Sein Weg ins Verderben von Bettyna ("...und er tötete sogar seine Freundin...") ================================================================================ Kapitel 1: Licht und Schatten ----------------------------- Sein Weg ins Verderben „...und er tötete sogar seine Freundin...“ Ein helles Lachen tönte durch die Luft und wurde begleitet von einem leisen, amüsierten Laut. Die Leute auf der Straße sahen sich nach der Quelle der fröhlichen Töne um und ein anerkennender, gutmütiger, beinahe stolzer Ausdruck erschien auf den Gesichtern der Menschen, auch wenn es eigentlich nur lauter Fremde waren, die man eigentlich sonst nur vom Sehen kannte. Doch das war egal, denn es war ein allzu nettes Bild und die Stadt an sich war wie eine fest zusammengewachsene Familie, deren Frieden niemand und nichts trüben konnte. So ein Tag in Konohagakure konnte schöner nicht sein. Die Sonne schien und es war warm, genau richtig für einen kleinen Ausflug zu Zweit. Ein Junge und ein Mädchen gingen gemeinsam die gut besuchte Straße entlang und lachten zusammen, sanft, aber herzlich. Es war ein paar Tage her, als sie sich das letzte Mal gesehen hatten, doch dafür hatten sie jetzt einander nur noch mehr zu erzählen. Sie hatten Beide einen freien Tag und das war ein seltenes Ereignis, weil ihre Pflichten es eigentlich nicht oft zuließen, dass sie viel Freiraum hatten, welchen sie nach ihrem eigenen Gutdünken auf den Kopf hauen konnten und das noch zur gleichen Zeit. Das Mädchen war gerade von einer Mission mit ihrem Team zurückgekehrt, weswegen sie sich diese Pause auch einmal verdient hatte, und der Junge hatte extra deswegen – natürlich auch, weil er es selber so wollte – einen Tag seines Urlaubs auf heute gelegt. Sie schätzte es sehr, dass er dies so arrangiert hatte, nur wegen ihr. Als er es ihr vor Beginn ihrer Mission erzählt hatte, war sie dabei ein wenig rot geworden. War das nicht wie das Verhalten eines echten Kavaliers? Natürlich hatte es sie gefreut und er hatte es in ihren Augen gesehen, dass sie es schon nicht mehr hatte erwarten können, bis sie ihren Auftrag endlich erledigt hatte... „...und dann hat dieser Depp tatsächlich die Bananenschale übersehen und ist darauf ausgerutscht, sodass all die anderen Shinobi über ihn drüber gekracht sind! Unser Sensei hat gebrüllt vor Lachen, wir konnten uns auch kaum halten. Das war wirklich eine schlimme Erniedrigung, danach sind sie erst richtig wütend geworden! Doch du kennst das ja, sie haben dann nicht wirklich mehr den Fokus auf dem Kampf gehabt und stellten sich an wie ein Haufen Chaoten und nicht wie ausgebildete Ninja. Na ja, es hat danach nicht mehr lange gedauert, bis wie sie alle überwältigt und fest verschnürt ausgeliefert haben.“, erzählte sie, während sie verschiedene Stände und die dort dicht gedrängelten Menschen passierten, die nur so darauf aus waren, ein Schnäppchen zu ergattern. Doch die beiden Jugendlichen achteten nicht auf die Leute. „Waren es dann auch die richtigen Zielpersonen?“, fragte er nach und warf dem Mädchen einen kurzen Blick zu, nachdem es sicher war, nicht mit irgendeiner wild gewordenen Hausfrau zusammen zu stoßen, die beim nächsten Händler das Gemüse schon wieder billiger bekommen konnte, als bei dem davor. Auch seine Begleiterin schaute ihn an und ihr Haar wehte geschmeidig um ihren Kopf, als sie ihn tadelnd anlächelte. „Was denkst du denn? Natürlich! Sonst wäre ich sicher noch nicht hier! Glücklicherweise ist es aber gut gegangen…“, meinte sie, erkannte kurz darauf, was sie da gerade von sich gegeben hatte und wandte sich deshalb wieder schnell um. Dabei tat sie so, als hätte sie in einem Schaufenster etwas ganz Besonderes erblickt. Man sah es ihr zwar nicht an, doch er wusste genau, dass sie nun leicht verlegen war. Er erkannte immer, was gerade in ihr vorging, ihre hübschen, tiefgründigen Augen waren wie ein Spiegel ihrer Seele. Doch nicht nur dies war der Grund, warum sie sich so gut verstanden. Sie kannten sich schon eine ganze Weile lang, genauer gesagt, seit der Chuuninprüfung, welche sie zum gleichen Zeitpunkt abgelegt hatten. Sie waren zwar in verschiedenen Teams angetreten, um die Aufgabe im Wald des Schreckens zu bewältigen, doch schon dort hatten sie sich getroffen und zwar nicht unter den Umständen, welche die Aufgabe eigentlich vorgesehen hatte. Sie waren im Kampf mit anderen Gruppen von ihrem Teams getrennt worden und waren aus der Suche nach ihren Kameraden gewesen, weil sie alle ihr Chakra maskiert hatten und sie sich deshalb nicht gegenseitig auf diese Weise aufspüren konnten. Doch auch, als sie sich dann mitten im Wald begegnet waren, waren sie sich natürlich nicht unbekannt gewesen. Er war sowieso einer der meist diskutieren Genin der ganzen Stadt gewesen, ein Genie, wie alle sagten, welches sogar die erwachsenen Sensei und Jounin mit seiner Schlagfertigkeit und seinem Talent überrascht hatte. Und sie? Sie war ebenfalls schon immer sehr begabt gewesen, für eine Kunoichi ihres Alters. Damals, mitten während der Prüfung und ihres Treffens hatte sie ihm gegenüber sofort zugegeben, dass sie die