Spielchen oder doch nicht von iesca ================================================================================ Kapitel 12: Zerreissprobe auf dem Quidditchfeld Teil II ------------------------------------------------------- Kapitel 12: Zerreissprobe auf dem Quidditchfeld Teil II Endlich kam der Tag des Quidditchspiels, auf den alle schon so ungeduldig gewartet hatten. Es war ein herrlicher Herbsttag, der dem Sonntag sehr glich, an dem sich Draco und Harry zum Fliegen getroffen hatten. Die Sonne schien von einem dunkelblauen Himmer und ein leichter, wenn auch kalter Wind flüsterte in den gefärbten Blättern des Verbotenen Waldes. Morgens früh war es bereits so kalt, dass eine leichte Reifschicht den Rasen auf dem Quidditchfeld bedeckte, aber im Verlauf des Vormittags gewann die Sonne doch noch etwas an Kraft. Der perfekte Tag für ein Spiel also. Gleich nach dem Mittagessen machten sich die Schüler auf den Weg zum Quidditchfeld. Die meisten Schüler aus Ravenclaw und Hufflepuff trugen irgendetwas Rotes und zeigten damit, dass sie Gryffindor unterstützen. Die Schüler aus Slytherin kamen geschlossen in grün und silber zum Spielfeld und setzten sich auf ihre Plätze. Draco folgte seiner Mannschaft mit einem gewissen Abstand. Er war sogar noch etwas blasser als normalerweise und unglaublich nervös, obwohl er alles daran setzte, es niemanden sehen zu lassen. In den letzten zwei Wochen hatte er, wann immer es möglich war, trainiert. Häufig war er bereits in der Morgendämmerung, wenn alle noch schliefen, aufgestanden und hatte sich nach draussen geschlichen. Wenn dann die Mannschaft von Gryffindor zum Feld kam um zu trainieren, rannte er um den See und machte Kraftübungen, bevor er sich unter die Dusche stellte. Da er dann meistens nicht mehr allzuviel Zeit hatte, liess er sogar das zeitraubende Frisieren seiner Haare sein und liess sie lose ins Gesicht hängen. Zum Frühstück ass er neuerdings Müsli mit Milch und Früchten und zum Mittagessen immer Salat und viel Gemüse. Nachmittags, vor dem Abendessen, wenn er kein Training hatte, rannte er wieder um den See. Dieses Mal musste er den Schnatz fangen, bevor Harry das tat und wenn das hiess, dass er morgens um 5 Uhr aufstehen musste um zu trainieren, dann würde er das eben tun. Der Ehrgeiz hatte ihn gepackt. Viel zu schnell erreichten sie die Umkleidekabinen und zogen sich ihre Quidditchroben an. Marcus Flint gab ihnen die letzten Anweisungen und dann betraten sie auch schon das Quidditchfeld. Madam Hooch hielt ihre gewöhnliche Ansprache über Fairness und die beiden Kapitäne gaben sich die Hand. Draco suchte Harrys Augen. Der Gryffindor wirkte konzentriert, wie eine Raubkatze kurz vor dem Sprung. Als sich ihre Augen trafen, umspielte ein kleines Lächeln seine Mundwinkel. „Auf ein gutes und faires Spiel.“, sagte er und Draco nickte. Die Spieler bestiegen ihre Besen und schossen in die Luft, als Madam Hooch das Spiel anpfiff. Draco liess seinen Besen schnell höher steigen und Harry folgte ihm. Nachdem der Blonde eine gewisse Höhe erreicht hatte, begann er dort langsam seine Kreise um das Feld zu ziehen, ähnlich einem Adler auf der Jagd, und suchte den Schnatz. Harry flog deutlich niedriger und kreuzte sogar mehrfach die Wege der Jäger von Slytherin, wenn diese im Besitz des Quaffel waren. Es dauerte nicht lange bis Gryffindor das erste Tor schoss. Obwohl Slytherin nur wenige Minuten später der Ausgleich gelang, wusste Draco, dass sie keine wirkliche Chance hatten. Zwar gab er es nur ungern zu, aber es war nicht zu übersehen, dass die Mannschaft von Gryffindor