Out of Time von MajinMina (In der falschen Zeit!) ================================================================================ Kapitel 23: Weise Worte ----------------------- {b]Kapitel 23: Weise Worte 1878 Sanosuke schritt in dem kleinen Raum des Polizeihauptquartiers auf und ab. Saito ignorierte ihn und sah einige Akten durch, die auf seinem Schreibtisch lagen. Während sie zusammen hergelaufen waren, hatte Sano dem Wolf alles erzählt, an das er sich aus jener Nacht, in der Kenshin mit Battousai Platz getauscht hatte, erinnern konnte. Saito hatte bis auf ein gelegentliches Grunzen kaum Andeutungen gemacht, dass er ihm überhaupt zuhörte. Als Sano geendet hatte, waren sie an der Polizeistation angekommen und nun war der Straßenkämpfer in diesem Raum eingeschlossen wie ein Vogel im Käfig. „Kannst du dich nicht setzen?“ Sagte Saito endlich unfreundlich. „Ein Loch in den Boden zu laufen wird Battousai nicht zurückbringen.“ Sano baute sich vor Saitos Schreibtisch auf. „DU hast bisher auch nicht viel zur Lösung des Problems beigetragen. Vorhin noch interessiert, jetzt gleichgültig.“ „Ich habe alle Informationen, die ich benötige. Ich kümmere mich um die Situation.“ „Bitte?!“ rief Sano aus und ließ sich trotzig auf dem Boden nieder. “Wie kannst du eine Möglichkeit wissen, ihn zurückzuschicken? Ich hab mir schon seit gestern meinen Kopf zerbrochen.“ „ich bin nicht so dumm wie du, ganz einfach.“ Saito kramte nach einer Zigarette. „Irgendein komischer Zufall hat dazu geführt, dass Battousai in beiden Zeiten die selbe Situation durchlegt. Logischerweise müssen wir diese Situation noch einmal herbeiführen, um ihn zurückzuschicken.“ Sano starrte ihn mit ausdruckslosem Gesicht an. „Ich muss wieder in den Fluss springen?“ „Nein, du Dummkopf. Der Fluß hat keine Bedeutung. DU hast keine Bedeutung.“ „Hey!“ Saito ignorierte ihn. „Alles, was zählt, ist den alten und den jungen Battousai in die gleiche Situation zu bringen.“ Sano runzelte die Stirn und stand wieder auf, um seinen Wanderschritt durch den Raum fortzuführen. „Und wie zur Hölle sollen wir das anstellen? Wir wissen doch nicht, was in der Vergangenheit gerade passiert. Ist ja nicht so, als ob wir ihm einen Brief mit Anweisungen schicken könnten.“ „Ich muss nichts dergleichen tun. Ich weiß, wo Battousai ist und was er tut. Deine Geschichte passt perfekt mit einem Ereingis aus meiner Vergangenheit zusammen. Ein seltsamer Vorfall mit Battousai während dem Bakumatsu.“ Seine Augen leuchteten auf. „Ein seltsamer, rothaariger Mann mit einem Sakabatou.“ Der Straßenkämpfer gefror und starrte den Wolf an. „Du... du hast Kenshin damals getroffen? Ist er okay? Kommt er wieder gesund zurück?“ „Wenn ich das wüsste, dann würde ich mir jetzt keine Gedanken mehr machen. Also lass mich jetzt entweder allein oder sei still.“ „Aber er war am Leben, als du ihn gesehen hast.“ „Offensichtlich. Es würde sonst für mich nicht viel Sinn ergeben, diese Situation mit einer Leiche nachstellen zu wollen.“ Sanosuke schloss die Augen. „Gott sei Dank,“ dachte er. „Wenigstens lebt er noch. Er muss da jetzt durch, er muss!!“ Er seufze. Saitos irritierte Stimme durchbrach seinen Gedanken. „Ich weiß, das es dir schwerfällt, dich auf mehr als eine Sache zu konzentrieren, aber versuch wenigstens, zuzuhören.