Scarlet Red Blood von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: 1.Regen, Gräber und eine merkwürdige Begegnung --------------------------------------------------------- Prolog Ich hätte nie gedacht, dass sich meine Welt jemals so auf den Kopf stellen würde, dass ich alles verlieren würde, was mir wichtig war in meinem bisherigen Leben. Doch ich bin bereit dies aufzugeben, denn ich bin jetzt stärker, weiß welchen Weg ich einschlagen will, auch wenn es nicht der leichteste sein wird. Endlich fühle ich mich lebendig, so lebendig wie nie zuvor. Und doch fehlt noch ein kleiner Schritt, um dem für mich vorgesehenen Schicksal zu entgehen. Doch auch zu diesem war ich nun bereit, egal wie schmerzhaft und gefährlich es werden sollte, ich hatte IHN an meiner Seite. .Regen,Gräber und eine merkwürdige Begegnung Wie jeden Sonntag stand ich früh auf und blickte zum Fenster hinaus. Zu meiner Enttäuschung hing wieder mal eine Nebelschwade über dem Ort. Wieder einmal ein verregneter Augustmorgen im düsteren Richland, Wahpeton, USA. Missmutig schnappte ich mir meine Jeans, meinen schwarzen Lieblingspulli, frische Unterwäsche und verschwand im Bad. Doch dies tat ich so leise, wie möglich um auch niemanden zu wecken, da um 6 Uhr morgens am Wochenende das Haus in Stille getaucht war. Doch ich mochte diese Stille sehr, ja ich genoss sie sogar. Ich wusch mir das Gesicht und kämmte mir mein nussbraunes Haar um mich dann anschließend im Spiegel zu betrachten. Mir lächelte ein braunhaariges Mädchen mit noch brauneren Augen und blassem, nahezu ungesundem Teint schüchtern entgegen. Ja, das war ich, die graue Maus Scarlett Henderson. Egal was ich tat, es brachte mir nicht mehr Selbstbewusstsein. Nein ich war immer noch unscheinbar wie eh und ja, da halfen auch die neue Frisur und die Kontaktlinsen nicht. Mittlerweile trug ich meine langen Haare nicht mehr zu einem Zopf sondern offen, mit einem Stufenschnitt, doch trotzdem hatte ich immer noch keinen Freund bekommen, geschweige denn andere neue Bekanntschaften gemacht. Und dass obwohl ich jetzt schon seit 11 Jahren hier lebe, was in Anbetracht dessen, das ich mittlerweile schon 17 bin, fast mein ganzes Leben war. Doch ich wusste, dass mein einsames Leben nicht nur an meinem Äußeren lag, sondern viel mehr an meiner Einstellung. Alles hier war in einen Grauton gehüllt und so war auch meine Laune. Ich träumte von einem weißen Strand, der strahlenden Sonne, doch dies waren nur noch Kindheitserinnerungen, die lange zurücklagen. Ich seufzte leise auf und richtete meinen Blick auf die Uhr im Bad um erschreckend festzustellen, dass der große Zeiger schon eine halbe Runde weiter gewandert war. „Na das fängt ja schon gut heut morgen an“. Also schlüpfte ich schnell in meine Jeans,stülpte mir den schwarzen Pulli über und rannte anschließend in mein Zimmer, welches im zweiten Stock, direkt unterm Dachboden lag um dort meine braunen Stiefel über die Jeans anzuziehen. Bevor ich die Tür meines Reiches schloss, blickte ich noch einmal zurück um sicher zu gehen, dass ich auch alles dabei hatte. Dann schlich ich schließlich die Wendeltreppe hinunter und befand mich sogleich in der Diele. Dort angekommen nahm ich meinen knallroten Mantel, der mir zu Auffälligkeit verhelfen sollte, von der Garderobe und war bereit das Haus zu verlassen. Doch kurz bevor ich nach der Türklinke griff entschloss ich mich doch noch den Regenschirm mitzunehmen. „Ohne den kommt man hier ja nicht weit.