deutlich härter trainiert hatte, als diejenige von Slytherin. Die Jäger flogen wie ein einziger und verstanden einander blind und die Treiber hatten an Geschwindigkeit ebenso wie an Kraft gewonnen. Die Jäger von Slytherin hingegen liessen sich jedes Mal verwirren, sobald Harry ihren Weg kreuzte und stiessen mehrere Male sogar fast mit ihm zusammen. Schnell lag Gryffindor mit sechzig Punkten in Führung und Draco wusste, dass die einzige Chance, die sie hatten um das Spiel zu gewinnen, war, wenn es ihm gelang, den Schnatz zu fangen, bevor Gryffindor zu weit in Führung lag. Gryffindor schoss wieder ein Tor und Draco sah aus den Augenwinkeln ein goldenes Glitzern. Harry schien es nicht bemerkt zu haben, doch als Draco wieder hinsah, war es verschwunden. Das Spiel wogte hin und her und obwohl es Slytherin gelungen war noch ein paar Tore zu schiessen, führte Gryffindor jetzt mit ganzen 140 Punkten und war im Besitz des Quaffel. Die Jäger flogen einen erneuten Angriff auf die Ringe von Slytherin. In diesem Augenblick sah Draco den Schnatz vor der Lehrertribüne schweben. Ein kleiner Seitenblick auf Harry sagte ihm, dass er selber sich nicht nur näher am Schnatz befand, sondern auch, dass der Gryffindor diesen noch nicht bemerkt hatte. Draco verlor keine Zeit und trieb seinen Besen vorwärts, während er sich dicht über den Griff duckte. Er hörte die Menge aufkeuchen, als Harry wendete und ebenfalls zum Schnatz jagte. Der Wind pfiff in seinen Ohren als er weiter beschleunigte. Der Schnatz schwebte immer näher zum Dach der Lehrertribüne. Aus den Augenwinkeln sah er den Gryffindor aufholen und langsam den Abstand verringern. Der Schnatz war viel zu nahe am Dach der Tribüne. Das konnte nicht gut gehen, es sei denn er riskierte alles. Kurz bevor Draco das Zelt erreichte, drückte er seinen Besen nach oben und drehte sich in der Luft, so dass sein Körper jetzt unter dem Besen hing und er sich mit seinen Beinen an eben diesem festklammerte und der Besen das Dach nicht berühren konnte. Er streckte die Hand aus und griff nach dem Schnatz. Im gleichen Moment, wie er ihn zu fassen bekam, hörte er den Gong, der ankündigte, dass Gryffindor ein weiteres Tor geschossen hatte. Draco drückte seinen Besen nach oben, gewann ein wenig an Höhe und drehte sich erneut in der Luft. Er hörte die Menge jubeln und zum allerersten Mal den Kommentator des Spiels: „Malfoy hat den Schnatz gefangen, aber Gryffindor hat zur gleichen Zeit noch ein Tor geschossen. Damit hat Slytherin 210 Punkte und Gryffindor hat ebenfalls 210 Punkte. Das Spiel endet somit unentschieden.“ Draco strahlte über das ganze Gesicht und hielt die Hand mit dem Schnatz in die Höhe. Er hatte den Schnatz gefangen. Zum allerersten Mal hatte er den Schnatz vor Harry gefangen. Für ihn war es nicht mehr wichtig, wie das Spiel schlussendlich ausgegangen war, es war nicht mehr wichtig, dass sie nicht gewonnen hatten, dass der Spielstand unentschieden war. Er hatte gewonnen. Zum allerersten Mal hatte er Harry Potter geschlagen. Nach dem er wieder am Boden war, wollte er für einen kurzen Moment zu seinen Mannschaftskameraden rennen, ihnen seine Freude und seinen Stolz auf seine Leistung zeigen, seinen Stolz darauf, dass es ihm gelungen war, den Schnatz zu fangen. Aber im letzten Augenblick hielt er sich zurück. Er war nicht mehr wirklich ein Teil der Mannschaft und sie hatten das Spiel nicht gewonnen. Also vergrub er seine ganze Freude tief in sich und wandte sich mit einem gelangweilten Gesichtsausdruck seiner Mannschaft zu. „Ihr habt wirklich katastrophal gespielt. Wie konntet ihr nur zulassen, dass Gryffindor so viele Tore schiesst? Ihr solltet euch schämen.