potter sorgt schließlich immer dafür, dass es nie so wird!

Lily regte sich bloß noch mehr auf, als sie bemerkte, dass sie schon wieder dabei war, sich über diesen Jungen aufzuregen. Aber es stimmte! James Potter und seine Freunde machten Severus seit Jahren das Leben auf Hogwarts schwer, dabei wusste Lily bis heute nicht, warum. Er schien doch ein netter Junge sein zu können, vielleicht nicht sehr gesprächig und zurückhaltend – aber definitiv hilfsbereit! Potter hatte also nicht mal einen Grund, das zu tun, was er immer tat. Lily presste ihre Sachen an sich.

Sie würde Severus helfen. Oh ja, die Vertrauensschülerin nahm sich mehr denn je vor, die Rumtreiber für ihre Taten ihm gegenüber gerade stehen zu lassen! Dieses Unrecht konnte nicht weiter geschehen.
 

~*~*~*~
 

Mit Blacks Kopf stimmte irgendwas nicht.

Diese Erkenntnis war eigentlich neu, denn das Hogwarts’ Schönheitskönig unter einem gewaltigen Dachschaden litt, war für jeden – der nicht nur aus glotzenden, starrenden oder träumerischen Augen bestand – sichtbar. Inzwischen musste es aber in sein Oberstübchen rein regnen. Anders konnte sich Melody Roberts die vergangenen Wochen einfach nicht erklären.
 

Zaubertränke. Mel befand sich erneut auf dem Zenit ihrer Laune an diesem Dienstagmorgen. Umringt von einer perfektionistischen Jung-Tränkemeisterin mit Jesus-Syndrom, einem Fragezeichen namens Peter Pettigrew und Slughorns neuem Herzblatt, der ach-so-lieblichen Alles-Verbesserin, versuchte Melody Roberts bloß eins: überleben … und nicht zur Abwechslung etwas wirklich Falsches sehr absichtlich in ihren Kessel fallen zu lassen. Etwas, das möglichst laut „bumm“ machte! Wie herrlich sich dieses Geräusch doch jetzt anhören würde …

„Miss, ihr Trank hat einen süßlichen Geruch, doch wenn sie Professor Slughorn vorhin gehört haben, sollte er an Honig erinnern. Dieser hier riecht wie geschmolzener Zucker.“

„Ach. Wirklich?“, kam von Mels Seite die ausführliche Antwort. Ohne Würdigung eines Blickes. Dafür schenkte sie ihrem Kochlöffel gleich doppelt so viel, dass die süße Pampe fast übergeschwappt und Miss Asia 1975 auf die Füßlein getropft wäre.

„Vorsicht, Roberts! Deine Flüssigkeit, sie–“

„Schon gemerkt, Evans“, zischte Mel voll der ‚Freundlichkeit’. Lily lehnte sich leicht zurück. „Und wenn du mal was merken würdest, wäre dir vielleicht auch aufgefallen, dass ich selber Augen besitze!“

Oh ja, sie hatte wirklich astreine Laune. Sie war so blitzeblank astrein, dass ihr Glanz einem die Augen ausstach.

Fehlt ja nur noch eins heute …, ging es Mel durch den Kopf, während sie zur nächsten Zutat griff. Ein wenig zu rabiat – denn ihr Ellbogen stieß dabei an eine Dose. Die natürlich runterfallen musste.

„Hoppla.“

Mels ganzer Körper spannte sich wie aus Gewohnheit gleich beim ersten Ton an.

„Nicht so viel gute Laune, Roberts oder es gehen dir noch mehr Zutaten flöten.“

Mel blickte ihm ins Gesicht, bereit ihm die nächstbeste Beleidigung in sein „liebliche“ Visage zu knallen, als ihr Mund jedoch irritiert geschlossen blieb. Etwas stimmte hier nicht. Black hielt ihr die runtergefallene Dose direkt unter die Nase und … lächelte freundlich? Dieses Bild war falsch.

Kein Muskel in Mel lockerte sich, ihr Misstrauen stand in Alarmbereitschaft. Black lächelte sie nicht freundlich an. Das könnte er nicht mal schaffen, selbst wenn er es wirklich wollte! Dafür hasste er sie viel zu sehr.

Aber Black lächelte weiter, stellte die Dose ab. War das da Hinterhältigkeit, die in seinen Augen aufblitzte? Mel beäugte ihn, wie ein Raubtier das jeden Moment zuschlagen konnte.

„In solchen Situationen sagt man übrigens „Danke“, Roberts. Aber einer sozialen Analphabetin wie dir lass ich das mal durchgehen.“

Er zog lässig schlendernd zum Vorratsschrank ab. Mel starrte. Wartete. Auf … ja, auf irgendwas.

„An deiner Stelle würde ich die Dose nicht mehr berühren“, warnte Lily.

Auch sie schien misstrauisch. Das war einfach zu freundlich für Blacks Verhältnisse!

Sofort griff Mel nach der Dose. Als wenn sie Angst vor irgend so einem dummen Rumtreiberscherz hätte! Ihre Finger berührten das glatte Metall … nichts geschah. Kein Rummsen, keine Explosion, keine sonstige Verrücktheit – nichts. Als hätte Sirius Black bloß die Dose aufgefangen und ihr freundlich zurückgegeben.

Mel starrte aus den Augenwinkeln zu ihm. Musterte ihn argwöhnisch, als er sich mit Potter unterhielt und Isabella Cruz daneben lachte und kicherte. Es schien, als würde er sie nicht beachten, nicht erwarten, dass etwas geschah.

Aber Mel ließ sich nicht täuschen! Ihr misstrauisches Gefühl begleitet sie den ganzen Tag hindurch. Ob Zauberkunst oder Pflege magischer Geschöpfe sie war immer auf der Hut und behielt Black ständig im Auge. Nur … es geschah einfach nichts!

Kein Rumtreiberscherz Black’scher Art. Der Tag war völlig ereignislos – bis auf einen Niffler der Pettigrew versuchte den Finger abzubeißen und ihr im Gegenzug das Gesicht abschleckte.

Als hätte Black ihr die Dose einfach nur zurückgegeben … Zu Mels Misstrauen gesellte sich ein anderes Gefühl. Ein sehr, sehr komisches, das sie nicht einzuordnen vermochte, aber es fühlte sich definitiv nicht gut an.
 

Vielleicht litt Black ja unter einer multiplen Persönlichkeitsstörung und sie hatte das bis jetzt bloß noch nicht bemerkt. Wie sonst sollte man so einen Charakterwechsel erklären können: von Arschloch zu „nur“ Blödmann?

Er lachte einfach nicht mehr dumm, wenn Zuckertütchen mit Marzipanlächeln und Honigstimme wieder einen ihrer zaubertränkischen Fauxpas’ berichtigte (oder es war nur ganz kurz und verstummte urplötzlich).

Er verhöhnte sie nicht mehr wegen der kleinsten Kleinigkeit beim Quidditch. Und als er es doch einmal tat und Mel natürlich postwendend einen Kommentar zurück an den Absender schickte, erwiderte er nichts. Rein – gar – nichts. Grinste einfach verkniffen, drehte sich um und ging. Mel war zugegeben baff. Er schrie nicht rum? Ihr Argwohn und ihr Misstrauen schüttelten sich kräftig die Hand.

Doch was die beiden erst richtig wachrief, war eine andere Tatsache: Black schien seinen Mädchen-Konsum eingestellt zu haben!

Natürlich achtete Mel nicht besonders auf ihn. Aber vorher hatte man Don Juan doch öfters mit irgendwelchen dummen Hühnern um die Ecke verschwinden sehen. Und selbst die waren bereits ganz aufgelöst. Ein Mädchen hatte so viel Angst, dass Mel sie zu ihrer Freundin die Befürchtung äußern hörte, „Sirilein“ sei schwul geworden und jetzt vielleicht mit James Potter zusammen. Denn das sagten ja auch die Gerüchte … und dass er allerdings heimlich eine heiße Affäre mit Remus Lupin unterhielt.

Dieses neue Verhalten an Black war für Mel etwas, das sie nicht verstand. Black war sexsüchtig. Keine Annahme, sondern eine Tatsache. Der Typ dachte mit seinem Schwanz! Was also war geschehen, dass Casanova scheinbar abstinent geworden war?

Wer weiß? Vielleicht hat er ja Gott gefunden … oder Merlin … oder beide zusammen, beendete sie den Gedankengang zu Blacks Sexleben.

Mel interessierte es nicht. Ob er nun an Syphilis starb oder durch wahnsinnige Stalkerinnen ermordet wurde, war ihr völlig gleich! Es war ihr eben nur aufgefallen. Nichts weiter.

So verbot sich Melody Roberts auch alle weiteren Gedanken, die irgendwie mit dem B-Wort in Zusammenhang standen. Es konnte ihr völlig egal sein, wie bescheuert er sich neuerdings benahm. Hatte sie sich nicht sogar immer gewünscht, dass er seine große Klappe halten würde?

Ja!, raunzte sie sich selbst unfreundlich an. Und nun Schluss damit!

Hogwarts’ männliche Schlampe konnte poppen wann und wen er wollte! Selbst wenn es Potter war, konnte ihr das sonst wo querweise runter gehen. Für einen ganz „normalen“ Jungen hatte Black sowieso viel zu gut ausgesehen – in allen Bereichen …

Argh!

Mel klappte wütend ihr Buch zu. Musste sie ihr Kopf denn bis in alle Ewigkeit daran erinnern?! Dieses Bild von ihm konnte sie nun wahrlich nicht gebrauchen! Erinnerte sie es doch nur zusätzlich an eine andere Sache, die letztens passiert war … eine Sache, die Mel mehr denn je an Blacks Geisteszustand zweifeln ließ …
 

„Die Kunst des Handlesens wird Ihnen weit mehr abverlangen, als die Stumpfsinnigen unter uns in diesem Moment glauben. Das weiß ich natürlich.“ Professor Nomis ließ sein dünnes Lächeln erscheinen, als müsste er in Gedanken über einen privaten Witz schmunzeln. „Und dennoch gerade dieser Bereich gibt auch denen eine Chance, die die Stimme der Zukunft normal nicht zu hören vermögen. Wer sich anstrengt“, seine Augen schweiften umher, ein dunkles Leuchten schien aus ihnen zu sprechen, „kann ganze verborgene Schicksale hervorlesen. Oft kommt es nur auf die richtige Interpretation des Gefundenen an. Also, machen Sie sich an die Arbeit!“

Ein Rascheln und Schuhsohlenklappern erklang, Partner wurden gesucht – und gefunden. Nur Mel blieb auf ihrem Platz. Eine Technik, die sie sich über die Jahre angewöhnt hatte. Ging es um Gruppenarbeit, wo man selber Anschluss suchen musste, nahm sie einfach das, was übrig blieb. Es war doch eh egal. Keiner wollte freiwillig mit ihr arbeiten – und sie hatte kein Interesse an Gesellschaft. Außerdem blieben immer nur die „guten“ Leute übrig: wer über ein ameisengroßes Selbstbewusstsein verfügte, ließ sich viel leichter herumkommandieren. Und „Null Widerspruch“ empfand Mel doch als eine äußerst angenehme Methode zu arbeiten.

„Miss Roberts, wieso sitzen Sie denn noch hier? Ihr Partner wartet doch bereits dort vorn auf Sie …“

Irrte sie sich, oder hatte der Professor gerade eben wieder mal so komisch gelächelt? Im Vorbeigehen war es nicht eindeutig für sie erkennbar gewesen.

Etwas irritier schaute Mel in die Richtung, in die der Kopf ihres Lehrers gedeutet hatte …

„Nein!“, platze es laut aus ihr hervor.

Das konnte doch nicht sein! War Potter in den letzten fünf Minuten tödlich erkrankt?! Sie suchte ein bekanntes Grinse-Gesicht … und entdeckte es bei – Frank Longbottom? Was stimmte mit der Welt in letzter Zeit nicht?!!

Eine Hand schnippste ihr ins Gesicht.

„Hey, aufwachen Roberts! Wie’s aussieht, sind wir als einzige übrig geblieben.“

Mit einer Wut, die schon fast an Beleidigung grenzte, blickte Mel in sein Model-Gesicht.

„Warum bist du nicht bei Potter, Black?!“

Der Junge vor ihr grinste eigenartig und zuckte bloß mit den Schultern.

„Weil ich hier bin und er dort?“, sein Finger deutete zum Potter-Longbottom-Tisch.

Um Mels rechte Braue zuckte es scharf.

„Verarschen kann ich mich auch allein, Black! Du und Potter arbeitet immer zusammen!“

„Tja, heute anscheinend nicht.“ Er ließ sich nieder – immer noch viel zu entspannt. „Also, zeig her dein Händchen!“, grinste er und machte eine auffordernde Bewegung in ihre Richtung.

Mels Arme verkeilten sich fest ineinander. Ihr Blick war finster.

Doch wieder zuckte er nur die Schultern.

„Na schön!“, er legte seine Hand auf den Tisch. „Dann du zuerst.“

Mels Blick verfinsterte sich noch mehr.

„Also, Roberts, meine Note hier ist mir ja scheißegal. Ich wusste aber noch gar nicht, dass es dir da genauso geht.“

Ihre Zähne malmten gegeneinander. Aus den Augenwinkeln suchte Mel die Gestalt von Professor Nomis: er war bereits verdammt nah …

Mit einer immer noch beinah unerklärlichen Wut im Bauch, beugte Mel sich vor – berühren würde sie ihn sicher nicht – und warf einen schnellen Blick auf seine Hand. Seine große Hand.

„Oh, schade, Black! Wie’s aussieht, wirst du demnächst einen qualvollen Tod sterben, bei dem auch dein Gesicht bis zur Unkenntlichkeit zerstört wird! Dein Fan-Club wird am Ende sein … oh, aber nein, wie tragisch!“, sagte Mel ohne einen einzigen Ton Mitleid in der Stimme. „Ein Mädchen aus genau diesem Club wird dir das antun! Na, so was, du hast ihr doch tatsächlich das Herz gebrochen!“

Mel lächelte kalt – Black hob seine Mundwinkel ebenfalls. Allerdings wirkte es etwas verkrampft; seine Augen blinzelten nicht.

„Ich glaube leider, Roberts, dass deine hellseherischen Fähigkeiten nicht besonders ausgeprägt sind. Aber dafür kannst du ja nichts – wie für so vieles.“ Kurz schweifte sein Blick über ihren Körper.

Mel verspürte ein Zucken in ihrer Braue – und ein noch stärkeres in ihrer Faust –, aber ihr kühles Lächeln blieb. Sie würde sich bestimmt nie etwas ihm gegenüber anmerken lassen.

„So? Dann kannst du dich ja beruhigt weiter im Spiegel anhimmeln und fröhlich Geschlechtskrankheiten verteilen!“ Immer noch Lächeln auf ihrer Seite.

Blacks Gesichtsausdruck war nun nicht mehr ganz so fröhlich.

„Los, gib deine Hand her, ich bin jetzt dran!“, forderte er barsch.

Mel war geneigt, ihn wieder abblitzen zu lassen, aber Professor Nomis stand bereits am Nebentisch. Und eine schlechte Note in Wahrsagen konnte sie sich nicht leisten.

Langsam streckte Mel also ihre Hand aus und legte sie bedächtig auf den Tisch. Black schlug derweil sein Buch auf – ein bizarrer Anblick wie Mel fand. Black und ein Buch: zwei Bs die sich nicht verstanden.

„Also“, seine Stimme hatte sich innerhalb von Sekunden ins Gegenteil verkehrt, „du besitzt nicht viele Linien auf deiner Hand, das schließt auf einen zielstrebigen Charakter – und du vermeidest Emotionalitäten gern.“

Mel zuckte nicht. Erst als seine Fingerspitze plötzlich ihre Handfläche berührte. Sie war leicht rau … und warm.

„Du hast eine insgesamt sehr ausgeprägte Lebenslinie … das steht für jemanden, der sich lieber körperlichen Dingen zuwendet als abstrakten. Soll ich mal nachschauen, ob ich auch so eine hab?“

Die Anzüglichkeit in seinem Gesicht hätte einen blinden Mönch erschlagen können.

„Nicht nötig, Black. Jeder weiß, wo dein bisschen Hirn sitzt – jedenfalls nicht zwischen den Augen. Aber wegen deiner große Klappe wäre dort ja eh kein Platz mehr zu finden gewesen, nicht?“

Blacks Finger drückte sich für einen Moment etwas unangenehm in ihre Haut. Dann machte er wieder weiter, als wäre gar nichts geschehen:

„Deine Herzlinie ist eher kurz, dafür aber äußerst deutlich. Du bist also ein Mensch mit tiefen Gefühlen, der sich gern einer Sache oder einem Ideal hingibt. Das wusste ich ja noch gar nicht von dir, Roberts …“ Er schaute ihr direkt in die Augen, während sein Finger wie von allein weiter strich. Vor und zurück, vor und zurück – immer wieder über ihre Herzlinie. Mel wollte ihm ihre Hand entreißen. Aber das würde einen Sieg für ihn bedeuten. Und sie wollte nicht, dass er wusste, wie unangenehm ihr diese körperliche Nähe war. Die bloße Berührung seiner Fingerspitze war ihr bereits schier unerträglich.

