Zwiegespalten von kiyahotep (Duo cum faciunt idem, non est idem.) ================================================================================ Kapitel 6: Step 6 ----------------- Kapitel 6 „Hast du ihn dir mal angesehen? Der ist völlig durchgeknallt.“ Der Wildfang aus dem Süden machte eine Geste, die seine letzten Worte nur noch unterstrich. Dabei ließ er sich aus der Luft auf einen der Sessel fallen, die sich in der Sitzecke des großen Arbeitszimmers des Shuten befanden. Der blonde Herr des Himmels schritt währenddessen vor den großen Bogenfenstern auf und ab und schaute nachdenklich in die Gärten, die sich dort erstreckten. Auf Ashrays Frage hin schüttelte er den Kopf leicht, sah dabei aber immer noch raus. „Teiou sitzt da unten, starrt die Wand an und flucht vor sich hin, wenn er nicht gerade in der Zelle wütet und versucht den Bann zu brechen, der seine Magie unterdrückt.“ Der Rothaarige verschränkte die Arme hinterm Kopf, zog die Beine an, und beobachtete Tiarandear, der nun leise seufzte. „Das da unten ist nicht Teiou.“ „Ach nein? Warum sieht er denn dann aus wie Teiou, spricht und flucht wie Teiou und beherrscht genau die gleichen Fähigkeiten wie Teiou?“ Er machte eine kurze Pause, dann fuhr er leiser und nachdenklicher fort, als ob er nur seine Gedanken für sich selber laut aussprechen würde. „Mich würde interessieren, wie er es geschafft hat so stark zu werden. Er muss sicher irgendwie an Eisen aus dem Norden gekommen sein. Hmm…“ „Hör auf zu spinnen Ashray!“ Tia hatte sich zu ihm umgedreht und stand mit verschränkten Armen vor ihm. „Das da unten ist nicht Teiou, jedenfalls nicht nur! Du musst deinen Freund ja sehr gut kennen, wenn du das nicht siehst und ihm einen Anschlag auf einen Tenno, sowie einen versuchten Anschlag auf den Shuten zutraust. Es ist ein Dämon, der sich Teious Körper bedient, und wenn wir nicht schnellstens etwas unternehmen, dann wird er Teious Bewusstsein auslöschen.“ Er durfte gar nicht an diese Möglichkeit denken. Wenn das passieren würde, müsste er Teiou, bzw. dessen Körper hinrichten lassen um den Dämon zu vernichten. Es war so schon schwer genug Keikas Erklärung mit dem Dämon gegenüber der Öffentlichkeit zu vertreten. Er selbst hatte Teiou noch nicht wieder gesehen, seitdem der in den Verließen eingesperrt war. „Er ist von einem Dämon besessen. Verstehst du das, Ashray?“ „Ja, du sprichst laut genug… Aber dass er besessen ist, hätte ich dir auch schon vor Jahren sagen können.“ Für einen kurzen Moment war Tia sichtlich irritiert und über Ashrays Gesicht huschte ein Grinsen, das noch ein wenig breiter wurde, als Tia endlich verstand und ihn fassungslos ansah. „Ich rede nicht von Keika!“ Er schüttelte vehement den Kopf, während Ashray den Kopf leicht schräg legte und lachte. Ihn schien das alles sehr zu amüsieren. „Im Übrigen soll ich dir, beziehungsweise ‚dem himmlischen Verräterpack’ ausrichten, dass er hungern wird, bis ihr ihn rauslasst, egal wie lange das dauert. Er hat mich wohl irgendwie bemerkt, obwohl ich unsichtbar war.“ Diese Gelassenheit, die Ashray zur Schau trug, regte Tia auf. Wie konnte Teiou, einer seiner wenigen Freunde, ihm so egal sein? Verstand der gar nicht, wie ernst das alles war? „Und selbst wenn er von einem Dämon, der nicht Keika heißt, besessen ist, wie du sagst … warum heilst du ihn nicht einfach mit deinem Handlicht? Das funktioniert doch sonst auch immer!“ Erstaunt sah Tia den Prinz des Südens an. Seit dem Vorfall saß Keika ununterbrochen in der Bibliothek und wälzte Bücher, wie er dem Dämon beikommen konnte und an diese Möglichkeit hatten sie beide nicht gedacht, weder er, noch Keika. Dabei hatte er schon mehr als einen vermeintlich Besessenen geheilt. „Hey, wo willst du hin?