“ Damit drehte er sich um und wanderte zu den Umkleidekabinen um zu duschen. Draco hatte bereits beschlossen, seinen Sieg alleine im Raum der Wünsche zu feiern. * Harry hatte den stolzen Gesichtsausdruck auf Dracos Gesicht, als er den Schnatz fing, gesehen und auch, wie der Slytherin mit sich selber gekämpft hatte um seine gleichgültige Maske aufrecht zu erhalten und fällte eine Entscheidung. Er würde am Abend mit Draco im Raum der Wünsche feiern. Er hatte sowieso nicht das Bedürfnis in den Turm zurückkehren, nachdem Draco den Schnatz gefangen hatte. Der Schwarzhaarige wusste, dass ihm einige die Schuld daran geben würden, dass sie nur unentschieden gespielt hatten, weil er den Schnatz nicht vor dem Slytherin gefangen hatte. Als er also Draco zurück zu den Umkleidekabinen laufen sah, zögerte er nicht lange, rempelte ihn an und flüsterte ihm dabei zu: „Raum der Wünsche, nach dem Abendessen.“ Zufrieden bemerkte er das freudige Aufblitzen in den grauen Augen. Das Abendessen gestaltete sich sehr anstrengend. Ron und vor allem Ginny gaben Harry die Schuld daran, dass er den Schnatz nicht rechtzeitig gefangen hatte und sie somit nur unentschieden gespielt hatten. Ginny ging sogar so weit zu behaupten, dass er den Schnatz absichtlich nicht gefangen hätte und es nur dem letzten Tor von Gryffindor zu verdanken wäre, dass sie das Spiel nicht verloren hätten, wie es ursprünglich sein Plan gewesen wäre. Sie unterstellte ihm, dass er alles darangesetzt hätte, damit Slytherin und somit Malfoy das Spiel gewännen. Schlussendlich hatte Harry genug von ihren haltlosen Anschuldigungen, den vorwurfsvollen Blicken und der gedrückten Stimmung am Tisch und stand auf ohne noch seinen Teller leer zu essen. Er floh regelrecht aus der Grossen Halle und bemerkte nicht die verblüfften Blicke, die ihm folgten. Aus den Augenwinkeln sah er Draco aufstehen und ihm folgen. Sie trafen sich wie verabredet vor dem Raum der Wünsche. Sobald die Tür erschienen war, betraten sie ihn. Dieses Mal hatte der Raum nicht die Gestalt, die er normalerweise hatte, wenn sie zum Lernen und Üben hierher gekommen waren, sondern hatte die Form eines eher kleinen Zimmer mit einem Kamin, vor dem einige Kissen lagen und ein kleiner Tisch stand, angenommen. Auf dem Tisch standen einige Flaschen Butterbier, sogar mehrere kleine Flaschen mit Feuerwhisky und ein paar Schälchen mit gesalzenen Nüssen. Draco setzte sich auf eines der Kissen, nahm sich eine Flasche Butterbier und gab anschliessend eine an Harry weiter. „Das ist der perfekte Raum um meinen Sieg zu feiern, obwohl wir das Spiel nicht gewonnen haben.“, meinte er, als er die Flasche hob und Harry zu prostete. „Unentschieden war mehr als fair, dieses Mal, auch wenn wir besser gespielt haben. Wie du den Schnatz gefangen hast, war einfach Weltklasse.“, antwortete Harry, während Draco über dieses Lob zu strahlen begann. Nachdem Harry sich auch gesetzt und es sich bequem gemacht hatte, fragte Draco neugierig: „Was ist eigentlich in der Grossen Halle geschehen? Du bist ja regelrecht vom Tisch geflohen.“ Harry wurde etwas rot bevor er antwortete, „Na ja, Ginny hat mich beschuldigt, dass ich dich den Schnatz hätte absichtlich fangen lassen.“, und einen grossen Schluck Butterbier nahm. „Sie hat dich beschuldigt, dass du mich den Schnatz hättest fangen lassen?