Me and You von maidlin ((Spoiler ab chapter 40)) ================================================================================ Kapitel 14: Ein Teil von mir ---------------------------- Ein Teil von mir Als Yuki erwachte, brauchte sie einige Sekunden um sich zu orientieren. Nur langsam realisierte sie, dass sie in ihrem Zimmer befand und im Bett lag. „Du bist endlich wieder wach.“, hörte sie eine sanfte und besorgte Stimme. „Wie geht es dir?“ Sie drehte ihren Kopf ein wenig und sah in Kanames Gesicht. Er saß auf ihrem Bett und betrachtete sie sorgsam. „Onii-sama.“, sagte sie leise. „Was...“ „Scht.“, sagte er und legte den Zeigefinger auf ihren Lippen. „Du solltest dich ausruhen und nicht überanstrengen. Ich will nicht, dass du vielleicht noch krank wirst.“ Ihre Augen huschten an der Decke hin und her und sie versuchte Erinnerungsfetzen zusammenzufügen. Ichiru... der Streit... eine Antwort geben... der Kuss... Zero liebt sie... Zero liebt sie... Ihre Augen weiteten sich bei dem Gedanken daran und aus ihrem Gesicht wich erneut jegliche Farbe. „Yuki, ist wirklich alles in Ordnung. Du bist noch blasser geworden!“, sagte Kaname und Yuki sah ihn erneut an. Sie konnte die Angst deutlich in seinem Gesicht sehen und trotzdem war sie darüber nicht erschrocken. Das Einzige was Platz in ihrem Kopf hatte, waren die Gedanken an all die schrecklichen Dinge, die sie Zero angetan hatte. Sie nickte leicht und langsam kehrte auch alles weitere zurück. Kaname hatte sie am Morgen gefunden und sie hierher gebracht. Er war sehr wütend gewesen und er hatte gedacht, dass Ichiru... „Was ist mit Ichiru?“, fragte sie ihn schwach. Kanames Ausdruck veränderte sich augenblicklich. Diesen Namen wollte er jetzt nicht von ihr hören! Nicht, wenn er verantwortlich für alles war! „Hast du... Hast du ihm...“, begann Yuki, doch konnte nicht weiter sprechen. Ihr fehlte die Kraft dazu und die Angst begann ihr die Kehle zuzuschnüren. „Ich habe mein Versprechen gehalten, wenn es das ist was du meinst!“, sagte er hart. „Danke.“, wisperte sie. Sie fühlte sich schrecklich. Vollkommen erschöpft und niedergeschlagen. Sie fühlte, dass ihre Augen verquollen waren. Sie fühlte sich unsauber, schmutzig. Sie brauchte unbedingt eine Dusche. Wenn sie es nur schaffen würde aufzustehen. „Was ist gestern geschehen, als ich nicht da war?“, fragte Kaname sie noch einmal. Abermals schüttelte sie den Kopf. „Yuki!“, zischte er verärgert. Sie sah ihn wieder an. Die Wut verzehrte sein Gesicht und er sah ganz so aus, wie ein Vampir, der das Wort „Gnade“ nicht kannte. „Nichts... Er hat nichts gemacht.“, antwortete sie, vermied es aber ihn anzusehen. „Er hat aber etwas anderes gesagt. Ihr hattet eine Auseinandersetzung, wie er es nannte. Worum ging es dabei? Was hat er gesagt, dass du nachts in den Pool springst und dann daneben einschläfst.“ Jegliche Sanftheit war aus seinen Worten gewichen und sie hatte eher das Gefühl, dass seine Worte ein Befehl waren, dem sie sich nicht verweigern konnte, so viel Autorität sprach daraus. „Er... Er hat mir nur etwas erzählt... über Zero.“, flüsterte sie schließlich. Kanames Gesicht verhärtete sich noch mehr. Er hätte ihn schon längst vernichten sollen! „So? Und was hat er dir erzählt?“, fragte er mit möglichst ruhiger Stimme weiter. „Dass... Dass...“ Yuki wog ihre Worte genau ab. Die ganze Wahrheit würde sie ihm nicht erzählen können. Und dennoch... sie musste es endlich akzeptieren. Sie durfte nicht mehr hoffen. „Er wird nicht mehr zurückkommen.“, flüsterte sie mit starrem Blick. Eine einzelte Träne stahl sich bei diesen Worten aus ihrem Auge. Jetzt da sie es lautausgesprochen hatte, fühlte es sich noch endgültiger an. Sie fühlte sich auf einmal so unvollständig, so leer. Woher kam plötzlich dieses Loch in ihrem Herzen? Kaname atmete scharf aus. Er wusste nicht was ihn wütender machte. Die Tatsache, dass Ichiru nun für immer bleiben würde oder, dass sie wegen IHM weinte. Obwohl ersteres auch keine Rolle spiele. Die Kiryuu Zwillinge waren für ihn beide Plagen. Aber jetzt würde sie vielleicht eher mit ihm gehen. „Yuki...“, sprach er trotz seines Zorns, so sanft wie möglich. Er legte seine Stirn auf die ihre und Yuki genoss die angenehme Kühle. „Wenn es wirklich stimmt, dann war es seine Entscheidung. Bitte, weine nicht. Er hat es so gewollt.“, redete er auf sie ein. Sie sahen sich einen Moment lang in die Augen und Yuki nickte schließlich. Er hatte ja recht! Aber dennoch fühlte es sich so an, als wäre es allein ihre Schuld. Als wäre sie der Auslöser für alles. Als wäre sie allein verantwortlich. „Schlaf noch ein bisschen und mach dir bitte keine Gedanken mehr darüber. Denke daran, dass er es selbst so entschieden hat. Wir können nicht anderes tun, als das zu akzeptieren.“ Wieder nickte Yuki kurz. Sie schloss die Augen, als Kaname sie auf die Stirn küsste. Einen Moment später klopfte es an der Tür. Dann öffnete sie sich einen Spalt breit und der Rektor trat ein. „Kaname, der Wagen ist da.“ „Danke. Aber würden sie bitte ausrichten, dass ich heute nicht an der Sitzung teilnehmen werde? Ich möchte sie nicht allein lassen!“ „Ja, natürlich.“ „Onii-sama, nein.“, wiedersprach Yuki gleich und es war ihr anzumerken, dass es ihr sichtlich Mühe kostete. „Du musst nicht meinetwegen hier bleiben und ich weiß doch, dass es wichtig ist.“ „Yuki, ich werde dich jetzt auf keinen Fall allein lassen.“ „Aber ich bin nicht allein.“, erwiderte sie schwach. „Der Rektor ist doch da und ich schlafe doch nur die ganze Zeit. Außerdem sollst du deine Arbeit wegen mir nicht vernachlässigen. Es ist genauso wichtig.“ Kaname überlegte einen Moment. Er war hin und hergerissen zwischen seinem Pflichtbewusstsein und dem Wunsch bei ihr zu bleiben. „Geh ruhig. Mir geht es schon besser und du musst nicht die ganze Zeit hier sitzen. Bitte...