Valentine - überarbeitet von Yu_B_Su (Kaiba im Wald) ================================================================================ Kapitel 3: 2 Moyen Age, 2. Le trajet ------------------------------------ So, das erste Dritte geht los! Die französischen Titel sind tw. nur Wort-für-Wort Übersetzugnen aus dem WB, also nicht böse sein. Viel Spaß beim lesen! Kapitel 2.2 – Le trajet Ich fuhr mit der Straßenbahn zum Bahnhof und wartete. Warten – ich hasste Warten – auch wenn ich das heute anders sehe, damals war es eine Qual für mich. Da verschwendet man nur sinnlos Zeit, dachte ich. In diesen fünf, zehn, zwanzig Minuten könnte man soviel machen – telefonieren, eine Akte lesen, ein Antwortschreiben verfassen … Und was tut man stattdessen – man wendet sich sinnlosen Freizeitbeschäftigungen zu: Bücher lesen – habe ich Zeit dafür? – Musik hören – habe ich Zeit dafür?, Leute beobachten – muss ich mir das Elend von heute angucken?. Mir kam das alles so unnütz vor. Erst als ich in den Zug stieg, realisierte ich langsam die Menschen, das Umfeld, und mit ihm, auf was ich mich da eingelassen hatte. Wann war ich das letzte Mal mit dem Zug gefahren? Ich konnte mich nicht erinnern. Der Zug war ziemlich voll, viele Familien schienen in den Urlaub zu fahren, klar, es war ja Freitag, wie ich jetzt bemerkte. Schön! Trotz langer Suche fand ich keinen Einzelplatz, nirgendwo hatte ich meine Ruhe, überall wurde gequengelt, geschrieen, gebrüllt, da hätte ich auch gleich in Domino bleiben können! Und so blieb mir nichts anderes übrig, als mich auf einen Platz am Fenster zu setzen und mich möglichst von allem abzuschotten. Routiniert kramte ich in meiner Manteltasche, in der ich normalerweise immer mein Handy aufbewahre. Die Aufnahme der Vorstandssitzung von letzter Woche würde hoffentlich das BÄH! WÄH! ÄH! der anderen Menschen übertönen. Ich zog mein Handy aus der Tasche, und öffnete das Menu „Medien“ – aber – der Ordner war leer! Für einen Moment war ich wie erstarrt. Was war passiert?! Hatte ich womöglich meine gesamten Aufnahmen gelöscht?! Nein, ich mache so etwas nicht – nicht ICH! Panisch durchsuchte ich das ganze Handy, aber nirgendwo fand ich etwas! Was war hier los?! Hatte Yami gestern heimlich die Handys ausgetauscht? Nein, ich habe gestern Abend noch mit Frau Pevauzee telefoniert! Hatte ich heute Morgen in meiner auslassenden Stimmung voller Freude und ohne Nachzudenken den kompletten Handyspeicher gelöscht?! Nein, ich mache NIE etwas ohne Nachzudenken, ich habe immer die Kontrolle über mich, ich mache keine Fehler, ich lösche nicht den Speicher meines Handys! Aber was dann?! Was, wenn plötzlich alle meine Daten verschwunden sind?! Die Sicherheitskopie liegt auf meinem Laptop in meiner Villa! Weit weg von hier! Ich bin verloren! Meine Geschäftskontakte, alle Aufnahmen, alle SMS – wie soll ich nur ohne dieses Gerät überleben? Ich war äußerlich zwar äußerst gefasst, aber innerlich total aufgewühlt. Meine Erlösung bzw. des Rätsels Lösung fand ich in einer kleinen SMS, die mit einem leisen Flötensolo ankam: „Hallo Seto, tut mir leid, dass ich deine SIM-Karte ausgetauscht habe, aber ich weis doch, dass du sonst nur arbeiten würdest. Schöne Ferien! Dein kleiner Bruder Mokuba.