“ Gut gewappnet trat ich nun endlich hinaus. Der Wind blies mir kräftig ins Gesicht und es war immer noch düster um mich herum. Zitternd und gegen den Wind ankämpfend schritt ich langsam voran. Ich ging durch die verlassene Straße bis ich an eine Allee kam. Es war mein typischer Weg, den ich jeden Sonntag auf mich nahm. Langsam ging ich an den Bäumen vorbei, die ewig aneinandergereiht zu sein schienen. Der Regen prasselte heftig auf meinen schwarzen Regenschirm, den ich krampfhaft umklammerte. Nach einigen, mir ewig erscheinenden, Minuten erreichte ich endlich die nächste bewohnte Straße und somit kam ich auch meinem Ziel ein wenig näher. Erleichtert atmete ich auf und summte ein Lied leise vor mich hin. Das machte ich immer um die Langeweile zu vertreiben und träumte wieder einmal vor mich hin, wie es wäre in einem sonnigeren Staat wie zum Beispiel Florida zu leben. Was ja früher einmal der Fall war, als ich ein sechsjähriges Mädchen gewesen war. Damals lebte ich noch wie jedes normale Kind im Haus meiner Eltern. Ich war glücklich, spürte, dass sie mich liebten, hatte viele Freunde, war lebensfroh und munter. Doch dann traf mich das Schicksal wie noch nie zuvor. Ich war noch zu jung um diesen Schlag richtig wegzustecken, um zu verstehen, dass ich von nun an allein sein sollte. Dass ich meine Eltern nun hier besuchen musste. Während ich über dies nachdachte schritt ich auch schon durch das schwere schwarze Tor und fand mich kurz vor einem Stein mit der Aufschrift: „Hier liegen in ewiger Ruhe Jane Mary Henderson geb. Smith und George Henderson.“ Das war die grausame Wirklichkeit. Seit dem Tod meiner Eltern wohnte ich bei meinem Großvater und meinem Onkel, den Smiths. Doch obwohl meine Eltern nun schon so lange nicht mehr bei mir sein konnten, vermisste ich sie jeden Tag aufs Neue und besuche sie so oft wie möglich. Es gab mir Kraft mit ihnen zu sprechen. Vermutlich war dies der Grund dafür, dass ich nur eine Freundin hatte; andere Jugendliche hatten am Wochenende besseres zu tun, als auf den Friedhof zu gehen. Wie jedes Mal stand ich im Regen vor ihrem Grab und musste mit den Tränen kämpfen. „Hallo Mum, Hallo Dad. Ich hoffe es geht euch gut. Mir geht es den Umständen entsprechend. Onkel Mike und Opa sind sehr freundlich zu mir. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie sehr sie auf mich aufpassen.“ Ich lächelte und kam mir gleichzeitig auch ziemlich blöd vor immer hier zu reden, obwohl ich doch allein hier stand. Doch ich redete unbeirrt weiter. „Letzt erst bestand Mike darauf mich in der Schule abzuholen, nur weil es ein bisschen mehr regnete, obwohl es hier ja ständig regnet. Tja, früher hast du das immer gemacht Dad.