World of Faerûn - 6. Staffel von Kyle (Awakening) ================================================================================ Kapitel 3: Folge 94: Der Biss des Todes --------------------------------------- [Folge 3: Der Biss des Todes] Der Blick auf eine ausgebreitete Karte Faerûns ließ Ashton tief in Gedanken versinken. Phase 1 seines Planes war erfolgreich abgeschlossen und niemand der Thay-Magier würde es wagen, sich ihm in den Weg zu stellen. Trotzdem war er ein vorsichtiger Mensch, weshalb er eine unterirdische Basis bezogen hatte, die ihm vor etwaigen Übergriffen oder Störungen Schutz bot. Die Landkarte war auf einem relativ großen Tisch ausgebreitet und obwohl noch nicht ganz ausgerollt, zeigte sie ihm das Wesentliche. Ein junger Mann in einfacher Tracht trat in die große Halle ein, in der Ashton gerade die Feinheiten der verschiedenen Herrschaftsterritorien analysierte. Der Raum war recht finster gehalten und nur ein einfacher Lichtzauber am Kartentisch erhellte ihn etwas. „Herr, Euer Gast ist nun eingetroffen.“, rief er, seine Stimme in Ehrfurcht geprägt. „Gut, er soll eintreten, Daniel.“, erwiderte Ashton zufrieden und ließ von seiner Aktivität ab. Nach einer kurzen Verbeugung verschwand der junge Diener wieder im Dunkel, um einige Sekunden später, wieder ins Licht zu treten. An seiner Seite führte er einen Gast in die Halle hinein, welcher recht unerschrocken an den Magier herantrat. Er machte erst halt als er den Tisch mit der ausgebreiteten Karte erreicht hatte und offenbarte somit sein ganzes Äußeres. „So, Ihr seid also Jay?“, fragte Ashton zufrieden und musterte den Fremden eingehend. Er hatte langes braunes Haar, das Strähnenweise sein Gesicht einhüllte und trug eine Kleidung, die am ehesten der eines Jägers gleich kam – ganz genau so wie er sich einen Kopfgeldjäger vorgestellt hatte. „Ich bevorzuge … John … John Doyle.“, gab er mit finsteren Blick zurück. Folge 3: Der Biss des Todes Ein strahlender Sonnentag begrüßte Kyren als sie zu früher Morgenstunde erwachte. Es schien ihr fast noch alles wie im Traum, aber Shane war wirklich wieder da und er lebte. Sie hatte noch zu gut in Erinnerung was Nigel ihr erzählt hatte, doch für sie war es wichtiger aus Shane wieder den Jungen zu machen, der er einmal war. Die Mönche der Siedlung hatten sie am Vorabend auf eine Stadt verwiesen, die eine halbe Tagesreise entfernt lag. Obwohl sie in relativer Abgeschiedenheit lebten, schienen sie zu wissen, dass man mit so mancher Mixtur allerlei Gebrechen kurieren konnte. Die Chancen standen nicht schlecht ein solches Getränk dort zu finden das ein Gedächtnis wieder herstellen konnte. Obwohl Kyren es liebte lange zu schlafen und sich im Bett zu wälzen, war sie an diesen Morgen als Erste Reisefertig. Atrix war noch immer im Halbschlaf als sie zum Aufbruch rief. „Jahoo, Leute! Heute wird ein guter Tag. Also raus mit euch aus den Federn. Wir haben noch viel vor!“, rief sie euphorisch, den rechten Zeigefinger gen Himmel gestreckt. „Haben wir?“, fragte Shane gähnend, der es zwar mittlerweile gewohnt war früh aufzustehen, aber doch noch nicht recht in Tritt war. „Ja, Shane. Heute werden wir etwas gegen deine Amnesie tun.“, sagte sie eifrig nickend. „Kann das nicht noch 5 Minuten warten?“, grummelte Atrix unter seiner Bettdecke hervor, was Kyren fast ihre gute Stimmung verdarb. „Nein, kann es nicht! Und nun hoch mit dir!“, schimpfte sie und zerrte ihn unter seiner Decke hervor, ja sogar aus Shanes Behausung heraus. Gut gelaunt marschierte sie wenig später aus der Mönchssiedlung, mit zwei reichlich müde wirkenden Begleitern im Schlepptau. Ashton hatte seinen Gast derweil einen passenderen Ort angeboten um die Details des Arrangements zu besprechen. Hierfür hatte er einen Raum, der bequemere Sitzmöglichkeiten bot, sowie einen Tisch, der mit Früchten und allerlei anderer Speisen gedeckt war. John staunte etwas über die ovalen Fenster, die rund herum verteilt waren und Licht von draußen einließen. Dort bot sich ihm der Blick auf eine fruchtbare Landschaft, was seltsam war, da man sich ja unter der Erde befand. Ashton hatte bereits auf einen der bequemeren Sitze Platz genommen und genoss einen Schluck Rotwein. Er schien die Gedanken seines Gastes lesen zu können. „Lasst Euch nicht verwirren. Das sind kleinere magischere Spielereien. Setzt Euch doch.“, meinte er und bot ihm mit einer Geste einen Platz an. „Dieser Raum liegt in einer anderen Ebene, nicht wahr?“, fragte John nüchtern nach. „Nicht schlecht geraten. Genau genommen befinden wir uns nicht mehr in Thay.“, antwortete er, was gleichzeitig für ihn die Bestätigung war, dass man zuvor durch ein Portal gegangen war. „Ihr seid ein cleverer Mann, John. Das gefällt mir. Dennoch frage ich mich, wieso Ihr an mich heran getreten seid.“, fuhr er fort und nahm einen weiteren Schluck Rotwein zu sich. John bevorzugte es zu stehen und ließ seinen Blick nach draußen zur Landschaft gerichtet. „Ihr habt nach einem Kopfgeldjäger gesucht …“, setzte er nüchtern an. „Oh, kommt schon. Eure Ausrede hätte etwas kreativer ausfallen können. Ich bin mir im vollen Umfang Eurer Natur bewusst, Gestaltenwandler. Ich frage mich, was ein Wesen wie Euch dazu veranlassen könnte, für mich zu arbeiten.