“ Sanos Augen sprangen auf. Der Wolf war schon wieder am rauchen. „Das letzte Mal, als ich ihn in der Bakumatsuzeit sah, war während eines Kampfes nahe deiner Brücke. Wenn wir heute Abend Battousai dahin locken könnten, dann könnte ich für den gleichen Kampf auch in dieser Zeit sorgen. Er und ich... wir kämpfen immer noch so miteinander, trotz der Jahre Unterschied. Es könnte funktionieren...“ „Du willst mit ihm KÄMPFEN?“ knurrte Sano. „Nach allem, was heute passiert ist? Das schafft er nicht noch einmal.“ „Battousai ist stärker als du glaubst.“ Sanos Augen verschmälerten sich gefährlich. „Er ist noch ein Junge. Ich denke, dass vergesst ihr alten Revoluzzer manchmal! Er ist stark, er hat einen Haufen Leute umgelegt. Seine Fähigkeiten sind unglaublich. Aber er ist nur ein Junge, der niemals seine Kindheit ausleben konnte. Sowas zerstört die Leute. Kein wunder, dass er fast zerbrochen wäre, als Kaoru sich vor ihn geworfen hat. Ich wette, niemand hat so was je für ihn getan. Ich habe einen ganzen Tag gebraucht, um ihm zu überzeugen, nur mit den Leuten zu SPRECHEN. Er zuckt immer noch zusammen, wenn man ihn versehentlich berührt. Das ist UNNORMAL. Er ist nicht so stark, wie du denkst.“ Saitos Gesichtsausdruck war kalt. „Battousai IST nicht normal. Er wird niemals normal sein, Niemals!“ „Aber er hat das Recht, es zu versuchen!“ „Ja, in der Zeit, in der er Kenshin ist. Aber nicht hier. Nicht jetzt. Hast du überhaupt eine Idee, was du in ihm anrichtest?“ „Ich versuche, ihn zu retten.“ „Du verurteilst ihn zum Tod! Wenn er hier in dieser Zeit weich wird, dann wird er nie den Bakumatsu überleben. Wenn dir sein Leben irgendwie am Herzen liegt, dann überlässt du ihn jetzt den Wölfen.“ „Also dir,“ grummelte Sano. Saito lächelte kalt. „Genau. Es gibt keine andere Möglichkeit. Ich habe gegen ihn während des Bakumatsu gekämft, und wenn ich mit ihm jetzt hier kämpfe, dann werden die beiden wieder Platz tauschen können.“ „Aber es wird kein fairer Kampf sein,“ schnaubte Sano. „Was soll das denn jetzt wieder?“ „Kenshin redet nicht viel über die Bakumatsu-Zeit, aber ich erinnere mich, dass er uns im Zuge mit der ganzen Sache um Shishio von den Shinsengumi erzählt hat. Er hat gesagt, dass ihr beide euch damals ebenbürtig wart. Und jetzt ist er verwundet. Das Gleichgewicht hat sich zu deinen Gunsten verschoben. Wenn du einen Fehler machst, könntest du ihn töten.“ „Dummkopf.“ Sano biss die Zähne zusammen und hämmerte seine Faust auf den Schreibtisch. „WAS denn?!“ „Ist es nicht offensichtlich?“ Der Wolf nahm einen weiteren Zug an seiner Zigarette. „Ich bin derjenige, der etwas riskiert, nicht er. Wir WAREN einmal ebenbürtig, das war vor zehn Jahren. Ich bin jetzt älter und er nicht. So einfach ist das. Zwanzig Jahre Unterschied sind nicht zu unterschätzen.“ Sano starrte ihn an. „Du meinst...“ „Ich riskiere bei dieser Sache mein Leben, Ja.“ „Für ihn?“ Saito schwieg einen Moment und warf Sano einen langen, ernsten Blick zu. „Für Japan. Es ging immer nur um Japan. Immer.“ -- Battousai saß alleine in seinem Zimmer und dachte über die Worte des Ninja nach. „Ist es das, was ich dir antue? Dich zu verletzen?