Point Zero von Nachtwandler (Das Leben geht weiter. Aber einer fehlt.) ================================================================================ nonfatal accident ----------------- Für ... Mensch, so viele! ... also. Besonders natürlich für (❤, ne? ^^), dann für , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , und . Danke, dass ihr meine FF favorisiert habt, mir Kommis schreibt, etc. :) Was ich eigentlich die ganzen Wochen bei Kyo machte? In meiner freien Zeit, wenn ich nicht gerade hinter ihm herräumte, warum auch immer ich das tat, vielleicht, weil es etwas war, bei dem man nur funktionieren musste, so wie ich es die letzten Monate schon getan hatte? Manchmal ging ich dann einkaufen. Manchmal saß ich auf dem Sofa und blätterte in Zeitungen, Taschenbüchern, die ich mir am Bahnhof mitnahm, früher hatte ich nie soviel Zeit darauf verschwendet. Manchmal ging ich rauchend mit meinen Gedanken durch den kleinen Park in der Nähe. Mehr als einmal sehnte ich mich danach, meine Gitarre wieder zur Hand zu nehmen, wieder zu spielen. Wieder in einer Band zu spielen. Nicht nur in einer Band. In DER Band. Aber es gab nun einmal kein Zurück mehr. Und das war nicht nur so, weil ich keine Lust hatte mit einem anderen Gitarristen als Die auf Abschlusstournee zu gehen, einmal ganz zu schweigen von dem Sänger. Ich würde für keinen anderen als Kyo spielen. Und doch fuhr ich mehr als einmal nach Hause, zurück in die kalte, verlassene Wohnung, fühlte beim Betreten der Wohnung, wie seltsam unwirklich die Situation doch eigentlich war. Schaltete das Licht an. Holte die Gitarre aus der Ecke. Klinkte sie an den Verstärker an, drehte ihn auf und - ich konnte es nicht. Meine Hände verharrten nur Millimeter über den Saiten, unfähig, sie anzuschlagen. Und dann fragte ich mich, ob es bei Kyo genauso war, ob wir beide unsere Musik, ich meine Gitarre und er seine Stimme, verloren hatten. Aber was hatten wir da eigentlich genau verloren? Ich fragte mich, was er eigentlich machte, wenn er nicht aß, schlief oder wie ein Gespenst durch seine eigene Wohnung huschte. Schrieb er noch immer Gedichte, denn er konnte doch nicht den ganzen Tag bewegungslos in seinem Zimmer sitzen? Ob er sich nicht manchmal danach sehnte, zu singen und wenn es nur ein Klagelied wäre. Aber bei ihm saß der Schmerz tiefer. Er hatte mehr verloren als nur einen Freund. Und ich konnte ihn einfach nicht ersetzen. Oder? Was waren das gewesen, dieser eine Augenblick zwischen Nacht und Morgen, dann der zersplitterte Teller - aber das konnte nicht sein. Und es war dieses verzweifelte Wissen, dass dadurch, dass ich da war, sich nichts verändert - - gut, er war nicht weiter abgemagert, weil ich ihm das Essen regelrecht aufdrängte, er war auch nicht an sich ausbreitenden Schimmelkulturen verreckt, weil ich mich um den Haushalt kümmerte, er war nicht an Einsamkeit gestorben, weil ich da war und mit ihm redete. Das waren dann immer die Augenblicke, in denen ich dachte, es hätte sich doch etwas verändert. Denn da waren immer wieder so etwas wie Kratzer in der glatten Oberfläche seines Rückzugsortes, ein Ort, an dem er war, wenn er allein sein wollte mit sich und - seinen Gedanken an Die? Seinem Schmerz? Seiner Leere? Risse im Glas. Und manchmal meinte ich, sein Gesicht wieder lebendig zu sehen, für einige wenige Augenblicke. Aber das war dann auch schon wieder so schnell vorbei, dass ich nicht sagen konnte, ob es wirklich da gewesen war. Was auch immer war. Ich redete mit ihm, immer wenn wir zusammen waren - was eigentlich nur bei den Mahlzeiten oder dann der Fall war, wenn ich ihn durch die Wohnung gehen hörte oder wenn er schweigend hinter mir stand und mich beobachtete. Dann erzählte ich ihm von meinen 'Erlebnissen' draußen, erzählte ihm, wie das Wetter war, was und wo ich eingekauft hatte, wie