Schriftrolle, die jedes Team am Anfang bekam, nicht bei sich hatte. Sie wollte keinen Kampf riskieren, nicht jetzt, egal, ob er ein Träger dieses Dokuments war, oder nicht. Er hatte sie natürlich nicht angegriffen, denn ihrer absolut ehrlichen Aussage nach hätte es ihm auch nichts gebracht. Und so hatten sie, obwohl es wirklich nicht der passendste Augenblick dafür gewesen war, ein kleines, neugieriges Gespräch miteinander begonnen, über ihre bisherigen Erlebnisse im Wald. Sie hatte ihm vertraut, weil er sein Wort gehalten und sie nicht attackiert hatte, weshalb sie ihm auch erklärt hatte, dass sie bereits gegen ein Team angetreten waren. Dieses hatte aber nur dieselbe Schrift wie sie dabei gehabt. Er hatte geschmunzelt, weil sie ihm trotz allem nicht verraten hatte, welche Sorte von Dokument sie nun besaßen, doch das machte auch keinen Unterschied. Auch er gab zu, dass sein Team bereits einmal einen kleinen Schlagabtausch gehabt hatte, jedoch mit irgendwelchen widerlichen Monstern, welche dieser Forst hier beherbergte. Das Mädchen hatte ihr Gesicht daraufhin leicht verzogen und er hatte gelacht. Sie war empört gewesen, dass er sich über sie lächerlich machte, doch er hatte es nicht so gemeint und ihr angeboten, dass er sie doch ein Stück auf ihrer Suche begleiten würde, damit sie den ekligen Kreaturen nicht genau in die Arme lief. Sie hatte natürlich dankbar seinen Vorschlag angenommen und so hatten sie sich zusammen aufgemacht, bis sie schließlich ihre Teamkameraden gefunden und sie sich deshalb wieder getrennt hatten. Sie waren Beide nun dreizehn Jahre alt und durch diese Geschichte war es schließlich dazu gekommen, dass sie sich auch nach der mit Bravour bestandenen Prüfung öfters miteinander unterhalten und sich auch so getroffen hatten, um zu trainieren, oder einfach, um in Ruhe zu reden, genau wie damals bei der Prüfung. Aus vielen kleinen Gelegenheiten war schnell eine gute Freundschaft geworden, welche sie mittlerweile wirklich fest miteinander verband, denn sie respektierten und vertrauten einander sehr, schon vom ersten Moment an. Seit er jedoch bei den ANBU eingetreten war und dadurch nur noch mehr Aufgaben zu erledigen hatte, als er schon davor, als Sprössling eines sehr bedeutenden Clans der Stadt, gehabt hatte, war ihr Kontakt immer seltener geworden. Auch sie hatte sich natürlich hochgearbeitet und erledigte für den Kage zusammen mit ein paar Jounin bereits ihre ersten größeren Missionen, für die sie auch schon mal länger außerhalb Konohagakures unterwegs war. So war dieser Tag, an dem sie gleichzeitig frei hatten, für die Zwei etwas recht Besonderes und sie hatten beschlossen, diesmal keine gemeinsamen Kampfübungen zu machen. Doch dafür wäre es sowieso viel zu warm gewesen, weshalb sie zu einem ganz anderen Ort unterwegs waren. „Itachi...? Hallo?“, fragte das Mädchen plötzlich und mit fragendem Gesichtsausdruck. Der schwarzhaarige Junge schreckte augenblicklich aus seinen Gedanken hervor. Er hatte wieder so abwesend gewirkt, bemerkte sie. Sie hatte gehofft, dass es sich legen würde, denn sie hatte schon seit einiger Zeit festgestellt, dass etwas nicht mit ihm stimmte. Doch sie hatte ihn noch nie deswegen ausgefragt. Etwas in seiner Art, wie er reagierte, wenn sie ihn wieder ins hier und jetzt zurück holte, sagte ihr, dass er nicht über das reden wollte, was ihn beschäftigte. Er begann immer gleich eine andere Sache anzusprechen und ließ sich danach auch gar nicht mehr anmerken, dass etwas gewesen war. So sehr sie es auch bedauerte, dass er nicht reden wollte, so sehr akzeptierte sie es auch. Sie waren Freunde und Itachi wusste, dass er mit ihr über alles sprechen konnte, wenn er wollte. Sie würde einfach geduldig sein und darauf hoffen, dass sich das, was ihn so zum Grübeln brachte, wieder legte. „Okay, wir haben doch unseren freien Tag, da sollten wir doch mal nicht über die Arbeit denken! Lass uns jetzt über etwas anderes reden, als das!“, meinte sie auffordernd und sah Itachi mit leicht hochgezogenen Augenbrauen an. Als er ihr Gesicht sah, musste der Schwarzhaarige schmunzeln. Sie hatte recht, doch war selber nicht ganz unschuldig, denn sie war, als er sie abgeholt hatte, mit einem strahlenden Lächeln aus dem Haus gekommen, welches nur danach geschrien hatte, dass er sie fragte, wie ihre Mission gelaufen war. Es hatte ihr sicherlich nichts ausgemacht, davon zu erzählen. Sie erzählte ihm eigentlich immer etwas, wenn sie sich trafen. Er war mehr der schweigsame, leicht verschlossene, kühle, zuhörende Typ, der nicht immer ein Wort auf den Lippen hatte, was aber auch daran lag, dass er einfach nichts erzählen konnte, weil die Missionen, die er für die ANBU erledigte, streng geheim waren. Doch es war auch übertrieben, wenn man das Mädchen als sehr redselig bezeichnete. Sie sprach meistens sehr ruhig und überlegt und schien Freude daran zu haben, ihm ein paar Sätze zu entlocken, wenn er das von ihr Gesagte kommentierte. Doch auch jetzt machte er seiner Schweigsamkeit alle Ehre und zuckte leicht mit den Schultern, weil er ihre heimliche Absicht erriet, dass er vorschlagen sollte, was denn ihr nächstes Gesprächsthema sein sollte. „Hn. Ja sicher, fang an.