The most captivating Prize von Saoto (Harvest Moon DS Cute: Skye X Claire) ================================================================================ Kapitel 3: 3. Purpose --------------------- Es war der 10. Sommertag, als Claire spät abends einmal wieder zum Erntegöttinnenteich ging. Es war so viel passiert in dieser einen Woche, daher wollte sie sich endlich einmal ein wenig Zeit nehmen und ihre Gedanken sortieren. Dank der ganzen Arbeit hatte sie erst spät dazu Zeit gefunden, doch war deshalb um diese Uhrzeit niemand mehr hier, was nur zu ihrem Vorteil war. Claire ließ sich ins Gras fallen und fuhr mit der Hand durch das kühle Nass. Sie wusste momentan wirklich nicht mehr ein und aus, doch gab ihr dieser Ort mit seiner befreienden Aura das Gefühl, dass sich hier alles bessern könnte. „Ich weiß wirklich nicht, was mit Ray los ist…“, seufzte die Farmerin und starrte auf die Spiegelung der runden Mondscheibe auf dem Wasser, „Ich habe auf einmal das Gefühl, er will mir gar nicht mehr helfen. Immer wenn jemand in der Nähe ist… benimmt er sich so besitzergreifend! Haah…“ Genervt stöhnte sie und planschte mit beiden Händen im Wasser herum. „Was mach ich jetzt nur. Ich hab das Gefühl, er meint es wirklich etwas ernster.“ Da es still blieb und die Erntegöttin sich nicht zu Wort meldete – wäre auch wirklich eine Überraschung gewesen, wenn sie das hätte – berichtete Claire weiter, um so endlich ihre Sorgen loszuwerden. „Und als Marlin dann vor ein paar Tagen an den Strand gekommen ist und er Ray erzählt hat, dass es mit Celia nicht gut läuft, hatte ich das Gefühl, er wollte Marlin Mut zusprechen, dass er sie ja nicht verlassen solle. Hmm.“ Dass sie sich ausgesprochen hatte, hatte ihr nicht sonderlich geholfen. Jetzt fühlte sie sich nur noch schlechter. „Verdammt!“, knurrte sie wütend und riss mit der Faust einen Ballen Gras aus der Erde, „Wieso muss gerade jetzt alles drunter und drüber gehen. Dabei wollte ich den Sommer doch genießen…“ „Hehe. Mach dir nichts draus! Wenn du dir einredest, dass alles schlecht ist, wird natürlich auch alles schlecht!“, sagte plötzlich eine ruhige Stimme. Claire sah sich überrascht um, dann starrte sie auf die Wasseroberfläche. War das wieder die Erntegöttin gewesen? Nein, diese Stimme war nicht ihre gewesen – und dennoch kannte sie diese Stimme. Sie kannte sie nur zu gut. Sie hatte sich so in ihr Gedächtnis gebrannt, dass sie sie wohl niemals vergessen sollte. „Was suchst du hier?!“ Claire fuhr aufgebracht herum und hatte die langen Beine eines Mannes vor der Nase. „Hehe. Das ist ja eine unfreundliche Begrüßung! Und das an meinem Geburtstag! Aber, aber, liebste Claire!“ „Geburtstag?“ Sprachlos blickte Claire an dem gutaussehenden Mann hoch. Hier im Mondlicht sah er noch mysteriöser aus. Und die Atmosphäre des Göttinnenteichs vollendete seine Schönheit. „Ja, auch ein Dieb hat mal Geburtstag!“, erklärte der junge Mann lachend, als er sich neben der erstarrten Claire ins Gray fallen ließ. Dann blickte er ihr in die Augen. Da war er wieder, dieser fesselnde Blick. Claire konnte ihr Gesicht einfach nicht abwenden, auch wenn ihr das alles unheimlich peinlich war. Wie viel hatte er von ihrem Selbstgespräch mitbekommen? Und vor allem: Wieso setzte er sich einfach so neben sie und redete mit ihr? Er war doch ein Dieb, ein Krimineller. Was hatte er hier überhaupt zu suchen? „Was hast du denn, mein Schatz?“, fragte Skye, dem nicht entgangen war, dass die Blondine ihm mit müdem Blick anstarrte und den Kopf nicht von ihm abwenden konnte. Erschrocken zuckte sie zusammen. „Ich… Nichts!“, wehrte sie schnell ab und merkte, wie sie panisch wurde, „Ich wollte nur alles Gute zum Geburtstag wünschen. Weil… du mir ja auch…“ Skye lachte auf. „Vielen Dank, es freut mich, dass so ein hübsches Mädchen wie du mir zum Geburtstag gratuliert. Und das, obwohl ich ja eigentlich ein Dieb bin. Habe ich dir etwa dein Herz gestohlen?