“ Ich merkte wie sich eine Träne ihren Weg über meine kalte Wange bahnte. „Ach ihr fehlt mir so sehr. Warum habt…“ doch diesen Satz vollendete ich nicht mehr, denn ich hatte plötzlich das Gefühl beobachtet zu werden. Ich wusste nicht warum, doch ich war mir sicher nicht mehr allein zu sein. Schnell wirbelte ich herum und da sah ich IHN. Auf einem Grab in nur wenigen Metern Abstand saß ein schwarzhaariger Junge entspannt mitten im Regen. Sein Rücken war an den Grabstein gelegt und machte insgesamt einen lässigen Eindruck. Ich blickte ihn verwirrt an. ~Welcher Verrückte setzt sich diesem Wetter freiwillig ohne Regenschirm aus? Und das um diese Uhrzeit bei der Normalsterbliche noch schlafen? Vor allem seit wann wählt man einen Grabstein als Sitzgelegenheit~. Ich starrte ihn unentwegt an, bis mir bewusst wurde, wie bescheuert ich wohl aussehen musste. Er grinste mich an und ich konnte unter seinen Haarsträhnen, die ihm ins Gesicht fielen grüne geheimnisvolle, jedoch wunderschöne Augen erkennen. Langsam ging ich einen Schritt vor. Er wischte sich eine Strähne seiner zerzausten Haare aus dem Gesicht,doch obwohl sowohl sein Haar, als auch seine Kleidung völlig durchnässt waren, blieb er immer noch unbeirrt im Regen sitzen. „Du fragst dich wohl, was ich bei diesem Wetter hier mache oder?“,sagte er grinsend. Schweigend stand ich da, denn sein perfektes Aussehen lenkte mich zu sehr von dem ab, was er sagte. Ich musste mich zwingen, ihn nicht von oben bis unten zu mustern, doch auch durch einen kurzen Blick war mir aufgefallen, dass er unglaublich gut aussah. Das schwarze, nasse T-Shirt zeichnete einige Muskeln ab, sportlich, jedoch nicht übertrieben. Er schien in meinem Alter zu sein, wenn er auch größer war und für einen Teenager schon ziemlich markante Gesichtszüge hatte, soweit ich dies beurteilen konnte. Unsere Blicke trafen sich kurz, doch dann schaute ich beschämt zu Boden. Doch im nächsten Moment blickte ich wieder auf, um kurz seine wunderschönen Augen zu sehen. Dabei fiel mir auf, dass er ebenfalls einen sehr blassen Teint hatte, sogar noch weißer als meine Haut. Doch es stand ihm vorzüglich. Diese weiße Haut, so klar und das schwarze Haar, bildeten eine wunderschönen Kontrast der von seinen smaragdgrünen Augen abgerundet wurde. Ich nickte stumm und brachte dann nervös ein „Wer bist du?“ hervor. Er machte eine ruckartige Bewegung und beugte sich ein wenig nach vorne, jedoch immer noch auf dem Grab sitzend. „Du musst nicht wissen, wer ich bin. Es geht hier nur um dich und dein Schicksal. Du wirst mich noch früh genug kennen lernen und dies auch sehr schnell bereuen.“ Bei diesen Worten durchzog ein siegessicheres Grinsen sein Gesicht. Als ich dies hörte durchflutete mich eine Welle der Angst. Das konnte er doch gar nicht ernst meinen, redete ich mir ein und beruhigte mich wieder ein wenig. Statt der Angst weckte sein wirres Gerede meine Neugier. „Macht es dir eigentlich Spaß im Regen zu sitzen?“, grinste ich nun zurück und ging auf ihn zu. Doch mit jedem Schritt, den ich mich ihm näherte wurde seine Miene finsterer. Seine Augen verloren ihren grünen Glanz, wurden immer dunkler, gefährlicher. Er kauerte sich zusammen und umklammerte krampfartig seinen Körper. Ich blickte ihn erschrocken an, ob er wirklich gesundheitliche Probleme hatte? Schnell rannte ich entschlossen auf ihn zu und wollte ihm beruhigend über sein rabenschwarzes kurzes Haar streicheln, doch gerade als meine Hand sich ihm näherte war ein leiser Hauch zu vernehmen.„Geh weg.“ Hatte ich das richtig verstanden? „Ich kann dich doch nicht in diesem Zustand allein lassen.