“ Tia war an ihm vorbei Richtung Tür geeilt, drehte sich noch einmal zu Ashray um und lächelte fast ein wenig siegessicher. „Ich geh mal nach Keika sehen…“ Kuja schritt die langen Regalreihen entlang. Im Arm hatte er einen Stapel Bücher, den er gerade rausgesucht hatte und von denen er hoffte, dass sie vielleicht ein wenig Aufschluss geben konnten. Bisher war er noch niemandem begegnet, aber bei der Größe der Bibliothek war das auch kein Wunder. Außerdem durfte man sich hier nur mit Genehmigung aufhalten und außer den wenigen Gelehrten des Himmelsturms und dem obersten Bibliothekar hatten wenig Adlige Interesse sich hier aufzuhalten. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass es noch recht früh morgens war und die Herrschaften gerne lange schliefen. Jedenfalls hatte Nathal verlauten lassen, dass es durchaus auch Tage mit absolutem Hochbetrieb gab. Noch ein zwei Biegungen und er würde sein Ziel erreicht haben. In den letzten zwei Tagen hatte er sich mehrmals verlaufen, fand sich aber nun doch relativ gut zwischen all den Büchern zurecht. Vor allem aber fand er die Ecke, die Keika sich auserkoren hatte, um die Bücher zu studieren, mittlerweile auf Anhieb. Gleich müssten die zwei Sessel und das Tischchen auftauchen, die in einer der hintersten Ecken standen, wo man kaum gestört, geschweige denn gefunden wurde und wo Keika sich mehr oder weniger verschanzt hatte. An einer Regalecke vor ihm lehnte der blonde Bibliothekar Nathal, der vom Aussehen so gar nicht in dieses Umfeld passte und sich von den vielen Gelehrten vor allem durch seine lässige Kleidung abhob, da er die traditionellen dunklen Roben boykottierte. Er stand mit dem Rücken zu Kuja und schien auch noch einige Bücher mitgebracht zu haben. „Hallo Nathal, ich …“ Er brachte seinen Satz nicht zu Ende, da der Blonde sich zu ihm umgewandt und den Finger an die Lippen gelegt hatte. Er gebot ihm zu schweigen, Kuja sollte ruhig sein, obwohl Nathal selbst gerne zwischen den Büchern schwatzte, was ihm einige böse Blicke der Beamten einbrachte. Mit fragendem Gesichtsausdruck trat Kuja neben den Bibliothekar und sah nun auch den Grund für diese Geste. Vor ihm befand sich die Sitzecke, um die sich schon hunderte Bücher stapelten. Sie wirkte genauso, wie er sie gestern Abend verlassen hatte. Inmitten der ganzen Bücher saß Keika, tief in einen der Sessel gesunken und schlief. Das letzte Buch, indem er geblätterte hatte, hielt er noch mit einer Hand fest, aber es drohte ihm bei der kleinsten Bewegung vom Schoß zu rutschen. „Er hat die ganze Nacht durchgemacht und in der Nacht davor hat er auch nicht sonderlich viel Schlaf bekommen.“ Nathal sprach sehr leise und lächelte sacht, während er Keika betrachtete, dann wand er sich Kuja zu und schaute zu dem etwas Kleineren hinab. „Komm, wir gehen eine Tasse Tee trinken, dann wecken wir ihn, das reicht auch noch.“ Kuja nickte, legte seine mitgebrachten Bücher auf den zweiten freien Sessel und folgte dann Nathal durch die Gänge. Er hatte selber nicht wirklich gefrühstückt und wollte Keika daher gerne noch ein paar Minuten Schlaf gönnen, bevor sie sich erneut in die Bücher vertiefen würden. „Herr“, keuchte jemand vor ihnen. Einer der schon fast greisen Gelehrten war aufgetaucht und rang nun nach Luft. Manchmal fragte sich Kuja, wie das hier gelaufen war, bevor der junge Nathal das Amt des obersten Bibliothekars übernommen hatte. Er kannte nur die ganzen Gerüchte, die über die Organisation der Bibliothek nach draußen gesickert waren und auch von der Verwüstung der Gänge, an der der Kronprinz des Südens nicht ganz unbeteiligt gewesen sein soll. „Was ist?