Zweifel von YouKnowNothing (BxF) ================================================================================ Kapitel 1: erstes und letztes (?) --------------------------------- >Soll ich? < fragte er sich immer wieder. Er sah eigentlich keinen Sinn mehr in seinem Leben, aber irgendwie hatte er Zweifel… Irgendwas hielt ihn davon ab, einfach abzudrücken. Unsicher nahm er die Pistole von seiner Schläfe und sah sie an. Verlockend sah sie aus, wie sie im Mondlicht glänzte. Nur ein kurzes Zucken mit dem Zeigefinger, und alles wäre vorbei. Eine seltsame Vorstellung… eine unwürdige Art zu sterben, fand er. Aber eine schnelle, unkomplizierte Art. Seufzend vergrub er das Gesicht in den Händen und dachte nach. Er hätte keine Sorgen mehr, keine Probleme mehr, kein Liebeskummer mehr… Dabei hatte alles so schön angefangen: ihre Band, die Ärzte, kam gerade richtig zum Erfolg, sie hatten Spaß und auch Geld. Sie waren noch nicht wirklich reich, aber es ließ sich angenehm leben. Und dann der gemeinsame Urlaub: er und Farin waren zusammen weggefahren. Farin hatte den Vorschlag gemacht, die Ärzte aufzulösen. Und sie hatten es getan. Und ab da lief alles schief: Er verlor den Kontakt zu Farin, seine Band hatte keinen Erfolg, seine Freundin verließ ihn… Und jetzt war ihm eigentlich alles viel zu viel. Er hatte in letzter Zeit viel zu viel getrunken, zu wenig geschlafen, nicht richtig gegessen und Drogen genommen… er war nicht nur seelisch am Ende, mittlerweile war er es auch körperlich. Und nur er allein war es schuld: Jan! Hätte er den Vorschlag doch erst zwei Wochen später gemacht! Vielleicht hätte er es bis dahin geschafft, ihm seine Liebe zu gestehen. Aber nein, es hatte nicht sein sollen. Er blickte auf und spürte, wie ihm Tränen über die Wangen liefen. Er wollte nicht mehr an den Blonden denken, an seinen ehemals besten Freund, der alles zerstört hatte. Zittrig sah er auf die Waffe. Nur ein kurzes Zucken, dann hätte sich alles erledigt… Ein kleiner Teil in ihm sträubte sich dagegen. Sagte ihm, dass es nicht wirklich half. Er würde einige Menschen damit sehr verletzen, das war ihm klar. Das heißt… eigentlich war ihm fast jeder in letzter Zeit egal… >Nicht ganz. < überlegte er. Rod würde ihn vermissen, und er hatte ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber. Der Chilene war ihm ein guter Freund geworden. Er hatte versucht, ihm zu helfen, ihn von den Drogen und dem vielen Alkohol wegzubringen, aber er hatte es nicht geschafft. Bela war sich nicht sicher, ob der Jüngere das wusste. Wahrscheinlich aber schon, er war gut darin, solche Dinge zu erkennen. /Und Jan?/ fragte ein kleiner Teil in ihm. Diesen Teil hatte er immer verdrängt, wollte nicht darüber nachdenken. Der Blonde hatte ihn betrogen, hatte ihn verlassen, sein Leben zerstört. Ihm war es doch sicher egal, ob er lebte oder starb! Er wollte den Blonden dafür hassen, aber er konnte es nicht. Er liebte ihn, mehr als er je einen Menschen geliebt hatte. Wieder setzte er die Waffe an. Er schloss die Augen. /Geh doch zu ihm. Sieh ihn dir noch einmal an. Vielleicht ist er ja gar nicht so glücklich, wie du denkst./ „Halt die Klappe“, murmelte der Schwarzhaarige. Es kam von den Drogen… hoffte er. Die Stimme, die ihn immer mit Jan nervte. Oder er wurde verrückt. Aber eigentlich war es egal, schließlich wollte er endlich den letzten Schritt tun. /Es kann nicht schaden./ Er hasste sich selbst dafür, dass er diesem Wahnsinn nachgab. Und