Release Me! von Yami-No-Yuuki (Zwispalt Hass & Liebe -- ♥♥ Seto X OC X Yami Yugi ♥♥ ~~ >Wird überarbeitet!<) ================================================================================ Kapitel 16: Distance & Differences ---------------------------------- b]Kapitel 15: Distance & Differences Nun stand ich also vor der Firma meines ehemaligen Freundes, wenn man Kaiba so bezeichnen konnte, und starrte zum obersten Stockwerk. Das Wetter war für einen Novembertag ziemlich gut, die Sonne schien und blendete mich leicht, als ich zur obersten Etage, der Chefetage des Gebäudes, schaute. Es wehte ein leicht kühler Wind und dennoch war es noch angenehm. Gerade hatte ich einen Schritt auf den Eingang zu gemacht, klingelte mein Handy. Alles andere als hastig zog ich es aus meiner Jackentasche heraus, seufzte genervt, weil ich ein komisches Gefühl hatte. >Ist bestimmt Kaiba, der wissen will, warum ich allein und mit seiner Limousine einfach abgehauen bin und er wie ein Volltrottel am Flughafen rumsteht, weil niemand da ist, der ihn abholt.< Doch ich hatte mich vertan, wie sich nicht sehr viel später herausstellte. „Wenn du's bist, Kaiba, ich habe dir gesagt, dass ich nie wieder ein Wort mit dir wechseln will.“, keifte ich in das Telefon. „Ehm, Kyoko, ich bin's. Hast du gerade Zeit?“, fragte Yami zögernd. Gelangweilt warf ich einen Blick auf den Vorplatz. Seltsamerweise war dort niemand, obwohl sich normalerweise mindestens ein halbes Dutzend Leute vor dem Eingang tummelten, entweder um sich eine Zigarette zu rauchen oder weil sie auf irgendwen warteten - wobei irgendwen den Stinkstiefel bedeutete, der seine Firma sehr wahrscheinlich bald an meine Mutter verlieren würde. „Eh, hi Yami, schön, dass du anrufst. Ja, ja, klar hab' ich Zeit.“ Seine Stimme hörte sich etwas entspannter an, als zuvor. „Schön. Wo bist du gerade?“ „Ich stehe gerade noch vor der Kaiba Corporation, wieso fragst du?“ „Wir treffen uns in zehn Minuten vor dem Haupteingang.“ „A – Aber... das geht nicht, ich...“ Schon hatte Yami aufgelegt. Deswegen hasste ich die Männer. Immerzu glaubten sie, die Frauen, die sie begehrten, würden nach ihrer Pfeife tanzen. Aber was sollte ich machen? So herzlos, dass ich Yami versetzen würde war ich nicht, auch wenn ich es gerne sein würde. Wie hatte ich es noch formuliert? Ich wollte von allen Abstand nehmen und abhauen, weil mich alles ankotzt? So oder so ähnlich... Mir entfloh ein Seufzen. Also hatte ich wohl nur zehn Minuten. „Dann wollen wir mal.“ Schnurstracks ging ich auf die Eingangstüre der Firma zu, die nun teils Kaibas, teils Eigentum meiner Mutter war, die Kaiba Corporation; die Firma, bald vielleicht schon nicht mehr so heißen könnte, wie noch in diesem Moment. An der Türe angekommen, drückte ich an dem Griff und trat ein. Das erste, was mir auffiel, war, dass die ganzen Angestellten herum liefen, als wären sie nicht auf dieser Welt, als würde sie jemand anderes kontrollieren. Ihre Blicke sahen leer durch die Gegend und waren ausnahmslos nicht auf mich gerichtet wie sonst, wenn ich in die Firma meines Ex-Freundes gekommen war. Das zweite, was mir auffiel, war nicht die neue Innenausstattung, nein, die war noch immer die selbe wie die, die ich gesehen hatte, als ich das letzte Mal hier war, um meinen Bruder zu treffen. Nein, mir fiel auf, dass ich höflich begrüßt wurde, was nicht möglich war, würde Kaiba in seinem Büro sitzen und seine Sklavinnen herumkommandieren. Da wurde man als weiblicher Gast oder Kundin, die, sagen wir mal, nett und freundlich war, direkt von einer ebenfalls weiblichen Sekretärin, die, kleidungsbezogen, auf dem gleichen Level stand, wie ein billiger One-Night-Stand vom Bordstein gegenüber, schikaniert, nur, weil diese in der neuen Kundschaft eine Bedrohung für eine nicht existierende Liebesbeziehung mit dem Herrn Firmenchef bedeutete. Über die starken Veränderung ziemlich schockiert stieg ich in einen der vielen Aufzüge, nachdem man mir eine Frau zur Seite gestellt hatte, die mich nach oben geleiten sollte. Als wäre ich zum ersten Mal gewesen. So schwer zu finden ist das Büro des Firmenleiters nicht. Das befindet sich immer im obersten Stock – normalerweise sollte es das. Außerdem fuhr der Aufzug nach ganz oben, wenn man aus diesem ausgestiegen war, war es ein Kinderspiel, das Chefbüro ausfindig zu machen, da nur eine Türe so riesig und übermäßig verziert war, dass es schon fast an Kitsch grenzte. Auch hier liefen die Angestellten wie Zombies durch die Gegend, als hätten sie keinen eigenen Willen. „Miss Kaname erwartet Sie bereits.“, sagte die wie besessen wirkende Frau zu mir und senkte ihren Blick. „Danke. Sie können gehen.“ Die Dame verschwand nach einem kleinen Knicks, bevor sie mir den Rücken zudrehte, sah ich in ihre kalten, leeren Augen. >Irgendetwas stimmt hier nicht. Irgendwas stimmt mit denen nicht.< „Willkommen in meinem bescheidenen Büro.“ Meinen Blick nicht von ihrem Gesicht nehmend ging ich auf den Schreibtisch zu, der eigentlich Kaiba gehörte, vielleicht mittlerweile auch nicht mehr, nachdem ich die Türe, die, wenn man sie öffnete oder schloss, ein leises Knarren von sich gab, hinter mir geschlossen hatte. „Wieso bist du hier, Mutter?