Spielchen oder doch nicht von iesca ================================================================================ Kapitel 22: Immer noch ein Spiel? Teil II ----------------------------------------- Kapitel 22: Immer noch ein Spiel? Teil II Am nächsten Sonntag trafen sich Harry und Draco an der Peitschenden Weide. Ganz langsam spürte man, dass es Frühling wurde. Der Schnee war zum grossen Teil bereits geschmolzen und hatte nur noch wenige schmutzige Flecken zurückgelassen. Ein warmer Wind trieb graue Wolken über den Himmel. Immer wieder nieselte es ein wenig und die meisten Schüler zogen es vor den Tag drinnen im Schloss zu verbringen. Draco und Harry begrüssten sich lächelnd, bevor sich eine seltsame Befangenheit zwischen ihnen ausbreitete. Es war, als ob die Luft zwischen ihnen sanft vibrierte, ihre Magie durch sie hindurch floss, die Verbindung zum jeweils anderen suchte und ein feines Band knüpfte. Harry hatte einen langen Stock mitgenommen, mit dem er auf den Knoten drücken konnte, welcher den Baum erstarren liess und bedeutete Draco dann ihm nach unten zu folgen. Schweigend gingen sie durch den dunklen Gang. Immer wieder stolperten sie über Wurzeln und Steine und mehr als einmal fluchte Harry laut, weil er fast hingefallen wäre und es nur Dracos schneller Reaktion zu verdanken gewesen war, dass er nicht Bekanntschaft mit dem Boden gemacht hatte. Obwohl Draco gerne gewusst hätte, wo sie hingingen, fragte er nicht. Harry wollte es ihm offensichtlich nicht verraten und er war dann doch zu stolz um zu fragen. Endlich führte der Gang nach oben und es wurde ein wenig heller. Harry ging voraus und kletterte durch ein Loch um dann auch Draco hoch zu helfen. Staunend sah sich der Blonde um. Er hätte viel erwartet, aber nicht, dass sie in der Heulenden Hütte ankamen. Er hatte ja nicht einmal gewusst, dass es geheime Gänge gab, die von Hogwarts nach Hogsmeade führten. Wenig später verliessen sie die Hütte und gingen langsam Richtung Hogsmeade. Der Wind zerrte an ihren Umhängen und war hier doch etwas kühler als auf dem Schulgelände. „Wir haben unser Spiel nicht gespielt, als wir in der Bibliothek waren, Draco.“, sagte Harry schliesslich um die Stille zu durchbrechen, die immer noch herrschte. Draco zögerte kurz. Wollte er wirklich jetzt spielen? Schliesslich zuckte er mit den Schultern und meinte: „Wenn du willst, können wir es jetzt spielen. Was wählst du? Pflicht oder Wahrheit?“ „Die Wahrheit.“ „Warum kannst du Thestrale sehen?“ Die Frage war gestellt, noch bevor Draco darüber nachdenken konnte, aber es war etwas, über das er schon länger nachgedacht hatte. „Cedric. Ich habe ihn sterben sehen an dem Tag auf dem Friedhof.“, kam es leise von Harry. Draco konnte sehen, wie sich Harrys Augen vor Trauer verdunkelten und irgendwie hatte er das Gefühl, dass Harry nie mit jemandem wirklich darüber gesprochen hatte, was damals auf dem Friedhof geschehen war, an dem Tag, an dem Cedric starb und Voldemort für immer verschwand und er würde nicht weiterfragen. Er drängte den Impuls zurück Harry in den Arm zu nehmen und zu trösten und lächelte stattdessen vorsichtig. „Ich wähle ebenfalls die Wahrheit.“ „Das ist schwierig.“, seufzte Harry, froh, nicht näher auf Cedrics Tod eingehen zu müssen. „Ich würde nur zu gerne wissen, welche Entscheidung du gefällt hast um deinem Patronus Gestalt zu geben, aber ich habe mir selbst versprochen nicht zu fragen.