Liebe ist...? von abgemeldet (Wie es weitergehen könnte...) ================================================================================ Kapitel 9: Kapitel 8: Das Ende ------------------------------ So, Kapitel 8 "Das Ende" Warum diese Überschrift? Ich könnte nach diesem Kapitel auch genauso gut sagen: "Hiermit ist diese FF abgeschlossen", aber ich glaube, das wäre nur was für diejenigen, die auf Drama stehen... ^^" Ich schreibe also weiter, wenn ihr möchtet. In diesem Kapitel geht es mehr um Morinaga. Ich hoffe, es kommt einigermaßen rüber, wie mies es ihm geht. Man kann es kaum glauben, aber man wird ziemlich runtergezogen, wenn man sich in die Person reinzuversetzen versucht um dann solche Sachen glaubwürdig rüber zu bringen. Dieses Kapitel lüftet auch so einige "Geheimnisse" und Achtung, ich hab euch vorgewarnt am Anfang: Hab bereits schon das 1. Kapitel des 5. Bandes gelesen. Das wiederum hatte Einfluss auf meinen Plot. Tut mir ehrlich leid, aber ich wollte das einbauen. Manche von euch wissen wahrscheinlich gar nicht, worum es geht?! Naja, ich hoffe mal, ihr seid mir nicht böse. Mehr dazu am Ende ^^ Viel Spaß mit: ______________________________________________________________________________ Kapitel 8 Soichi sah auf seinen kleinen Zettel und ließ dann seinen Blick über die Häuserreihe schweifen. Hier irgendwo musste es sein. Und prompt erspähte er auch schon das Haus, das er suchte. Als er unten an der Treppe stand, holte er tief Luft. Er hatte das Gefühl, dass ihm das Herz fast aus der Brust sprang. Er war so aufgeregt. Endlich hatte er sich getraut her zu kommen. Schon seit dem Gespräch mit seinem neuen Kohai wollte er es angehen, aber die Angst abgewiesen zu werden, hatte ihn zurückgehalten. Auch jetzt hatte er noch Hemmungen, aber irgendwann, sagte er sich, musste er es wagen, und das so schnell wie möglich. Also hatte er sich den Zettel mit der Adresse herausgesucht um es endlich hinter sich zu bringen. Langsam erklomm er die Stufen und legte seinen Finger auf den Klingelknopf. Er hörte den schrillen Ton gedämpft durch die Tür zu ihm vordringen und wurde aufgrund der Intaktheit des Alarmauslösers noch nervöser. Es folgten Schritte und ein „Komme!“, dann wurde ihm die Tür geöffnet. Er blickte entschlossen in das erstaunte Gesicht des Wohnungsbesitzers. „Oh, Tatsumi-san…“ „Hallo… ähm…“ Soichi suchte das Schild unter Klingel, doch bevor er einen Namen hinzufügen konnte, wurde er auch schon unterbrochen. „Hiroto, einfach nur Hiroto.“ „Okay, hallo… Hiroto… Ist Morinaga da?“ „Nein“, sagte sein Gegenüber und wunderte sich im gleichen Moment, wie Soichi darauf gekommen war, dass er Morinaga hier finden würde. Tatsächlich hatte dieser die Vermutung seit besagtem Gespräch mit Reiiji. Als er diesen nämlich gefragt hatte, wie er an Morinagas Stelle reagiert hätte, hatte dieser als Fluchtvariante entweder die Familie oder Freunde angegeben. Da Soichi wusste, dass sein ehemaliger Kohai kein gutes Verhältnis zu seinen Eltern hatte und er nur einen Kumpel kannte, dem er alles anvertrauen würde, war er zu dem Entschluss gekommen, es mal bei Hiroto zu versuchen. Auch wenn er Morinaga hier nicht antreffen würde, versprach er sich dennoch ein paar Informationen. Hiroto lehnte, die Arme verschränkt, am Türrahmen und beäugte seinen Besucher skeptisch. Dieser schien ihm seit dem letzten Zusammentreffen ein wenig verändert. Er überlegte, ob ihm Soichis eh schon helle Haut vielleicht noch fahler vorkam; weniger rosig wie noch vor ungefähr einem Monat, was aber auch daran liegen konnte, dass Soichi das letzte Mal ziemlich aufgeregt gewesen war. Dennoch, auch sonst fielen Hiroto ein paar Abweichungen auf. Er würde nicht behaupten, dass sein Gegenüber radikal abgenommen hätte, aber konnte es sein, dass sich die Wangenknochen und das Schlüsselbein deutlicher unter der Haut abzeichneten? Zudem wirkte der Langhaarige nicht unbedingt glücklich auf ihn, eher müde und erschöpft, wenn auch nicht vollkommen am Boden zerstört. Er sah lange nicht so schlimm aus wie Morinaga, der an seinem Kummer fast zugrunde zu gehen schien, aber dennoch entwickelte Hiroto ein wenig Mitleid für seinen Besucher, und es war immerhin genug Mitgefühl um folgendes anzubieten: „Komm doch erst einmal rein! Möchtest du was trinken? Kaffee? Tee?