Der Französischlehrer von Terrormopf (Heathcliff St. John's) ================================================================================ Kapitel 10: ------------ Hallo, ihr Lieben! Heute habe ich nicht viel zu sagen, außer dass dieses Kapitel noch in Frankreich spielt und eines der längsten ist =) Viel Spaß beim Lesen! Es war dunkel draußen und Louis stand, halbnackt, vor Nemours, hatte ihm die Hand auf die Brust gelegt, hielt ihn davon ab ihn zu küssen. „Deine Nichte?“, fragte er ärgerlich. „Eine bessere Erklärung ist dir nicht eingefallen? Du hättest einfach sagen können, dass du sie einmal in Frankreich im Unterricht gehabt hast.“ Er schubste Nemours nach hinten. Der ergriff Louis’ Hände, sah ihm kühl in die Augen und fragte: „Bist du eifersüchtig?“ Louis hasste diesen Hochmut in Nemours’ Stimme, als er das sagte. „Verdammt nein! Ich bin nicht eifersüchtig, warum glaubt mir das denn keiner? Ich find’s nur scheiße, dass du mich anlügst und ich kann diese Julie oder Jurie oder wie auch immer nicht ausstehen!“ „Junie“, verbesserte ihn Nemours, doch Louis riss sich los und brüllte: „Ist mir scheiß egal wie das Flittchen heißt! Ich kann sie nicht leiden, verdammt noch mal!“ „Wollen wir jetzt eigentlich miteinander schlafen oder was?“ Louis warf Nemours auf diesen Kommentar hin einen vernichtenden Blick zu und wandte sich von ihm ab, um sich eine Zigarette aus der Schachtel zu nehmen, die auf dem Schreibtisch lag. Dann setzte er sich aufs Bett und zündete sie sich an. Er nahm einen tiefen Zug und stierte finster auf den Boden. Nemours seufzte und schüttelte den Kopf. Dann kam er auf ihn zu, nahm ihm die Zigarette aus der Hand und zog selbst daran. „Nun stell dich nicht so an“, sagte er schließlich, als er Louis die Kippe wieder reichte. „Junie sehe ich nicht einmal halb so oft wie dich.“ „Ist mir egal wie oft du sie siehst oder nicht siehst“, murrte Louis und ließ sich nach hinten aufs Bett fallen. „Ich hab dir schon mal gesagt, dass ich sie nur nicht ausstehen kann. Außerdem solltest du nicht auf die Idee kommen sie einzuladen, ich steh nicht so auf Dreier.“ „Sie auch nicht.“ Entgegnete Nemours und legte sich vorsichtig auf Louis. Dieser hatte gerade einen Zug genommen und wollte ihn ausstoßen, da legte Nemours seine Lippen auf die des Schülers und saugte den Rauch aus ihm. Dann löste er sich wieder und atmete den Rest aus. „Und was hast du mit Richard McCreeby?“, fragte Nemours dann. Ein ernster Zug umgab seine Lippen. „Richard ist mein Freund, schon seit dem ersten Jahr auf Heathcliff, was soll sonst sein?“ Sein Tonfall fiel bissig aus; unbeabsichtigt. „Natürlich, natürlich“, entgegnete Nemours, doch Louis drückte die Zigarette im Aschenbecher, der zum Glück in Griffweite stand, aus, packte Nemours dann fest am Kragen und zischte: „Halt die Fresse!“ Dann zog er ihn weiter zu sich hinunter und küsste ihn. „Wird Richard nicht eifersüchtig, wenn du immer so lange bei mir bist?“, fragte Nemours, sah Louis durchdringend an. „Wieso sollte er? Alles was ich von ihm zu befürchten habe, ist, dass er Verdacht schöpft…“ Und das war schon längst passiert. Louis war sich sicher, dass Richard im Grunde bescheid wusste, sich aber nicht traute es auszusprechen. Louis hatte genau gewusst, dass Richard nur vorgegeben hatte zu schlafen, als er sich aus dem Zimmer gestohlen hatte und der Londoner fragte sich, was seinem Freund in dem Moment wohl durch den Kopf gegangen sein musste. „Gib mir ’ne Kippe“, murmelte er an Nemours gewandt und dieser erwiderte, als er auf den Schreibtisch griff: „Du rauchst zu viel.“ „Nicht mehr als du“, entgegnete Louis mit der Zigarette im Mund, als Nemours sie ihm anzündete. Schweigen trat ein. Dieses schreckliche Schweigen, wenn man eigentlich nicht schweigen wollte, aber nicht reden konnte. Louis fühlte sich unwohl und irgendwann hielt er es nicht mehr aus, da fragte er: „Was machen wir denn noch, bis wir übermorgen wieder zurückfliegen?“ „Nun, wir müssen noch ins Musée d’Orsay, aber das wird nicht den ganzen Tag dauern. Ich hatte vor euch den Rest des Nachmittags frei zu geben, dann könnt ihr selbst entscheiden, ob ihr allein die Stadt erkunden oder ins Hotel fahren und euch ausruhen oder Koffer packen wollt. Am Abend gehen wir ja dann in „Carmen“ in der Opéra Bastille.“ „Na klasse“, stöhnte Louis, doch Nemours klatschte ihm lediglich auf die Wange und sagte: „Stell dich nicht an, ich muss immerhin überallhin mit und du kannst wenigstens hin und wieder verschwinden um eine zu rauchen, ich muss die ganze Zeit auf deine Klassenkameraden aufpassen.