Gravity Of Love von Ace-san ================================================================================ Kapitel 20: Kapitel 10: Friends - Part 2 ---------------------------------------- Auri: Verwirrt lief ich durch die Straßen Helsinkis. Wo hatte ich meinen Wagen denn geparkt? War ich wirklich so weit gelaufen, dass ich ihn jetzt nicht wiederfand? Die Dunkelheit, die überall herrschte, erleichterte meine Suche auch nicht gerade. Der Schnee und die Straßenlaternen spendeten zwar etwas Licht, aber nicht genug um sich problemlos in einer fremden Stadt orientieren zu können. Einige Minuten später hatte ich es zum Glück gefunden und setzte mich hinein. Ich startete den Motor, fuhr los nach Hause. Weg von diesem fürchterlichen Ort. Nach knapp zwei Stunden war ich endlich zu Hause. Arho schlief zum Glück schon, was anderes konnte man ja auch nicht erwarten. Auch ich ging direkt in mein Zimmer, und ohne mich abzuschminken und auszuziehen fiel ich ins weiche Bett. Ich betrat das Restaurant. Es war ziemlich voll, nur ein freier Tisch war zu sehen. Ich bahnte mir meinen Weg dorthin, stolperte beinahe über die Handtasche einer alten Dame. Ich setzte mich, hörte das Gelächter vom Nebentisch. Schön, wenn es denen so gut ging. „Und dann meinte sie, dass ich ja eh voll das Arschloch sei und sie nur benutze.“ Ich horchte auf und sah mich um. Hinter mir saß Jonne, seine beiden Freunde waren auch da sowie drei Typen die ich nicht kannte. „Wenn sie wüsste, wie recht sie damit hat“, lachte einer der Männer. „Ach, Auri ist doch viel zu naiv.“ Das war wieder Jonne, der dies sagte. „Hm...“, meldete sich nun Antti zu Wort, „Glaubst du, sie wird dir verzeihen?“ Jonne nickte. „Ja, ich denke schon. Und wenn nicht... So schlimm wär’s jetzt nicht. Is ja eh nur ne Frau wie alle anderen.“ Ich schreckte hoch, feststellend, dass mein Gesicht tränenüberströmt war. Wie konnte Jonne mir das nur antun? Ich zweifelte immer noch daran, ob er mich jemals wirklich geliebt hatte, trotz seiner Worte auf der Straße. Der Wecker sagte mir, dass es erst kurz nach drei war, doch ich war mir nicht sicher, ob ich wieder einschlafen konnte. Sicher wäre es besser gewesen, nach so einem anstrengenden Tag, aber wer wusste schon ob ich nicht wieder so einen Albtraum bekommen würde? Ich entschied mich, aufzustehen und in der Küche einen heißen Kakao zu trinken. Vielleicht würde es ja helfen, wieder klar denken und somit auch schlafen zu können. Die Küche lag im Dunkeln und es dauerte eine Weile, bis ich den Lichtschalter gefunden hatte. Und das, obwohl ich doch schon so lange hier wohnte. Enttäuscht musste ich feststellen, dass uns die Milch ausgegangen war. Na ja, heißes Wasser tat es im Notfall ja auch. Also stellte ich den Wasserkocher an und wartete bis das Wasser heiß genug war. Das Gemisch schmeckte zwar nicht sonderlich gut, aber immerhin fühlte ich mich wirklich etwas besser als zuvor. Ich hörte, wie eine Tür sich öffnete und schaute hoch. Arho kam aus seinem Zimmer geschlurft, sein Geist schien sich aber wohl noch im Bett zu befinden. Er blinzelte in meine Richtung, schien angestrengt nachzudenken. Dann folgte ein fragendes „Hn?“ Ich antwortete nicht, wollte eigentlich nur allein sein. Meine Taktik funktionierte und Arho verschwand im Bad. Aber nur um kurze Zeit später und erstaunlich wacher wieder herauszukommen und sich zu mir zu setzen. „Wieso bist du wach?“, fragte er, dann: „Sag mal, hast du geweint?