“ Er führte eine zitternde hand an seine Wange. „Ich wünschte du wärst hier,“ flüsterte er leise. „Wenn ich mit dir sprechen könnte... dich nur noch einmal sehen könnte... dann würde ich vielleicht mehr wissen. Was willst du von mir? Soll ich dich etwa vergessen und mein Leben einfach so weiterführen?“ Er spürte die raue Haut der Narbe unter seinen Fingern und etwas feuchtes – Tränen. „Ich habe dich niemals verletzen wollen... Bitte glaub mir das...“ Sein von Schmerz erfülltes Flüstern wurde von einem Klopfen an der Tür unterbrochen. Er antwortete nicht, sondern verharrte bewegungslos Schon wieder ein leichtes Klopfen. Dann schob sich die Tür auf. Battousai hatte gerade genug Zeit, um sich die Tränen von den Augen zu wischen, bevor die Ärztin hereinkam. Aber er war nicht schnell genug, um es gänzlich vor ihr verbergen zu können. Sie zögerte kurz am Türeingang, sagte aber nichts. „Megumi-dono,“ sprach er leise, seine Stimme immer noch etwas rau. Sie nahm diese Worte als Einladung, den Raum zu betreten und schloss die Tür hinter sich. „Ken-san, wie geht es dir? Aoshi hat gesagt, dass du wach bist.“ Er sah sie stumm einen Moment an, dann antwortete er, „mir geht es gut.“ Die hübsche Frau seufzte und kniete sich neben ihn, um die Verbände, die sie mitgebracht hatte, abzulegen. „Wir müssen dich neu verarzten, Ken-san.“ Er nickte kurz. Sie ging schnell an die Arbeit, nahm die alten Verbände ab und begutachtete die Verletzungen, behandelte sie und verband sie wieder. Als sie arbeitete, waren beide eine Weile schweigsam. Aber nachdem Megumi die neuste Wunde an Kenshins Schulter verbunden hatte, konnte sie nicht länger schweigen. „Ken-san... wie ist all das passiert?” Battousai bekam eine Gänsehaut, als er an seine alten, tiefen Verletzungen dachte. Ein Kampf in schwer verschneitem Waldgebiet, ohne Richtungssinn... ohne überhaupt einen Sinn. Zu wissen, dass am Ende der Tod wartete, aber das sich Sterben für das Leben von jemand anderem lohnen würde... „Die älteren Narben sind von Kämpfen, in denen ich Personen beschützt habe,“ sagte er einfach und hoffte, dass Tomoe ihm vergeben würde. Aber alle Gedanken an Tomoe wurden von Megumis nächsten Worten aus seinem Bewusstsein verdrängt. „Ich rede nicht über deine Verletzungen. Ich meine, wie bist du hierher gekommen? Wie ist der Hitokiri, den wir niemals wirklich kennengelernt haben hier in der Zeit gelandet, wo er eigentlich nichts mehr verloren hat, wo er zur Legende geworden ist?“ „Was?“ „Du weißt, wovon ich spreche.“ Seine blauen Augen weiteten sich. „Woher weißt du es? Hat Sano dir es gesagt?“ Für einen Moment sah Battousai aus wie ein verwirrter Junge und Megumi musste sich beherrschen, um nicht zu lachen. Wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, wäre es ihr vermutlich kaum gelungen. „Ich habe Augen, Ken-san,“ sagte sie stur. „Du hast zwar immer jung gewirkt, aber du bist nicht der Mann, den ich schon behandelt habe. Ich bin ein Arzt, Ken-san. Ich bemerke Dinge, wie zum Beispiel frische Wunden über alten Narben. Glaubst du, das wäre mir entgangen? Oder deine Launen? Deine Handlungen?“ Battousai schüttelte den Kopf. „Es weiß also mittlerweile jeder Bescheid?