“ „Wir haben doch auch noch andere Aufsichtspersonen“, grinste Louis. „Es würde doch gar nicht auffallen, wenn du kurz verschwinden würdest.“ Nemours musterte ihn daraufhin müde. „Richard vermisst dich sicherlich schon; willst du nicht zurück zu ihm?“ Louis musste sich zusammenreißen, um dem Franzosen nicht einfach eine mitzugeben. Diese arrogante Art wie er ihn musterte und mit ihm sprach. Zum Ficken war er gut genug, aber für alles andere, da war er wieder nur einer seiner zahlreichen Schüler. Scheiß Franzose! Er erhob sich wortlos, drückte die halb gerauchte Kippe aus und begann sich anzuziehen. Nemours hatte sich auf die Seite gelegt und schien gerade am Einschlafen. Wütend ging Louis aus dem Zimmer hinaus und den Gang entlang. Das Licht ging automatisch an und er stapfte barfüßig über den roten Teppich. Hatte er vorhin Socken oder Schuhe angehabt? Es interessierte ihn nicht. Nun stand er vor seiner Tür. Nein! So intelligent um daran zu denken die Karte einzustecken war er natürlich nicht gewesen. Er war so ein Vollidiot! Was sollte er nun machen? Zur Rezeption gehen? In dem Aufzug? Auf keinen Fall. Aber auf dem Flur übernachten konnte er auch nicht. Das hieß, er musste zwangsläufig Richard wecken. Er betätigte die Klingel einmal. Zweimal. Nachdem auch nach dem dritten Mal niemand öffnete, ließ er sich an die Tür gelehnt nieder, zog die Beine an den Körper, verschränkte die Arme über den Knien und lehnte das Kinn darauf. Was für ein Scheißtag! Doch gerade als er überlegte vielleicht doch zur Rezeption zu gehen, öffnete sich die Tür und er kippte, den Rücken voran, gegen Richards Beine. Er blickte auf in das verschlafene Gesicht des Oxforders und beeilte sich aufzustehen, um ihm Rede und Antwort zu stehen. Doch Richard drehte sich nur um und schlurfte wieder hinein, um sich auf sein Bett fallen zu lassen. „Willst du nicht wissen, wo ich war?“, fragte Louis, als er ihm folgte und sich neben ihn setzte. „Bei Nemours, schätze ich. Wahrscheinlich hast du mit ihm über Junie diskutiert oder ihn einfach nur gefragt, was wir morgen machen“, brummte Richard und Louis presste die Kiefer aufeinander; schluckte hart. „Bist du denn gar nicht eifersüchtig?“, fragte er, versuchend seine Unsicherheit zu überspielen, und küsste Richard sanft in den Nacken. Dieser schob ihn weg und entgegnete: „Lass mich, Lou, ich bin müde. Außerdem gibt es doch nichts zum Eifersüchtig sein, oder?“ Nun drehte er sich doch um und sah Louis prüfend in die Augen. Der schüttelte schnell den Kopf, erwiderte aber nichts. Sie sahen sich einen Augenblick schweigend in die Augen, dann fragte Louis: „Darf ich dich küssen?“ „Wieso das?“, fragte Richard etwas irritiert und Louis antwortete, die Arme um ihn legend und ihn an sich drückend: „Weil wir uns nicht einmal richtig geküsst haben, seit wir in Frankreich sind.“ Richard seufzte. Louis wusste nicht genau, was das zu bedeuten hatte, doch gleich darauf versetzte der Rotschopf: „Du bist seltsam geworden, Louis. Sehr seltsam.“ „Darf ich dich trotzdem küssen?“, fragte er, doch statt einer verbalen Antwort, spürte er nun Richards Lippen zart, zurückhaltend auf den seinen und ihm war in dem Moment zum Heulen zumute. Es war ihm nicht recht, wie es lief. Er ging zu Nemours, schlief mit ihm und dann kam er wieder zu Richard, zu seinem Richard und verlangte von ihm, dass er ihn küsste, ihn tröstete, wenn er frustriert war, obwohl er ihn so betrog. Er löste sich wieder von seinem Freund, bevor sie sich überhaupt richtig hatten küssen können und stand auf. Er wandte sich von Richard ab und schluckte schwer. Er wollte nun nicht Richard in die Augen sehen oder ihm gar Rede und Antwort stehen. Aber wo sollte er hin? Das Hotelzimmer hatte nur noch einen abgetrennten Raum: Das Bad, wo er nun auch, leicht taumelnd, hineinging. Was war nur los mit ihm? Warum hatten seine Knie beim Gehen fast nachgegeben? Er hatte sich auf den Badewannenrand gesetzt und schlug sich nun, da er sich über sein Verhalten bewusst wurde, mit der flachen Hand gegen die Stirn. Er war so ein Vollidiot! Nun würde sich Richard wieder unnötig Sorgen machen! Und schon vernahm er das zaghafte Klopfen an der Badezimmertür und hörte, wie Richard eintrat. „Was ist, Lou? Bist du in Ordnung?“ „Ja, alles okay. Mach dir keine Sorgen, der Tag war nur etwas anstrengend.“ Er musste nicht aufsehen um zu wissen, dass Richard ungläubig die Augenbrauen hob. Dazu kannte er ihn gut genug. „Hab ich was falsch gemacht?“, erkundigte sich Richard nun etwas schüchtern. „Du bist sonst noch nie einfach raus gerannt, wenn ich dich geküsst habe.“ „Nein, es hat nichts mit dir zu tun“, beruhigte Louis ihn. „Tut mir leid.