Freunde für immer? von She-Ra ================================================================================ Kapitel 5: Zwei Briefe ---------------------- Auch wenn Aramis nun vollkommen verwirrt und durcheinander war, hatte sie aus dem Unfall gelernt und versuchte sich daher auf den Weg zu konzentrieren. Es ihr mehr als schwer fiel, dennoch schaffte sie die nächste Ortschaft zu erreichen. Aber sie machte keine Rast sondern ritt zügig weiter. Erst gegen kurz vor Mitternacht ließ sie ihr Pferd verschnaufen. Ihre Tränen waren längst getrocknet. Das nächste Dorf war noch viele Kilometer entfernt. Es sah ganz danach aus, als müsste Aramis unter freiem Himmel nächtigen. Aber sie hatte Glück und entdeckte einen alten verlassenen Heuschober. Hier konnte sie ihr Pferd füttern und unterstellen. Zudem hatte sie eine trockene Unterkunft. Kaum, dass sie etwas in dem verlassenen Gebäude umgesehen hatte, setzte starker Regen ein. Aramis atmete auf, dass sie nun doch nicht draußen übernachten musste. So wischte sie kurz über die verstaubte Fensterscheibe und sah hinaus ins Dunkel. Viel ausmachen konnte sie nicht, nur die Regentropfen, die an der Scheibe hinunter glitten. Ein leises Seufzen verließ ihre Kehle, dann wand sie sich ab und ging tiefer in den Schober hinein. Aus einer ihrer Satteltaschen holte sie eine Decke und auch eine Kerze hervor. Damit ging sie in eine Ecke und schlug dort ihr Lager auf. Für ein Feuer war es hier zu gefährlich, aber für Kerzenschein würde es für kurze Zeit gehen. Sie wollte das Schreiben des Kapitäns lesen. Aramis entzündete die Kerze und trat, die Flamme mit ihrer Hand schützend, zu ihren Satteltaschen. Lange suchen musste sie nicht. Jedoch hielt sie nicht einen, sondern zwei Briefe in Händen. Der eine Trug Trevilles, der andere das Siegel de la Fère, welches sie in den letzten Tagen häufiger auf dem Anwesen gesehen hatte. Ihr war etwas mulmig in der Magengegend, als sie mit den Briefen zu ihrer Nachtstatt zurückkehrte. Dort ließ sie sich nieder, stellte die Kerze vorsichtig auf Stroh- und Heufreien Boden und öffnete anschließend Trevilles Umschlag. Ruhig überflogen ihre Augen die Zeilen. An machen Stellen musste sie diese erneut lesen, da Trevilles Schrift nicht immer sehr lesbar war. An den Musketier Aramis, eigentlich habe ich dir bei unserem letzten Zusammentreffen etwas überreichen wollen. Etwas was mit deiner Vergangenheit zutun hat. Aber durch deinen Starrsinn konnte dies nicht geschehen. Dein Onkel ist vor geraumer Zeit verstorben und ich erhielt sein Testament. Gewiss wird es dich wundern, woher er wusste, dass ich dich unter meine Fittiche genommen habe, aber nach deiner Ankunft vor vielen Jahren, habe ich nach etwas Zögern ihn kontaktiert. Ich schrieb ihm, dass ich wüsste wo du bist und dass es dir gut geht. Natürlich versuchte er mehr aus mir heraus zubekommen, und er schilderte mir seine Sicht der Dinge, aber ich enthielt mich einer klaren Aussage über deinen Verbleib. Und mein Schweigen hast du dir, durch deinen harten Einsatz immer wieder hart erarbeitet. Zudem kann ich mit Stolz sagen, dass du einer meiner besten Musketiere warst. Dieses Schreiben soll gewiss kein Zwang für dich darstellen, nach Paris zurückzukehren, jedoch würden dich die Zeilen deines Onkels gewiss interessieren. Aber ich überlasse es dir, wie du handeln wirst. Sei dir nur dem gewiss, dass ich das Testament und das Schreiben sicher verwahren werde. Hochachtungsvoll Kapitän Treville Ihr ehemaliger Vorgesetzter war vorsichtig gewesen, bei seinem Schreiben und hatte es daher an Aramis gerichtet, für den Fall, dass dieses Schreiben in Falsche Hände gelangen würde und dafür war sie ihm dankbar. Kurz hatte Aramis schmunzeln müssen. Sie kannte Treville und wusste, dass er niemals so offen zugeben würde, dass er ebenfalls sein Teil zu der lautstarken Diskussion beigesteuert hatte. Doch dann schluckte sie hart, als sie vom Tode ihres Onkels hörte. Er war ihr letzter Angehöriger gewesen. Auch wenn sie nicht immer selber Meinung waren, hatte ihr Herz in gewisser Weise dennoch an ihm gehangen. So traf diese Todesmeldung sie sehr und ein paar Tränen rannen über ihre Wangen. So legte sie das Schreiben beiseite, faltete ihre Hände und sprach leise ein Gebet für den Verstorbenen. Lange hatte sie dies nicht mehr getan, aber sie fand dies für den Moment als das Beste und Einzige was sie tun konnte. Mit gesenktem Haupt saß sie eine Weile so da, bis sie langsam ihre Lider hob und der zweite Brief ihr ins Auge stach. //Warum auch ein Schreiben von ihm?