“ Sie stand aus dem Ledersessel auf, ging vor die verglaste Fensterfront und starrte nach draußen. „Das ist aber kein besonders herzlicher Empfang, meine Liebe. Immerhin bist du mein einziges Kind, mein geliebtes Töchterchen. Wir haben uns seit Jahren nicht gesehen.“ „Komm' zur Sache. Ich bin nicht hier, um mit dir zu plaudern.“, erwiderte ich scharf und setzte eine wütende Mine auf. „Warum so versteift, Riiko? Hattest du keinen angenehmen Flug?“ „Ich wiederhole mich ungern. Warum bist du hergekommen?“ Man hörte an meiner Stimme, dass mit mir nun kein gut Kirschen essen war. „Da sehen wir uns nach etlichen Jahren mal wieder und du hältst es nicht einmal für nötig zu fragen, wie es mir geht...“ Mit meinen geballten Fäusten schlug ich auf die Tischplatte. „Es interessiert mich nicht, wie es dir geht und was du die letzten Jahre getrieben hast! Ich will einzig und allein wissen, was der ganze Aufstand sollte und wieso du hier bist!“ Plötzlich wurde sie todernst und wandte sich zu mir um. „Nachdem du vor drei Jahren einfach abgehauen bist, wollte ich dich wiedersehen und dich nach Hause holen. Schließlich habe ich noch das Sorgerecht, das dein Halbbruder nicht beantragt hat.“ Sie schritt wieder auf mich zu, legte ihre Hand unter mein Kinn und zwang mich damit, ihr in die Augen zu sehen. In ihnen sah ich nicht mehr als Ablehnung, Wut und Niedertracht. „Das heißt, wenn ich es so will, wirst du, bis du erwachsen bist, also bis du zwanzig wirst, wieder nach Hause kommen. Bis dahin habe ich absolute Gewalt über dich.“ Ihr Gesicht zierte ein widerwertiges Grinsen, das ich ihr am liebsten aus ihrer mit kiloweise Botox und Make-Up beladenen Fratze geschnitten. „Das wagst du nicht.“, keifte ich ihr gereizt ins Gesicht. Ihre Hand griff nach meinem Handgelenk, die blutroten manikürten Fingernägel drückten sich in meine Haut. „Und ob ich das wage. Warte es nur ab. Ach ja, du wirst noch ein piar Dinge für mich erledigen. Ich will mir schließlich nicht meine Finger schmutzig machen.“ „Was meinst du damit?“ Erneut zeichnete sich auf ihren ebenfalls blutroten Lippen ein Grinsen ab. Langsam wurde sie mir unheimlich - was sag' ich, sie ist schon immer unheimlich gewesen, sowohl ihr Aussehen, als auch ihr mieser Charakter war mir schon immer ein Grauß gewesen (obwohl ich ihr Aussehen fast zu einhundert Prozent vererbt habe), doch nun sieht sie auf wie ein augedonnertes Schneewittchen mit rabenschwarzen, gelockten, hüftlangen Haaren, fast elfenbeinfarbener Haut, rauchig geschminkten Augen, roten Lippen und Fingernägeln, das in einem weißen Hosenanzug steckte, aus dessen Ausschnitt die mit Silikon ausgestopften Doppel-D-Brüste beinahe herausfielen. „Ich verlange eine kleine Gegenleistung, wenn ich dich und deine Freunde in Ruhe lassen soll.“ Nun wurde ich hellhörig. Was hatte sich meine Mutter nun schon wieder ausgedacht? „Und was ist diese Gegenleistung?“ „Du wirst mir die drei Göttermonster von deinem Freund, dem Pharao, beschaffen und eine Disk von Seto Kaiba entwenden, die du durch eine Disk mit einem Virus ersetzen wirst, die alle Dateien auf seinem Großrechner vernichten wird, sobald er die Software in das Laufwerk einlegt und das Programm startet.“ Einen Augenblick dachte ich über dieses Angebot nach. Diebstähle wie diese waren nicht besonders leicht, besonders nicht im Falle der CD, die ich aus Kaibas Büro stehlen sollte. Schließlich wohnte ich nicht mehr dort, was die Situation nicht gerade einfacher machte. Zähneknirschend nahm ich an - was blieb mir auch anderes übrig? Außerdem war ich scharf darauf, Kaiba eins auszuwischen, auch wenn das möglicherweise etwas zu weit ging. Was soll's. „Aber wie soll ich das anstellen? Ich kann nicht einfach hingehen und ihn fragen, ob er mir sie gibt. Das ist dir bewusst, oder?“ „Lass' deinen weiblichen Charme spielen, er wird dir im Nu verfallen sein. Dann kannst du ihm die Karten wegnehmen, ohne dass er es mitbekommt und dich verdächtigt.“ „Und wo finde ich diese Disk? Wie kann ich sie von anderen unterscheiden?“ „Sie befindet sich in dem Büro, das sich in seiner Villa befindet. Ich schätze, du wirst sie in seinem Rechner oder in seinem Schreibtisch finden. Den Rest musst du schon selbst machen. Es kann doch gerade dir nicht schwer fallen, deine Freunde zu betrügen. Schließlich wurdest du schon immer als eine Verräterin gebrandmarkt.“ Sie schritt an mir vorbei, auf die Türe zu. Wie Recht sie hatte. Schon immer war ich das schwarze Schaf gewesen, dem immer nur schlechtes angerechnet wurde. Nie hatte ich Freunde, Menschen, auf die ich mich verlassen konnte. Mein Vater hatte nie Zeit für mich, er was immer auf Geschäftsreisen. Meiner Mutter war es egal, was mit mir geschah, sie kümmerte sich lieber darum, dass sie noch genug Zigaretten und Alkohol im Hause hatte, für den Fall, dass sie und mein Vater wieder in einer Krise steckten – dann konnte sie sich betrinken und ihren Ärger an mir auslassen. In der Schule hatte ich nie Freunde gehabt, ich war eine typische Einzelgängerin. Doch seit ich hier war hatte sich alles geändert. Obwohl ich zu Beginn dachte, es wäre hier nicht anders als auf den letzten Schulen, wurde ich hier akzeptiert, sogar