Assoziatives Schreiben von Technomage ================================================================================ Kapitel 6: Reizwortgeschichte: Deadline --------------------------------------- Ich lehne gerade mit einer Tasse Kakao in einer der Sitznischen aus Glas und Stahl, weit oben in den verborgenen Winkeln der Bibliothek, und blicke geistesabwesend aus dem Fenster heraus auf die vereinzelten Farbpunkte in der Tiefe. Als eine Rakete aus lebendigem Stahl und gleißendem Licht in den Himmel hinaufgleitet, entzündet sich auch bei mir die Lunte der Erinnerung und ich schrecke auf. Hoffend blicke ich auf die Uhr, doch wie befürchtet habe ich viel zu wenig Zeit, um die heute anfällige Aufgabe noch zu erledigen, und so stürze ich hektisch mein Getränk herunter und zungenverbrannt in den Korridor zum Aufzug. Natürlich vergesse ich in meiner Eile, als ich in der Eingangshalle meine Sachen aus dem Schließfach in meine Manteltaschen stopfe und die Tragetasche schultere, dass ich das Buch noch in der Hand halte, welches ich zuletzt las. Der Alarm geht los, doch ich weiß, dass ich mich nicht mit den Formalitäten herumschlagen kann, wenn ich bis zum Abend noch die Maske aus Lilien und Rosen abliefern will, die sich in meiner Tasche befindet, und so sprinte ich durch die gläsernen Gassen, während ich mich frage, auf welchem Weg ich überhaupt noch rechtzeitig dort sein kann. Die Sirenen der jagenden Bibliothekare zur Linken und das Geifern der herannahenden Bücherjäger im Nacken spürend, verwerfe ich den Plan ein Flugzeug zu nehmen, denn entweder sie würden mich verhaften, während ich mein Ticket kaufe oder schon gleich in der Warteschlange erschießen und sich nicht nur das Buch, sondern auch meine wertvolle Fracht unter die Finger reißen. Ich kann den Mond nur schnell genug erreichen, wenn ich über die neuronale Brücke reise und mir den physischen Weg erspare, auch wenn es mich jetzt schon bei der Vorstellung erschauern lässt, wie leicht es mir die Synapsen zerfetzen kann, wenn etwas schief geht, oder ich schlimmstenfalls völlig neu zusammengesetzt und als sabberndes Wrack auf der anderen Seite ankomme. Mir bleibt keine andere Wahl – das weiß ich – und spüre erst wieder ein Gefühl von Optimismus, als ich sehe, dass der Brückentroll gerade da ist und mich – das weiß ich auch – gegen den richtigen Preis sicher hinüber auf die andere Seite des großen Ufers geleiten wird, denn ich habe einen der roten Fische in der Manteltasche, die er so liebt, und der ihm reichlich genug Bezahlung ist, um mich lebendig passieren zu lassen und nicht auf halber Überfahrt aus seinem Nachen zu schubsen. Wir schweben auf seinem zerebralen Gleiter über die große Wasserpfütze des Alls, in der sich semantische Algen und Syntaktiker-Krebse tummeln, während er lässig auf den letzten Gräten meines Zolls herumkaut und über die körnigen Wellenstürme philosophiert, die sich am Ufer des großen Nichts an den vagen Klippen brechen. Ich habe kaum bewusst zugehört, da ich in Gedanken versunken war, doch als ich von Bord klettere kann ich in der Ferne die Wellenlängen der erleuchteten Schule wahrnehmen, während kaum der Nachmittag dämmert und bin beruhigt noch zur rechten Zeit anzukommen, um meinen Job zu erledigen. Kommentarisches: Nichts zu sagen. Hat großen Spaß gemacht. Ich mag es ^^. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)