“ Vielleicht bildete er es sich nur ein, aber er konnte sich des Eindruckes nicht erwähren, dass sie ihn vielleicht sogar drängte zu gehen. Er wusste nicht wie richtig er damit lag. Yuki wollte jetzt niemanden in ihrer Nähe haben, auch Kaname nicht. Sie hatte nicht vergessen, was auch er Zero angetan hatte. „Und du bist dir wirklich sicher?“, fragte er sie noch einmal und sah sie zweifelnd an. „Ja. Es macht mir nichts aus.“ „Wie du meinst. Ich bin bald zurück.“ Er küsste sie noch einmal auf die Stirn, nickte dem Rektor beim rausgehen kurz zu und verschwand dann. Nun trat Kurosu an das Bett und sah sie besorgt an. „Wie geht es dir jetzt.“ Sie schloss die Augen und schüttelte den Kopf. „Was habe ich getan?“, wisperte sie. „Yuki, du darfst dir nicht die Schuld geben oder danach suchen. Das würde auch er nicht wollen. Du bist nicht Schuld.“, redete ebenso er auf sie ein. „Aber ich hätte es erkennen müssen. Ich hätte-“ Die Stimme versagte ihr und eine weitere Träne lief ihre Wange herunter. „Das konntest du nicht. Er wollte nicht, dass du es weißt.“ Yuki antwortete ihm nicht und starrte weiter nach oben. Ihr Atem war schwer und sie versuchte ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. „Ist schon gut. Versucht noch etwas zu schlafen.“ „Wie spät ist es?“ „Kurz vor fünf Uhr nachmittags und jetzt solltest du noch etwas schlafen. Mein hübsches Mädchen, sieht im Moment nämlich gar nicht so hübsch aus.“, sagte er und Yuki musste unwillkürlich lächeln. Für ihn würde sie wohl immer das kleine Mädchen bleiben, egal was sie tun würde. Kaien Kurosu zupfte ihr Decke wieder zurecht und wollte gerade gehen, als sie doch noch eine Antwort haben wollte. „Was ist mit Ichiru?“ „Er schläft. ... Es tut ihm leid.“, sagte er sacht. Yuki nickte kurz und der Rektor verließ das Zimmer, um ihr Ruhe zu gönnen. Dann war sie wieder allein. Sie schloss die Augen und nur wenige Sekunden später war sie auch wieder eingeschlafen. Als sie das nächste Mal erwachte, war es bereits dunkel. Die Sonne musste schon lange untergegangen sein, dachte sie. Mühsam richtete sie sich auf und merkte, wie ihr jedes Körperteil wehtat. Trotzdem konnte sie nicht länger liegen bleiben. Sie suchte sich ein paar frische Sachen zusammen und ging ins Badezimmer. Ihr Körper fühlte sich träge an und selbst das Duschgel erschien ihr unendlich schwer. Das Wasser tat zwar ihrem Köper gut, konnte aber die Gedanken nicht verdrängen. Die ganze Zeit dachte sie daran, wie sie Ichiru das nächste mal begegnen sollte. Sollte sie ihn darauf ansprechen? Aber konnte sie mit ihm darüber sprechen? Sollte sie ihn ignorieren? Sollte sie so tun als wäre nichts geschehen? Als wüsste sie von nichts? Konnte sie das überhaupt? Hatte sie die Kraft dazu? Würde das richtig sein? Sie würde es wohl auf sich zukommen lassen müssen und abwarten, was er tun würde. Erst jetzt realisierte sie, wie trocken ihre Kehle eigentlich war. Sie brauchte unbedingt etwas zu trinken. Auf noch immer wackligen Beinen ging sie in die Küche. Doch als sie die Tür öffnete erstarrte sie. Er war ebenfalls da. Yuki musste heftig schlucken. Einen Moment stand sie war versteinert im Türrahmen, aber er schien sie gar nicht zu bemerken. So wie er da saß, erinnerte er sie noch mehr an Zero. Die linke Hand, hatte er an den Hals gelegt und berührte das Tattoo. Die Stellen die einst Zeros Schicksal besiegelt hatte. Sein Körper war leicht nach vorn gebeugte und die andere Hand umfasste ein Glas. „Ha-Hallo.“, sagte sie mit unsicherer Stimme. Was sollte sie denn jetzt tun? Er sah auf. „Hallo.“, sagte er leise. Nervös betrat Yuki den Raum und ging zum Schrank. Davon laufen würde sie nicht mehr. Sie nahm sich ein Glas und füllte es mit Wasser. Sie spürte, wie ihre Hand zitterte, glaubte sie doch seinen Blick in ihrem Rücken spüren zu können. Doch sie konnte ihn einfach nicht ansehen, geschweige denn mit ihm reden. Sie hatte Angst, dass ihre Stimme erneut versagen würde, dass sie Dinge sagen würde, die ihn oder Zero noch mehr verletzt würde. Sie wusste längst, dass es für eine Entschuldigung zu spät war. Als das Glas dreiviertel voll war, drehte sie sich um und wollte nur noch eins: Das Zimmer verlassen und zwar so schnell wie möglich. Als sie fast in der Tür stand, hörte sie wie er aufstand und wahrscheinlich das Glas in die Spüle stellte. Yuki drehte sich kurz um und sah, wie er aus dem Fenster schaute. Er sah nachdenklich aus. Wieder etwas, was sie an Zero erinnerte. Ein Stechen durchfuhr ihre Brust. Sie konnte es nicht ertragen in seiner Nähe zu sein. Sie drehte sich um und wollte endgültig den Raum verlassen, als seine Stimme sie zum stehen brachte. „Wie lange wird der Wiederaufbau dauern?“, hörte sie ihn fragen. Was sollte sie denn jetzt machen? Seine Frage zu ignorieren, wäre unhöflich gewesen, aber konnte sie ihm einfach so antworten? Und doch verwunderte sie diese Frage etwas. „Ichiru, was soll das? Das hast du doch schon einmal gefragt.“. Sie drehte sich um und zwang sich zu einem Lächeln. Doch dieses erstarrte sofort, als er sich ebenfalls umdrehte und sie ansah. Sein Gesichtsausdruck schien unendlich traurig. „Habe ich das?“, wisperte er. Yuki verstand nicht ganz. Wieso fragte er das? Das musste er doch noch wissen. Sie selbst hatte ihm diese Frage doch erst gestern Morgen beant...wort... tet... Das Glas rutschte ihr aus der Hand und zerbrach mit einem lauten Klirren. Er sah sie erschrocken an und ihre Blicke trafen sich. Irgendetwas hatte sich in seinem Blick verändert… Waren es Sekunde oder Minuten, die sie sich so ansahen? Yuki konnte es hinterher nicht sagen. Aber an die Gefühle, die sie dabei empfand würde sie sich immer erinnern. „Ze... Zero?