Druiden von Mikoto-san ================================================================================ Kapitel 10: Schlussfolgerungen ------------------------------ Meine Mutter war aus essen, daher hatte ich sturmfreie Bude. Ich nutzte die Zeit um meine überraschend wenigen Hausaufgaben zu erledigen, sowie die eher mittelmäßige Unordnung in meinem Zimmer zu beseitigen. Diese Arbeiten halfen mir mich von dem nachmittäglichen Schock zu erholen. Seidenpfote war auch nicht da, weshalb ich beschloss duschen zu gehen, da ich mich dabei immer gut entspannen konnte. Ich hatte ja ohnehin nichts anderes mehr zu tun. Die wenige Hausarbeit, die ich erledigen musste, hatte ich ebenfalls schon fertig. Kurz: Mir mangelte es an Beschäftigung. Diese aber bedeutete Ablenkung und das war genau das, was ich brauchte. Zumindest noch ein bisschen. Während das Wasser an meinem Körper hinunterlief dachte ich über Achilles nach. Aus welchem Grund war er wohl zum Besessenen geworden? Es gab verschiedene Möglichkeiten für einen Menschen zu einem solchen Wesen zu werden. Die erste und namensgebende war die, dass ein umherirrender Geist - dabei handelte es sich in der Regel um starke Irrlichter - von einem Menschen besitz ergreift. Dann gab es noch die Variante eines Sterbenden, dessen Seele bereits zu verlöschen beginnt, der einen Packt mit dem Geist schließt um zu überleben. In den meisten Fällen war es allerdings eher so, dass der Geist den kümmerlichen Rest der Menschenseele aufsaugt und dann in dessen fleischliche Hülle schlüpft. Und natürlich gab es noch die eher seltene Eventualität eines Menschen, der den Geist selber herbeiruft, der seinen Körper übernimmt. In vollem Bewusstsein verkauft der Mensch sich an den Geist. Fast so wie das sprichwörtliche seine Seele an den Teufel verkaufen der Menschen. Welche dieser Möglichkeiten zutraf wusste ich nicht, aber ich vermutete, dass Achilles während seines Kuraufenthaltes in Schottland zum Besessenen gemacht wurde. Eigentlich konnte es nur dort passiert sein, denn als ich ihn das letzte Mal in seiner wahren Gestalt gesehen hatte, war er mit Sicherheit noch vollkommen menschlich gewesen. Laut seufzend trat ich aus der Duschkabine. Eigentlich hatte ich mich ablenken wollen, doch letztendlich hatte ich mich doch dazu hinreißen lassen Vermutungen aufzustellen. Vielleicht konnte mir ein Buch helfen mich für ein Weilchen von der Sache zu lösen? Wenn die kleine Katzengöttin wiederkam, war es sowieso aus mit der Ruhe. Einige Minuten später hatte ich jedoch keine Lust mehr zu lesen. Meine Gedanken schweiften immer wieder ab und ich konnte mich nicht richtig konzentrieren, also ging ich auf meinen Balkon um frische Luft zu schnappen. Als ich die Tür öffnete wehte mir eine sanfte Brise entgegen. Meine Haare waren wie immer noch ein wenig nass, doch in den letzten paar Wochen war es immer angenehm warm gewesen. Auch an diesem Abend wieder. Inzwischen war es schon dunkel geworden. Geistesabwesend lehnte ich mich auf das Geländer und betrachtete die Sterne. Sie schienen ganz besonders hell zu scheinen. Auch der Mond erstrahlte Sichelförmig am Himmel. Aus irgendeinem Grund wirkte er viel größer als sonst. Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. Mit schweifendem Blick suchte ich nach und nach den Himmel nach mir bekannten Konstellationen ab. Allgemein bekannte wie den großen und den kleinen Wagen fand ich natürlich sofort. Gerade als ich in den Anblick einer drachenähnlichen Konstellation vertieft war, vernahm ich hinter mir ein kratzendes Geräusch. Ich drehte mich um - und genau vor mir fiel ein fast faustgroßer Stein auf den Boden des Balkons. Ich stieß einen überraschten Schrei aus, sah sofort in die Richtung aus der der Stein geflogen gekommen war, fand jedoch nichts. Von der Seite her hörte ich eine sich öffnende Schiebetür. Es war die des Nachbarbalkons. Anton stürzte nach draußen, auf den Angriff eines Geistes gefasst. „Warum hast du geschrieen?