Aber Black hörte nicht auf. Er sah sie weiterhin ohne ein Wort an und ließ seinen Finger mit der rauen Haut nun langsam über ihren Unterarm streichen.

„Chrm, chrm“, ertönte ein Geräusch. Black ließ ihre Hand blitzartig frei.

Professor Nomis hatte endlich ihren Tisch erreicht.

„So faszinierend Ihr Verhalten für mich selbst auch ist, so sehr glaube ich, dass es Sie beide nicht im Stoff voranbringen wird.“

Entweder Mel hatte einen Augenschaden oder der Typ grinste schon wieder – auf seine eigene Art und Weise.

„Oh, wir sind sogar sehr gut voran gekommen! Ich habe gelernt, dass Roberts anscheinend viel emotionaler ist, als man allgemein annimmt. Und dass sie sehr an Körperlichkeit interessiert ist.“

Mel knirschte innerlich mit den Zähnen. Erst Nomis’ Lächeln und jetzt auch noch Blacks Lächeln – das war zu viel!

„Ah, dann lassen Sie doch mal sehen, Miss Roberts!“

Widerwillig streckte Mel dem Professor ihre Hand entgegen. Ohne sie – im Gegensatz zu Black – zu berühren, untersuchte der ältere Mann ihre Hand, verlangte nach einer gewissen Zeit noch die andere zu sehen, sagte aber nie etwas … bis:

„Faszinierend!“, er sprach dieses Wort aus, als hätte er gerade ein interessantes Naturphänomen studiert. Mel passte das gar nicht.

„Und was ist an Roberts’ Hand so faszinierend, Professor?“

Man merkte, dass Black genauso wenig Respekt vor seinem Lehrer wie vor seinem Fach hatte.

„Mr Black“, der Professor drehte sich zu seinem Schüler ohne einen Hauch von Verstimmtheit, „das werden Sie noch früh genug erfahren.“ Wieder Lächeln.

Und lächelnd ging er fort zum nächsten Tisch, während Mel mit einem Black zurückblieb, mit dem sie ausnahmsweise etwas zu teilen schien: Verwirrtheit.
 

Was sollte das?!

Mal abgesehen davon, dass man aus ihrem Wahrsage-Lehrer nie schlau wurde – wurde sie aus Black noch viel weniger schlau. Was sollte diese Aktion?! Was bei Merlins gepunkteter Unterhose versprach sich Sirius Black davon?

Mel verstand es einfach nicht. Warum war Black im Moment nur so komisch? Irgendwas musste das doch zu bedeuten haben … Das sagten ihr jedenfalls Argwohn und Misstrauen – zwei ihrer besten Freunde, wenn man so wollte.

Black hasste sie. Und dennoch benahm er sich plötzlich so anders … so komisch anders.

Vielleicht versucht er nach dem Spiel, nur besser mit dir auszukommen. Akzeptiert dich nun.

Mels Lippen lächelten ungläubig. Das waren nicht ihre Gedanken.

Ich bin nicht Lily. Ich bin nicht naiv … und dumm.

Nein, Blacks Verhalten hatte etwas zu bedeuten. Sie wusste nur noch nicht, was. Aber einer Sache war sie sich dafür ganz sicher: diese neuen Rekorde die Mels persönlicher Idiot Nr. 1 da aufstellte, gefielen ihr nicht. Ja, es gab sogar Augenblicke, da wünschte sie sich den alten Black zurück. Alles war so viel einfacher gewesen mit ihm …

Mel packte ihre Sachen zusammen. Sie hatte das dringende Bedürfnis raus aus dieser stickigen Bibliothek zu kommen. Die klare Luft draußen würde ihr auch sicher beim Denken helfen – und vergessen. Er musste raus da oben!

Doch wie das so war, wenn man vom Teufel dachte … Sirius Black betrat natürlich genau jetzt die heiligen Hallen der Madam Pince. Black und eine Bibilothek – schon wieder zwei Bs, die sich nicht vertrugen. Was tat er hier?

Interessiert mich nicht!, antwortete Mel sofort auf ihren vorigen Gedanken.

Mit sturem Blick wollte sie an ihm vorbei gehen, da spürte sie auf einmal wie seiner sich auf sie heftete. Und plötzlich konnte Mel nicht widerstehen: auch ihre Augen richteten sich auf ihn. Doch was Melody Roberts sah, sollte sie bloß ein erneutes Mal verwirren. Denn die Art, wie sich seine Pupillen in ihre bohrten, war anders … etwas fehlte. Mel wartete auf das hasserfüllte Glimmen – es kam nie.

Black zog an ihr vorbei, ohne sie einmal ignoriert zu haben – ohne sie einmal in Gedanken ermordet zu haben.

Jetzt steht es fest: die Matschbirne hat eindeutig zu viele Klatscher abbekommen!

Und sein Erbsenhirn musste dadurch unwiederrufbaren Schaden genommen haben. Größer noch als der, den seine Mutter verursacht hatte, als sie Baby Black einst auf den Kopf fallen ließ – so erklärte sich Mel jedenfalls gern Mr Unglaublichs bisherigen Dauer-Dachschaden.

Ihr Bauch füllte sich unerklärlicherweise mit Wut, auch spürte sie das ungute Gefühl wieder. Wie ein Zeigefinger piekste sie es in die Seite, als wollte es ihr etwas sagen …

Aber Mel verstand nicht. Melody Roberts verstand überhaupt nichts! Was war mit der verdammten Welt in letzter Zeit bloß nicht in Ordnung?
 

~*~*~*~
 

„Caitlín!“

Die Stimme Imogen Gallaghers dröhnte wie ein scharfes Warnsignal durch den Kopf der jungen Caite. Sofort wandte sie das Gesicht wieder der Frau zu, die ihr im Sessel gegenüber saß.

„Caitlín, was habe ich gerade gesagt?“ Die strengen Augen der älteren Frau musterten ihre Enkelin ohne ein einziges Blinzeln.

„Ich, ähm …“, stotterte Caite mehr ihren eigenen Knien als dem Gesicht ihrer Großmutter entgegen.

„Caitlín, sieh mir bitte ins Gesicht und gebe dann gefälligst einen vollständigen Satz von dir!“, gebot die Stimme der alten Gallagher.

„Es tut mir Leid, ich habe nicht aufgepasst, Oma“, antwortete Caite und senkte den Kopf doch leicht wieder. Es war schwierig dem Blick der älteren Frau standzuhalten.

„Oma?“, wiederholte Imogen überaus betont.

„Großmutter, natürlich“, verbesserte sich Caite hastig. Wie hatte ihr dieser Fehler nur unterlaufen können?

Sie wusste doch, dass die Frau ihr gegenüber es nicht schätzte, Oma genannt zu werden. Das hatte sie ihr vom ersten Tag an deutlich gemacht.

„’Oma’, Caitlín, ist für Muggel und niedere Zauberer da. Als eine Gallagher wünsche ich nicht so unhöflich von dir behandelt zu werden. In Zukunft heißt es, bitte, nur noch Großmutter, hast du verstanden?“

„Also“, Imogen Gallagher legte ihre Hände auf eine gekonnt elegante und anmutige Weise auf ihrem Schoß ab, „wir waren dabei stehen geblieben, dass es eine nicht zu verzeihende Unhöflichkeit ist, seinem Gesprächspartner zwischendurch einfach die Aufmerksamkeit zu entziehen – bevor du mir deine entzogen hast.“

Die ältere Frau war verstimmt. Äußerst verstimmt. Ein Umstand, der ihre Enkelin Caite äußerst beschämte. Sie wollte ihre Großeltern nicht enttäuschen. Im Gegenteil: seit Beginn war es ihr höchstes Ziel, sie stolz auf sich zu machen. Und allen – auch sich selbst – würde sie beweisen, dass sie eine würdige Gallagher war, mit den Qualitäten, die ihre Familie auszeichnete sowie selbst an sich schätzte: Höflichkeit, eine selbstsichere Eleganz und Haltung bis zum Schluss. Ein wahrer Gallagher ließ sich durch nichts verunsichern oder einschüchtern – das erklärte ihr Großvater dem jungen Mädchen gern jeden Tag aufs Neue.

Caite drückte ihre Schultern durch und brachte sich auf ihrem harten Stuhl in eine annehmbare Position.

Die Lippen ihrer Großmutter bogen sich daraufhin ein wenig zufriedener nach oben. „Ich sehe Kind, du beginnst zu begreifen! Nun aber weiter“, und die Lippen waren dieselbe unbeugsame Linie wie immer, „die Höflichkeit gebietet es, immer zu zuhören, egal, ob dich der Gesprächsstoff deines Partners nun sonderlich interessieren mag oder nicht. Als Gallagher, Caitlín, darfst du dir keinesfalls nachsagen lassen, dass du unaufmerksam …“

„Caite, guck mal!“

Sofort war jegliche Haltung und Lektion für das junge Mädchen vergessen. Wenn diese glücklichen rehbraunen Augen sie anstrahlten, gab es für Caite nichts Wichtigeres mehr.

„Das hab ich für dich gemalt!“

Strahlend hielt ihre kleine Schwester Sheila Caite ein Bild entgegen. Darauf zu sehen war ein Haus, weite Wiesen und die Sonne. Vor dem Gebäude mit dem lila Dach standen vier Menschen, die ungefähr die Höhe des zweiten oder wahlweise ersten Stocks hatten. Ihre Schwester blickte erwartungsfroh.

„Das ist wirklich schön geworden“, versuchte Caite ein Lächeln. Es fiel ihr unglaublich schwer.

Ein Kloß hatte sich in ihrem Hals gebildet, ihr Magen wurde vom altbekannten Brennen heimgesucht. Dennoch streckte sie die Hand nach dem Bild aus, als eine schwer geschmückte ihr zuvor kam. Der Blick von Caites Großmutter glitt unzufrieden über das Bild ihrer jungen Enkelin.

„Also, wirklich Sheila Ciara Gallagher, ein Haus ist doch nicht so groß wie die Sonne!“, kritisierte sie. Sheila zuckte ängstlich zusammen und griff instinktiv nach dem Arm ihrer großen Schwester. „Außerdem war es sehr taktlos von dir einfach so hereinzustürmen – ohne ein Klopfen oder Wort des Grußes! Wo ist eigentlich diese nutzlose Hauselfin? Ich hatte ihr doch aufgetragen, auf dich Acht zu geben: Minnie!“

Sofort kam ein klapperdürres kleines Wesen, gekleidet in ein altes Stück Vorhang, aufgeregt herbeigetrippelt.

„Ihr– ihr habt Minnie gerufen, Herrin?“, piepste es nervös.

„Das habe ich. Genauso, wie ich dir aufgetragen hatte, auf Sheila Acht zu geben, während ich Caite unterrichte“, blickte sie mit unzufriedener Miene auf ihre Dienerin hinab.

Alsgleich warf sich das Wesen in einer typischen Untergebenheitspose auf die Knie:

„Es tut Minnie Leid, Herrin! Aber die junge Miss wollte doch nur kurz ihrer Schwester ihre Arbeit zeigen und–“

„Schweig!“, gebot Imogen Gallagher. „Das nennst du Arbeit?!“ Sie hielt das Bild hoch. „Ich hatte dir aufgetragen, sie mit etwas Nützlichem und Gutem zu beschäftigen, anstatt so etwas–“

Urplötzlich wurde es still. Die ältere Frau starrte Sheilas Zeichnung an. Und Caite wusste sehr genau, warum.

Mit einem Schwenk ihres Zauberstabs ließ Imogen Sophie Gallagher im nächsten Moment das Bild ihrer jüngsten Enkelin in abertausende, winzige Schnipsel zerfallen. Ihre Schwester schluchzte geräuschvoll auf, aber als die alte Gallagher sie ins Visier nahm, suchte sie sofort Schutz hinter Caites Stuhl.

„Hör mir zu, junges Fräulein: noch so ein Bild und ich werde dir einmal richtig Manieren beibringen!“, brach es extrem ungehalten aus ihrer Großmutter hervor. Ihre harten braunen Augen waren von Zorn entbrannt. Caite spürte Sheilas zitternden Körper, der sich durch den Stuhl fest an sie presste.

„Bitte, Großmutter“, versuchte die ältere Schwester Imogen Gallagher milder zu stimmen, „Sheila hat es doch nicht so gemeint. Sie ist noch zu klein–“

„Caitlín, geh auf dein Zimmer!“, erhielt sie den ungerührten Befehl. Imogens Augen ließen Sheila dabei nicht einmal los.

„Aber–“, widersprach Caite.

„Ich meinte damit – sofort!“

Caite biss sich auf die Zunge. Es tat ihr im Herzen weh. Sie wollte die kleine Hand ihrer Schwester nicht loslassen. Sie wollte sie nicht im Stich lassen. Sie wusste doch, wie viel Angst sie vor ihrer Großmutter hatte, wenn sie so gestimmt war. Und gerade war sie wütend wie selten. Auf Sheila ganz allein. Die doch nichts dafür konnte. Die doch noch zu klein war, um zu verstehen …

Aber Caite gehorchte. Sie entließ die Hand ihrer Schwester aus der ihren. Sie verließ den Raum, ohne zurückzuschauen. Und sie schloss ruhig die Tür hinter sich, als der eigene Raum im ersten Stock erreicht war. Dort ließ sie sich auf ihrem Bett nieder. Alles ruhig, alles sanft.

Nur ihr Herz war unruhig. Nur ihr Herz wollte ihrer Großmutter nicht richtig gehorchen. Sie fühlte sich schrecklicher mit jeder Minute mehr die verging.

Sheila allein zu lassen, war etwas, das Caite sich einst geschworen hatte, nie zu tun. Sie musste doch auf sie aufpassen! Sie beschützen. Wer sonst, wenn nicht sie …

Doch Caite wartete. Wie ein gutes, wohlerzogenes Mädchen blieb sie ruhig auf ihrem Zimmer, bis man ihr erlauben würde, es wieder zu verlassen. Und während die Zeit quälend langsam Sekunden und Minuten zählte, sah die junge Gallagher immerzu Sheilas Bild vor Augen: das Haus, die weiten Wiesen und eine glückliche kleine Familie …
 

Caitlín Gallaghers Miene war unbewegt. Seit exakt sechs Minuten saß sie nun schon hier – ohne sich ein einziges Mal aus ihrer antrainierten Haltung herauszubewegen. Um sie herum wuselten Schüler aller Altersklassen, blätternd, kichernd, beratschlagend – das normale Alltagstreiben der Bibliothek.

Für Caite jedoch war es nicht Alltag, sondern die Ausnahme davon. Wie schon bei allen vorherigen Malen hatte sie es auch heute wieder große Überwindung gekostet zu kommen.

Gerade ging ein Junge viel zu langsam an Caites Tisch vorbei, vielleicht ein Siebtklässler. An seiner Brust schimmerte etwas Blaues, was ihn in jedem Fall eindeutig als Ravenclaw kennzeichnete. Ein Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Es machte ihn nach ästhetischen Ansichten noch annehmbarer als er ohnehin schon war. Caites Magen zog sich unangenehm zusammen.

Sie schickte ihm keinerlei böse Blicke, doch veränderte sich ihre steinerne Miene nicht, ihr vorgerecktes Kinn, die gerade Haltung. Nicht eines einzigen kleinen Blickes wurde er gewürdigt. Caite waren diese Jungs so zu wieder! Sie wusste ganz genau, warum sie sie anschauten. Weil sie ein wenig schöner war als andere Mädchen. Wahrscheinlich auch, weil ihr Name kein unbeschriebenes Blatt war. Und vielleicht weil sie als „unerreichbare Eiskönigin“ sich ihren eigenen Ruf hier in Hogwarts gemacht hatte. Ein Ruf, an dem Caite nach wie vor festhielt. Von Jungen wollte sie nichts wissen, misstraute ihnen gar mehr als anderen Menschen. Die waren doch immer nur aufs Gleiche aus! Schworen Liebe – und dachten dabei an ganz andere Sachen.

Die Gestalt, die sich ihr näherte, war davon weder auszunehmen noch als ein bloßer Teil dieser Gruppe zu erwähnen. Er war der schlimmste von allen! Sirius Black.

Zum ersten Mal seit vielen Minuten kam leichte Bewegung in Caite. Aber nein – sie gebot sich ihre ruhige Haltung zu bewahren – er würde sie nicht verunsichern! Das war einer Gallagher nicht würdig!