“, fragte Draco ungläubig nach und als Harry leicht nickte, fuhr er mit empörter Stimme fort: „Das kann ich kaum glauben. Hat sie mich denn nicht fliegen gesehen oder dich? Wie kann sie dich beschuldigen, dass du mich absichtlich den Schnatz hättest fangen lassen? Ich meine, das war schliesslich nicht ganz einfach, so wie er über dem Dach der Tribünen schwebte.“ „Ich weiss es wirklich nicht. Du bist gut, nein, ausgezeichnet geflogen und ein Grossteil der Mannschaft weiss das auch. Ginny ist wohl einfach eifersüchtig, weil ich mehr Zeit mit dir verbringe als mit ihr.“ Harry nahm einen weiteren Schluck Butterbier, während sich Draco an den Nüssen gütlich tat und eine Weile vor sich hin mampfte, bevor er, mehr zu sich selber, mit einem etwas trotzigen Unterton murmelte: „Aber wir müssen Zeit miteinander verbringen. Wir arbeiten schliesslich gemeinsam an dem Projekt.“ Harry lächelte und nickte wie wild: „Das will sie aber nicht wahrhaben. Sie träumt immer noch davon, dass wir heiraten, sobald sie die Schule beendet hat und dann jede Menge Kinder haben. Ob ich das will oder nicht, interessiert sie dabei überhaupt nicht. Ich soll einfach nach ihren Wünschen funktionieren und dass meine Wünsche nicht ihren entsprechen, will sie einfach nicht verstehen.“ Für einen Moment sassen sie schweigend nebeneinander und tranken ihr Butterbier, bevor Draco fragte: „Und was ist mit ihrem Bruder?“ Harry schaute verblüfft auf. Seit wann interessierte es Draco, was Ron dachte oder wollte? „Ron ist immer noch sauer auf mich. Er kommt nicht damit zurecht, dass wir uns vertragen und dass ich es geniesse, Zeit mir dir zu verbringen.“ Harry nahm einen grossen Schluck von seinem Butterbier und so entging ihm, wie Dracos Wangen sich leicht rötlich färbten, die grauen Augen zu strahlen begannen und der Slytherin verlegen zur Seite sah. Dracos Herz hatte einen Schlag ausgesetzt, als er gehört hatte, dass Harry die Zeit mit ihm genoss. Warum freute ihn das eigentlich so? War es, weil sich endlich sein heimlicher Wunsch, sich mit Harry anzufreunden, in Erfüllung ging oder bedeutete ihm der schwarzhaarige Gryffindor doch mehr, als er sich eingestehen wollte? „Aber lass uns über etwas anderes reden. Schliesslich sind wir zum Feiern hier und irgendwie verdirbt es mir die Laune, wenn ich über Rons Verhalten nachdenken muss. Wo hast du eigentlich dieses Kunststück mit dem Besen gelernt, das du heute gezeigt hast? Das war der pure Wahnsinn. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas möglich ist.“ Draco zögerte einen Moment, sah ihn schief an und fragte dann neckend: „Und warum bist du der Meinung, dass ich dir das erzählen werde?“ Ohne zu zögern, stieg Harry auf den Ton ein und erwiderte: „Vielleicht, weil du ganz genau weisst, dass ich dich genau das beim nächsten Mal fragen werde, sobald du die Wahrheit anstelle der Pflicht wählst.“ Draco schob sich noch eine Nuss in den Mund und meinte dann mit einem kleinen Augenzwinkern: „Dann kannst du dich doch sicher mit der Antwort bis dahin gedulden.“ Langsam verging die Zeit. Die Butterbierflaschen leerten sich und schliesslich blieben nur noch diejenigen mit Feuerwhisky übrig. Das Gespräch kehrte zu Ginny und Ron zurück. Irgendwann im Verlauf des Abends, hatte sich Harry an Dracos Schulter gelehnt, sah nun ins Feuer und liess nachdenklich den Whisky in der Flasche kreisen. „Weisst du, Draco, ich mag Ginny wirklich sehr. Sie ist für mich die kleine Schwester, die ich nie hatte und die Weasleys sind eine Art Ersatzfamilie für mich. Aber ich habe Ginny nie auf diese Art gesehen. Ich habe in ihr nie meine zukünftige Frau gesehen.