“, warf Ashton ein, bevor sein Gast sich vollständig erklären konnte. John schmunzelte etwas als er sich dabei erwischt hatte den Menschen etwas zu unterschätzen. „Wenn Ihr mich so gut kennt, dann müsste Euch doch klar sein, das ich Euch keine ehrliche Antwort geben werde.“, erwiderte er, das Schmunzeln auf den Lippen haltend. Ashton begann ein wenig zu Lachen, hatte er doch nicht erwartet einen solch schlagfähigen Mann vor sich zu haben. Dennoch - ihm schien die Art seines Gastes zu gefallen. „Wisst Ihr. Ich hatte so meine Zweifel einem explanetaren Wesen eine solche Aufgabe zuzuweisen. Aber auf der anderen Seite wäre wohl niemand besser dafür geeignet als Ihr. Gut, lassen wir das Gerede und kommen zum Geschäft. Ich will das Ihr diese zehn Personen hier eliminiert.“, gab er zunächst amüsiert zurück, bevor er ihm eine Liste reichte, die auf ein kleines Stück Papier nieder geschrieben war. John nahm sich den Zettel und warf einen Blick auf die darauf enthaltenden Namen. „Es sind Helden von denen ich gehört habe, Leute die mein Unterfangen gefährden könnten.“, erklärte Ashton in einem Ton, der davon abriet seine Auswahl zu hinterfragen. Dennoch stutzte John beim letzten Namen auf der Liste und hob ihn etwas hervor. „Kyren Cyrissean?“, fragte er. „Ja, ich habe gehört sie hat sich vor einigen Jahren recht wacker gegen einen alten Nesseril-Magier geschlagen und dazu beigetragen das der Avatar des Todes heute nicht auf Erden wandelt.“, bemerkte der Magier beiläufig an, ganz so als hielte er nicht viel von ihr. „Verstehe …“, setzte sein Gast an, wissend dass er nichts weiter zu sagen brauchte. „Ich vermute das Gold das ich als Lohn ausgesetzt habe, interessiert Euch nicht wirklich, oder etwa doch, John?“, fragte Ashton mit neugierigem Blick, während dieser die Liste in einer Seitentasche verstaute. „Wenn Ihr Toril unterwerfen wollt, werdet Ihr Leute brauchen, die Euch bei der Kontrolle unterstützen.“, erwiderte er mit verschlagenen Blick. „Ihr wollt einen Teil des Kuchens? Meinetwegen – so sei es.“, antwortete er recht desinteressiert und griff wieder zum Weinglas. „Ihr könnt nun gehen. Berichtet mir, wenn Ihr Eure Arbeit erledigt habt, dann klären wir die Details. Vielleicht habe ich ja noch eine andere Aufgabe für Euch.“, fuhr er nach einen weiteren Schluck Wein fort und wank ihn hinaus. John neigte nicht dazu länger zu bleiben als unbedingt nötig und ging ohne weitere Geste des Abschieds. Kaum war er gegangen, bildeten sich merkwürdige Schemen, die in ihrem Aussehen einer durchsichtigen Wolke am nahsten kamen. Eine zischende Stimme trat aus der losen Form hervor und mahnte zur Vorsicht. „Eine gute Wahl … doch ihr hättet auf mich hören sollen. Dieser Nigel wird …“, zischte es hervor, bevor Ashton das Wort übernahm. „Ich weiß! Aber dieser Nigel kommt genau wie Ihr aus der Zukunft. Er wird nichts ausrichten können. Alles läuft genau so wie es geplant ist.“, meinte er breit grinsend und nahm einen weiteren Schluck zu sich. „Wie Ihr meint!“, zischte es ein letztes mal hervor, bevor die Schemen verschwanden. Ashtons gut gelaunter Blick verfinsterte sich als er den Raum für sich allein hatte und ein finsteres Schmunzeln legte sich auf seine Lippen. Kyren zeigte sich beinah empört als ihr der örtliche Kräuterkundige von Kenton, einer kleinen Stadt nördlich der Mönchssiedlung gelegen, ihr eine schlechte Nachricht mitteilen musste. „Was?! Soll das heißen Ihr habt keine Mixturen da, die sein Gedächtnis wieder herstellen können?!“, fragte sie noch einmal, ganz so als hoffte sie sich verhört zu haben. Der Laden, den man aufgesucht hatte, war der einzigste der Stadt, der mit solchen Tränken und Kräutern handelte, weshalb es keine örtliche Alternative gab. Das Geschäft war sehr exotisch eingerichtet. Überall standen Regale mit Mixturen, auf manchen lag sogar Zentimeter hoher Staub. „Ja, wie ich schon sagte, Junge … ich beziehe meine Kräuter und Zutaten aus Brexton und die nächste Lieferung ist noch nicht eingetroffen.“, bestätigte er noch einmal und knockte Kyren gleichzeitig geistig zu Boden. Bevor er sich versah hockte die kleine Elfin in einer dunklen Ecke seines Ladens und wimmerte vor sich hin. „Ich bin ein Mädchen … ein Mädchen …“, sagte sie in recht deprimierten Ton, weshalb sich Atrix des Händlers annahm. „Vergesst sie für einen Augenblick. Wann erwartet Ihr denn die nächste Lieferung?“, fragte der Elf, neugierig über den Tresen gelehnt. „Na ja, das ist etwas seltsam. Eigentlich hätte sie schon vor drei Tagen hier sein müssen. Andere Händler in der Stadt beklagen auch den Nachschubmangel.“, erklärte der Kräuterhändler. Shane wurde hellhörig, denn das Ganze warf einige Ungereimtheiten auf. „Warum habt Ihr denn niemanden dort hin geschickt, der sich nach der Lage erkundigt?“, wollte er wissen, wenn gleich er Mühe hatte sich zu entscheiden seine Gefährtin zu trösten oder sich der Sache anzunehmen. „Das haben wir ja. Aber keiner ist seither zurückgekehrt. Selbst die Leute, die die Waren mit ihren Karren ausfahren, sind nicht mehr zurückgekehrt.“, gab der Ladenbesitzer besorgt von sich. „Wenn wir Euch die Zutaten, die Ihr für die Herstellung der Tränke braucht, besorgen können, würdet Ihr uns dann einen solchen Trank gegen Gedächtnisschwund zubereiten?“, fragte Shane mit einem entschlossenen Glitzern in den Augen nach. „Ja, aber selbstverständlich.