Mit einer Eleganz, die ihr viel zu vertraut war, ließ er sich auf dem Stuhl vor ihr nieder. Dabei viel das längere Haar in seine Augen. Durch eine gekonnte Geste streifte er es sich zurück – ein jüngeres Mädchen, das ihn beobachtete, seufzte prompt träumerisch auf. Caite hätte beinah geschnaubt.

Keine Begrüßung, die Höflichkeit erkennen ließ, dafür aber seine allzu auffällige Masche, die nächste bereits in seinen Bann zu ziehen, nur um sie am Schluss wie immer zerbrochen zurückzulassen. Caite versagte sich an Sheila zu denken.

Erst heute Morgen musste sie wieder ein widerliches Schauspiel beobachten, in dem Black es wagte, Augenkontakt über eine viel zu lange Zeit mit ihrer kleinen Schwester zu haben! Er flirtete mit ihr – das hatte bei Caite etwas zum Überlaufen gebracht. Vom Flirten war es nicht mehr weit bis … Nein. Ihrer Sheila würde das nicht passieren! Dafür war Caite schließlich hier.

„Also, Gallagher“, er kam wie schon die letzten Male direkt zur Sache, „zeig mir deine Hausaufgabe, dann kontrollier ich sie und du schreibst dazwischen irgendwas, was wir letzte Stunde gemacht haben.“

Er tat es erneut. Er versuchte sie herumzukommandieren. Caite hasste es, wenn er sich dieses Recht einfach herausnahm.

„Nicht so eilig, Black!“, Caite musterte ihn mit berechnender Kühle. „Zuvor habe ich dir noch etwas zu zeigen, was ich vorbereitet habe.“

Sein Blick konnte nicht mehr Langeweile aufweisen. Caite war erzürnt – doch sie würde es ihm gleich austreiben … Der Brief aus ihrer Tasche war schnell zur Hand, sie faltete ihn geruhsam auseinander, bevor sie ihn unter Blacks gelangweiltes Gesicht schob. Dann hieß es für sie nur noch abwarten.
 

~*~*~*~
 

Sirius nahm am Rand zur Kenntnis, dass sie einen Brief auf den Tisch gelegt hatte. Merlin, als ob er sich dafür interessieren würde! Schlimm genug, dass Gallagher nun plötzlich auf ihre Treffen für Slughorn bestand – aber dass sie jetzt auch noch mit mehr als Zaubertränke-Kram nervte, ging ihm gehörig gegen den Strich. Schließlich hatte er Besseres zu tun … z.B. sein Gitarrenspiel noch weiter verbessern … oder sich mit Roberts beschäftigen …

Aber stattdessen musste er nun einen Nachmittag an Hogwarts’ Eiskönigin verschwenden, von der er mehr als jeder anderen wusste, wie wenig sie ihn ausstehen konnte. Das hatte er unterschwellig schon von Anfang an gespürt.

Letzte Stunde hatte sie kaum ein Wort mit ihm gewechselt und nur frostig ihre Aufsätze rübergereicht, die er dann hatte korrigieren dürfen! Nicht, dass Zaubertränke etwas war, was Sirius schwer fiel. Es fiel ihm sogar sehr leicht – ohne zu lernen. Mit könnte er wahrscheinlich noch besser sein, aber das war nichts, woran Sirius wirklich Interesse hatte. Das Strebersein überließ er Leuten wie Lily Evans, die keinen Spaß kannten – oder Caitlín Gallagher …

Sirius hob den Blick. Ihre Miene schien sich nicht die kleinste Kleinigkeit in den letzten Sekunden verändert zu haben, oder ihre steife Art, dort zu sitzen. Seine Mutter wäre stolz auf solch eine Tochter, ging es ihm angewidert durch den Kopf.

Schließlich nahm Sirius den Pergament-Fetzen in die Hand, um ihn tatsächlich kurz zu überfliegen, doch hatte er erwartet, irgendwas in Zusammenhang mit Zaubertränken vorzufinden, so täuschte er sich gewaltig. Bis auf Gallaghers überordentlich Handschrift war nichts nach Sirius’ kühnsten Erwartungen.
 

An Großmutter und Großvater,
 

leider habe ich beunruhigende Nachrichten für euch. Schon in meinem letzten Brief äußerte ich, dass es Dinge über Sheila gibt, die mich momentan leicht in Besorgnis versetzten. Um euch nicht zu sehr zu erschrecken, noch Sheila möglicherweise unnötige Probleme zu machen, erwähnte ich nicht mehr. Doch hier und heute kann ich nicht anders handeln, als euch meine Sorge mitzuteilen: ein Junge hat in letzter Zeit Interesse an Sheila gezeigt, doch ist es von ungehöriger Art, die euch, da bin ich mir sicher, ebenfalls nicht für eure Enkelin zusagen würde.

Da dieser Junge schon in allen Häusern weit bekannt für ein bestimmtes, wiederholtes Verhalten gegenüber Mädchen ist, habe ich mich bemüht, Sheila vor ihm zu warnen und auf sie mehr als sonst Acht zu geben. Allerdings ist der Junge weiterhin äußerst unhöflich und schwer von Begriff, dass ich euch um Hilfe ersuche.

Ihr seid mit der Familie dieses Jungen sehr gut vertraut, deswegen habe ich festen Glauben, dass eine Nachricht eurerseits große Wirkung zeigen wird. Der Name der Familie ist Black und das Problem betrifft ihren Erstgeborenen. Wie ihr bereits gut genug wisst, der allgemeine „Störenfried“ dieser Familie.

Ich bin sicher, dass auch seine Eltern es interessieren wird zu hören, was ihr Sohn außerhalb ihrer Reichweite tut und ihn standesgemäß für seine Taten zurechtweisen wird.

In der Hoffnung, dass es euch, Großmutter und Großvater, gut ergeht, verbleibe ich eure Enkelin,
 

Caitlín Brianna Gallagher
 

Sirius’ Augen blitzten auf. Er konnte nicht sagen, wie viel Wut sich beim Lesen dieses hochnäsigen, gestelzten Briefes in ihm gesammelt hatte. Alte Wut. Aber es war definitiv sehr viel davon!

„Ich hatte dich gewarnt, Black“, war ihr Kommentar zu seinen Blicken.

„Gewarnt?!“, schimpfte Sirius weit lauter als regelkonform für die Bibliothek. „Bei dir tickt’s wohl nicht mehr richtig im Oberstübchen, Gallagher! Du wirst diesen Brief nicht abschicken!“

„Nein, das werde ich auch nicht“, gab sie sehr ruhig wieder.

Ihre kühl bleibende Art nervte ihn gewaltig.

„Es sei denn, du gedenkst dich weiter meiner Schwester zu nähern. Dann gedenke ich nämlich, meine Pläne sehr schnell zu ändern!“, hier wurde ihr Ton zum ersten Mal schärfer. „Und wie es scheint, legst du ja keinen besonderen Wert auf einen Brief von Zuhause, oder?“

Diese hochnäsige, reiche Zicke! Wie er ihre eloquente Sprache und die selbst auferlegte Haltung verabscheute! Im Gegensatz zu ihm schien sie ja schon immer viel zu stolz auf ihre Herkunft aus dem Hause Gallagher gewesen zu sein. Ein Haus, das ungefähr das für Irland darstellte, was die Blacks für Großbritannien repräsentierten – und damit alles waren, was Sirius aus tiefstem Herzen verachtete.

„Jetzt pass mal auf, Gallagher!“ Sirius’ Augen funkelten, er konnte sein Temperament jetzt nicht mehr zügeln. „Von einer arroganten Eisprinzessin wie dir, der anscheinend ein paar Stöcke zu viel im Arsch stecken, lass ich mir gar nichts sagen!“

Ihr Gesicht verkniff sich auf das A-Wort hin. Aber Sirius drehte jetzt erst richtig auf.

„Weißt du, was du mal wirklich bräuchtest? Einen richtig guten Fick. Oh ja, Gallagher, dich müsste mal wer durchvögeln, damit du dich nicht weiter als verbittertes Jungfräulein durch die Gegend rennst und jeden mit einem Schwanz blöd anmachst! Wer weiß“, Sirius lächelte dunkel, „vielleicht würdest du ja auch endlich diesen Gesichtsausdruck verlieren, als hättest du in eine Zitrone gebissen?!“

Sie erhob sich schneller, als dass sie dabei ihre verkrampfte Haltung hätte bewahren können. Augen wie aus Eis richteten sich auf ihn. Doch jemand anderes war noch schneller.

„Mr Black!“, die Aasfresserin kam auf ihn zugeschnattert. „Was erlauben Sie sich, in derartiger Lautstärke in meiner Bibliothek rumzubrüllen! Raus mit Ihnen, aber sofort!“

Sirius zuckte nur mit den Schultern und begann Richtung Ausgang zu schlendern. Blicke folgten ihm von überall her – aber es kümmerte ihn wenig, dass jemand vielleicht seine „Nettigkeiten“ gerade mitbekommen hatte.

„Ach ja, Gallagher, dein Brief war übrigens nicht ganz vollständig. Du solltest doch erwähnen, dass deine Schwester an betreffendem Jungen ebenfalls Interesse gezeigt hat und dass sie deswegen keinen Bock mehr hat, sich von dir rumkommandieren zu lassen!“, warf er ihr noch nonchalant hinter seinem Rücken zu.

„Raus! Sofort! Und lassen Sie sich für den Rest der Woche hier nicht mehr blicken!“

Sirius grinste.

„Würde mir nie einfallen!“ Und das stimmte sogar.

Das Grinsen prangte auch weiterhin noch auf seinem Gesicht, als er die Bibliothek bereits verlassen hatte und wurde erst viele Meter später von einem anderen Ausdruck abgewechselt. Die unbändige Wut kroch wieder hervor. Sirius atmete tief und schwer. Wie viel hatte es ihn gekostet, Gallagher nicht noch lauter ins Gesicht zu brüllen? Aber er hatte nicht gewollt, dass er dabei Worte fallen ließ, Dinge vielleicht wissen ließ, die niemand erfahren sollte.

Wie ihr bereits gut genug wisst, der allgemeine Störenfried dieser Familie.

Störenfried?, dachte Sirius und schloss die Augen. Ein bitteres Lächeln machte sich breit.

Was für eine Ironie, dass das wohl der netteste Ausdruck war, mit dem er je beschimpft wurde. Sirius kannte da ganz andere Sachen.

Weichling, Nichtsnutz, Missgeburt, Versager, Abschaum der Familie … Sirius könnte ewig so weiter machen. Er hatte bereits alle möglichen Namen bekommen. Die meisten von der Frau, die ihn natürlicherweise lieben sollte – und die ihn von Natur aus zu hassen schien, wie nichts anderes, was existierte. Seine Mutter.
 

„Sirius? Sirius?!!“

Sirius hörte die schrille Stimme überdeutlich – aber er wollte nicht antworten. Beharrlich hielt sich der Sechsjährige die Ohren zu, als könne das machen, dass das Kreischen wegging. Er flehte, zu wem auch immer, dass sein Versteck gut genug war.

„Hier steckst du also!“

Es war es nicht.

„Aua!“, jammerte Sirius auf, als eine viel größere Hand plötzlich nach ihm packte, ihn unsanft aus seinem Versteck unter dem Tisch hervorzog. Lange Nägel bohrten sich in seine Haut.

„Hatte Kreacher also doch Recht!“

Sirius verfluchte den verräterischen Hauself unter seinem stillen Jammern. Doch wurde er sehr schnell sehr laut und geradezu panisch, als er in Richtung einer ganz bestimmten Tür gezogen wurde.

„Nein, nicht darein!“, schrie der Junge auf. „Bitte, Mum, nicht darein!“

Die Augen Walpurga Blacks, ein kristallklares Blau ohne jegliche Wärme für ihren Sohn, zeigten auch heute keinerlei Mitleid. Nur Zorn. Nur Bitterkeit.

„Ich bin nicht Mum, ich bin deine Mutter, du missratenes Kind! Und jetzt rein da mit dir!“

„Nein!“, Sirius schlug um sich – oder er versuchte es zumindest. Wehrte sich mit Händen und Füßen, aber seine Mutter war viel stärker als er. So viel stärker als der kleine Sirius.

Sie schuppste ihn einfach in den Raum hinein, dass er fast dessen kleine Holztreppe hinunter fiel. Ein dumpfes Klicken – das Einrasten einer Tür. Um ihn herum wurde es dunkel.

„Und da bleibst du, bist du endlich deine Lektion gelernt hast, Bengel! Mit Muggeln spielt man nicht!“

Dann wurde es leise, die harten Schritte Walpurga Blacks entfernten sich. Schließlich war es still. So still, dass Sirius seine schnelle Atmung hören konnte und das heftige Pochen seines Herzens von jeder Seite des dunklen Raumes zu dröhnen schien. Und da waren noch andere Geräusche. Eigenartige Geräusche. Sirius zog seine Knie eng an sich, schlang die Arme um sich selbst.

Es war so furchtbar kalt hier drin … und dunkel. So dunkel. Sirius mochte die Dunkelheit nicht. Er schloss die Augen und verbarg das Gesicht gegen seine Oberschenkel. Gleich wäre es schon vorbei. Bestimmt würden sie ihn bald wieder rauslassen. Aber das sagte sich Sirius jedes Mal … damit er aufhörte zu zittern … und die blöden Tränen nicht kamen. Sirius wollte nicht weinen – nur Babys heulten. Und seine Mutter würde es nicht milder, sondern nur noch hartherziger stimmen. Ein Black weinte nie, Tränen waren ihm unwürdig.

Sirius presste seine feuchten Augen hartnäckig zusammen. Es würde schon gleich vorbei sein, und dann könnte er hochgehen und vielleicht mit Regulus spielen. Wenn seine Mutter es erlaubte … und sein Vater nicht auch noch mit ihm „reden“ wollte … Sirius schlang die Arme noch fester um seine Beine.

Er müsste nur ausharren … nur Geduld haben … ein paar Stunden – oder vielleicht einen Tag … und dann wäre die Dunkelheit schon wieder weit weg … So weit, wie es eben ging, im Hause Black.
 

„Jo, jo, Kumpel!“

Sirius öffnete blitzartig die Augen und ließ einen völlig anderen Gesichtsausdruck erscheinen.

Krone wanderte gut gelaunt auf ihn zu.

„Schon befreit von ihrer Hochnäsigkeit?“ James Potter hatte seit je eine Abscheu gegen die Gallagher-Tochter gehegt.

„Glücklicherweise“, grinste Sirius zurück. „Das Schicksal meinte es wohl gut mit mir.“

Und ich habe ein klein wenig nachgeholfen, fügte er in Gedanken hinzu.

„Das trifft sich super!“, Krone wedelte mit den Armen. „Ich hatte da nämlich gerade diesen Einfall, was unseren lieben Schniefelus betrifft und habe Moony und Wurmschwanz bereits eingeweiht …“

Und James Potter begann groß zu erzählen, während sie sich auf den Weg zurück zum Turm machten. Sich von der Gelöstheit und der Freude über den Plan anstecken lassend, fiel es Sirius Black leicht, unliebsame Gedanken und Erinnerungen dorthin zurückzustecken, wo sie hingehörten: in die tiefste Verbannung, die er in sich finden konnte.
 

~*~*~*~
 

Minerva McGonagall hatte in ihrem Leben schon vielen Gefahren und Schwierigkeiten ins Auge geblickt. Die Mutter früh verstorben, allein mit zwei Männern im Haus – ihrem Vater und ihrem jüngerem Bruder –, hatte sie schnell lernen müssen sich durchzukämpfen. Disziplin, Fleiß und ein eiserner Wille waren auf diesem Weg ihre ständigen und hilfreichen Begleiter gewesen; ein Weg, den die heutige Verwandlungs-Lehrerin immer noch bestritt. Die Schottin war also mit wahrlich vielen Wassern gewaschen.

Doch es gibt wohl Tage, an denen gerät auch der Härteste mal an seine Grenzen. Für gewöhnlich waren das die Momente, in denen es Minerva McGonagall mit vier „ganz besonderen“ Schülern ihres eigenen Hauses zu tun bekam: James Potter, Sirius Black, Remus Lupin und Peter Pettigrew – nie hatte die Lehrerin vier Namen schneller gelernt. Ihr erster Schritt in diese Schule hatte ausgereicht, um dem Chaos die Tür gleich mit zu öffnen! Die Hauslehrerin Gryffindors hatte nicht vergessen, wie zwei von den selbsternannten „Rumtreibern“ es noch am ersten Abend geschafft hatten, beinah ihren eigenen Rauswurf zu provozieren. Gut, die Lage hatte sich danach schnell geändert, und dennoch … Minerva überlegte bis heute, ob Albus’ Strafarbeit im Nachhinein nicht alles bloß verschlimmert hatte – aber der schmunzelte stets nur, wenn sie das erwähnte. Besser war es jedenfalls nicht geworden: Potter und Black als beste Freunde sorgten regelmäßig dafür, dass ihre grauen Haare weiter fröhlich sprossen.