“ Gab ich empört zurück und startete einen neuen Versuch mich ihm zu nähern. Doch in dem Moment als meine Fingerspitzen seinen Kopf zu berühren drohten, hob er ruckartig seinen Kopf. Seine Augen, die zuvor noch strahlend grün gewesen waren, waren nun in ein bedrohliches schwarz getaucht. Blitzschnell umfasste seine feingliedrige Hand mein Handgelenk und er blickte mich zornerfüllt an. „Hast du mich nicht verstanden? Du sollst verschwinden“, knurrte er mich an. Ein Schauer durchzog meinen Körper, doch trotz dessen war ich nicht bereit ihn hier allein zurückzulassen. Irgendwas zog mich magisch an, ließ mich entgegen meiner Angst und meiner sonstigen Art handeln. Sonst sagte ich nie meine Meinung, ging allen möglichen Ängsten aus dem Weg, doch dieses Mal war es etwas anderes. Entschlossen hielt ich seinem Blick stand und schüttelte nur den Kopf. Seine kalten Finger bohrten sich immer tiefer in meine helle Haut. Er meinte es ernst, so viel war nun sicher. „Verschwinde endlich.“ Doch langsam wich die Düsterheit seiner Augen einem grünlichen Glanz. Sein Blick durchbohrte mich eindringlich. „Bitte vertrau mir. Ich komme schon klar“, flüsterte er mir zu, doch dann hob er seine Stimme wieder „Jetzt verschwinde endlich!“. Dieser Satz hallte über den Friedhof, der in Stille getaucht war, als stände die Zeit still. Mir wurde der tiefe samtige Klang seiner Stimme bewusst, die sich selbst wenn er wütend war schöner anhörte, als alle Männerstimmen, die ich zuvor gehört hatte. Doch dieses Mal lag in seiner Stimme nicht nur Zorn, sondern auch Sorge klang hervor. Ich nickte ihm zu und meine Stimme, die mir endlich wieder das Reden gewährte war leise zu vernehmen. „Okay ich werde gehen. Doch versprich mir, dass dir nichts passieren wird.“ Ich blickte ihn besorgt an. Irgendwie wollte ich ihn nicht verlassen, obwohl mir zuvor noch ein Schrecken, die Kehle zugeschnürt hatte. Trotz seines Zornes konnte ich seinem Blick auch eine gewisse Einsamkeit entnehmen. Langsam schien er sich wieder zu beruhigen. Seine Augen wurden sanfter, seine Muskeln entspannten sich und ich deutete dies als Erleichterung. Was war nur mit ihm los? Er hob seinen Kopf, so dass er mir nun direkt in die Augen sah. „Scheinbar bist du doch einsichtiger, als ich gedacht hätte“, sagte er mit einem gespielten Lächeln. „Keine Angst mir passiert schon nichts. Doch bitte geh jetzt so schnell du kannst.“ Bevor ich entgegnen konnte zuckte sein Körper erneut und zugleich kam seine verkrampfte Körperhaltung zurück. Reflexartig nahm ich Abstand, wollte sogleich aber wieder auf ihn zugehen. Doch dann fiel sein zorniger Blick auf mich, um mich erstarren zu lassen. „Mach schon…“ keuchte er. Es schien ihm schwer zu fallen zu reden. Doch mit aller Kraft vollendete er diesen Satz so laut, dass er mir Gänsehaut verursachte. „Mach schon verschwinde.“ Dieser Satz hallte mir den gesamten Rückweg durch den Kopf. Ich wusste zwar nicht warum, doch mein Körper hatte ohne meine Einwilligung den Friedhof verlassen. Ich rannte die von den Bäumen eingegrenzte Straße entlang und blieb erst stehen, als die Klinke unserer Tür in greifbarer Nähe war. Erschöpft atmete ich tief ein, meine Knie zitterten. ~Was war das für eine merkwürdige Begegnung? ~ Im selben Moment hatte ich das Gefühl, dass es nicht unsere letzte sein würde. Ich würde ihn wieder sehen, da war ich mir sicher. Komischerweise zauberte mir genau dieser Gedanke ein Lächeln aufs Gesicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)