Für immer Ladylike? von She-Ra ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Da Oscar nicht reagierte, wurde der Blick ihres Gegenübers besorgt. „Geht es Euch nicht gut? Habt Ihr Euch verletzt?“ Nun erwachte das Mädchen aus ihrer Starre. Sie schüttelte ihren Kopf und erhob sich, ohne die ihr gebotene Hand anzunehmen. „Nein, es ist alles in Ordnung. Danke. Ich war nur überrascht, um diese Uhrzeit jemanden hier anzutreffen.“ Der Fremde nickte und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Das freut mich zu hören. Nun, ich habe ebenfalls mit niemanden hier gerechnet“, erwiderte er und sah sie gebannt an. „Oh, verzeiht mir meine Unhöflichkeit“, sprach er weiter, bevor er sich leicht verbeugte. „Ich bin Graf Victor de Girodel“, stellte er sich vor. „Mein Name lautet Oscar Francois de Jarjayes“, erwiderte das Mädchen ruhig und nickte ihm dabei zu. „Darf ich fragen, was Euch hierherführt?“, fragte Victor sie. Prüfend sah Oscar ihn an. Er schien etwas zu neugierig für ihren Geschmack zu sein. „Verzeiht mir, Graf. Aber ich bin der Meinung, dass Euch dies nicht zu interessieren hat.“ Oscar verschränkte die Arme vor ihrer Brust und wand sich ab. Etwas überrascht von Oscars Verhalten, sah er sie an. Jedoch bemerkte er zugleich, dass er zu weit gegangen war. „Dies lag gewiss nicht in meiner Absicht, Monsieur“, entschuldigte er sich dementsprechend. „Ich verzeihe Euch, Graf. Aber nun entschuldigt mich bitte, ich muss weiter.“ Victor nickte leicht bei ihren Worten. „Dies gilt auch für mich. Ich wünsche Euch noch einen schönen Abend.“ „Vielen Dank.“ Oscar nickte ihm kurz zu und ging dann ihren Weg, auch wenn sie nicht wusste, wohin dieser sie führte. Dabei spürte sie Victors Blick in ihrem Rücken. Daher straffte sie ihre Schultern und ging sicheren Schrittes weiter. Rasch hatten die nahen Bäume sie verschluckt. Victor schüttelte kurz seinen Kopf. Dann seufzte er und ging in die Entgegengesetzte Richtung fort. Der jüngste de Jarjayes Sprössling folgte dem nicht vorhandenen Waldweg, bis sie eine Straße erreichte. Sie verhielt und lauschte in die Nacht. Oscar war sich nicht sicher, ob sie etwas gehört hatte oder nicht. Einige Minuten verstrichen, bis Oscar sicher war, dass sie allein war und unbehelligt den Weg passieren konnte. Jedoch kaum, dass sie zwischen die nächsten Bäume getreten war, vernahm sie das Gebell einer kleinen Hundemeute. Sofort weiteten sich die Augen des Mädchens und sie kletterte rasch auf den nächsten Baum. Kaum, dass sie die oberen Zweige erreichten hatte, sah sie die Hunde, die bellenden sich am Baumstang lang machten. Kurz darauf war auch ein Stimmengewirr zu vernehmen. „Die Hunde haben eine Spur“, hörte sie eine Männerstimme. Anschließend klang das Geräusch von galoppierenden Pferden an ihr Ohr, die vor ihrem Baum durchpariert wurden. Sofort versuchte Oscar sich hinter den Zweigen zu verbergen. Jedoch war das Laub nicht dicht genug, um sie zu verbergen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis man sie dort entdecken würde. Die Gruppe von Reitern sah sich suchend um, bis einer den Baum hinaufsah und Oscar dort entdeckte. „Dort ist sie“, sprach er und deutete in die Baumkrone. „Kommt herunter, Oscar.“ „Nein! Ich bleibe!“ „Es wäre klüger, sich unseren Anweisungen folge zu leisten. Ihr kennt sonst die Konsequenzen. Oder wollt Ihr den General noch mehr erzürnen?“ „Geht! Lasst mich in Frieden! Ich bin meinem Vater egal! Also geht! Sofort!“ Victor hatte die Hunde gehört und war daher dem Lärm gefolgt. So trat er zu dem Geschehen, jedoch hielt er sich im Hintergrund, auch wenn er wusste, dass man nicht lauschte. Victor wurde Zeuge, wie man Oscar vom Baum herunterholte. Mit verengten Augen und der Hand an seinem Degen verfolgte er das Ganze. Das Zetern des Mädchens, welches er noch nicht als solches erkannt hatte, drang an sein Ohr. „Lady Oscar. Wir haben nur einen Auftrag. Bitte beruhigt Euch“, sprach man auf sie ein. Victors Braue wanderte bei diesen Worten nach oben. //Lady? Wieso Lady?// „Ich will mich nicht beruhigen. Lasst mich los!