“, tönte es zurück, was auch Atrix ein Lächeln ins Gesicht zauberte. „Na also, dann werden wir jetzt nach Brexton gehen und herausfinden was dort vorgeht.“, meinte er freudig, zuversichtlich das dieses Problem schon bald gelöst sein würde. „Wie weit ist es bis dort hin?“, fragte Shane mit Blick auf die Wanduhr, die hinter dem Händler hang. „Oh, wenn ihr sofort aufbrecht, könnt ihr es noch zur Abenddämmerung schaffen. Folgt einfach dem Weg aus der Stadt nach Norden.“, erwiderte er freundlich und begann in seinen Schubladen zu wühlen. Einen Moment später hatte er ein Stück Papier gefunden und notierte die Reagenzien die ihm zur Herstellung des Trankes fehlten. „Hier, das sind die Zutaten, die ihr besorgen müsst.“, erklärte er und reichte das Schriftstück bereitwillig an Shane weiter. „Gut, dann brechen wir sofort auf!“, rief Kyren euphorisch, riss ihm das Rezept aus der Hand und streckte den Arm mit dem selbigen in die Luft. Die kleine Kränkung war verdaut und je schneller man die Zutaten besorgen konnte, desto schneller würde man auch Shanes Gedächtnis wieder herstellen können, hoffte sie. Es war fast dunkel als man schließlich Brexton erreichte. Die Stadt war etwas größer als Kenton, wirkte aber im Abendlicht wesentlich unscheinbarer. Eine beängstigende Stille lag in der Luft und ein kühler Wind zog durch die Gassen der Stadt. Mit einer Mischung aus Ratlosigkeit und Furcht im Gesicht hielten die drei Abenteurer inne. „Sieht mir aber reichlich öde aus, hier.“, meinte Atrix unerschrocken, wenn gleich es viel mehr ein Versuch war möglichst lässig zu wirken um seinen Gefährten zu imponieren. Shane sah die Situation schon etwas ernster und suchte die Stadt nach Anzeichen ungewöhnlicher Aktivitäten ab. Kyren ließ sich nicht entmutigen und wagte es ein paar Schritt voraus zu gehen. „Ich glaube nicht dass die hier früher ins Bett gehen als anderswo … hier stimmt etwas nicht.“, sagte sie, wenn gleich diese Annahme viel mehr aus dem Vertrauen in ihren Instinkt beruhte als aus Indizien. Nach kurzer Beredung wagte man es schließlich die Stadt zu betreten und die Geschäfte nach dem Händler für die Zutaten abzusuchen. Immer wieder starrten sie durch die Fenster anderer Läden, hinter dem sich gespenstig wenig tat. Sie waren zwar noch nicht lange in der Stadt, aber bisher waren sie nicht einer Menschenseele begegnet, hatten nicht mal ein Geräusch vernommen, das auf Leben schließen würde. Kyren nahm noch einmal die Liste zur Hand und las sie eingehender durch. Ihr Blick versteifte sich und fuhr bald enttäuscht zusammen. „Was hast du?“, fragte Shane verwundert. „Wenn es hier keine Menschenseele mehr gibt, haben wir ein Problem. Ich habe nicht die geringste Ahnung wie diese Kräuter überhaupt aussehen, die wir besorgen müssen.“, sagte sie in resignierter Haltung und knüllte das Schriftstück zusammen. Einen Augenblick später ließ sie es zu Boden fallen und lehnte sich enttäuscht mit den Rücken gegen eine Haustür. Das zerknüllte Stückchen Papier fand in Atrix schnell einen neuen Besitzer, doch auch der merkte dass ihre Laune am Tiefpunkt war. „Warum muss immer alles so kompliziert sein … warum kann nicht einmal alles auf Anhieb so ablaufen wie ich es mir vorstelle?“, schimpfte sie betrübt und wuschelte sich durchs Haar. Gedanklich schmunzelte sie, als sie daran dachte das Shane mit seinem Gedächtnis jetzt bestimmt eine Lösung eingefallen wäre. Er schaffte es stets Schwierigkeiten zu überwinden und die Hoffnung nie aufzugeben. Es kam ihr beinah verrückt vor das er es in einer gewissen Art und Weise auch dieses mal tat. „Hm … vielleicht gibt es hier eine Bibliothek. Es gibt bestimmt irgendwo ein Buch das Abbildungen der Kräuter enthält.“, sagte er, sich mit dem Zeigefinger gegen die Wange tippend, sein Blick in Gedanken versunken. Die Idee erschien ihr logisch und sogar Hoffnungsvoll, da schrie Atrix auf einmal laut auf. „Was … was ist denn?!“, fragte sie leicht erzürnt. „Da … da … da drin hat sich irgendwas bewegt!“, gab er mit zittriger Stimme zurück und deutete in gleicher Art auf eine gegenüberliegende Taverne. Einen Moment lang war sie geneigt es für Einbildung abzutun, als sie es plötzlich selbst sah. „Ein Golem.“, sagte Shane zur Überraschung aller, obwohl er keine bessere Sicht in das Lokal hatte. „Was … wie … woher willst du das denn wissen?!“, kreischte Atrix panisch, wenig überzeugt von den Worten des Halbelfen. „Es steht am Eingangsschild des Gebäudes.“, erwiderte er und deutet auf ein Schild mit viel sagender Aufschrift. Neugierig beugten sich die beiden Elfen nach vorn und lasen synchron vor. „Barrits Taverne – Golems Inn.“ Von Neugier gepackt entschied man sich das Lokal zu betreten, nicht wissend das man bereits eine ganze Zeit lang beobachtet wurde. Auf der gegenüberliegenden Seite eines anderen Hausdaches hockte eine dunkle Gestalt im Schutz der Dunkelheit, die sehr genau jede Bewegung der Elfenmagierin beobachtete. Drinnen in der Taverne sah man alsbald die Bestätigung dass ein Golem dort drin hausierte. Er stand beinah regungslos hinter dem Tresen und putzte Gläser und Geschirr. Der Golem war aus Holz gebaut, das jedoch sehr fein geschliffen war. Dadurch wirkte er sehr edel und weniger wie eine Kampfmaschine. Trotzdem maß er etwa 2 Meter an Höhe und war breit gebaut. Er hatte beinah menschliche Finger und wirkte bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Sein Gesicht wirkte hohl und starr, er schien seine Gäste nicht einmal zu bemerken. An der Wand hinter dem Tresen hingen einige Bilder auf dem der Golem zu sehen war. Auf einigen posierte er mit vermeintlichen Besuchern der Gaststätte, häufiger mit einem einzelnen Mann. Für Shane war es nicht schwer eins und eins zusammen zu rechnen. „Tja, ich würde mal sagen, dieser Golem hier ist so was wie eine Attraktion dieser Taverne hier.