“ Wobei sie nun am nächsten Punkt angelangt waren: Er war ein Dieb. „Warum treibst du dich im Vergiss-Mein-Nicht-Tal rum? Du läufst Gefahr, geschnappt zu werden!“, meinte die Farmerin tadelnd, um über ihre Aufregung hinwegzuspielen – scheinbar erfolglos, denn Skye lachte nur wieder. „Hehe. Machst du dir etwa Sorgen um mich? Wie liebreizend du doch bist, Claire!“ Das Mädchen musste über die ungewöhnliche Wortwahl des Phantoms schmunzeln, doch schüttelte sie rasch den Kopf, um wieder zum Thema zurückzukehren. „Ich habe dich etwas gefragt!“, warf sie ein scharf entgegen. Skye hob die Augenbrauen an und musterte sie überrascht. Mit so einer Reaktion hatte er wohl kaum gerechnet. Claire tat es ihm gleich und warf ihm zusätzlich noch einen beleidigten Blick zu, den der Dieb dank der Dunkelheit aber wohl kaum als einen solchen erkennen konnte. „Ich muss sagen, den Grund dafür kenne ich auch nicht genau.“, gab der junge Mann schließlich seufzend nach und sah hinaus aufs Wasser, „Dieser Ort hat einfach etwas magisches. Deswegen bist du doch auch hier, nicht wahr, meine Liebste Claire?“ Das Mädchen rollte mit den Augen. Da war sein Geflirte wieder, das sie unangenehm an Rock erinnerte – wobei es bei Skye doch um eines effektiver war, hatte sie das Gefühl. „Hehe. Natürlich bist du deswegen hier. Du konntest ja nicht ahnen, dass ich abends öfters hierher komme. Schade eigentlich, es hätte mich gefreut, wenn du wegen mir hier wärst…“ „Du bist öfters hier?“ Überrascht sah Claire ihn an. Wieso in aller Welt hatte er ihr das einfach so offen gelegt? „Dir ist schon klar, dass ich das jetzt jedem weitererzählen könnte. Und dann wärst du bald hinter Gittern, `Phantom Skye´!“ Das Phantom schwieg kurz und sah schwach lächelnd auf das Wasser. Dann meinte er mit einer Stimme, die nicht verriet, was er wirklich dachte: „Ich weiß, dass du das nie tun würdest, Claire.“ Dem Mädchen klappte der Unterkiefer runter und mit offenem Mund starrte sie ihn an. Woher zur Hexenprinzessin wusste er, dass sie das wirklich nicht könnte? Woher? „Hehe. Dafür habe ich dich einfach viel zu sehr verzaubert!“ Frech grinsend blickte er mit seinen türkis schimmernden Augen in ihr Gesicht. Claire runzelte die Stirn. Dieser Blick hatte soeben alles wieder zerstört – und Skye schien nicht einmal zu merken, dass sein typisches Benehmen gerade wirklich fehl am Platz war. Dieser Mann war einfach… seltsam. Seufzend zuckte Claire mit den Achseln. „Ich muss zurück zur Farm. Immerhin muss ich in wenigen Stunden wieder aufstehen.“ „Hehe. Dann gehab dich wohl, mein Schatz Claire!“, schleimte Skye und sah ihr zu, wie sie sich murrend aufrappelte und sich wegdrehte. „Ach übrigens.“, fügte er hinzu, „Ich würde dir wirklich raten, die beiden Kerle einfach zu vergessen. Sie sind beide nicht das Beste für dich, meine Liebe.“ Claire grunzte verächtlich. „Woher willst DU das bitte wissen? Was geht dich as überhaupt an?“ Dann drehte sie sich noch einmal um. „Außerdem ist es nicht so leicht, die Person, die man liebt, und die Person, die einen liebt, einfach so loszulassen! Du hast ja keine Ahnung!“ Mürrisch drehte sie sich wieder um und stapfte eine wenig davon. „Mag sein.“, seufzte Skye, „Ich habe wohl wirklich keine Ahnung…“ Dann erhob er wieder seine Stimme, sodass die junge Farmerin ihn hören konnte: „Wenn du jemanden zum Reden brauchst, ich bin fast jeden Abend hier, meine geliebte Claire! Heheh.“ Claire lief einfach nur geradewegs weiter, als hätte sie ihn nicht gehört. Wieso in aller Welt war er nur so nett zu ihr? Sie hatte sogar das Gefühl, er würde ihr mehr vertrauen als allen anderen Menschen. Und aus irgendeinem Grund fühlte sie sich nach der Begegnung mit Phantom Skye… so erfrischt! „Hmmmh…“ Claire hing über der Theke unter dem besorgten Blick ihrer besten Freundin Muffy. “Was ist denn eigentlich los?