doch, es war verlockend. Den Blonden noch einmal sehen. Wahrscheinlich hatte er mehr Glück… er würde noch einmal sein Lachen sehen können, ehe er abdrückte. Grinsend steckte er die Waffe ein. Vielleicht konnte er es so drehen, dass Farin ihn sah, wenn er sich den Schuss gab. vielleicht würde er so auch das Glück des Blonden zerstören. Zittrig stand er auf. Er wusste zwar genau, dass er total high war und auch alles andere als nüchtern, also dass sein Denken, sein Handeln keiner Logik folgte, aber er wischte die Gedanken beiseite. Rod hatte es ihm immer gesagt: „Tu nie etwas, was sich auf dein Leben auswirkt, wenn du getrunken hast oder was genommen hast!!“ Immer und immer wieder hatte er es ihm gesagt. Und der Schwarzhaarige wusste genau, dass er Recht hatte. Aber es war ihm egal. Mittlerweile war er längst auf dem Weg zu Farins Wohnung. Es war ihm egal, ob er es später bereuen würde oder ob er es nicht tun würde, wenn er nüchtern wäre, denn er würde keine Zeit mehr haben, es zu bereuen. Es würde kein ‚später’ mehr geben… Keuchend stand er vor der Wohnung des Blonden. Er war sich nicht sicher, warum er gerannt war. Eigentlich hatte er sich so nur noch mehr Zeit gestohlen… Nun ja. Zögernd blieb er stehen. Wie sollte er es machen? Schließlich sollte ihn der Blonde nicht allzu früh sehen. Am besten sollte er eigentlich nur den Schuss hören und ihn dann sehen… Grinsend streifte er um das Haus des Jüngeren. ‚Tu nichts Dummes!!’ hallten ihm die Worte seines Freundes durch den Kopf. „Doch… tut mir Leid, Rod…“, murmelte und stand endlich vor dem Wohnzimmerfenster des Blonden in dessen Garten. Vorsichtig sah er hinein. Farin saß auf seinem Sessel… Wie oft hatten sie in diesem Zimmer zusammen herumgealbert oder Demos für die Ärzte gehört? Seufzend schüttelte er den Kopf. Er spürte, dass die Wirkung des Alkohols und der Drogen langsam nachließ. Er sollte sich beeilen, bevor ihm wieder der Mut fehlte. Wieder sah er auf Farin. Er saß zusammengesunken in seinem Sessel und schien alles andere als glücklich. Verwirrt blinzelte er und trat leise etwas näher an das Fenster. >Was hat er denn? < Vorsichtig beobachtet er den Blonden, vergaß seinen Plan, vergaß die Waffe in seiner Hand. Wieder trat er näher, übersah dabei allerdings einen Stein und stolperte. Der Gitarrist blickte auf. Für Sekunden trafen sich ihre Blicke, der Schwarzhaarige sah genau, dass Farin ihn erkannte. Sollte er rennen? Der Blonde stand langsam auf, fast so, als habe er Angst davor, er könne ihn erschrecken, wenn er eine hektische Bewegung täte, ähnlich wie bei einer Katze oder einem Vogel. Erstarrt blieb der Schwarzhaarige stehen, starrte in die grün-braunen Augen. /Was tust du?? Dein Plan geht flöten! Er hat dich gesehen, dann schieß doch endlich!!/ Unsicher wich der Kleinere ein Stück zurück, sah auf die Waffe. Ganz langsam hob er die Waffe und setzte sie an seiner Schläfe an, beobachtete den Blonden. Dessen Augen weiten sich vor Schreck, hektisch rannte er aus dem Zimmer. /Was tust du?! Schieß endlich!!/ Wie sehr er diese Stimme doch hasste! /Schieß, und ich verschwinde mit dir…/ Das klang natürlich viel verlockender. Sollte er…? „Dirk!!“ Der Schrei des Blonden überraschte ihn, ließ ihn den Kopf in seine Richtung drehen. Wieder trafen sich ihre Blicke. Der Blonde schien verzweifelt, schien nicht richtig zu wissen, was er tun sollte. Er stand einige Meter von ihm entfernt, nur mit Shorts und einem T-Shirt bekleidet. „Verdammt, Dirk, was tust du da?? Leg die Waffe weg, bitte!!