“ Soviel zu Sanos Idee, alles geheim zu halten. Megumi schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht. Aoshi weiß es und ich denke, auch Kaoru spürt es, aber sie will es nicht zugeben. Sie ist still, zurückgezogen – so verhält sie sich nur, wenn Ken-san sie verlässt. Ein Teil von ihr, glaube ich, hat begriffen, dass ihr Kenshin weg ist und sie hat Angst, dass er vielleicht nicht zurückkommt.“ Battousai wandte seinen besorgten Blick von Megumi ab und versuchte, diese Informationen zu verarbeiten. Er beobachtete die Nachmittagssonne, die durch das offene Fenster schien und langsam im Himmel immer tiefer sank. „Und du? Denkst du, dass er zurückkommen wird? Oder hast du Angst, dass ich für immer hier bleibe?“ Megumi fasste ihn sanft an der Schulter und zwang ihn, sie anzusehen. Ihr Gesichtsausdrduck war freundlich und erinnerte ihn irgendwie an Okami. Vielleicht konnte er deswegen mit ihr so offen reden. „Er wird zurückkommen. Aber versteh das nicht falsch,“ fügte sie hinzu, als er kaum merklich zurückzuckte, „Ich sorge mich um ihn genauso wie um dich. Es ist nicht so, als ob ihr verschiedene Menschen wärt.“ Ihr Lächeln war warm, aber ihre Augen verrieten die Besorgnis in ihrem Herzen. „Ich habe Angst. Kauro wird zerbrechen, wenn sie Kenshin verliert. Und ich weiß nicht, wie es Ken-san...“ Sie unterbrach und korrigierte sich, „...du... ich weiß nicht, wie es dir geht, wieder in der Zeit des Bakumatsu.“ Battousai nickte. „Weil ich nicht mehr töte?“ Megumis Griff an seiner Schulter wurde fester und ihre Augen weiteten sich vor Überraschung. „Woher weißt du das?“ fragte sie scharf. „Das Sakabatou. Mein Schwur...“ Ihre Augen wurden noch größer. „Woher? Hat dir Sanosuke davon erzählt?“ Er lächelte kaum merklich und sah zum ersten Mal seinem älteren Gegenstück wirklich ähnlich. „Natürlich weiß ich diese Dinge. Niemand muss sie mir erzählen. Vor sechs Monaten erst hab ich den Schwur geleistet, niemals mehr zu töten und nicht durch ein Schwert zu sterben.“ Er sah weg. „Es war ein Versprechen. Für mich beginnt der Schwur dann, wenn die Revolution endet. Aber hier... hier ist bereits die Meiji-Zeit. Ich muss schon eine ganze Zeit mit dem Töten aufgehört haben...“ Seine Augen verdunkelten sich, als ihm ein anderer Gedanke kam. „Und mein Schwur wird sich für mich nicht ändern, auch wenn ich wieder zurück in die Revolution versetzt wurde. Ich kenne meine Gedanken. Ich werde nicht mehr töten, nachdem ich es geschworen habe. Ich mache mir Sorgen um Katsura-san.“ „Katsura! Aber er ist doch derjenige, der ich überhaupt in diese ganze Lage gebracht hat.“ Der Rotschopf schüttelte den Kopf und sah sie mit noch einem von den seltenen, milden Lächeln an. „Katsura-san hat mich in nichts gebracht. Er hat mir ein Angebot gemacht und ich habe eine Wahl getroffen. Er kann nicht mehr verantwortlich gemacht werden wie ich selbst.“ „Er wusste, was er tat. Du warst damals ein unschuldiger Junge.“ „Woher willst du wissen, das ich unschuldig war?“ Sein Blick war amüsiert, aber seine Augen schimmerten dunkel. „Es war nicht Meiji, Megumi-dono. Ich hatte kein leichtes Leben, bevor ich mich Katsura-san angeschlossen habe.“ „Du warst ein Kind,“ wiederholte sie. Battousai senkte den Kopf. „Ja, ich war ein Kind. Und jetzt bin ich Katsura-sans Schwert. Ohne mich ist er unbewaffnet und das macht mir Sorgen.