“ Er stützte die Stirn in die Hände und atmete tief durch. Was hatte ihn da eben nur überkommen? Was war es, das ihn so übermannt hatte? Richard hatte sich zu ihm niedergekniet und sah ihm besorgt in die Augen. „Du hast aber nichts getrunken oder irgendwas genommen?“, fragte er unsicher, doch daraufhin entgegnete Louis: „Als würde ich Drogen nehmen oder mich ständig zusaufen. Du kennst mich echt wahnsinnig gut…“ und dennoch manchmal besser als ihm lieb war. „Lass uns schlafen gehen“, sagte Richard daraufhin. Er war aufgestanden und hatte Louis den Rücken zugewandt, als er aus dem Badezimmer ging. „Nun sei doch nicht gleich beleidigt!“, rief Louis ihm hinterher und beeilte sich ebenfalls aus dem Bad zu kommen, um Richard einzuholen – die Gedankengänge von zuvor waren vergessen. Der legte sich gerade wieder ins Bett und gähnte: „Ich bin nicht beleidigt, nur müde. Gute Nacht.“ „Gute Nacht“, entgegnete Louis etwas perplex. „Schlaf gut.“ Er stand direkt neben Richards Bett und wusste nicht genau, was er nun tun sollte, doch da zog Richard ihn zu sich hinunter und gab ihm einen langen, sanften Gute-Nacht-Kuss. Sie hatten Zeit bekommen, um sich das Musée d’Orsay noch einmal selbst anzuschauen, doch stattdessen hatte Louis Richard dazu überredet hinauszugehen um eine zu rauchen. „Was machen wir, wenn einer kommt?“, fragte Richard und sah sich nervös um. „Was sollte Nemours denn bitte sagen?“ Louis war entspannt. Er hatte die Geschehnisse der letzten Nacht verdrängt. Richard sah ihn einen Augenblick befremdlich an und sagte dann: „Du bist ja besessen von dem Kerl! Ich meinte eigentlich die anderen Aufsichtspersonen, die dabei sind…“ „Ich bin doch nicht von Nemours besessen!“, lachte Louis daraufhin, doch als Richards Blick, der auf ihm lag, weiterhin ernst blieb, verging ihm das Lachen. „Rich, ich bin nicht…“ Doch der Rotschopf ließ ihn nicht ausreden, sondern unterbrach ihn: „Doch, Louis Macheath, du bist besessen von dem Kerl. Ich weiß zwar nicht genau auf welche Weise, aber du bist es ganz eindeutig.“ „Was…? Was willst du damit sagen?“, fragte Louis verwirrt, versuchte ein Lächeln auf seine Lippen zu zwingen, doch er scheiterte kläglich und Richard sah seufzend weg, nahm einen Zug seiner Zigarette und sagte: „Das was ich sage, Louis, das was ich sage.“ Nun war Louis sprachlos. Darauf gab es nichts zu erwidern, oder? Er wusste zumindest in dem Augenblick nichts. „Mach den Mund zu, Louis, sieht so nicht gut aus“, grinste Richard und übte leichten Druck mit der Hand auf Louis’ Unterkiefer aus, damit dieser den Mund schloss. Dann beugte er sich nach vorne und küsste ihn flüchtig darauf. „Du bist so ein Vollidiot, Rich!“, rief nun Louis aus, nahm seinen Freund in den Schwitzkasten und rieb hart mit seinen Fingerknöcheln über dessen Kopf, bis dieser laut um Gnade flehte. Louis ließ ihn lachend los und blieb aufmerksam, falls ein Racheakt folgte, doch Richard warf ihm lediglich einen affektiert wütenden Blick zu, drehte sich um und ging wieder in Richtung Eingang. Der Londoner eilte sich ihn einzuholen und als er auf gleicher Höhe war, legte er ihm den Arm um die Schultern und lachte: „Richard, du bist einfach zu herrlich!“ Sie kamen gerade rechtzeitig um mitzubekommen, dass sie nun alleine Mittagessen und sich frei in der Stadt bewegen konnten. Louis schnappte während dieser Verkündigung einer der beiden anderen Begleitpersonen Nemours’ anzüglichen Blick auf. Und er wusste genau, was dieser Blick zu bedeuten hatte. Er sagte ihm: „Heute Nachmittag, mein Hotelzimmer!“ Und es war ein Befehl, doch Louis hatte vor ihn zu ignorieren. Sollte Nemours doch zu Junie gehen. Ihm war es gleich, er würde den Nachmittag mit seinem Richard verbringen und da konnte Nemours schauen wie er wollte. „Na los, lass uns gehen, Lou“, vernahm er plötzlich Richards drängende Stimme und sah zu diesem. Er war Nemours’ Blick vollkommen verfallen gewesen. Es war gegen seinen Willen geschehen und er selbst hatte es gar nicht bemerkt. Und erst jetzt bekam er den hauch einer Ahnung davon, wie sehr Nemours ihn in seinen Bann gezogen hatte. Etwas verwirrt folgte er seinem Freund, fasste sich an den Kopf und schüttelte diesen langsam. Er hatte sich schon mit Nemours in dessen Zimmer, in dessen Bett gesehen. Wie konnte ein einziger Blick nur eine solche Wirkung auf ihn haben? „Hey Lou, was ist denn plötzlich los?