“, sagte er während er sich die Bilder in aller Ruhe ansah. Atrix versuchte sich darin dem Golem einige Informationen zu entlocken, doch dieser hielt es nicht einmal für nötig ihm eines Blickes zu würdigen. „Was stimmt mit dem nicht?“, fragte er leicht verstimmt und wedelte mit seiner Hand vor dessen Gesicht herum. „Es ist ein Golem. Man kann ihn auf bestimmte Dinge programmieren, aber er hat keinen eigenen Willen. Er reagiert nur auf die Dinge, die man ihm beigebracht hat. Ich werde versuchen mit einem Zauber seine Programmierung zu ändern. Vielleicht kann er uns ja sagen was hier eigentlich geschehen ist.“, gab Kyren bedächtig von sich und wagte sich mit einem gekonnten Sprung hinter den Tresen. „Ist das nicht gefährlich?“, fragte Shane unsicher. „Nicht für mich.“, meinte sie und zwinkerte ihm zu. Sie wollte gerade ihre Magie wirken, da spürte sie die Hand des Wesens an ihren Kragen. „Niemand darf hinter dem Tresen.“, sagte das Wesen in emotionslosen Ton und setzte Kyren prompt auf einen der Tresenstühle ab. Der Schreck stand den drei Abenteurern einen Augenblick später noch ins Gesicht geschrieben. Verlegen begann sich Kyren am Hinterkopf zu kratzen, wohlwissend das ihre Aktion leichtsinnig gewesen war. „Nur ein kleiner Rückschlag.“, sagte sie, gezwungen kichernd, wogegen ihre Gefährten noch etwas zu brauchen schienen um ihre Nerven wieder zu beruhigen. Schließlich probierte es Kyren ein zweites mal das Wesen mit ihrer Magie zu manipulieren – mit Erfolg. Sie wirbelte mit ihrem Armen während sie ihre Magieströme in den Golem fließen ließ. Ihre Augen waren geschlossen und sie wirkte regelrecht entspannt dabei. Es war als ob sie einen durchsichtigen, Schleier webte, der den Golem langsam umschlang. Nach nicht einmal einer Minute war der Zauber beendet, das Wesen aus Holz hatte nicht einmal gezuckt und die ganze Prozedur ohne Widerstand über sich ergehen lassen. Kyren lächelte und wand ihren Kopf in Richtung ihrer Freunde. „Wir können ihn nun befragen.“, verkündete sie stolz. Shane setzte sich zu ihr und wagte als erster eine Frage zu stellen. „Was ist hier geschehen? Wo sind all die Bürger der Stadt?“, fragte er ungehemmt drauf los. „Ich nicht wissen. Menschen die kamen um zu trinken, nicht mehr gekommen, Menschen die nach oben gingen um zu schlafen, nie wieder herunter gekommen. Menschen weg nun.“, antwortete er und brachte wenig Aufschluss über den Verbleib der Bewohner. „Wo ist dein Meister?“, wollte Kyren wissen. „Meister sein gegangen. Meister sagen ich aufpassen auf zu Hause bis er zurückkommen.“, tönte es aus Richtung des Golems. Die Abenteurer wendeten sich beinah desinteressiert ab „Ob er wirklich die Wahrheit sagt? Vielleicht weiß er ja noch mehr?“, mutmaßte Atrix. „Nein, Golems wissen nicht wie man lügt oder was eine Lüge ist. Das ist sehr unwahrscheinlich. Allerdings reicht sein Intellekt auch nicht aus als das er begriffen hat, was hier geschehen ist. Wir tappen weiter im Dunkel.“, entgegnete ihm Kyren rasch, wenn auch etwas enttäuscht über das Resultat ihrer Magie. Shane formulierte derweil eine letzte Frage nachdem seine Gefährtin ihm dafür das passende Stichwort gegeben hatte. „Können wir ein Zimmer haben?“, fragte er höflich. Für diesen Tag sollte es genug sein. Es würde bald dunkel werden und es lag nicht viel Sinn darin sich unnötig in Gefahr zu begeben. Ingesamt standen ihnen acht Zimmer zur Auswahl, doch Atrix versuchte sich mit Kyren ein Zimmer zu teilen. Sie hatte das erst beste gewählt und merkte recht schnell was ihr elfischer Gefährte vorhatte. Dennoch war es Shane der beiden abriet dieses Zimmer zu betreten. Auch er hatte zunächst ein zufälliges Zimmer gewählt, blieb aber dabei die Tür einen Spalt weit zu öffnen. „Nehmt lieber ein anderes Zimmer.“, wies er seine Gefährten an, deren irritierter Gesichtsausdruck schnell verriet, dass sie nicht recht verstanden warum sie das tun sollten. „Diese Räume haben ein kaputtes Schloss. Sucht lieber einen Raum, den man abschließen kann. Ich will nicht das einer von uns … auch nicht mehr runterkommt.“, erklärte er mit bedächtiger Stimme und einen ebensolchen Blick. Atrix machte sich fix daran ein Zimmer nach dem anderen nach einen unbeschädigten Schloss abzuklappern, auf das er es Kyren anbieten konnte. Sie wusste sich selbst zu helfen und fand das letztendlich einzige Zimmer mit intaktem Schloss. Ihr Herz pochte etwas heftiger als sie realisierte was das bedeutete, so dass sie erst gar nicht mehr vom Türgriff abließ. „Nur ein Zimmer?“, staunte Atrix halb verzweifelt auf ein Stück Stoff beißend. An sich kam ihm das recht, aber nun musste er es auch mit Shane teilen. Das Zimmer bot einen weiteren Nachteil - das darin befindliche Bett bot nur einer Person Platz darauf zu schlafen. Bevor es zu einer Entscheidungsschlacht um die bequemste Schlafmöglichkeit kam, legte Shane die Verteilung fest. „Kyren, du nimmst das Bett, wir lassen uns daneben nieder.