“, formte sie lautlos mit ihren Lippen. Zittrig ging sie einen Schritt nach vorn, dann noch einen und noch einen, so lange bis sie direkt vor ihm stand. Die ganze Zeit ließen ihre Blicke nicht von einander. Yuki konnte ganz deutlich Angst, Unsicherheit und Zweifel darin sehen, aber auch Schmerz. Tiefer Schmerz, der aus seiner Seele kam. Aber sie sah vor allem jemanden, den sie schrecklich vermisst hatte. „Zero!“ Yuki warf sich an seine Brust und vergrub die Fingernägel in seinem Hemd. Wieder begann sie hemmungslos zu weinen, doch dieses Mal nicht aus Verzweiflung oder Schuld, sondern vor Erleichterung, vor Glück und Freude. Er war wirklich zurück! Er war wieder da! Sie konnte ihn fühlen und spüren. Er atmete schwer aus. Sein Brustkorb fühlte sich an, als würde eine Last auf ihm liegen, die ihm das Atmen erschwerte. Er hatte nicht gewusst, dass Freude und Trauer so nah beieinander liegen konnte. Dass sie so schwer wiegen konnte... Zögernd legte er seine Arme um sie und zog sie noch etwas mehr an sich. Er roch ihren Duft und das Verlangen kehrte zurück. Wie sehr er sie doch begehrte. Nicht nur ihr Blut, sondern alles. Als er sie an sich zog, dachte Yuki, das Herz müsste ihr zerspringen. Noch nie hatte sie etwas vergleichbares empfunden. Auch danach wusste sie nicht, wie sie diese Emotionen beschreiben sollte. Aber sie hatte das Gefühl, dass sie zerbrechen würde, würde er sie nicht weiter halten. Sie war unbeschreiblich glücklich, dass er zurück war. Dass sie ihn spüren und berühren konnte. In diesem Moment hatte sie nur den einen Wunsch: Dass es für immer so bleiben würde, dass er sie für immer in seinen Armen liegen könnte. „Yuki.“, flüsterte Zero zärtlich in ihr Ohr und drückte sie sacht an sich. Doch seine Worte erinnerten sie an etwas, was sie für einen kurzen Moment vollkommen vergessen hatte. Augenblicklich stieß sie ihn von sich. Auf ihrem Gesicht zeichnete sich Entsetzen ab und ihr stockte der Atem. Der Blick mit dem Zero sie ansah, schmerzte sie nur noch mehr. Es schien als würde er glauben, sie hätte sich seinetwegen von ihm entfernt. Wegen all der Dinge, die er gesagt hatte; die er getan hatte und die sie erfahren hatte. Doch Yuki empfand alles andere als das. „Z-Zero... Ich... Es... Verzeih mir. Bitte verzeih mir.“, flehte sie ihn mit gebrochener Stimme an. Sie weinte noch heftiger und das Schluchzen wurde lauter. Immer mehr Tränen liefen unaufhaltsam ihre Wange hinunter, verweilten einen Moment an ihrem Kinn und tropften dann hinunter. Sie schlug die Hände vor das Gesicht. Er sollte sie nicht auch noch so sehen. Er sollte nicht sehen, wie sie in Selbstmitleid versank. „Bitte, verzeih mir. Verzeih mir.“, flüsterte sie unter ihren Händen und versuchte, dass Zittern zu stoppen. Ohne Erfolg. Zuerst verstand Zero nicht ganz wovon sie sprach, als er aber begriff, konnte er nicht anders als daran zu denken, dass das so typisch für sie war. Vielleicht hatte er sogar ein wenig damit gerechnet. Er zog sie zurück in seine Arme und auch als Yuki versuchte sich daraus zu winden, ließ er sie nicht los. Aber für sie machte das die ganze Sache noch schlimmer. Als er begann ihr behutsam über die Haare zu streichen, erstarrte sie für einen Moment in seinen Armen. Wieso tat er das? Er hatte doch allen Grund dazu, sie von sich zu stoßen. Warum tat er es nicht? Warum war es plötzlich er, der sie tröstetet? Warum?! „Vergib mir.“, flehte sie gebrochen. „Vergib mir.“ „Es gibt nichts zu vergeben, nichts zu verzeihen.“, flüsterte er leise. „Du musst dich für nichts entschuldigen.“ Seine Worte überraschte sie so sehr, dass die Tränen augenblicklich versiegten. Sie konnte nicht glauben, was er da sagte. Wie konnte er? Wie konnte er ihr so leicht vergeben? Hatte er etwa vergessen, wie sehr sie ihn verletzt hatte? Nein, dachte sie. Das kann niemand vergessen. Aber wie konnte er dennoch so reden? Es schien als wurde ihr erst in diesem Moment bewusst, wie gütig Zero war. Gütiger als irgendjemand sonst... „Und auch ich werde mich nicht entschuldigen. Nicht für das was ich getan habe oder was er getan hat.“, sprach Zero sanft weiter. Yuki wagte es nicht sich zu rühren. Was sollte sie darauf antworten? Gab es darauf überhaupt eine Antwort? Sie wusste es nicht, aber sie verstand seine Worte und auch deren Bedeutung. Und seltsamer Weise beruhigte es sie. Er ließ sie los und beide sahen sich einen Moment an. Dann hob Zero den Arm und wischte mit dem Daumen eine letzte Träne von ihrer Wange. Seine Hand strich darüber und nahm dann eine Haarsträhne zwischen die Finger und legte sie hinter ihr Ohr. Er ließ sie durch die Finger gleiten und Yukis Herz hüpfte nervös in ihrer Brust. „Sie sind wieder lang.“, sagte er ruhig und stich mit dem Finger sanft darüber. „Es steht dir. ... Aber ich mochte die kurzen lieber, passt besser zu dir.“ Mild sah er sie an und Yuki schnürte es dabei fast das Herz zu. Sie wurde rot und senkte den Blick. „Zero, ich-“, wollte sie anfangen, doch er schüttelte den Kopf. Im nächsten Augenblick traten auch schon der Rektor und Yagari ein. „Oh, ihr seit schon auf.“, stellte der Rektor überrascht fest. „Dann können wir ja noch zusammen Abend essen.“ Yuki drehte sich um und sah kurz zu Zero, bevor sie sich daran machte, die Scherben aufzusammeln. „Was ist passiert?“, fragte Yagari desinteressiert. „Mir ist nur das Glas runtergefallen und ich wollte es gerade wegräumen, als ihr reingekommen seit.“, sagte Yuki, sah aber keinen der beiden an. „Yuki, ist alles in Ordnung? Hast du schon wieder geweint?“, fragte er sie besorgt. Dann drehte er sich sofort um und zeigte mit dem Finger auf den vermeintlichen Ichiru. „DU! Was hast du dieses Mal mit meiner Tochter gemacht?!“ „Lass ihn bitte.“, ging Yuki dazwischen und senkte den Arm des Rektors. „Es geht mir gut.“ Dann half sie weiter beim Tisch decken, klärte die beiden älteren Männer aber auch nicht auf. Sie wusste, dass sie nicht das Recht dazu hatte. „Wie du meinst.