“ Während er diese Worte laut aussprach, fragte er sich bereits, ob bei ihm alles rund lief, schließlich war Soichi der Grund gewesen, weshalb Morinaga so niedergeschlagen bei ihm eingezogen war. Warum sollte er jetzt auch noch nett zu ihm sein? Zu spät. Soichi folgte ihm in die Wohnung und setzte sich auf den ihm vom Hausherrn zugewiesenen Platz in der Küche. „Ich möchte nichts, danke!“, sagte der Gast als Hiroto Wasser aufsetzte. „Schon gut, du siehst aus, als wenn du was Warmes vertragen könntest.“ Er nickte und deutete so auf Soichis Unterarm, der nicht von dem Hemd bedeckt und inzwischen von einer Gänsehaut überzogen war. Soichi fror in der Tat seit Kurzem sehr schnell und auch jetzt fröstelte er ein wenig, obwohl in der Wohnung angenehme Temperaturen herrschten. Letztendlich nahm er den heißen Becher dankbar an, als Hiroto sich zu ihm an den Tisch setzte. Soichi zögerte, er wollte nicht gleich direkt mit seinen Fragen herausplatzen, auch wenn das sonst nicht seine Art war. Also saßen sie schweigend da und schlürften ihren Tee. Sein Gegenüber machte nur zu deutlich, dass er eigentlich nicht erwünscht war, aber dennoch hatte er ihn in die Wohnung eingeladen, also war noch nicht alles verloren. „Uhm… also, wohnt Morinaga jetzt bei dir?“ Eigentlich brauchte er diese Frage nicht stellen, er war sich ziemlich sicher, dass es so war, schließlich hatte er schon ein paar Habseligkeiten seines Lieblingskohais in der Wohnung entdeckt. „Vorübergehend“, antwortete Hiroto wahrheitsgemäß und Soichi überlegte, dass es ja nur logisch war, dass Morinaga sich bald wieder ein eigenes Heim suchen würde. „Schließlich geht er bald ins Ausland“, setzte Hiroto seinen Satz fort. Mit dieser Aussage wurde Soichi der letzte Funke Glauben genommen. Er verschluckte sich fast an seinem Getränk und stotterte dann ungläubig: „Wa… Was?“ ‘Warum erzähl ich ihm das überhaupt?‘, überlegte Hiroto, fand aber keine plausible Antwort und statt sich darüber den Kopf zu zerbrechen, nickte er. „Er plant schon seit einigen Wochen seine Abreise nach Kalifornien. Er hat wohl schon eine vorläufige Unterkunft bei Bekannten gefunden, sagt er zumindest“, er sah seinen Gast bedeutungsvoll an, „und will sich dann dort eine Wohnung für sein Studienjahr suchen.“ „Ein Jahr?“ Er fiel aus allen Wolken, „ein Jahr Amerika? Studium?“ Langsam fügte sich ihm das Puzzle zusammen, warum Morinaga sich ein Jahr hatte beurlauben lassen um erst dann den Abschluss zu machen. Er wollte Genaueres erfahren. „Warum?“ Hirotos Gesichtsausdruck verdunkelte sich schlagartig. Er lachte trocken: „Haha, du bist ja lustig! Das fragst ausgerechnet du! Warum wohl? Als erster Punkt gilt jawohl: Um von dir wegzukommen! Außerdem ist es eine gute Chance für ihn. Im Ausland studieren kann schließlich nicht jeder – und wer weiß, vielleicht gefällt es ihm so gut, dass er gleich ganz da bleibt… was natürlich ein schrecklicher Verlust wäre, aber ich wünsche Tetsuhiro alles Glück der Welt und wenn er es dort finden sollte, dann ist das halt so!“ Er umklammerte seinen Becher und sah Soichi an. Dieser war noch ganz geschockt. Erstens, weil Morinaga anscheinend wirklich von ihm loskommen wollte und zweitens die Tatsache, dass er diesen möglicherweise nie wiedersah. Hektisch wanderte sein Blick durch den Raum, als wenn er ihn hier entdecken könnte. Drittens gab es etwas, was ihn ganz gewaltig störte: Wie Hiroto Morinaga so vertraulich Tetsuhiro nannte, gefiel ihm nicht. Vermutlich redete er ihn sonst auch mit Vornamen an?! „Wo ist er überhaupt?