Aber, wie dem auch sei, Dank fünf Jahren intensiver Dauerbeschäftigung mit vier Unruhestiftern konnte Minerva McGonagall inzwischen kaum mehr etwas schocken – trotzdem hatte das nicht verhindern können, dass sich Sorgen vor dem heutigen Abend in ihr ausgebreitet hatten. Zwar hätte sie diesmal nur Sirius Black bei ihr sitzen, doch war der trotz Potters reiner Weste (für einen einzelnen Tag) nicht allein. Melody Roberts würde ihm Gesellschaft leisten. Ein Mädchen, das ihr nun seit Jahren schon keinen Ärger mehr bescherte. Früher, ja früher war das einmal anders gewesen …

Die Professorin erinnerte sich noch gut an ein kleines, blondes Mädchen mit zauseliger Mähne und einem Lächeln, das sofort ihre inneren Alarmglocken hatte aufschrillen lassen: „Potentieller Störenfried“ riefen sie.

Dabei hatte doch eigentlich alles dagegen gesprochen: Sie war gut in der Schule – besonders ihrem eigenen Fach –, hatte sich mit einem Mädchen wie Lily Evans die richtige beste Freundin ausgesucht und störte auch so nicht den Unterricht. Zumindest eine gewisse Zeit nicht.

Minerva hätte es wissen müssen. Sie sah Schalk hinter den Augen von Störenfrieden schon aufblitzen, bevor der Schüler sich selbst über seine Rolle klar wurde. Und auch bei diesem Mädchen hatte er nur darauf gewartet … gewartet, dass Sirius Black vorbei kam.

Bei diesem Gedanken musste Minerva auch heute noch gestresst die Augen schließen. Melody Roberts und Sirius Black: Eine Mischung, die höchst explosiv war – im wahrsten Sinne des Wortes. Wobei die Lehrerin dem Glauben treu bleiben wollte, dass erst Black diesen gefährlichen Drang in ihr geweckt hatte. Den Drang, Regeln in höchstem Maße zu missachten.

Es hatte noch harmlos angefangen, mit einer Lappalie, die fast kein Schüler im Laufe seiner Karriere an dieser Schule unterlassen konnte: sie redete während des Unterrichts. Minerva hatte sie zurecht gewiesen, und an einen Einzelfall geglaubt. Doch dann hatten sich diese kleinen „Lappalien“ gehäuft. Mit Zetteln war es weiter gegangen, danach hetzte sie zu spät in den Raum hinein – Black an ihrer Seite. Lachend. Minerva ließ sie beide einen Strafaufsatz schreiben. Die Wirkung war allerdings ausgeblieben: Die Verstöße nahmen nicht in ihrer Häufigkeit ab, stagnierten nur auf einem gleichbleibend hohen Level antiautoritären Verhaltens.

Hinzugekommen waren schließlich die Beschwerden von Kollegen über ähnliche Auffälligkeiten. Doch als wäre das noch nicht genug gewesen, setzte das Mädchen selbst ihrer Karriere als „Störenfried“ noch die Krone auf: sie ließ sich mit Black bei einem absolut kindischem und unmoralischem Streich gegen ihren Mitschüler Severus Snape erwischen. (Minerva wusste sehr wohl, dass die beiden nicht die einzigen Hintermänner gewesen sein konnten, doch gegen gewisse andere Personen hatten ihr damals die direkten Beweise gefehlt.)

Schließlich war es also gekommen, wie es kommen musste und die beiden hatten vor ihr, genau an diesem Schreibtisch gesessen. Ein Tag, den Minerva am liebsten vergessen wollte, da sie schon nicht in der Lage war, ihn rückgängig zu korrigieren.

Alles war ruhig gewesen – wahrscheinlich zu ruhig, sie hätte es bemerken müssen. Ihre Sinne täuschten sie sonst nie.

Da machte sie den einen Fehler, sich fünf Minuten Abwesenheit zu erlauben, um gewissen menschlichen Bedürfnissen nachzugehen, von denen sich auch eine disziplinierte Minerva McGonagall nicht loseisen konnte. Als sie zurückkam, hatte sie dafür Merlins Kessel getroffen.
 

Minerva traute ihren Augen nicht. Fünf Minuten! 300 Sekunden, in denen sie ihr Büro sich selbst überlassen hatte … Jetzt erkannte sie es kaum wieder.

Der Schreibtisch war umgeschmissen worden, ihre Blätter und Pergamente segelten teilweise noch durch die Luft und der Boden glich einem See. Pitsche-patsche machte es bei jedem Schritt, die letzte Putzeinheit der Elfen war somit ganz umsonst gewesen.

Und mitten drin standen die beiden Missetäter dieses Chaos: lachend, die Zauberstäbe erhoben, sich gegenseitig mit schwebenden Wassereimern und Schwämmen nass spritzend. Sie hatten nicht mal gemerkt, dass die Lehrerin wieder da war – in den Trümmern ihres heiligen Arbeitsbereiches.

Minerva atmete heftig ein und aus, bevor sich ihr Mund öffnete.
 

Nie hatte Minerva McGonagall derart laut rumgeschrien. Nie in ihrem Leben hatten Schüler das gewagt in ihren Räumen zu tun! Bestimmt eine Viertelstunde hatte sie nur damit zugebracht, die beiden Gryffindors vor ihr zu Flubberwürmern zu verarbeiten.

Seit diesem Tag hatte sich die Hauslehrerin eigentlich geschworen, Melody Roberts und Sirius Black niemals wieder gemeinsam in einen Raum zu stecken.

Doch inzwischen hatte sich ihre Meinung geändert. Dinge hatten sich geändert – fünf Jahre waren nun mal eine lange Zeit. Und ihren einstigen Schwur zu brechen, war nun, was sie für das allerbeste hielt. Denn wer derartig unkollegial dauernd aufeinander losging – war es ja nicht so, als wäre diese Lehrerin taub für alles Hören-Sagen in der Schule, wie das die jungen Leute oft meinten – konnte keine andere Behandlung erfahren. Gemeinsame Strafarbeit hatte ja schon bei Potter und Black ein kleines Wunder bewirkt – nicht, dass sich Minerva unbedingt wünschte, noch so ein Pack wieder mehr zu haben.

Aber dann sah sie dieses Mädchen manchmal an … und erschreckte geradezu, wie sie sich entwickelt hatte. Der Unterschied zwischen ihrer kleinen Schülerin von einst und dem Teenager hätte nicht größer sein können. Was immer vorgefallen war, Minerva sah es für beide auch als eine von ihr gegebene Chance, sich endlich auszusprechen. Denn wahre Freundschaft, wie sie sie zwischen Sirius Black und Melody Roberts gesehen hatte, konnte nicht einfach so verschwunden sein. Etwas blieb immer übrig. Eine These, die sie sich auch selbst heute, an diesem letzten Tag der Strafarbeit, beweisen wollte.

Minerva schaute auf ihre magische Uhr an der Wand, deren Zeiger immer die exakte Uhrzeit verrieten. Sie hatte genau dasselbe Modell auch als Taschenuhr: die Umrandung in goldenem Messing gehalten, und nur ein schlichtes weißes Ziffernblatt mit römischen Zahlen im Innern. Das schätzte sie. Für anderen Schnickschnack hatte Gryffindors Hauslehrerin nichts übrig. Eine Uhr musste eben nur das, und nicht mehr als das können.

Der Minutenzeiger stand auf VI, demnach hätte sie noch eine halbe Stunde bis wenigstens einer von zwei Schülern einträfe (Es war hoffnungslos mit einem pünktlichen Sirius Black zu rechnen, was die Lehrerin jedoch nicht davon abhielt, ihn auch noch nach fünf Jahren dafür stramm stehen zu lassen – Ordnung musste sein.). Minerva zog ein säuberliches Pergament hervor. Sie hatte bereits alles für die Strafarbeit vorbereitet, da könnte sie sich in der übrig gebliebenen Zeit, noch einem anderem Problem zuwenden.

Der Brief war schon geschrieben, bloß überprüfte Minerva ein letztes Mal seine Korrektheit in Grammatik und Ausdruck, eine Angewohnheit, bei der sie sich gleichzeitig gut entspannen konnte. Sie empfand es einfach als sehr beruhigend, Texte zu korrigieren – wahrscheinlich war sie auch deswegen Lehrerin geworden.

Auf dem Umschlag, den der Brief in wenigen Minuten erhalten sollte, war bereits das Ziel vorgegeben:
 

Alastor Moody

Büro der Aurorenzentrale

Zaubereiministerium
 

Minerva hoffte, dass sie diesmal eine positive Antwort erhalten würde. Den ganzen letzten Monat hatte sie nun damit zugebracht, einen Brief nach dem anderen zu schreiben, immer mit derselben Antwort:
 

Alastor ist zurzeit auf einer wichtigen Mission unterwegs, das Datum seiner Rückkehr noch unbestimmt. Über Ihre Frage bin ich leider nicht befugt, Auskunft zu geben. Versuchen Sie es doch noch mal in einem Monat.

Mit freundlichen Grüßen, Andrew Potter
 

So leicht ließ Minerva sich nicht abwimmeln! Es konnte doch schließlich nicht sein, dass ein gesamtes Büro des Zaubereiministeriums keine Angaben über einen ihrer Auszubildenden zur Verfügung hatte. Wo war Figaro Garibaldi?

Minerva hatte immer noch sein Gesicht vor Augen, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Sie führte ein Gespräch mit Pomona, als er plötzlich neben ihr aufgesprungen und eiligen Schrittes einfach rausgelaufen war – das Gesicht blass geworden wie das eines normalen Engländers. Anderen hatte sie zwar auf Nachfrage später erzählt, dass ihm unwohl gewesen sei, aber in diesem Fall war das fast eine Lüge. Denn sein Verhalten musste in Wahrheit etwas mit dem Brief zu tun gehabt haben, den sie noch Minuten zuvor in seinen Händen gesehen hatte.

Wirklich beunruhigt war die Lehrerin aber erst, als auch Albus ihr nichts zu sagen vermochte. Er hätte nur ein kurzes Schreiben erhalten, in dem Professor Garibaldi darum bat, kurzfristig unbezahlte Beurlaubung zu erhalten. Albus ernstes Gesicht und die zusammengelegten Fingerspitzen kündeten dabei von Sorge – so viel hatte sie inzwischen an ihm durchschaut.

Ein Monat war nun vergangen, in dem niemand etwas von ihm gehört hatte. Allmählich wechselte Verärgerung Minervas Sorgen ab. Wenn dieser Junge keine Lust mehr hatte, an Hogwarts weiter zu unterrichten und stattdessen auf seine Abenteuerreisen mit Alastor Moody ging (denn das war ihr Verdacht), sollte er zumindest den Anstand besitzen, dies mitzuteilen! Minerva hatte Albus gewarnt. Vor ihm und Ludovic Bagman – letzteren hatte sie selbst noch als einen äußerst faulen Schüler kennen gelernt, der sich irgendwie zu seinem Abschluss durchgewurschtelt hatte. Beide würden sich nicht zum Lehrer eignen, hatte sie gesagt. Ludovic, weil er offenkundig nicht zum Vorbild für die Kinder taugte – und bei Garibaldi dasselbe, neben diesem komischen Gefühl, dass Minerva von Anfang an bei ihm gehabt hatte. Da spielte auch eine Ausbildung im Ministerium für sie keine Rolle. Nicht jeder spätere Auror war schließlich auch ein guter Lehrer.

Minerva beendete ihr Korrekturlesen und faltete den Brief sorgfältig zusammen, bevor sie ihn in den Briefumschlag steckte. Wenn ihr Bruder nur da wäre, könnte sie einen einfacheren Weg gehen, schließlich arbeitete er im selben Büro wie Alastor Moody und Figaro Garibaldi. Nur war Marcus McGonagall im Moment ebenfalls auf wichtiger Mission irgendwo in Siebenbürgen: die Vampire machten mal wieder Probleme und das Ausland hatte Hilfe angefordert.

Dann muss es eben der lange Weg sein! Und wenn Minerva noch fünfzehn Briefe würde schreiben müssen, sie würde nicht eher Ruhe, bevor sie eine zufriedenstellende Antwort bekam.

Ein weiterer Blick zur Uhr verriet ihr, dass sie noch gut fünfzehn Minuten hätte. Das wäre ausreichend. Minerva machte sich auf den Weg zur Eulerei. Ein Problem wäre damit angegangen … und das andere würde sie gleich noch heute Abend lösen. Das glaubte jedenfalls Minerva McGonagall.
 

~*~*~*~
 

Zum wiederholten Male blickte Sirius zuerst auf das Stück Pergament vor ihm, dann erneut hoch zu seiner Hauslehrerin. Was sollte das werden? Sie ließ sie doch niemals mit einer einfachen Aufgabe, wie Sätze schreiben davon kommen! Das war schließlich ihre letzte Strafarbeit zusammen, und man konnte sich darauf verlassen, das Gonni eine solche Stunde immer etwas Besonderes werden ließ. Etwas besonders Unangenehmes für den strafarbeitenden Schüler.

„Nun, wie Sie sehen, werde ich zum Abschluss heute, einen gänzlich anderen Weg mit Ihnen beiden einschlagen.“

Allerdings! Bis jetzt hatten sie beide schließlich nur schuften dürfen: ob Professor Sprouts eigenwillige und heimtückische Pflanzen umtopfen oder die Scheiße anderer Schüler aus den Klos zu kratzen – Gonni hat mit ihnen das gesamte Programm durchgenommen (Sirius kannte sich da ja aus …). Am besten war ihre letzte Aufgabe gewesen: vier Sitzungen, in denen sie unter Filch’ kritischen Augen den Boden in der großen Halle geputzt hatten – mit Zahnbürsten! Gab es eine größere Sisyphosarbeit? Denn nach der nächsten Mahlzeit hatte spätestens hunderte von Füßen dafür gesorgt, dass Sirius nicht mehr wusste, welchen Teil er überhaupt geschrubbt hatte. Aber wenn der arme Hausmeister Hogwarts’ noch immer keine Erlaubnis zur Folter bekam, musste er die Schüler wohl wenigstens ein bisschen quälen dürfen.

„Doch, wenn Sie sich daran erinnern, wie Sie hier gelandet sind, wird sicher auch Ihnen einleuchten, dass körperliche Ertüchtigung in diesem Fall von wenig nutzen ist.“

Und wozu hab ich dann auf den Knie gehockt und mir Blasen durch eine Zahnbürste zugefügt?! Sirius hatte schließlich ein paar Tage nur deswegen unter Schmerzen Gitarre spielen können! Madam Pomfrey hatte ihn wegen so einer Kleinigkeit ja nicht behandeln wollen:

„Strafarbeit ist Strafarbeit, Mr Black! Da müssen Sie halt jetzt durch.“

Sirius glaubte, dass die in Wahrheit einfach spitz gekriegt hatte, dass er an Roberts’ „Verschwinden“ nicht so ganz unschuldig gewesen war …

„Also, ich lasse Sie heute ein Resümee ziehen: Sie schreiben mir auf, was Sie aus dieser gemeinsamen Strafarbeit gelernt haben und warum ein ähnlicher Vorfall nicht wieder eintreten wird.“

Sirius starrte seine Hauslehrerin gequält an.

„Na los, fangen Sie an!“, forderte diese jedoch erbarmungslos. „Ich erwarte, dass zum Ende der Zeit ihr Pergament voll ist.“

Unmotiviert griff Sirius nach seiner Schreibfeder. Schreiben, uägh! Sehr viel schreiben – noch schlimmer! Der Blackspross erinnert sich an viele unsinnige Aufsätze, die er bereits hatte machen müssen (wenn Moony – in seiner mütterlich besorgten Art – das nicht schon erledigt hatte, weil Sirius sich mal wieder bis Toresschluss rumdrückte). Wie hatten ihn diese Dinge bisher weiter gebracht?

Aufschreiben war überflüssig. So sah das Sirius auch bei seinen Hausaufgaben. Warum sollte er irgendwas lang und breit über Metern von Pergament erklären, wenn er es doch schon wusste? Zwar würde es Sirius grundsätzlich nicht schwer fallen, Sätze und Antworten in seinem Kopf zu finden, bloß … fühlte er eben absolut keinerlei Motivation, diese zu notieren. Es er schien ihm einfach sinnlos, so viel Energie da reinzustecken.

Aber es musste wohl sein. Heute kam er nicht dazu, sich zu drücken – und Moony war weit und breit nicht zu entdecken.