“ Draco lächelte leicht. Das war genau die Art von Entscheidung, die er von Harry erwartet hätte und dafür war er zutiefst dankbar. Harry liess ihm die Wahl, zu entscheiden ob und wie viel er über diese Nacht erzählen wollte, in der er sich entschieden hatte. „Ich habe nur beschlossen nicht dem Weg zu folgen, den meine Mutter für mich ausgesucht hatte.“ Harry nickte. Das ging in die Richtung, die er bereits vermutet hatte, vor allem nach dem wenigen, was Draco ihm über seine Mutter erzählt hatte. „Ich wähle wieder die Wahrheit.“, sagte er daher nur. „Du hast mir gesagt, dass du dir Sorgen um mich gemacht hättest, als ich über Weihnachten nach Hause gefahren bin. Warum? Niemand hat sich je Sorgen um mich gemacht.“ Harry sah ihn überrascht an. Niemand hatte sich je Sorgen um Draco gemacht? Warum? Zumindest seine Eltern sollten sich doch um ihn sorgen. Allerdings schien der Blonde keine wirklichen Freunde zu haben und Narzissa Malfoy war wohl nicht die Art Mutter, die sich Sorgen machte und Lucius? Die Begegnung bei der Quidditchweltmeisterschaft liess jedenfalls nicht darauf schliessen, dass er sonderlich besorgt um Draco war. Wenn, dann zeigte er es zumindest nicht. „Du bist mein Freund.“, sagte Harry daher nur, aber sein Gesichtsausdruck und vor allem seine Augen sagten Draco, dass er für den Dunkelhaarigen weit mehr als ein einfacher Freund war. Zumindest hoffte er, dass es so war. „Als nächstes wähle ich die Pflicht.“ Harry überlegte einen Moment und meinte dann leise, fast schüchtern: „Versprich mir nur eins, Draco. Das nächste Mal, bevor du nach Hause fährst, sprich mit Professor Dumbledore. Vor allem jetzt, da du beschlossen hast, nicht dem Weg deiner Mutter zu folgen. Versprich mir einfach nur das.“ Draco nickte. Das würde er Harry versprechen. Darüber musste er nicht einmal mehr gross nachdenken. Wenn es nur irgend möglich war, würde er am liebsten überhaupt nicht mehr in die Villa zurückkehren. Er wusste, dass es schon längstens zu spät war, um seine Entscheidung noch einmal zu überdenken. Eigentlich konnte er gar nicht mehr nach Hause zurückkehren. Er war heimatlos geworden, hatte seine Familie verloren und doch hatte sich selten etwas so gut, so richtig angefühlt, wie das. Auch wenn Harry versucht hatte, es zu verbergen, so war Draco doch nicht der etwas flehende Unterton entgangen, der in der Bitte gelegen hatte. Harry schien sich wirklich um ihn zu sorgen und dieses Gefühl, dieses Wissen, machten Draco unglaublich glücklich. „Was ist mit dir, Harry? Was wählst du? Pflicht oder Wahrheit?“ „Die Pflicht.“, kam sofort die Antwort, so als ob Harry nur darauf gewartet und gehofft hätte, dass Draco seine Bitte nicht hinterfragte. „Dann wiederholen wir das hier irgendwann. Wir schleichen uns hinaus und verbringen einen Tag gemeinsam in Hogsmeade, nur wir beide.“ Ein breites Lächeln zog sich über Harrys Gesicht. Natürlich würden sie das wiederholen. Draco hätte gar nicht fragen müssen. Er genoss es viel zu sehr, Zeit mit dem Blonden zu verbringen. Natürlich würden sie wieder gemeinsam nach Hogsmeade gehen, sich unterhalten, irgendwo etwas trinken und dann anschliessend ins Schloss zurückschleichen. Der Wind hatte noch etwas zugenommen und es begann ganz leicht zu nieseln. Langsam kam Hogsmeade näher. Die Strassen schienen wie ausgestorben zu sein und so, als ob sie ihren eigenen Willen hätten, trafen sich ihre Hände und hielten sich fest. „Ich wähle wieder die Pflicht, Harry.