Für immer Ladylike? von She-Ra ================================================================================ Kapitel 6: ----------- Oscars Lippen verließ noch immer kein Laut. Erklären konnte sie es sich im Moment selber nicht. Sie spürte nur, dass sie unsicher war. Etwas, was sie kaum an sich kannte. André sah es deutlich und ließ ihr daher Zeit. Er konnte nur vermuten was in ihr vorging. Seine Annahme an, ging es um ihre Verlobung und dies ließ Andrés Stimmung nicht gerade besser werden. Innerlich stieg sogar eine Art Wut in ihm auf. Ohne sich diesem wirklich bewusst zu sein, hielt er etwas Abstand zu Oscar und war indirekt abweisend und kühl. Die jüngste de Jarjayes Tochter war durch die vergangene Zeit feinfühliger geworden und sie spürte deutlich, wie André auf Distanz ging. Unmerklich ließ sie diese Erkenntnis hart schlucken und das Reden fiel ihr so noch schwerer. So verstrich Minute um Minute. Langsam wurde André ungeduldig, was er Oscar auch zeigte, indem er aufstand und durch das Zimmer marschierte. „Und?“, kam es herausfordernd. „Was möchtest du? Ich möchte ja nicht unhöflich sein, aber der Tag war lang und ich bin müde. Morgen muss ich wieder früh raus.“ Nur für einen Moment sah er Oscar noch direkt an, bevor er ihr den Rücken zudrehte. Mit solch einer beinah barschen Reaktion hätte die Blondine nicht gerechnet. Im ersten Moment wirkte sie sogar etwas eingeschüchtert. Daher erhob sie sich rasch und strich sie dabei das Kleid glatt. „Bitte, verzeih. Ich habe dich nicht aufhalten wollten“, flüsterte sie mit schnellen Worten. „Und daher lasse ich dich nun in Ruhe.“ Zügigen Schrittes versuchte sie das Zimmer zu verlassen. Jedoch im Türrahmen blieb sie stehen und sah mit gesenkten Lidern zu ihm. „Habe ich dir etwas getan?“, fragte sie ihn kaum verständlich. „Ich dachte, wir sind Freunde…“ André war überrascht. Damit hatte er nun nicht gerechnet und so schwieg er, ohne sie nur einmal zu betrachten. Erneut entstand eine kaum noch erträgliche Stille zwischen ihnen, die erst durch die leisen Schritte Oscar nach einigen Minuten unterbrochen wurde. Dies ließ André aus seiner Starre erwachen. Er wirbelte um seine eigene Achse und bemerkte, wie Oscar gerade sein Zimmer vollends verlassen wollte. Mit ein paar zügigen Schritten hatte er zu ihr aufgeschlossen und ergriff, ohne weiter nachzudenken, ihre zierliche Hand. An dieser zog er sie etwas in sein Zimmer zurück. Damit hatte Oscar nicht gerechnet. Überrascht sah sie ihn an. „Das habe ich auch gedacht…“, sprach André, ohne ihr die Chance zu geben, etwas zu sagen. Er sah ihr einen Moment tief in die Augen, dann ließ er sie jedoch los und ging weiter in sein Zimmer zurück. „Aber seit du mit diesem Grafensohn zu tun hast…“, brachte er mühsam hervor. Victor war für ihn, so etwas wie ein rotes Tuch und es ließ sein Herz schmerzen. Verdattert blinzelte Oscar bei seinen Worten. Für einen Moment verharrte sie, bevor sie ihm mit einigen Schritten folgte. „Was hat Victor mit unserer Freundschaft zu tun?