“, versuchte das Mädchen auf die Männer einzureden. Ihr war bewusst, dass sie Kräftemäßig keine Chance hatte, so versuchten sie es mit Worten. „Nein, wir werden Euch nun zurückbringen“, erwiderte der Mann und setzte sie auf sein Pferd. Victor konnte ihnen nur hinterher sehen, wobei er seinen Kopf schüttelte. Er entsann sich, wie Oscar sich bei ihm vorgestellt hatte. //de Jarjayes… Vielleicht kann ich ja etwas in Erfahrung bringen…// Nachdenklich rieb er sich sein Kinn, bevor er weiter ging. Hier konnte er nichts unternehmen. Als Oscar auf dem elterlichen Anwesen zurückgekehrt war, schloss man sie sofort in ihr Zimmer ein. Der General, der gerade außer Haus war, würde sich später um sie kümmern. Die einzige, die nun zu ihr konnte, war Emilie de Jarjayes. Sie betrat den Raum und entdeckte ihr Kind, das auf ihrem Bett lag. Ruhig ging sie zu ihr und ließ sich auf der Bettkante nieder. „Warum bist du fortgelaufen mein Kind?“, fragte sie sie mit sanftem Ton. „Bitte, lasst mich in Frieden, Maman“, erwiderte das Mädchen leise. Besorgt betrachtete Emilie ihre Tochter. Es schmerzte sie, ihr sonst so lebenslustiges Kind, so niedergeschlagen zu sehen. Sanft strich sie ihr durch die blonden Locken. „Wenn du mit mir reden möchtest, lass es mich bitte wissen“, schlug Madame de Jarjayes vor. „Danke, Maman.“ „Kein dank, mein Kind. Ich bin doch für dich da“, erwiderte Emilie lächelnd und gab ihr einen Kuss auf Oscars Haar. Als sie sich wieder aufrichtete, drehte ihr jüngstes Kind leicht ihren Kopf. „Warum hat Vater sich verändert?“ „Wie meinst du das?“, fragte ihre Mutter nach. „Erst soll ich sein Nachfolger werden und nun soll ich Frauenkleider anziehen.“ „Weißt du, mein Kind. Sophie und ich waren damals gegen die Entscheidung deines Vaters, dich zu einem Mann zu erziehen. Jedoch war er stur und wollte unsere Worte nicht hören. Keiner von uns hatte damit gerechnet, dass er seine Meinung jemals ändern würde“, erklärte Emilie ihr. „Aber ich will keine Kleider tragen, Maman. Ich will weiterleben, wie ich es kenne.“ Madame de Jarjayes hatte dies bereits geahnt. Sanft strich sie ihr eine Locke nach hinten. „Ich kann dich verstehen, mein Kind. Du hast deine Freiheit immer geliebt. Aber versuche auch nachzuvollziehen, warum dein Vater so reagiert hat. Er will nur dein Bestes.“ „In dem er mich in Frauenkleider steckt? Das kann und will ich nicht verstehen, Maman.“ Deutlich waren der Trotz und auch die Sturheit des Generals in ihrer Stimme zu vernehmen. „Aber was willst du tun? Wieder fortlaufen?“ „Wenn es sein muss? JA!“ Emilie de Jarjayes konnte nur ihren Kopf schütteln bei diesen Worten. „Und dann?“ „Ich werde mich schon durchschlagen.“ „Du stellst es dir wirklich sehr einfach vor, Oscar. Aber du kennst nur eine Welt hier. Ich bitte dich. Versuche deinem Vater etwas entgegen zu kommen, dann wird er es auch honorieren.“ Es war ein kurzes Seufzen zu vernehmen. „Aber ich will nicht, Maman.“ „Bitte, mein Kind. Versuch es einmal. Deine Schwester heiratet in ein paar Wochen und möchtest du ihr diesen Tag verderben?“ „Nein, dass möchte ich nicht“, gab sie zu und seufzte erneut. „In Ordnung. Für sie werde ich es versuchen.“ Ihre Mutter lächelte sie sanft an und strich ihr über die Wange. „Ich bin stolz auf dich und ich weiß, dass du dein Bestes geben wirst.“ Kurz hielt ihr jüngstes Kind still, doch dann richtete sie sich auf und umarmte ihre Mutter. „Ich hab Euch lieb, Maman“, sprach sie dabei. Lächelnd drückte Emilie de Jarjayes ihre Tochter an sich und strich ihr dabei über den Rücken. Solche Momente hatte es immer nur selten zwischen ihnen gegeben und sie hoffte inständig, dass Oscar sich ihr anvertrauen würde. Für sie, wie auch deren Schwestern, hatte sie immer ein offenes Ohr. „Und ich dich, mein Kind“, erwiderte sie leise. Etwas blieb Madame de Jarjayes noch bei ihrem Kind, bis diese eingeschlafen war. Die Tage zogen ins Land. Der General kehrte zurück und war nicht begeistert von Oscars Flucht. Aber Emilie de Jarjayes hatte mit ihrem Gemahl gesprochen und somit sein Unmut etwas besänftigt. Daher hatte Oscar ihren