“, flüsterte Draco. „Ich spare mir deine Pflicht für den Heimweg auf.“, wisperte Harry zurück. Für einen kurzen Moment war er Draco so nahe, dass dieser Harrys warmen Atem an seinem Ohr spüren konnte. Ihre Augen trafen sich, hielten aneinander fest und Draco lief einen Schauer über den Rücken. Ganz plötzlich spürte er überdeutlich die Wärme von Harrys Hand, die seine eigene immer noch festhielt, das Kribbeln, das dadurch ausgelöst wurde und fühlte, wie sich seine Wangen leicht rötlich färbten. Verlegen sah Draco zur Seite, liess aber Harrys Hand nicht los. Sie verbrachten einen wundervollen Tag zusammen, besuchten den Honigtopf, wo Harry entdeckte, dass Draco eine heimliche Leidenschaft für Bitterschokolade hatte und Zonkos. Dabei hielten sie sich die ganze Zeit über an den Händen und wenn sie doch einmal loslassen mussten, so fanden sie sich wie selbstverständlich bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit wieder. Natürlich bemerkte es Draco, aber mit einem leichten Erröten beschloss er, das Gefühl zu geniessen, so lange er konnte und als Harry es wahrnahm, beschloss er genau das gleiche. Beide sahen nicht, wie ihre Auren sich leicht verbanden und ihre Magie um sie herum erschien. Beide bemerkten nur die Wärme, die durch sie hindurch floss. Wärme, die ihnen versprach, dass sie alles schaffen würden, solange sie nur zueinander hielten. Der Wind hatte etwas nachgelassen, dafür hatte es zu regnen begonnen. Die Tropfen wuschen die letzten schmutzigen Schneereste weg und hinterliessen den schweren Geruch nach Regen in der Luft. Harry und Draco hatten beide keinen Regenschutz mitgenommen und doch spürten sie die Nässe nicht, die langsam ihre Umhänge durchweichte. Wahrscheinlich hätte neben ihnen die Welt untergehen können und sie hätten es nicht bemerkt. Obwohl sie schwiegen, so spürte doch jeder die Nähe des anderen, spürte die Magie, die um sie herum und durch sie hindurch floss. Schliesslich erreichten sie die Heulende Hütte. Für einen kleinen Augenblick blieben sie davor stehen und betrachteten ihre verschlungenen Hände. Harry schaute Draco tief in die Augen. Beobachtete, wie sie sich wieder in zwei Seen aus flüssigem Silber verwandelten und in diesem Moment verschwand jeder Zweifel. Er hatte etwas entschieden, damals vor ein paar Tagen im Gemeinschaftsraum. Harry spürte, wie seine Magie in seinem Körper zusammenfloss, konnte durch ihre verbundenen Hände ganz leicht Dracos Magie spüren. Die Luft schien vor lauter Spannung und Magie zu zittern und plötzlich wollte er nichts mehr, als Draco zu küssen, ihn zu halten und ihn nie wieder gehen zu lassen und diesmal konnte, nein wollte, er sich nicht zurückhalten. Er musste nur fragen und irgendwie wusste er, dass Draco ihn nicht zurückweisen würde. „Du hast immer noch eine Pflicht zu erfüllen, Draco.“, flüsterte Harry mit rauer Stimme, während er einen Schritt auf ihn zu machte. Draco konnte kaum noch nicken. Er spürte, wie sich die Härchen in seinem Nacken aufstellten, er konnte Harry fühlen, mit all seinen Sinnen, spürte, wie die Luft zwischen ihnen vibrierte. Die Pflicht, die immer noch ausstand, die Harry sich für den Heimweg hatte aufsparen wollen. „Küss mich, Draco. Bitte.