“ Nathal schien im ersten Moment so, als würde der Alte ihn stören, setzte aber ein freundliches Lächeln auf. „Der Shuten, er will Euch sehen“, brachte der Gelehrte noch immer etwas stockend hervor. „Und? Warum hast du ihn nicht gleich hergebracht?“ Der Greis wirkte entsetzt und bestürzt über diese Forderung seines jungen Herrn. „Man kann doch nicht den Shuten … durch die ganzen Gänge bemühen. Was wäre, wenn ich Euch nicht gefunden hätte, Herr? Nein … das kann man doch nicht.“ Kuja musste ein Lachen unterdrücken und auch Nathal schien ebenfalls amüsiert. „Schon gut, ich geh den Shuten dann mal empfangen. Klapp mir hier nicht zusammen, Eraim.“ Er schenkte dem alten Mann, der sich nun an einem Regal abstütze noch ein letztes Lächeln und steuerte dann mit Kuja auf den Eingang zu. „Du brauchst dringend jüngeres Personal, der wäre ja beinahe gestorben nach der Anstrengung.“ Kuja lachte nun, nachdem sie um eine Ecke gebogen und außer Hörweite waren. Nathal hingegen machte ein todernstes Gesicht und schürzte die Lippen leicht, wie es der alte Mann eben beim Sprechen getan hatte. „Den Shuten herbemühen … nein, das kann man doch nicht.“ Dabei schüttelte er empört den Kopf, konnte aber nicht wirklich ernst bleiben und lachte dann auch. „Ihr beide habt aber gute Laune.“ Während sie so rumgealbert hatten, war ihnen gar nicht aufgefallen, dass sie schon am großen Eingangsportal der Bibliothek angekommen waren. Vor ihnen stand Tiarandear und lächelte. Auch er schien ganz gut gelaunt. „Shuten-dono.“ Wie es sich gehörte verneigte sich Nathal vor dem Herrn des Himmels und Kuja tat es ihm mit gehörigem Respekt gleich. „Was führt Euch schon so früh hierher?“ „Eigentlich suche ich Keika und dachte ich werde hier fündig, da er nicht in seinem Zimmer war. Allerdings wollte einer deiner Gelehrten erst dich informieren …“ Der Bibliothekar nickte verständnisvoll, aber nicht ganz ernst. „Eraim hätte Euch gleich mitbringen sollen, das hätte mir einen sehr langen Weg erspart und Euch ein wenig Warterei. Aber dem Shuten kann man so was ja nicht zumuten.“ Tia lachte und Kuja war sichtlich erstaunt, dass Nathal so locker mit dem Shuten sprach. Keika hatte ihm schon mal erzählt was Teiou sich dem Shuten gegenüber so alles herausnahm, aber der war immerhin einer der engsten Freunde des Tenshus. Vielleicht kam es Kuja auch nur so seltsam vor, weil er gegenüber dem Shuten gehörigen Respekt hatte, da Tia ihn schon zweimal geheilt hatte. Einmal, als er fast erblindet wäre und dann vor zwei Tagen, als Keika ihn alleine mit dem Shuten hatte sitzen lassen und Tia sein kaputtes Bein aufgefallen war. „Wir wollten gerade Tee trinken und dann zu Keika gehen. Möchtet Ihr auch einen?“ Auf Nathals Frage hin schüttelte der Shuten den Kopf. „Es ist recht dringend. Ich würde Keika gerne sofort sehen. Wenn du mich bitte hinbringen würdest? Sonst seid ihr zwei trotz eurer Pause schneller bei ihm als ich, weil ich noch durch die Gänge irre.“ „Ihr solltet öfter herkommen, wenn ihr in Eurer eigenen Bibliothek verloren gehen würdet…“ Nathal lachte, drehte sich um und winkte dem Blonden, dass er ihm folgen sollte. Kuja folgte ihnen auch. Vielleicht hatte der Shuten ja eine Idee wegen Teiou gehabt. Was gab es sonst für einen Grund für ihn Keika aufzusuchen? „Keika … du hast Besuch“, klang eine mittlerweile relativ vertraute Stimme zu ihm durch. Er blinzelte müde und spürte, wie ihm ein Buch aus den Fingern gezogen wurde. Neben seinem Sessel hockte Nathal, der junge Bibliothekar, der nun das Buch in der Hand hielt und es behutsam auf einen der Stapel legte. Hinter dem Blonden standen zwei weitere Gestalten, die er noch leicht verschlafen nicht sofort erkannte. Eine war recht hoch gewachsen, die andere fast einen Kopf kleiner. „Guten Morgen Keika. Du weißt aber, dass ich dir ein Zimmer habe herrichten lassen?