“, sagte er mit bestimmenden Tonfall. Kyren wollte widersprechen, doch ihr Erstaunen über seine Entscheidung ließ ihre Stimme schweigen. Die Nacht verlief ruhiger als angenommen, auch wenn es angesichts der Geisterstadt in der man sich nieder gelassen hatte, keine große Verwunderung war. Shanes Träume hielten sich meist friedlich, wenn er überhaupt träumte. Dieses Mal waren seine Träume jedoch anders als gewohnt. Ein Mädchenlachen durchströmte seine Traumwelt und als er die Augen öffnete fand er sich auf einer endlos grünen Wiese wieder. Die Sonne strahlte und erhellte ein jedermanns Gemüt das von ihren Strahlen getroffen wurde. Das freudige Lachen des Mädchens wurde lauter. Als er sich umdrehte entdeckte er sie, wie sie in der Wiese tollte und ihm immer wieder ein Lächeln schenkte. Ein Baum hinter ihr warf einen kühlenden, wenn gleich verdunkelnden Schatten auf ihr Gesicht. Er konnte weder ihr Gesicht sehen, noch wusste er wer sie war. Dennoch strömte sie eine solch angenehme Wärme aus das er sich zu ihr hingezogen fühlte. Ihm fehlten nur noch wenige Meter um sie zu erreichen, da ließ ihn eine vertraute Stimme abrupt stoppen. „Eigenartig, nicht wahr?“, tönte es hinter ihm hervor. Die Wiese wurde plötzlich zur Wüste und ein heftiger Wind kam auf. Genauso wie der Wind das Gras hinfort trug, so verschwand mit ihm auch das Mädchen. Shane war wütend, aber auch verwirrt, weil ihm sein schöner Traum genommen worden war. Geblieben war der Mann, der zu ihm gesprochen hatte. Er hatte ihn mittlerweile als Weißen Falken kennen gelernt und sah ihn in seiner üblichen Tracht gekleidet, die Hände lässig in den Hosentaschen versunken. „Was meint Ihr?“, fragte er nach als er bemerkte, dass er die Frage eigentlich gar nicht richtig verstanden hatte. Er erwartete eine Antwort, doch stattdessen nahm der Meisterdieb einen kleinen Spiegel aus seiner Hosentasche hervor und hielt ihn in seiner rechten Hand. Der Spiegel reflektierte das einfallende Licht so stark das Shane sich geblendet abwenden musste. „Das du noch lebst!“, tönte es in ungewöhnlich schroffen Ton zurück. Es gelang ihm sein Gesicht aus der Blendung zu befreien, doch was er sah, ließ ihn förmlich erstarren. Der Mann in weiß hielt eine Art Waffe auf ihn gerichtet, die von der Bauform her am ehesten einer tragbaren Kanone glich. Er hielt die Waffe oder was immer es war auf die rechte Schulter gestützt, den Lauf auf den Halbelfen gerichtet. Bevor dieser etwas erwidern konnte, drückte sein Gegenüber ab. Shane sollte nicht mehr erleben was danach geschah, doch der Schmerz der ihm in Traum durchfuhr, verfolgte in selbst bis ins Bewusstsein. Einen Augenblick später war er aus dem Schlaf erwacht, geplagt von starken Schmerzen, die seinen Körper aus der Traumwelt gefolgt waren. Zunächst zweifelte geträumt zu haben, doch das Bild das sich ihm nun bot wirkte realer. Kyren schlief friedlich in ihrem Bett. Er wollte sich bereits wieder zur Ruhe legen, da vernahm er ein eigenartiges Geräusch. Es klang wie ein Stampfen, das vom Flur zu kommen schien. Es war zu leicht für den Golem und zu schwer für einen Menschen. Neugierig richtete er sich auf und lauschte dem näher kommenden Laut. Atrix, der neben ihm schlief, griff im Traum seinen Arm in der Annahme dass er einem hübschen Mädchen gehörte. Shanes versuch sich loszureißen endete damit das er den Elfen weckte. „Hm? Wie? Was?“, murmelte er und versuchte sich neu zu orientieren. Shane deutete ihn an, keinen weiteren Muchs von sich zu geben und als Atrix nur eine Sekunde später ein Geräusch in Türnähe hörte, verstand er auch warum. Beide waren schlagartig hellwach, während Kyren friedlich weiter schlief. Federleise tasteten sich die beiden bis zur Tür hervor und lauschten in die Nacht. Es war so still geworden, dass es schon fast unheimlicher war wie das Schrittgeräusch von zuvor. Ein unwohles Gefühl durchströmte Atrix, der Shane gestisch anwies doch einmal nachzusehen, wer dort zu solch später Stunde vor der Zimmertür zum stehen gekommen war. Der Halbelf wagte zunächst nur einen zögerlichen Blick durch das Schlüsselloch. Ein Mensch hätte in der Dunkelheit wahrscheinlich nichts erkannt, doch Wesen seiner Rasse, konnten unter diesen Bedingungen noch etwas besser sehen. Er schluckte tief als er dort den Teil einer Gestalt zu erkennen glaubte. „Wer ist es?“, flüsterte Atrix und brach somit die Stille, so dass Shane wieder vom Schlüsselloch abließ. „Ein nackter Mann?“, erwiderte er in fragender Unwissendheit, schlussfolgernd aus dem was er gesehen hatte. Es sollte sich als Fehler heraus stellen, die Stimme zu erheben, denn nur einen Augenblick später durchschlug eine Hand die Holztür und schlang sich um Shanes Hals. Atrix schrie panisch auf und wich zurück, während sein Gefährte von einer grauen Hand regelrecht durch die Tür gerissen wurde. Kyrens Schlaf war nicht so tief, das all der Krach sie nicht aufschrecken ließ und so war sie die erste, die das Wesen in voller Größe sah, das Shane gerade an sich gerissen hatte. Wenn gleich der Körper der Kreatur beinah menschlich wirkte so war seine Haut doch grau und haarlos. Der Kopf war lang und unförmig, erinnerte am ehesten noch einem deformierten Totenschädel. Der Anblick des Wesens ließ sie erschaudern, doch dieses Gefühl wich rasch als sie ihren Gefährten in Gefahr sah. Dieser gab sich recht verbissen und legte seine ganze Kraft gegen das Geschöpf um es mit sich durch die gegenüberliegende Zimmertür zu reißen. Unter der Wucht des Aufpralls brach auch die zweite Tür an diesem Abend in Stücke. Der Schauplatz hatte sich auf das Gästezimmer gegenüber verlegt, was die Situation aber nicht merklich entspannte. Shane war es zwar gelungen sich aus den Fängen des Wesens zu lösen, doch das Glück war ihm an diesem Abend nicht hold. Der Boden auf dem er gelandet war, offenbarte sich als zu alt und brüchig um sein geringes Gewicht zu halten. Kaum aus seiner misslichen Lage befreit stürzte er unter dem nachgebenden Boden in das Erdgeschoss. „Shane!