“ Er klang verzweifelt. Ob er sich Sorgen machte? /Wohl kaum… Der will nur keine Leiche in seinem Garten liegen haben./ „Warum?“ Der Kleinere war vollkommen ruhig, keine Spur von Angst lag in seiner Stimme. „Ich hab nichts zu verlieren, Jan… Mein Leben hast du längst zerstört, meinen Körper habe ich selbst zerstört…“ Er grinste. „Und ich glaube, ich werde verrückt…“ „Dirk, hast du was getrunken? Oder Drogen genommen? Bitte, hör auf, nimm die Waffe runter!“ „Ja… Ja, ich hab getrunken. Ich hab Drogen genommen. Oft. Und viel. Und jetzt auch. Sag mir, warum soll ich nicht alles beenden?“ Der Blonde ging einige Schritte auf ihn zu, aber mit jedem Schritt, den er ihm näher kam, wich der Schwarzhaarige weiter zurück. „Bleib mir vom Leib, oder ich drücke sofort ab!“, drohte er leise. Sofort blieb der Blonde stehen. Verzweifelt sah er ihn an, wischte sich über die Augen. Bela hatte sie trotzdem gesehen, die Tränen, die der Jüngere versuchte, zurückzuhalten. „Warum? Warum soll ich´s nicht beenden?“, fragte der Kleinere wieder. „Weil ich dich liebe!“, schrie der Blonde verzweifelt. Mittlerweile liefen ihm Tränen über die Wangen und er zitterte am ganzen Körper. /Er lügt!/, zischte die Stimme in seinem Kopf. „Ach? Und warum hast du dann mein Leben zerstört?“ „Es tut mir Leid! Ich hab gedacht, dass das ne gute Idee wäre! Ich hab doch nicht wissen können, dass das alles so fürchterlich schief läuft!! Leg… leg die Waffe weg, bitte!! Du bist betrunken, du bist high, du weißt doch gar nicht, was du machst!“ „Ach ja?? Seit Monaten weiß ich nicht, was ich tun soll!! Da brauch mich das doch jetzt auch nicht mehr zu interessieren!!“ „Dirk, bitte… Leg die Knarre weg… Mach keinen Scheiß! Ich will dich nicht verlieren, bitte!! Erinnere dich doch an früher, vor der Auflösung! Ich hab dich immer geliebt, immer! Und war immer zu feige, es dir zu sagen! Du kannst dir jetzt nicht den Schuss geben, bitte, bitte!!“ Unsicher sah Bela seinen besten Freund an. Er sah, wie dieser mit den Tränen kämpfte und scheinbar um Worte rang, um ihn davon abzuhalten, sich zu erschießen. /Jetzt lass dich bloß nicht verunsichern!! Du bedeutest ihm nichts! Gar nichts! Oder hätte er sonst dein Leben zerstört??/ zischte die Stimme in Belas Kopf wieder. >Aber… Wenn er die Wahrheit sagt? Wenn er mich doch liebt… ? < Unsicher nahm Bela die Waffe ein Stück herunter, sah dem Größeren fragend in die Augen. „Ja… bitte… Gib sie mir, Dirk…“ Zögerlich streckte Farin die Hand nach der Waffe aus, aber Bela schien immer noch unsicher. /Komm, was soll das?? Was ist mit deinem Plan, sein Leben so zu zerstören, wie er deines zerstört hat? Warum verwirfst du das alles, nur weil er sagt, er würde dich lieben?? Warum glaubst du ihm das denn???/ Unsicher ließ Bela die Waffe sinken. Farin nutzte diese Gelegenheit und schloss die Hand um die des Drummers um zu verhindern, dass er die Waffe wieder ansetzten konnte. Vorsichtig löste er die Finger des Kleineren von der Waffe und warf diese dann in einige Entfernung. /Du bist ein Idiot!/ Müde schloss Bela die Augen. Die Stimme in seinem Kopf ging ihm auf die Nerven, und jetzt, da Farin so nah bei ihm stand, fand er es lächerlich, zu glauben, dass er ihn nicht liebte. Farin wiederum schloss ihn erleichtert in die Arme, nicht zuletzt, um sich auch selbst zu beruhigen. „Jan?“ „Ja?“ „Ich liebe dich auch…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)