“, umging er sein kleines Defizit, denn er wusste, dass ihr schon etwas einfallen würde, um das sich ihre Gedanken drehen konnten. Sie überlegte nur kurz, während sie den belebteren Teil der Straße hinter sich ließen und in eine Gegend kamen, in der es etwas gemütlicher zuging, weil es hier nur Wohnhäuser oder ab und zu nur ein Geschäft mit Kleinigkeiten zu Essen oder einen Teeladen gab. „Wie geht es denn deinem Bruder Sasuke? Als du mit das letzte Mal von ihm erzählt hast, war es sein Geburtstag gewesen, zu dem er von dir die Shurikentasche bekommen hat, die wir zusammen ausgesucht haben, weißt du noch?“, fragte sie schließlich und Itachi nickte darauf. Natürlich hatte er das noch nicht vergessen. Sie war ihm damals eine große Hilfe gewesen, ein Geschenk zu finden, welches angemessen für seinen Bruder gewesen war. Er wollte ihr etwas antworten, doch es schob sich erneut und unaufhaltsam eine andere Sache in den Vordergrund seiner Gedanken - die jedoch diesmal zum Glück keine Chance hatte, sich zu manifestieren, weil er spürte, wie ihn jemand schnell am Arm nahm und beiseite zog. Ein sachtes Lachen drang gleichzeitig an sein Ohr, ihr schönes Lachen. „Gehen wir lieber zur Seite, wer weiß, was die da im Schilde führen.“, sagte das Mädchen neben ihm und lenkte damit seine Aufmerksamkeit auf ein paar Genin, die die Straße in ihre Richtung hinunter rannten und dabei einen wahnsinnigen Lärm veranstalteten. Wahrscheinlich mühten sie sich wieder mit einer der typischen Geninmissionen ab, bei denen es darum ging, irgendwelche entlaufenen Tiere einzufangen oder einem anderen Team heimlich etwas abzuluchsen. Wahrscheinlich handelte es sich hierbei um Variante zwei, denn es waren sechs Kinder, die einander verfolgten und dabei wie wild auf sich ein schimpften und lachten. Auch die beiden Chuunin konnten nicht anders, als darin einzusetzen. „Du meine Güte! Haben wir das da etwa auch einmal gemacht?“, fragte das Mädchen kopfschüttelnd, ein wenig pikiert und besorgt über ihr eigenes Erinnerungsvermögen, doch Itachi machte nur eine knappe, verwerfende Handbewegung, welche die ganze Sache als Kinderkram abtat. „Ich bin mir sicher, dass unsere Sensei damals noch nicht solche erniedrigenden Dinge mit uns getan haben…“, antwortete der Junge und brachte sie damit wieder zum lachen. Es war ein angenehmer Klang und er erinnerte Itachi daran, dass er sich an diesem Tag vorgenommen hatte, über nichts nachzudenken, sondern sich einfach von ihr mitziehen zu lassen, was immer sie auch vorhatte. Das war eigentlich die mindeste Entschädigung, nachdem er in den letzten Wochen nie lange Zeit für sie gehabt hatte. Als die 'Gefahr' der übereifrigen Genin endlich gebannt war, konnten sie ihren Weg auch wieder in Ruhe fortsetzen. Obwohl Ruhe eigentlich eher relativ zu sehen war, denn wo auch immer die beiden Jugendlichen vorbei kamen, wurden sie angestarrt oder sogar gegrüßt. Ja, ihnen entgingen die neugierigen Blicke der Passanten nicht. Besonders Itachi heimste die meiste Bewunderung ein, was nicht allzu überraschend war. In seinem Alter bereits zu den ANBU zu gehören war keine alltägliche Sache. Man traute ihm wirklich sehr viel zu und das war sicher eine große Ehre, aber auch eine große Last. Trotzdem, die Leute bewunderten ihn und handelten ihn bereits als Genie des Jahrhunderts... „Hallo, ihr Zwei!“, hörten sie plötzlich eine Stimme von der Seite, die ganz deutlich an sie gereichtet war. Sie drehten ihren Kopf herum und sahen eine Person auf sich zu kommen, welche keinem der Beiden unbekannt war. Itachi kannte den jungen Mann wegen seiner Zugehörigkeit zu den ANBU sogar sehr gut. „Hallo, Kakashi-san!“, antwortete das Mädchen und lächelte dem Älteren zu. Der junge Mann mit den silbergrauen Haaren war ebenfalls so ein Kandidat, den die ganze Stadt als Wunderkind bezeichnete. Er war mit dreizehn Jahren sogar schon Jounin gewesen! Er hatte nur eine furchtbar dumme Angewohnheit: Er trug ständig eine Maske über Nase und Mund und niemand in ganz Konohagakure wusste, was sich darunter verbarg. „Ah, ich sehe, ihr Beiden habt wohl einen freien Tag! Und, wohin seid ihr Turteltäubchen denn unterwegs?“, fragte der junge Mann, dessen Auge ebenfalls noch von seinem Hitai-ate bedeckt wurde, mit belustigtem Tonfall. Das Mädchen errötete, denn sie war nicht vorbereitet gewesen, damit konfrontiert zu werden, dass ihr Treffen mit Itachi vielleicht doch so etwas wie ein kleines Date war... „Hn. Kakashi-san, du liest zu viel von diesen komischen Büchern.“, gab der schwarzhaarige Junge nur mit einem leichten Schmunzeln zurück und der Silberhaarige entschuldigte sich schnell für seine Aufdringlichkeit, während er ganz ‚unauffällig’ das orange Büchlein, welches er gerade noch in den Händen gehalten hatte, in seiner Hosentasche verschwinden ließ. Sie standen noch ein wenig beieinander und plauderten über nichts konkretes, doch Kakashi musste bald wieder weiter, weil er ein paar Sachen zu erledigen hatte. So trennten sich ihre Wege und die beiden Jugendlichen machten sich ebenfalls auf. Sie war plötzlich ein wenig schweigsamer geworden. Woran lag das? An Itachis Reaktion auf Kakashis Worte? War er vielleicht etwas zu... unsensibel gewesen? Itachi ließ es sich nicht anmerken, doch er war unzufrieden – mit sich selber. Mal wieder lief die Situation aus dem Ruder. Doch dann erblickte der schwarzhaarige Junge einen ganz speziellen Laden und bekam eine Idee. „Komm mit, ich will dich einladen!