“ „Arbeiten! Irgendwie muss er schließlich sein Geld zusammen kriegen!“ Hiroto klang, als wenn es auf der Hand lag und doch selbstverständlich wäre. Dann seufzte er schwer. Er vermisste seinen besten Freund jetzt schon. „Wie ist er überhaupt auf die Idee gekommen? Ich meine, nur wegen mir gleich nach Amerika abzuhauen, ist doch…“ „Ah ja, das ist ´ne lustige Geschichte! Tetsuhiro hat mir erzählt, dass er wohl vor nicht allzu langer Zeit auf irgendeiner Ausstellung einen Professor, Sumi hieß er, glaube ich, kennen gelernt hatte, der ihm diesen Vorschlag unterbreitet hat. Tja, und eure Trennung war dann der ausschlaggebende Punkt für seine endgültige Entscheidung.“ Er zuckte mit den Schultern als wäre es das Normalste der Welt, aber darauf achtete Soichi schon gar nicht mehr. Ihn beschäftigte eher, warum Morinaga ihm nichts von dem Professor erzählt hatte. Ihm war klar, dass die Ausstellung gemeint war, die sie zusammen vor vier Wochen besucht hatten. Morinaga war dort für einige Zeit verschwunden gewesen, hatte aber nicht erklärt, warum. Dass er ihm etwas verheimlicht hatte, gefiel Soichi überhaupt nicht. Er zermarterte sich den Kopf, ob Morinaga wohl noch mehr Geheimnisse vor ihm hatte und fühlte sich zunehmend unwohl. Er ärgerte sich umso mehr, als er keine Antwort fand, schließlich konnte er nun alles in Frage stellen und trotzdem erreichte er nichts. „Danke, dass du mir alles erzählt hast...“, stieß er nach einigen stillen Sekunden hervor, „dafür, dass du schwul bist, bist du eigentlich ganz nett...“ ‚Will der mich verarschen?‘, dachte Hiroto zweifelnd. Er kannte Soichis fast-Vergewaltigungsgeschichte von Tetsuhiro, doch er hatte nicht geglaubt, dass das Trauma so tief saß, dass er glaubte, alle Homosexuellen wären „böse“. Ein wenig verstand er, warum Soichi dann so merkwürdig auf Morinaga reagierte. Er fühlte sich angezogen, war aber hin und her gerissen aufgrund schlechter Erfahrungen. Abgesehen davon, dass ihm sein Bruder von einem anderen Mann „weggenommen“ wurde. Hiroto verstand Soichis Haltung. Hätte Morinaga noch ein wenig länger gewartet, hätte Soichi dieses Trauma überwinden und sie vielleicht zusammen glücklich werden können. ‚Trotzdem‘, dachte Hiroto trotzig, er war nun mal auf Tetsuhiros Seite und er wollte nicht, dass dieser weiter unter dem Hin und Her litt. Er seufzte und lächelte leicht. „Tetsuhiro doch aber auch!“, antwortete er auf Soichis ungewöhnliches Kompliment. *** „Das macht dann 2400¥, bitte!“ Er gab der Kundin das Wechselgeld und klappte die Lade der Kasse zu als er sie verabschiedete - das Ganze natürlich mit einem professionell freundlichen Lächeln. Ein erleichterter Seufzer entfuhr ihm. Glücklicherweise war ab jetzt nicht mehr viel los und er konnte sich ein wenig zurücklehnen. Die Stelle als Kassierer hatte er erst seit Kurzem und auch nur vorübergehend. Für seine Reise nach Amerika brauchte Morinaga noch Geld und so verbrachte er jeden Tag mit unzähligen Teilzeitjobs und zum Glück war der Supermarkt, in dem er gerade arbeitete, der letzte für heute. Er freute sich schon auf seinen wohlverdienten Feierabend. Dann konnte er endlich nach Hause und es sich auf dem Sofa vor den Fernseher gemütlich machen. Die Abende verbrachte er eigentlich immer allein, denn Hiroto, sein Kumpel, der ihm gewissermaßen Kost und Logis stellte, fing erst am späten Nachmittag an in der Bar zu arbeiten. Vor zwei Wochen war er total niedergeschlagen und mit Koffer vor dessen Tür aufgetaucht. Erfreulicherweise hatte dieser ihn, ohne groß Fragen zu stellen, sofort bei sich