“ Draco spürte die Wärme, die von Harrys Körper an seiner Schulter ausging. Eigentlich hätte er ihn schon längstens wegstossen müssen. Was fiel dem Gryffindor eigentlich ein, ihn als eine Art Kissen zu missbrauchen, aber das Gefühl war viel zu schön. Dort wo sich ihre Körper berührten, kribbelte es angenehm und so beschloss Draco es auf den Alkohol zu schieben, dass er sich nicht dagegen wehrte, sondern es sogar genoss. „Ich dachte, du hättest eine Familie, auch wenn du sagst, dass sie dich hassen.“ Der Blonde spürte, wie sich Harry für einen Moment versteifte, als er seine Verwandten erwähnte. „Ich denke nicht, dass ich die Dursleys als Familie bezeichnen könnte.“, sagte er schliesslich nach kurzem Zögern. „Warum?“ Wenn Harry nicht bereits halbbetrunken gewesen wäre, dann hätte er sich vermutlich nie getraut, Draco davon zu erzählen. Aber das Butterbier und vor allem der Feuerwhisky trugen dazu bei, dass seine Hemmungen sanken und schliesslich verschwanden. Für einen Moment beobachtete Harry die tanzenden Schatten, die das Kaminfeuer an die Wände warf, wobei es den ganzen Raum in ein rötliches Licht tauchte, spürte die Wärme des Feuers, die so ganz anders war, als die Wärme an seinem Rücken. Die Wärme, die von Dracos Körper ausging, an den er sich gelehnt hatte und die ihm ein Gefühl von Geborgenheit vermittelte, das er so erst selten gespürt hatte. Er fühlte sich geborgen und beschützt, war sich sicher, dass Draco da sein würde um ihn aufzufangen, wenn er sich fallen liess, auch wenn er nicht erklären konnte, woher diese Sicherheit kam und plötzlich verspürte Harry das Bedürfnis zu reden, zu erzählen, wie ihn seine Verwandten behandelt hatten, ihn in den Sommerferien immer noch behandelten. Tief in sich spürte er, dass Draco auch nachher noch da sein würde, dass sich nichts verändern würde, dass ihn der Blonde weder auslachen noch verachten würde und so begann er zu reden. Harry erzählte von seiner Kindheit in dem kleinen Schrank unter der Treppe, dass er erst ein Zimmer bekommen hatte, nachdem der erste Brief aus Hogwarts an den Schrank unter der Treppe adressiert gewesen war. Er erzählte davon, wie er schon früh unter den wachsamen Augen seiner Tante den Haushalt hatte führen müssen und den Garten gepflegt hatte, erzählte von seinem Cousin, der immer sofort alles bekam, was er sich wünschte und ihn selber regelmässig verprügelt hatte, von Tante Magda mit ihren Hunden. Er erzählte von seinem dicken Onkel, der versucht hatte zu verhindern, dass er den Brief aus Hogwarts bekam und ihn als Freak beschimpft hatte, erzählte, dass er bis zu seinem elften Lebensjahr nicht einmal gewusst hatte, dass es so etwas wie Zauberer überhaupt gab. Er erzählte Draco von den vielen kleinen Demütigungen durch seine Verwandten und als er endlich geendet hatte, lief ihm eine einsame Träne über Wange, die er schnell wegwischte, hoffend, dass der Slytherin sie nicht gesehen hatte. Als Draco die kleine Träne sah, die Harrys Wange hinunterlief, musste er das Bedürfnis unterdrücken, den Anderen in den Arm zu nehmen, ihn festzuhalten und ihn zu trösten. Er wollte ihn dicht bei sich halten, ihm über den Rücken streicheln und ihm ins Ohr flüstern, dass alles wieder gut werden würde. Aber er war ein Malfoy und das war Harry Potter und so beschränkte er sich darauf, einfach da zu sein, es zuzulassen, dass sich Harry weiterhin an seine Schulter lehnte und ganz tief in seinem Inneren wusste er, dass er es genoss und stolz darauf war, dass ihm Harry sein Vertrauen geschenkt hatte. Er wurde wirklich langsam weich. Das konnte eigentlich nur die Schuld des Alkohols sein und so trank er den restlichen Feuerwhisky in seiner Flasche in einem Zug aus. Nach kurzem Zögern nahm er sich die Nächste, während er spürte, wie der Alkohol in seiner Kehle brannte und ihn von innen her wärmte. Nach längerem Schweigen flüsterte er schlussendlich: „Ich habe mich all die Jahre geirrt. Meine Eltern haben mir immer erzählt, dass du wie ein kleiner König lebst und deine Verwandten alles für dich tun.