“, sagte er mit einem leichten Lächeln zu ihr und nahm sie bei der Hand, um sie auf die andere Straßenseite zu ziehen. Die Berührung war, wie die vorhin auch, irgendwie besonders. Etwas überrascht folgt sie dem Schwarzhaarigen, doch nach ein paar Sekunden wusste sie schon, was er denn meinte und so steuerten sie gemeinsam das Teehaus an, welches sie zusammen schon oft besucht hatten. Es läutete über der Tür, als sie eintraten. Heute war nicht viel los in der kleinen gemütlichen Gaststube, denn es war mitten unter der Woche und auch noch Vormittag. Die meisten Leute arbeiteten um diese Zeit und so saß nur ein altes Ehepaar in einer Ecke bei Tee und süßen Leckereien, die hier angeboten wurden. Es war ein wirklich schöner Laden, sehr traditionell eingerichtet und mutete trotzdem sehr behaglich an. Itachi ging zu einem der Tische, doch sobald die Bedienung die neuen Gäste erblickte, ließ er die Hand seiner Begleiterin los, denn das letzte Stück würde sie wohl auch alleine schaffen… „Hallo, was darf ich euch denn bringen?“, fragte die Frau freundlich, welche das Teehaus betrieb, als die Jugendlichen sich gesetzt hatten. Die Beiden sahen sich kurz an und es bedurfte zwischen ihnen keiner Worte. „Wir nehmen, zwei Mal Botchan-Dango, wie immer, bitte!“, sagte das Mädchen und die Frau nickte lächelnd, während sie mit der Bestellung in die Küche ging, um das Gewünschte schnell zuzubereiten. Die zwei Jugendlichen saßen sich schweigend gegenüber, doch plötzlich überlegte Itachi es sich anders. Er stand auf und ging zur Ladentheke, um die Bedienung zu bitten, ihnen die Dango einzupacken, damit sie sie mitnehmen konnten. Eigentlich hatte er auch recht, draußen war es einfach viel zu schön, um drinnen zu sitzen und die Sonne zu verpassen. Itachi wartete gleich, bis das Essen fertig war und bezahlte gleich dafür. Dann verabschiedeten sie sich und gingen wieder hinaus auf die Straße. „Ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht immer für mich mitbezahlen!“, konnte das Mädchen nicht mehr zurückhalten, als sie das Teehaus verlassen hatten und sah den Schwarzhaarigen etwas unglücklich an. Immer wieder drängte er sich vor und beglich die Rechnung, wenn sie zusammen Dango essen gingen. Wie jedes Mal, wenn sie dagegen protestierte, zuckte er mit einem kleinen Lächeln und seinem typischen ‚Hn.’ mit den Schultern und reichte seiner Begleiterin ihre Portion der Süßspeise. Wie immer konnte sie dem nichts entgegensetzten und etwas bedröppelt lächelnd nahm ihre Portion entgegen. So machten sich die Beiden schließlich auf, endlich zu dem Ort zu gelangen, wo sie eigentlich hin gehen wollten. Sie brauchten auch nicht lange, da gelangten sie an einen Platz, der recht weit von der Stadtmitte Konohagakures entfernt war. Es war der Stadtrand, welcher schon kaum mehr bebaut war und daher wunderschön einladend anmutete, um sich ein wenig vom Alltag zu entspannen. Es befanden sich hier mehrere kleine Seen, an deren Ufer man sich gut erfrischen konnte. Vor allem an so einem warmen Tag war das eine tolle Sache! Natürlich hatten sie dort unten auch schon immer ihren ‚geheimen’ Platz, eine von Itachis Genjutsu verborgene Stelle, die nur jemand finden konnte, der wusste, wo sie sich befand. Ein wenig stolz war das Mädchen deswegen schon, dass Itachi so ein Geheimnis mit ihr teilte, denn es gab eigentlich genug andere Mädchen, die hinter dem Uchiha her waren und ihn immer anbettelten, mit ihnen auszugehen… Unauffällig schlichen sie bis zu einem Dickicht, welches so dicht erschien, dass man eigentlich nie dort hindurch kommen könnte, doch dies war nur durch einen einfachen Trick von Itachi so geworden. Er hatte die Blätter und Zweige einfach verdoppelt, sodass es für den normalen Betrachter wie ein kleiner Dschungel aussah. Doch die beiden Jugendlichen schritten einfach darauf zu und waren im nächsten Augenblick schon verschwunden. Doch in Wirklichkeit betraten sie eine durch viele Bäume und Büsche abgeschottete Wiese, welche direkt an den See grenzte. Schnell befreiten sie sich von ihren Schuhen und setzten sich dann beim Wasser ins Gras, um ihre Zehen in das erfrischend kühle Nass zu halten. „Das hab ich echt vermisst!