“, verlangte er sogleich zu wissen. Die Schultern zuckend und entschuldigend lächelnd antwortete ich: „Ich habe mich nur erschrocken. Tut mir leid.“ Er verdrehte leicht die Augen: „Und ich dachte schon man hätte dich angegriffen!“ „Denk doch mal nach!“, forderte ich ihn auf: „Natürlich ist das Haus mit Bannkreisen geschützt, die das Eindringen eines feindlich gesinnten Geistes verhindern. Egal in welcher Form er ist. Wie sollte mich da einer angreifen?“ „Was, wenn er Bannkreise durchbrechen kann?“ „Unmöglich. Dafür müsste er sich damit auskennen und wenn er mal ein Mensch war, dann kann er gar nichts darüber wissen.“ „Und wenn er kein Mensch war?“, hackte mein Verbündeter weiter nach. Der Ausdruck in seinen Augen machte mich zunehmend nervöser. „Du meinst er war ein Druide? Selbst wenn es so wäre, welchen Grund hätte er gehabt mich mit einem Stein zu erschlagen? Er hätte genauso gut einen Fluch benutzen können. Das wäre sogar sehr viel sicherer gewesen.“, mit jedem Wort versuchte ich mehr mich gegen den Gedanken zu wehren. „Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen … Hätte er einen Fluch angewendet, hätte ich das gespürt. Vielleicht hat er es deshalb nicht getan, weil er noch nicht genügend Kraft hat um mit uns beiden fertig zu werden? Laut meinem Meister hat der Geist eines Druiden zunächst keine magischen Fähigkeiten mehr. Sie regenerieren sich mit der Zeit selbstständig. Selbstverständlich kann er den Vorgang beschleunigen … indem er sich die Seelen anderer einverleibt. Oder sich andere zunutze macht wie ein …“ „Wie ein Besessener.“, beendete ich den Satz düster: „Und er kann sogar stärker werden als er zu Lebzeiten war, wenn er sich nur genug Seelen holt, stimmt‘s? Nicht zu vergessen wie nützlich ihm andere Druiden sein könnten, wenn er erstmal die Kontrolle über sie oder ihre Seelen hat. Sollte der Besessene tatsächlich ein verstorbener Druide sein, ist das keine sehr angenehme Vorstellung. Wer weiß wie lange er gelebt und wie viel Erfahrung er gesammelt hat? Wie sollen wir da mithalten?“ „Ich weiß es nicht. Aber die Attacke mit dem Stein lässt doch darauf schließen, dass er noch nicht sehr viel Kraft regeneriert hat. Wir müssen ihn uns schnappen solange er noch geschwächt ist.“ „Und wie sollen wir das anstellen?“ Ich stemmte eine Hand in die Hüfte und sah Anton ratlos an. Auch er schien nicht so recht weiterzuwissen. Doch dann fiel mir eine Lektion meines Meisters ein: Der Geist eines Druiden ist weiterhin an die Gesetze seiner Art gebunden. Mit anderen Worten musste er annehmen, wenn wir ihn zu einem Kampf herausforderten, denn nach den alten Bräuchen darf man eine Herausforderung nicht ablehnen. In meinen Augen blitzte es auf: „Ich glaube ich habe eine Idee. Wenn dir noch etwas einfällt, dann kannst du es mir morgen sagen. Ich muss jetzt etwas ausprobieren. Gute Nacht.“ Diebisch grinsend trat ich von dem Balkon in mein Zimmer und lies meinen Verbündeten mit einem verdutzten Gesichtsausdruck draußen zurück. Die Tatsache, dass Seidenpfote auf meinem Bett zusammengerollt war und, nun da ich eintrat, die Augen öffnete, war wenig überraschend. Ich hatte irgendwie gespürt, dass sie da war. Genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich ließ mich neben ihr auf das Bett fallen. Sie setzte sich, den Kopf schräg legend, auf: Bist du dir deiner Sache sicher? Du weißt, ich darf dir im Gefecht nicht helfen. Alles was ich tun kann, ist dir deine Fragen zu beantworten. „Ich weiß.“, erwiderte ich verschmitzt: „Aber das genügt mir schon.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)