bewundert. Hier sah man mich als eine starke Persönlichkeit an, nicht als eine versessene, hochmütige Zicke, die gerne mal ein paar Schläge austeilte, wenn es nötig war. Yugi hatte mir die Augen geöffnet. Früher dachte ich immer, ich werde auch hier ausgegrenzt, aber selbst seine Freunde wollten mit mir befreundet sein, naja, bis auf Téa, die nicht sonderlich gut auf mich zu sprechen war, mit der ich aber dennoch recht gut auskam, wenn es darauf ankam. Klar, sie war eifersüchtig, von Anfang an gewesen, aber trotzdem hatte ich das Gefühl, als ob sie nie ein Feind meinerseits sein wollte. Es erinnerte mich an die Szene in der Mädchentoilette, als mich mein Bruder angerufen hatte und ich hinein gerannt war, auch, um Kaiba abzuschütteln. Téa war auch dort gewesen, sie hatte vor dem Spiegel gestanden und mich dann mit wütenden Blicken gestraft. >„Was ist los?“, hatte ich sie gefragt, doch sie hatte nichts darauf geantwortet. „Hör' zu, ich habe nicht vor, mich in eure Gruppe zu drängeln und mir eure Freundschaft zu erkaufen. Wenn du es willst, werde ich mich von dir, Yugi und den anderen fernhalten. Aber bitte, strafe mich nicht mit deinem Zorn. Ich will niemandem das Leben unnötig komplizierter machen, aber ebenso will ich, dass mir das Leben nicht schwerer gemacht wird.“ Sie lehnte sich mit ihrem gesamten Gewicht auf den Waschbeckenrand, vor dem sie stand und sah missmutig in ihr eigenes Spiegelbild. Dann brüllte sie mir folgende Worte ins Gesicht: „Was weißt du denn schon von Freundschaft? Du hast doch gar keine Ahnung, weil du niemanden hast, der dich mag, aber genau deswegen schmeißt du dich an Yugi ran, weil du niemanden sonst belagern kannst. Du bist echt das letzte!“ Mit dem Rücken lehnte ich mich an eine Wand, die nicht weit von Téa entfernt war. Ein Waschbecken war zwischen uns.„Ja, da hast du Recht. Ich habe keine Ahnung, wie Freundschaft ist. Immer war ich allein, von klein auf. Soweit ich mich erinnern kann, wurde ich immer hintergangen, man hat mich geärgert und bloßgestellt. Aber es gab eine Person, für die ich mich ändern wollte, und deshalb habe ich mich geändert. Weil ich diese Person damals liebte und auch immer noch da ist, weil sie mich liebt. Ich wollte mich ändern, meines älteren Bruders Willen, und das habe ich getan. Damals habe ich mich geändert und habe nicht mehr so gehandelt, wie ich immer behandelt wurde. Ganz im Gegenteil. Weil ich wusste, dass es jemanden gibt, der mich unterstützt, weiß ich, dass man nie allein ist. Deshalb solltest du nicht denken, ich wollte dich absichtlich aus deiner Clique werfen, ich will einfach nur Freunde sein, ein normales Leben führen. Wie gesagt, wenn du willst, werde ich mich von euch fernhalten, aber hindere mich nicht daran, Freundschaften aufzubauen. Jeder braucht irgendjemanden, einen guten Freund oder eine gute Freundin, auf die er sich immer verlassen kann, die immer für einen da ist, findest du nicht?“ „Du verstehst es nicht.“, sagte sie noch, bevor sie nach draußen stürmte und ich sie mit Kaiba streiten hörte. Auch Joey hatte sich nun zu mir gewandt, obwohl er skeptisch mir gegenüber war, besonders, als ich krank zur Schule kam und er mich mit Yami vor fand, der mich nach Hause bringen wollte. Doch als ich mich für ihn einsetzte, als er sich in einem Clinch mit Kaiba befand, hatte er sich sogar bei mir bedankt. An diesem Abend hatten wir noch viel gelacht, Joey, Yami und ich, wir hatten viele Späße gemacht und Joey hatte mir gesagt, dass ich doch nicht so ein Spießer wie Kaiba wäre. Ich könne ruhig öfter mit ihnen abhängen, wenn ich Zeit und Interesse hätte. Es war schön Freunde zu haben. Sollte ich sie jetzt wirklich alle hintergehen, nachdem ich mir hart ihr Vertrauen erkämpft hatte? ~*~ „Wohin gehst du? Wir sind noch nicht fertig miteinander.“, schrie ich meine Mutter an, die mittlerweile schon ihre rechte Hand auf die Klinge gelegt hatte. Ein letztes Mal drehte sie sich zu mir um. Wieder traf mich einer ihrer kühlen Blicke. Ein stecken in meiner Brust folgte, ich dachte, mein Herz wäre stehen geblieben. „Wir sehen uns schneller wieder, als dir lieb ist. Bis bald Riiko. Und vergiss' das Präsent nicht, das du mir versprochen hast. Sonst wird es ungemütlich – sowohl für dich, als auch für die Personen, die dir etwas bedeuten.“ Vor einer Minute hatte sie das Zimmer verlassen, ich stand noch immer wie angewurzelt da. >Ich darf mich nicht unterkriegen lassen.< Auch ich ging nun nach draußen, wo man mich wieder wie gewohnt anmaulte. Gekonnt ignorierte ich jedoch alle möglichen Beleidigungen und Zurufe, was ich in Kaibas Büro getan hätte, obwohl er nicht da gewesen war. >Komisch. Seit sie weg ist scheint hier alles wieder normal abzulaufen.< Gelangweilt stieg ich in einen Aufzug, fuhr ins Erdgeschoss und ging nach draußen, zeitgleich fuhr Kaiba in einem anderen Aufzug nach oben und ging in sein wie unberührt wirkendes Büro. Mittlerweile waren zehn Minuten vergangen, nachdem Atemu mich angerufen hatte. Ich stand vor der Kaiba Corp und wartete. „Hey!“, rief plötzlich eine Stimme, ich drehte mich um, in die Richtung, wo die Stimme herkam. Stürmisch umarmte er mich. „Schön dich wiederzusehen.“ „Äh...