//, fragte sie sich, obwohl sie sich die Antwort schon fast denken konnte. Kurz wendete Aramis Athos Brief, doch außer dem Siegel war nichts zu erkennen. Für einen Moment in Gedanken verloren, strich sie über den Wachsabdruck seines Ringes und spürte somit jede kleinste Erhöhung und Vertiefung. Leicht zitterten ihre Finger, als sie begann das Siegel zu brechen, um das Schreiben hervor zuholen. Fast in Zeitlupe entfaltete sie das Stück Papier und schon bei den ersten Worten schluckte sie hart. Wie soll ich nur beginnen… Eigentlich richtet man ein Schreiben direkt an den Empfänger, aber ich weiß nun nach allem nicht, an wen ich diesen Brief richten soll. An Aramis, den Musketier oder an Mademoiselle Renée d’Herblay. Vielleicht an beide. Ich ging auf diese Reise, um meinen langjährigen Freund Aramis zu finden und ihn dazu zu bewegen zurück nach Paris zukehren. Dies geschah nicht im Auftrage des Kapitäns, sondern weil ich mir Gedanken, sogar Sorgen machte... Weil wir Freunde sind? Schon als ich ihm folgte, merkte ich deutlich, dass aus Aramis in all den Jahren wirklich ein sehr guter Musketier geworden war, seit ich ihn das erste Mal gesehen hatte. Es ist eine Kunst kaum Spuren zu hinterlassen. Es hat mich sogar beinah verzweifeln lassen und es war wirklich ein Wunder, dass ich ihn fand. Oder war es ein Zeichen Gottes gewesen? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, und ich werde wohl niemals eine Antwort darauf bekommen. Ich wollte gewiss nicht spionieren, aber dieses Medaillon ist mir ab und zu bei Aramis aufgefallen. Aber nicht, weil es so offen zur Schau getragen wurde, sondern in geheimen Momenten, die scheinbar unbeachtet sein sollten. Ich war zu erst der Ansicht, dass es ein Geschenk einer Liebsten sein könnte. Aber mit den Jahren dieser Freundschaft sah ich ihn nie in Begleitung einer jungen Dame. Natürlich wurde er oft Mittelpunkt durch das Necken der anderen, aber er hat sich scheinbar nichts daraus gemacht. Ich fragte mich daher ab und zu, ob ihn ein Geheimnis umhüllt, welches er mit niemandem teilen konnte. Vielleicht hoffte ich sogar, dass er sich mir eines Tages anvertrauen würde. Aber dazu hätte ich ihn niemals gezwungen. Zudem hatte ich selber ein Geheimnis. Meine Vergangenheit. Und dass diese mich jemals wieder einholen würde, hatte ich niemals erwartet. Aber ich hätte es besser wissen müssen. Und so schien es auch Aramis zugehen. Dies wurde mir erst Stück für Stück bewusst. Der Anstoß daran war das Medaillon. Als ich es fand, wollte ich es in meiner Tasche sicher verstauen, da ich es erkannt hatte, aber ohne es zu wollen, öffnete es sich in meinen Finger und ich sah ein Bild. Im ersten Moment hatte ich den Eindruck, dass Aramis Augen mich ansahen. Jedoch konnte dies nicht möglich sein, da Aramis doch ein Mann war. So zog ich den Schluss daraus, dass er eine Zwillingsschwester haben musste. Ich war mir meiner Sache sicher, doch dann entdeckte ich die Inschrift auf der Rückseite, was mich wieder stutzen ließ. Jedoch kam ich zu der Ansicht, dass wenn er wirklich eine Zwillingsschwester hatte, das dieser etwas zugestoßen war. Und er auf Rache aus war. Dies würde mit Trevilles Worten zusammen passen. Dennoch blieb tief in mir ein merkwürdiges Gefühl. Genau erklären konnte ich es nicht, denn ich war noch nie ein Mensch, der dies vermochte. Zudem habe ich nie viele Worte darüber verloren. Das Medaillon gab mir dennoch die Hoffnung Aramis wieder zu finden und