aufgenommen und sogar einen Raum extra für ihn leergeräumt, in den Morinaga dann einziehen konnte. Er wohnte nun schon seit zwei Wochen bei ihm und Hiroto wunderte sich ernsthaft, warum Morinaga nicht eine einzige Träne in dieser Zeit vergossen hatte und auch bevor er bei ihm ankam, war höchstwahrscheinlich nichts dergleichen passiert, er hatte keine Spur von roten Augen oder sonstigem entdecken können. Stattdessen schien Morinaga eine innere Wand aufgebaut zu haben. Er benahm sich größtenteils wie immer, nur wenn sie auf das gefährliche Thema zu sprechen kamen, blockte er ab und verschanzte sich hinter einem ausdruckslosem Gesicht und scheinbar tauben Ohren. Also hatte Hiroto es mit der Zeit gelassen, ihn zu analysieren. Er konnte schließlich nicht wissen, dass Morinaga mit einem Brief an seinen Senpai versucht hatte, mit seiner schwammigen Beziehung zu Soichi und seinen Gefühlen abzuschließen. Dennoch befand er sich immer noch in der Phase des Vergessens und das konnte er am besten, wenn er nichts von dem, was damit zu tun hatte, an sich ran ließ. Jemand tippte ihm auf die Schulter. „Morinaga-san, Sie können jetzt Schluss machen.“ Seine Ablöse war endlich gekommen und er nahm seine Lade um zum Geldzählen in dem privaten Teil des Geschäfts zu verschwinden. Da die Summe stimmte, konnte er ohne Umschweife seine Tasche holen und nach Hause gehen. Er trat hinaus in die milde Abendluft und zog unwillkürlich seine Jacke enger um den Körper. Die Luft hatte eine angenehme Temperatur, aber der Wind war leicht frisch. An für sich war das Wetter für die Jahreszeit doch schon recht schön und vor allem warm. Die zarten Pflänzchen, die bereits den Weg säumten, nahm Morinaga kaum wahr. Er konzentrierte sich darauf, nichts zu denken. Ansonsten lief er Gefahr, zu vielen unerklärbaren Gedanken zu begegnen und sich so wieder unnötig zusätzliche Schmerzen zuzufügen. Er atmete tief die frische Luft ein und genoss den kleinen Spaziergang nach Hause, auch wenn er sich auf die weiche Couch freute. Schon als er den Schlüssel in der Tür herumdrehte, wusste er, dass es wiedermal eine sehr einsame Nacht wurde. Er sah Hiroto meistens nur beim Frühstück und vermisste seine Anwesenheit beim Abendbrot. Auch wenn er sich nicht laut dazu äußerte, war sein Kumpel doch eine willkommene Abwechslung zu seinem trüben Inneren, dass sich vor allem immer dann breit machte, wenn er allein war. Noch während er seine Jacke auszog, ging er in die Küche und las den Zettel, den Hiroto ihm hingelegt hatte. Durch ihre ungleichen Arbeitszeiten kommunizierten die beiden größtenteils durch diese Notizen. Diesmal waren nur zwei dick hervorgehobene Wörter auf das Blatt geschmiert worden. Anscheinend hatte er es eilig gehabt. ISS WAS!!! Morinaga sah eine Sekunde auf den Zettel, bevor sich sein Mund zu einem leichtem Lächeln verzog. Hiroto hielt ihn andauernd an, ordentlich zu essen. Aber in letzter Zeit war ihm der Appetit vergangen. Nur seinem Freund zuliebe aß er zumindest ein wenig oder tat immerhin, als ob. Sein Magen fühlte sich leer an, aber wenn er an Essen dachte, hatte er das Gefühl brechen zu müssen. Dennoch konnte er sich ja nicht ausschließlich von Luft und Liebe ernähren, obwohl ihm das am liebsten gewesen wäre, vor allem Liebe… Er verwarf den Gedanken sofort und nahm sich eine Scheibe Schwarzbrot. Irgendwie musste er ja überleben. Er würgte ein paar Bisse runter und ließ sich auf das Sofa im Wohnzimmer fallen. In einer Hand die Bierdose schaltete er mit der anderen den Fernseher an. Gelangweilt zappte er sich durch das Programm und blieb irgendwann, beim fünften Versuch durch die Sender zu schalten, bei einem Spielfilm hängen. Unkonzentriert verfolgte er die Handlung, bis seine Gedanken ganz abschweiften. ‚Iss was!!!