“, rief Kyren besorgt und sprang auf. Die Kreatur blieb auf ihrer Etage zurück und raffte sich bereits wieder auf. Die junge Elfenmagierin zögerte nicht der Existenz dieses liderlichen Wesens ein Ende setzen zu wollen und schleuderte ihn einen Feuerzauber entgegen. Die magische Kugel explodierte beim Aufprall auf der grauen Haut des Monsters und katapultierte es mit einer heftigen Explosion aus dem Gasthaus heraus. Atrix stellte mit erschrecken fest das der Zauber beinah das ganze Zimmer zersprengt hatte, aber zumindest war die Gefahr gebannt. „Was … was war das?!“, fragte er mit zittriger Stimme. „Ich bin mir nicht sicher. Komm – lass uns nach Shane sehen.“, erwiderte sie mit ernstem Blick. Unten angekommen, sah man Shane unter Trümmern liegen, jedoch gerade dabei sich wieder aufzuraffen. „Shane! Alles in Ordnung?“, rief seine herbeieilende Gefährtin und half ihm auf. „Ja, es geht schon. Ich fühl mich als wäre ich durch die Decke gefallen.“, erwiderte er mit leicht schmerzverzerrten Gesicht, behielt sich aber eine Priese Humor bei. Während der Golem hinter den Tresen bereits einen Besen suchte um die Unordnung zu beseitigen, schien Atrix bereits mit dem nächsten Übel konfrontiert zu sein. Mit zittriger Hand deutete er nach draußen, denn was er dort sah, ließ ihn ahnen das es noch lange nicht vorbei war. „Freunde … seht doch.“, sagte er mit nervöser Stimme und lenkte somit die Aufmerksamkeit der beiden auf die zahlreichen Gestalten, die vor der Taverne bereit standen. Sie unterschieden sich zwar in der Größe, glichen aber im Aussehen dem Wesen, das man gerade bekämpft hatte. Die Augen der Abenteurer weiteten sich als man feststellte, dass man komplett umzingelt war. „Das ist nicht gut, oder?“, fragte Atrix mit Bangen Blick zu seinen Freunden. „Das sind Bodaks, nicht wahr?“, merkte Shane an, ohne auf die Frage einzugehen. Kyren war etwas überrascht das ihr amnesiegeschwächter Mitstreiter diese Kreaturen identifizieren konnte, aber es gab ihr Hoffnung das sein Unterbewusstsein wichtige Erinnerungen behalten hatte. „Was ist ein Bodak?!“, wollte Atrix wissen, hoffend das man aus der folgenden Erklärung eine Schwäche des Wesens herauslesen konnte. „Ich bin mir nicht sicher. Ein Wesen das durch eine Berührung des absolut Bösen zerstört wurde. Es sind Untote … aber es waren mal Menschen.“, gab Shane bedächtig zurück, wohl selbst überrascht darüber woher er dieses Wissen hatte. Das allein reichte Kyren aber bereits um selbstsicher nach draußen zu laufen um sich den Scharen von Bodaks entgegen zu stellen. „Warte! Wenn du ihnen zu nahe kommst, verwandeln sie dich in einen von ihnen!“, rief Shane ihr besorgt nach. Kyren schenkte ihm ein Lächeln ohne einen Hauch von Zweifel oder Furcht, ganz so, als war sie sich ihrer Sache sehr sicher. „Wenn sie Untot sind, vertragen sie bestimmt kein Sonnenlicht!“, führte sie, draußen angekommen, als Erklärung an. Ohne zu zögern beschwor die Elfenmagierin einen Flächenzauber herbei, der die Nacht für diese Wesen zum hellsten Tage machen sollte. „Sonnenfeuer!“, rief sie laut aus und vollendete somit ihre Magie, die wie ein flammendes Inferno auf den Bodaks niederging. Eine helle Kugel aus Magie hatte sich in nach oben ausgestreckten Händen der Elfin gebildet und ließ die Gegend um sie herum Taghell und noch heller erscheinen. Schlagartig finden die Bodaks Feuer und schrieen ihre Pein laut heraus. Für einen Moment wirkte Kyren schon wie der Sieger, doch etwas durchschlug ihre magische Kugel und löste sie damit auf. Das Licht erlosch schlagartig und die Bodaks waren noch einmal mit leichten Verbrennungen davon gekommen. „Was?!“, gaben Shane und Atrix erstaunt von sich. Auch Kyren schien nicht recht zu verstehen was passiert war, hatte aber bemerkt wie ein Zauber ihren Zauber durchschlagen und somit gestoppt hatte. „Was war das?“, fragte sie verwundert, während ihre Gefährten nach draußen zu ihr eilten. Die Bodaks waren nun klar im Vorteil, aber sie griffen nicht an. Stattdessen begannen sie eine Art rhythmischen Gesang und ihre huldigende Haltung ließ darauf schließen dass sie jemand anbeteten. „Onegato, Onegato!“, tönte es immer wieder aus ihren Reihen, in einer Art und Weise das es fast einer Beschwörungsformel gleich kam. Aus ihren Reihen trat plötzlich eine Gestalt hervor, die sich von den Bodaks unterschied. Es handelte sich um einen Mann, der sich an einen Zauberstecken stütze. Er humpelte und ging auch mit recht krummer Rückenhaltung. Das Mondlicht erhellte bald schon sein bleiches Gesicht, wie auch seine rot-bräunliche Tracht, die einer abgetragenen Magierrobe glich. „Ihr wagt es meine Lieblinge anzugreifen?! Wer seid ihr?!