“, meinte sie und lächelte den neben ihr sitzenden Jungen warm an. Ja, ihr Blick hatte manchmal wirklich etwas… ergreifendes, das merkte Itachi in diesem Moment wieder und konnte spüren, wie sich etwas in seiner Brust bei diesem Gedanken zusammen zog. Doch da erinnerte sie sich, dass sie ja noch ihre Dango hatten und begann das kleine Päckchen, in denen sie eingewickelt waren, zu öffnen. Er beobachtete sie dabei weiter und vergaß dabei seine eigene Süßigkeit, die er doch so gerne hatte. Sie saßen noch eine ganze Weile zusammen und aßen und redeten, bespritzten sich mit Wasser oder bewarfen sich mit Gras, doch es waren nur kleine Neckereien. Die Stimmung war wirklich behaglich. Ja, sie verstanden sich wirklich gut, das hätte jeder, der sie hier gesehen hätte, bestätigen können. Sie vergaßen beinahe die Zeit, denn in der Gegenwart des Anderen konnte der Tag endlose Stunden haben; es gab einfach keinen Grund, sich die Situation anders zu wünschen, ohne Aufgaben, lästige Pflichten oder den normalen Alltag. Doch so einfach war es leider nicht. Als die Sonne schon einen deutlich niedrigeren Stand angenommen hatte, erinnerte sich Itachi, dass er eigentlich noch etwas anderes vorhatte. „Ich habe Sasuke versprochen, mit ihm zu trainieren. Sonst komme ich ja auch kaum dazu. Es tut mir Leid.“, sagte er zu seiner Freundin, doch diese lächelte ihn nur an, ruhig und verständnisvoll, mit einer entsprechenden Geste ihrer Hand. „Keine Sorge, ich teile dich schon mit ihm.“, gab sie zurück und bekam dafür ein erfreutes Schmunzeln des Schwarzhaarigen. Er solle ruhig gehen, sie würde später alleine zurückkehren, sagte sie noch zu ihm, als sie seinen fragenden Blick bemerkte. Ja, sie kannten sich wirklich gut. Es waren keine besonderen Worte nötig, damit sie miteinander kommunizieren konnten und das machte ihre Freundschaft so besonders. „Hn, gut. Also, tschüss.“, sagte er zum Abschied. „Tschüss, bis bald. Melde dich, ja?“, rief sie ihm hinterher, sodass er noch einmal stehen blieb und zu ihr zurück blickte, bevor er sein Genjutsu passierte. Ihre Augen trafen sich und für einen Moment konnte das Mädchen in seinen schwarzen Irriden etwas erkennen, was ihr Angst machte. Doch es war schnell wieder verschwunden und nach einem kurzen Winken war Itachi schließlich verschwunden. Plötzlich kam es ihr so vor, dass sie sich eine ganze Weile lang nicht mehr sehen würden… ----- Es war dunkel draußen, tiefste Nacht, in der eigentlich jeder schon längst schlief. Keine Person hielt sich auf den Straßen von Konohagakure auf. Es war unangenehm kühl und eine steife Brise wehte durch die Straßen. Der Himmel war klar, viele blitzende Sterne waren zu sehen und der volle Mond schien. Sein weißes Licht erhellte die gesamte Stadt und alles warf einen langen Schatten, wie man es sonst nur kannte, wenn die Sonne am Firmament stand. Und doch, trotz der Helligkeit war die Atmosphäre alles andere als freundlich. Es war unheimlich und kalt. Alles sah leblos aus, es war so ruhig, als würde die Zeit stillstehen - doch man konnte die Stille auch mit einer anderen Sache assoziieren… Es war zwei Wochen nach einem gewissen Tag, welcher sich so sehr zu dem Jetzigen unterschied, dass es beinahe unwirklich erschien. Doch es lag etwas in der Luft, was einem die Veränderung ganz bewusst machte. Ein Schatten sprang geschmeidig und lautlos über die Dächer der Häuser. Er bewegte sich mit der Präzision einer lang erfahrenen Person und doch war die Statur der Person noch klein und schmal. Es waren lange eintrainierte und routinierte Bewegungsabläufe, von denen man behaupten konnte, sie machten einen Menschen zu einer Maschine. Doch so war es nicht. Jeder Sprung, jeder Schritt war ganz bewusst getan, vielleicht gerade deswegen, weil das Vorhaben des Schattens alles andere als ‚normal’ war. Ja, es war die eine Nacht, die er noch Jahre später als die Schlimmste seines Lebens betiteln würde. In der Nacht sahen alle Häuser irgendwie gleich aus. Sie hatten die gleiche graue Farbe und die wirren Schatten machten aus allen Gebäuden einen Mischmasch aus dunkel und hell gefleckten Gemäuern. Doch trotz alldem behielt der Schatten seine konkrete Richtung, die er eingeschlagen hatte, bei, denn er wusste, wohin er laufen musste. Er kannte den Weg viel zu gut und es war vielleicht der einzige Grund, warum er nicht zögerte. Er musste nicht nachdenken, um zu seinem Ziel zu gelangen. Es war ein Haus, mitten unter all den anderen, völlig unauffällig, ohne besondere Architektur. Es war von mittlerer Größe, hatte einen kleinen Vorgarten, der sauber gejätet war und wirkte auch sonst sehr gepflegt, als würde die Familie, die daran wohnte, es als ihren größten Schatz erachten. In den blanken Fenstern spiegelte sich der Mond und er blickte dem herannahenden Schatten beinahe missbilligend entgegen. Eine Erinnerung kämpfte sich hervor, doch sie wurde zurück geschlagen. Dafür war jetzt kein Platz in seinem Kopf. Er landete auf dem Dach und verursachte immer noch kein Geräusch. Er durfte aber auch nicht gehört werden. Er hatte einen sich selbst auferlegten Auftrag zu erfüllen und jemand wartete außerhalb der Stadtmauern auf ihn, um ihn mitzunehmen, in Sicherheit, in seine Obhut, um ihn zu lehren, wie man sich schlug in dieser Welt, die doch viel grausamer war, als er es sich bisher ausgemalt hatte. Ja, die letzten zwei Wochen hatten ihn völlig verändert. Er hatte erkannt, dass er nur ein Spielball war, dass die ganze Stadt und deren Bewohner nur als Mittel zum Zweck benutzt wurden und dass der Wert jedes Einzelnen viel zu niedrig