‘ Ha! Als wenn das die größte Sorge wäre! Wenn er genau darüber nachdachte, konnte Hiroto froh sein, dass Morinaga sich nicht wieder von Mann zu Mann schlief, so wie er es nach der Trennung von Masaki gehandhabt hatte. Glücklicherweise hatte er einfach zu wenig Zeit. Wären seine Jobs nicht und keine Reise nach Amerika vorzubereiten, wäre er wahrscheinlich in das alte Schema zurückgefallen. Aber womöglich auch das hätte ihn nicht abgelenkt. Wenn Morinaga ehrlich war, ging es ihm diesmal noch beschissener als nach Abbruch seiner vorigen Beziehung mit Masaki. Er hatte sich nach der letzten Trennung trotz der Gefahr wieder verletzt zu werden neu verliebt und viel Vertrauen in seinen Senpai gesteckt, aber er war wieder enttäuscht worden. Sein Herz, das er geflickt geglaubt hatte, war wieder auseinander gerissen worden und schien nun komplett auszubluten, Tropfen für Tropfen. Jeden Tag, an dem er sich des Endes bewusst wurde, schwächte ihn, deshalb musst er so schnell wie möglich weg von hier, weg von Japan und vor allem weit weg von seinem Senpai, sonst würde er irgendwann an Herzversagen kaputt gehen. Sein Jahr in den USA war seine einzige Möglichkeit zu überleben, alles zu vergessen und am besten neu anzufangen. Nichts und niemand konnte ihn nun noch davon abhalten. Er konnte sich wirklich glücklich schätzen, dass er die ersten Wochen bei Bekannten unterkommen konnte. Auch wenn diese noch recht weit von Los Angeles und seiner Zieluniversität entfernt wohnten und er hoffte, wenig erklären zu müssen, hatte er sich fest vorgenommen auf die „University of California“ zu gehen und dafür war er bereit zu opfern. In zweieinhalb Wochen konnte er von hier verschwinden. Er musste zwar viele gute Freunde zurück-, aber auch endlich schlechte Erinnerungen hinter sich lassen. Tage später kam Hiroto 2 Uhr morgens von der Arbeit nach Hause. Wie jede Nacht nach seiner Schicht führte sein erster Weg vom Flur, wo er zunächst seine Jacke ablegte, in die Küche. Er griff nach einer Wasserflasche und seinem Mitternachtssnack und wollte in sein Zimmer verschwinden. Da Morinaga bestimmt schon schlief, stieß er vorsichtig die Tür zum Wohnzimmer auf. Beinahe verschluckte er sich. „Tetsuhiro?“, flüsterte er und schlich zur Couch. Hirotos erster Gedanke war, dass er wohl auf dem Sofa eingeschlafen war, doch dann blickte er erschrocken in die leblosen Augen seines Freundes, die vor sich in die Luft starrten. „Hey!“ Er stieß ihn an und verschüttete dabei ein bisschen Wasser auf dem Teppich. „Geht’s dir nicht gut?“ Er rüttelte sanft seinen schlaffen Körper und versuchte mit seinen Händen wieder Farbe in Morinagas Gesicht zu klatschen. Allmählich kam wieder Leben in das sonst so schöne Antlitz. Hiroto vermutete traurig, dass sein Freund wieder einmal über seinen Senpai nachgedacht und darüber hinaus auch noch die Zeit vergessen hatte. Es war ja nicht schlimm, wenn Morinaga seinen Gedanken nachhing; das Problem lag nur darin, dass Soichi einfach nicht darin auftauchen durfte. Morinaga konnte einfach nicht an seinen ehemaligen Senpai denken, ohne nicht wenigstens ein bisschen in Depressionen zu versinken. Aber er meinte auch, dass es ganz zu lassen auch nicht ging. Soichi war wie eine Sucht für ihn: Ohne ihn leben konnte er nicht, aber mit ihm ging es auch nur auf kurze Dauer, und dann wurde es schwer…sehr schwer. Hiroto war ganz froh darüber, dass solche Moment, wie an diesem Abend, nur sehr selten passierten. Aber dennoch, es kam nun mal vor und das beunruhigte ihn. Er wollte seinen Freund nur ungern mit seinen Gedanken allein lassen. Morinaga blinzelte. Endlich hatte er seinen Kopf frei bekommen und Hiroto atmete auf. „Hier!