“ NEIN! Das kann doch nicht sein! Mein eigener Bruder! Ich kann ja verstehen, dass er will, dass ich meine Ruhe habe, aber deswegen kann er mich doch nicht von der modernen Zivilisation abschotten!! Denkt er etwa, nur weil er mein kleiner Bruder ist, könnte er sich so etwas erlauben? (obwohl ich natürlich innerlich wusste, dass er das nicht nur denkt, sondern auch weis). Wütend knautschte ich meinen Mantel zusammen, was leider auch dem kleinen Mädchen mir gegenüber auffiel. Und wie kleine, nervige Kinder sind, hat sie nach meinem Mantel gegriffen, ihn auseinander gezogen und zusammengedreht und auseinander gezogen und zusammengedreht, als hätte sie sonst keine Beschäftigung! Das war zuviel: „Pfoten weg!“, brüllte ich sie an – doch anstatt aufzuhören, sah sie mich erst mit großen Augen an und fing dann an zu schreien. WÄH! Ich wollte sie auch anschreien, was ihr einfalle, meinen schönen, selbst erarbeiteten Mantel zu beschädigen, doch der Blick ihrer Mutter verhinderte das. Sie erinnerte mich an Herrn Kunststoff: sehr dick, sehr groß, ihre Erscheinung war wirklich, selbst für mich, beängstigend und wenn ich auch nur einen Ton gesagt hätte, wäre ich vermutlich nicht lebend aus dem Zug gekommen. Und so ging die ganze Zugfahrt weiter: umringt von nervigen Kindern und ihren überforderten Eltern, die es nicht schafften, diese kleinen Nervensägen ruhig zu halten, die Akten, die ich mir mitgenommen hatte, um zu arbeiten, und die in einem Geheimfach in meinen KOFFER lagen, welcher zurzeit auf dem Gepäckfach über mir lag, die Tatsache, dass es ohnehin viel zu laut war, um auch nur eine Zeile zu lesen, die Natur, die eintönig an mir vorbei trödelte, nur flaches Land, Felder, Himmel, weiße Häuser mit roten Dächern, kaputte Bahnhöfe, nichts, gar nichts. Es war einfach nur schrecklich! Der Wendepunkt kam als ich gerade genervt über die ausweglose Situation die Augen verdrehte. Dabei entdeckte ich plötzlich, in all dem Getümmel, ein Wort: Meister-Dieb. Es stand auf einer Zeitung, die der Mann schräg gegenüber las. Ein Meister-Dieb, ein MEISTER-Dieb, was machen die schon wieder für einen Trouble! Der Meisterdieb ist doch in Wirklichkeit nur ein winziger Kleinkrimineller, dachte ich. Der einzige, der den Begriff Meister wirklich verdient hat, bin ich! Aber trotzdem reizte mich die Schlagzeile und etwas Sinnvolles zu tun hatte ich auch nicht. Also las ich sie: Meister-Dieb schlägt wieder zu! In der gestrigen Nacht hat der mysteriöse Einbrecher, der seit Wochen Domino terrorisiert, erneut zugeschlagen. Der Täter brach in die Villa der Familie Graf T. von W. im Süden der Stadt ein und stahl Schmuck und Geld im Wert von mehreren tausend Euro. „Er, er hat mir die Kette meiner Großmutter gestohlen. Sie war ein Erbstück!“, berichtet Frau Gräfin W. von T. stockend unter Tränen. Auch ihr Mann, Graf T. von W. ist erschüttert: „Das isst sischer das Werg des Wäisn Keenischs“. Der 73-jährige, der mehrere bedeutende Gemälde wie den „Bill“ von Tokio Hotel oder die „La!