“ Wieso konnte er meine Gesichtszüge eigentlich immer so gut interpretieren? Ich wischte mir über die Augen und musste feststellen, dass sie noch immer feucht waren. Okay, kein Wunder, dass Arho gefragt hatte. Jetzt konnte ich mich nicht mehr zusammenreißen. Alle Erinnerungen kamen hoch; die vom gestrigen Abend, aber auch alte, schöne Erinnerungen an Sachen, die ich mit Jonne erlebt hatte. Die Tränen flossen wieder über meine Wangen, ich versuchte gar nicht erst sie zu verbergen. „Hey Auri-Schatzi, was ist los?“ „Jonne... er... er...“ Mehr konnte ich nicht hervorbringen, der Kloß in meinem Hals war zu groß. „Ach komm her!“ Arho schob meine Kakaotasse aus dem Weg und drückte mich an sich. Es tat gut, dass er da war und mir zuhörte. „Erzähl, was passiert ist.“ Ich erzählte ihm, was am Abend vorgefallen war, ließ kein Detail aus. Auch nicht von unserem ziemlich heftigen Streit. Nachdem ich geendigt hatte, schaute Arho mich überrascht und gleichzeitig entsetzt an. „Das kann doch nicht sein Ernst sein! Wie konnte er dir das antun?“ Wieder drückte er mich und wischte eine Träne von meiner Wange. Das waren solche Momente, wo ich mich fragte, warum ich nicht einfach mit ihm zusammen sein konnte. Er verstand mich und war für mich da. Aber leider mussten solche Männer ja immer schwul sein. Na ja, vielleicht war es auch besser so. Wer weiß, ob ich ihn dann noch als einen so guten Kumpel bezeichnen könnte. Und so einer war mir wichtiger, das stand fest. „Was soll ich denn jetzt tun, Arho?“ „Lass uns morgen darüber reden, du solltest schlafen. Oder es zumindest versuchen“, meinte er. Ich folgte seinem Rat, auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass ich nicht schlafen konnte. Zu aufgewühlt war ich, noch immer. Doch nach einiger Zeit hatte der Schlaf mich geholt. Als ich am nächsten Tag erwachte, war es bereits 11 Uhr. Geschockt über die Tatsache sprang ich aus den Federn und lief ins Wohnzimmer, wo zu meiner Überraschung Tiia auf mich wartete. Sie saß neben Arho auf der Couch und hielt eine Tasse dampfenden Kaffee in der Hand. „Was machst du denn hier?“, fragte ich verwirrt. „Ich wollte schauen, wie es dir geht.“ Ich machte mit meinem Kopf eine alles sagende Geste. „Wie bist du gestern eigentlich nach Hause gekommen?“ Die Frage schoss mir gerade durch den Kopf. Ich war zu sehr durch den Wind gewesen um zu realisieren, dass ich Tiia nach dem Desaster gar nicht mehr gesehen hatte. „Zug“, antwortete sie knapp. Dann fügte sie hinzu: „Ich wusste, dass du lieber einige Zeit allein sein wolltest.“ Ich nickte. „Auch wenn es vielleicht etwas fahrlässig war, dich in diesem Zustand Auto fahren zu lassen. Das ist mir erst hinterher aufgefallen.“ „Ich leb ja noch...“ Ich ging in die Küche, um mir einen Kaffee zu holen. Der aromatische Duft stieg mir in die Nase und versetzte mich sofort in eine etwas bessere Stimmung. Schon komisch, was solche Kleinigkeiten manchmal für eine Wirkung hatten. Ich kehrte zu den beiden anderen zurück und berichtete Tiia in knappen Worten, was Jonne gestern gesagt hatte. Zu meiner Überraschung schien Tiia ihn in Schutz zu nehmen: „Ich kann ihn schon verstehen, irgendwie. Natürlich ist sein Verhalten nach wie vor riesiger Mist, aber in seiner Situation durchaus nachzuvollziehen.“ Fragend schaute ich zu Arho, doch der hatte anscheinend auch keine Ahnung, warum Tiia so reagierte. „Schon, aber ich weiß nicht, was ich tun werde. Ob ich ihm verzeihen kann oder nicht. Ich weiß nur, dass ich nicht mit einem Lügner zusammen sein will. Und das ist Jonne jetzt für mich.