“ Sie schüttelte ihren Kopf, denn sie verstand ihn nicht. „Er hat dich doch...“ Seine Augen waren auf einmal alt, als er sie anblickte, und das machte sie nervös. In dein tiefen seiner Augen gab es ein Verstehen, das er nicht hätte haben sollen. Die Last eines Schicksals, das er nicht hätte tragen sollen. Vor allem nicht alleine. „Er hat das Sakabatou dabei. Wie lange wird er damit in der Bakumatsu-Zeit überleben? Wie du gesagt hast, ich könnte diese Sache vielleicht nicht noch einmal überstehen...“ -- 1865 Geistesabwesend verließ Kenshin Katsuras Zimmer, in seinen eigenen Gedanken und Sorgen verloren. „Wie soll ich nur nach Hause kommen? Wenn der einzige Weg meine Gedanken und Handlungen sind, die ich irgendwie mit Battousai in Einklang bringen muss, dann ist es kaum möglich. Außer...“ Kenshin schüttelte den Kopf. „Nein, keine gute Idee... aber möglich, vielleicht.“ Seine Gedanken wandten sich den Shinsengumi zu. Saito war einer der wenigen Menschen, die in ihm die dunkle Seite des Hitokiris so sehr zum Leben erweckt hatten, dass nicht einmal Kaours Stimme noch fähig gewesen war, ihn wieder zurückzubringen. Wenn ihn also jemand in einen ähnlichen Geisteszustand zu Battousai versetzten könnte, dann Saito. Aber wie? Kenshins Augenbrauen zogen sich zusammen, als er sich dem Eingang der Herberge näherte. Er hatte nicht vor, von irgendeinem der anderen Soldaten gesehen zu werden. Er brauchte jetzt Zeit um nachzudenken. Denn ihm blieben nur noch 24 Stunden, um einen Weg nach Hause zu finden, dann würde die Situation ihm entgleisen. Er schlich an der Tür vorbei, kurz geblendet von dem intensiven Licht der Nachmittagssonne, dass durch die offene Tür schien. „Battousai-san?“ Kenshin blinzelte und beschattete seine Augen mit der Hand. Er sah einen Moment umher, bevor er die Person zu der Stimme fand. Ushiro saß auf den Stufen am Eingang direkt vor ihm. „Ushiro-san,“ antwortete und trat zu ihm ins Sonnenlicht, während er die Tür hinter sich schloss. „Warum setzt du dich nicht, Battousai-san?“ Der Rotschopf zögerte einen Moment, dann saß er, sich selbst erinnernd, dass er sowieso noch einige Worte mit Ushiro wechseln wollte, bevor er nach Hause zurückkehrte. Ushiro lehnte sich an den Stufen zurück, die Augen geschlossen, sein Kopf hinten an einer Stufe angelehnt. Sein schwarzes Haar stand etwas wirr von seinem Kopf ab, weil er es nicht wirklich frisiert hatte. Sein dunkler Gi stand in starkem Kontrast zu den hellen Staubflocken, die das Sonnenlicht sichtbar machte. Die Luft war kühl, aber das schien den Mann nicht zu berühren. Sein Gi war ein bisschen offen und Kenshin konnte einige seiner Verbände sehen. „Ushiro-san, wie verheilen deine Wunden?“ Der Mann öffnete ein Auge und sah zu dem Rotschopf, der etwas steif neben ihm saß. „Mir geht’s gut. Okami sagt, dass alles gut verheilt.“ Er grinste. „Das ist normal, weißt du, wenn man gleich zu einem Arzt geht.“ Kenshin antwortete nicht, sondern schloss nur seine Augen und schüttelte leicht den Kopf. Er lehnte sich etwas zurück und versuchte, zu entspannen. Es war trotzdem seltsam. In seinem Kopf hätte er niemals seine Vergangenheit mit so einem freundlichen Gespräch verknüft. Seltsam, das er sich einfach nicht an irgendeine Freundlichkeit erinnern konnte. Die beiden Männer saßen noch einen Augenblick länger schweigend da, bevor Kenshin sprach. „Ushiro-san... ich möchte mich bedanken.