Wenn wenigstens Krone hier wäre …

Es war einfach aufbauend, wenn der beste Freund neben einem saß und mit Blicken deutlich zu verstehen gab, wie sehr ihn diese Prozedur ebenfalls quälte.

Sirius warf einen kurzen Blick nach rechts. Erstaunlicherweise saß Melody Roberts sogar genauso unbegeistert neben ihm, wie er wohl gucken musste. Die Feder lag zwar in ihrer Hand, doch das Pergament erhielt keine Buchstaben, nur ihren starrenden Blick.

Noch jemand, der keine Ahnung hat …, freute es insgeheim Sirius diebisch.

Da änderte sich die Szenerie. Plötzlich kam Leben in seine Nachbarin. Ihr Gesicht verzog sich kurz zu einem grimmigen Lächeln, dann legte sie auch schon los.

Sirius starrte auf sein eigenes leeres Blatt zurück und wurde sich mehr denn je bewusst, von seiner Hauslehrerin auf jeden Wimpernschlag beobachtet zu werden. Merlin, konnte die nicht mal wenigstens fünf Minuten aufs Klo verschwinden?

Sirius verstand ja nicht, was die hatte. Selbst Krone und ihn ließ sie im Pokalzimmer allein. Aber ihn und Roberts? Keine Chance. Die ganzen Strafarbeiten über, waren sie beide nicht ein einziges Mal unbeobachtet geblieben. Als würde jeden Moment sonst eine Bombe hoch gehen oder so was … Das allein hatte Sirius ziemlich die Tour vermiest! Dabei hatte er die Strafarbeiten doch so schön eingeplant gehabt, um Phase 2 einzuleiten und sich kräftig weiter zu Roberts’ Höschen vorzuarbeiten. Aber davon war er ja sowieso noch weit entfernt …

Er wusste nicht, was falsch lief, aber seine gesamte Charme-Offensive schien nichts zu nützen! Bei Roberts, so sah es aus, kämpfte man auf verlorenem Posten, noch bevor man angefangen hatte. Da riss er sich am Riemen, war freundlich wie nie zu ihr, dass er es selbst nicht glauben konnte, dass das Sirius Black war – und was bekam er dafür? Einen komischen Blick. In zwei Varianten. Und beide konnte er nicht deuten!

Und als er noch einen Schritt weiter gegangen und in Wahrsagen nicht nur freiwillig ihr Partner geworden war (er hatte Krone den halben Morgen dafür erklären müssen, dass er deswegen nicht aufhören würde, sein bester Freund zu sein), sondern sie sogar offen angemacht hatte – war was passiert? Nichts. Überhaupt nichts. Ach ja, bis auf eine Reihe dieser komischen Blicke wieder. Sirius begann sie langsam zu sammeln.

Was funktionierte bei Roberts nicht richtig? Er sah gut aus und war charmant zu ihr. (So charmant wie er jedenfalls vorspielen konnte.) Jedes Mädchen würde sofort darauf reagieren! Nur sie … sie tickte einfach nicht richtig! Sirius hatte es doch schon immer gewusst. Wer weiß, vielleicht lag er mit seiner These gar nicht so falsch, dass sie über keinerlei Gefühle verfüge.

Sirius starrte erneut zu ihr. Ihr Pergament hatte sich bereits gut mit Wörtern gefüllt. Wieder glitt sein Blick auf sein eigenes leeres zurück. Sirius kniff die Augen zusammen, deutlich nahm er das stetige Kratzen ihrer Feder wahr, als wäre es eine Herausforderung …

Pah, wenn sie dachte, er würde wie ein literarischer Volltrottel hier neben ihr sitzen bleiben, irrte sie sich aber gewaltig! Der Rumtreiber griff nach seiner Feder und tauchte die Spitze ins Tintenfass. Ihm würde schon was einfallen … Seine Augen wanderten wiederum zu Roberts. Irgendwas Nettes würde ihm einfallen … Und mal sehen, ob sie dann noch immer so gleichgültig bleiben konnte, wie die letzten Wochen.
 

„Die Zeit ist um. Legen Sie Ihre Feder bitte weg, Mr Black. Ich bin mir sicher … dass es genügen wird, das zu hören, was sie uns zu sagen haben.“

Sirius blickte auf mit dem charmanten Lächeln, von dem er wusste, dass es auch seine Hauslehrerin nicht ganz unberührt ließ. Die Professorin rückte die Sachen auf ihrem Tisch neu zurecht. Ha! Es funktionierte einfach immer.

Sirius warf kurz einen letzten überfliegenden Blick auf seinen Text zurück. Gonni dachte bestimmt, er hätte nicht gerade nette Sachen geschrieben – aber der Black-Spross musste sich geradezu selbst die Hand schütteln, wie freundlich ihm seine „Meinung“ zur Strafarbeit gelungen war. Freundlich schleimig. Es schien ihm fast etwas zu dick aufgetragen.

„Miss Roberts, da sie als erste fertig waren, fangen Sie doch bitte an: Was haben Sie aus dieser Lektion gelernt?“

Die Angesprochene griff mit demselben Lächeln, das er auch zu Beginn ihres plötzlichen Schreibwahns gesehen hatte, zum Text:

„Wenn ich eins bei der ganzen Sache gelernt habe, dann dass mir Blacks derartige körperliche Nähe bei einer Strafarbeit so zuwider ist, dass ich mich nie wieder auf sein Kindergartenniveau herablassen werde, um mich mit ihm streiten zu können. Es ist auch generell viel zu anstrengend, da man sehr langsam und einfach sprechen muss, um von ihm verstanden zu werden und gleichzeitig sein affenähnliches Gebären zu ertragen hat.

Von daher wird ein öffentlicher Streit von meiner Seite bestimmt nicht wieder vorkommen, doch ich möchte noch mal betonen, dass auch die Situation, die die jetzige Lage herbeigeführt hat, ganz allein ihm zu verdanken war. Ich habe nur Selbstverteidigung geübt.

Aber demnächst gelobe ich mehr rücksichtig auf Blacks zurückgegebliebenen Verstand und seine schwere Kindheit zu nehmen. Schließlich bin ich mir fast sicher, dass das allein daran Schuld ist, dass er den ganzen Tag so viel verbalen Nonsens von sich gibt.“

Roberts blickte auf. Ein leichtes Lächeln verbarg sich in ihren Mundwinkeln. Sirius’ Hände umspannten derweil die Lehnen seines Holzstuhls, dass die Knöchel weiß hervortraten. Und Professor McGonagall saß farblos geworden auf ihrem Stuhl. Es wirkte, als hätte sie noch nie etwas erlebt, was sie mehr schockiert hätte.

„Miss Roberts … bei allen guten Geistern Hogwarts’ – ich hoffe inständig, dass das nicht Ihr Ernst war!“

Doch die blonde Gryffindor lehnte sich geradezu stolz zurück und verschränkte die Arme:

„Was? Sein affenähnliches Gebären ist wahr, auch wenn ich zugeben muss, dass er darin von Potter übertroffen wird. Nur fuchtelt der mehr wie ein Schimpanse, wo Black hier Gorilla-Gene abzubekommen haben scheint.“

Das alles erzählte sie in einem viel zu normalen Tonfall, als säße sie nicht neben ihrer strengen Hauslehrerin, deren Stirn langsam rot anlief und einem schnaufenden Sirius. Der musste sich nämlich immer stärker unter Kontrolle halten, in dem er sich so tief wie irgend möglich in seinen Stuhl presste.

Ich werde sie nicht strangulieren. Ich werde sie nicht strangulieren …, wiederholte der Black-Spross behäbig in seinem Kopf.

„Miss Roberts!“, die Stirnfarbe ihrer Professorin verteilte sich nach und nach über ihr gesamtes Gesicht. „In meiner ganzen Laufbahn an dieser Schule – und ich hatte es nun schon einige Jahre mit Mr Black und seinen Freunden zu tun –, ist mir nicht ein einziges Mal ein derart stures, unhöfliches Gebaren unter die Augen getreten! Was erlauben Sie sich überhaupt?!“

Melody Roberts zuckte nicht auf ihrem Stuhl. Nicht mit einem einzigen Glied.

„Ich habe eben nur die Wahrheit gesagt. Ich kann Black leider nicht ausstehen. Mag sein, dass ich damit zu einer Minderheitspopulation des weiblichen Geschlechts an dieser Schule gehöre, aber Strafarbeit ändert nichts an seiner Idiotie. Ich verspreche nur, mir mehr Mühe zu geben, sie zu übersehen!“

„Sie bockiges Kind!“, knallte die McGonagall mit der Faust auf den Tisch. „Aber schön, wenn Sie es so wollen …“, ihr Blick fixierte kurz Sirius, der mehr denn je damit beschäftigt war, seine Mordphantasien auch Phantasien bleiben zu lassen. „Mr Black, Sie können Ihren Aufsatz von mir aus zerreißen!“

„Was?!“, gab ein brüskierter Sirius von sich. Immerhin hatte er wirklich Kraft in diesen Schleimaufsatz reingesetzt.

„Sie haben mich schon richtig verstanden! Da Miss Roberts ja der Ansicht ist, dass sie beide immer noch nicht Frieden schließen können, werde ich Ihnen wohl weitere Chancen dazu geben müssen!“

Sirius schluckte.

„Aber …“

„Ruhe!“ Er verstummte abrupt. Merlin, wann war Gonni das letzte Mal so rasend gewesen?

„Ich weiß noch nicht genau, was, aber stellen Sie sich darauf ein, nach den Weihnachtsferien in ihrer Freizeit Zusatzbeschäftigung zu erhalten. Und wenn ich nicht genug zu tun hätte, als mich mit ihrem kindischem Verhalten – Ja, Ihrem ganz besonders Miss Roberts! – dauernd auseinanderzusetzen, würden Sie schon in der Weihnachtszeit schuften! Ich hoffe stattdessen, Sie beide nutzen die Zeit, um über meine folgenden Worte einmal gut nachzudenken: Es ist mir vollkommen gleich, weswegen Sie sich streiten, aber Gryffindor ist ein Haus des Zusammenhalts und der Kollegialität! Das sollte Ihnen längst klar sein. Und vielleicht erinnern Sie sich bei Gelegenheit auch einmal, wie zwei meiner Schüler vor vielen Jahren genau dieses Büro zum Spaß in Trümmer gelegt haben. Ja, ich meine Sie zwei!“, knallte sie es ihnen ins Gesicht, als beide genau gleichzeitig demonstrativ wegschauten. Sirius umklammerte wiederum fest seine Holzlehnen.

„Herr Merlin!“, gab die Professorin entnervt von sich. „Es kann doch nicht wahr sein, dass sie beide alles schon begraben haben!“

Und ob!, dachte Sirius stur.

Nein, er wusste nicht, wovon Gonni redete. Wollte es nicht wieder wissen. Kurz wanderte sein Blick zu seiner Nachbarin. Für einen Moment musterte sie ihn ebenfalls aus den Augenwinkeln heraus. Plötzlich konnte auch Sirius’ Sturheit nicht verhindern, dass er etwas hörte, was nie mehr wieder hören wollte:
 

„Sirius, was tust du da?“

„Ich erobere meine Freiheit zurück.“

„Du stehst auf Gonnis Schreibtisch.“

„Kleines, das nennt man offene Rebellion, das bedeutet Freiheit!“

„Hast du vorhin wieder diesen komischen Pudding in dich reingestopft?“
 

Nein! Sirius’ Körper spannte sich an, die Augen wurden schmal. Er wollte das nicht! Und was er nicht wollte, wurde aus seinem Kopf verbannt.

Abrupt kehrte die Stille in seine Gedanken kehrte zurück. Mit derselben Verbohrtheit wie zuvor, konzentrierte Sirius sich wieder auf seine Lehrerin.

„Denken Sie über das nach, was ich Ihnen gesagt habe. Und nun … gehen Sie beide, dass ich Sie heute Abend nicht mehr sehen oder weitere disziplinarische Maßnahmen ergreifen muss!“

Gonnis Blick war mehr als eine Aufforderung schnell zu verschwinden, da verließ selbst der leicht zornige, leicht sture Sirius sehr schnell freiwillig seinen Platz. Draußen angekommen, war die Luft eindeutig schon besser zu atmen – nur kühlte sie sein Gemüt nicht ab. Sirius drehte sich um – sie war mit einem zackigen Schritt, der es äußerst eilig zu haben schien, bereits etliche Meter voraus. Zuerst folgte ihr nur sein dunkler Blick hinterher, dann setzten sich Sirius’ Beine ebenso rasch auf ihre Spur. Er hatte noch kein einziges Wort ihres Aufsatzes vergessen. Und Sirius war nicht nur wütend darüber, dass es ihm zusätzlich Strafarbeit einbrachte, nein, noch viel mehr ärgerte ihn, dass seine ganze Arbeit über die Wochen wohl tatsächlich umsonst geblieben war: sie konnte ihn nach wie vor nicht ausstehen. Kein bisschen. Wie hatte er nur je glauben können, das würde sich ändern?! Sirius fing ehrlich an, diese dumme Wette zu bereuen.

Beim Portrait der fetten Dame konnte er sie schließlich einholen. Was kein Wunder war – denn die dicke Frau im rosa Kleid war gar nicht da. Vermutlich wieder einen ihrer Trinkausflüge mit ihrer Freundin feiern gehen. Sirius war das im Moment herzlich egal.

„Sag mal, spinnst du, Roberts?!“, brüllte er sie an. Über so einen langen Weg von Gonnis Büro bis zu ihrem Turm, hatte sich reichlich Wut zusammensammeln können.

Er erntete einen unbeeindruckten Gesichtsausdruck.

„Wegen dir hab ich jetzt schon wieder Strafarbeit an der Backe! Meinst du nicht, ich hab was Besseres zu tun, als mit dir zusammen irgendwo zu schuften?!!“

Sie erwiderte gar nichts. Aber fast schien sie lächeln zu wollen.

„Hör auf so dämlich zu gucken! Konnte dir nicht was Besseres, Netteres einfallen? Etwas, was Gonni vielleicht nicht gleich auf die peitschende Weide bringt?!“

„Was?“, sie lachte auf. „Hätte ich etwa rumschleimen sollen, wie sehr ich dich jetzt mag – dass ich am liebsten gleich Sex in der nächsten dreckigen Besenkammer mit dir möchte? Nein, danke, Black!“ Angewidert verzog sie das Gesicht. „Strafarbeit mit dir ist scheiße, aber meine Würde bedeutet mir etwas. Außerdem brauchst du nicht so zu tun, als hättest du was Nettes über mich geschrieben. Ich hab dein dämliches Grinsen beim Schreiben bemerkt!“

„Roberts“, Sirius war wieder gänzlich beim alten Ton vom vorigen Monat angekommen, „es ist nicht meine verdammte Schuld, wenn du hinter jedem Lächeln gleich ein abgründiges Grinsen vermutest. Misanthrop!“

„Und es war nicht meine Schuld an diesem blöden Morgen, dass wir überhaupt in diese beschissene Lage gekommen sind. Arschloch!“ Sie betonte die zwei Silben des letzten Wortes überdeutlich.

„Halt einfach dein Maul!“, brüllte Sirius zurück. „Es hat uns heute schon genug Schwierigkeit eingebracht, Miststück!“

„Das hättest du wohl gern, Adonis!“ Sie reckte ihm ihr Gesicht unbeugsam entgegen.

So wurde aus einem Wortduell ein Gefecht der Augen. Und wer zuerst Blinzeln würde, hätte verloren.

„Tatze?“, kam ein Gähner von der Seite.

Beide Kontrahenten blinzelten gleichzeitig irritiert Richtung fette Dame.

„Und Roberts! Wusst ich’s doch, dass ich eure zarten Stimmlein gehört habe!“

James Potter grinste ihnen breit aus dem Portraitloch hängend entgegen.

Auf einmal wurde Sirius etwas bewusst. Ein dunkler Gang – die fette Dame – allein – nur sie – so nah bei ihm. Und nun auch noch James Potter, der aus einem Portraitloch guckte … Ohne seine Füße zu bewegen, suchte er wieder ein Paar dunkelblauer Augen. Zufällig drehte auch sie genau in diesem Moment ihren Kopf zurück, und … nichts. Da war einfach nichts.

Natürlich ist da nichts! Was sollte da auch schon sein, außer Hass, Abscheu und Ekel!, nickte ein innerer Sirius ihm zu.

„Was macht ihr eigentlich noch hier draußen?“, ließ Krone unter einem weiteren Gähner seinerseits als Frage erklingen.