“ Harry hob erstaunt den Kopf und schaute zu ihm hinüber. Die Flammen zauberten kleine Lichtreflexe auf das blonde Haar, das Draco ins Gesicht hing und seine Züge verdeckte. „Offensichtlich hast du das. Können wir nun das Thema wechseln? Ich will heute nicht mehr darüber nachdenken.“ Harry seufzte leise. Der Raum begann sich langsam um ihn herum zu drehen und sein Kopf wurde schwerer und schwerer. Wie lange sassen sie eigentlich schon hier und wann hatte er sich an Dracos Schulter gelehnt? Draco nahm noch einen Schluck aus seiner Flasche, zögerte noch einen kurzen Moment und fragte dann: „Weisst du, wann das nächste Hogsmeade Wochenende ist?“ Harrys erste Reaktion war, ihn verblüfft anzusehen, dann entdeckte er das herausfordernde Funkeln in Dracos Augen und antwortete: „Denkst du das, was ich denke, dass du es denkst?“ „Wir könnten gemeinsam hingehen.“ Harry spürte wie sich bei diesem Vorschlag ein angenehmen Kribbeln in seinem Magen breit machte und er begann über das ganze Gesicht zu strahlen. Warum freute ihn Dracos Vorschlag so? Das war doch an sich nichts ungewöhnliches und so beeilte er sich, zuzustimmen: „Das wäre grossartig. Ich muss sowieso noch Weihnachtsgeschenke für Hermine und Ron kaufen und da möchte ich die Beiden nicht dabei haben.“ Auch über Dracos Züge breitete sich langsam ein Lächeln aus und eine gewisse Anspannung verschwand aus seinem Gesicht. „Dann ist es abgemacht. Das nächste Wochenende gehen wir gemeinsam nach Hogsmeade.“ Harrys erster Impuls war, aufzuspringen, sich seinen Feuerblitz zu holen und ersteinmal ein paar Runden um die Türme von Hogwarts zu drehen. Er würde gemeinsam mit Draco nach Hogsmeade gehen. Das sah fast nach einem Date aus, aber das war es nicht. Ganz sicher nicht. Er ging einfach nur mit einem Freund nach Hogsmeade. Ja, mit einem Freund. Mit einem Freund, der phantastisch aussah, der faszinierende graue Augen hatte, die mit seinen Gefühlen die Farbe wechselten. Mit einem Freund, bei dem er langsam lernte, hinter die Maske zu schauen und die kleinen, unauffälligen Details zu sehen, die den wirklichen Draco Malfoy zeigten. Das war kein Date, auch wenn er gerne wissen wollte, wie es sich wohl anfühlen mochte, mit der Hand durch das seidige, blonde Haar zu fahren und wie die rosafarbenen Lippen schmeckten. Harry schüttelte vorsichtig den Kopf. Das musste der Alkohol sein, der ihn das denken liess. Er hatte eindeutig zuviel getrunken. Das konnte nur am Alkohol liegen. Genauso, wie der Alkohol daran Schuld war, dass er es eigentlich genoss, hier, an Dracos Schulter gelehnt vor dem Feuer zu sitzen. Nur der Alkohol hatte ihm solche Gedanken eingeben können. Auch wenn er sich eingestehen musste, dass ihn diese Gedanken nicht so ekelten, wie sie es eigentlich hätten tun müssen. Er sollte nicht soviel trinken. Erst viele Stunden später, schon fast in der Morgendämmerung, verliessen Harry und Draco leise kichernd und nicht mehr ganz sicher auf den Beinen, den Raum der Wünsche. Flüsternd und lallend verabschiedeten sie sich und schlichen sich in ihre Schlafsääle zurück. Wie durch ein Wunder begegneten sie weder Mrs Norris, noch Filch oder einem der anderen Lehrer, als sie durch die Gänge torkelten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)