“ „Ich hab' mir Sorgen um dich gemacht...“ „Hör' zu, ich muss dir etwas sagen.“ Yami ließ mich augenblicklich los, trat einen kleinen Schritt zurück und wurde sofort ernst, seine Mine wurde steif. „Es ist nichts gutes, nehme ich an.“ Ich legte meine Hand an seinen rechten Unterarm, um ihm zu zeigen, dass ich ein Stück gehen wollte, was er gleich verstand. So entfernten wir uns weiter und weiter von Kaibas Firma. „Naja, weißt du, ich mache es kurz. Ich werde zurück zu meiner Mutter ziehen.“ „Wa – was?“ Ich hatte ihn nicht einmal angesehen, während ich mit ihm sprach, ich verzichtete, in sein von einem Schock gezeichnetes, trauriges Gesicht zu ziehen. „Weißt du, das alles hier hat mich ziemlich geschafft. Die ganze Sache mit Kaiba, meiner Mutter, meinem Bruder und dir, die ganzen Konflikte zwischen uns sind einfach zu viel geworden; ich habe mich mit jedem zerstritten, der mich unterstützen wollte und unterstützt hat, jetzt stehe ich allein da vor einem ganzen Haufen Problemen, in die ich niemanden hineinziehen will, der mich kennt, von daher schätze ich, dass die Streitereien doch nicht so schlecht waren, wie ich denke – “ „Jetzt mal langsam.“ „Deswegen will ich Abstand von allem nehmen und wegziehen. Doch jetzt will ich auf den Putz hauen, ich will meine Laune aufbessern. Kommst du mit? Ich will mir den Bauch vollschlagen und was trinken gehen, dann vielleicht mal auf die Tanzfläche eine Runde abrocken, dann nehm' ich mir ein Hotelzimmer und bereite mich nach einer großen Mütze Schlaf auf meinen Abgang vor. Lass' uns zusammen bis zum Morgen Party machen, das wird bestimmt lustig – “ Er fasste mich am Arm, zog mich zu sich, legte seine Hände auf meine Schultern und sah mich eindringlich an. Eine Windböe wehte mir eine Haarsträhne ins Gesicht. „Wie kannst du so was sagen? Ist es dir egal, wenn andere nicht wollen, dass du gehst? Bedeuten dir die Erinnerungen an die letzte Zeit und die Menschen, die dich kennen, gar nichts mehr?“ Für einen Moment hatte ich das Gefühl, als hätte er das Blut in meinen Adern zu Eis erstarren lassen. Ein eiskalter Schauder lief mir über den Rücken. Den Ernst in seiner Stimme, seine Worte, die mich gefesselt hatten und nicht zuletzt sein Blick, mit dem er mir die Kehle zuschnürte, dass ich mich nicht dazu in der Lage fühlte, zu antworten, all dies machten mich bewegungsunfähig, sowohl körperlich, als auch geistig. Diese Augen raubten mir jeglichen Verstand, ich konnte mich ihm nicht entziehen, war ihm und seinen Blicken schutzlos ausgeliefert. Umso stärker würde der stechende Schmerz in meinem Herzen, bei dem Gedanken, dass er mir vertraute, mir sogar seine Liebe gestanden hatte, was ich mit einem Verrat beantwortete. Als ich mich nach etwa einer Minute Schweigens gefasst hatte – er hatte mich noch immer fixiert und sich nicht einmal gerührt – antwortete ich, versuchend, ebenso überzeugend zu klingen wie er: „Ich sehe keine andere Möglichkeit. Weißt du, hier erinnert mich alles an die letzten Wochen.“ „Willst du etwa alles vergessen, was du hier erfahren hast? Ist denn alles schlecht, was dir hier widerfahren ist?“ Langsam glaubte ich, er wollte in mir ein schlechtes Gewissen wecken. Er klang vorwurfsvoll, gleichzeitig traurig, was er mit Ernsthaftigkeit zu überspielen versuchte, aus welchen Gründen auch immer. „Von vergessen kann keine Rede sein, aber ich habe hier mehr schlechte als gute Erfahrungen gemacht. Aber jetzt lass' uns was trinken gehen.“ Mir war von vornherein klar gewesen, dass er einiges gegen meine Abreise einzuwenden hätte, aber konnte – aber vor allem – wollte ich wirklich darauf Rücksicht nehmen? Doch Atemu blieb weiterhin stehen, seine Blicke ließen noch immer nicht von meinen Augen ab. „Du bist ganz anders als vor ein paar Tagen. Du bist nicht mehr so spontan und offen wie sonst, sondern setzt dich selbst unter Druck. Was ist wirklich passiert während du weg warst?“ Ich wollte es ihm sagen, wollte Klarheit schaffen, aber ich spürte andererseits auch ein Gefühl, das mich davor abhielt, es ihm zu sagen. >Ich wollte doch aufhören mit dieser Gefühlsduselei, aber jetzt bin ich direkt wieder dabei, all meine Emotionen vor ihm auszuschütten und breitzutreten. Ich wollte doch ein für alle Mal damit anschließen, Gefühle wie Liebe heißen nur Schmerz.< Meine Hände legten sich in seine Armbeugen, worauf er die Hände von meinen Schultern nahm. Ich drehte mich um und starrte in den blauen Himmel. „Es ist nichts passiert, was vor unserer Abreise nicht auch passiert ist.“ „Das stimmt nicht und das weißt du auch.“ Ein Seufzen entfloh mir. „Es ist wirklich nichts passiert, das einzig erwähnenswerte wäre, dass ich mich mit Kaiba so zerstritten habe, wie noch nie zuvor.“ „Das allein kann nicht der Auslöser für dein jetziges Verhalten sein. Ihr habt euch schon oft gestritten, das war kaum zu übersehen. Aber selbst bei den heftigsten Auseinandersetzungen warst du nicht so, wie du jetzt bist.“ „Außerdem hat mir mein Bruder mir Stubenarrest aufgedrückt, weil ich seiner Meinung nach Kaiba belästigt hätte.“ Yami sah mich schief an, fing dann zu grinsen an. „Das hat dein Bruder bestimmt nicht so gemeint; ich meine, du belästigst doch niemanden, schon gar nicht Kaiba. Ich glaube kaum, dass er sich belästigt fühlen würde.