“ Er reichte ihm ein Glas und schenkte ihm Whiskey ein. Er wusste, dass Alkohol keine Lösung war, Probleme zu bewältigen, aber um die Schmerzen seines Freundes zu lindern, fiel ihm kein anderes Mittel ein. Das einzige, was Morinaga glücklich machen konnte, war im Moment... wohl nur Soichi… Morinaga stellte sein Glas auf den Wohnzimmertisch und Hiroto ließ sich neben ihn in die Kissen sinken. Sie saßen eine Weile schweigend Seite an Seite, doch dann erhob sich Morinaga und schlurfte zur Tür. „Gute Nacht!... und danke!“ Er lächelte müde, aber Hiroto fühlte sich kein Stück besser. Es war Zeit, dass Tetsuhiro endlich vergaß. Auch Hiroto stand nach einer Weile auf und verschwand mit seiner Flasche in seinem Zimmer. Morinaga versuchte sich unterdessen einen Weg zwischen seine im Raum zerstreuten Klamotten und einem Koffer zu seinem Bett zu bahnen. Hiroto hatte es mal wieder geschafft den grauen Schleier über die klaffende Wunde auszubreiten. Dankbar ließ er sich in sein Kopfkissen fallen. Der Rest der Nacht verlief im Gegensatz zu den vorigen Nächten relativ ruhig. Nur einmal, zur Morgendämmerung, wachte er auf; ansonsten aber schlief er durch. *** „Hast du alles?“, fragte Yamaguchi auf dem schwarzen Koffer sitzend, dessen Reißverschluss Morinaga gerade versuchte zuzuziehen. „Ich muss noch das Waschzeug in meine Reisetasche packen, aber ansonsten bin ich fertig.“ Er ächzte, als er endlich den Gurt um den Koffer gezwängt hatte und wieder aufstand. „Mann, ist das wirklich alles notwendig?“ Yamaguchi wies auf die drei Gepäckstücke und schüttelte sein lockeres, hellbraunes Haar. Morinagas Mundwinkel zogen sich unwillkürlich nach oben. Diese Angewohnheit seines Kumpels würde er wohl so schnell nicht wieder sehen. „Ja, ich bin schließlich ein Jahr weg, abgesehen davon, dass ich hier in Japan zur Zeit kein eigenes Heim habe… Hiroto schickt mir die restlichen Sachen noch nach. Wäre ja zu schön, wenn seine Wohnung mit meinem Zeug zugestellt bleibt“, fügte er spöttisch hinzu. „Außerdem kann er mir das erst in frühestens drei Wochen nachschicken, deshalb auch Koffer und Reisetasche.“ „Na gut“, räumte er seufzend ein und half seinem Freund, dessen übrige Habseligkeiten zusammen zu packen und in den relativ geräumigen Flur zu tragen. „Ach, was passiert eigentlich mit deinem Motorrad?“, wollte Yamaguchi besorgt wissen. „Ich lass es, solange ich weg bin, hier bei Hiroto.“ Es war ihm deutlich anzusehen, wie erleichtert er über die Tatsache war, dass er einen sicheren Aufbewahrungsplatz für seine Ducati gefunden hatte. „Wo ist der eigentlich?“, und Morinaga erklärte seinem Studienkumpel, dass Hiroto an diesem Tag einen sehr wichtigen Termin hatte, den er leider nicht einfach hatte absagen oder verschieben können. Deshalb hatte Morinaga sich auch an Yamaguchi, seinen Kommilitonen gewandt, bei dem er sowieso noch was gut hatte. Von Hiroto hatte er sich bereits verabschiedet und es war ein sehr nasser Abschied geworden – nicht tränenreich! Nein, sie waren erst Essen und dann in eine Kneipe gegangen um bei Bier und Whiskey alles Erlebte noch einmal Revue passieren zu lassen. Das Taxi vor der Tür hupte bereits als Morinaga noch schnell seine Waschtasche in der Reisetasche verschwinden ließ. Sein Freund war bereits zum Auto gerollert und wuchtete nun den Koffer in den Wagen. Morinaga schmiss seine Reisetasche auf die Rückbank und klemmte sich sein Handgepäck unter den Arm um sich von seinem Kumpel verabschieden zu können. „Danke, Mann!“ „Jo, schon gut! Du hast mir schließlich auch geholfen als ich krank war…“ Er grinste Morinaga verlegen an, denn er wusste, was er heute für ihn getan hatte, tilgte noch nicht ganz die „Schulden“. „Wir sehen uns!“ „Spätestens in einem Jahr!“ Und beide fingen an zu grinsen. Sie ließen ihre Hände in einem festen Druck zusammen klatschen und stießen ihre Schultern aneinander. „Bis dann!“ „Ciao!