“, genervt stellte die Barangestellte dieselbe Frage, zum 23. Mal. „Haaah, ich bin geschafft…“, gab Claire endlich unter einem lauten Stöhnen zu hören. Muffy musterte sie skeptisch, denn das hatte sie auch so schon gemerkt. „Hast dich wohl bei der Hitze überarbeitet?!“ „Nein… Ich bin nur Ray aus dem Weg gegangen. Schwerer als man glauben mag, zumal er mindestens fünfmal auf der Farm vorbeigeschaut hat und ich so tun musste, als wäre ich beschäftigt. Na ja, immerhin habe ich jetzt viel mehr Feldfrüchte angebaut als jemals zuvor…“ „Immerhin etwas… Aber warum gehst du deinem Freund denn aus dem Weg? …Zumal ich eh noch immer nicht erfahren habe, warum du auf einmal auf Ray umgestiegen bist. Was wurde denn aus Marlin?“ „Hmmm…“ Claire fuhr sich durchs Haare und rappelte sich auf. Tatsächlich hatte sie ihrer engsten Freundin die ganze Zeit über verschwiegen, dass diese Beziehung nur Tarnung war und eigentlich einem anderen Zweck diente. Doch jetzt lies es sich kaum mehr vermeiden, Muffy endlich über die Tatsachen aufzuklären – das war Claire ihr wirklich schuldig! „Weißt du, Muffy… Eigentlich ist Ray gar nicht mein Freund. Ich liebe immer noch… Du-weißt-schon-wen!“, vollendete sie flüsternd den Satz und sah sich angespannt um – doch niemand schien ihnen zu lauschen. Lediglich der seltsame Hippie Gustafa stierte manchmal in ihre Richtung. „Waaaas?“ Das hatte sie wohl nicht erwartet, denn Muffy stolperte ein wenig zurück und zog somit die Blicke der ganzen Belegschaft auf sich, was zum Glück nicht viele waren. Dann zog sich Muffy wieder geschockt an die Theke heran und beugte sich zu Claire vor. „Eine Dreiecksbeziehung?“ „Quatsch!“ Die erschrockene Claire atmete erleichtert aus. Muffy hatte es wohl nur falsch verstanden. „Nein, was ich sagen wollte, ist, dass Ray nur meinen Freund spielt, um zu testen, ob Marlin eifersüchtig wird. Anfangs hatte ich sogar das Gefühl, es würde klappen – er scheint sich auch kaum mehr für Celia zu interessieren – aber jetzt wird Ray so komisch…“ „Kein Wunder, der arme Kerl!“, meinte Muffy beleidigt. Claire sah sie unwissend an. „Es ist doch wohl eindeutig…“, erklärte das Mädchen hinter der Bar, „…dass Ray in dich verliebt ist. Dass sieht doch ein blinder mit Krückstock. Und sogar ich!“, fügte sie scherzend hinzu, doch die Farmerin schien dies gar nicht mehr wahrzunehmen. „Du glaubst das auch? Hm, ich hatte das befürchtet!“ „Befürchtet? Na hör mal, was willst du mehr? Ray sieht gut aus, kann super kochen, ist romantisch, lustig…“ „…besitzergreifend, anhänglich und nur im Sommer da!“, fügte Claire grummelnd hinzu, „Und außerdem liebe ich ihn nicht. Er ist mein bester Kumpel. Aber eben nicht mehr!“ „Hmpf…“ Muffy zog eine Schmollmiene, musste dann aber lachen. „Dir ist echt nicht zu helfen. Du und deine große Liebe Marlin!“ Die blonde Farmerin erwiderte daraufhin nichts mehr. Ja, Marlin war seit langem ihre große Liebe, doch seit kurzem hatte sie das Gefühl, auch etwas für Ray zu empfinden. Das löste in ihr ein großes Chaos aus. Und dann war da auch noch dieser charmante Dieb. Skye. Der Sommer neigte sich dem Ende zu. Bald sollte das Feuerwerksfestival sein – und das bereitete Claire große Sorgen. Mit wem sollte sie denn gehen? Theoretisch natürlich mit Ray, der ja – offiziell – immer noch ihr Freund war. Aber Marlin schien sich auch immer mehr für sie zu interessieren – und was wünschte sie sich mehr? Am liebsten hätte sie den Tag mit niemandem verbracht. „Ich sollte mich einfach krank stellen…“, murrte sie und kickte einen Stein weg. Sie starrte auf den steinigen Boden unter ihr und seufzte. „Wenigstens ist der Sommer bald vorbei und Ray geht wieder… hoffentlich.“ Plötzlich kam ihr die Befürchtung, dass Ray wegen ihr vielleicht im Vergiss-Mein-Nicht-Tal bleiben könnte. „Bitte nicht, dann habe ich ja nie Ruhe…“ „Du arme!“ Eine warme, aber staubige Hand legte sich auf ihre Schulter – Claire erkannte sofort, zu wem sie gehörte. Sie fuhr herum und warf sich ihrer Freundin Flora um den Hals und fing wie aus dem Nichts an zu weinen. „Sch, sch!