“ Louis sah wieder zu Richard. Er musste es doch bemerkt haben! Sonst bemerkte er doch auch die kleinsten Vibrationen, die zwischen Nemours und ihm entstanden oder stellte er sich nur ahnungslos? Gott! Er wurde wohl wirklich paranoid. „Nichts, ich war nur gerade in Gedanken“, erläuterte der Londoner und versuchte sich an einem unsicheren Lächeln. Louis stocherte abwesend in seinem Essen herum. Seine Gedanken galten Nemours. Der wartete wohl gerade im Hotel auf ihn. Sollte er vielleicht doch hingehen? Nein! Er war doch nicht besessen von seinem Lehrer, so wie Richard es ihm unterstellt hatte. Er würde nun ganz bestimmt nicht zu diesem gehen. Oder doch? Es verlangte ihn danach, wie es ihn nach einem versauten Test nach einer Zigarette verlangte. Aber er würde standhalten. Eine Sucht reichte. Er aß noch eine Gabel voll Nudeln, um festzustellen, dass sie eiskalt geworden waren, legte dann das Besteck nieder und sah zu seinem Gegenüber. Richard saß ruhig auf seinem Stuhl und beobachtete ihn. Sein Teller war längst leer. Sein Blick machte einen unliebsamen und kritischen Eindruck. „Was starrst du mich so an?“, fragte Louis und lehnte sich zurück, um einen Schluck aus seinem Wasserglas zu trinken. „Wo waren deine Gedanken gerade?“, stellte Richard die Gegenfrage. Louis seufzte genervt auf, lehnte sich nach vorne und sagte: „Auf jeden Fall nicht hier.“ Er war erschöpft von Richards Penetranz. „Hör auf“, entgegnete dieser; er schien äußerlich ruhig, doch Louis wusste, dass er im Innern kochte. Nur warum? „Womit soll ich aufhören?“, fragte er schließlich skeptisch. Richard atmete tief durch, es hörte sich stark nach dem wütenden Schnaufen eines Stiers an. „Ständig an Nemours zu denken! Es kotzt mich an!“ Die Gespräche um sie herum verstummten und sie wurden angesehen. Louis hatte das Gefühl, er würde in sich zusammensinken, als Richard, im Gesicht die Zornesröte, vor ihm stand und alle Leute sie anstarrten. Zu allem Überfluss hatte Richard es auch noch richtig dramatisch gestaltet, sodass er neben der Lautstärke auch sich selbst erhoben hatte und er hatte mit den Handflächen auf den Tisch geknallt, dass das Geschirr gefährlich schepperte. Langsam kamen die anderen Gäste wieder ins Reden, allerdings nicht wie zuvor freudig und ausgelassen, sondern hinter vorgehaltener Hand, immer wieder zu den beiden schauend. „Setz dich wieder hin, Richard“, sagte Louis leise und vermied es ihn dabei anzusehen. Wie er es erwartet hatte, kam Richard seiner Aufforderung nach. „Verhalte dich nie wieder so, wenn du mit mir irgendwo bist.“ „Halt doch die Fresse, ich werd ja wohl noch sagen dürfen was mich nervt.“ Er klang beleidigt. „Dann sag halt was dich nervt, aber wenn du laut werden musst, dann tu es im Zimmer und außerdem bin ich nicht schwerhörig.“ In gewisser Weise war Louis gerade sehr froh darüber, dass sich Richard so aufgeführt hatte, denn so kam er um das Thema herum Richard zu erklären woran er gerade gedacht haben könnte. Der Rotschopf hingegen sah ihn nur wortlos an mit zu Schlitzen verengten Augen. In diesem Augenblick hasste er ihn wahrscheinlich und wahrscheinlich war ihm gerade in diesem Augenblick auch aufgegangen, dass er Louis die Chance gegeben hatte um das Thema drum rum zu kommen. Und das ließ ihn wahrscheinlich zusätzlich auch noch wütend auf sich selbst werden. „Willst du noch ein Dessert oder können wir zahlen?“, fragte Louis beiläufig, schwenkte das Wasserglas in seiner Hand und fand es sehr faszinierend, wie sich die Flüssigkeit bewegte. „Ich will kein Dessert und danke für’s Einladen.“ Gott, war der Junge beleidigt! Louis sah auf und in Richards immer noch verzogenes Gesicht. Er erkannte, dass es keinen Sinn hatte irgendetwas dagegen zu sagen, außerdem war es eine Art von Richard ihm seine Bestechlichkeit in diesem Thema zu zeigen, er sagte förmlich: „Zahl heute für mich und ich sprech dich heute nicht drauf an.“ Mit den Zähnen knirschend machte Louis dem Kellner klar, dass sie zahlen wollten. „Was willst du jetzt machen?“, fragte Louis Richard und der Oxforder zuckte nur mit den Achseln. Ungeduldig zündete Louis sich eine Zigarette an und gab sein Feuer dann Richard. „Entscheid dich, mir is arschkalt“, maulte Louis. Er war gerade verdammt schlecht gelaunt. Zu Nemours zu gehen konnte er in diesem Augenblick also total vergessen. Aber er hatte es ja ohnehin nicht vorgehabt. Außerdem durfte er jetzt Platinkarte für Richard spielen und er hatte das Gefühl, dass er nicht gut aus der Sache herauskam. „Ich bräuchte ’ne neue Jeans“, verkündete Richard und musterte Louis mit gehobenen Augenbauen. Der seufzte innerlich bitter auf und sagte: „Dann lass uns losgehen, Geschäfte gibt’s am Rive Droite.