“ Seine Tasche zwischen den Beinen verstaut, schlug Morinaga die Tür des Wagens zu und hob noch einmal die Hand zum Gruß. Yamaguchi tat es ihm gleich, als der Wagen sich in Bewegung setzte und wenig später um die nächste Kurve fuhr und nicht mehr zu sehen war. Morinaga sah verträumt aus den leicht verschmierten Fenstern des Taxis. Ein Jahr lang würde er Japan nun nicht mehr zu Gesicht bekommen. Ein Jahr… Das schien eine verdammt lange Zeit, aber sie würde wahrscheinlich wie im Flug vergehen, vermutete Morinaga und warf noch einmal einen sehnsüchtigen letzten Blick auf seine geliebte Heimat. Am Flughafen ging es drunter und drüber, überall, wo er hinsah, herrschte geschäftiges Treiben. Er suchte seinen Schalter und legte seine Papiere und Ausweis vor. Dann hievte er seine beiden großen Gepäckstücke auf das Band und die permanent lächelnde Dame hinter dem Tresen klebte beiden jeweils einen langen grünen Zettel um die Griffe. Sie schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln, als sie ihm die Unterlagen zurückgab und Morinaga wurde das Gefühl nicht los, dass man ihm ansah, wie nervös er war. Er flog zum ersten Mal ins Ausland und dann gleich über den Pazifik! Dankbar nahm er den Hinweiszettel zu Flüssigkeiten im Handgepäck an und machte sich auf, den Pfad der Sicherheitskontrollen zu beschreiten. Glücklicherweise hatte er nichts weiter in die Richtung von dem, was auf dem Infoblatt stand, dabei gehabt, sonst wäre sein Stresspegel wohl komplett durchgeschlagen. Nachdem er diverse Handgepäck- und intensive Körperkontrollen überstanden hatte, fand er sich endlich im Sicherheitsbereich wieder, froh, dass er endlich seine Ruhe vor grimmigen Zollbeamten in viel zu enger Uniform hatte. Seufzend machte er sich auf die Suche nach seinem Gate. Er hatte jetzt noch knapp eine Stunde Zeit und so hielt er unterwegs bei einem Duty-Free Shop, wo er nach Vorlage des Boardingpasses eine Zeitschrift und einen Schokoriegel entgegen nahm. Er hatte bereits seine Nervennahrung ausgepackt und wollte sich gerade hinsetzen um gemütlich zu lesen, da schritt eine große, schlanke Person mit kurzen, bereits angegrauten Haaren und in schickem Anzug auf ihn zu. „Hallo, Morinaga, wie geht es Ihnen?“ „Guten Tag, sehr gut, Professor Sumi!“ Sein Gegenüber strahlte Morinaga an. Es war eindeutig, dass der Professor gespannt war und sich schon extrem auf das bevorstehende Projekt freute, von dem er sofort berichtete. Die Aufregung ging augenblicklich, als der Professor das erste Wort gesagt hatte, auf Morinaga über, sodass dieser unbewusst und ohne auf die Nummer des Anrufers zu achten, zu seinem klingelnden Handy griff. „Bitte entschuldigen Sie mich!“, sagte er höflich an Sumi gewandt. „Aber gewiss!“ Sumis Gesicht hätte vielleicht beleidigte oder wenigstens enttäuschte Züge aufweisen müssen, aber seine Stimmung schien nichts trüben zu können. Stattdessen verschwand er einfach wieder gut gelaunt dahin, von wo er gekommen war. „Ja, bitte?“, meldete sich Morinaga schwungvoll. „…“ „Hallo?“ Er wartete eine Weile und wollte schon das Telefonat abbrechen, als jemand am anderen Ende plötzlich anfing loszustottern: „Ähm, hallo, Morinaga, hier ist Soichi.“ Diesmal schwieg Morinaga und legte bereits seinen Daumen auf die rote Taste. Als hätte er es geahnt, schrie Soichi in den Hörer: „Nicht auflegen! Bitte leg nicht auf!“ „… Was willst du?“, brummte Morinaga missmutig und ließ sich wieder auf seinen gepolsterten Sitz nieder, von dem er aus Höflichkeit gegenüber Professor Sumi aufgestanden war. „Wie geht es dir?“, fragte Soichi leise. Morinaga wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Wie ging es ihm denn? Sein Herz war gebrochen, nahezu am ausbluten, er aß unregelmäßig, schlief schlecht und fühlte sich demnach auch so. Sollte er da antworten, ihm ginge es gut? Sollte er in den Hörer brüllen, wie beschissen ihm zu Mute war? Warum tat er sich das Gespräch überhaupt an? „Hör zu“, knurrte er entnervt, “ich bin gerade am Flughafen und hab nicht mehr viel Zeit. Also, mach es kurz und sag endlich, warum du angerufen hast oder ich leg jetzt auf!