“, sagte der Rektor und warf ihm noch einmal einen scharfen Blick zu. „Ichiru geht es dir eigentlich wieder besser? Du sahst heute früh wirklich nicht gut aus.“, sprach der Rektor aber sachlich weiter, als er gerade dabei war ein paar Teller aus dem Schrank zu holen. Zero atmete unsicher aus und lehnte sich gegen den Küchenschrank. Jetzt musste er es also tun. Es aussprechen... Er hatte gehofft, dass er noch etwas mehr Zeit gehabt hätte. „Ja.“, sagte er leise. „Es geht ihm besser.“ Sein Blick war nach unten gerichtet, aber es sah aus den Augenwinkeln, wie Yagari ihn sofort angesehen hatte. Nur der Rektor schien nicht ganz verstanden zu haben. „Das ist schön. Dann scheint der Tee ja geholfen zu haben...“ Plötzlich hielt er inne und sah Zero verblüfft an. Yuki nahm ihm vorsichtshalber die Teller ab, bevor noch mehr Geschirr zu Bruch gehen konnte. „Oh...“, war alles was der Rektor herausbekam – etwas was bei ihm äußerst selten vorkam –und auch Yagari schien keine Worte zu finden. „Ich... Er...“, begann Zero unsicher. Er wollte nicht darüber reden und doch würde er es ihnen erklären müssen. Doch er fand nicht die Worte dafür. Es entstand eine Pause und niemand schien zu wissen, was am Besten zu sagen ist. „Schön, dass du wieder da bist! Hast du Hunger? Ich koche auch mein Spezialcurry!“, warf der Rektor auf einmal ein und lächelte Zero an. Dann schwang er auch gleich den Kochlöffel. „Schau nicht so begeistert!“, protestierte der Rektor beleidigt, als er Zeros Gesicht sah. „Immerhin zaubere ich nur extra wegen dir etwas Schönes!“ Zero hatte keinen Appetit – besonders dann nicht, wenn er vom Rektor das Wort „Spezial“ hörte – aber er war froh erst einmal nicht antworten zu müssen. Auch wenn er wusste, dass es noch nicht vorbei war. Er würde nicht ewig schweigen können. Während der Rektor etwas seltsames im Kochtopf zusammenbraute, erzählten Yagari und Yuki was während seiner Abwesenheit geschehen war. Sie erzählten im vom Senat, davon dass auch in der Huntergesellschaft eine neue Struktur aufgebaut wurde, vom Aufbau der Schule und von all den anderen kleinen Dingen die geschehen waren. Sie verhielten sich so, als wäre er nur für ein paar Tage im Urlaub gewesen. Die ganze Zeit fiel Ichirus Name nicht einmal. Zero beteiligte sich nur spärlich an der Unterhaltung. Er wirkte nachdenklicher und verschlossener denn je. Jeder sah, dass er mit seinem Gedanken noch woanders – bei jemand anderem – war. Immer wieder musste Yuki ihn ansehen, sich davon überzeugen, dass es wirklich Zero war, der gerade neben ihr saß. Für einen Moment kam ihr sogar einmal der schreckliche Gedanke, dass es vielleicht gar nicht Zero war, sondern nur Ichiru, der nur so tat. Aber warum sollte er das tun? Wenn sie ihm in die Augen sah, konnte sie aber nicht mehr zweifeln. Sie waren traurig und zeugten von Schmerz und Verzweiflung. Ein Blick der zeigt, dass man einen schweren Verlust erlitten hatte. Ein Blick, den auch Ichiru besessen hatte, aber nicht so intensiv. Ein Blick, den sie für den Rest ihres Lebens nicht mehr vergessen würde, egal wie lang dies sein möge. Als würde die Welt zerfallen... Wenn Zero bemerkte, wie sie ihn ansah, schenke er ihr ein schwaches Lächeln. Aber es erreichte seinen Augen nie und das machte sie ebenso traurig. Das Essen verlief recht schweigsam – was unter anderem auch daran lag, dass niemand sich so recht an das Curry hertraute. Es sah doch etwas... befremdlich aus. Zero schob es nur auf dem Teller hin und her und aß kaum etwas. Auch nach dem Essen saßen sie noch etwas beisammen und Yagari war es schließlich, der die unausweichliche Frage stellte: „Was ist passiert, Zero? Warum bist zu zurück?“ Seine Stimme klang keineswegs anklagend oder neugierig. Vielmehr mitfühlend und verständnisvoll, etwas was man bei Toga Yagari nur selten hörte. „Er... Er wollte es so.“, brachte Zero mühsam heraus. Es fiel ihm schwer darüber zu reden. „Er wollte, dass ich... ich...“ Er konnte nicht mehr weitersprechen und doch wollte er ihnen irgendwie – irgendetwas – antworten. Hatten sie es doch einfach so akzeptiert, dass Ichiru in seinem Körper war und ihn wie einen Freund behandelt. Yuki und auch die anderen merkten, dass Zero nach Worten rang. Aber Yuki fühlte sich besonders hilflos und unsicher. Sie sah, dass die Hand, welche auf seinem Bein lag, zitterte. Etwas was sie schmerzte und ihr Angst bereitete. Noch nie hatte sie Zero so... zerbrechlich gesehen. Auch in ihrer Kindheit nicht. Er hatte es sie damals nie sehen lassen. Sie wollten den Schmerz von ihm nehmen, doch was konnte sie schon ausrichten? Nichts. Sie konnte Ichiru nicht zurückbringen und sie war ebenso schuld an einem Teil seines Leids. Alles was sie für ihn tun konnte, war bei ihm zu sein. Ihm zeigen, dass sie für ihn da war, dass er nicht allein war. So wie sie es versprochen hatte – so wie sie es immer war. Also tat sie das einzige was sie tun konnte. Zaghaft bewegte sie ihren Arm, nahm seine Hand und drückte sie sanft. Zero zuckte kurz zusammen und sah sie an. Er drehte seine Hand ein wenig, so dass sich ihre Handflächen berührten. Er verkreuzte seine Fingen mit den ihren. Er brauchte sie jetzt mehr als zuvor. „Er... Er wollte, dass ich ihn gehen lasse.“, sprach er schließlich weiter und seine Stimme klang nicht mehr ganz so zerbrechlich. „Es war sein Wunsch. ... Er ist glücklich damit, denke ich.“ „Aber wie war so etwas überhaupt möglich? Wie hast du das gemacht?“, fragte Yagari weiter, jegliches Feingefühl vergessend. Zero schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Ich kann es nicht erklären.