“ Ushiro setzte sich auf. Kenshins Augen waren immer noch geschlossen, aber er konnte die Überraschung in Ushiros Ki fühlen. „Für die Nachricht,“ fügte er leise hinzu. „Ich...mir hat das viel bedeutet. Ich habe nicht realisiert... Ich habe nie gewusst...“ Er seufzte, die richtigen Worte wollten nicht kommen. „Ich dachte nur...“ Ushiro begann leise zu lachen, und Kenshin wandte sich um und starrte ihn verwundert an. „Ist schon okay,“ kommentierte der größere Mann, immer noch kichernd. „Du musst dich nicht bei mir bedanken. Ich bin nur froh, dass es alles was genützt zu haben scheint. Ich hätte es dir lieber ins Gesicht gesagt, aber du wolltest nie zuhören. Du bist zu stur.“ Er girnste. „Ich denke, ich bin fast genauso stur wie du.“ Kenshinn lächelte zurück. „Scheint so.“ Ushiro lehnte sich wieder nach hinten. „Du bist schon ein komischer Kerl. Ich wusste nie, wie ich dich einschätzen sollte. So ruhig und ernst in einer Minute. In der anderen tödlich.“ Er sah etwas besorgt aus. „Und immer so voller Selbstverachtung. Daran musst du etwas ändern, Battousai-san.“ „Mein Name ist Kenshin,“ sagte der Rotschopf plötzlich. Ushiro lächelte. „Ich weiß. Aber soweit ich mich erinnern kann, hast du mich das letzte Mal fast angegriffen, als ich dich so genannt habe.“ Sein Lächeln wandte sich in ein freundliches Grinsen. „Ich hänge am Leben, weißt du.“ Kenshin seufzte. „Es tut mir leid, Ushiro-san.“ Er sah angespannt zur Seite. „Ich... Ich fände es trotzdem besser, wenn du mich ab jetzt Kenshin nennst.“ „Okay. Aber nur, wenn du Ryu zu mir sagst – abgemacht?“ Kenshin entspannte sich wieder. „Danke, Ushiro-san...Ryu...“ Er zögerte, als ob ihm ein beunruhigender Gedanke gekommen wäre. „Du versteht, dass ich vielleicht später wieder meine Meinung ändern könnte. Es wäre nichts persönliches, aber später würde ich vielleichth wieder lieber Battousai genannt werden. Es ist nur...“ Ushiro lachte und nickte, während er faul seine Beine ausstreckte. „Richtig, ich verstehe schon. Macht doch nichts. Ich hab noch nie jemanden wie dich so besorgt über einen Namen reden hören. Es ist nur ein Name.“ „Für mich nicht.“ Ushiro nickte. „Für dich, aber für mich war Battousai nur ein Name. Ein anderer Spitzname, den dir die Leute gegeben haben, bevor Dämon von Kyoto als angemessener erschien, die Bastarde.“ Er zuckte mit den Schultern, offensichtlich nicht wirklich wütend. „Ich denke, ich habe immer einen verrückten Jungen in dir gesehen, seit dem Tag, als Katsura-san dich mitgebracht hat. Auch als du angefangen hast, dein Herz und dein Gesicht zu Stein werden zu lassen, als ob dich nichts mehr berührte... hinter deiner steinernen Maske warst du für mich trotz allem nur ein Junge.“ Kenshin schwieg einen Moment, dann endlich sagte er leise, „Danke.“ Ushiro wandte sich zu dem rothaarigen Mann um. „Und, wann denkst du soll ich dich wieder Battousai nennen?“ „Ich weiß nicht... wann immer mir der Sinn danach steht.“ Kenshin fühlte sich bei diesen Worten irgendwie unangenehm. „Wenn du also wieder Platz tauscht, nehme ich an.