“, versuchte die um einiges erwachsenere junge Frau sie zu beruhigen, „Das wird schon wieder! Du darfst nur nicht so negativ denken. Wenn du dir einredest, dass alles schlecht ist, wird natürlich auch alles schlecht!“ Claire schluckte, dann schmunzelte sie, während sie den Wasserfall im Blick hatte. Diese Worte hatte sie doch schon einmal gehört! Durch ihre Worte hatte Flora gerade Skyes Ratschlag noch einmal betont. „Du hast ja recht.“, seufzte die Farmerin und lies ihre Freundin los, „Aber sag mal, was machst du eigentlich hier?“ „Ich arbeite hier!“ „Am Dienstag?“ Flora öffnete den Mund, als wollte sie etwas erwidern, doch plötzlich wurde sie nachdenklich. „Hm, ich wollte einfach herkommen. Irgendwie…“ Claire meinte einen leichten Rotschimmer in dem Gesicht der Brillenträgerin zu erkennen und wollte gerade darauf eingehen, als die junge Archäologin schnell vom Thema ablenkte: „Wenn wir schon dabei sind, warum bist DU hier?“ „…Ich wollte ein bisschen Ruhe haben und nachdenken. Aber da gerade so viele Leute – und Rock – am Teich sind, bin ich hierher gekommen, weil sich hier eigentlich nie jemand herumtreibt…“ „Tja…“, meinte Flora und sah nachdenklich zum Himmel, wobei sie den Zeigefinger gegen ihr Kinn presste, „Wenn wir schon dabei sind… Ich würde dich gerne etwas bitten. Komm doch mal mit!“ Die Archäologin zog Claire in Richtung des Zeltes, in dem sie zusammen mit Carter lebte – Claire fragte sie, wie sie nur mit jemandem wie ihm unter einem Dach leben konnte – und betrat es. Carter, der drinnen an seinem Schreibtisch saß und irgendein antikes und uuuunheimlich wertvolles Dingsda untersuchte, sah auf. „Ah, Flora! Du hast jemanden gefunden, der uns helfen will? Super!“ „He-he-hey!“, erschrak Claire, „Ich habe nicht vor, bei irgendwelchen Ausgrabungen…“ Sie hatte noch nie viel von den Ausgrabungen gehalten. „Es geht nicht um Ausgrabungen!“, beruhigte Flora sie und seufzte, „Nein, es geht um was ganz anderes…“ Fragend und gleichzeitig verwirrt sah Claire von Flora, die leicht geschafft aussah, zu Carter, der plötzlich recht wütend dreinblickte. „Wa-was ist denn passiert?“, fragte sie unsicher nach. Was hatten sie denn plötzlich? „Wir haben eine Nachricht von Phantom Skye erhalten!“, klärte Flora sie endlich auf und seufzte erneut, „`Um Mitternacht werde ich mich persönlich zu dem Schatz in eurem Zelt begeben. Phantom Skye.´“ „Oh!“ Claire merkte, wie ihr Herz vor Aufregung zu rasen begann. Das tat es seltsamerweise immer öfter, wenn sie an Skye dachte. Sie hatte dann nämlich immer das Gefühl, mitten in einem Krimi zu stecken – oder irgendwas in der Art. „Dieser hinterhältige, zu-nichts-nutze-, listig-wie-eine-Schlange-Dieb!“, zischte Carter ärgerlich und klang dabei eher selbst wie eine Schlange. Doch ehe Claire den Fehler machen, und aufgebracht einwerfen konnte, dass Skye ja eigentlich ganz nett sei, erklärte ihr Flora: „Wir würden wieder um Tage zurückfallen, wenn er unsere Artefakte stielt!“ „Ich habe einen Plan!“, knurrte Carter und streckte den Mädchen verschwörerisch den Kopf entgegen. Dann flüsterte er: „Wenn du uns hilfst, dann werden wir ihn uns zu dritt vorknöpfen und ihn schnappen! Was sagst du dazu?“ Claire hob die Augenbrauen an und runzelte kurz die Stirn. Zu diesem tollen „Plan“ konnte sie nicht viel sagen, außer, dass er wahrscheinlich rein gar nichts bringen würde, da Skye ja listig genug sein würde, sie alle auszutricksen. Dennoch konnte sie nicht anders, als zuzustimmen. „Natürlich werde ich helfen!“ Die Zeit bis zum Abend verging viel zu langsam. Claire hatte gehofft, einfach jedem aus dem Weg gehen zu können und ihre Ruhe zu haben, doch sie hatte nicht mit Ray und Marlin gerechnet. Unerwarteter Weise hatte Marlin sie auf ihrer Farm abgefangen und bei ihr schon das zweite Herzrasen an diesem Tag ausgelöst – diesmal aber ein anderes. „Claire, ich hab mal ne Frage…“, hatte er gemeint und ungewöhnliche schüchtern gewirkt. „Ja?