Forever Fallen von Tricksy (...but one butterfly will show me the way.) ================================================================================ Kapitel 1: The days I started to count -------------------------------------- Die Sonne begann unnachgiebig durch die heruntergelassene Jalousie zu scheinen. Tsukasa grummelte tief beleidigt und zog sich die Decke über den Kopf. Es war doch so warm im Bett, er wollte nicht aufstehen. ~Karyu…~ ging es ihm plötzlich durch den Kopf und er lächelte, während er die Decke beiseite schlug und auf der anderen Seite des Doppelbetts herumtastete. „Schatz, ich-“ Er hielt inne. Mit der Leere neben Tsukasa kam alles wieder zurück: Die Einsamkeit, die Wut, die Verzweiflung, die Angst es nie wieder aus dem dunklen Loch zu schaffen… „… mache uns Frühstück…“ Auch wenn die Sonne nicht aufhörte durch das Fenster zu scheinen, so legte sich eine schwere Bewölkung um Tsukasas Herz und drohte es zu zerbersten. Seine Augen wanderten langsam zu der Stelle, wo nun eigentlich Karyu liegen müsste. Er hatte sein Bett nicht gemacht, an dem letzten Morgen. Und seitdem hatte Tsukasa es ebenfalls nicht getan. In der irrsinnigen Hoffnung, dass er gefälligst selbst käme um diese Arbeit zu verrichten. Tsukasa schlug sich die Hand gegen die Stirn und vergrub kurz darauf sein Gesicht in den Händen. Er konnte nicht kommen. Nie mehr. ~Es frisst mich auf, Karyu.~ Mit von den aufsteigenden Tränen angefeuchteten Augen warf er seine Decke nun vollends und so unwirsch zur Seite, dass sie am anderen Ende in einem Knäuel am Boden landete. Seine Beine trugen ihn aus seinem und Karyus gemeinsamen Schlafzimmer, in seiner und Karyus gemeinsamer Wohnung. ~Es frisst mich verdammte scheiße noch mal so auf…~ Ohne wirklich zu realisieren vor welche Tür seine Füße ihn getragen hatten, stemmte er jene auf und fand sich im Bad wieder. Sein erster Blick fiel auf die Dusche, die ihm gegenüber stand und laut ‚Wasch dich!’ zu rufen schien. Vielleicht hatte sie recht, Tsukasa war viel zu sehr in seinen Leiden versumpft. So lautete sein erster Gedanke als er sie sah. Der zweite war: Er hatte in dieser Dusche einmal Sex mit Karyu. Und zwar ziemlich guten, wenn er das zugab. Tsukasas Stimme erzitterte unter dem Seufzer den er ausstieß, bevor er sich um hundertachtzig Grad drehte und den Weg in die Küche einschlug. „Es freut mich Ihnen mitteilen zu können, dass auf uns heute ein wunderbarer Tag wartet! Die Temperaturen liegt bei milden einundzwanzig bis sechsundzwanzig Grad- chrrrz“ Aus. Tsukasa nahm seine Hand wieder vom Radio und starrte es mit einer geballten Ladung wortlosen Hasses an. Er hatte es schließlich nicht angemacht um zu erfahren wie schön es heute doch werden sollte! Er hatte es- Tsukasa musste unwillkürlich stutzen. Warum hatte er es dann angemacht, es war doch zu erwarten, was er zu hören bekam. Mit einem Mal merkte er, wie ruhig es um ihn war. Das war ihm in den letzten Tagen, die er sich durchs Leben gequält hatte, nur nebensächlich aufgefallen. „Gott, diese Stille bringt dich um, Tsuka.“ Ja, das wird es sein. Hier saß, außer Tsukasa selbst, niemand mehr am Küchentisch, mit einer babyblauen Tasse Kaffee vor der Nase und brabbelte Tsukasa mit den noch so kleinlichsten Dingen zu. Jetzt musste das Radio herhalten, welchem Tsukasa noch einmal einen äußerst trotzigen Blick zuwarf. Nichts und niemand war dazu fähig, Karyus Ersatz zu spielen. Das hieße ja, dass man Tsukasas Leben völlig neu aufbauen musste. Und wie sollte das bitte möglich sein? Mit einem weiteren Seufzen, das seinen Körper erschüttern ließ, machte sich eben Besagter mit dem kaputten Leben daran, Kaffee aufzusetzen. Während er das tat, seufzte er noch einmal. Und noch einmal. Das hielt außerordentlich gut vom Weinen ab. Allerdings machte es auch den Eindruck, dass Tsukasa asthmakrank war. Was er um Himmelswillen zum Glück verneinen konnte. Er angelte nach einer Tasse im Schrank über sich und stellte sie auf der Arbeitsplatte ab. Während er den Kaffee hineingoss, merkte er erst, was für ein wertvolles Stück da vor ihm stand. Es war die bereits erwähnte babyblaue Tasse, aus der Karyu immer zu trinken gepflegt hatte. ~Hatte~, durchzuckte es ihn. Tsukasa wusste noch genau, wie er gelacht hatte, als Karyu ihm offenbarte, dass diese Tasse sein Ein und Alles war. Direkt hinter Tsukasa natürlich. Dieser stellte die Kanne weg, hob Karyus Schatz mit Samthandschuhen an und setzte sich an den Küchentisch. Und da stieß er schon wieder auf etwas, was ihn schmerzliche Erinnerungen bereitete. Oder genauer genommen