“ Verstehend nickte Tiia und nahm einen Schluck von ihrem Kaffee. „Du weißt ja, dass du immer zu uns kommen kannst, wenn du Probleme hast“, sagte sie. Jetzt nickte ich, natürlich wusste ich das. Tiia und Arho waren schließlich meine besten Freunde. Mit keinem anderen konnte ich so gut reden wie mit den beiden, außer vielleicht mit meiner Schwester. „Weißt du denn jetzt, was du machen willst?“, fragte Arho plötzlich. Er hatte die ganze Zeit geschwiegen, wie mir jetzt auffiel. „Nicht wirklich“, antwortete ich wahrheitsgemäß, „Vielleicht ein Jonne-Ablenkungsprogramm starten.“ Ich musste unfreiwillig lachen, als ich das sagte. „Gute Idee!“, rief Tiia. „Auch wenn ich finde, dass du ihm eine Chance geben solltest. Na ja, lass dir die Zeit, die du zum Nachdenken brauchst. Aber wieder zurück: Im Kino läuft gerade so ein schöner Horrorfilm. Wie wär’s?“ Ich wusste zwar nicht, was an einem Horrorfilm „schön“ sein sollte, trotzdem stimmte ich zu. Alles war besser als zu Hause rumzusitzen. Tiia stand auf, um das Kinoprogramm zu checken. Nach kurzer Zeit kam sie zurück. „Der Film fängt um zwei an, also haben wir noch etwas Zeit. Wenn du dich jetzt anziehst, Auri, könnten wir noch etwas durch die Stadt laufen. Auch wenn das schöne Weihnachtsfeeling jetzt natürlich vorbei ist.“ Tiia schaute etwas traurig drein, und ich stellte leicht entsetzt fest, dass ich ja wirklich noch meine Schlafsachen trug. Ich ging ins Bad, duschte und suchte mir dann ein paar nette Klamotten aus dem Schrank zum Anziehen. Ich konnte den Film nicht wirklich genießen, zu viel Blut und abgetrennte Körperteile und zu wenig Handlung. Arho schien es ähnlich zu gehen, weshalb wir das Kino vorzeitig verließen. Nur Tiia blieb sitzen. Schweigend setzen wir uns in die Sessel, die vor dem Kinosaal standen. Meine Gedanken drifteten ab, fanden ihren Weg zu Jonne und egal, wie sehr ich versuchte, sie zu verdrängen, kehrten sie immer wieder zurück. Eine Träne lief mir über die Wange. Schnell wischte ich sie weg, wollte nicht, dass Arho sie sah. Nach einer Stunde kam Tiia endlich aus dem Kino. „Was ist das Programm für morgen?“, fragte sie. „Öhm... morgen?“ Ich war etwas verwirrt. „Klar, je mehr Ablenkung du bekommst, desto besser“, erwiderte meine Freundin, „Wie wäre es mit... wandern in den Wäldern Tamperes! Das ist doch mal was anderes!“ Ich schüttelte den Kopf. Wandern wollte ich nun wirklich nicht. Doch Arho schien Tiias Vorschlag zu mögen, denn er sagte: „Ach komm, Auri, das wird sicher lustig!“ Widerwillig ließ ich mich überreden. Wandern war immerhin besser als gar nichts. Wir verließen das Kino und machten uns auf den Weg nach Hause. Tiia zu Jussi und Arho und ich gingen zu uns. Da es erst später Nachmittag war, ging ich in mein Zimmer um etwas für die Uni zu tun. Die Semesterferien waren bald vorbei und ich wollte nicht völlig unvorbereitet in die nächste Vorlesung gehen. Das Buch, was ich mir an dem Tag, an dem ich Jonne traf, ausgeliehen hatte, lag neben mir auf den Schreibtisch. Ich war nicht sonderlich weit gekommen, war erst auf Seite 79, weshalb ich es mir nun auf dem Schreibtischstuhl bequem machte, soweit es möglich war, und weiter las. Ich schaffte nicht einmal den ersten Satz, dann schweiften meine Gedanken wieder ab. Ich dachte an den Tag zurück an dem ich Jonne getroffen hatte, wie alles angefangen hatte. Mir stiegen wieder die Tränen in die Augen. Alles war so schön gewesen, auch wenn der Beginn unserer Beziehung alles andere als einfach war. Wieso musste er alles zerstören? Wieso hatte er nicht von Anfang an ehrlich sein können? Eine Träne fiel auf das geöffnete Buch. Schnell schloss ich es und legte es beiseite, bevor noch mehr Tränen darauf fallen konnten. „Möchtest du vielleicht...