“ Manchmal hasste Louis die Tatsache, dass Richard nicht zu den Vollidioten zählte, sondern in seiner Liga spielte. Und so konnte er sich auch nicht dumm stellen, weil Richard genau wusste, dass er ihn verstand. „Lass uns zu ‚Les Halles’ gehen, da gibt es fast alles“, schlug Richard vor und Louis nickte nur. Er sah sein Geld schon in der Seine, die sie gerade überquerten, praktisch davonschwimmen. Wann hatte er denn mal wieder die Gelegenheit Richard zu erpressen? Früher war es doch immer so gewesen, dass er Richard irgendwas abgeschwatzt hatte. Warum musste sich das denn ausgerechnet jetzt ändern? ‚Eine Jeans’! ‚Eine Jeans’ hatte er gesagt! Und aus der einen Jeans waren drei Jeans, vier Hemden, zwei T-Shirts, ein Paar Schuhe, drei Pullover, ein Blazer, zwei Mützen und ein Schal geworden. Und er hatte doch gesagt ‚Eine Jeans’! Und dann wollte er noch ins Kino. Irgendein französischer Film; „Les chansons d’amour’ oder wie auch immer er hieß. Louis nutzte die Gelegenheit um seinen Kopf auf Richards Schulter zu legen und zu schlafen. Er hatte das Glück, dass er ein ruhiger Schläfer war; ganz im Gegensatz zu Richard, der konnte, wenn er im Bus zum Beispiel einschlief, schon einmal um sich schlagen – mit voller Wucht natürlich – plötzlich irgendetwas brüllen und hin und wieder stand er auch mal auf. Einmal war es sogar vorgekommen, dass er angefangen hatte zu schluchzen und zu weinen. Als der Film vorbei war, weckte Richard ihn sanft und Louis rieb sich verschlafen die Augen, richtete sich auf, während Richard seine Schulter kreisen ließ. Sein Klassenkamerad hatte ihn sanft geweckt, das hieß, er hatte das Schlimmste überstanden. Und er hatte ihn schlafen lassen. Erleichtert streckte sich der Londoner und gähnte herzhaft, während er aus dem Kinosaal ging, dicht gefolgt von Richard, der sich immer noch die Schulter rieb. Louis warf einen Blick auf sein Handy. Viel Zeit hatten sie nicht mehr; es wäre wohl das Beste, wenn sie jetzt zurückgingen. Richard belud ihn auf dem Weg erst einmal mit der Hälfte seiner Einkaufstüten, was strategisch gesehen nicht das klügste war, da er nun Probleme hatte nach einem Taxi zu rufen, doch Louis ging es nicht anders. Aber sie schafften es noch, der Fahrer begrüßte sie und fragte, natürlich auf Französisch, wo sie denn hinwollen. Louis, der auf dem Beifahrersitz saß, sagte ihm ihr Ziel und der Taxifahrer fuhr los, während er sich freute: „Oh, Ihr kommt aus England? Engländer hatte ich lange nicht mehr.“ Er sprach ziemlich gut Englisch, was Louis etwas verwunderte, weil man es meistens auch in England nicht gewöhnt war, dass die Taxifahrer einwandfreies Englisch sprachen. „Ja“, entgegnete er und der Taxifahrer fragte weiter: „Und woher genau?“ „Mein Freund hier ist aus Oxford und ich selbst bin aus London.“ „So? Und was hat euch dazu bewogen nach Paris zu kommen? Ein Sprachaustausch?“ Er lachte, als hätte er einen Scherz gemacht und Louis erwiderte: „So in der Art, wir machen eine Studienfahrt.“ „Von der Schule aus? Wie denn das? Ihr kommt doch aus ganz verschiedenen Städten.“ Er hielt an; Stau. „Wir sind auf einem Internat.“ „Internat?“, fragte der Taxifahrer interessiert und sah zu Louis, der starr auf die Straße blickte. „Und wo liegt besagtes Internat?“ „Zwischen London und Ascot“, erwiderte Louis und war froh, als sich nun Richard einmischte und fragte: „Haben wir morgen früh eigentlich noch Zeit zu packen oder müssen wir das heute Abend machen?“ „Oh? Ihr reist morgen schon wieder ab?“, warf der Taxifahrer ein, bevor Louis antworten konnte. Der ließ sich davon aber nicht stören, sondern antwortete: „Wir sollten heute Abend packen.“ Damit herrschte Stille im Auto. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie endlich ankamen und Louis war heilfroh von diesem geschwätzigen Taxifahrer wegzukommen. Er achtete gar nicht genau auf den Preis, sondern legte dem Fahrer einfach den nächstgrößeren Schein hin und stieg fluchtartig aus dem Auto, ihm war ganz gleich wie viel Trinkgeld der Kerl jetzt bekommen hatte; Hauptsache raus! „Müssen wir heute Abend eigentlich einen Anzug anziehen?“, fragte Richard, als er ihm langsam folgte. Er hatte sich die ganze Zeit elegant aus dem Gespräch herausgehalten und Louis würde ihm dafür am liebsten den Hals umdrehen. „Ja; und Mantel mit Schulwappen.“ Er hatte absolut keine Lust darauf sich an diesem Abend auch noch irgendetwas Kulturelles anzutun. Vielleicht sollte er einfach krank machen. Richard seufzte auch nur auf die Antwort hin, sagte aber nichts weiter, sondern folgte Louis in den Aufzug. Auf ihrem Zimmer war Richard schwer damit beschäftigt seine Tasche zu packen. Louis im Gegensatz dazu lag nur faul auf dem Sofa, aß Chips und sah Fern. „Willst du nicht auch packen?