“ Die Blondine, die verzweifelt versuchte, das Gespräch so schnell wie möglich zu beenden, verschwendete keinen Gedanken daran, was seine Frage sein könnte, und machte immer wieder kleine Schritte in Richtung Haustür. „Es geht um das Feuerwerksfestival. Würdest du…“ Er schluckte. „Möchtest du vielleicht mit mir hingehen?“ Claire war wie versteinert. „Was ist mit Celia?“, sprudelte es aus ihr hervor, als sie sich nicht mehr wirklich unter Kontrolle hatte. Diese Frage hatte ihr gerade kurzzeitig den Verstand geraubt. Marlin sah überrascht auf, als ob er damit nicht gerechnet hatte. „Wir sind nur Freunde! Wir sind… nicht mehr zusammen!“ „Warum auf einmal?“ Claire hätte sich am liebsten geohrfeigt. Marlin schien sie zu mögen, was wollte sie mehr? Und was tat sie? Sie ruinierte mal wieder alles. „Es ist… Weil… Ach vergiss es!“ Er drehte sich um und stapfte in Richtung Farmausgang. Genau im richtigen Moment bekam Claire wieder die Kontrolle über sich. „Halt!“, rief sie erschrocken, „Ich werde es mir überlegen!“ Marlin blieb überrascht stehen und drehte sich um. „Wirklich?“, murmelte er verlegen, allerdings konnte ihn die junge Farmerin aus dieser Entfernung nicht verstehen. „Hey! Claire!“ Glücklich strahlend kam Ray urplötzlich auf die Farm gerannt – und lief geradewegs in Marlin rein. Wie erstarrte sah er ihn an, dann richtete er den Blick zu Claire. „Was sucht DER hier?“, rief er plötzlich wütend. Claire schluckte. Sie hatte es immer befürchtet – Ray benahm sich langsam aber sicher wie ein unheimlich eifersüchtiger Ehemann. Dabei war er nicht mal ihr richtiger Freund! Da die Blondine keinerlei Anstalten machte, zu Antworten, wendete sich der junge Mann mit der braungebrannten Haut an den anderen Mann mit der bleichen Haut. Beide starrten sich an, und eine gewisse Feindseligkeit lag in der Luft. „WIESO bist du hier?“, wiederholte Ray deutlich seine Frage. Marlin schmunzelte. „Ich habe sie nur wegen dem Feuerwerk gefragt.“ Ray blies wütend die Backen auf – Claire sah ihm an, dass er sich zurückhalten musste, Marlin nicht zu schlagen. Immerhin eine Sache, für die sie ihm in dieser Situation dankbar sein konnte. „Soso, du baggerst also meine Freundin an?“ „Ich habe sie nur gefragt! Rein freundschaftlich!“ „Natürlich! …Claire?“ Mit einem lauten Rumsen war die Tür ins Schloss gefallen. Die junge Frau hatte es nicht mehr ausgehalten. Ihr Kopf dröhnte, als sie den Schlüssel umdrehte. Dann warf sie sich ins Bett. Dass sie abends eigentlich verabredet war, war ihr in diesem Moment völlig egal. Sie wollte nur noch Ruhe! Draußen war es stockdunkel, als Claire aufwachte. Erst sah sie verwirrt in die Dunkelheit, dann fuhr sie erschrocken hoch, wobei sie sich den Fuß an ihrem Nachttisch stieß und jaulend durchs Zimmer hüpfte, bis sie den Lichtschalter erreichte. Sie humpelte, jetzt im erhellten Zimmer, zurück und hob ihr heruntergefallenes Tagebuch auf – dann warf sie einen Blick zur Uhr. „Himmel-Frau-Göttin! Es ist ja schon halb 12!“ Mit immer noch schmerzendem Fuß humpelte sie hinaus in die kühle Nachtluft und rannte so schnell sie ihre Beine trugen in Richtung Wasserfallgebiet, wo Flora und Carter auf sie warten wollten. Eigentlich hatte sie schon um 11 da sein wollen, spätestens – aus diesem Grund hatte sie unheimliche Schuldgefühle, als sie ankam. Doch welch ein Wunder – Skye war natürlich noch nicht da. „Ich hätte mich nicht so beeilen müssen!“, murrte sie und fuhr sich durch Haar, als sie schnaufend vor Erschöpfung zum Zelt lief, „Skye würde niemals früher kommen als angekündigt. Er ist doch kein gemeiner, hinterlistiger Dieb wie im Film.“ Wobei, fügte sie in Gedanken hinzu, er schon ziemlich listig ist. Sie hoffte, dass sie seine Listen diesmal früher durchschauen würde. „Danke, dass du gekommen bist!