“, fragte der Mann, der mit Sicherheit nicht mehr im Reich der Lebenden wandelte. „Wir sind Reisende! Diese Kreaturen haben uns angriffen!“, erwiderte Kyren mutig. „Dann seid ihr keine Götter?!“, wollte der Fremde wissen. Die drei Abenteurer sahen sich einen Moment ratlos an. Keiner wusste so recht, wie man auf solch eine Frage antworten sollte. „Eh … nein.“, sagte Shane schließlich. „Dann sterbt!“, schrie der Mann und befahl seinen Dienern mit einer Geste den Angriff. Kaum war der Befehl ausgesprochen huschte ein Schatten über die drei Gefährten hinweg und landete hinter dem seltsamen Mann. Es bedurfte nur zwei gezielter Schwerthiebe um diesen zu Boden zu bringen. Der erste durchtrennte eines seiner Beine, der zweite den Schädel vom Kopf. „Los Kyren – noch einmal deine Magie!“, befahl der Retter, der soeben ins Geschehen eingeschritten war und Kyren folgte ihm bedingungslos. Abermals beschwor sie ihre Magie und dieses mal wurde sie nicht unterbrochen. Die vielen Bodaks gingen in Flammen auf und zerfielen zu Asche. Das Spektakel dauerte nicht lange, aber es reichte um die Kreaturen zu besiegen. Schließlich offenbarte sich der Fremdling, der zu Hilfe geeilt war. Kyren war froh ein bekanntes Gesicht zu sehen als er sich ihnen zuwendete. „Nigel!“, rief sie erfreut, während dieser sein Schwert wieder wegsteckte. „Was machst du denn hier?“, wollte sie wissen. Nigel lächelte vergnügt, ein Lächeln das ihn jegliche Bedrohlichkeit nahm. „Ich habe euch beobachtet. Tut mir Leid das ich nicht früher zu Hilfe gekommen bin, aber jeder Kontakt mit euch untersteht einen gewissen Risiko.“, erklärte er sich und trat näher. Shane war sichtlich verwirrt, hoffte darauf dass der junge Mann mit dem Zopf nicht eine vertraute Gestalt aus seiner Vergangenheit war. Er war sich sicher den Namen des Mannes bereits einmal gehört zu haben und erinnerte sich an das was ihn Kyren bei ihren ersten aufeinander treffen erzählt hatte. Nigel beruhigte ihn mit einem freundlichen Blick, fast so als konnte er seine Gedanken lesen. „Es freut mich das Kyren dich gefunden hat, Shane. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Wir sind uns vorher noch nie begegnet. Mein Name ist übrigens Nigel.“, sagte er mit freundlichen Ton und reichte ihm die Hand. Shane erwiderte die Geste, fühlte sich aber etwas unwohl dabei, dass ein Fremder so viel von ihm zu wissen schien. Trotz des freudigen Wiedersehens stießen die Umstände bei Atrix auf Besorgnis. „Wer war dieser seltsame Mann?! Was geht hier vor?!“, fragte er etwas aufgebracht und erhielt eine nüchterne Antwort. „Dieser Mann hieß Onegato. Bis vor kurzem war er ein hochrangiges Mitglied der Roten Magier von Thay und ein herausragender Hexenmeister. Ashton Scu’l hat jedoch seit kurzem die Kontrolle über die Roten Magier übernommen und fast alle aus dem hohen Rat getötet. Einige von Ihnen hat er als Untote oder Dämonen wieder belebt und in die Welt hinaus geschickt, auf das sie Chaos und Verderben verbreiten.“, erklärte Nigel bereitwillig. Die Abenteurer nahmen seine Aussage beunruhigt zur Kenntnis, wenn gleich es noch viel mehr zu erzählen gab. „Dann will er die Welt mit den Überresten der mächtigsten Männer von Thay unterwerfen?“, fragte Atrix neugierig. „Nein!“, widersprach Nigel streng. „Er will sich selbst profilieren. Indem er die Welt von derartigen Plagen befreit, will er das Vertrauen der Menschen gewinnen.“, ergänzte er. So perfide es klang, so unglaublich wirkte es auch. „Was genau hat Ashton vor?“, fragte Kyren verwirrt. „Totale Kontrolle, die Unterwerfung der gesamten Welt, ohne Rücksicht auf Verluste. Wenn er es schafft die Menschen davon zu überzeugen dass er ihr Erretter ist, wird man ihm willig folgen und sein Handeln nicht in Frage stellen. Nur sehr wenige wissen, dass er für die meisten der Plagen verantwortlich ist, die Toril heimsuchen werden. Ashton wird Mittel und Wege finden, diese Welt systematisch nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Das darf nicht geschehen!“, erzählte er mit düsteren Blick. „Ja, du scheinst sehr viel zu wissen. Vielleicht sollten wir uns zusammen tun und …“, setzte Shane an, bevor er ihm das Wort entriss. „Nein! Ich kann leider nicht bei euch bleiben. Das würde alles in Gefahr bringen. Ich habe Grund zur Annahme dass mir etwas gefolgt ist, etwas das mich beobachtet und meinen Plan gefährdet Ashton zu stoppen. Wenn es wir uns zu früh zusammen tun wird es ein leichtes sein mich zu durchschauen.“, gab er mit strengen Blick zurück. Er schien regelrecht verängstigt, beinah paranoid, wenn gleich er die Gefahr nicht konkretisierte, die ihm folgte. Shane zeigte Verständnis und zog es vor keinen Einwand zu erheben. „Ich muss nun los. Aber bevor ich gehe, möchte ich euch noch etwas geben.“, sagte er und nahm einen kleinen Beutel unter seiner Tracht hervor. „Hier, ich glaube das sind die Kräuter, die ihr für die Mixtur braucht.“, erklärte er und drückte den Beutel in die Hände des sichtlich verblüfften Halbelfen. Kyren kam nicht einmal dazu ihm zu danken, so schnell machte er sich bereits wieder auf den Weg. „Warte – ich habe noch so viele Fragen.“, rief sie, doch er wank schnell ab, ohne sich ihr zuzuwenden. „Zu gegebener Zeit … zu gegebener Zeit.