“, antwortete er und das war auch die Wahrheit. Er wusste nicht wie er es geschafft hatte, Ichiru zurückzuholen. Alles was er in jenem Moment gewollt hatte, war ihn zu retten. Er wollte, dass er lebte, egal was es ihn gekostet hätte. Auch wenn es sein eigenes Leben gewesen wäre. Dafür hätte er es nur zu bereitwillig gegeben. „Ist er für immer verschwunden?“, fragte Yuki vorsichtig. Wieder ein Kopfschütteln. „Irgendwie schon, ja. Aber ich... ich kann ihn noch immer fühlen. Er ist da. Er ist ein Teil von mir. ... Das war er schon immer.“ Die anderen drei schweigen und sahen betroffen nach unten. Sie wussten, dass Ichiru eigentlich schon lange tot war, aber die Tage die er mit ihnen verbracht hatte, ließen den Abschied noch schwerer fallen. Sie hatten ihn in diesen paar Tagen kennengelernt und keiner konnte sagen, dass Ichiru ihm unsympathisch gewesen war. Besonders Yagari hatte ihn ihm noch immer den Jungen erkannt, der er früher schon war. Vielleicht nur etwas selbstsicherer, etwas reifer und erwachsener. Sie saßen noch etwas beisammen, allerdings ohne dieses schwermütige Thema noch einmal anzusprechen. Kurz vor Mitternacht gingen sie dann zu Bett. Während der Rektor und Yagari beide nach rechts gingen, begleitete Yuki Zero. Ihre Hand hatte er längst wieder losgelassen, trotzdem konnte Yuki den Wunsch kaum unterdrücken ihn zu berühren. Als wollte sie sicher gehen, dass er blieb und nicht einfach vor ihren Augen verschwand. Doch kurz nachdem sie die Küche verlassen hatten, blieb Zero abrupt sehen und sein Gesichtsausdruck verhärtete sich. „Was ist los?“, fragte sie ihn, doch da bemerkte sie es selbst. Kaname war zurückgekehrt und kam ihnen entgegen und nur wenige Augenblicke später, stand er vor ihnen. Man sah ihm an, dass er nicht begeistert darüber war, Yuki mit ‚Ichiru’ zu sehen. Aber er ignorierte ihn erst einmal und schloss stattdessen Yuki in seine Arme. „Onii-sama, bitte lass mich los.“, sagte Yuki verlegen, der nicht entgangen war, dass Zeros Körper bei Kanames Erscheinen augenblicklich verkrampft war. Und diese Umarmung... Sie wollte nicht wissen, wie und was Zero dabei empfand. „Geht es dir wieder etwas besser, Yuki?“, fragte er sie sanft. „Ja, es geht mir wieder gut. Mach dir bitte keine Sorgen, Onii-sama.“ „Das beruhigt mich.“ Er stich ihr über die Wange und Yuki konnte nicht verhindern, dass sie dabei etwas rot wurde. Als Yuki wieder aufsah bemerkte sie, dass Zero Kaname noch immer anstarrte und dieser feindselig zurücksah. Die Situation war ihr unangenehm und sie hatte nur das Bedürfnis, die beiden von einander zu trennen. Sie hatte keinerlei Befürchtung, dass Zero etwas zu Kaname sagen oder gar tun würde, aber bei Kaname war sie sich da nicht so sicher. Vor gerade einmal zwei Tagen, hätte er Ichiru und Zero fast gleichzeitig ausgelöscht und sie wusste, dass er immer noch wütend über die Ereignisse am Morgen war. „Ähm... Onii-sama bitte entschuldige uns. Ich muss kurz noch mit Ichiru sprechen. Ich komme gleich nach.“ Kaname blickte jetzt wieder zu ihr und sah deshalb nicht Zeros verwunderten Gesichtsausdruck. Aber selbst wenn er ihn gesehen hätte, hätte er ihn vielleicht nicht verstanden. „Ich würde es bevorzugen, wenn du nicht mit ihm gehst.“, sagte Kaname kalt und sah dabei wieder Zero an. „Das letzte Mal müsste doch gereicht haben, um dir zu zeigen, dass er nur Schaden bringt.“ Ein Ruck fuhr durch Zeros Körper und er wollte gerade etwas erwidern, als Yuki ihn am Ärmel festhielt. Verständnislos sah er sie an, doch sie beachtete ihn nicht. „Mach dir keine Sorgen, Onii-sama. Es ist alles in Ordnung.“, versuchte sie ihren Bruder zu beschwichtigen. „Ich muss ihn nur etwas fragen. Vertrau mir, ich komme gleich nach.“ Sie lächelte ihn an und nur wiederstrebend glaubte er ihr. „Wie du wünscht.“, sagte er und zwang sich zu einem Lächeln. „Das nächste mal werde ich nicht zögern.“, sagte er an Zero gewandt, als er an Yuki und ihm vorbei ging. Zero wusste nicht genau, was er mit „nächstes Mal“ meinte, aber seine Worte verstand er sehr gut. „Komm schon, Ichiru.“, sagte Yuki und zog ihn demonstrativ am Arm. Sie hatte das Gefühl so schnell, wie möglich mit ihm aus der Gefahrenzone gelangen zu müssen. „Yuki, warum-“, wollte Zero sie fragen, doch Yuki unterbrach ihn mit einem gezischten „Scht.“ Erst als sie kurz vor seiner Zimmertür standen, verlangsamte sich Yukis Schritt. „Yuki, warum hast du es ihm nicht gesagt?“, fragte Zero sie endlich. Sie blieben vor der Zimmertür stehen. Tja... warum eigentlich? So genau konnte sie das auch nicht beantworten. Sie hatte einfach nur das Gefühl gehabt, dass es besser war, wenn es Kaname nicht erfahren würde – zumindest jetzt noch nicht. Aber sie antwortete ihm etwas anderes: „Ichiru und er... ehm... mochten sich nicht sehr.“, sagte sie verlegen und Zero wusste, dass sie etwas vor ihm verschwieg. Irgendetwas musste passiert sein, von dem er nichts wusste. Zero nickte nur kurz und zog dann seinen Arm zurück, den sie noch immer festhielt, worüber Yuki etwas erschrocken war. Unsicher sah sie ihn an. „Du sollst doch nicht immer so ernst aussehen.“, sagte er und versuchte seine Stimme leicht klingen zu lassen. „Und vor allem sollst du deine Augenbrauen nicht immer so zusammenziehen.“ Überrascht sah sie ihn an und musste lächeln. „Schon viel besser.“, sagte er und beide sahen sich einen Moment in die Augen. „Schlaf gut.“, sagte Zero sanft und schenkte ihr ein seltenes Lächeln. „Danke, du auch.“, erwiderte sie. Sie konnte nicht anders, als erneut die Arme um ihn zu legen und ihn noch einmal zu spüren. Zero erwiderte die Umarmung. Er drückte sie sanft an sich und atmete noch einmal ihren lieblichen Duft ein. Das war eines der vielen Dingen, die er vermisst hatte. Aber nichts hatte er so sehr vermisst, wie ihr Lächeln. Auch als sie von einander ließen, konnten sie den Blick doch noch immer nicht voneinander abwenden. „Bis morgen.