“ „Zumindest meinte er, dass er seinen kleinen Bruder nicht in psychatrische Behandlung geben will, weil ich gerade dabei war, mich umzuziehen, als sie mich sprechen wollten.“ „Sie?“ „Na, Kaiba, mein Bruder und eine Bekanntschaft aus dem Hotel, wo wir uns aufgehalten haben. Er ist ungefähr so alt wie mein Bruder, vielleicht ein, zwei Jahre jünger.“ Sein Blick hatte sich verändert, sobald das Wort er über meine Lippen kam. Es schien ihn nicht ganz kalt zu lassen, wenn ich von anderen Männern sprach, mit denen ich meine Kontakte pflegte. „Achso.“ Wieder wandte ich meinen Blick auf die Straße und zu den vielen Menschen, die ihre Einkäufe erledigten, ab und zu sah ich Jungen und Mädchen in Schuluniformen. „Naja, jedenfalls wollten sie mich sprechen, aus welchen Gründen konnte ich immer noch nicht erfahren, weil mich mein Bruder zwischenzeitlich ins Zimmer nebenan gezogen und mir eine geklebt hat, weil ich mich, wie er sagt unerhört verhalten habe.“ „Das tut mir Leid.“ „Das muss es nicht. Ich war ziemlich sauer auf sie alle, weil Kaiba mir den womöglich schönsten Abend meines Lebens versaut hat, indem er im Restaurant angerufen hat, damit man mir die Nachricht überbringt, dass meine Mutter seine Firma während seiner Abwesenheit übernommen hätte und in seinem Büro sitzen würde. Da wollte ich mich mal etwas ablenken, schon macht er wieder alles kaputt. Das ist auch der Grund dafür, dass ich hier weg will. Immer wenn ich ihm über den Weg laufe, spielt sich alles wieder in meinem Kopf ab, von der Geschichte vor zehn Jahren im Heim bis heute. Solange ich hier bleibe, wird mich das verfolgen, da bin ich mir sicher. Daher will ich endlich einen Schlussstrich ziehen, auch, wenn es schmerzlich wird, ich werde sonst noch wahnsinnig.“ Yami schenkte mir einen skeptischen Blick, wandte sich dann aber der Straße vor uns zu. Wir gingen weiter, er sah mich wieder an. „Kann ich dich was fragen?“ „Natürlich.“ „Läuft da noch was zwischen dir und Kaiba? Was ich aus deinen Aussagen entnommen habe, scheint ihr euch mittlerweile nicht mehr gut zu verstehen.“ Mein Blick war starr gen Himmel gerichtet. „Hundertprozentig nicht. Er kann noch so sehr versuchen, mich zurück zu bekommen, ich kann und werde ihm keine Chance mehr geben.“ „Wirklich nicht? Nicht, dass ich Zweifel dir gegenüber habe, aber...“ „Kaiba und ich haben streiten uns immer, wenn wir uns sehen. Jetzt haben wir uns total zerstritten, ich habe mich von ihm verabschiedet, und zwar für immer. Zwischen uns läuft nichts mehr, außerdem waren wir nie ein Paar und wir werden definitiv keins werden.“ „Aber Kaiba hat mir gesagt...“ „Kaiba und ich gehen von nun an getrennte Wege. Das ich mich mit ihm eingelassen habe, war der größte Fehler, den ich je gemacht habe. Das einzige was zwischen uns war, dass er mich eingewickelt und ausgenommen, mich benutzt und sich nur mit mir abgegeben hat, weil er... entschuldige, ich weiche vom Thema ab.“ Schwungvoll drehte ich mich um, wobei mein Haar in einer leichten Windböe wehte. Auf meinen Lippen zeigte sich ein Lächeln. „Lassen wir das Geschwafel, komm', wir machen uns einen schönen Abend.“ Mittlerweile glaubte ich, dass Atemu zu merken schien, dass ich alle schlechten Erfahrungen verdrängen wollte, dementsprechend erwiderte er nichts auf meine letzten gesprochenen Sätze. Wir setzten uns in Bewegung und machten uns in eine Spielehalle auf. Sofort fiel mir wieder das Gespräch mit Mutter ein. >„Bring' mir seine Götterkarten und ich lasse dich und deine Freunde in Ruhe. Versprochen.“ hatte sie gesagt. „Aber wie soll ich das anstellen?“ „Lass' deinen weiblichen Charme spielen, er wird dir im Nu verfallen sein. Dann kannst du ihm die Karten wegnehmen, ohne dass er es mitbekommt und dich verdächtigt.“< Zugegeben, ich hatte meine Zweifel an ihrem Plan. Sollte ich tun, was meine Mutter mir sagte, würde er mir nie verzeihen, dass ich ihn so hintergangen habe. Sobald er heraus bekäme, dass ich ihm seine Karten – es sind ja nicht irgendwelche, sondern die besten im gesamten Duel Monsters Spiel – gestohlen hatte, würde er mich so verachten, wie alle anderen, ich hätte niemanden mehr außer mich selbst und meiner Mutter, die mich für ihren Profit zu Dingen zwingt, die ich nicht wollte. Aber war es nicht mein Ziel, unabhängig und allein zu sein? Ich wollte niemandem mehr ein Klotz am Bein sein, wollte meine eigenen Dinger drehen, wollte ohne Gefühle, ob Liebe oder Hass war ganz gleich, weiterleben, um nicht mehr verletzt zu werden? „Alles okay?“ „Äh, entschuldigung, wie bitte?“, entgegnete ich gedankenverloren. „Du scheinst sehr mit dir und deinen Gedanken beschäftigt zu sein.“ „Äh, ja, sorry.“ „Wohin gehen wir eigentlich?“ „Wohin willst du denn zuerst?“ „Ich weiß nicht, ich überlasse dir die Wahl.