“, fragte Richard irgendwann und Louis setzte sich auf, um sich seinen Freund für einen Moment schweigend zu besehen. Dann ließ er sich wieder träge nach hinten fallen und entgegnete: „Nope.“ „Und wann willst du das dann machen? Heute Nacht?“, fragte Richard weiter und Louis erwiderte erneut: „Nope.“ „Wann dann?“ „Heute Abend“, antwortete er. Richard sah ihn befremdlich an. „Heute Abend? Da müssen wir doch…“ Er hielt inne und warf Louis einen giftigen Blick zu. „Das machst du nicht!“ Louis nickte nur mit dem Kopf und steckte sich erneut zwei Chips in den Mund, sah ungerührt auf den Fernseher. „Ich werd dir aber nicht dabei helfen!“, versuchte er nun sich selbst aus der Affäre zu ziehen, doch ein Grinsen huschte über Louis’ Gesicht und er nickte erneut. Dieses Nicken bedeutete ‚Doch, wirst du’ und Richard wusste es ganz genau. Er seufzte resigniert. „Aber dafür hilfst du mir bei der Fliege. Und du musst mir genau sagen, was du hast.“ Louis jubelte innerlich auf. Er war sich nicht hundertprozentig sicher gewesen, ob Richard es tun würde, aber offensichtlich hatte er doch ein klein wenig ein schlechtes Gewissen, weil er Louis am Nachmittag so ausgenommen hatte. „Deal“, entgegnete Louis und schob sich zufrieden die nächsten Chips in den Schlund. Richard fuhr lediglich fort seine Tasche zu packen. Nicht lange Zeit danach hatte Richard es geschafft seine Tasche zuzumachen. Nun begab er sich an die scheinbar unmögliche Aufgabe sich seinen Anzug anzuziehen. Louis hatte den Fernseher ausgemacht und beobachtete stattdessen Richard. Er selbst hatte sich schon längst Jogginghosen angezogen. Erst einmal kam das weiße Hemd, dann die schwarze Nadelstreifenhose und die schwarze Weste und dann die Glattlederschuhe. „Du hast mir was versprochen, Lou“, erinnerte Richard ihn und Louis grinste, als er ihm das weiße Band entgegenstreckte, mit dem die Fliege gebunden werden sollte. Er erhob sich, legte Richard das Band um den Nacken, unter den aufgestellten Kragen. Doch anstatt gleich die Fliege zu binden, tat er, was jeder in seiner Situation getan hätte: Er zog sanft an den beiden Enden und holte Richard so noch näher an sich, dass sich ihre Körper sanft berührten. Oder taten sie es nicht? Es war gerade dieser Punkt bei dem man es nicht genau bestimmen konnte, aber bei dem es einem dennoch einen Schauer über den Rücken jagte. Er küsste Richard, dessen Ohren sich rot färbten, flüchtig auf die Lippen und begann nun endlich damit die Fliege zu binden. Richard konnte es selbst, das wusste Louis, doch war er meistens zu faul dafür und liebte es, wenn Louis es für ihn erledigte. Richard stand stocksteif vor ihm und Louis schmunzelte in sich hinein. Am liebsten hätte er Richard den Anzug gleich wieder ausgezogen, doch im nächsten Moment musste er schon von ihm ablassen, weil er fertig war. Der Oxforder zog sich, die Ohren noch immer hochrot, sein schwarzes Frack an, nahm sich Mantel und Schal aus dem Schrank und wollte schon losgehen, da blieb er abrupt stehen, ging zu Louis zurück, der sich auf der Lehne des Sofas niedergelassen hatte und fragte ihn: „Was soll ich denn jetzt sagen?“ „Sag, ich hätte heute Nachmittag schon Kreislaufprobleme gehabt und dass ich jetzt über der Kloschüssel hinge und kotze.“ Er grinste seinen Freund an und wuschelte ihm durch das orangerote Haar. „Viel Spaß.“ „Danke“, erwiderte Richard und ging, sich die Haare wieder richtig hinrichtend, aus dem Zimmer. Es dauerte keine fünfzehn Minuten, da wurde geklingelt. Louis setzte seinen kränksten Gesichtsausdruck auf, hielt sich die Hand auf den Magen und öffnete die Tür mit gequältem Blick. Doch als er erkannte, wer vor der Tür stand, wurde seine Haltung wieder aufrecht und sein Blick erlangte wieder die kühle Arroganz, die man von ihm gewohnt war. „Was willst du, Nemours?“ „Kreislaufprobleme, so? Hängst über der Kloschüssel und übergibst dich?“ „Ich hatte keinen Bock auf die Opéra Keine-Ahnung-Wie.“ „Warum bist du heute Nachmittag nicht gekommen?“, fragte Nemours und drängte sich in das dunkle Zimmer. Louis schloss die Tür und murmelte währenddessen: „Komm doch erstmal rein.“ Dann folgte er seinem Lehrer, der es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatte, stellte sich vor ihn und sagte: „Ich war bei Richard.“ „Also bitte!“, lachte der Franzose auf. „Du kannst dich nachts heraus schleichen aber nachmittags nicht zu mir kommen? Du hättest ihn doch einfach zu irgendwelchen andern Jungs dazu tun können.“ „Ich wollte aber mit ihm losziehen. Außerdem hatte ich eben keinen Bock auf dich. Und wir hatten immerhin nichts ausgemacht.