“, meinte Carter erleichtert, nachdem Claire das Zelt betreten hatte. Er und Flora hätten sie beinahe überfallen und gefesselt, da sie nicht mehr mit ihr gerechnet hatten, und sie daher für das Phantom gehalten hatten. Doch zu ihrem Glück hatte sie sich noch rechtzeitig weggeduckt, sodass sie der Kick der Hobby-Kampfsportlerin Flora knapp verfehlt hatte. „Der Dieb ist noch nicht hier. Wir müssen noch etwas länger warten.“, schilderte Carter die Situation, die Claire bereits erfasst hatte, als sie noch draußen gewesen war. Es war bereits kurz nach Mitternacht, als Claire begann, sich ein wenig Sorgen zu machen. „Phantom Skye ist immer noch nicht aufgetaucht. Vielleicht hat er die Ankündigung vergessen, die er und geschickt hat.“, murmelte Flora enttäuscht und lies sich auf ihren Schlafsack fallen. Claire sah sie an, bewegte sich aber keinen Zentimeter. Was, wenn ihn etwas aufgehalten hatte. Oder ihm etwas passiert war? Sie schüttelte heftig den Kopf. Eigentlich konnte ihr das ja egal sein, denn dann hatte sie ein Problem weniger. Und dennoch. Irgendwie… „Aaargh!“, schrie Carter auf einmal und sprang wie vom Affen gebissen auf, „Dieser dreckige Dieb! Er könnte genau in diesem Moment Sachen aus der Ausgrabungsstätte stehlen!“ Er wendete sich Flora zu. „Gehen wir, Flora!“ Claire stockte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Skye so etwas Hinterhältiges tat, zumal er etwas andere angekündigt hatte. Außerdem, was sollte er eigentlich mit diesem langweiligen Kram, den die beiden ausgebuddelt hatten? Claire fing an zu zweifeln, dass sie das Phantom wirklich so gut kannte, wie sie gedacht hatte. „Claire, wir brauchen dich, um hier die Stellung zu halten! Nur für den Fall!“ Die junge Farmerin nickte und sah Flora hinterher, die hastig hinter dem Archäologen herstürzte, der bereits das Zelt verlassen hatte, bevor er ihre Antwort erhalten hatte. Und so blieb sie alleine zurück. Die Blondine lies sich auf Floras Steppbett, auf dem ihr Schlafsack lag, fallen. Angeekelt sah sie zu, wie eine kleine Spinne heraus kroch und schnell zwischen etlichem Krimskrams aus der Ausgrabungsstätte verschwand. „Ob er es wirklich vergessen hat?“, murmelte sie und hoffte innigst, dass Flora und Carter bald wieder zurückkamen. Ein Rascheln an der Zelttür lies sie erschrocken aufspringen. Es war doch noch viel zu wenig Zeit vergangen, als dass die beiden wieder zurückkehren konnten! War das etwa…? Eine bleiche Hand schob den Zelteingang beiseite. Ihr folgte ein ebenso bleicher Arm. Claire wusste sofort, zu wem er gehörte: Phantom Skye stand vor ihr und sah sie – keinesfalls überrascht – an. Ihr Blick glitt über ihn – er sah so gut aus wie immer, sie konnte sich an ihm irgendwie nicht satt sehen. Er trug eine weiße Bluse mit dunkelgrauem Fleckenmuster, darunter ein schwarzes Shirt, und eine weinrote Hose. Um den Hals trug er eine Kette, an der sie eine Plakette mit einem Kreuz befand - dieselbe wie an dem Tag, an dem sie ihn das erste Mal gesehen hatten. Das war ihr irgendwie im Gedächtnis geblieben. Doch als ihr Blick sein Gesicht traf, blieb er wieder an seinen Augen hängen. Diese Augen… Sie verzauberten Claire immer aufs Neue. In diesen mysteriös glänzenden Augen, schön wie funkelnde Smaragde und strahlende Saphire, verlor sie sich erneut. „Hehe.“, lachte Skye, dem dies natürlich aufgefallen war, und lächelte sie verführerisch an, „Ich hatte es im Gefühl, dass wir uns heute treffen würden.“ Plötzlich wurde die junge Frau wieder in die Wirklichkeit zurückbefördert und ihr fiel ein, was letztes Mal passiert war, als sie bei einem seiner Raubzüge alleine auf ihn getroffen war. Auf keinen Fall wollte sie wieder unter diesem komischen Zauber stehen, der sie paralysiert hatte. Ängstlich starrte sie ihn an. „Sei nicht so nervös!“, beruhigte sie der Dieb lächelnd, „Ich werde meine Magie hier nicht einsetzen.