Stubenarrest be- und keine weitere Strafe erhalten. Sophie kümmerte sich liebevoll um das junge Mädchen und ertrug mit Engelsgeduld die Flüche, die oft bei den Kleiderproben Oscars Lippen entfleuchten. Jedoch versuchte das jüngste Mitglied der Familie de Jarjayes sich zu bemühen. Am Tag der Vermählung ihrer Schwester ließ sie sich in ein passendes Kleid stecken und die Haare richten. Oscar wollte ihrem Vater beweisen, dass sie sich auch anders verhalten konnte. Indirekt hoffte sie natürlich, dass dann ihr Leben wieder den gewohnten Gang nehmen würde. Zur Trauung und zur anschließend Feier waren zahlreiche Anwesende erschienen. Champagner und Wein flossen in Strömen. Oscars Schwester stand im Mittelpunkt und die Gäste raunten, wie wunderschön die Braut war und welches Glück der Bräutigam hatte. Oscar hielt sich derweil im Hintergrund. Meist war sie in der Nähe ihrer Mutter. Ihr reichte dies vollkommen. Sie wollte nicht tanzen oder ähnliches. Daher holte sie sich die Erlaubnis ein, das Fest zu verlassen, sobald die Etikette es zuließ. Als dieser Zeitpunkt eintrat, nickte sie ihrer Mutter kurz zu und schritt am Rande des Saals in Richtung des Ausgangs entlang. Dabei fiel ihr Blick zur Tanzfläche, wo ihre Schwester mit ihrem Gatten tanzte. Warum sie es genau betrachtete, konnte sie sich selber nicht beantworten. Selber hatte sie Tanzstunden erhalten, aber sie hatte kein Vergnügen daran gefunden. Jedoch an dem Spiel auf dem Cembalo hatte sie Gefallen gefunden. An diesem Instrument konnte sie Stunden verbringen und ihren Gedanken freien Lauf lassen. Die Musik hatte eine beruhigende Wirkung auf sie. Damit konnte Oscar abschalten. So beschloss Oscar, sich ihrem Spiel zu widmen. Ruhigen Schrittes erreichte sie die Saaltür, wo im selben Moment ein junger Mann ihr entgegenkam. Dessen Blick bemerkte Oscar nicht. Langsam ging sie weiter, so gut es ihr Kleid zu ließ. „Ihr verlasst den Ball bereits?“, sprach man sie überraschend an. Sofort stoppte sie, ohne ihren Blick zu wenden. „Ja, es ist Zeit für mich“; erwiderte sie daraufhin. „Das ist schade. Ich hätte Euch gern um einen Tanz gebeten, Lady Oscar.“ Der charmante Tonfall und die Nennung ihres Namens, ließ sie ihren Kopf drehen. Jedoch schwieg sie. Ihr Gegenüber senkte leicht seinen Blick. „Aber ich möchte Euch nicht aufhalten. Verzeiht mir, dass ich Euch aufgehalten habe.“ Nun fand Oscar ihre Sprache wieder. Lächelnd schüttelte sie leicht ihren Kopf. „Keine Sorge, Graf de Girodel. Dies habt Ihr nicht. Ich wusste nicht, dass Ihr heute ebenfalls geladen seid.“ „Ich bin in Vertretung meines Vaters gekommen. Er lässt sich entschuldigen. Leider hatte ich nicht die Möglichkeit, eher hier erscheinen.“ Ruhig hörte Oscar ihm zu und nickte anschließend. „Mein Vater wird sich freuen, Euch hier begrüßen zu dürfen. Soll ich Euch zu ihm geleiten?“ „Sehr gern“, erwiderte Victor charmant, wobei er ihr seinen Arm anbot. Oscar nahm diesen an und führte den Gast zu ihrem Vater. Dieser war überrascht den Grafen zu sehen. Sie tauschten ein paar Höflichkeiten aus, bevor Victor diese beendete. „Ich hoffe, Ihr entschuldigt uns, General. Aber ich würde gern mit Eurer Tochter tanzen.“ „Natürlich, Graf de Girodel“, erwiderte der General. Dass Victor nicht die Braut sondern Oscar meinte, bemerkte ihr Vater erst, als er die beiden zur Tanzfläche gehen sah. Kaum das die Musik erneut aufspielte und die ersten Schritte getanzt waren, begann ein Raunen. Die Anwesenden begannen nun über den jüngsten Sprössling der Familie zu tratschen. Aber Oscar schien diesen kein Gehör zu schenken. Ein Lächeln zeigte sich auf ihren Lippen, während sie das Menuett tanzte. Der Einzige, dem dies scheinbar nicht gefiel, war André. Dieser half den anderen Bediensteten beim Servieren der Getränke. Als er Oscar tanzen sah, wurde seine Mine ernst und sein Herz zog sich zusammen. Ohne darüber nachzudenken, stellte er das Tablett mit leeren Gläsern auf dem nächsten Tisch ab und verließ raschen Schrittes den Ballsaal. Jedoch bemerkte dies niemand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)