das Glück schien mir abermals holt zu sein. Ich sah ihn wieder, aber er wirkte verändert. Nicht das mir eine Wandlung seinerseits in den letzten Wochen nicht entgangen wäre, aber es ließ mich jedoch stutzen. Ich versuchte mich daher normal zu verhalten, auch wenn ich eine Spur von Angst und auch Fluchtgedanken in seinen Augen sehen konnte. Irgendetwas musste ich mir einfallen lassen. Es bedurfte eines dringenden Gespräches. Daher kam die Einladung zur Jagd am nächsten Tag sehr gelegen. Deutlich sah ich ihm an, dass er dies nicht wollte und ich konnte seine Gedankengänge nachvollziehen. Er würde die nächste Möglichkeit zur Abreise suchen. Und so geschah dies. Aber ich war ihm gefolgt und versuchte ihn nun zur Rede zu stellen. Ich schäme mich heute noch, viel zu direkt gewesen zu sein und ihn geradezu verjagt zu haben. Hätte ich das nicht getan, wäre dieser Unfall nicht geschehen, den ich verursacht habe. Aber noch nie habe ich Tränen in seinen Augen und ihn zudem so verletzlich gesehen. Ich gebe ehrlich zu, dass dies mich mehr als hart traf. Niemals hätte ich es vor Gott und meinem Gewissen rechtfertigen können, ihn auf dieser Lichtung liegen zu lassen. Daher brachte ich ihn zu mir und ließ sofort nach einem Arzt schicken. Mit diesem hatte ich ein langes Gespräch. Weniger wegen den Verletzungen, eher wegen einer anderen Sache. Aramis war nicht der, für den er sich Jahrelang ausgegeben hatte. Auf einer Seite wurden Dinge für mich verständlich. Sie wurden klar, wie der Sonnenschein. Warum ich Aramis niemals in Begleitung einer Frau gesehen hatte. Wieso er bei unseren Reisen immer zuerst im Zimmer verschwunden war. Warum seine ganze Gestalt geradezu zierlich und schmächtig wirkte. Ohne es zu bemerken, hatte er uns die ganzen Jahre hinters Licht geführt. Er war eine sie und hieß nicht Aramis sondern Renée. Im ersten Moment war es für mich, wie ein Schlag ins Gesicht. Wir waren immer die besten Freunde gewesen und wir haben oft über Dinge gesprochen, was gewiss nicht für Frauenohren bestimmt gewesen waren. Zudem fühlte ich mich verraten und betrogen. Waren all die Jahre wirklich nichts? Jedoch die Tage brachten mich zum Nachdenken. War ich in einigen Dingen nicht ebenfalls kein Stück besser als Renée? Ich hatte ebenfalls meine Vergangenheit verleugnet. Gewiss aus anderen Gründen, aber ich tat es. So verrauchte langsam aber sicher meine Wut. Ich verspürte sogar etwas wie Erleichterung in mir. Das mag gewiss missverständlich sein, aber mir wurde, je länger ich mich damit beschäftigte, leichter ums Herz. Auch verschwieg ich einige Dinge, nicht nur meine Vergangenheit betreffend, sondern auch dem hier und jetzt. Teils belog ich mich damit sogar selber. Ich war nie ein Mensch großer Worte, aber meine Gedanken hätte ich niemals zur Sprache bringen können. Es ist niemals leicht über seine Gefühl und Gedanken zu reden und ich verspürte sogar etwas wie Angst davor. Gewiss halten mich alle für mutig, aber dem ist nicht so. Mit Aramis habe ich immer reden können, aber mit Renée war dies nicht so leicht. Beiden teilten sich so viel, aber dennoch waren sie vom Grunde her verschieden. Ich hatte auf einmal das Gefühl keinen von beiden wirklich zu kennen. Dies schürte das Angstgefühl in mir. Ich hoffe, du verzeihst mir, dass ich die ganzen Tage dir ausgewichen bin. Aber ich brauchte diese Zeit. Dabei ist mir so einiges bewusst geworden. Gern hätte ich mit dir darüber gesprochen, mit dir Aramis, aber auch mit dir Renée. Jedoch hatte ich in deinen Augen immer wieder die Flucht und auch Furcht gesehen. Das ließ mein Herz schwer werden. Niemals würde ich dich mit dem Degen vor der Brust an die Wand drängen und dich zum Reden zwingen. So sah ich die einzige Möglichkeit dir Frieden zubringen, in dem ich dich ziehen lasse. Ich wünsche dir aus tiefstem Herzen alles Gute. Das du dein Glück findest und dich nicht mehr verstecken musst. Zudem musst du dir keine Sorgen machen. Ich werde niemanden, auch Porthos und D’Artagnan, nichts von