“, fragte sie nach. Oscar hatte Angst vor seiner Antwort. Langsam drehte sich der Dunkelhaarige zu ihr und sah, wie ihre Hände sich leicht in ihr Kleid krallten. So hatte er sie noch nie gesehen und ihm tat seine barsche Antwort leid. Zudem hatte er ihr noch nie lange böse sein können. „Seit ihr euch kennt… gibt es kein anderes Thema mehr…“, gestand er leicht zerknirscht. „Ich… ich wusste nicht, dass… dass es dich so… bewegt…“, stammelte Oscar. André nickte kaum merklich, aber sie sah es dennoch. Kurz zögerte sie, bevor sie sich ihm näherte und ihm federleicht ihre Finger auf seine Schulter legte. „Glaube mir bitte. Ich wollte dich bestimmt nicht damit verletzen“, sprach sie sanft zu ihm. „Vielleicht kannst du mich etwas verstehen. Auf mich strömte so viel Neues ein. Gefühle, die ich nicht kannte und ich wollte sie mit dir teilen. So, wie wir früher es immer getan haben. Verzeih mir, dass ich so blind war und dich verletzt habe.“ André musste hart schlucken und schwieg zuerst. Jedoch ließ ihn Oscar gar nicht erst zu Wort kommen. „Aber ich bin eigentlich hergekommen, um mit dir vergangenen Wochen zu reden und auch über den heutigen Tag. Es ist so einiges geschehen.“ Ruhig sah André Oscar an. Bei ihrem letzten Satz wurde sein Blick etwas verwirrt. „Wie meinst du das?“, fragte er daher sogleich nach. Kurz sah sie ihn an, bevor sie sich von ihm löste und sich auf der Bettkante niederließ. „Wie du gewiss weißt, habe ich mich heute mit Victor getroffen.“ Zur Bestätigung nickte André und wartete weiter ab. „Wir haben uns lange unterhalten. Vor allem, weil ich das Gefühl hatte, das ihn etwas bedrückte. Es dauerte etwas, bis er mit mir darüber sprach. Und jedenfalls das Ergebnis unseres Gespräches war, dass wir unsere Verlobung gelöst haben“, erklärte Oscar ihm beinah sachlich, auch wenn ein gewisser Ton in ihrer Stimme mitschwang. André war mehr als überrascht über diese Worte. Zugleich entging ihm die leicht veränderte Stimmenuance nicht. Kurz zögerte er, bevor er sich zu ihr setzte und vorsichtig seinen Arm um ihre schmalen Schultern legte. „Du liebst ihn, nicht wahr?“, flüsterte er dabei. Diese wenigen Worten fielen ihm unsagbar schwer und sein Herz zog sich dabei zusammen, aber er musste einfach Gewissheit haben. Ganz leicht zuckte Oscar, als André sie in den Arm nahm, dann senkte sie ihren Blick auf ihre Hände. „Ich weiß es nicht“, gestand sie ihm leise. „Ist oder war es Liebe? Ich gebe zu, ich fühlte mich wohl in seiner Nähe, er war anders, als andere Leute, aber macht das Liebe aus? Etwas schmerzt es mich, jedoch nicht so sehr, dass ich das Gefühl habe, trauern müsste“, beichtete Oscar ihm weiter. Nach außen hin ruhig, hörte André ihr zu. Ihre Worte fühlten sich wie eine Erleichterung für ihn an. Jedoch in dem Moment, wo ihm dies bewusst wurde, fühlte er sich schuldig ihr gegenüber. So benahm sich kein Freund. Daher hörte er ihre nächsten Worte auch nicht. „André?“ Oscar sah ihn vorsichtig an und knuffte ihn leicht in die Seite, was ihn aus seiner Starre erwachen ließ. „Ja? Verzeih, was hast du gesagt?“, kam es leicht beschämt sofort von ihm. So konnte sie ihren früheren Spielgefährten nicht und das man deutlich Oscars Miene an. „Ich habe gesagt, dass ich dich auf in Begleitung von Caroline gesehen habe.“ „Das ist wahr. Sie ist ein liebes Mädchen“, erwiderte André, wobei er sie ansah. „Für mich ist sie, wie eine Schwester“, setzte er sofort hinzu, als er für einen Moment etwas in Oscars Augen sah, was er sich nicht erklären konnte. „Ist… ist das wirklich wahr?