“ Verwundert sah sie ihn an, immer noch unfähig, etwas zu sagen. Doch sie spürte, wie sich ihr Körper langsam entspannte unter seinem weichen Lächeln. „Ich habe für heute zwar eine Ankündigung gesendet, aber ich bin nicht hier, um etwas zu stehlen.“, sagte Skye plötzlich und kam auf die junge Farmerin zu. Diese runzelte verwundert die Stirn. „Hehe, zumindest nicht so etwas.“, fügte das Phantom lachend hinzu und blieb schließlich vor Claire stehen. Er streckte seine Hand aus und nahm eine Strähne ihres langen Haares in die Hand. „Ich bin gekommen, um dich zu sehen, Claire!“ Der Schatz, von dem er in der Ankündigung geredet hatte – damit war von Anfang an Claire gemeint gewesen… Jetzt erst war sie wieder fähig, sich zu bewegen. Sie tat einen Satz rückwärts, um einen gewissen Abstand zu dem Phantom zu bekommen. Zu groß war ihre Angst, einem anderen Zauber des jungen Mannes zu verfallen, wenn sie in seiner Nähe blieb. „Claire…“, seufzte der Dieb leicht beleidigt, doch dann lächelte er sie wieder an und fuhr fort: „Und außerdem habe ich gehofft, dass du ein wenig Zeit mit mir verbringen würdest.“ Erneut hatte Claire das Gefühl, diesem hübschen Phantom nicht widerstehen zu können. „Nichts lieber als das…“, seufzte sie und sah ihn für einen Moment verliebt an, bevor sie sich erschrocken zusammenriss und ihn entsetzt anstarrte. Was hatte sie gerade gesagt? Das war alles seine Schuld, dass sie in seiner Gegenwart ständig so schwach wurde! Dieser dämliche Dieb verzauberte sie ständig gegen ihren Willen. Und er behauptete, er würde hier keine Magie einsetzen. Pah! Skye allerdings schien ihren inneren Konflikt nicht zu bemerken. Er fuhr sich glücklich über die Stirn und durch die langen, seidigen, silbernen Haare. Durch das schwache Licht, das von der Gaslampe im Zelt auf ihn fiel, schien das Haar sogar leicht gülden. „Hehe. Danke.“ Er kam wieder ein wenig auf sie zu und streckte die Hand erneut aus. Diesmal aber legte er den Arm um die junge Frau, die wie angewurzelt dastand und sich am liebsten dafür geohrfeigt hätte, schon wieder nichts gegen ihn zu unternehmen. Wenn Flora und Carter wüssten, dass sie hier mit dem Dieb flirtete, den sie verzweifelt zu fangen versuchten… Sie betete inständig, dass die beiden doch noch eine Weile wegblieben. Als ob er ihre Gedanken hatte lesen können, meinte Skye: „Warum gehen wir nicht woanders hin? Die beiden andere können jede Minute zurückkommen.“ Gesagt, getan! Ehe sich Claire versehen hatte, hatte der charmante Dieb sie zum Strand geführt, wo sie durch den kalten Wind erst wieder richtig zu sich kam. „Hehe.“, meinte das Phantom, aufs Meer hinausblicken, „Der Ozean ist besonders schön heut Nacht, nicht wahr?“ Er drehte den Kopf zu Claire und setze erneut dieses Charmeur-Lächeln auf, dass sie so unangenehm an Rock erinnerte – was er aber kaum wissen konnte – und sagte: „Vielleicht ist es so, weil du an meiner Seite bist, Claire.“ Sie wendete ihr Gesicht zu ihm, sodass sie sich einen kurzen Moment lang tief in die Augen sahen. Und hier entdeckte sie den eindeutigen Unterschied zwischen Skye und den meisten anderen Jungs – besonders Rock. Jeder von ihnen hätte diese Situation wahrscheinlich ausgenutzt. Claire war müde und kaum noch reaktionsfähig, ihre Wangen waren durch die kühle Meeresluft leicht gerötet und ließen die junge Frau besonders süß aussehen. Sie und ihn trennten wenige Zentimeter. Jeder andere Junge hätte das genutzt, um sie zu küssen – oder mehr. Aber Skye wendete den Blick lächelnd wieder ab und sah auf das weite Meer, das unter dem abnehmenden Mond so diamanten glitzerte. Überrascht, aber erleichtert darüber, folgte sie seinem Blick und betrachtete das herrliche Wasser, während eine sanfte Brise sie umhüllte. Sie konnte ja nicht wissen, dass Skye ernsthaft mit dem Gedanken gespielt hatte, ihr ihren ersten Kuss zu rauben. Doch er wollte sie nicht verärgern, sie nicht verjagen – um keinen Preis wollte er das… „Weißt du, ich rühme mich selbst im Kochen von Curry.