“ von Fee besitzt und einige seiner Werke vor kurzem in der Einkaufsgalerie „Am Zentrum“ ausstellte, hat auf die Ergreifung des Täters ein Kopfgeld von einem Euro ausgesetzt. Doch wer ist dieser äußerst mysteriöse Dieb? Viel ist nicht bekannt über das geheimnisvolle Wesen. Einige Zeugen berichteten, es habe weiße Haare. Deshalb gab die Polizei dem Täter den Namen Weißer König. Außerdem hinterlässt er am Tatort immer eine Krone aus Sand. Trotz zahlreicher Hinweise aus der Bevölkerung tappt die Polizei noch immer im Dunkeln. „Das Problem ist, dass der Weiße König kein typisches Opferschema aufweist, er bricht nicht nur bei vermögenden Leuten ein, sodass man hinter ihm einen modernen Robin Hood vermuten könnte, sondern bestiehlt selbst die Ärmsten der Armen.“, erklärt Polizeihauptkommissar Takagi ratlos und sein Kollege Mori ergänzt: „Wir können die Bevölkerung nur warnen: Verschließen Sie Türen und Fenster, verstecken Sie Ihre Wertsachen und vor allem: bewahren Sie Ruhe! Der Täter könnte bewaffnet sein, wir wissen nicht, ob er als nächstes nicht einen Menschen tötet! Wenn Sie ihn sehen, verhalten Sie sich unauffällig. Ein Menschenleben ist mehr wert als so ein Schnickschnack!“. Trotz dieser beruhigenden Worte bricht langsam Panik in der Bevölkerung aus. Uns erreichten schon tausende Briefe verzweifelter Bürger. Deshalb: Wenn Sie wissen, wer der Täter ist, dann rufen sie unter der unten genannten Nummer der städtischen Polizei an. Die Presse ist unmöglich. Da raubt irgendso ein Typ ein paar Häuser aus und schon ist die ganze Stadt in Aufruhr! Der Aktienkurs meiner Firma, der sollte Aufruhr verursachen, aber so ein kleiner Dieb?! Der ist doch in Wirklichkeit ein kleines armes Würstchen, das durch seine Taten Aufmerksamkeit erringen will! Und außerdem: soll er doch machen was er will, was interessiert mich das Unglück anderer Leute? Kann ich etwas dafür, wenn sie unfähig sind, auf ihren Wertsachen aufzupassen? Nein! Das sind doch alles nur Angeber! Haben nie gearbeitet, aber bekommen Weinkrämpfe, wenn man ihnen ihr Geld oder ihre „Wertsachen“ klaut! Das ist total übertrieben! Gut, dass kein kleiner Dieb meine Firma klauen kann, dachte ich und obwohl mich diese ganze Sache überhaupt nicht interessierte, reizte sie mich irgendwie, ich weis auch nicht warum. Manche Leute würden es Schicksal nennen, aber ich fand es nur anziehend. Ich hatte sowieso nichts anderes zu tun. Wenn man sechs Stunden durch die Pampa fährt und an jedem Wald- und Wiesenbahnhof hält, was soll man da auch machen, als sich an irgendwelchen sinnlosen Dingen festzuhalten? Wobei sich dieses Ding als gar nicht so sinnlos herausstellte … Die Fahrt dauerte ewig und als ich am Bahnhof angekommen war, stand ich erst einmal im Wald. Sinnbildlich und wirklich, denn der Bahnhof war nicht nur alt sondern auch verlassen. Der Putz bröckelte von den Wänden und im Schalterhäuschen war vermutlich vor Jahrzehnten das letzte Mal jemand gewesen. Als ich aus dem Bahnhof trat, folgte der nächste Schock: es war keine einzige Straße zu sehen. Nur ein kleiner Weg führte irgendwohin. Aber um mich herum nur Bäume. Überall. Schön, wie soll ich von hier bitte zur Villa kommen?, fragte ich mich. Es gab eigentlich nur zwei Wege nach draußen: Bahnschiene links, Bahnschiene rechts. Ich wählte den dritten und so musste ich erstmal durch den Wald laufen. Mokuba hatte mir glücklicherweise eine Karte gegeben, sonst hätte ich mich verirrt. Aber ein paar Minuten waren das sicher nicht! Und schon nach wenigen Metern war mir klar, dass das ganz sicher kein Erholungsurlaub sondern die schlimmste Zeit meines Lebens werden würde: es war ja schön genug, dass ich mit meinem Trolley über die erdigen Waldwege voller kleiner Hügel und Löcher und Zweigen, die sich in den Rädern meines Koffers verfingen, laufen musste, und das stundenlang. Und dass monoton nur grünes Gras, grüne Bäume, grünes Moos, braune Wege, graue Steine und schwarze Vögel und bunte Vögel zu sehen waren. Aber dass ich dann so schnell und so schmerzhaft mit der Natur Bekanntschaft machen musste, war zuviel: Ich lief gerade an einem Bach entlang und dachte darüber nach, welche meiner Akten ich als erstes bearbeiten sollte, als ich plötzlich stolperte und hinfiel. Meine Nase berührte unsanft den dreckigen Waldboden, ich musste husten. Aber das war noch nicht alles: zu allem Überfluss sprang mein Koffer auf und der Wind, der hier mitten in der Pampa wehte wie er wollte, pustete meine wichtigen Unterlagen einfach weg! Was fiel diesem blöden Wind ein, meine Blätter durch die Luft zu wirbeln? Das waren wichtige Geschäftsunterlagen! Doch das war noch nicht der Höhepunkt; wie ein Verkäufer, der sein Warenpaket zusammenstellt und im vermeintlichen Wohle des Kunden immer mehr hineinpackt, wollte die Natur mir noch einen Gefallen tun und so wehte der Wind meine Blätter direkt in den Bach, der sie durchnässte und wegtrieb. Ich versuchte noch, sie zu retten, sprang hinein, aber sie rutschten mir immer wieder aus der Hand! Mir gelang es zwar, einige doch noch zu fangen, aber bei ihnen war die Tinte verlaufen! Billigqualität! Ich griff immer und immer wieder danach, aber nach vielen erfolglosen Versuchen musste ich schließlich realisieren, dass es keinen Sinn hatte. Keuchend stieg ich aus dem Wasser, um meinen Weg fortzusetzen. Da lief ich nun, total durchnässt, mit Schlamm bespritzt, die Haare zerzaust, mit einem kaputten Koffer und Schmutz im Gesicht! Toll! Aber es half nichts. Ich wundere mich, warum ich in diesem Moment nicht auf die Idee kam, mein Handy aus der anderen Manteltasche zu kramen und Mokuba anzurufen, damit er mir ein Taxi schickt, dass mich so schnell wie möglich wieder nach Hause bringt. Vielleicht hatte ich den Wald, die Ruhe, schon nach diesen wenigen Minuten lieben gelernt, auch wenn mir das zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht klar war. Aber wenn ich heute daran zurückdenke, löst schon diese Szene in meinem Kopf ein tiefes Wohlbefinden in mir aus. Vielleicht liegt es aber auch in Erwartung dessen, was kommen wird. Vermutlich eine Mischung aus beidem. Das tiefe Glücksgefühl beim Anblick der ewiggrünen Bäume und Sträucher war aber, als ich wie ein Häufchen Elend, nein, wie ein feuerspuckender Drache, den kleinen Wanderweg entlanglief, überhaupt nicht vorhanden. Ganz im Gegenteil: auf meinem stundenlangen Irrweg durch den scheinbar unendlich tiefen Wald habe ich einige Sträucher, Pflanzen und Tiere abgerissen, plattgetreten, weggeschossen. Was nicht passt, wird passend gemacht, dachte ich. Wenn die Natur so gemein ist und mich all diese Qualen durchleiden lässt, dann soll sie auch die Konsequenzen tragen! Der Mensch ist die höchstentwickelte Spezies und herrscht über die Natur! Und im Gegensatz zu mir arbeitet die Natur nicht stundenlang in irgendwelchen Büros, also hat sie mir gefälligst zu gehorchen! 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