Unsichtbar von Yunee_Mirrorland (Du siehst mich nicht) ================================================================================ Kapitel 3: Zeit zum Mittagessen ------------------------------- Ich folge den Schülern unauffällig den Schülern in den nächsten Raum und lasse den zeternden Lehrer im Klassenzimmer zurück. Der hatte nämlich keine Zeit mehr gehabt, seinen Schülern Hausaufgaben aufzugeben. Mich stört das alles weniger und auch die Schüler waren gewiss froh darüber. Ich aber bin auch viel zu abgelenkt. Zum einen muss ich mich darauf konzentrieren, mit niemandem zusammenzustoßen, zum anderen muss ich aufpassen, dass ich die Klasse nicht aus den Augen verliere. Schließlich bleiben die Schüler der 9c vor einer Tür einen Stock weiter unten stehen. Auf der Klassentüre steht nichts, also muss dieses Zimmer ein allgemeiner Aufenthaltsraum sein. Ich halte ein wenig Abstand zu dem Rest der Klasse , aber ich stehe in einer guten Position, um den Engel sehen zu können. Ich werde von einem Geräusch aus den Gedanken gerissen. Ich allerletzten Moment drehe ich mich um und mache flugs einen Schritt zur Seite, denn die Lehrerin war gekommen und bahnt sich nun einen Weg durch die Schüler zur Tür. Sie war direkt auf mich zugelaufen. Wäre ich nicht zur Seite gesprungen, hätte es vermutlich ein Dilemma gegeben. Erleichtert atme ich auf. Keiner hatte mich bemerkt, also kann ich mich jetzt weiterhin ungesehen in das Klassenzimmer schleichen, mir einen Platz auf der Heizung suchen und den Engel beobachten, der sich in der hintersten Reihe niedergelassen hat und ein blaues Buch aufschlägt. Kurze Zeit später beginnt die Lehrerin zu sprechen, in einer fremden Sprache. „Das ist also das berühmte Englisch!“, denke ich. Ich habe nie Englisch gelernt, aber auf den Büchern steht „English“, also wird es schon stimmen. Ich habe ohnehin keine Zeit, lange darüber nachzudenken. Stattdessen beobachte ich die Schüler, vor allem aber haften meine Augen auf dem Engel. Ich kann sehen, dass die Schüler Spaß an diesem Unterricht haben. Die Lehrerin scheint ein lustiges, nettes Wesen zu haben, denn die Jugendlichen lachen viel, kommen aber, soweit ich das beurteilen kann, nicht vom Unterrichtsstoff ab. Ab und zu erklärt die Lehrerin etwas auf Deutsch, zum Beispiel neue Vokabeln, sodass ich auch etwas verstehe. Viel zu früh, wie ich finde, gibt die Lehrerin Hausaufgaben auf, kurz bevor die Schulklingel ertönt. Höchste Zeit für mich, mein Mittagessen zu beschaffen. Es klingt leichter, als es ist, etwas zu Essen zu finden. Im Sommer ist es leichter, da die Leute oft draußen im Garten speisen. Im Winter wird es schwieriger, denn dann muss ich mich in die Wohnung von anderen Leuten schleichen, um an etwas zu Essen zu kommen. Ich weiß, es ist nicht gerecht, den Familien gegenüber, aber etwas anderes ist mir bis jetzt nicht eingefallen. Zum Glück meint es das milde Frühlingswetter gut mit mir, die Sonne steht neben vereinzelten, kleinen Wolken strahlend am Himmel. So finde ich schnell einen halb gedeckten Tisch auf einer ebenerdigen Terrasse. So leise wie möglich springe ich über den ohnehin niedrigen Gartenzaun und verstecke mich unter dem Tisch. Just in diesem Moment höre ich, wie jemand näher kommt und etwas auf den Tisch stellt. Ich kann nur hoffen, dass noch etwas anderes auf dem Tisch zum fertigen Mahl gestellt werden muss. Und tatsächlich: Die Schritte entfernen sich wieder. Flugs klettere ich unter dem Tisch hervor, nehme mir ein paar Scheiben Brot und Tomaten und verstecke mich hinter einem Strauch. Ich unterdrücke ein Kichern, als ich das Gesicht der Frau sehe, die eben einen dampfenden Topf auf den Tisch gestellt hatte. Da hatte sie doch tatsächlich zu wenig Brot nach draußen gestellt. Verwirrt nahm sie den Brotkorb wieder in die Wohnung, um ihn aufzufüllen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)