“, sagte Zero leise und öffnete schließlich die Tür zu seinem Zimmer. Yuki sah ihm hinterher und er war schon fast im Zimmer, als sie all ihrem Mut zusammennahm. „Zero!“, rief sie noch einmal, doch es klang eher wie ein Zischen, da sie versuchte trotzdem noch zu flüstern. Er drehte sich um und sah sie fragend an. „Ich... Ich muss dich wirklich... wirklich etwas fragen. Aber ich... ich weiß nicht, ob...“, stammelte sie. „Hör auf rumzustammeln. Frag mich, was immer du willst und ich werde dir antworten.“, sagte er und musste schmunzeln. Im Grunde hatte sie sich überhaupt nicht verändert. Ihre langen Haare und die Präsenz eines Reinblutes waren das Einzige, was anders war. Doch sie war immer die Yuki, die er all die Jahre gekannt hatte. „Warum... Warum hast du Kanames Blut getrunken?“, überwandt sie sich endlich zu fragen. Einen Moment lang sah er sie schockiert an. „Hat er es dir gesagt?“, fragte er dann aber mir ruhiger und leiser Stimme. Er hätte damit rechnen müssen, dass sie es erfahren würde. Yuki nickte kurz. „Warum?“, flüsterte sie. „Der... Durst... wurde immer stärker.“, begann Zero zögerlich und wich ihrem Blick aus. „Dein Blut... Ich... Es war nicht... nicht genug. Es... Es war fast so weit.“, wisperte er. „In dieser Nacht war ich bei ihm, um ihn zur Rede zu stellen. Ich... wollte wissen, warum er dir nicht auf deine Frage geantwortet hatte. Er wusste irgendwie, dass... der Durst... dass es immer schlimmer wurde. Er hat gesagt, dass ich sein Blut trinken solle; dass es die Schatten des Wahnsinns verringern würde.“, flüsterte er. Entsetz sah Yuki ihn an. Dann war es wahr gewesen was Kaname ihr erzählt hatte? Zero hatte es freiwillig genommen? Irritiert schüttelte sie den Kopf. “Warum?“, fragte sie und ihre Stimme hörte sich fast verzweifelt an. „Warum hat er dir das angeboten? Warum hast du es getan? Ich kann nicht... Ich will nicht...“ Zero sah sie an und sah den Schmerz in ihren Augen. Aber genauso sah Yuki ebenso seine Qual. Sie wusste, dass er es ihr am liebsten verschweigen wollte. Doch dieses Mal würde sie alles erfahren und Zero wusste, dass er sie nicht belügen konnte. Sie würde ihm niemals glauben, dass er es freiwillig genommen hatte oder das Kaname es ihm freiwillige gegeben hatte – einfach so, ohne etwas dafür verlangt zu haben. „Er sagte, es wäre ein Problem für ihn, wenn ich zu diesem Zeitpunkt sterben würde.“ Er versuchte sie anzusehen, doch immer wieder blickte er auf den Boden. Er wollte nicht wissen, was sie dabei empfand. Noch vor wenigen Wochen hätte er es ihr niemals erzählt. Doch nun... Diese Lügen mussten endlich ein Ende haben. Ichiru hatte recht gehabt: Sie hatte ein Recht darauf die Wahrheit zu kennen. „Kaname...“, sprach Zero weiter, „ Es hat ihm... missfallen, dass ich du mir dein Blut gabst. Aber er... er hat mich noch gebraucht. Er hat mich nicht getötet, weil ich ihm nützlich war... Im Grunde war ich für ihn nichts weiter als eine Schachfigur, die er nach belieben versetzen konnte, je nachdem wie er sie gerade brauchte. Ich sollte dein Schild sein,... um dich zu beschützen, wenn er es nicht konnte. Er wusste, dass... dass ich dich niemals betrügen würde. Nur deswegen hat er es die ganze Zeit geduldet, dass du... ich... In jener Nacht... Ich hatte Angst, dich wirklich irgendwann einmal... dass ich mich irgendwann nicht mehr beherrschen könnte. ... Alles was ich wollte war, dich von ganzem Herzen Lachen zu sehen, dich zu beschützen... und dass du niemals wieder etwas für mich opfern müsstest. Er... hat gesagt, dass er das selbe wollte, dass er dich ebenso lächeln sehen wollte. Er hat gesagt, dass du nichts zu opfern bräuchtest. ... Er hat gelogen.“ Zero berührte ihr Gesicht und wischte erneut eine Träne von ihre Wange. Ihr Blick war starr und verschwommen. „Dennoch, Ich weiß warum ich es getan habe und bereue es nicht. ... Du brauchst nicht wegen mir zu weinen.“, sagte er sanft. Yuki schüttelte den Kopf. „Zero... Ich weine nicht wegen dir... Ich weine für dich.“, flüsterte sie. Einen Moment lang sah er sie erstaunt an, dann nahm er ihr Gesicht in beide Hände und hob ihren Kopf etwas an. Sein Blick war zärtlich. Dann zog er sie erneut in seine Arme und drückte sie sacht an sich. Yuki erstarrte und wusste nicht so recht, wie sie reagieren sollte. „Danke.“, flüsterte er in ihr Ohr und sie erzitterte kurz. Kleine Schauer fuhren über ihren Rücken. Sie atmete tief durch und versuchte sich zu beruhigen – zumindest so lange bis sie wieder allein war. Sie wollte Zero nicht noch mehr Sorgen bereiten, schließlich hatte er ihretwegen bereits genug gelitten. Alles was er sehen wollte, war ihr Lächeln. Den Gedanken an Kaname konnte sie aber nicht verdrängen. Er hatte sie belogen, als sie ihn direkt nach der Wahrheit gefragt hatte. Sogar als er versprochen hatte, die Wahrheit zu sagen. Wie hatte er das tun können? Nie hätte sie gedacht, dass er sie so... enttäuschen könnte. Sie spürte, dass Zero sie wieder los ließ und sie wünschte sich, dass er es nicht tun würde. Sie wollte länger bei ihm bleiben. Doch sie sagte es nicht. Stattdessen stellte sie eine weitere Frage. Eine Frage auf die sie die Antwort eigentlich kannte. „Ist es wahr... Ist es wahr, was Ichiru...“, wollte sie fragen, doch Zero schüttelte nur den Kopf und sie brach ab. Sie spürte, wie sich blitzartig Angst in ihr ausbreitete. „Ja.“, antwortete er sacht. „Aber es ist in Ordnung. Ich will das du glücklich bist. Mach dir also keine Sorgen um mich. Es geht mir... gut.“ Yuki war für die ersten Sekunden sprachlos. So vieles hatte sie in dieser Nacht erfahren und sie hatte das Gefühl, dass er ihr wirklich die Wahrheit erzählt hatte, in allen Dingen. Aber sie war nicht so naiv seine letzte Aussagen zu glauben. „Du lügst. Es geht dir nicht gut.