“ Kenshin gefror, seine Augen wurden groß. „Was hast du gesagt?“ Ushiro lächelte immer noch, aber da war etwas tiefes, wissendes in seinen Augen. „Du denkst doch nicht, dass mir das entgangen wäre? Ich arbeite seit sechs Monaten mit dir zusammen. Und die ganze Zeit versuche ich, durch deine Mauern zu brechen. Denkst du im ernst, dass ich nicht sofort bemerkt hätte, dass etwas nicht passt, als du dich mir geöffnet hast?“ Der Mund des Rotschopfs stand offen. Er wollte irgendwas sagen, doch alle Worte drehten sich in seinen Kopf und nichts kam aus seinem Mund. „Ushiro wusste es?“ dachte er. „Er hat es die ganze Zeit gewusst? Ich muss ihm wirklich etwas bedeutet haben...“ Endlich fand er seine Stimme. „Okami hatte also richt. Sie sagte mir, dass die Leute es bemerken würden.“ „Okami ist eine schlaue Frau. Sie bemerkt Dinge.“ Er unterbrach sich. „Du bist jetzt älter als ich, oder?“ fragte er nachdenklich. Kenshin blinzelte ihn an. „Dreißig.“ Ushiro starrte ihn an. „Du scherzt... so alt?“ „Danke,“ bemerkte Kenshin trocken. „Du bist ja fast älter als Katsura-san.“ „Ryu...“ „Noch einmal zehn Jahre und du wärst so alt wie mein Vater.“ „Danke, das hilft mir jetzt auch nicht weiter.“ Der dunkelhaarige Schwertkämpfer schüttelte fassungslos den Kopf. „Dreißig. Wow! Ich glaube, ich hätte nie damit gerechnet, dass du so alt werden würdest.“ „Soll ich mich jetzt besser fühlen?“ fragte Kenshin amüsiert. Ushiro hob eine Augenbraue. „Sorry, aber es ist wahr. Ich dachte, du würdest dich töten lassen. Ich mag den Gedanken nicht, aber du hast immer ohne Rücksicht auf dich selber gekämpft...“ „Inzwischen nehme ich Rücksicht.“ Ushiro nickte. „Ja, so sieht es aus. Du hast also jemanden, der auf dich wartet?“ Kenshins Augen weiteten sich, was Ushiro zum Lachen brachte. „Also ja.“ „Anscheinend bin ich inzwischen ein offenes Buch.“ Die beiden Männer saßen noch eine Weile in Ruhe auf der Treppe, beide in ihren Gedanken verloren. Es war ein friedlicher Tag. Einern vfon den Tagen, die einen fast vergessen l assen konntne, dass man sich mitten in einem Bürgerkrieg befand. Die Sonne glitzerte auf den wenigen Schneeflocken, die im Wind mitwirbelten und den Boden leicht gepudert hatten. Ein Wind umspielte ihre Haare, er war fast warm, aber immer noch kalt genug um sie zu erinnern, das der Frühling zwar nicht mehr weit war, aber der Winter noch nicht vorbei. Genauso wie die Revolution. „Kenshin... kann ich dich etwas fragen?“ Der Rotschopf sah Ushiro an, verwundert durch dessen plötzlich sehr ernsten Gesichtsausdruck. „Was?“ „Ich verstehe, wenn du nicht antworten willst, aber... in deiner Zeit...“ Er schwieg kurz. „Reden wir jemals noch einmal miteinander?“ Er sah besorgt aus. Als ob ihm diese Sache sehr wichtig wäre. Seine dunklen Augen blickten in die blauen von Himura. „Weil es scheint mir so, als ob du aus diesem ganzen Schlamassel heil wieder rausgekommen bist. Anscheinend könnten wir in deiner Zeit Freunde sein. Aber du verhältst dich zu mir wie zu einem Fremden. Ich hab mich nur gefragt...“ Kenshin fühlte einen vertrauten Schmerz in seinem Herzen. Den gleichen, den er gespürt hatte, als er gehört hatte, das dieser freundliche Mann zu Beginn der Meijizeit gestorben war. Das erste Mal, dass er gespürt hatte, dass ihm die Leute, mit denen er gekämpft hatte, doch irgendwie wichtig gewesen waren. „Kenshin?