“, hakte Oscar sofort nach. Sie hatte nicht glauben können, was sie gerade gehört hatte. Zur Bestätigung nickte André leicht. „Ja, es ist die Wahrheit. Aber warum fragst du? Ist etwas mit ihr?“ „Wie soll ich sagen?“ Es fiel ihr nicht leicht, mit ihm darüber zu reden. Aber ihr war im Innersten bewusst, dass sie es mussten. „Wie gesagt, ich habe dich oft mit ihr gesehen und irgendwie… ich weiß nicht…“ „Sprich es ruhig aus, Oscar“, versuchte André sie aufzufordern. Leicht schluckte sie, bevor sie etwas nickte. „Ihr wirktet so vertraut miteinander, wie… wie ein… ein Paar…“, gestand sie nun mit raschen Worten. Sofort weiteten sich Andrés Augen. „Bitte?“, kam es von ihm dabei. Oscar nickte leicht. „Verzeih, es muss lächerlich in deinen Ohren klingen. Wir sind Freunde und da sagt man so etwas nicht.“ Kaum hatte Oscar dies gesagt, erhob sie sich. „Es ist spät, ich werde mich nun zurückziehen. Schlaf gut“, sprach sie, während sie auf die Tür zu ging. Verdattert sah André ihr hinterher. Mit so einer Reaktion hatte er nicht gerechnet. „Aber…“, verließ es seine Lippen. Kurz hob er seine Hand, bevor er sie etwas entmutigt sinken ließ. „Was wirst du deinen Eltern sagen, wegen der gelösten Verlobung?“ Leicht zuckte Oscar mit ihren Schultern. „Ich weiß es nicht. Erfahren werden sie es gewiss, aber wie weiß ich nicht“, erwiderte sie leise. „Verstehe. Aber sei dir eins bewusst, Oscar. Ich bin bei dir, egal was geschieht. Jedoch möchte ich eine gute Nacht wünschen.“ Kurz zögerte sie, bevor sie leicht nickte und auf den dunklen Korridor trat. Dort drehte sie sich, um die Tür zu zuziehen. Bevor diese ins Schloss fiel, sah sie André an. „Danke“, sprach sie und verschwand. André hatte nur schwach ihre Züge im matten Schein der wenigen Kerzen sehen können. Leicht nickte er nur, bevor er ihren leiser werdenden Schritten lauschte und sich anschließend auf seinem Bett ausstreckte. Stumm starrte er an die Decke und ließ das Gespräch innerlich noch einmal Revue passieren. Es war verwirrend für ihn, vor allem die Tonlage, die sie die ganze Zeit dabei angeschlagen hatte. Daher nahm André sich vor, sobald wie möglich, erneut das Gespräch mit ihr zu suchen, um mit ihr zu reden. Nur so würden Oscar und auch er Ruhe und Frieden finden. Während André versuchte Schlaf zu finden, stand Oscar in ihrem Zimmer an ihrem Fenster und sah hinaus. Warum war sie auf einmal so feige gewesen? Und wieso hatte sie mit André nicht wie früher reden können? Zudem hatte das Gespräch nicht wirklich etwas ergeben, das war ihr klar. Tief in sich war sie vollkommen verwirrt. Zuerst die Sache mit Victor und nun André. //Mein Herz wurde leichter, als er sagte, dass er Caroline wie eine Schwester mag. Aber warum? Er war doch immer mein Freund,… mein Kamerad… Wieso bringt er mich so durcheinander?// Ein leises Seufzen verließ ihre Lippen. Wie lange sie noch dort gestanden und ihren Gedanken nachgehangen hatte, wusste Oscar am nächsten Tag nicht mehr. Schweigend frühstückte sie zusammen mit ihrer Mutter, die sie die ganze Zeit besorgt beobachtete. Jedoch hoffte Emilie de Jarjayes, dass ihre Tochter zu ihr kommen und ihr ihre Sorgen berichten würde. Die Ruhe zwischen den beiden wurde jäh gestört, als der General hereingepoltert kam. Sofort sahen beide ihn überrascht an. „Was hast du, mein Gemahl?