“ Nur einen Augenblick später brannte seine Wange von der Ohrfeige, die ihm Nemours daraufhin verpasst hatte. „Was sollte das denn?“, rief Louis wütend. Nemours blieb kühl und ruhig, als er antwortete: „Erstens: Lüg mir nie wieder so dreist ins Gesicht. Und Zweitens: Sprich nie wieder so respektlos mit mir.“ Louis starrte ihn mit offenem Mund an. Nemours schien wirklich sauer zu sein. Und das nur, weil er ihn am Nachmittag versetzt hatte. „Tut mir leid.“ Er wollte es nicht sagen, aber es war einfach über seine Lippen gekommen. Eigentlich wollte er trotzig sein und nicht klein beigeben. Er hätte sich selbst am liebsten gleich noch einmal geohrfeigt. Doch nun spürte er Nemours’ Hand an seinem Kopf, seine Finger fuhren sanft durch sein Haar und er sagte: „Ist schon gut, Louis. Verzeih mir die Ohrfeige, ich habe mich hinreißen lassen.“ Louis nickte und sah zu Boden. Reichte etwa eine Ohrfeige um ihn gefügig zu machen? Um ihn unterzuordnen? Scheißdreck! Nemours legte ihm die Hand sanft an die Wange, hob sein Gesicht an und flüsterte: „Nun sei nicht beleidigt.“ „Bin ich nicht“, entgegnete der Schüler, machte sich von seinem Lehrer los und ging an die große Fensterfront. Es war bereits dunkel geworden und man konnte die Lichter der Straße sehen, die Autos die auf der Straße fuhren. Man hörte die Geräusche, die Passanten und Fahrzeuge verursachten. „Louis“, flüsterte Nemours nun ganz nah an seinem Ohr und legte anschließend von hinten die Arme um ihn, drückte ihn leicht an sich und legte sein Kinn auf Louis’ Schulter. „Was ist?“, entgegnete der und spürte die Gänsehaut unter seiner Kleidung. Sie sahen gemeinsam auf die Straße hinab und Nemours fuhr fort: „Das ist Paris, Louis.“ „Ich war schon oft in Paris“, sagte Louis ungerührt, doch Nemours hatte inzwischen sein T-Shirt hochgeschoben, berührte nun die Haut an seinem Bauch, der sich unwillkürlich zusammenzog. „Nein, Louis. Sieh genau hin.“ Eine blonde Frau mit weißem Mantel, der ihr bis zu der Mitte des Oberschenkels ging, eine enge Jeans darunter und dunkle Stiefel, dazu einen türkisfarbenen dünnen, langen Schal. Sie eilte die Straße entlang. Auf der anderen Straßenseite ein junges Pärchen, Arm im Arm schlenderte es gemächlich auf dem Trottoir, hatte für nichts um sich herum Augen. „Du musst es hören.“ Das Telefon der Blonden klingelte und sie hielt fluchend inne, kramte ungeduldig in ihrer Handtasche, bis sie ihr Handy in die Hände bekam und, weiterlaufend, das Telefonat entgegennahm. Als sie den Namen des Anrufers vernahm verringerte sich ihr Tempo und sie lächelte sanft. Das Pärchen schwieg. Zwischen ihnen herrschte eine Art stilles Einverständnis. Sie mussten nicht sprechen um zu wissen, was der Andere dachte. Und die Gedanken schienen so laut, dass man sie praktisch hören konnte. „Und“, wisperte Nemours und seine Lippen streiften Louis’ Ohr, weswegen dieser bebend Luft holte. Der Franzose zog ihn sanft vom Fenster weg. „Du musst es fühlen.“ Er öffnete die Schlaufe am Bund von Louis’ Jogginghose, zog ihn mit sich auf das linke der beiden Betten. „Scheiße!“, fluchte Louis, als er wieder zur Besinnung kam und sich in Richards Bett wieder fand. „Scheiße!“ Er sprang auf. „Was ist?“, erkundigte sich Nemours halbherzig. Louis stand, die Finger in den Haaren verfangen vor dem Bett und hätte sich am liebsten selbst geschlagen. Er konnte es doch nicht in Richards Bett mit Nemours treiben! Ausgerechnet in Richards Bett! Es war schon schlimm genug, dass es in ihrem gemeinsamen Zimmer passiert war, aber dann auch noch in seinem Bett! Wo er doch ohnehin schon die ganze Zeit eifersüchtig auf Nemours war. „Das ist Richards Bett, verdammt!“ Er schlug sich mit dem Handteller gegen die Stirn und fluchte erneut: „Scheiße!“ „Und was ist daran schlimm? Er wird nichts merken, beruhig dich wieder.“ Nemours seufzte und richtete sich auf. Er angelte neben dem Bett nach seiner Hose, aus deren Tasche er eine Schachtel Zigaretten nahm. Louis allerdings fauchte ihn an: „Du darfst hier nicht rauchen, schon vergessen? Die Schüler bekommen Nichtraucherzimmer!