“ „Tut mir leid, Ryu... Ich habe dich lange nicht gesehen.“ Er sah weg. „Ich besuche Kyoto nicht oft. Und du bist... in Kyoto.“ „Ah, das macht Sinn. Schlimme Erinnerungen.“ Er seufzte. „Ist trotzdem eine Schande. Wenn man daran denkt, dass ich so hart daran gearbeitet habe, dich irgendwie zu öffnen, und dann aufgeben muss, wenn ich die Chance dazu hätte.“ „Du hast nie aufgegeben,“ sagte Kenshin bestimmt. „Selbst am Ende hast du mich nie aufgegeben.“ Er lächelte schuldbewusst. „Ich hab mich zu dieser Zeit nur selber aufgegeben. Deswegen ist mir das nie aufgefallen.“ Er zuckte mit den Schultern. Ushiro schnaubte. „Du warst echt ein Baka. Dich aufgeben... Ich kenne viele erwachsene Männer, die nicht halb so viel Persönlichkeit haben wie du warst... bist. Für mich. Und für die Menschen, die auf dich warten.“ Sein Gesicht wurde wieder nachdenklich. „Weißt du, du solltest mich besuchen.“ „Oro?“ Das seltsame Wort löste bei dem Schwertkämpfer Lachen aus. „Du hast mich schon verstanden. Du solltest mich besuchen. Komm einfach für ein paar Tage in Kyoto vorbei. Ich denke mal, du müsstest in deiner Zeit sogar gerade da sein, oder? Sonst wärst du ja nicht hier aufgetaucht. Also keine Ausreden. Besuch mich. Ich kenne dich. Es wäre eine Freude, dich wieder zu sehen.... wir könnten uns gemeinsam zurückerinnern oder so was in der Art....“ „Ich denke nicht, dass...“ Ushiro ließ ihn nicht zuende reden. „Jetzt wart mal eine Minute. Du willst mich nicht besuchen, weil ich in Kyoto wohne, aber du kamst zurück in die Revolution, um Katsura-san zu sehen? Ich bin verletzt!“ In gespielter Empörung drückte er seine Hand auf sein Herz. Kenshin lachte kopfschüttelnd. Der andere Mann setzte sich auf und sah ihn mit warmem Blick an. „Hey, du lachst.“ Sein Ausdruck war nicht beschreibbar. Fast schien sich Stolz in seinem Gesicht zu spiegeln. Wie ein älterer Bruder, der seinen Jüngeren dabei beobachtet, wie er seine eigenen Erfahrungen im Leben sammelt. Das Lachen des Rotschopfes hatte etwas bittersüßes. „Ich habe dich seit einer langen Zeit nicht lachen gesehen.“ Kenshin lächelte ihn an. „Ich würde dich gerne in Kyoto besuchen. Ich werde sehen, was ich machen kann.“ Ushiro nickte. „Gut. Vielleicht schreib ich dir einfach nochmal eine Nachricht, darauf scheinst du ja zu reagieren.“ Beruhigt schloss er die Augen. Kenshin sah in einen Moment von der Seite an, studierte seine Gesichtszüge. Er war der einzige Mensch aus dieser düsteren Zeit seines Lebens, der so viel Energie investiert hatte, ihm zu helfen – außer Tomoe natürlich. Und wie sie würde er auch ihn verlieren. Das schien sein Schicksal zu sein. Er lächelte sanft und schaute hoch in den tiefen, blauen Himmel. Mit Ryu war es wie mit Tomoe. Sie würden beide nie wirklich aus seinem Leben verschwinden. So lange er sich an sie erinnern würde. „Ich werde dich besuchen, sobald ich zuhause bin, Ryu,“ flüsterte er. Sein Freund gab keine Antwort. Er schien auf den Stufen im warmen Sonnenlicht eingenickt zu sein. --- wie immer würde ich mich sehr über Feedback freun ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)