“ ~Einige Stunden später~ Wir waren in Spielehallen gewesen, durch den Park zu Kaibas Freizeitpark gegangen, wo wir Achterbahnen, Kettenkarussells und Geisterbahnen ausprobierten, hatten massig von Bonbons und Zuckerwatte genascht, waren ins Kino gegangen, wo wir uns mit einer riesigen Packung Popcorn und zwei großen Flaschen Cola im Gepäck einen der neuesten Thriller angesehen hatten, der im Programm stand, wobei ich mich versehentlich immer mal wieder an Yamis Arm geklammert hatte und er mich immer wieder beruhigen musste, dass es doch gar nicht so schlimm und vorbei sei. Seit nunmehr einer knappen halben Stunde schätzte ich, saßen wir in einer Bar an einem Tisch in der hintersten Ecke. „Ich weiß du möchtest nicht darüber reden, aber...“ „Erleichterung. Ich fühle Erleichterung.“ Mein Blick wanderte zu den leicht bekleideten jungen Frauen auf der Bühne. „Ich könnte das besser.“ „Wirklich.“ „Ich bin gleich zurück.“ „Was hast du vor?“ „Das wirst du schon sehen.“ „Darf ich mal?“ Langsam kämpfte ich mich durch die Masse, geradewegs auf die Bühne zu. „Danke sehr.“ Oben angekommen zog ich alle Blicke auf mich. Kurz darauf zog ich das rechte Haarband aus meinen Haaren, dann das, das den linken Zopf zusammenhielt, den Blick immer auf Yami gerichtet. Meine rechte Hand glitt zum Reißverschluss des Kleides, der sich unter meinem linken Arm befand. Yami erhob sich von seinem Platz, machte einen Schritt auf die Bühne zu. Kurz darauf hatte ich den Reißverschluss geöffnet und das Kleid hatte sich um meine Stilettos ausgebreitet. Nun bedeckte nur noch ein kurzes, schwarz-rotes Unterkleid meinen Körper bedeckte. Dann wandte ich meinen Betrachtern meinen Rücken zu, bewegte die Hüften, warf dann einen verführerischen Blick über die Schulter hinweg zurück zur jubelnden Menge. Einige Minuten später ging ich zu meinem Begleiter zurück, der noch immer wie angewurzelt da stand. Ausgelassen feierte ich noch eine Weile, nicht wissend, dass nicht nur die Menschen in der Bar meinen Auftritt gesehen hatten... ~Büro der Kaiba Corp~ Es war später Abend, niemand war mehr in der Firma, außer ihm. Mittlerweile waren fünfzig Prozent der Anteile an der Firma an Riikos Mutter übergegangen. Mit gefalteten Händen und einem starren Blick auf den Bildschirm saß ich an meinem Schreibtisch, als sich unerwartet ein schwarzes Fenster öffnete, worauf ein in weiß geschriebener Code gezeigt wurde. 4YEO. „4YEO. Nur für deine Augen bestimmt.“ Ich klickte auf den Schriftzug, worauf nur Sekundenbruchteile später ein Video begann. „Das ist nicht wahr...“ In der linken unteren Ecke des Bildschirms stand Datum und Uhrzeit, alles war nur ein paar Minuten her. Ich dachte, ich sehe nicht recht, als ich Riiko auf einer Bühne in einem Lokal tanzen sah, sich ausziehend und von ihm angestarrt wurde. Zeitgleich klingelte das Telefon. „Nettes Video, nicht wahr? Was sagen Sie zu dem Auftritt ihrer Freundin? Finden Sie nicht, sie macht das toll?“ „Sie ist nicht meine Freundin. Nicht mehr.“ „Oh, ich habe vergessen, dass meine Tochter Sie verlassen hat. Sie hat mir erzählt, dass sie wieder nach Hause kommt.“ „Hat sie das? Von mir aus kann sie das tun, ich habe nichts mehr mit ihr zu tun.“ „Sind Sie sicher, dass sie nicht mehr an meiner Tochter interessiert sind? Ist es Ihnen egal, dass sie mit ihrem Rivalen auf ein Hotelzimmer gehen wird?“ Meine Hände ballten sich zu Fäusten. >Sie tut was? Sie geht mit Yugi auf ein Hotelzimmer? Das... das... ist nicht möglich... nicht mit ihm...< „Wie bereits gesagt, sie ist mir egal.“, versuchte ich möglichst selbstsicher und unerschüttert zu antworten. „Dann wird Ihnen auch egal sein, dass sie bald für immer aus Ihrem Leben verschwinden wird. Denn bald wird sie von hier wegziehen und nie – ich wiederhole nie – wieder zurückkehren. Sie hat Sie abgeschrieben. Und wer weiß, vielleicht fängt sie ja mit ihrem neuen Freund ein neues Leben in ihrer alten Heimatstadt an...“ Biep, Biep, Biep... Ich spürte einen stechenden Schmerz in meinem Herzen, als ich daran dachte, was sie zur Zeit tat, was sie in Zukunft täte. Wütend schlug ich mit der flachen rechten Hand auf den Tisch. >Wieso bin ich noch immer auf andere Männer eifersüchtig? Wir haben uns auseinander gelebt, ich sollte mich damit abfinden. Aber wieso will ich das nicht? Hege ich noch immer Gefühle für sie?< ~*~ Gerade hatten wir die Bar verlassen, stand eine schwarze Limousine vor dem Eingang, eine mir bekannte Person stieg aus. Ein dunkler Anzug, rote Haare, halb offenes Hemd. Mein Bruder. „Das war ein recht guter Tag, findets du nicht auch? Zumindest der Teil, seit meiner Ankunft, nicht wahr?“, wandte ich mich Yami zu und strahlte ihn an, soweit es mir in meinem Zustand möglich war. „Riiko, ich will mit dir reden.“ Unbeeindruckt ging ich an ihm vorbei, drehte mich nach einem Seufzer zu ihm um. „Ach ja, willst du das? Tut mir sehr Leid, aber ich nicht mit dir.“ „Ich hätte dich nicht schlagen dürfen. Das tut mir Leid, ich habe als großer Bruder total versagt.“ „Das hast du wirklich. Und jetzt entschuldige mich, ich werde mir ein Hotelzimmer nehmen, weil ich weder nach Hause, noch zu Kaiba zurückgehen werde.“ Jun hob die Hand, um mich vor dem Gehen zu hindern. „Warte bitte.“ Noch bevor er seine Hand auf meine Schulter legen konnte, wies ich ihn mit einem eiskalten Blick zurück. „Ich wiederhole mich nur ungern. Ich komme nicht zurück und ich werde weder dir, noch Kaiba vergeben. Komm, Atemu, wir gehen.“ ~Im Hotelzimmer~ Rückwärts ließ ich mich auf das Doppelbett fallen. „Woah, bin ich satt! Ich glaube, morgen habe ich glatte zehn Pfund mehr auf den Rippen!