noch sehr lange bereiten wird. Im Kalender, der ihm gegenüber an der Wand hing, kreuzte er doch tatsächlich tagtäglich an, wie lange es her war, seitdem ES passierte. „Tsukasa, du Psychopath…“ Er stürzte seinen Kaffee in drei großen Zügen herunter, wobei er sich die Zunge verbrannte, und stellte die Tasse anschließend in die Spüle, vorsichtig natürlich. Dann griff er nach dem grünen Edding, der direkt unter dem Kalender auf einer weiteren Arbeitsplatte lag. Kaum hatte er ihn berührt, da flammte wieder Wut in ihm auf. Grob löste er die Kappe vom Stift und vergewaltigte den siebten Mai brutal mit einem dicken und fetten Kreuz, das er immer wieder nachzog, bis das Papier so feucht wurde, dass es riss. Das machte Tsukasa noch eine Spur wütender und während ihm wieder Tränen in die Augen stiegen, hämmerte er mit der Stiftspitze auf dem besagten Tag ein, bis diese in den Stift hineingedrückt war. Er setzte dem Edding die Kappe auf und knallte ihn vor sich auf den Boden, sodass diese wieder abflog. Ein Monat, zwei Wochen und fünf Tage. Unwirsch stampfte Tsukasa mit bebendem Körper aus der Küche. Eine Dusche wartete. Sex hin oder her. Auch wenn er gut war. „Yoshida-san?“ „Hai?“ Hizumi blickte von seinem Arbeitsplatz auf, direkt in die Augen seines Vorgesetzten. Matsubara-san war genauso groß wie er, ziemlich pummelig und hatte eine Halbglatze. Die Brille mit den winzig kleinen Gläsern, die er trug, verwandelte sein Sehwerk in Schweinsäuglein. Doch Hizumi konnte ihn eigentlich leiden. Er war nicht ungerecht zu ihm, und so würde er seinen Boss auch nicht als ‚Sesselfurzer’ bezeichnen, wie manche seiner Kollegen, die weniger Glück mit ihm hatten. Hizumi fiel erst jetzt die Mappe auf, die Matsubara ihm nun reichte. Sie war rot und es stand in schwarz ‚Fall Nr. 27 Randgebiet’ darauf. Hizumi erinnerte sich. Der Mann in den Neubauten, der sich in die Luft gesprengt hatte. Er selbst hatte das Gebiet abgesichert. „Ich möchte, dass Sie den Fall übernehmen, Yoshida-san.“ Hizumi reagierte erst nicht, sondern nahm nur zögerlich die Mappe entgegen. „Wieso?“ „Weil Sie dort waren.“ „Aber-“ „Hören Sie!“ Matsubara stützte sich mit beiden Händen auf Hizumis Schreibtisch ab. „Es war kein Selbstmord!“ Verdutzt sah Hizumi seinen Vorgesetzten an. „Aber was hat das damit zu tun, dass-“ „Die Spezialeinheit hat es nicht geschafft, Näheres herauszufinden.“ Er machte eine Pause in der er den jungen Cop musterte. „Sie haben Verstand, und das nicht zu knapp. Das weiß ich, Yoshida-san. Das spüre ich!“ ~Kommt der gerade tatsächlich mit der Ich-Spüre-Dass-Du-Was-Draufhast Nummer?...~ „Ich setzte mein Vertrauen in Sie. Wer auch immer dieses Massaker veranstaltet hat, gehört schleunigst hinter Gitter.“ Hizumi erwiderte die Blicke Matsubaras. Dieser Fall schien ihn sichtlich nervös zu machen. „Aber ich bin nur ein Streifenpolizist. Das hier ist nicht von meinem Kaliber!“ Er deutete auf die Mappe, die er vor sich neben der Tastatur seines PC’s abgelegt hatte. „Jetzt nicht mehr!“ Matsubara-san richtete sich wieder auf und grinste triumphierend. „Sie sind hiermit zum Mitglied der Spezialeinheit befördert.“ Hizumi klappte der Mund auf, unfähig etwas zu erwidern. Matsubara schien zu erraten, was er dachte. „Ich hatte schon länger vor, Sie zu befördern. So wurde es eben ein wenig vorgezogen. Sie nehmen den Fall also an?“ Die Frage klang eher wie eine Feststellung. „Hai…“ „Fabelhaft!“ Matsubara-san glänzte über sein ganzes, kugelrundes Gesicht, wünschte Hizumi noch viel Glück und verließ ihn mit dem Hinweis darauf, dass er in einer Woche erste Ergebnisse haben wollte. ~Sesselfurzer…~ dachte Hizumi erstmalig. Nachdem er einige Sekunden auf die Tür gestarrt hatte, durch die sein Boss wieder verschwunden war, widmete er sich erstmalig der Mappe. Er klappte sie auf und musterte das Foto des Opfers. „Matsumura Yoshitaka, geboren 1982 in Tokyo“, las er leise und lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Nationalität: Japanisch. Augenfarbe: braun. Familienstand: verlobt…“ ~Gott, die arme Frau…~ Hizumi blätterte zur zweiten Seite und ein weiteres Bild, dieses Mal von einem anderen Mann, stach ihm in die Augen. „Oota Kenji, naher Vertrauter…“ Er blickte auf dessen Adresse und die Telefonnummer, die unten auf dem Blatt angegeben war. Dann griff er nach dem Telefon und wählte. Im gleichen Moment, er wusste nicht wieso, begann er zu überlegen, wie lange es jetzt her war, dass dieser Yoshitaka sein Leben gelassen hatte. ~Einen Monat, zwei Wochen und fünf Tage…~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)