“ „Hm …“ war alles, was er im Moment zu Stande brachte. Der Dämon setzte sich auf und streckte sich erstmal. Dann erkannte er auch Kuja und den Shuten. Letzterer schien sehr gut gelaunt zu sein. „Keika, Shuten-sama meint, dass er Teiou mit seinem Handlicht heilen kann.“ Mit einem Mal war der Dämon hellwach und starrte erst Kuja an, der gerade gesprochen hatte, dann Tia, der bestätigend nickte und lächelte. „Frag mich bitte nicht, warum ich da nicht früher dran gedacht habe. Aber zwischen Teious ganzen Opfern, die ich heilen musste, den Erklärungen und so habe ich an die Möglichkeit gar nicht gedacht und außerdem ...“ Mittlerweile stand Keika und strich sich hastig die Haare aus dem Gesicht. Man sah ihm sicher an, dass er gerade erst wach geworden war, aber das kümmerte ihn nicht sonderlich. Es gab Wichtigeres. Er ließ Tia nicht einmal mehr ausreden. Warum hatte er da nicht auch dran gedacht? „Worauf warten wir dann noch?“ Hier unten war es kühl und Kuja fröstelte leicht. Die Schritte der kleinen Gruppe hallten von den Wänden wider, wurden mal lauter, mal leiser. Vor ihnen ging einer der Wächter mit einer Lampe durch das Dunkel und leuchtete ihnen den Weg. Darauf folgte Keika, direkt dahinter Ashray Row La Dai und der Shuten. Kuja selbst ging mit Nathal, der sich den vermeintlichen Dämon mal aus der Nähe ansehen wollte, ganz hinten. Ein mulmiges Gefühl überkam ihn. Jetzt gleich würde er Teiou, seinem General und Vorgesetzten, begegnen, der ihn ziemlich übel zugerichtet hatte. Er atmete die kühle, feuchte Luft tief ein. Vor ihm drehte der Wächter den Schlüssel im Schloss einer schweren Tür um und schob einen Riegel zur Seite. Ashray drängte sich, an Keika vorbei, als Erster durch diese, beschwor eine Flamme, die in seiner Hand tanzte, und führte sie nun durch den nächsten Gang. Der Wächter blieb zurück. „Unheimlich“, murmelte Nathal, der sich wachsam umgesehen hatte, neben ihm. Dabei leuchteten seine Augen im Schein des wenigen Lichtes wie die eines kleinen Jungen auf der Suche nach Abenteuern. Eine weitere Tür wurde geöffnet. Der Prinz des Südens blieb im Türbogen stehen und sah kurz hinter sich zu Tia, der ihm kurz bestätigend zunickte. Sie lag also vor ihnen: Die Höhle des Löwen. Mit stockendem Atem trat Kuja als Letzter in den schmalen Gang vor der Zelle. Teiou saß an der gegenüberliegenden Wand und stierte sie böse an. Sein Blick wanderte von Ashray über Keika, streifte kurz Nathal und ihn, bevor er am Shuten hängen blieb. „Quid vultis?“ Kuja verstand kein Wort, aber alleine aus der Betonung konnte er entnehmen, dass es kein Willkommensgruß war. Verachtung und Hass troff aus diesen ihm unbekannten Worten. „Sprich ordentlich! Du kannst das doch … Nabonid“, antwortete Keika ein wenig unwirsch, „so versteht dich keiner außer mir und das wäre doch schade, wo du nicht mehr viel zu sagen haben wirst!“ Der silberhaarige Dämon wirkte so unnahbar und herablassend wie eh und je. Kuja fiel es schwer auszublenden, dass er hier nicht Teiou vor sich hatte, sondern einen weiteren Dämon, den Keika Nabonid nannte. Auch Nathal schien damit Probleme zu haben und ein Blick in das Gesicht des Shuten verriet Kuja, dass auch Tia noch einen Moment brauchen würde, um das zu akzeptieren. Nur Ashray schien keinerlei Schwierigkeiten mit diesem Umstand zu haben. Er hatte eine an der Wand angebrachte Laterne entzündet und machte sich daran das schwere Gitter zu öffnen, dass Teiou von ihnen trennte. „Was wollt ihr hier?