“ Erschrocken drehte ich mich um und sah Arho in der Tür stehen. Als er mich sah, kam er auf mich zu und nahm mich in den Arm. „Immer noch Jonne?“, fragte er und ich nickte. „Ach, komm her, lass uns in die Küche gehen und bei Kaffee und Kuchen in Ruhe darüber reden.“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich möchte lieber allein sein.“ Verstehend stand er auf und verließ den Raum. Den gesamten restlichen Tag verbrachte ich in meinem Zimmer, lernend, denkend oder weinend. Ich war richtig froh, als es endlich spät genug war, um schlafen zu können. Ich schlief nicht sonderlich gut, träumte wieder von Jonne. Aber wenigstens wachte ich nicht auf, so wie letzte Nacht. Stöhnend erhob ich mich, wollte den restlichen Tag am liebsten im Bett verbringen, abgeschottet von der Welt. Doch leider hatten Tiia und Arho ja andere Pläne mit mir. Und sie ließen sich ganz sicher nicht davon abhalten. Arho schlief noch, weswegen ich die Küche für mich allein hatte. Ich kochte mir Kaffee und steckte zwei Scheiben Toast in den Toaster. Nach kurzer Zeit war beides fertig. Arho kam in die Küche und setzte sich zu mir. „Bereit fürs Wandern? Tiia kommt gegen Nachmittag, sie hat mir gerade ne SMS geschrieben.“ „Ich hab ja keine andere Wahl“, sagte ich und lächelte gequält. Der Nachmittag kam schneller als erwartet und Tiia war voller Elan. Sie hatte sogar eine Karte mitgebracht, auf der sie verschiedene Wanderwege markiert hatte. Arho und ich zogen uns unsere Jacken an und gemeinsam verließen wir das Haus. Tiia dirigierte uns in einen Wald unweit von Arho und meinem Wohnhaus. Ich war froh, dass es noch hell war und der Schnee ebenfalls etwas Licht spendete. Ich hatte schon immer etwas Angst davor gehabt im Dunklen durch einen Wald zu spazieren. Arho und Tiia hatten ihren Spaß und versuchten, auch mich anzustecken, doch ich war einfach nicht in der Stimmung. Egal, was sie taten, meine Gedanken kehrten immer zu Jonne zurück. „Hmm... das ist eine schöne Stelle!“, sagte Tiia genießerisch. Ich schaute auf und wieder wurden meine Augen feucht. Ich erkannte die Stelle sofort. Es war der Ort, an dem mir meine Gefühle zu Jonne bewusst geworden sind! Ich konnte nicht anders als wegrennen, weg von diesem Ort. „Auri?“, hörte ich Tiia hinter mir rufen, doch ich reagierte nicht. Im Moment wollte ich einfach nur allein sein. Ich lief durch die halbe Stadt, wollte nicht nach Hause. Doch egal, wo ich auch hinsah, alles erinnerte mich an Jonne. Hier war das Kaufhaus, wo ich ihn unfreiwillig angerufen hatte, kurz darauf passierte ich das Café in dem wir uns getroffen hatten, dann war da die Bibliothek wo wir uns zum ersten Mal sahen und wo er mir seine Liebe gestanden hatte. Überall waren Erinnerungen. Erinnerungen die ich am liebsten loswerden wollte. Ich wusste nicht, wie lange ich durch die Straßen lief, doch als es langsam dunkel wurde, kehrte ich nach Hause zurück. Arho und Tiia warteten auf mich. „Was war denn los?“, wollte die Blauhaarige besorgt wissen. In knappen Worten schilderte ich was ich gefühlt hatte. „Oh, wenn ich das gewusst hätte, hätte ich etwas anderes vorgeschlagen“, meinte sie dann. Es schien ihr wirklich Leid zu tun. Ich winkte ab. „Das konntest du ja nicht wissen. Was hast du denn für morgen geplant?“ Jetzt schauten mich beide überrascht an. „Du möchtest dieses Ablenkungsprogramm noch weiter durchziehen?“ „Ja, möchte ich. Ablenkung tut gut“, log ich. „Okay, wie wäre es mit einem Museumsbesuch?