“ „Jetzt hätte ich einen Grund ‚Scheiße’ zu sagen“, murrte Nemours und steckte die Zigarette, die schon zwischen seinen Lippen gesteckt hatte, zurück in die Packung. Louis hingegen dachte in diesem Moment nicht ans Rauchen, sondern setzte sich nun auf sein eigenes Bett und fragte sich, was Richard wohl dazu sagen würde, wenn er davon wüsste. Nemours stand auf, zog sich an. „Gute Nacht, Louis“, sagte er noch, dann ging er aus dem Zimmer und ließ den Jungen allein. Auch dieser begann langsam damit sich wieder anzuziehen und legte sich dann auf das Sofa vor den Fernseher, um seine Aktivität vom frühen Abend wieder aufzunehmen. Doch er achtete nicht auf das Programm. Ihm geisterte immer der Gedanke an Richard durch den Kopf. Er lag schon längst im Bett, schlief schon fast, da hörte er Geräusche von der Tür aus. Er wollte es ignorieren, einfach weiterschlafen, da tauchten die Bilder von Nemours und sich auf, wie sie in Richards Bett verschwitzt und keuchend lagen. Er setzte sich ruckartig auf und wartete darauf, dass Richard den Raum betrat. Er brauchte nicht lange warten, da schwankte dieser herein. „Hey Rich“, grüßte er leise und Richard hielt inne, wandte ihm schwankend das Gesicht zu und fragte, wobei er das Lallen nicht unterdrücken konnte: „Louis? Du bist schon im Bett? Krass!“ Er patschte mit der Hand gegen die Wand, um das Licht anzumachen, doch war an der Seite der Wand kein Lichtschalter. So erbarmte sich Louis seufzend und schaltete seine Nachttischlampe an. „Ich hau mich aufs Ohr!“, verkündete der Rotschopf und stolperte auf sein Bett zu, doch Louis kam ihm zuvor und fragte hastig: „Bist du betrunken? Warst du mit den Jungs noch einen Trinken?“ „Ja, na und? Du wolltest ja nicht mit. Gute Nacht.“ Louis musste ihn unbedingt davon abhalten sich in dieses verderbte Bett zu legen. „Ich hab dich vermisst heute Abend, Richard.“ Es wirkte: Richard hielt inne und sah ihn aus glasigen, verständnislosen Augen an. „Wirklich?“, fragte er und Louis nickte. „Ich… hätte dich auch gerne dabei gehabt, aber die anderen Jungs meinten die ganze Zeit, dass es besser sei, dass du nicht dabei warst. Ich hab nix gesagt, weil ich keinen Ärger wollte, aber eigentlich wäre ich lieber bei dir gewesen. Und du hast mich wirklich vermisst? Ich hätte nicht gedacht, dass du mich vermisst. Natürlich habe ich es gehofft, aber nie daran geglaubt, weil du doch immer so unnahbar bist und mir nie sagst, dass du mich liebst. Ich meine, das brauchst du auch gar nicht, weil ich dich gut genug kenne, um zu wissen, dass du das tust und bei Gott, ja, das tust du. Aber es wäre trotzdem schön das zu hören. Oh Gott, Louis, ich liebe dich. Und bitte sprich mich nie wieder darauf an, was ich gerade gesagt habe.“ Er machte wieder Anstalten sich in sein Bett fallen zu lassen, da eilte sich Louis zu sagen: „Ja! Ja, Rich, ich liebe dich auch. Willst du nicht heute Nacht bei mir im Bett schlafen?“ Er hatte keine Ahnung ob er Richard liebte. Er hatte sich noch nie damit befasst und es war ihm auch eigentlich vollkommen gleichgültig, doch in diesem Moment war es am einfachsten Richard so zu sich zu locken. Der strahlte ihn daraufhin tatsächlich an und murmelte: „Na dann mach mir mal ein bisschen Platz, Lou.“ Erleichtert atmete dieser auf und rutschte etwas näher zur Wand, hob die Decke an und bemerkte beruhigt, wie Richard sich an ihn kuschelte. Er schaltete das Licht wieder aus. Es dauerte nicht lange, da spürte er Richards Lippen auf seinen eigenen. Er schlug die Augen auf und wartete ab. Das Zimmer war nur von den Lichtern, die von der Straße durch die Vorhänge eintraten beleuchtet, dennoch konnte er alles wenigstens Schemenhaft erkennen. Es herrschte Stille im Zimmer. Die einzigen Geräusche kamen vom leisen Summen der Heizung und dem Rascheln der Bettdecke, wenn sie sich bewegten. Außerdem vernahm man hin und wieder die Motorgeräusche der Autos, die auf der Straße vor dem Hotel vorbeifuhren. Und er spürte Richards Hände, die sich einen ungeschickten Weg zu seiner nackten Haut suchten. Unbewusst verglich Louis die Berührungen Richards und Nemours’ miteinander. Der Franzose war wesentlich geübter, routinierter. Er wusste ganz genau wo er Druck ausüben musste, wo er sanft darüber streichen musste und wo er einfach nur kaum berühren musste. Richard hingegen wirkte unbeholfen. Er hatte keine Ahnung von all dem. Und als sich seine ungeschickten Finger Louis’ Hosenbund näherten, hielt dieser sie fest. „Du bist betrunken“, flüsterte Louis und vernahm sofort darauf Richards schmollende Stimme: „Na und?“ Und dann spürte er wieder dessen Lippen auf seinen, wich davor zurück. „Mach doch keinen Fehler!“, bat ihn Louis, doch Richard drehte sich nur um und schnaufte wütend. „Oh Richard“, seufzte Louis, legte seine Arme um den Jungen vor sich. „Du würdest es doch nur bereuen.“ „Gute Nacht“, entgegnete Richard pampig und Louis wusste, dass es keinen Sinn hatte mit ihm zu reden, so küsste er ihn sanft in den Nacken und flüsterte: „Schlaf gut, Rich.“ Ein erneutes Schnaufen war die Antwort. Viel Dank für's Lesen und ich freue mich wie stets über eure Meinungen. LG, Terrormopf Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)