gehandelt wurde. Es ging um Leben und Tod. Doch seltsamerweise hatten sich einige Menschen, die eigentlich viel älter und weiser waren, alle verschätzt. Nicht sie bestimmten nun über diese beiden Dinge, nein, es war ein Junge von dreizehn Jahren, der aus der Bedrängnis des Augenblicks viele Entscheidungen getroffen hatte, an denen jeder andere sofort zerbrochen wäre. Der Schatten richtete sich auf und verweilte eine Weile in seiner Position. Von hier konnte er gut über die Stadt blicken und wieder erfasste ihn das Gefühl, dass dieser Ort hier eigentlich sein ganzer Stolz war, der Stolz eines Jungen, er Jahre zuvor einen schrecklichen Krieg hatte mit ansehen müssen. Ja, es war so schön anzusehen – und doch hatte alles innerhalb weniger Tage seinen ganzen Reiz verloren. Er hatte Dinge erfahren, die ihn immer noch schaudern ließen. Er sah den Hokagefelsen und die dort abgebildeten Gesichter riefen tiefe Abscheu in ihm hervor. Er erkannte plötzlich die besondere Einteilung der Stadt und die Viertel, in welche sie eingeteilt war. Ganz weit hinten, fast am weitesten weg von hier, lag das Uchiha Gelände, und auch das hatte seinen Grund, einen ungeheuerlichen Grund. Die Gestalt ballte seine Hände zu Fäusten. Nichts von alledem berechtigte einen Menschen dazu, Pläne zu schmieden, welche den bisher immer gewahrten Frieden, so ungerecht er anfangs auch erscheinen mochte, zu zerstören. Und deswegen musste er hier nun eingreifen. Er sprang vom Dach herunter, auf das Geländer eines kleinen Balkons im Obergeschoss und verharrte dort kurz, um zu lauschen. Auch hier war alles ruhig, die Bewohner des Hauses schliefen tief und fest. Er sah zum Fenster des vor ihm liegenden Zimmers, doch die Vorhänge waren geschlossen, damit niemand hineinsehen konnte. Doch er wusste, dass es nicht das Zimmer war, welches er suchte. Deshalb kletterte er über den schmalen Sims, der einmal rund um das ganze Haus verlief. Es war keine Schwierigkeit für ihn, ihm reichten schon winzige Vorsprünge, um voran zu kommen und nicht hinunter zu stürzen, denn er war ein Shinobi sondergleichen. Doch sein Weg war auch nicht weit. Bereits das nächste Fensterbrett, welches er erreichte, war sein Ziel. Das Fenster war nur angelehnt, das wusste er, ebenso, dass es völlig lautlos aufgleiten würde, wenn er es öffnen sollte. Und das tat er auch, indem er seine Hand auf den Rahmen legte und mit leichtem Druck die Scheibe beiseite schob. Irgendwie kam ihm all sein Wissen in diesem Moment sehr makaber vor. Er hatte es sich nicht mit Absicht angeeignet, er wusste es aus zufälligen, ganz normalen Begebenheiten. Er war hier natürlich schon einmal gewesen und hatte es dadurch mitbekommen. Doch es verwunderte ihn nicht, dass es so war, denn die Bewohnerin des Zimmers war eine Kunoichi und jemand wie sie würde niemals zulassen, dass ihr Fenster beim Öffnen quietschte, wenn sie sich selber einmal heimlich aus dem Haus schlich, wobei sie ja nicht gehört werden wollte. Am Fenster stand ein ordentlich aufgeräumter Schreibtisch, auf den er treten konnte, nachdem er herein gekrochen war. Sofort umfing ihn ein Geruch, ein vertrauter Geruch. Kein Wunder, es war ja auch ‚ihr’ Zimmer. Es war wohl der Geruch ihres Shampoos oder legte sie etwa schon ein Parfum auf, so, wie eine erwachsene Frau? Dies hatte er sie nie gefragt, doch es war auch kein Thema, worüber sie sich normalerweise unterhalten hätten. Doch der Duft weckte Erinnerungen in ihm und das war in diesem Moment nicht wirklich gut... Und da erblickte er sie. Dass sie sich das letzte Mal gesehen hatten war zwei Wochen her. Sie lag in ihrem Bett und befand sich ebenfalls in tiefem Schlaf. Sie lag auf dem Rücken, ihr Kopf war seitlich in ihr Kissen gebettet, eine Hand lag auf ihrem Bauch, die andere befand sich an ihrer Stirn. Ihr Haar umrahmte in noch feuchten Strähnen ihr Gesicht, denn sie hatte sich wohl vor dem Schlafengehen noch gewaschen. Ihre Haut schimmerte makellos im sanften Mondlicht und als er näher kam und sich neben sie stellte, um sie kurz zu beobachten, sah er ihre leicht geöffneten Lippen und hörte, wie sie leise und ruhig ein und aus atmete. Doch er bereute es nach einigen Sekunden, sie angesehen zu haben. Er konnte die Tiefe ihrer Freundschaft nicht verleugnen, obwohl diese immer noch, trotz allem, auf einer sehr schüchternen Basis gebaut war und er wusste, dass sie vielleicht doch über eine normale Kameradschaft hinaus ging. Er hatte sich bemüht, es nicht so zu sehen, doch nun, wo sie vor ihm lag, unschuldig und unwahrscheinlich hübsch, musste er zugeben, dass er für sie wohl mehr empfand. Sie war nicht nervend hinter ihm hergelaufen, wie andere Mädchen, sie hatte ihn immer verstanden, hatte nie aufdringliche Fragen gestellt, war ruhig, schlau und rational und dadurch, dass sie in seinem Alter war, konnten sie immer über Dinge reden, welche sie Beide interessierten. Sie hatte ihn angenommen, wie er war. Und er hatte sie wirklich gemocht, denn sie war sein Zufluchtsort gewesen, wenn er nichts über die Angelegenheiten des Clans hatte hören wollen, von denen sein anderer Freund immer wieder