deinem Geheimnis erzählen. Es wird bei mir sicher sein. Wir beide werden nun unsere Wege gehen. Jeden ist dieser, der meine, vorbestimmt. Ich werde mein Leben als Graf de la Fère fortführen. Meine Aufgabe in Paris ist beendet und Athos, den Musketier, gibt es nicht mehr. Wie du Leben wirst, kann ich mir nicht vorstellen. Wirst du als Renée in dein altes Leben zurückkehren oder wirst du weiter als Aramis reiten? Dafür wünsche ich dir aus tiefstem Herzen alles Gute und das dein Geheimnis niemand erfahren wird. In Liebe Oliver de la Fère Aramis konnte kaum glauben, was sie da las. So kannte sie Athos wirklich nicht. Er war immer in sich gekehrt gewesen und sie konnte sie vorstellen, wie viel Kraft er für diesen langen Brief einsetzen musste. Sie hätte verstanden, wenn er ihr die Freundschaft auf ewig gekündigt und sie verflucht hätte. Aber dies hatte er nicht getan. Er hatte stattdessen Vergleiche zu seinem Leben gezogen. Damit hatte Aramis wirklich nicht gerechnet. So hinterließ der Brief unter anderem eine große Rührung in ihr. Aber sie spürte dennoch, wie viel Traurigkeit in diesen Worten steckte, auch wenn Athos kaum auf seine eigenen Gefühle einging und dies traf Aramis sehr. Wieder und wieder musste sie seine Zeilen lesen, bis sie die Kerze löschte und sich auf ihrem Nachtlager ausstreckte. Noch immer prasselte der Regen auf das alte Dach, aber Aramis registrierte dies nicht wirklich. Ihre Gedanken kreisten nur um ihn. //Wie soll ich glücklich werden? Und wo soll ich mein Glück finden? Ich weiß nur, dass ich es gefunden und auch wieder verloren habe. Dies wird sich auch nicht ändern, egal wie lange ich auch durch die Lande reisen werde. Mein Herz wird immer an einem Ort verweilen. Dort wo er ist. Es gehört ihm auf ewig!// Mit diesen Gedanken schlief Aramis ein. Dabei glänzten zwei Tränen in ihren Augenwinkeln. Als sie erwachte, war es noch immer dunkel. Sie glaubte, dass es noch immer Nacht war, jedoch war dem nicht so. Nur der Himmel war Wolkenverhangen. Die nahen Bäume ließen ihre Äste durch das nasse Laub traurig hängen. Kein Vogel zwitscherte und kein Tier war weit und breit auszumachen. Es sah unter diesem Regenschleier genauso wie in Aramis Inneren aus. Da es keinen Anschein machte, dass sich das Wetter in naher Zukunft sich ändern würde, beschloss sie hier zubleiben. Zum Glück hatte sie etwas Proviant dabei, so konnte sie erst einmal etwas zu sich nehmen. Das ihre Gedanken wieder bei Athos hingen, konnte sie nicht unterdrücken. Aber irgendwo wollte sie das auch nicht. Sie fragte sich, wie es ihm nun gehen und was er gerade tun würde. Aramis malte sich in Gedanken alle möglichen Dinge aus, was sie im Nachhinein nur noch Seufzen ließ. Sie hatte einfach im Moment zuviel Zeit und dies ließ ihre Gedanken immer wieder kreisen und ihr Herz dabei schwer werden. Dabei fiel ihr nicht einmal direkt auf, dass sie in den letzten Tagen mehr geweint hatte, als wie sie es in den vergangenen Jahren je getan hatte. Aramis war einfach nur aufgefühlt und versuchte dem inneren Chaos Herr zu werden und sich auf ihre eiserne Disziplin zu berufen, die ihr sonst immer zu ihrem Erhalt geholfen hatte. Aber wirklich helfen tat ihr dies nicht. Sie übte einige Fechtangriffe, um damit auf andere Gedanken zukommen. Aber das Ergebnis war nur, dass sie am Ende geschafft war und ihre Gedanken noch mehr kreisten. Immer wieder hatte sie sich dabei an Worte Athos erinnert, als er sie im Fechten unterwies. Wie sie den Degen führen und die Taktik ihres Gegners herausfinden musste. So wurde Aramis erneut klar, wie sehr sich ihre kleine Welt immer irgendwie um Athos gedreht hatte und sie nun so gesehen vor dem nichts stand. Und damit wusste sie im Moment nicht umzugehen. Daher ließ sie sich wieder auf ihre Lagerstätte fallen und starte von dort an die mit Spinnenweben benetzten Dachbalken. //Was soll ich nur tun?// Mit diesem Gedanken und erschöpft von ihren Übungen, nickte Aramis wieder ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)