„Was wohl?“, erklangen Roberts’ sarkastische Töne. „Die fette Dame kippt sich wieder mal einen hinter die Binde, und Black spielt Gorilla, dem man die Banane geklaut hat!“

Ein Nerv zuckte in Sirius. Aber er musste lernen, seine Contenance wieder zu bewahren. Er wollte diese Wette gegen Bellatrix um jeden Preis gewinnen! Auch wenn er dafür seine Würde eine Weile unter den Tisch kehren müsste – am Ende würde er schließlich als Sieger dastehen. Und das Miststück wäre gebrochen.

„Aber nur, weil Roberts sich anscheinend nicht mehr von mir trennen mag und nun Gonni dazu angestiftet hat, uns aneinander noch näher zu bringen!“

Sie dreht sich zu ihm um. Sirius schaffte es sogar ein ansprechendes Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern – dafür erntete er allerdings dasselbe wie immer. Roberts guckte nur eigenartig, fast als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank.

„Potter, bring deinen Kumpel in die Küche, ich glaube sein Hunger frisst ihm gerade das eigene Gehirn weg!“ Und damit wandte sie sich um, und drängte sich an ihrem Quidditchkapitän vorbei ins Portraitloch.

„Eigentlich keine schlechte Idee“, kratzte sich sein Freund am Kinn. „Ich hatte sowieso plötzlich Appetit auf Schokokekse … Was ist Tatze, kommst du?“ Lief Krone prompt auch schon los.

Sirius’ Beine hatten ihm allein beim Wort Schokokekse sofort folgen wollen, aber …

„Ach, nee, lass mal!“, winkte er eiligst ab und machte sich ebenfalls auf Richtung Portrait-Loch. „Aber bring mir ein paar mit, sonst muss ich Wurmschwanz wieder beklauen!“

Sirius sah noch die ungläubig großen Augen seines Freundes, ein Essensangebot ausgeschlagen zu haben, ihm hinterherstarren, aber Sirius hörte hier auf ein Gefühl. Und das sagte ihm, dass er schleunigst einem blonden Mädchen folgen sollte …

„Hey, Roberts!“, rief Sirius, als er sie schon im Begriff sah, die Treppen zu erklimmen. „Willst du nicht noch Gute Nacht sagen, schließlich werden wir demnächst so viel Zeit miteinander verbringen, da sollten wir schon mal an unserer Beziehung arbeiten, findest du nicht?“, kam ihm die Frage geradezu neckisch über die Lippen.

Sie blieb stehen. Spannte die Schultern an.

„Black, hör lieber auf! Ich bin müde und genervt von Zeit mit dir. Also, halt deine große Klappe, wenn du nicht willst, das meine Faust dir gleich Gute Nacht sagt!“

Junge, sie kam ihm tatsächlich etwas gereizt vor. Aber Sirius störte das nicht, nein, er grinste sogar. Plötzlich fühlte er sich sehr überlegen.

„Ach, ein Gute-Nacht-Kuss würde mir schon reichen …“

„Black, was soll das?!“

Sie hatte sich urplötzlich umgedreht und schaute ihn finster an. Er kannte diesen Blick bereits zur Genüge. Das war der andere eigenartige Ausdruck in ihren Augen, den er bisher nicht zu deuten vermochte. Doch das hielt Sirius nicht davon ab, seine kleine Neckerei fortzusetzen. Dafür machte es gerade zu viel Spaß.

„Was denn Roberts, bist du etwa so scheu wie –“

„Hör endlich auf! Ich weiß nicht, was das soll! Ich weiß nicht, was dieser ganze Quatsch seit Wochen soll …“ Beim letzten Satz war sie immer leiser geworden. Anscheinend hatte sie ihn gar nicht laut aussprechen wollen. Aber Sirius hatte zugehört. Und Sirius hatte verstanden. Endlich verstanden.

„Geh einfach schlafen und wach nicht wieder auf Black. Nie!“, spie sie ihm wütend ins Gesicht. „Damit hättest du der Welt wenigstens einmal etwas Gutes getan!“ Sie drehte sich um und stapfte vor ihm die Treppen zu den Mädchenschlafsälen hoch.

„Oh, ich wünsche dir auch süße Träume, Roberts!“, warf er ihr hinterher.

Eine Tür knallte. Sirius lächelte.

Oh ja, träum süß … von mir! Oder wie ich dich verwirre …

Sirius konnte eigentlich nicht glauben, wie einfach des Rätsels Lösung war. Aber er hatte sie soeben aus ihrem eigenen Mund vernehmen können.

Und die ganzen Wochen hatte er geglaubt, kaum Wirkung auf Roberts gehabt zu haben! Jetzt wusste er, was los war. Sie war von seinem Verhalten irritiert. Verstand gar nicht, was da geschah. Im Prinzip benahm sie sich damit auf ihre eigene Weise nicht anders als ein Mädchen, das zum ersten Mal von einem Jungen angeflirtet wird. Tja, sie war eben doch noch äußerst jungfräulich

Vielleicht sollte er das mal ändern. Oh ja, Sirius hatte im Gefühl, dass es dringend Zeit war, Phase 2 einzuleiten.

Zieh dich schon mal nicht zu warm an, Roberts …, grinste Sirius Black in die Dunkelheit des Gemeinschaftsraumes hinein. Jetzt begann das Spiel erst wirklich.
 

~*~*~*~
 

„Und? Wie weit sind wir?“, fragte eine Stimme. Der dazugehörige Mann stand am Fenster und schien hinauszuschauen.

Die angesprochene Person, die soeben durch die Tür getreten war, kniete trotzdem ehrerbietig nieder.

„Mein Lord, Eure Botschaft ist soeben übermittelt worden. Alles ist zu Eurer Zufriedenheit verlaufen.“

Der Mann vom Fenster sah immer noch durch eben dieses hinaus.

„Das sind Neuigkeiten, die ich hören wollte. Gut, ihr habt Euren Meister nicht enttäuscht.“ Ein leises, hohes Lachen brach sich durch die Stille des Raumes. „Schon Morgen sollen Sie es alle wissen …“ Das Lachen wurde lauter. Aber es füllte den Raum nicht mit Glück oder Fröhlichkeit. Seine Sprache redete bloß von einer grausamen Zufriedenheit.

„Mein Lord, es gibt da nur eine Sache …“

„Was?“ Das Lachen brach abrupt ab. Nun war der Ton scharf wie ein Messer.

Der Mann auf dem Boden versuchte seine zitternden Hände zu verbergen.

„Es ist keine große Sache, Herr …“

„Wenn es so ist, warum kann ich deine stinkende Angst sogar hier vorn noch riechen?“, kam es gefährlich ruhig. „Sag deinem Herrn die Wahrheit!“

„Wi-wir haben bloß den Tag verwechselt, mein Lord! Die Familie war nicht da, aber das Haus ist–“ Grünes Licht erfüllte den Raum, ein Körper kippte unter dumpfen Aufschlag zur Seite. Stille erfüllte erneut den Raum.

Der Mann am Fenster ließ den Zauberstab ungerührt zurück in seine Tasche sinken. Einzig eine Prise Wut erfüllte ihn – ansonsten herrschte die eisige Gleichgültigkeit, mit der er schon geboren wurde.

„Avery“, sagte der Mann. Sofort war rasches Fußgetrappel draußen zu hören. Ein weiterer Diener betrat den Raum.

„Räum das da weg, und dann schick ihn herein. Er soll mich über die Lage informieren – und diesmal will ich wirkliche Fortschritte sehen!“

„Ja, mein Lord“, murmelte der Mann namens Avery kleinlaut.

„Was sagtest du?“ wurde es ruhig gefragt.

„Sofort, mein Lord!“, wiederholte Avery lauter.

Schon nach kurzer Zeit schloss sich die Tür ein drittes Mal in dieser Nacht. Die Stille zog in den Raum zurück. Doch jetzt hatte sich etwas über sie gelegt: das Geräusch des Todes.

Der Mann am Fenster schien erneut die Landschaft außerhalb zu betrachten. In Wahrheit hatte er die vegetationsreiche Welt um seinen Aufenthaltsort noch nie wahrgenommen. Er wüsste sie auch gar nicht zu schätzen. Seine Gedanken galten allein Dingen, die mit Macht zu tun hatten – und dem Streben nach derselbigen.

Sein Diener war dabei nur ein Hindernis auf diesem Weg gewesen: Er hatte es beiseite geräumt. Die schwachen Glieder mussten aussortiert werden – der erneute Patzer hatte nur den Anlass geliefert.

Es ärgerte ihn immens, dass er diesem Schwachkopf überhaupt einen derart wichtigen Auftrag übergeben hatte. Nun war alles zunichte. Der Moment war verpasst. Er müsste sich wieder gedulden, erneut auf die Lauer legen.

Der Türknauf wurde gedreht. Wenigstens der nächste sollte gute Nachrichten mitbringen – denn wenn dieses Vorhaben scheitern sollte, wäre er wirklich verärgert! Zu viel Zeit hatte er gerade dorthinein investiert.

Jemand betrat den Raum. Der Dunkle Lord drehte sich vom Fenster weg. Zum ersten Mal an diesem Abend. Sein fähigster Diener kniete vor ihm, mit dem gleichen Feuer glühender Verehrung in den südländischen Augen wie am Tag seines Treueids.

„Nun, erzähl mir, wie laufen die Dinge … in Hogwarts?“

Die Sache mit der Freundschaft und der Liebe

Kapitel 19 – Die Sache mit der Freundschaft und der Liebe
 

«O tacitum tormentum animi conscientia! »

Welch stille Folter ist ein schlecht’ Gewissen!

Publilius Syrus (1. Jh. v. Chr.), römischer Mimen-Autor
 

Sonntag, der 30. November 1975
 

Liebes Tagebuch,
 

Mein Plan geht gut voran. Ich habe im letzten Monat so einiges recherchieren können, und bin nun zuversichtlicher denn je, dass mein Vorhaben gelingen wird. Die Jungs werden Augen machen! Ich konnte zum Glück alles vor ihnen verbergen – was mich im Moment aber nicht allzu sehr verwundert. Krones Kopf ist die meiste Zeit mit Quidditchtaktiken zum nächsten Spiel beschäftigt, Wurmschwanz gehört normal schon nicht zu den aufmerksamsten Personen und Tatze – er ist einfach komisch.

Ich kann es wirklich nicht erklären, nicht mal benennen. Aber mein siebter Sinn (und dieser hat mich bis jetzt nie getäuscht, ist er doch aufgrund meines „Zustands“ wohl ausgeprägter als bei anderen) flüstert immerzu, dass da etwas gewaltig faul ist. Nun, es wäre ja nicht das erste Mal …

Aber – ja, wieder ein ABER – ich habe dieses Mal wirklich böse Vorahnungen! Irgendwas geht hinter dem Dickschädel vor, was ich noch nicht zu entdecken vermochte. Ich weiß es einfach. Das augenscheinlichste Indiz ist schon mal das, dass Sirius sich besonders locker mir gegenüber verhält.

Nein, er hat keine Probleme.

Nein, es gibt nichts Bestimmtes, worüber er reden will.

Nein, im Moment geht’s ihm einfach super. Und dann verwickelt er mich jedes Mal in ein belangloses Gespräch über wahlweise das nächste Quidditchspiel, Vollmond oder Rumtreiberscherze.

Er mag ja ein guter Schauspieler sein – doch ich kenne ihn zu lang, als hätte ich seine einstudierte Rolle (für solche Gelegenheiten) nicht bereits durchschaut. Was versucht er vor mir zu verbergen?

Es gibt übrigens noch ein weiteres Anzeichen, eines, auf das mein siebter Sinn noch heftiger reagiert: Sirius geht nicht mehr aus. Jedenfalls nicht mit Mädchen.

(Was die Gerüchteküche momentan beflügelt! Ich weiß nicht, wie viele Leichtgläubige mich schon auf dem Flur böse angeschaut haben oder gar offen ansprachen, ich solle mich gefälligst von Sirius fern halten, da er nun mal zu James gehöre. Wieso glauben die Leute eigentlich jedem dummen Gerücht, wenn es besagt, einer der Rumtreiber sei schwul? Und wieso betrifft das so oft Sirius und mich??)

Natürlich zieht Tatze noch immer gern mit Krone umher, Snape das Leben schwer zu machen – oder einem anderen Slytherin, Mitschüler, irgendwem, den er nicht mag. Oder macht einen nächtlichen Ausflug zu Rosmertas Kneipe. Aber seine kleinen „Abenteuer“ haben nachgelassen. Dafür brauche ich ihm nicht rund um die Uhr zu folgen, um dessen gewiss zu sein. Sirius prahlt sonst nämlich gern, und erwähnt jedes Detail noch so laut und deutlich, das ich nie habe wissen wollen. Aber so ist er halt. (Normalerweise.)

Oder hat er sich vielleicht geändert? Hat er gemerkt, dass ihm Sex nicht genug ist? Gar ein Mädchen gefunden, das er wirklich erobern will, das für ihn mehr ist als nur ein Zeitvertreib? Vermutlich nicht.

Ich sollte diese Fragen wieder streichen: Sirius wird sich nie ändern. Nie. Lieber sollte ich mir Gedanken darum machen, was wirklich hinter all dem steckt. Ich war in letzter Zeit einfach zu unaufmerksam. Doch da nun die Weihnachtszeit ansteht, werde ich wieder versuchen ihn ganz besonders im Auge zu behalten. Denn für gewöhnlich ist dies jedes Jahr der Punkt, an dem ich Mitleid für meinen Freund haben möchte – wenn er das selber nicht alles so furchtbar „geil“ finden würde. Ja, Weihnachtszeit, das bedeutet für Sirius Black nur drei gute Dinge: Essen, Geschenke und Mistelzweige – oder Mädchen, die es wieder und wieder schaffen, „Hogwarts’ begehrtesten Single“ und sich irgendwie unter einen dieser Zweige zu befördern.

Nicht, dass ihn das stören würde. Wie gesagt, ich würde gerne Mitleid mit ihm haben! Aber dazu empfindet er diese Verfolgungsjagd auf seine Lippen viel zu bestätigend. Natürlich gibt es kein Mädchen, das Sirius Blacks Charme nicht erlegen ist! (Merkt man an dieser Stelle wie ich mit den Augen rolle?) Ich wünschte, es gäbe eine, wenigstens eine, die ER küssen wollte – sie aber ihn nicht. Das würde seinem Ego mal gut tun. Aber solang das nicht geschieht (Es wird nie geschehen.), werde ich nur beobachten, ob er genau sein gleiches machohaftes Selbst ist wie immer. Ansonsten stinkt da nämlich ein ganzer Berg Drachenmist zum Himmel.
 

Manchmal frage ich mich, ob es denn meine Aufgabe sein soll, mir das ganze Leben Sorgen und Gedanken um ihn zu machen. Aber Tatze nennt mich ja gern die „Mutter“, die er nie hatte … Ist mein Schicksal wirklich bereits so düster besiegelt?

Andererseits ist er auch nicht mein einziges „Sorgenkind“. James führt sich in letzter Zeit ebenfalls nicht besonders erwachsen auf (Hat er das je …?). Seine Art mit Holly umzugehen, widert mich geradezu an. Er liebt sie nicht. Findet sie wahrscheinlich nicht mal nett oder unterhaltsam. Herrje, manchmal frage ich mich, ob er sie überhaupt inzwischen kennt? So wie er sich verhält wohl nicht.

Er küsst sie hin und wieder, macht ein bisschen mit ihr rum, damit sie bei Laune bleibt – und dann geht er ihr wieder aus dem Weg. Sie mag nicht die Intelligenteste sein, oder die Netteste (schließlich wollte sie von Anfang an über mich bloß an James ran kommen), aber ich weiß, dass sie wirklich verrückt nach ihm ist. Und er nutzt sie nur aus. Es hat fast etwas von Sirius’ Art mit Frauen umzugehen – ob James sich das bei ihm abgeschaut hat? Aber gewiss hat Sirius nie ein Mädchen benutzt, in der Hoffnung an ein anderes ran zu kommen … Es ist schon extrem auffällig wie oft James mit Holly „rummacht“, wenn Lily in der Nähe ist.

Doch wenn er glaubt, sie würde eifersüchtig werden, täuscht er sich gewaltig! Ich weiß es sogar von ihr selbst, dass sie „Potter“ widerwärtig und abstoßend findet, wie er so öffentlich Holly „betatschen“ könne. Sie hätte geglaubt, dass er wenigstens das Black voraus hätte.