“ Hinter dem Gitter stemmte der Dunkelhaarige sich hoch. Seine Stimme war kaum mehr als ein Zischen und während er es von sich gab, fixierte er Ashray hasserfüllt mit zu Schlitzen verengten Augen. Mit einer Hand fuhr er sich durch die noch immer blutverklebten Haare. Die Handfesseln hatte man ihm mittlerweile abgenommen. Anscheinend war ihm Ashrays Schlag noch schmerzhaft bewusst. „Bleib wo du bist, Feuerzwerg!“ Ashray hatte die Zelle betreten, wo der Dämon mit dem Rücken zur Wand stand. „Wie hast du mich genannt? Zwerg? Ich bin kein Zwerg!“, schrie der Rothaarige beinahe. Seine Augen funkelten wütend und er machte einen Satz auf den fremden Dämon zu, der nun Kampfhaltung eingenommen hatte. „Ashray!“ Noch bevor Keika etwas hatte sagen können, hatte Tia ermahnend die Stimme erhoben. Der Prinz sah den Shuten kurz an, blieb aber vor Teiou stehen ohne ihm an die Gurgel zu springen. „Er hat mich Zwerg genannt, Tia!“, grummelte er nur empört vor sich hin, aber der strenge Blick des Blonden brachte ihn zum Schweigen. „Du nennst dich also Nabonid? Dann höre gut zu“, Tiarandear wandte sich nun an den Dämon in Teious Gestalt, der immer noch ein wenig verkrampft an der Wand stand. „Ich bin gekommen um dich aus diesem Körper zu bannen!“ „Ach? Das glaubst du zu können?“, ein kaltes Lachen erfüllte den Raum, „dann zeig es mir doch! Töte mich wenn du kannst und rette deinen kleinen Freund. Aber weißt du was ich glaube? Ich glaube du bist gekommen, damit ich das tun kann, wozu der Zwerg mich nicht hat kommen lassen …“ Blitzschnell hatte er sich von der Felswand abgestoßen und sich, die Beschwörungsworte schon auf den Lippen, auf Tia gestürzt. Geistesgegenwärtig hatte Keika den Blonden zur Seite gezogen. Ashray und Kuja hatten sich zeitgleich auf Teiou gestürzt und es geschafft ihn je an einem Arm zu erwischen, was den aus dem Konzept brachte, so dass er die Beschwörung nicht mehr zu ende sprach. Mit Mühe schafften die beiden Soldaten es den wild zappelnden Teiou wieder in die Zelle zu ziehen und dort an die Wand zu drücken, so dass er sich nicht mehr bewegen konnte. „Na warte, das machst du nicht noch mal.“ Ashray hatte Teiou sehr unsanft am Kragen gepackt und spie ihm die Worte fast ins Gesicht. Der Dämon wand den Kopf ab. „Verliebter Narr …“, zischte er leise. „Haltet ihn fest!“ Tia hatte sich von dem Schreck erholt und nickte nun auch Keika und Nathal zu, die sich in die Zelle begaben, um Teiou ebenfalls festzuhalten. Der Shuten trat mit gesenktem Blick vor diese etwas seltsam aussehende Gruppierung. Er schien noch kurz zu zögern, dann wurde es um seine Hand heller. Das Handlicht! Kuja hielt ehrfürchtig den Atem an. „Ich wünsche mir, dass es hilft, Teiou.“ Flüsterte Tia kaum vernehmbar. Kuja konnte Zweifel aus der Stimme des Shuten hören. Als sie noch oben in der Bibliothek waren, hatte der Shuten einen viel entschlosseneren Eindruck gemacht und war optimistischer gewesen. Vielleicht lag es daran, dass der Shuten keinem Wesen etwas zu Leide tun durfte und es auch noch nie getan hatte. Und jetzt? Jetzt war er gerade dabei einen Dämon zu töten … Noch mit diesem Gedanken beschäftigt hätte Kuja den Dämon beinahe losgelassen, der nun unter dem Licht heftig zusammenzuckte und aufschrie. Er schrie, schrie immer lauter, als würde er entsetzliche Qualen durchstehen. Den Kopf hatte er weit in den Nacken gelegt und sein Körper wand sich unter dem Licht des Shuten und dem festen Griff der vier anderen, wie ein gefangenes Tier. Der Shuten wollte schon erschrocken die Hand mit dem Licht zurückziehen, aber Keika sah ihn streng an, fasste mit einer Hand sein Handgelenkt und schüttelte den Kopf. „Weiter … er ist noch da.“ Seine sehr beherrschte Stimme ging in dem Geschrei unter, aber Tia schien es verstanden zu haben und schloss die Augen, um nicht mehr mit ansehen zu müssen, wie Nabonid versuchte um sich zu schlagen und sich zu befreien. „Hört auf.