“, sagte sie direkt und mit brüchiger Stimme. Er lächelte sie traurig an. Er konnte nicht wiedersprechen. „Du solltest jetzt zurück gehen. Er... wartet sicher schon auf dich.“, sagte Zero sanft und berührte flüchtig ihre Wange. Wie konnte er das sagen?, fragte sie sich. Verletzte er sich damit nicht nur selbst? Doch das tat er und sie wusste es, aber er tat es wieder nur für sie. Wie viel wollte er noch für sie opfern? Alles was sie momentan tun konnte, war stumm zu nicken. Jedes weitere Wort hätte zudem ihre eben so mühsam aufgebaute Selbstbeherrschung wieder vernichten können. „Schlaf gut.“, sagte er noch einmal und öffnete die Tür wieder ein Stück. „Du auch. ... Du hast mir gefehlt, Zero.“, sagte sie mit zittriger Stimme. Ein schwaches Lächeln erschien auf seinen Lippen und er schloss die Tür hinter sich. Yuki stand in der Dunkelheit und es viel ihr schwer die erneut aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Sie fühlte sich, als hätte Kaname sie verraten und all das Leid was Zero widerfahren war, war nur ihretwegen geschehen. Und doch hasste er sie nicht. Wie konnte das sein? Womit hatte sie das verdient? Langsam ging sie in ihre eigenes Zimmer zurück und Kaname wartete dort bereits auf sie. „Yuki, alles in Ordnung?“, fragte Kaname sie aufgebracht, als sie eintrat. Anscheinend hatte sie sich nicht gut genug zusammengerissen. „Es geht mir gut.“, antwortete sie steif, ohne ihn anzusehen. „Hat Ichiru dir irgendetwas angetan?“, fragte er sie scharf und Yuki sah kurz die Angriffslust in seinen Augen. „Nein!“, antwortete sie bestimmt. „Ich bin nur müde und ich möchte, dass du ihn von nun an in Ruhe lässt.“ Sie sah die Ungläubigkeit in seinem Gesicht und sie konnte ihn verstehen. Noch nie hatte sie so mit ihm geredet. Aber es war ihr egal, sie konnte nicht einfach so tun, als sei nichts geschehen. „Was ist passiert? Warum wendest du dich von mir ab?“, fragte er sie noch einmal und seine Stimme klang verletzt. Yuki schüttelte den Kopf. Sie wollte jetzt nicht mit ihm reden und sie wollte es ihm auch nicht erzählen, jedenfalls jetzt nicht. Sie wollte das Glücksgefühl, dass Zero wieder da war, nicht mit einem Streit oder Ärger verderben. „Onii-sama,...“, begann sie vorsichtig, „... es geht mir gut. Ich bin einfach nur erschöpft und möchte schlafen. Es ist nichts schlimmen geschehen. Ganz im Gegenteil...“ Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. „Aber ich.. ich bin etwas verwirrt. Es ist schwer zu erklären, aber ich wende mich bestimmt nicht von dir ab. Bitte lass mich noch etwas darüber nachdenken und morgen darüber reden.“ Sie sah ihn sanft an und Kaname nickte zustimmend. „Ich möchte dich trotzdem nicht allein lassen, nicht nachdem ich dich gestern so gefunden habe. Nicht wenn ich weiß, dass es dir immer noch nicht richtig gut geht. Lass mich bei dir bleiben.“, seine Stimme war weich und wenn er sie so um etwas bat, konnte sie nicht nein sagen. Also nickte sie leicht und nahm ihre Sachen, um sich im Nebenraum umzuziehen. Nachdem sie sich ins Bett gelegt hatte, spürte sie wie Kaname sanft ihr Haar küsste und sich neben sie legte. Sie lag mit dem Rücken zu ihm. Er legte seinen Arm um ihren Körper und zog sie zu sich. Yuki wusste nicht warum, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, als könnte sie Kanames Anwesenheit nicht ertragen. Sie hatte Angst vor jenem Augenblick, in dem sie Kaname zur Rede stellen würde. Wenn sie ihn fragen würde, warum er sie belogen hatte; warum er Zero das angetan hatte. Und sie hatte Angst davor, dass sie seinen Worten nie wieder würde glauben können. Würde sie von nun an immer denken, dass er sie gerade belog? Würde sie Wahrheit und Lüge nicht mehr von einander unterscheiden können? Sie wusste es nicht. Aber es gab eines dessen sie sich sicher war. Etwas was sie erst heute realisiert hatte und was ihr Herz gleichzeitig schwer und leicht machte: Sie konnte nicht ohne Zero sein. Allein die Vorstellung, dass Zero vielleicht nie mehr zurückkommen würde, hatte in ihr in den letzten Tagen einen stumpfen Schmerz verursacht; als hätte sie ein Körperteil und nicht einen Freund verloren. Sie hatte sich einfach nicht vollständig gefühlt, als würde etwas entscheidendes Fehlen, nur dass sie nicht richtig gewusst hatte was es war. Doch heute, als Zero... – nicht nur sein Körper, sondern er selbst – in der Küche gestanden hatte; als er sie umarmt hatte... In diesem Moment hatte sie sich so... unbeschreiblich gefühlt. Als bräuchte sie nichts zu fürchten; als wäre eine lange Suche ganz plötzlich zu Ende. So als wäre sie endlich dort angekommen, wo sie die ganze Zeit hingewollte hatte, ohne dass sie es eigentlich gewusst hatte – als wäre sie zu Hause. Noch verstand sie diese Gefühle nicht ganz, aber sie wusste, dass sie der Antwort sehr nahe war. Doch bevor sie diese Gefühle benennen konnte, schlief sie ein. Zero stand in jenem dunklen Zimmer, welches vor wenigen Stunden noch seinem Bruder gehört hatte und starrte aus dem Fenster in die Dunkelheit der Nacht. Er wusste nicht, was er empfinden oder denken sollte. Einerseits war er froh zurückzusein, wieder bei ihr zu sein – auch wenn er nie wirklich bei ihr sein konnte. Andererseits bereute er seine Entscheidung ihn gehen gelassen zu haben. Er hätte ihm nicht nachgeben sollen. Zero konnte den Gedanken nicht abschütteln, dass sich Ichiru doch noch irgendwann an seinen Körper gewöhnt hätte. Aber sein Körper auch an ihn? Er wusste es nicht. Dennoch... Vielleicht hätte er nicht so schnell nachgeben sollen. Er wollte zwar, dass sein Bruder lebte, aber zu welchem Preis? Was nützte ein Leben, wenn man damit nur unglücklich ist? Wenn man es selbst nicht wollte... Trotz all der Dinge die ihm gerade durch den Kopf gingen, fühlte er sich merkwürdig leer. Was sollte er jetzt bloß tun? Es gab keinen