Das James es aber nicht sehen kann! Nein, er wird noch extremer und heftiger in seinen Darbietungen. Ich weiß nicht, wo er überhaupt die Idee her hat, Lily könnte eifersüchtig werden, wenn er ein anderes Mädchen küsst! Als wenn Lily so empfinden würde. Sie möchte jemanden, der einfühlsam ist und sie versteht, mit dem sie sich auch unterhalten kann – Lily ist doch nicht nur ein Objekt zum Rummachen! Wie kann James nur so niedrig von ihr denken, ich dachte, er
 

Entschuldige, ich weiß nicht, was da gerade in mich gefahren ist. Wie kann ich plötzlich nur so abfällig über James denken? Er ist mein Freund. Mein ältester Freund – schließlich hab ich ihn damals zuerst im Hogwarts-Express getroffen. Und er war immer für mich da. Nun fall ich ihm in den Rücken. Dabei weiß ich doch, dass er sich nur wie ein Idiot verhält, weil er Lily wirklich mag. Herrmerlin, selbst Arithmantik hat er nur gewählt, um in ihrer Nähe sein zu können! Dabei hasst er das Fach abgrundtief. Doch das spielt keine Rolle, denn Lily ist ja dort. Und er kann sie heimlich ansehen – ohne, dass Sirius sich über ihn lustig macht/wundert/ärgert. Es ist fast schon ein trauriges Schauspiel. Wenn er nicht gerade schläft, starrt er sie an – und geht Lily damit auf die Nerven. Und wenn er schläft, wo er sicherlich von ihr träumt (seinem leisen Gemurmel heraus zu schließen), bringt sie das ebenfalls auf die peitschende Weide, weil es unhöflich Professor Palindrom gegenüber ist. James kann bei ihr einfach keinen grünen Zweig gewinnen.

Und doch kann er nichts dafür. Er spielt einfach verrückt, wenn sie in der Nähe ist. Es passiert ganz automatisch. Sobald ein roter Haarschopf in Sichtweite kommt, wandert James’ Hand zu seinen eigenen Haaren – eine nervöse Angewohnheit von ihm: Lily macht ihn nervös. Dennoch versucht er stets ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Und immerzu will er sie beeindrucken … aber scheitert ein jedes Mal gnadenlos.

Und nun geh auch ich noch auf ihn los. Sein Freund, der kein Recht hat, sich so zu verhalten. Merlin, es wird immer schlimmer mit mir!

Aber ich habe keinerlei Anrecht auf sie. Nicht mal das Recht, sie so zu mögen, wie ich es tue. Das mit James geht nun schon eine kleine Ewigkeit – bei mir sind es erst ein paar Monate. Einer, um ganz genau zu sein. Wären mir ihre Augen doch nie damals aufgefallen, wäre mir doch nie in den Sinn gekommen, wie schön sie ist! Aber der Gedanke will einfach nicht mehr von mir weichen. Und egal, was ich tue – wie abweisend und gleichgültig ich mich verhalte –, Lily ist immer freundlich. In meinem ganzen Leben habe ich noch nie einen Menschen getroffen, der freundlicher war als Lily Evans. Vielleicht mag ich sie deswegen so sehr? Weil sie bedingungslos freundlich ist, zu jedem – selbst zu mir, der es am allerwenigsten verdient. Merlin, wenn sie nur wüsste, was ich wirklich bin ... Ein schlechter Freund und ein Monster zugleich. Lily würde mich verachten.

Doch das ist unwichtig, muss unwichtig sein. Ich muss mich von Lily fern halten – DAS ist wichtig. Je weniger Zeit ich mit ihr verbringe, desto weniger muss ich an sie denken, und desto eher wird es wieder aufhören.

Ich muss mich erinnern, dass Lily mich – selbst James und meine „Krankheit“ ignorierend – nie so wollen würde, wie ich sie. Lily mag mich als Freund (das will ich jedenfalls glauben), wirklich mögen tut sie aber jemand anderes: Brian Peterson. Er braucht nur auf einer Versammlung die Stimme zu heben, schon leuchten ihre Augen. Ich weiß es, ich habe es ja gesehen.

Und dort habe ich sie auch zum ersten Mal gespürt: die Eifersucht. Es war nur kurz, vorbeizuckend wie ein Blitz, doch es hat ausgereicht, um mich gewaltig zu erschrecken. War ich mir vorher noch so sicher, fast schon über Lily wieder hinweg zu sein, dass es nichts war, was ich mir nicht wieder würde ausreden können. In dem Augenblick, da Brian sprach, und ich Lilys Gesicht sah, wusste ich, dass ich irrte. Denn für den Bruchteil dieser Sekunde wünschte ich mir, ich wäre das dort vorne. Und Lily würde mich so ansehen – nicht Brian.

Doch es wird nie so sein. Und das … ist gut so. Lily und ich werden nur Freunde sein, wenn überhaupt.

Ich sollte kein Mitleid mit mir darüber haben, James ist viel schlimmer dran. Wenn er je herausfindet, wie sehr Lily Brian mag … Ich will gar nicht daran denken. Immerhin mag ich Brian für gewöhnlich und bin mir im Klaren, wie meine Beziehung zu Lily aussieht – James weiß das gar nicht. In einigen Momenten glaube ich sogar, dass er nicht mal bemerkt hat, dass Lily ihn überhaupt nicht mag. Nicht mal als Freund oder Mitschüler – sondern rein gar nicht. Es wird ihn hart treffen, wenn er das je herausfindet. Und noch härter, wenn er erfährt, dass Brian stattdessen den Platz in Lilys Herzen eingenommen hat, den er so gern hätte.

Doch ich sollte endlich aufhören, weiter über Dinge zu sprechen, die nur im Entferntesten mit Lily zu tun haben.

Ab jetzt will ich mich nur noch meinem Plan widmen – und dem von Sirius. Ich kriege schon noch raus, was er vorhat! Das habe ich immer.
 

In Hogwarts ist ansonsten nichts Nennenswertes passiert, die üblichen Rumtreiberstreiche und Auseinandersetzungen mit den Slytherins eben, wobei ich besonders bei letzterem sagen muss, dass es dort verdächtig ruhig geworden ist. Ob die Schlangen etwas planen? Man weiß nie. Ich würde jedenfalls für keinen aus diesem Haus meine Hand ins Feuer legen.

Eine Sache sollte ich aber noch erwähnen: Professor Garibaldi ist endlich zurück! Ich kann gar nicht sagen, wie erleichtert ich war, ihn heute endlich wieder zu sehen. Strahlend wie die Mittelmeersonne ist er plötzlich beim Abendessen durch die Flügeltüren geschlendert. Noch nie habe ich McGonagalls Gesicht so rot gesehen! Nicht gegenüber einem Kollegen. Doch ihn hat sie sofort in ihr Büro zitiert wie einen ungezogenen Schüler – wie Krone und Tatze. Anscheinend stimmten sogar diesmal die Gerüchte: nicht mal die Lehrer wussten, wo der Professor so plötzlich in „Urlaub“ hin verschwunden ist. Was mich sehr erstaunt, weiß doch Dumbeldore für gewöhnlich alles, selbst unsere Scherze scheint er ein manches Mal vorauszuahnen – ich weiß nicht, wie er das macht, aber der Mann ist einfach erstaunlich. Kann er dann hiervon wirklich völlig ahnungslos gewesen sein? Ich selbst würde jedenfalls sehr gerne wissen, wo Figaro Garibaldi die letzten Wochen gewesen ist …

Übrigens: Krones Gesicht hat natürlich Englands tägliche Dosis Regenwetter widergespiegelt, als er unseren italienischen Lehrer erblickt hat. Sein Eingreifen in Hogsmeade hat er Garibaldi immer noch nicht verzeihen können. Es gab wohl nur eine Person in der großen Halle – oder zumindest unserem Tisch –, die noch verkniffener über das Auftauchen des Lehrers geguckt hat, als mein Freund. Melody Roberts’ Gesicht hat Englands gesamte jährliche Regenstatistik widergespiegelt, sie scheint ihn ebenfalls nicht so zu „mögen“. Was mich nicht wundert, wahrscheinlich ist er ihr einfach zu fröhlich. Lebensfroh. Glücklich. Krone meinte Mal, sie reagiere auf solche Dinge extrem allergisch. Und ich tendiere dazu, mich ihm dort anzuschließen.

Ich für meinen Teil aber kann sagen, dass ich äußerst glücklich bin, endlich weniger von Chadna sehen zu müssen. Ihre letzte Verrücktheit hat mich beinah wieder an den Rand der Verzweiflung gebracht: „Kreiere einen Zauberspruch, der all deine Liebe zum Gegner ausdrückt“ – Sprache oder wahlloses Phantasiegebrabbel, egal. (Und was noch wahnsinniger war, ihr Lieblingspärchen erneut dafür zu erwählen. Melody Roberts hat sehr schnell ihre „ganze Liebe“ zu Tatze ausgedrückt, ich bin froh, dass sie ihn dabei nicht entmannt hat. Und das Unverzeihliche verboten sind.) Jedenfalls bin ich nun zuversichtlich, endlich wieder etwas zu lernen, auch wenn Krone sich gern darüber lustig macht, wie wenig Garibaldi die Klassen beim letzten Mal unter Kontrolle gehabt hätte. Ich glaube an diesen Lehrer – und dass in ihm mehr steckt, als es auf den ersten Blick scheint.
 

So, nun muss ich aber wirklich los: Wurmschwanz braucht Hilfe bei seinen Hausaufgaben. Ich sollte mich wirklich mehr um meine Freunde kümmern. Manchmal glaube ich, ich weiß unsere Freundschaft gar nicht zu schätzen.
 

Remus
 


 

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Juhuu!

So, nein, sehr schnell war das immer noch nicht, aber immerhin doch weitaus schneller als letztes Mal, oder? *lieb guck* Ok, ok, das Kapitel ist recht kurz – aber fünfzig Seiten Tagebuch von Remus würdet ihr auch niemand lesen wollen … Außerdem: Kapitel 20 – das kann ich jetzt schon sagen – wird bestimmt ziemlich lang. Ich befürchte bereits, dass es einen neuen Längenrekord aufstellen könnte. O_o Ich hab das jedenfalls mal durchgeplant, was alles rein muss …

Das Chap wird dann vom ersten Dezember bis zum Anfang der Weihnachtsferien gehen und es gibt bereits einen Arbeitstitel: Mistelzweigaffären. ^-^ Hach, ich freu mich schon darauf, und noch mehr auf das Chap danach: Hossa, endlich ist Weihnachten da! *gg*
 

vlg, die yanni
 

P.S. Eure Kommiantworten vom letzten & vorletzten Mal findet ihr unten. ^^ Die, die zu beiden Chaps was geschrieben haben, da hab ich die Reviews in einem immer zusammengefasst – das fand ich übersichtlicher.
 


 

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@Lady-Yuna: Hey! So, dann fass ich deine beiden Kommis mal zusammen. ;-)

Erst mal bin ich froh, dass du meine ff „wiedergefunden“ hast! *lol* Und dann finde ich es nicht schlimm, wenn du nicht immer alles in der ff so genau liest. Manche Leute können das ja – ich zähl nicht dazu. Mich würd das nur verwirren. ^-^

Hm, ob Caite sich wirklich gefreut hat? Aber es könnte natürlich sein, dass sie insgeheim Lilys Freundin sein wollte, und es auch wurde, als Mel dann weg war. Aber selbst wenn es so war … Caite war in dem Flashback echt einsam! =( Sieh sie also bitte nicht als total schlechten Menschen an. Sie hatte es nicht leicht im Leben. *Kopf schüttel*

Zwei Kapitel hintereinander gelesen?? Huah, schwere Kost! Ich glaub, da müssen dir deine Äuglein aber sehr wehgetan haben …

Mal schaun, wie sich Sirius weiterhin auf seinem „Weg“ zu Mels Höschen schlägt. ^^ Und den Grund für seinen Hass sollte ich wohl wirklich langsam mal beleuchten … *seufz* Du bist nämlich nicht die einzige, die das fordert. Werd mir Mühe geben, dass es demnächst endlich was dazu gibt – noch um Weihnachten herum!

Danke für diese doppelte Kommiladung! ^-^

P.S. Nein, nicht den Sirius hauen! Er kann doch nichts dafür, dass er ein Idiot ist, er kam schon so zur Welt! *g*
 

@Nicce: Hey!

Schön, dass du die Länge wieder mochtest. ^^ Als Stammleserin weißt du ja: ich kann mich nicht kurz fassen! Und ja, Sirius ist dämlich. Zumindest ein bisschen. ^^

Dann lass dich mal überraschen, was die Wette noch so alles verändern wird – ich freu mich jedenfalls schon seeehr lang darauf! *g*
 

@_charly_: Danke!

Also, Sirius … na ja, zumindest hat Mel ihn sehr abgelenkt. ^^ Aber an manchen Stellen könnte man fast hineininterpretieren, dass er sich Sorgen gemacht hat. Aber ob diese Interpretation auch richtig ist? *g*

Zu deiner Frage: Ich bin mal freigiebig und sag Jein! ;D Irgendwie hängt alles am Ende damit zusammen, warum sie jetzt keine Freunde mehr sind. Aber das Treffen mit Dumbledore ist echt nur ein Ende vom Faden des Spinnenetzes (Gott, wie ich mich ausdrück! U_U“). Du solltest es aber auf jeden Fall im Hinterkopf behalten, denn wichtig ist es. Und irgendwann werde ich noch erzählen, was genau sie mit Dumbledore geredet hat. Versprochen! ;-)
 

@Katzenpfote: Ah, Dankeschön! *drück* Freut mich, dass dir mein Schreibstil zusagt. ^^

Hm, also auf einmal haben sie dieses schlechte Verhältnis ja nicht … Es hat schon ein bisschen gedauert, bis sie angekommen sind, wo sie heute sind. Aber im Nachhinein ging ihre Freundschaft vllt echt sehr schnell zu Ende und wurde zu einer erbitterten Feindschaft. *denk*

Danke für dein Kommi!!!
 

@littleSunshine: Juhuu!

Ich fang erst mal bei deinem Kommi zum vorletzten Chap an:

Jaaah, das mit Sirius … hm, ob seine Theorie wirklich glaubhaft ist?? ^-^ Na ja, für ihn schon, er ist ziemlich gut darin, sich Dinge einzureden. Hauptsache er sieht die Sachen so wie er will.

Oh, ich hasse dich nicht dafür, dass du die Wette gut findest! ;D Ich weiß nämlich, was du meinst. Auch wenn es von Sirius arschig ist – einem Autor gibt so was echt tolle Möglichkeiten. Würde mich freuen, bei dir vllt auch so was (oder Ähnliches) zu lesen. =)

Aber ob Sirius am Ende daraus lernt? Hm, ich kann dazu nur sagen, dass er wohl die längste Leitung des Planeten besitzt. *g* Es wird also noch schwierig mit ihm. Oh, und Mel ist ganz furchtbar schlecht darin, zu verzeihen. ^^

Huh, du riechst da ja richtig ne Verschwörung von Caite gegen Mel! Jedenfalls kam sie mir in deinen Theorien so fies rüber. ;-) Aber ob sie wirklich so egoistisch Lilys Denken beeinflusst? Man sollte nicht vergessen, dass Mel ja anscheinend schon etwas ausgefressen haben muss – und heute nichts mehr von ihren alten (oder möglichen neuen) Freunden wissen will. Vllt möchte Caite Lily auch nur beschützen, wieder und wieder verletzt zu werden?

Und auf zu Kommi 2!

Jep, das Gefühl kenn ich. Das hab ich ungefähr bei jedem Kapitel. ^^ Es wird nie so, wie ich’s mir vorher in meinem Kopf ausgemalt hab. *seufz*

Natürlich erzähl ich Caites Vergangenheit nicht nur so zum Spaß! ;-) Dazu wär’s auch zu unspaßig … Das alles soll einfach helfen, Caite Gallagher besser zu verstehen – und ihrem eigenen kleinen Geheimnis näher zu kommen. Etwas, das sie dringend zu verbergen versucht.

Danke für deine Kommis & das viele Lob! =)

P.S. Freut mich, wenn ich dich inspirieren konnte! ^^
 

@Fleur92: Hey!

Jo, deinen Namen kenn ich, den hab ich schon öfters gelesen – aber ich freu mich natürlich auch hier von dir zu hören. ^-^

Macht ja nichts, dass du so langsam voran kommst, hast ja schon richtig gesagt, meine Kapitel sind öhm, etwas länger als Durchschnitt. Oh Gott, und du bist erst bei Kapitel drei! Das geht ja im Nachhinein noch – jedenfalls im Vergleich zu den anderen. O_o Also, Hauptsache du kommst überhaupt voran, dann freu ich mich schon! ^^

Na, so schnell wird sich Sirius bestimmt nicht bei ihr entschuldigen … aber vielleicht irgendwann mal. Vllt wird er ihr dann sogar sagen, DASS es IHM was ausmachen würde, wenn sie stirbt? ;-) Aber das ist Zukunftsmusik …
 

@Lesca07: Heyho!