“, erwiderte er lediglich und verschwand im Dunkel der Nacht. Kyren wirkte ratlos und unwissend, denn so blieb ihr nur ein Gefühl, dass ihr sagte was es mit dem jungen Menschen auf sich hatte. Tags darauf, in Kenton angekommen, strahlte ihr Gesicht bereits wieder als der Inhaber des Alchemieladens ihr mit Hilfe der Zutaten einen Trank braute, der Shanes Gedächtnis wieder herstellen sollte. Er hatte kaum den Korken auf das kleine Fläschchen mit der frisch gebrauten Flüssigkeit gesteckt, da riss sie es ihm schon aus der Hand. „Vielen Dank für Ihre Mühe.“, sagte sie und verbeugte sich höflich. Shane und Atrix warteten bereits vor dem Geschäft auf sie. Eine Bank lud dank des schönen Wetters zum Sonnenbaden ein. Keiner der beiden wusste mit Sicherheit wie oft man dieser Tage noch Gelegenheit dazu haben würde, denn die friedliche Idylle war trügerisch, wenn man wusste dass sie nicht von Dauer sein könnte. Kyren strahlte über beide Ohren als sie voller Stolz den Trank präsentierte und ihn Shane reichte. „Hier, das wird dir sicher helfen.“, sagte sie und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. Er wirkte noch etwas unsicher, bedacht darauf was wohl passieren würde, wenn er die lila schimmernde Flüssigkeit erst einmal schlucken würde. Vielleicht gab es Nebenwirkungen von denen er nichts wusste, doch jeden Moment den er zögerte, machte seine beiden Gefährten nur noch ungeduldiger. Vorsichtig nahm er den Korken aus dem Fläschchen und führte sie zu seinem Lippen, seinen Kopf leicht nach hinten neigend, damit der Trank mit dem furchtbaren Geschmack schnell über seine Zunge hinunter fließen lassen konnte. Kurz bevor der erste Tropfen seine Lippen berühren konnte, stoppte er auf einmal abrupt. Seine leichte Kopfneigung ließ eine Gestalt in sein Blickfeld geraten, die ihn sehr genau vom Dach eines Hauses aus beobachtete. Der Mann in Weiß tat nicht viel um seine Position geheim zu halten, ganz so als wollte er entdeckt werden. Shane setzte das Behältnis ab, bevor auch nur ein Schluck in seinen Rachen fließen konnte und fixierte sich voll und ganz auf den Mann, der sich ihm bereits als Weißer Falke offenbart hatte. „Stimmt etwas nicht?“, frage Kyren mit besorgter Miene. „Seht …“, sagte er und wies seinen Gefährten mit einen Fingerzeig an, wen er gesichtet hatte. Irritation breitete sich in den Gesichtern den Abenteurer aus als in diesen Moment nichts mehr an besagter Stelle zu sehen war. Kyren zweifelte und warf einen Blick auf Shane. Dieser wirkte selbst etwas verunsichert, fragte sich womöglich ob er halluzinieren würde. „Ich … ich weiß nicht was du gesehen hast, aber ich denke du solltest den Trank zu dir nehmen.“, gab sie schließlich mit zögerlicher Stimme von sich und deutete auf das kleine Fläschchen. Shane erinnerte sich an seinen Traum und irgendetwas sagte ihn, dass der Mann in Weiß mehr wusste als er preisgab und das er in irgendeiner Verbindung zu ihm stand. Nur war es ihm bisher nicht möglich hinter das Geheimnis des Diebes zu sehen. Schließlich nickte Shane und trank die Flüssigkeit mit einen Zug aus. Seine Mimik verriet dass sie furchtbar bitter geschmeckt haben musste. „Und … kannst du dich … erinnern?“, fragte Atrix vorsichtig. Shanes Miene verkrampfte als er sich zu erinnern versuchte. So sehr er sich auch konzentrierte, so sehr er sich auch mühte, sein bisheriges Leben blieb schwarz. Eigenartige Bilder füllten seine inneren Augen, Bilder, die er aus seinen Träumen kannte. Der Mann in Weiß stellte sich klar und deutlich in seiner Erinnerung dar. Er schien zu lächeln, doch nach einen kurzen Blinzeln, richtete er dieselbe Apparatur auf ihn, wie zuvor in seinen Träumen. Grelles Licht blendete ihn und Schmerz ereilte durchfuhr seinen Körper, die seine Vision schließlich enden ließ. Shane legte seine Hände an seinen Kopf und versank auf seinen Schoß. „Ich … ich kann mich nicht erinnern. Ich weiß nicht was mit mir passiert ist!“, schluchzte er, teils vor Verzweiflung, teils vor Schmerzen. Alles was er wusste war das der Meisterdieb ihm die Antworten geben konnte, die er suchte und niemand anderes. Kyrens Miene verschwand im Schatten als sie feststellte dass der Trank nicht gewirkt hatte. Sie hatte so sehr gehofft, dass am Ende dieses Tages wieder alles so wie früher sein würde, doch in letzter Zeit ereilten sie nur Enttäuschungen. Es fiel ihr schwer ihren Kummer zu unterdrücken und trotzdem rang sie sich für Shane ein Lächeln heraus. „Das macht nichts. Du brauchst keine Erinnerungen um jemand besonderes zu sein.“, sagte sie und nahm seine rechte Hand. Shane blickte auf und es schien so als ob ihre Berührung eine heilende Wirkung auf ihn hatte. Für einen Moment empfand er seine Vergangenheit als weniger wichtig, so lange er das Lächeln dieser hübschen Elfe bewundern konnte. Atrix verstand nicht wirklich was zwischen seinen beiden Gefährten vorging und kratzte sich unwissend am Hinterkopf. „Wirklich seltsam … dann war ja alles umsonst gewesen.“, dachte er laut vor sich hin, rückblickend auf die mühsame Kräutersuche. Eine altvertraute Gestalt hielt sich derweil hinter einer Häuserecke versteckt, seinen Blick auf Kyren fixiert. Einen Moment später war der Mann, den sie unter den Namen John Doyle kannten, zwischen den Bewohnern der Stadt verschwunden … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)