“ Im ersten Moment dachte Draco, er hätte sich verhört, doch als er in Harrys grünblitzende Augen blickte, wusste er, dass Harry die Bitte ernst gemeint hatte. Die Strasse vor der Hütte war wie leergefegt und kleine Regentropfen fielen, durchnässten langsam ihre Mäntel. Draco spürte wie die Luft zwischen ihnen förmlich vor Spannung kribbelte, mit einer Spannung erfüllt war, die er noch nie zuvor so intensiv wahrgenommen hatte. Harrys Augen verdunkelten sich und unwillkürlich leckte sich Draco über seine trockenen Lippen. „Willst du das wirklich?“, versuchte er zu fragen und brachte nur ein raues Flüstern hervor. Harry nickte langsam und kam noch näher. Langsam und vorsichtig legte er seine Hände auf Dracos Schultern und dann berührten sich ihre Lippen. Für einen kurzen Moment vergass Draco zu Atmen. Es fühlte sich unglaublich an. Harrys weiche Lippen, die gerade die Seinen sanft wie eine Feder berührten. Er öffnete die Augen, nicht wissend, wann er sie geschlossen hatte und sah in die schönsten Augen, die er je gesehen hatte. Goldene Punkte blitzten in Tiefgrün. Vorsichtig zog ihn Harry näher zu sich und wieder berührten sich ihre Lippen. Diesmal konnte Draco Harrys weiche Zunge fühlen, wie sie seine Lippen streifte, sie darum bat, sich zu öffnen. Draco konnte nicht anders, seine Lippen teilten sich und Harrys Zunge glitt in seinen Mund, bewegte sich um die seine, berührte und neckte sie. Gefühle überrollten Draco. Gefühle, von denen er nicht einmal gewusst hatte, dass er sie hatte. Glück durchflutete ihn, Glück und Wärme. Er war dort zurück, wohin er gehörte, wo er sein wollte. Das hier war sein Platz und er wollte nie wieder irgendwo anders sein. Vielleicht war das Liebe. Er wusste es nicht. Harry spürte wie Dracos Körper sich an ihn schmiegte und hielt ihn fest. Er spürte, wie der Blonde in seinen Armen zitterte und wusste, dass er selber genauso zitterte. Es fühlte sich so richtig an, so wie nichts anderes zuvor. Ihre Zungen spielten nicht mehr miteinander, sie berührten sich nur, streichelten einander, langsam und zärtlich. Harry spürte wie sich in seinem Körper Wärme ausbreitete, wie sich seine Magie in ihm sammelte und durch seinen Körper floss. Es gab keine Zweifel mehr. Das war, was er wollte, was er nie wieder missen wollte. Das hier war sein Platz und derjenige von Draco. Er wollte nie wieder aufhören den Blonden zu berühren, wollte ihn für den Rest seines Lebens und länger einfach nur festhalten. Er wusste das mit einer Sicherheit, die er noch nie zuvor gefühlt hatte und doch, tief in seinem Innern, verspürte er auch Angst. Was, wenn er Draco verlor? Was, wenn er Draco verlor, so wie er seine Eltern verloren hatte, so wie Cedric gestorben war? So, wie Sirius ihn auf der Flucht vor den Auroren hatte verlassen müssen? Mit einem letzten zärtlichen Zungenschlag beendete Harry den Kuss und schaute Draco tief in die Augen. Für einen Moment standen sie einfach schweigend da und Harry konnte die Wärme von Dracos Körper spüren, hatte immer noch das Gefühl, nach Hause gekommen zu sein. „Ist es immer noch ein Spiel, Harry?“, flüsterte Draco. Für den Gryffindor sah er wunderschön aus mit seinen verdunkelten Augen und den geröteten Wangen. Bevor Harry auch nur an eine Antwort denken konnte, erschien eine blonde Frau hinter ihm und packte ihn an der Schulter. Das letzte, was er sah, war Dracos erschrockenes Gesicht und seine Lippen, die fassungslos ‚Mutter‘ formten. Danach wurde es dunkel um ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)