“ „Okay“, räumte Soichi langsam ein, „du bist also schon am Flughafen? Na, dann ist es wohl schon zu spät…“ „Was heißt hier ‚schon am Flughafen‘? Weißt du davon?“ „Ja, du willst nach Amerika, ich hab es von Hiroto erfahren, ich dachte du wüsstest das?“ Soichis Stimme klang müde und erschöpft, doch das war Morinaga egal. Er grübelte eher darüber nach, warum sein Freund ihm nichts von diesem Gespräch erzählt hatte. Nach einem Moment des Schweigens unterbrach Soichi Morinagas Gedanken wieder. „Ich wollte dich eigentlich davon abhalten, abzureisen…“ „Ach, und warum?“ „Morinaga… Komm zurück! Geh nicht nach Amerika! Oder ‚Geh!‘, wenn du es wirklich willst, aber bitte lass uns wieder Freunde sein!“ Tetsuhiro vernahm deutlich den flehenden Ton in der Stimme seines ehemaligen Senpais und es versetzte ihm einen sehr schmerzhaften Stich, aber er riss sich zusammen. „Brauchst du mich im Labor? Such dir einen anderen, der deine Kommandos willenlos hinnimmt und ausführt. Ich habe keine Lust mehr, mich von dir herum scheuchen zu lassen! Ich habe ein sehr gutes Angebot unterbreitet bekommen und werde es auch nutzen!“ „Aber warum können wir nicht wenigstens wieder befreundet sein? Du musst nicht zu mir ins Labor zurückkommen!“ „Freunde… Senpai, du weißt genau, dass das nicht geht!“ Er war unwillkürlich in die alte Anredeform gewechselt. „Morinaga, ich… ich schlaf auch mit dir!“ Wieder hatte Morinaga das Gefühl, ihm wäre in die Magenkuhle geschlagen worden. Auf einmal war ihm schlecht. War er die ganze Zeit so rübergekommen? Hatte sein Senpai schon immer geglaubt, dass er nur Sex von ihm wollte? Oder glaubte er einfach nicht an die Liebe, vor allem nicht zwischen zwei Männern. „Du verstehst es einfach nicht, oder?!“ Das Telefon schien zu gefrieren, so kalt hatte Morinaga diese Worte in den Hörer gehaucht. „Nein, es hat keinen Zweck!“, sagte er mehr zu sich selbst und dann wieder an Soichi gewandt fuhr er genauso frostig fort: „Du hast es einfach nie verstanden…“ Mit diesen Worten beendete er das Gespräch. Der Schleier, der über seinem Herzen und seinen Gefühlen lag, verfestigte sich plötzlich Stück für Stück. Als wenn die Kälte in seiner Stimme auf sein Herz übergriff und es zu gefrieren drohte. Es würde nun schwerer, die Mauer zu durchbrechen, das wusste Morinaga und er war dankbar dafür, dass ihn von nun an wohl einige Schmerzen erspart blieben. Er nahm seinen Schokoriegel und sehr bedauernd auch die ungelesene Zeitschrift und reihte sich in die Schlange zum Flugzeug ein. Er hatte kein Stück lesen können, aber gleich in der Luft würde er wohl genug Zeit dazu haben. *** ______________________________________________________________________________ u_u So jetzt ist es raus: Morinaga fliegt in die USA... _______________________________ Achtung: Spoiler im 5. Band geht Soichi doch nach Kanada (?), sprich er fliegt auch weg. _______________________________ Ich hoffe, ihr nehmt mir nicht übel, dass ich Frau Takanagas Idee ein wenig umgewandelt habe, aber mich hat einfach interessiert, wie Soichi reagiert. _______________________________ Achtung: Spoiler (nur im umgekehrten Fall halt) _______________________________ Das wollte ich einfach schreiben... u_u" Es tut mir leid, dass ich andauernd "spoilern" musste (s. o.). Ich hoffe, ihr nehmt mir das Ganze nicht übel und mögt die FF trotzdem? *sich duckt* LG, Buster ^^ P.S.: Sorry, wegen Tipp- oder Kommafehlern, auch beim zwei- oder mehrmaligem Kontrolllesen übersehe ich so etwas manchmal. u_u Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)