“, warf der Dieb plötzlich in die Stille. Claire war so überrascht, dass sie beinahe losgeprustet hätte – zum Glück hatte sie es nicht getan, denn sie wollte unbedingt mehr über Skye erfahren. Und ob es war, dass er außerdem noch mit Barbies spielte – wobei sie den Gedanken lieber wieder schnell mit einem Grinsen verwarf. „Und ich arbeite hart daran, Tag für Tag.“, bekräftigte er seine Aussage, als hätte er geahnt, dass Claire ihn erst nicht so ernst nahm. „Ich sammle verschiedene Zutaten zusammen und probiere Curry von vielen unterschiedlichen Leuten. Man könnte sagen, dass ist meine Bestimmung.“ Damit hatte sich für Claire auch die Frage nach dem „Warum“ geklärt. Skye stahl also Dinge wie den kostbaren Wein „Okuhattan“ und brach in Villen wie der von Lumina ein, um Zutaten und Geschmacksproben zusammenzubekommen, um sich zu bessern. Lächelnd musste sie sich eingestehen, dass dies ein wirklich tolles Ziel war – lediglich die Tatsache, dass er dies durch Diebstahl zu erreichen versuchte, störte etwas. „Aber… Ich scheine niemals den Curry machen zu können, nach dem ich strebe. Ich habe den richtigen Geschmack und alles, aber es scheint immer noch etwas Wichtiges zu fehlen.“ Dann wandte er sich wieder Claire zu, mit einem Blick, der der Frau keine Chance lies, seine Gedanken zu erraten. „Was glaubst, könnte es sein?“ Claire senkte den Blick und sah nachdenklich auf den gelben Sand zu ihren Füßen. Im Mondlicht wirkte dieser weiß wie Schnee, doch inspirieren tat er sie trotzdem nicht. Sie hob ihren Blick wieder an und starrte fragend dem Mann neben ihr ins Gesicht. Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen, als sie ihn ansah. „Du kochst nicht mit Liebe!“ Liebe. Das war es wohl auch, was Rays Gerichte immer so herrlich schmecken ließen. Vielleicht war es sogar die Liebe zu ihr gewesen, die er in die Gerichte für sie hineingesteckt hatte, aber das war Claire zu weit hergeholt. „Hehe. Liebe, huh…?“ Skye fuhr sich leicht lachend durchs Haar und dachte kurz nach. „Du magst recht haben. Ich war so auf den Geschmack fokussiert, dass ich nie darüber nachgedacht habe.“ Unheimlich dankbar lächelte er sie an. Und es war auch das erste mal, dass Claire meinte, einen leichten Rotschimmer in seinem Gesicht zu erkennen. Doch sie war sich sicher, dass das nur ihre Einbildung gewesen war. „Ich hoffe, du wirst meinen Curry probieren, wenn ich das nächste Mal welchen mache.“, sagte das Phantom, und Claire meinte, einen gewissen Singsang in seiner Stimme zu hören, so wie sie ihn von der schwärmenden Lumina kannte. Plötzlich, ohne Vorwarnung drehte sich Skye um und tat ein paar Schritte von Claire weg, bevor er sich wieder umdrehte. „Hehe. Danke, dass du heute Nacht Zeit mit mir verbracht hast. Ich würde dich wirklich gerne nach Hause geleiten, doch ein wundervolles Mädchen wie du sollte nicht zusammen mit einem Dieb erwischt werden.“ Er kehrte dem Meer und dem Mädchen wieder den Rücken zu. „Viel Glück bei deiner Arbeit, Claire.“ Dann lief er davon und wurde von der Dunkelheit verschluckt. „Es ist zu deinem besten…“, murmelte der Dieb vor sich her, als er eilends durch das Tal lief, „Ich weiß nicht, wie lange ich mich noch hätte zurückhalten können.“ Er biss sich verzweifelt auf die Lippe, als er das Tal verließ. „Claire…“ Die Nacht war für Claire äußerst kurz gewesen. Zuerst war sie zum Zelt zurückgekehrt, mit der Ausrede, einen verdächtigen Schatten gesehen und diesen verfolgt zu haben, bis er sich als Katze herausgestellt hatte. Phantom Skye, so sagte sie, wäre nicht vorbeigekommen, woraufhin Flora den Fall erleichtert als abgeschlossen bezeichnet und Claire verabschiedet hatte. Daheim hatte die junge Farmerin allerdings sehr schlecht geschlafen, zumal sie schon den vorigen Tag fast nur mit Schlafen verbracht hatte. Als sie morgens die Augen öffnete, war es der 24. Sommertag… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)