“ Es war fast schlagartig ruhig geworden, nur ein letzter Schrei hallte noch von den Wänden wider. „Bitte, Keika … Tia … hört auf …“, ein Flüstern, mehr nicht. Kuja spürte Teiou in sich zusammensacken. Wenn sie ihn nicht festgehalten hätten, wäre er wohl zusammengeklappt. „Teiou?“ Keikas Stimme klang erleichtert und auch Tia starrte den Dunkelhaarigen, der noch schwer atmete, erwartend an. Ein müdes Nicken. „Ist er weg?“ Nathals Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Teiou schüttelte erschöpft den Kopf. „Nicht?“ Tia war die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben und Keika drehte das Gesicht in den Schatten, so dass Kuja seine Gefühle nicht lesen konnte, was bei Keika sonst schon sehr schwer war. „Dann versuchen wir es halt noch mal!“ Ashray hatte die Arme in die Seiten gestemmt und schaute herausfordernd in die Runde. Er hatte Teiou losgelassen und wenn Nathal nicht zugegriffen hätte, wäre er ihnen auf den Boden entglitten. Der Dunkelhaarige konnte sich nicht mehr wirklich auf den Beinen halten. „Bitte nicht … es tut weh.“ Fast flehentlich sah Teiou den Shuten an. Seine Augen waren blau, wie früher. Es war also wirklich Teiou, den sie im Moment vor sich hatten. „Es tut weh?“ Keika hatte sich ihnen wieder zugewandt und starrte Teiou ungläubig an, der nur leicht nickte. „Papperlapapp! Der erzählt Unsinn. Handlicht tut nicht weh! Er hat es schon immer vertragen!“, fuhr Ashray dazwischen. „Es sei denn …“, Keika trat einen Schritt auf Teiou zu und riss dem beinahe das eh schon zerfetzte Hemd von der Brust, „es sei denn er wird ein vollwertiger Dämon.“ Sprachlos betrachtete Keika Teious Brust, die sich langsam hob und senkte. Auf seiner Haut zeichneten sich dunkle Muster ab, ähnlich den Tätowierungen, die Keika selbst trug. „Die Schramm vertragen es nicht und auch nicht alle menschlichen Dämonenarten. Ich hab davon schon gelesen. Von der Unverträglichkeit mit dem absolut Reinen und das Handlicht eines Shuten gehört dazu.“ Nathal sah Tiarandear an, der regungslos da stand und Teiou ebenfalls betrachtete. „Die Zeichnungen der menschlichen Dämonen sind meistens nur aufgemalt und stehen für ihre Herkunft und ihren Stamm. Es soll aber auch menschenähnliche geben, die die Muster von Geburt an auf der Haut tragen …“ „Da ist ja jemand oberschlau“, meinte Ashray herablassend und warf Nathal einen abwertenden Blick zu, den das nicht sonderlich zu stören schien. Er grinste den Prinzen nur frech an, woraufhin der schon wieder kurz davor schien einen Wutanfall zu bekommen. „Jedenfalls“, fuhr Nathal unbeirrt fort, „scheinen wir es mit einem Dämon zu tun zu haben, der sie von Geburt an trägt und daher bilden sie sich nun auch auf Teiou-samas Körper. Er übernimmt ihn gänzlich … zumindest vermute ich das.“ Er musterte Teiou, der ihm, wie alle anderen auch, schweigend zugehört hatte. „Und jetzt?“ Kuja stellte die wohl alles entscheidende Frage, nachdem mehrere Minuten lang niemand gesprochen hatte. Fragend sah er in die Runde von ratlosen Gesichtern. Teiou saß mittlerweile auf dem Boden, weil sie ihn nicht mehr hatten halten können. Keika hockte neben ihm und strich mit einem Finger über die Narbe auf der Stirn des Schwarzhaarigen. „Die Bücher“, Keika seufzte leise. „Ich werde etwas finden, ich versprech’s.“ Die letzten Worte waren kaum zu hören und vor allem an Teiou gerichtet, der nur die Augen schloss und tief durchatmete... ~~~ Nachwort: Ich präsentiere: Das vorletzte Kapitel. Da ich mir über den Verlauf des nächsten noch viele Gedanken machen muss, wird das wohl eine ganze Weile dauern. Bis dahin: Viel Spaß hiermit ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)