“ „Das war alles andere als freundlich. Er hat sich bei dir entschuldigt.“ „Ich will nicht darüber reden.“ Er saß neben meiner Tasche, ergriff mein Handgelenk, als ich mich von ihm entfernen wollte. „Du bist nicht mehr die selbe, nicht das Mädchen, in das ich mich verliebt habe.“ „Bedank' dich bei Kaiba, er hat das ganze zu verschulden. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich möchte kurz duschen gehen.“ Ich löste mich aus dem Griff und ging ins Bad, wo ich den Warmwasserhahn aufdrehte, danach den des Kaltwassers, zog mein Kleid, meine Strümpfe und meine Unterwäsche aus und stieg unter die Dusche. Plötzlich schossen mir die Erinnerungen der letzten Woche durch den Kopf. Von meinem Motorradunfall, von der Fahrt in einem frisch gekauften Bugatti, dem Turnier, unser erster Kuss. Der Abend, an dem ich weggelaufen war und mich Kaiba wiedergefunden und mit zu sich nach Hause genommen hatte. Unsere erste gemeinsame Nacht. Aber auch unser Streiten, unsere Aggressionen, unsere Beleidigungen. Nicht zuletzt die Einmischungen meiner Mutter, die mich dazu zwang, alle hier zu täuschen. Tränen liefen über meine Wangen, tropfen vom Kinn, unbemerkt und versteckt durch das Wasser aus der Brause, auf die Pfütze, die sich um meine Füße herum gebildet hatte. Mein leises Weinen hatte sich zu einem lauten Schluchzen entwickelt, dass selbst durch das Wasser nicht übertönt wurde. „Alles in Ordnung bei dir?“ Atemu musste mein Schluzen mitbekommen haben, er stand vor der Türe und klopfte dagegen. Leicht, aber dennoch gut zu hören. Eine Weile sagte er nichts, dann vernahm ich ein weiteres Klopfen. Ich gab keine Antwort. Yami klopfte erneut an die Türe. „Was ist los?“ Wieder gab ich keine Antwort. Ich sah, wie sich langsam die Türe öffnete, ein mir durch das milchige Glas der Schiebetüren der Dusche fleischfarbener Fleck am Boden war zu sehen, dann ein dunkles Bein, sein dunkler Oberkörper und seine nackten, fleischfarbenen Arme. Zuletzt sah ich sein undeutliches, nicht erkennbares Gesicht. Der Schatten seines Körpers hatte sich auf das milchige Glas geworfen, das mich von ihm trennte. „Ist alles in Ordnung?“ Nun sah ich auch sein Gesicht, oder zumindest einen Teil davon durch das undurchsichtige Glas. „Nichts ist in Ordnung! Rein gar nichts!“, schrie ich mit meiner in Tränen fast erstickten Stimme. Die fleischfarbenen und dunklen Flecke bewegten sich wieder, Yami musste an das Fenster getreten sein. „Willst du drüber reden?“ Ich antwortete nicht. Eigentlich wollte ich alles raus lassen, andererseits wollte ich doch von allem und jedem weg, mich distanzieren, wozu also noch mehr Nähe schaffen? Unsicher, was ich antworten sollte, hielt ich es für besser, wenn ich nichts darauf antwortete. „Du kannst mir alles sagen, das weißt du.“ „Ich brauche nur einige Zeit für mich, um allein zu sein und über alles nachzudenken, das ist alles.“ Wieder bewegte er sich, wieder ging er auf die Türe zu, öffnete sie und ging nach draußen. „Ich werde warten.“, kam über seine Lippen, dann schloss er die Türe. Ich saß noch eine ganze Weile unter dem heißen Wasserstrahl, bis irgendwann das Wasser kälter wurde und ich beschloss, mich abzutrocknen, um mir keine Erkältung einzufangen. Mit einem Handtuch um den Rumpf, das bis zur Mitte meiner Oberschenkel reichte. Yami wandte mir den Rücken zu, er saß auf einem Sofa und spielte ein mir nicht bekanntes Spiel. „Das Bad ist frei, wenn du duschen willst...“ Ein weiteres Handtuch lag auf meinem Kopf, leicht rubbelte ich mein Haar trocken. „Sieh' mal, das habe ich eben gefunden, als ich mich umgesehen habe. Willst du auch mal? Es würde dich bestimmt ein wenig ablenken.“ „Du brauchst nicht wegen mir zu bleiben. Von mir aus kannst du auch nach Hause fahren, ich rufe dir ein Taxi.“ „Nein, ich bleibe hier. Es hätte ein schlechtes Gewissen, würde ich dich allein hier lassen.“ Noch immer saß er auf dem Sofa und starrte auf den Fernseher, ich sah, wie sich ein violettes Auto an einigen anderen vorbei drängelte, die versuchten, ihm den Weg zu versperren. Langsam bekam ich ein schlechtes Gewissen. Was hatte ich mir nur dabei gedacht, einfach zu sagen, ich würde für immer wegziehen? „Tut mir Leid, dass ich dich eben so angefahren habe. Das war keine Absicht.“ „Das macht nichts. Ich verstehe dich und weiß, dass du zur Zeit eine schwierige Phase durchlebst, dafür brauchst du dich nicht zu entschuldigen.“ „Dreh' dich bitte kurz um, ich ziehe mir eben etwas über.“ „Lass' dir Zeit, ich gehe mich ebenfalls kurz duschen.“ Aus meinem Koffer kramte ich einen hellblauen, gewaschenen und noch unbenutzten Schlafanzug, den ich Yami reichte. Schließlich konnte er nicht in seinen normalen Kleidung schlafen. „Hier, ich leihe dir einen Schlafanzug. Hoffentlich passt er dir, mir ist er zu groß.“ „Danke.“ Er verschwand im Bad, ich zog Unterwäsche und ein mir zu langes weißes Shirt mit einem roten, leicht abgewaschenen Aufdruck, einer sechsundsechzig, das früher meinem Bruder gehört hatte, über, was in mir die Erinnerungen weckte, daran, dass wir immer so glücklich waren, wir zwei am Stadtrand gewohnt und unser Leben gemeinsam und ohne Sorgen gelebt haben, bis zu dem Tag. Der Unfall hatte alles geändert. Alles. >Ich darf nicht weiter daran denken. Ich muss vergessen, vergessen!