geredet hatte. Vielleicht weil sie ihm all das entgegengebracht hatte, was er sich wünschte, Ruhe, Frieden, Sorglosigkeit, Geborgenheit, vielleicht hatte er sich deshalb in sie verliebt... Vor ein paar Tagen hatte er seine erste Gräueltat begangen, er hatte seinen anderen besten Freund und ihre Freundschaft hinterlistig, ohne zwischenmenschliche Gründe verraten. Doch dies war nötig gewesen, denn nur dieses Opfer hatte ihm geholfen, die nötige körperliche Stärke zu erlangen, für das, war er heute Nacht tun musste. Doch die mentale Stärke zu sammeln, dabei half ihm niemand. War er ein Monster, dass er über moralische Dinge, die ihm so wichtig waren, einfach hinweg entscheiden konnte? Ja, vielleicht war er das, doch sein Verstand war in den letzten Tagen so löchrig geworden, wie ein von Motten angefressenes Stück Stoff. Die Unterscheidung von gut und schlecht folgte ihn ihm nicht mehr den gültigen Regeln – es gab für so einen Fall keine Modellvorstellung, nach der man handeln konnte. Im Zentrum seines momentanen Denkens stand sein Bruder Sasuke. Er liebte ihn so sehr, denn er war sein Fleisch und Blut. Und trotz dass sie sich so ähnlich waren, waren sie so unterschiedlich behandelt worden... Plötzlich bewegte sie sich in ihrem Bett und räkelte sich leicht. Er hatte für einen Moment die Befürchtung, sie würde aufwachen und ihn entdecken, doch sie schlief ganz ruhig weiter. Da waren seine Gedanken wieder bei ihr und er wollte sich hassen, für das, was er tun musste, doch er war sowieso schon verdammt, als dass er noch hätte Angst haben müssen, später dafür in die Hölle zu kommen, denn dort war sicher längst ein Platz für ihn reserviert worden. Er hob seinen Arm, griff in seine Gürteltasche und zog von dort mit einer bedächtigen Bewegung ein Kunai hervor. Er hatte auf seinem Rücken sein Katana befestigt, doch es lang nicht in seiner Absicht, die gleiche Waffe bei ihr und den Anderen zu benutzen. Die Anderen waren es nicht wert, dass er deren Blut mit ihrem mischte... Ja, sein Entschluss stand fest, er würde das Mädchen, seine Freundin, töten. Er trat noch weiter vor, hob in einem wütenden Impuls seine Hand, doch als seine Augen auf ihr Gesicht fielen, milderte sich seine Rage auf seinen eigenen Clan wieder. Nein, er musste ihn für einen Moment verdrängen, denn sie hatte es verdient und es war nur gerecht, dass er einen letzten Augenblick nur ihr widmete. Er konnte sie nicht am Leben lassen, nicht sie. Er konnte es nicht über sich bringen, einfach nur zu wissen, dass sie ihn hasste, oder einfach nur, dass sie sich Sorgen um ihn machen würde, denn sie war schon immer so verständnisvoll und lieb zu ihm gewesen, dass er ihr nicht dadurch noch mehr wehtun wollte. Bei seinem Bruder Sasuke würde es anders sein. Er musste überleben. Er musste überleben, weil er die einzige reine Seele war, die im ganzen Uchiha Clan noch übrig geblieben war. Und er musste überleben, damit es jemanden gab, der seinen älteren Bruder gerecht für das büßen lassen konnte, was er noch vor hatte, zu tun und er musste überleben, damit der Clan irgendwann noch einmal eine Chance bekommen konnte, um weit weg von der Vergangenheit, welche ihn und das Gedankengut der Mitglieder so sehr versucht hatte, wieder neu aufleben zu können. Ihr gemeinsames Kekkei Genkai war besonders, es durfte nicht aussterben, ebenso wie die Individuen, die es trugen. Sasuke würde eines Tages sicher ein guter Führer des Clans werden, doch er musste lernen, wie man sich in der Welt durchschlug. Er hatte dies unter ihrem Vater Fugaku nie erfahren, er war immer unterdrückt gewesen, limitiert durch das Maß des Talents, welches er in seinen jungen Jahren zeigte und welches für Fugaku nie genug gewesen war. Ja, es war Sasukes Aufgabe, dem Clan wieder leben einzuhauchen, denn er, Uchiha Itachi, der seinen besten Freund Shisui getötet hatte und nun dabei war, das einzige Mädchen, welches ihm je etwas bedeutet hatte, umzubringen, würde nie, niemals dazu beitragen, die Familie neu zu gründen, denn auch wenn es seltsam klang, er würde nie wieder lieben können. Er streckte seine freie Hand nach ihr aus. Er legte sie auf ihren nackten Hals, den sie ihm so präsentierte, als ob sie ihm durch ihre Position bei seinem Vorhaben helfen wollte. Sie trug ein Nachthemd ohne Ärmel mit nur ganz dünnen Trägern, welches nicht nur ihren Hals frei ließ, sondern auch ein Stück ihres Dekolletés. Er widerstand dem Drang, mit seinen Fingern über ihre zarte Haut zu fahren, denn sonst würde er sie vielleicht wecken, was er sicher nicht wollte. Aber als er nach ihrem Puls fühlte, konnte er ihn kaum ausmachen. Doch da, da fühlte er es, wie ihr Herz nur ganz langsam schlug und sah, wie sich ihre Brust sachte hob und senkte, als wäre sie in einem Zustand völliger Entspannung. Es verwunderte ihn. Wie konnte sie so ruhig sein? Müssten ihr ihre durch langes Training geschärften Sinne nicht sagen, wenn auch unterbewusst, dass jemand in ihrem Zimmer war, der dort eigentlich nicht hingehörte? Es war tödlich für einen Shinobi, so etwas nicht zu erkennen… Ja, er wollte nicht entdeckt