“ War ja klar, dass dieser Vorschlag von Arho kam. Ich versuchte wirklich alles, folgte jedem noch so sinnlosen Rat Tiias, doch ich konnte Jonne nicht vergessen. Alles erinnerte mich an ihn, und das versetzte mich Tag für Tag in eine schlechtere Laune. Kein Ablenkungsmanöver meiner Freunde half, egal ob es eine Shoppingtour in Turku, ein Besuch im Planetarium oder ein Wochenendausflug nach Lappland war. Eher das Gegenteil war der Fall. Tiia und Arho schienen es zu bemerken, denn sie meinten immer und immer wieder ich solle Jonne noch eine Chance geben. Ich liebte ihn ja schließlich und das war nicht zu übersehen. Aber ich konnte einfach nicht. Es war so, als wäre eine Schranke zwischen uns, die nicht überwunden werden konnte. Eines Tages meinte Tiia: „Wie wäre es, wenn wir morgen Schlittschuh laufen gehen? Das haben wir schon so lange nicht mehr gemacht.“ Ich war nicht sonderlich begeistert, stimmte aber trotzdem zu, weshalb Tiia, Arho und ich uns am nächsten Tag auf den Weg zum See machten. „Ähm... ich guck mal eben, ob der See auch zugefroren ist“, sagte Arho, kurz bevor wir am Ziel waren, „Wartet ihr hier?“ Tiia verdrehte die Augen und auch ich wunderte mich über Arhos übertriebene Verpeiltheit. Es war schließlich Mitte Januar. Wenn der See jetzt nicht zugefroren war, wann dann? Kurze Zeit später kam Arho zurück und nickte uns zu. Tiia nickte wissend zurück. Irgendwie kam mir die Situation komisch vor, doch ich konnte nicht erklären, wieso. Plötzlich meinte Tiia, ich solle meine Augen schließen. „Warum...“ Doch weiter kam ich nicht, da Tiia mir ein Tuch um den Kopf band. Ich konnte nichts mehr sehen. Dann führte sie mich vorwärts, immer darauf bedacht, dass ich nicht stolperte. Nach ein paar Schritten stoppte sie und nahm mir die Augenbinde ab. Ich konnte meinen Augen nicht trauen, schaute die Person vor mir nur verblüfft an. Auch Jonne schien ziemlich verwirrt zu sein, wenn ich seinen Blick richtig deutete. Jetzt erst realisierte ich Antti und Snack im Hintergrund. Mir fiel Arhos sinnloser Satz von vorhin wieder ein. Die vier standen also unter einer Decke. Nur wie hatten die sich abgesprochen? Zu viele Fragen tauchten in meinem Kopf auf, und zu wenig Antworten hatte ich. Ich versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, versuchte die Situation zu verstehen und irgendwie einzuordnen. Doch es gelang mir nicht. Nach einer halben Ewigkeit, so kam es mir zumindest vor, blickte ich wieder direkt in Jonnes blaue Augen. Todernst, in der Hoffnung, er könnte mir erklären, was hier vor sich ging. Aber lange konnte ich diesen Augen nicht standhalten, diesen Augen, die der Person gehörten, die ich über alles auf der Welt liebte. Ich ging langsam auf ihn zu, lächelte schüchtern und küsste ihn. Es war ein Reflex, ich konnte nicht anders. Umso enttäuschter war ich, als er mich von sich weg schob. Er schaute mich lange Zeit schweigend an, dann sagte er: „Auri ich… kannst du mir meinen Fehler wirklich verzeihen? Oder ist es pure Sehnsucht, die dich dazu treibt nachzugeben?“ Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte, schaute ihn nur erstaunt an. Diese Frage war das letzte was ich im Moment von ihm erwartet hatte. „Ich habe dich vermisst, sicher“, begann ich, „Aber dennoch habe ich auch viel über deine Worte, deine Begründungen nachgedacht, warum du es mir nicht gesagt hattest. Am Ende war Tiia es die auf mich einredete und dich verteidigte, was ich schon sehr merkwürdig fand, da sie dich ja gar nicht kennt und zuvor beim Konzert noch auf meiner Seite stand, sprich gegen dich war. Da wurde ich eigentlich schon das erste Mal misstrauisch um ehrlich zu sein, aber das tut eigentlich im Moment nichts zur Sache. Fakt ist, sie sorgte dafür, dass ich nicht ständig immer nur die Argumente in meinem Kopf wiederholte, die gegen dich sprachen, sondern auch endlich mal über ein paar Pro-Argumente nachdachte. So kam ich dann am Ende zu dem Schluss, dass, so sehr betrogen ich mich auch fühlte, ich dir doch immer noch vertraute und den Worten glauben schenkte. Meine Befürchtungen erschienen für mich zunehmend unlogischer und unvorstellbarer und deine Erläuterungen dagegen immer logischer und verständlicher und… um es kurz zu machen, ich konnte dir schon nach wenigen Tagen nicht mehr böse sein. Aber da war einfach eine Mauer, die mich daran hinderte aufzustehen und zu dir zu gehen um dir dies mitzuteilen. Ich hatte einfach Angst, am Ende doch enttäuscht zu werden. Vielleicht waren da immer noch gewisse Befürchtungen, wie, dass du vielleicht schon wieder eine neue hast oder so. Aber eigentlich habe ich nie wirklich daran geglaubt. Tiia und Arho hatten auch immer wieder auf mich eingeredet, doch endlich mal meinen Arsch zu bewegen, aber… ich bekam es einfach nicht auf die Reihe. Deswegen griffen sie wohl am Ende zu diesem drastischen Mittel, ob wohl mir immer noch unklar ist, woher sie deine Freunde kennen und warum es ihnen so wichtig ist.“ Ich atmete tief ein. Während des gesamten Redeschwalls hatte ich nicht ein einziges Mal Luft geholt. „Nun ich denke, weil du ihre Freundin und ihnen deshalb unheimlich wichtig bist. Natürlich wollen sie deshalb nur das Beste für dich und wahre Freunde sehen sofort, wie sehr du jemanden liebst und ob es für dich sinnvoll ist, der geliebten Person böse zu sein oder ihr lieber zu verzeihen und eine zweite Chance zu geben. Sie sehen sofort, was du dir in deinem Unterbewusstsein wünschst. Nur für einen selbst ist das immer sehr schwer zu erkennen“, faselte er. Er schien immer noch etwas durcheinander zu sein. Dann meinte er: „Und ähm… doch deine Freundin kennt mich. Als ich dir gefolgt bin da… da hatte sie mich erst aufgehalten und ich hatte mich auch ihr erst erklären müssen, doch erstaunlicher Weise schien sie es recht schnell zu verstehen, vielleicht weil sie da schon wusste, was du unterbewusst wolltest und was so das Beste für dich wäre.“ Ich lächelte ihn an, auf einmal war alles klar. Jonne zog eine Augenbraue hoch und ich musste grinsen. Im Moment war ich der glücklichste Mensch der Welt. „Ich glaube jetzt verstehe ich alles“, erklärte ich mein Lächeln und kam einen Schritt auf Jonne zu, um ihn umarmen zu können. Mit einem tiefen Blick in seine Augen sagte ich: „Außerdem, wird mir jetzt erst wieder so richtig bewusst, warum ich dich eigentlich so sehr liebe!“ Mehr brauchte ich nicht zu sagen, alles war geklärt. Endlich. Nach so langer Zeit der Ungewissheit hatten wir uns nun endlich gefunden und nichts konnte uns mehr trennen. Wieder näherten sich unsere Lippen, bis sie sich trafen. Ich konnte nicht beschreiben, wie es sich anfühlte. Ich wusste nur, dass es verdammt richtig war. Dieses Mal ließ sich auch Jonne auf den Kuss ein, was mich noch glücklicher machte. Es kam mir vor, als vergingen Stunden, die wir einfach nur so dastanden und ich wünschte mir, es würde ewig so weitergehen, doch leider war es hier draußen zu kalt, um länger hier stehen zu bleiben, weshalb wir zu Jonne gingen um dort endlich unser lang ersehntes Glück zu genießen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)