< Auch zog ich eine rote Shorts an, verschloss dann meinen Koffer wieder und stellte ihn neben das Bett. Noch immer flimmerten Bilder über den Fernseher, das Spiel lief nicht mehr. Auf einem dunkelblauen Feld stand groß 'Pause', im Hintergrund sah man ein Standbild des violetten Wagens und einige der computergesteuerten Gegner. Gelangweilt ging ich darauf zu, nahm einen Controller in die Hände und spielte das Spiel. Es war ein ziemlich langweiliges Rennspiel. Nebenbei bemerkte ich, dass der violette Wagen, meiner, einen starken Drang nach links hatte, vielleicht lag das aber nur an der miserablen Steuerung in meinen Händen. Vielleicht war aber auch die Software oder das Gerät daran Schuld, vielleicht war es auch ein Resultat eines schweren Auffahrunfalls, den ich mit dem Wagen gebaut hatte. Die gesamte Beifahrerseite war eingedrückt, die Motorhaube war schon lange nicht mehr da, ich konnte den Motor und weitere Gerätschaften erkennen, von denen ich allerdings nicht einen Namen kannte, der zu diesen gepasst hätte. Autos waren nicht gerade mein Spezialgebiet gewesen. Egal, wie sehr ich es versuchte, mein Wagen wurde immer wieder von anderen Wagen von der Straße abgedrängt und unbrauchbar gemacht. Es war so ziemlich alles dabei, was es als Unfall gab. Durchbrechen der Leitplanke, das Stürzen in eine tiefe Schlucht, Massenkarambolagen, den Wagen von allen Seiten einkesseln und gegen eine Häuserwand rasen lassen, Versenkungen in einfache Böschungen und Staßengraben. Immer und immer wieder flackerte dick und in rot Game Over über den Bildschirm. „Scheiß Teil!“, kam es mir immer wieder über die Lippen. Plötzlich hörte ich wieder Yamis Stimme hinter mir. Erschrocken fuhr ich hoch. „Zur Zeit ist es auf einen Zwei-Spieler-Modus eingestellt. Allein kannst du nicht gewinnen.“ Ich erwiderte nichts darauf, rückte stattdessen ein Stück auf dem Sofa, damit sich Yami neben mich setzen konnte. „Danke nochmal für die Sachen.“ „Kein Problem. Wie ich sehe, passen sie dir.“ Er nickte, sah dann wieder auf den Fernseher. „Gib' mir mal den zweiten Controller.“ Unsere Hände berührten sich, als ich ihm die zweite Steuerung reichte, er sah mir tief in die Augen. Auch ich sah ihn an. >Hör' auf. Das ist nicht richtig. Das darf nicht passieren.< „Hör' mir zu. Du weißt schon lange, dass ich in dich verliebt bin. Obwohl du mir schon vor geraumer Zeit im Krankenzimmer sagtest, dass du diese Gefühle nicht erwidern kannst, und doch habe ich nie aufgehört, an dich zu denken. Ja, ich liebe dich noch immer und ich muss gestehen, ich male mir, seit ich weiß, dass es zwischen Kaiba und dir kriselt und ihr nun kein Paar mehr seid, mehr Chancen aus, als zuvor.“ Für einen Augenblick setzte mein Verstand aus, ich merkte nichts mehr, da waren nur noch seine Worte in meinem Kopf. >Wieso stellst du dir plötzlich vor, dass Kaiba das zu dir sagt? Atemu steht vor mir, aber du denkst an Kaiba! Moment, wieso denkst du überhaupt an ihn? Wieso sind dir diese Worte nicht egal?< Yami kam mir immer näher, ich reagierte nicht mehr. Er legte seine Hände an meine Wangen, schloss die Augen, als seine Lippen nur noch wenige Millimeter von meinen entfernt waren. >Wehr' dich! Du darfst nicht zulassen, dass er...< Ein paar Worte vom Autor ICH HABE FERTIG! So oder so ähnlich war mein erster Gedanke, als ich mit der Aufteilung des gesamten Chapters in diesen und einen nur halbfertigen Teil und nicht zu vergessen des Korrektur-Lesens fertig war. Zu Anfang war ich total unmotiviert. Aber ich dachte so: »Das kannst du deinen Lesern nicht antun, du bist froh, dass überhaupt jemand deinen Senf ließt, also setz' dich hin und schreib' dir die Finger blutig, komme, was wolle!!!« Naja, endete dann damit, dass ich ein halbes Dutzend Seiten fast ausschließlich Dialoge getextet hatte, aber nix dazwischen. Keine Gemütszustände, keine Beschreibungen von Orten oder irgendeinem anderen Zeug, einfach nichts! Gestern dann, am 12. Juli, hatte ich irgendwie so viele Ideen, dass ich dachte, mein Kopf würde in die Luft gehen. Kam dann auf die Idee, das mal zu überarbeiten, was auch dringend nötig war, ich mein, wer ließt schon gerne 5 Seiten wörtliche Rede, ohne Punkt und Komma... Wieso erinnert mich das an Effi Briest von Fontane, was ich vor einigen Wochen angefangen habe zu lesen... habe bei Seite 54 aufgehört, weil die 10 Seiten lang reden und reden und reden und re... stop! Jedenfalls weiß man schon nach drei Seiten nicht mehr, wer was sagt. xDDDD So was kann ich nicht ab, also habe ich versucht, die Verwirrungen von wegen wer sagt was etc. auf ein Minimum zu reduzieren. Und, wie ist mir das gelungen? Was meint ihr? Ist das ein einigermaßen gutes Kapitel oder eher ein Griff ins Klo? Ist es mir gelungen, Rii-chan so darzustellen, dass sie nicht so richtig weiß, was sie machen soll? Ist ihre Verzweiflung gut rüber gekommen oder sollte ich das nochmal überarbeiten? Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit. ^o^ Liebe Grüße, eure Yuuki-chan Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)