anderen Ort, an den er gehen konnte. Dies hier war sein zu Hause und dennoch... Er ging zum Bett und wollte sich gerade hinlegen, als sein Blick am Schreibtisch hängen blieb. Irgendetwas hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Er wusste nur nicht, was es war. Sein Blick huschte über die verschiedenen Gegenstände: ein Heft und Stift, zwei Bücher und anderer Kleinkram. Aber nichts davon erschien ihm irgendwie wichtig, doch seinen Blick konnte er auch nicht abwenden. Er ging darauf zu und nahm schließlich das Heft in die Hand. Beim Durchblättern erwartete er irgendetwas Unbedeutendes darin zu finden. Wahrscheinlich war es sein Heft oder Yukis, auch wenn er sich nicht erklären konnte, wie es dahin gekommen sein soll. Ruckartig hielt er auf einmal inne. Diese Schriftzeichen... Das waren unmöglich seine. Seine waren spitzer und gerader. Diese hier waren etwas schräger und abgerundeter, nicht viel, aber dennoch erkannte er es. Vielleicht Yukis, überlegte er einen Moment. Er wollte es gerade schließen und nachsehen, ob irgendwo ein Name stand, als sein Blick an einem Wort hängen blieb: Zero. Was...?, wunderte er sich. Er suchte den Anfang des Satzes und las ihn. Dann las er den nächsten und den danach und mit jedem weiteren Satz, schlug sein Herz schneller. Aber es war egal wie viele Sätze oder Seiten er noch lesen würde, es änderte nichts. Es war nichts Yukis Heft, sondern... Er ließ es fallen und warf einen flüchtigen Blick aus dem Fenster. Länger brauchte er nicht um eine endgültige Entscheidung zu treffen, zu wissen, was tun wollte. Etwas was er vielleicht schon lange hätte tun müssen. Er nahm die Tasche, die noch immer in der Ecke stand und wollte einen schnell hineinwerfen. Die Bücher und Hefte nahm er hastig heraus und legte Ichirus Botschaft hinein. Die anderen Sachen ließ er so darin liegen. Dann zog er seinen Mantel an und verließ das Zimmer, ohne sich noch einmal umzublicken. Doch bevor er gehen konnte, musste er noch etwas anderes erledigen. Zero ging geradewegs zum Schlafzimmer des Rektors und klopfte an. Er wusste, dass dieser nicht so schnell einschlafen konnte (aber wenn er einmal schlief, war er kaum wieder munter zu bekommen) und es dauerte auch nicht lange, bis ihm Kurosu in Schlafanzug, Pantoffeln und einem herzhaften Gähnen, die Tür öffnete. „Zero! Was machst du hier?“, fragte er seinen nächtlichen Besucher überrascht, wurde dann aber sofort ernst, als er Zeros Tasche sah. „Du willst fort?“ „Ja. ... Ich wollte sie fragen... Ich wollte sie bitte, ob sie... ob sie sich um... sein Grab kümmern würden.“, sagte Zero leise, so dass der Rektor ihn nur schwer verstand. „Ja, natürlich. Willst du wirklich gehen? Du bist doch eben erst... zurückgekommen.“ „Ich muss...“, antwortete Zero kurz. „Aber warum kommst du ausgerechnet zu mir?“ „Sie sind der Einzige, der mich gehen lässt.“, antwortete Zero ehrlich. Die beiden sahen sich einen Moment in die Augen und Kurosu wusste, dass er recht hatte. Er erwiderte nichts darauf, sondern sagte stattdessen: „Warte einen Moment hier.“ Dann verschwand er kurz in seinem Zimmer und schien nach etwas zu suchen. „Hier nimmt das, du wirst es brauchen.“ Er gab ihm einen kleinen Beutel und Zero konnte es ein wenig klimpern hören. „Danke. ... Sagen sie ihr... Sagen sie Yuki, dass es nichts mit ihr zu tun hat. Ich tue es, weil ich es so will...“, sagte er nach einer Pause und seine Stimme klang ein wenig voll Reue. Der Rektor nickte zustimmend. „Wirst du zurückkommen?“ „Ich weiß nicht... vielleicht... irgendwann.“, sagte er unsicher. Er wusste ja noch nicht einmal, wohin er gehen wollte, woher sollte er dann er wissen, wann er zurückkam? „Pass auf dich auf.“, sagte der Rektor und sah, wie Zero sie zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit verließ. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Ham’er’s Mal wieder geschafft. Puh... Dieses Mal hat es leider länger gedauert mit dem neuen Chap aber dafür habe ich auch zwei gute Gründe. 1. Ich schreibe Momentan an meiner Monsterarbeit, auch bekannt als Masterarbeit. Wenn ich jeden Tag ca. 4 Stunden hintereinander am PC sitze und mir irgendetwas über Geschichtsbewusstsein aus den Fingern ziehe, bin ich dann meist für den Rest des Tages bedient und mach nur noch einen großen Bogen um meinen PC. -.-° Von Word habe ich dann erst mal genug... 2. Die Länge des Chaps spricht ja wohl für sich... (außerdem dauert die Kontrolle immer so lange...) Ansonsten kann ich nur noch sagen, dass ich keine Ahnung habe, wann ich das nächste Chap hochladen kann. Besagte Monsterarbeit muss am 2.Dezember abgegeben werden und ich komme immer mehr in die heiße Phase und muss sehen, dass ich das alles schaffe. (Die Hälfte ist groß ja schon geschrieben, ich muss nur noch die Fragebögen auswerten und Interviews transkripieren (wobei ich das alles erst Mal machen müsste) ;_; ) Deswegen bitte ich bitte um Nachsicht. Ich kann euch aber verraten, dass ich die FF bereits abgeschlossen habe und ich es nur noch mal überarbeiten brauche. Aber wie gesagt... das kann dauern. So und jetzt habe ich genug gejammert und mir bleibt nur noch zu Wünschen/ Hoffen, dass euch das Chap gefallen hat und ihr mir ein paar Kommis hinterlassen. :) Diese Mal schmeiß ich auch ne Runde Schoki! XD hab euch lieb maidlin PS: Wer mal schauen möchte, warum das bei mir so lange dauert und wie ne Kontrolle aussieht kann man hier schauen: http://s289.photobucket.com/albums/ll231/nildiam_11/private/?action=view¤t=Seite10bis11FFMeandYouVK.jpg PPS: Ich hoffe ihr hab meine neue Eintragung bei der FF Beschreibung gelesen. :) Wenn nicht entgeht euch ein ganz toller Song. ;) PPPS: Und habt ihr den Satz gefunden? Ich hab doch gesagt, darauf kommt keiner! *lol* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)