Ah, du brauchst dich nicht zu entschuldigen, wenn du mal was zu tun hattest! Ich bin einfach froh, wenn du überhaupt weiter liest und ich von dir höre! =) Außerdem bin ich in Sachen Schnelligkeit & Pünktlichkeit die letzte, die meckern darf … *g*

Ach ja, stimmt, warst nie so ein Mel-Fan. ^^ Aber ich hoffe ja immer noch, das irgendwann ändern zu können, wenn du sie besser kennst. Und Sirius liebe ich natürlich ebenfalls, auch wenn er Blödmann, Arschloch & Macho in einem ist – er ist einfach Sirius! ;D

Das Geheimnis um die Vergangenheit der Freunde … jep, ich denke, du hast Recht, dass ich mich mal langsam da dran setzen muss. Ich hab auch schon einen ungefähren Zeitpunkt ausgeguckt, wann das sein soll – und wer. Ich denke nämlich, Lily könnte in den Weihnachtsferien seeehr gesprächig werden … ;-)

Und da wir gerade bei ihr sind: mit ihr und Mr Potter ist das im Moment natürlich noch schwierig! Ich hab schließlich bis ins Siebte Zeit, die beiden einander näher zu bringen. ^^

Dass du das Ende mit Dumbledore und seinem Gast nicht verstanden hast, ist völlig normal! Ich glaub, ich fänd es sogar schlimmer, wenn jemand jetzt schon einen richtigen Verdacht äußern würde … Meine ganzen schönen Geheimnisse wären dahin! ;D

Auf zum nächsten Kommi! =)

Ach, wie süß! Du bist und bleibst Siri-Baby immer treu, das finde ich echt niedlich. ^^

Und Brian mochtest du auch immer … Tja, ich hab ja so mein zwiespältiges Verhältnis zu ihm. Einerseits ist er ein wahrer Gentleman und verdammt klug – andererseits mag ich James einfach mehr. Er ist viel lustiger! :P Aber so richtig komisch find ich ihn, wenn er eifersüchtig ist – also, du hast gute Chancen für Brian! ;-) (Und ich würd mich schon mal, auf Kapitel 20 freuen. Ich hab da so was geschrieben … das dürfte vielen James-Fans nicht gefallen! *fg*)

Mel & Sirius wieder Freunde? Huh, bis dahin ist es noch ein weites Stück. Aber natürlich wird es eine Zeit geben, wo sie sich seeehr anders sehen als jetzt – und auch als ganz früher. ;-)

So, und zum Abschluss noch dein letztes Kommi zu Kapitel 18:

Zum Geheimnis habe ich ja schon was gesagt, und Brian wird im 20. Kapitel auch wieder selbst auftreten. Langsam vermiss ich ihn fast. ^^ Und natürlich ist neben Lily auch James bestimmt nie weit! Nur ob das alles eben so schön wird, wie du dir das vllt vorstellst, hm, ich weiß nicht … Brian ist „kompliziert“. ;D

Vielen, vielen Dank, dass du dir so viel Mühe gemacht hast, deinen Rückstand nicht nur nachzulesen, sondern auch zu kommentieren!!! *knuddel*
 

@Mei-Linn: Ach ja, die liebe Chadna … sie ist einfach einmalig! *g*

Freut mich, dass dir mein Schreibstil gefällt und hoffe, du hast noch viel Spaß beim Weiterlesen! =)
 

@XxLynxX / Princess_Alina: Juhuu!

Danke für dein Kommi – ich bin auch gespannt, wie Sirius sich bei „manchen Dingen“ so anstellen wird. *fg*
 

@CurlyHair: Hi! =)

Du fandest das Spiel gut beschrieben? Wirklich? Ich war nämlich nicht so angetan von meiner Darstellung, aber ich schreib & les Quidditch die meiste Zeit schon nicht gern. Da ist das wahrscheinlich nicht so verwunderlich. Aber schön, dass du es trotzdem als gut empfandest! :-)

Na ja, so richtig versucht Lily nicht ihre Freundin wiederzubekommen … es ist eher so ein Hoffen, dass sie eines Tages plötzlich wieder die alte Mel ist. Und Lily ist nicht so gut darin nachtragend & unfreundlich zu sein – sie sieht in allen (äh, James & Sirius mal ausgeschlossen ^^) immer nur das Gute. Das ist eine Stärke und Schwäche zugleich von ihr.

Wenn Mel das mit der Wette je erfährt (was die wahrscheinlichere Variante ist, hehe *fg* ), wird das tatsächlich nicht besonders schön. Aber vllt tut es Sirius da schon Leid? Und sie verzeiht ihm??

Danke für dein Kommi! ^-^

P.S. Ich geb mir Mühe, demnächst etwas mehr Klarheit in diesen großen Streit der Vergangenheit zu bringen. Ich glaube, ich kann Lily da zum Sprechen bewegen … ;-)
 

@Schnie: Haaallooo! *wink*

So, und auch bei dir fang ich erst einmal mit deinem Review vom vorletzten Kapitel an – damit das alles auch chronologisch wird.

Hm, also zuerst hab ich jetzt nicht ganz verstanden, ob du meine langen Kapitel gut oder schlecht findest … Aber ich versteh zumindest, was du mit „in die Länge“ ziehen meinst. Ist mir im Nachhinein (so zehn, zwölf Kapitel weiter ^^) auch aufgefallen, dass die Story ewig braucht um „richtig“ zu starten. Und dabei dann so manches wichtiges Sätzchen schon vergessen ist – auch von mir selbst. *upps* Das ist einfach eine Schwäche von mir, mich nicht kurz fassen zu können und ALLES einbringen zu wollen. Es tut mir jedes Mal in der Seele weh, falls ich einen Satz doch streichen muss. Aber ich weiß leider auch nicht, wie ich dem Problem Herr werden soll. T-T Na ja, aber zumindest wollte ich die Story irgendwann mal editieren – weil ich den Anfang nur noch grausam find O_o – vllt schaff ich’s dabei, was wegzulassen …

Umso mehr freu ich mich aber, dass du die (Streit)Gespräche von Sirius & Mel magst, die schreib ich selber nämlich unheimlich gern! Hach, beide sind einfach so tolle Arschlöcher auf ihre Art. ^^

Du findest meine Charas durchdacht? Puh, ich hoff, das denkst du am Ende dann immer noch. *lol* Wobei ich mir ehrlich Gedanken zu jeder Person vorher gemacht hab … nur haben die manchmal ihren eigenen Kopf, und verhalten sich dann doch nicht so, wie von mir überlegt. *seufz*

So, und noch kurz zum letzten Kommi:

Tja, warum finde ich dieses Kapitel schlimm? Weil ich die Autorin bin und gleichzeitig ne perfektionistische Ader habe? Echt, wenn du mich so fragst, was ich alles schlimm daran find, könnt ich dir einiges aufzählen – aber das interessiert ja keinen. ^-^ Und Hauptsache ist sowieso, dass es dir und den anderen gefällt, also.

Nee, Mel kann man nicht sooo leicht erobern. Mal sehen, ob man sie überhaupt „erobern“ kann. Wenn Sirius (Sexiest Boy Alive) es schließlich nicht schafft, wer dann? *g*

Vielen Dank für dein Kommi! =)
 

@Miss_Blumenkind: Das beste Kapitel überhaupt?? Na ja … wahrscheinlich muss für mich da noch ein bisschen mehr Zeit vergehen, bis ich es wieder normaler anschauen kann – im Moment find ich’s nämlich immer noch recht grauenvoll (zumindest gewisse Stellen). Aber schön, dass du es magst! =) Das ist wichtiger. ;-)

Auch schön, dass dir der Satz aufgefallen ist!! ^^ Obwohl ich fast gehofft hatte, dass er „übersehen“ wird – dann kann ich meine kleinen Geheimnisse noch länger bewahren … Viel sagen kann ich dir leider auch (noch) nicht. Nur, dass er eben eine wichtige Aussagekraft hat und du ihn im Gedächtnis behalten solltest.

Ich gebe zu, dass Mel & Sirius mir die meisten Probleme in diesem Chap bereitet haben. =( Deswegen hat es wahrscheinlich auch so lang gedauert. Ich musste erst mal sehen, was ich am Anfang falsch über das Kapitel und vor allem die beiden gedacht hatte. Sirius sollte vorher nämlich auf noch mehr Granit beißen, aber das wollte irgendwie nicht hin hauen … Tja, da hab ich gemerkt, dass nicht Mel diese Runde gewinnen würde. ^-^

Den Rest hab ich dir ja schon per ENS geschickt gehabt. Danke für dein ausführliches Kommi! *drück*
 

@Izuna2304: Ach, was! Lang schreiben, sagt doch nichts über Talent aus! Ich guck manchmal neidisch zu einer Freundin, die alles, wofür ich zig Sätze brauch in drei oder so ausdrücken kann. Lang ist nicht gleich besser. Es gab bestimmt mehr als ein Buch, wo ich mir weniger Text gewünscht hätte … *lach* Also, mach dich nicht selbst nieder! ;-)

Hm, Mel ist natürlich so ein Todeskandidat … Aber hier hülle ich mich Schweigen. Ich kann nur sagen, dass ich die Karte bestimmt nicht „nur so“ zum Spaß für den Wahrsageunterricht eingebracht habe. Sie hat ihre Bedeutung.

Und Voldimordi kommt bestimmt auch noch vor. ;-)

Ich danke dir für dein Kommi UND noch mehr für dein letztes Lob! *rot wird* Das ist echt schon fast zu viel des Guten! ^-^ Ich hoff sogar, es bleibt immer beim „fast schon“, denn ich liebe die Bücher und JKR: für mich gibt es keine bessere Buchreihe auf der Welt!!!
 

@spidaschwein: Wow! Mit Abstand die beste findest du? Daaanke!!! Freu mich, dass dir die Story SO gut gefällt! =) =)

Und dann noch viel Spaß beim Weiterlesen, hoffe deine Meinung ändert sich nicht zwischendurch … ;-)
 

@pink-ria: Oh, Dankeschön! *strahl* Ich fühle mich durch dein Kompliment echt sehr geehrt! *rot wird* Und über Mel-Fans freu ich mich sowieso immer. ^^

Aber nicht so pessimistisch sein: hätte JKR sich hingesetzt und gesagt, sie könne keine sieben Bücher schreiben, würde es heute keinen Harry Potter geben und auch keine ffs. Also, erst mal versuchen, bevor man sich klein redet. ;-)



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Von:  Nicce
2018-11-14T19:07:38+00:00 14.11.2018 20:07
Hello,
nach all den Jahren habe ich mir mal wieder diese wunderbare FF durchgelesen und habe die Hoffnung immer noch nicht aufgegeben, das Mel, die rumtreiber und hogwarts doch nochmal für unterhaltsame Momente sorgen werden.
Ich liebe die Art wie du die Charaktere zum Leben erweckst und die Story nie langweilig wird.
Vielleicht schreibst du irgenwann weiter, würde mich mega freuen :)
ganz liebe grüsse nicce
Von:  Advertisement
2010-04-23T23:36:25+00:00 24.04.2010 01:36
Hey..~
also ich dachte, die FF wäre schön.

aber..mhm..meinen Geschmack trifft sie nicht.
Dieser Kram mit Brian ist...wäh. widerlich. ~.~
Von:  IceKazuha113
2010-03-17T18:53:38+00:00 17.03.2010 19:53
Hey,
Ich hab gestern deine Story entdeckt und jetzt alles auf einmal gelesen
Ich muss einfach nur sagen Hammer ^-^
Aber ich finds Schade das du solange schon nicht mehr weitergeschrieben hast
Kann man auf weitere Kapitel noch hoffen
Wär nett wenn du mir antworten würdest
Falls ja wär ich über eine ENS benachrichtigung dankbar
Ich freu mich schon und mach so weiter

LG IceKazuha113 ^-^
Von: abgemeldet
2009-12-08T17:57:51+00:00 08.12.2009 18:57
wui das war fuer deine verhältnisse ja mal sehr kurz ? :D
ist ja ganz ungewohnt :D
ich mag es sonst dass du soviel schreibst ^^
du hast natuerlich recht wenn du sagst dass du keine riesige seitenzahl aus einem einzigen tagebucheintrag machen kannst - ich denke dann würde das ganze auch wirklich ein wenig langgezogen wirken oO
aber mir hat der tagebuch eintrag eigentl recht gut gefallen , besonders die art wie remus ihn schreibt.
ich bin ja neben dem sirius- und mel- auch ein ganz großer remus fan ^.o
auch wenn ich nicht finde dass remus die freundschaf zu james, sirius und wurmschwanz nicht zu schätzen weißt.
manchmal redet er sich wirklich selbst schlecht kann das sein ? ^^
ich bin richtig gespannt wie es weiter geht, wo ich ja solange nichtmehr bei der story weitergelesen hab und mich dann gestern abend an all die verpassen chaps gemacht habe bin ich jetzt umso gespannter wie es ausgeht ^^
besonders die 'Vorgeschichte' von mel und sirius intressiert mich.
was kann mel nur schlimmes gemacht haben dass sirius so auf sie zusprechen ist `? und was meintest du mir ihrem ' das war nur ein versuch ' von mel( so oder so ähnlich hast du es ausgedrückt XD )?.
ich bin mal auf das nächste chap gespannt , vll bringst du dann ja endlich ein wenig licht ins dunkle ^^

Von: abgemeldet
2009-12-07T20:56:24+00:00 07.12.2009 21:56
ich muss sagen , ich hab deine story wirklich wenn man es so sagen kann 'vermisst' (:
ich hab ja schon en ganze weile hier bei animexx nichtmehr reingeschaut , umso froher bin ich ,es jetzt nocheinmal getan zu haben und deine geschichte weiter gelesen zu haben :D
sie fesselt mich immernoch (;
ganz besonders diese naja nennen wir es andeutungen zwischen mel und sirius *-*
auch wenn er ganz speziell in diesem chap echt ein arsch war oO ?
naja er wird trotzdem mein lieblings chara bleiben ^^
ich freu mich schon drauf die anderen chaps von dir zu lesen,ich hab ja einiges nachzuholen -.-
achja : die auswahl der pics find ich übrigens auch äußerst gelungen ^^
Von:  milchkeks
2009-11-28T22:05:14+00:00 28.11.2009 23:05
oooh gooot ich lieb die story !!!
echt ich hab im april alles durchgelesen und jetzt ist wieder was gekommen (oke ein monat ...) waaaah ich bin so glücklich :DDD
ich find die flirtversuche und die "besondern" momente zwichen mel und sirius am besten !!!! wenns nach mir ginge, würd ich die ganze story damit vollpacken aber dann wärs net so gut und lässt des alles net so spannend wirken ...
ICH LIEB DIE STORY !!! oke, des reicht ._.
mach weiter so und ich freu mich schon aufn neun kap :DD

keks
Von: abgemeldet
2009-11-05T16:24:54+00:00 05.11.2009 17:24
Hey^.^

Ich fands ziemlich interessant mal was komplett aus Remus seiner Sicht zu lesen. War eine gute Idee!
Remus ist einer meiner Lieblinge :D

Freu mich schon aufs nächste Kapi
LG
pink-ria
Von: abgemeldet
2009-10-17T15:16:55+00:00 17.10.2009 17:16
Mein Gott, ich liebe Remus' Tagebucheinträge.
Hast mal wieder ein tolles kapi geschrieben auch wenn es nicht ganz so lang war wie deine vorherigen. Ich freu mich schon auf dein nächstes kapi und wie es mit Sirius und Mel weitergeht. ^^

LG Izuna
Von:  blumenmaedchen
2009-10-17T12:47:50+00:00 17.10.2009 14:47
Hey ;)
also, ich habe die story gestern und heute von forne bis zum schluss durchgelesen und ich liebe sie einfach!
Ich hätte jetzt auch zu jedem kapitel ein komenta mit "ich liebe es" oder "toll" machen können, aber ich fass das jetzt mal hier zusammen.
Besonders gefällt mir, das es keine typische lily James story ist, sondern das da auch noch andere charas auftauchen, die sehr verstrickt in die geschichte sind. Besonders Mel ist naja, sie hat ziemlich viele Geheimnise. Ich bin mal gespannt, was die sind. Auch wenn ich ja glaube, das Mel und Sirius irgendwann zusammen kommen könnten..
Und jetzt hoffe ich nur noch, das es schnellstmöglichst weiter geht und das du dann auch eine ens schickst..
ich liebe deine story, danke, das du sie schreibst ;)
liebe Grüße :)
Von:  Nicce
2009-10-15T16:40:54+00:00 15.10.2009 18:40
Wieder ein ganz tolles Kapitel^^

Ich mag Remus' Tagebuch- Eintrag und was für Gedanken er sich über seine Freunde macht...ich finde es auch süß wie er seine entdeckten Gefühle für Lily runter macht, weil er weiß was James für sie empfindet.

Ich freu mich aufs Nächste^^

glG Nicce

PS: Sorry, das ich beim letzten Kapi keinen Kommi geschrieben hab


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