werden, doch dass sie so reagierte, machte ihn etwas stutzig. War sie etwa… Ja, das musste es sein. Sie hatte ihn bestimmt wahrgenommen, doch verursachte seine Präsenz genau das Gegenteil in ihr, wie man es erwartet hätte. Seine Gegenwart schien sie zu beruhigen. Sie fühlte sich wohl, wenn er an ihrer Seite war, sie fühlte sich sicher bei ihm, sicher und geborgen. Hatte er dies nicht noch vorhin über sie gedacht? Teilte sie seine Gefühle etwa? Er hielt es nicht länger aus, denn wenn er länger zögerte und seinen Gedanken freien Lauf ließ, würden alle seine Pläne sich in Luft auflösen. Er drehte das Kunai geschickt in seiner Hand, dann führte er es zu ihren Hals, wo er mit seinen Fingen ihre Halsschlagader abtastete und seine ganze Handfläche sanft, aber trotzdem dicht gegen ihre Haut legte. Dann drückte er die kalte Klinge genau zwischen seine Finger und mit nur leichtem Druck glitt die überaus scharfe Schneide in ihr Fleisch hinein. Fast sofort konnte er ihr heißes Blut gegen seine Hand spüren, wie es fast vorwurfsvoll sanft um seine Finger floss. Ihr Puls und ihr Blutdruck waren so niedrig, dass die rote Flüssigkeit ganz langsam aus der tiefen Wunde heraus rann, die er in die Arterie hinein geschnitten hatte. Es war unglaublich, so etwas hatte er noch nie erlebt und es schnürte ihm die Kehle zu, als er beobachtete, wie ihr Blut sich über ihren Hals, ihre Schlüsselbeine und ihren Nacken ergoss und von Bettdecke und Kissen aufgefangen würde, sodass sich die hellen Laken bald dunkel färbten. Sie schien es nicht einmal zu spüren, wie das Leben langsam aus ihr hinaus floss. Da bewegten sich ihre Lippen, als wollte sie etwas sagen, doch sie verlor den Fokus darauf, als der hohe Blutverlust sich in ihrem Kreislauf bemerkbar machte und ihrem Gehirn nicht mehr genug Sauerstoff lieferte. Er war, als hörte er trotzdem, wie sie seinen Namen wisperte. Er wollte zurücktreten, doch er konnte nicht. Seine Hand war umspült von der warmen Flüssigkeit und schien sie mit ihr zu verbinden, als ob er bei ihr bleiben sollte, bis vollbracht war, was er begonnen hatte. Ja, ihre Wärme ging dahin und würde gleichzeitig mit ihr in ihm verblassen. Kälte stieg in ihm hinauf, machte sein Gesicht zu einer steinernen Maske, fegte seine Gedanken blank. Die Stille im Zimmer war beinahe greifbar und sie war grauenvoll und trotzdem zärtlich zugleich, als wollte sie ihm durch ihre Ruhe noch ein Abschiedsgeschenk machen, damit er sie so in Erinnerung behielt, wie er sie immer gekannt hatte und nicht in einem schrecklichen Todeskampf. Ja, er hatte noch nie jemanden so sterben sehen und dies würde für immer in seinem Gedächtnis bleiben. Sie tat einen letzten Atemzug, dann blies sie leise die Luft aus und ihr Brustkorb hob sich nicht wieder. Regungslos lag sie da. Sie war tot, sie hatte zu viel Blut verloren, doch wäre nicht ihre Wunde, hätte man weiter vermuten können, dass sie tief schlummerte. Er sah in ihr Gesicht und konnte keine Spur von Angst oder Qual dort erkennen. Ja, er hoffte, dass er ihr keine Schmerzen bereitet hatte, denn das hatte sie auch nicht verdient. Seine Knie trugen ihn nicht mehr, die Schwäche nahm überhand und er musste sich auf der Matratze abstützen, um nicht zu fallen. Er fühlte sich leer, so leer, dass das Bedürfnis, irgendetwas zu spüren, viel zu groß war. Er beugte sich sie und hob seine Hand an ihre Wange. Es war die Hand, die mit ihrem Blut durchtränkt war. Sein Daumen hinterließ auf ihrer Haut einen roten Streifen, als er damit unter ihrem Auge entlang strich, unendlich langsam, als wollte er den Moment hinauszögern. Sie würde ihn nie wieder anlächeln, er würde nie wieder ihre Stimme hören, und ihre Augen sehen. Ihre Augen. Er wünschte sich, sie wäre doch erwacht, als er hinein gekommen war, um ihn ein letztes Mal anzusehen. Doch es war seine eigene Schuld. Er beugte seinen Kopf zu ihr, um sie zu küssen, seinen ersten Kuss bei ihr zu lassen. Er schloss seine Augen, als er ihre noch warmen Lippen berührte - doch er zuckte schnell wieder zurück. Er durfte das Mädchen nicht küssen, welches er eigenhändig getötet hatte. Er hatte nicht das Recht dazu. Schnell stand er auf und nahm das Bettlaken, um es über ihr Gesicht zu ziehen. Mit ihrem Antlitz gingen auch alle seine Emotionen dahin. Plötzlich war ihm kalt, doch es machte ihm nichts aus. Seine Aufgabe war noch lange nicht erfüllt, der wichtigste Teil stand ihm noch bevor. Er steckte das Kunai zurück in seine Tasche und wischte sich die Hand an seiner Hose ab. Er ging zum Fenster zurück, sprang auf den Schreibtisch und trat auf das Fensterbrett hinaus. Schon wollte er losstürmen, doch er wandte seinen Kopf noch ein letztes Mal zurück, dort hin, wo die Bettlaken das Mädchen wie ein Leichentuch bedeckte. Seine vormals schwarzen Augen leuchteten plötzlich so rot, wie ihr Blut. „Schlaf gut.“, flüsterte Itachi und mit einem Satz verschwand er in die Dunkelheit, hinein in sein rabenschwarzes Schicksal. --- Bitte lest dazu in meinem Weblog weiter! http://animexx.onlinewelten.com/weblog/12380/332744/ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)