voll die U-Bahn gewesen war, von dem Hund, den ich auf dem Weg zu seiner Wohnung gesehen hatte, redete, erzählte ihm all die kleinen Dinge die mir auffielen. Es war nicht so, dass ich ihn zutextete. Entweder war es irgendeine unterbewusste Einstelleung, mit der ich erreichen wollte, dass er mich eines Tages aus heiterem Himmel heraus anbrüllte, ich solle gefälligst ruhig sein oder begann zu antworten, damit ich nicht so alleine vor mich hin monologisieren musste. Als ob ich ihn dazu zwingen konnte, durch mich wieder sprechen zu lernen. Doch das tat er auch nicht nicht. Und mir kam langsam der Gedanke einfach aufzugeben. Ich wollte mich nicht mein Leben lang hier begraben. Wollte nicht dabei sein, wenn er eines Tages Die folgte und ihn nicht aufhalten können, wollte nicht, dass er mich daran erinnerte, wie sehr - Irgendwann begann ich innerlich meine Sachen zu packen, machte mir eine Liste von dem Kram, den ich zu Kyo mitgenommen hatte und den ich jetzt wieder nach Hause schleppen musste, aber wirklich gepackt habe ich nie. Und eine weitere stumme Woche verging - bis zu jener Nacht. Es war eine dieser Nächte, in denen man wachliegt, weil es zu warm ist, aber man selbst zu müde, um aufzustehen und sich irgendetwas kühles zu holen. Ich hatte das Fenster geöffnet, damit frische Luft ins Innere des Zimmers dringen konnte, wenn sie auch nur ein wenig Abkühlung bringen konnte, war ich schon froh, dafür hatte ich jetzt den Lärm der Stadt draußen, allenthalben die Sirene eines Rettungsfahrzeugs, Hupen oder einfach nur ein Lachen, dass von tief unten heraufdrang. Jetzt konnte ich erst recht nicht schlafen. Und wälzte mich eine Weile lang unruhig hin und her - wechselte dann von meinem Lager auf den Fußboden. Irgendwann - muss ich dann doch eingeschlafen sein. ... und es geschah noch einmal, ich sah noch einmal, unter meinen Haaren hervor, gerade auf einen bestimmten Griff konzentriert, einen seltsamen Strudel im Publikum, seltsamerweise waren wir wieder in Kyos Wohnzimmer, dann trat ein Mann durch die Tür, ich konnte seine Gesicht nicht erkennen, auch wenn ich es kannte, aus den Zeitungen, nach dem Prozess, den man ihm gemacht hatte, auf Kyo deutete, er hatte eine Waffe, Dai - der seine Gitarre im Stich ließ, aber langsam, viel zu langsam, ich, meine Füße waren mit einem Mal schwer, viel zu schwer, ich sah nicht nach unten, aber ich wusste, dass sie gerade im Boden versanken, wie im Treibsand, es war zu spät, in Zeitlupe sah ich, wie die Kugel Kyo traf und gegen die Wand warf, seine vor Schreck weit aufgerissenen weißen Augen, seine wirren Haare, sein T-Shirt, dass sich langsam rot färbte, ich schrie und - ... kam aus meinem Traum zurück in die Realität. Solche Albträume hatten mich in dem Monat, nachdem es passiert war, besonders oft gequält, wenn ich einmal hatte schlafen können und mir nicht die ganze Nacht mit Vorwürfen zu einer schlaflosen Hölle gemacht hatte. Warum jetzt wieder? Nahm das denn nie ein Ende? Ich versuchte, meinen zitternden Körper zu beruhigen, mein rasendes Herz dazu zu zwingen, wieder ruhig und regelmäßig zu schlagen - aber was, wenn Kyo nun wirklich in Gefahr war, was wenn der Traum ein böses Vorzeichen war, dass ewas passieren würde, dass es wieder passieren konnte, dass es passierte, während ich hier war und ihn doch beschützen wollte - Ich wollte mich aufsetzen, erstarrte und wäre im nächsten Augenblick beinahe am Schreck gestorben, denn eine kühle Hand legte sich - es sollte mich wohl beruhigen - auf meine Stirn. Erst jetzt bemerkte ich die Gestalt, die neben mir auf dem Boden kniete. Ich hatte sie einfach nicht wahrgenommen. Sah im schummrigen Restlicht, dass es Kyo war. Sah, wie er den Mund öffnete. "... ganz ruhig." Seine Stimme war - wie ein jäher Riss in der Nacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)