“, fragte Emilie ihren Gatten, der vor Wut beinah zu schnauben schien. „Gerade hat ein Bote mir ein Schreiben überbracht. Es kam vom Grafen de Girodel. Er teilte mir mit, dass sein Sohn in der vergangenen Nacht durchgebrannt. Mit dieser Handlung hat er Schande über seine Familie gebracht und durch die Verlobung mit Oscar auch über uns“, tobte Reynier mit böse funkelnden Augen. Emilie konnte kaum glauben, was sie hörte. Kurz sah sie zu ihrer Tochter, deren Haltung sich kaum verändert hatte. //Ist sie deswegen traurig? Hat sie es gewusst?//, fragte Madame de Jarjayes sich in Gedanken. „Und was gedenkst du nun zu tun?“, sprach sie zu ihrem Gemahl. „Graf de Girodel hat sich von seinem Sohn losgesagt. Ich werde seinen Sohn suchen lassen und ihn zur Rechenschaft ziehen!“ Bei den Worten ihres Vaters schien wieder Leben in Oscar zu ziehen. „Wieso Vater? Er wird gewiss Gründe gehabt haben, fortzugehen und dies wird sich nicht ändern.“ „Wie bitte? Du weißt nicht, was du da sprichst, Oscar! Er hat sich nicht gegen den Willen seiner Familie zu stellen! Aber du bist noch zu jung, um zu verstehen, was Ehre für die Familie bedeutet!“, blaffte er seine jüngste Tochter an. Oscar versuchte nicht zusammenzuzucken, auch wenn ihr das merklich schwer viel. Emilie de Jarjayes schwieg für einen Moment, dann sah sie ihren Gemahl an. „Halt unser Kind bitter heraus. Sie kann nichts für das, was geschehen ist. Und wo willst du anfangen, ihn suchen zu lassen? Niemand weiß, wann er aufgebrochen ist. Er kann bereits weit fort sein. Es wäre sinnlos“, versuchte sie ihn zu beschwichtigen. „Ich werde es tun. Da kannst du noch so viel reden, Emilie“, fuhr er sie an und verließ daraufhin den Salon. Die Tür knallte laut ins Schloss, was Oscar zusammenschrecken ließ. Ihre Mutter erhob sich und trat zu ihr. „Bist du wegen ihm so schweigsam?“, sprach sie sanft zu ihr und legte dabei die Hand auf Oscars Schulter. Ihr jüngstes Kind sah zu ihr hoch und nickte leicht. „Ja“, war die kurze Antwort. „Was ist geschehen, Oscar?“, fragte Emilie daraufhin nach. Ihre Tochter zögerte für einen Moment, doch dann vertraute sie sich ihrer Mutter an und berichtete ihr von dem Gespräch. „Er liebt sie. Ich habe ihn freigegeben, da auch ich ihn nicht liebe.“ Mit diesen Worten endete Oscar ihren Bericht. Die ganze Zeit hatte Emilie ruhig zugehört, bevor sie leicht nickte. „Ich verstehe. Weißt du, wo der junge de Girodel sein könnte?“ „Er hat nichts in dieser Richtung geäußert. Was wird mit ihm geschehen, wenn Vater ihn findet?“ „Wenn er weiterhin so wütend ist, kann ich für nichts garantieren, mein Kind.“ „Aber er darf ihm nichts tun, Mutter!“, rief Oscar und sprang dabei von ihrem Stuhl, der dabei ins Wanken geriet. „Shht…,Oscar. Ganz ruhig.“ Emilie überlegte, was nun zu tun sei. „Du hast doch mit Victor viel unternommen.“ Oscar nickte sofort zustimmend und sah ihre Mutter fragend an. „Reite zu den Orten, vielleicht findest du ihn dort. Dein Vater wird zuerst die Hauptstraßen in Richtung Paris absuchen lassen. Nimm André mit und warne den Grafen. Ich werde hier warten“, schlug Madame de Jarjayes vor. Sofort umarmte Oscar ihre Mutter. „Ja, das werde ich tun. Ich danke euch.“ Sie raffte ihr Kleid und rannte hinaus, um André zu suchen. Sie fand ihn im Pferdestall. Er war überrascht, sie so erregt zu sehen und erfüllte ihr ohne zu nachzufragen die Bitte, ihre Pferde zu satteln. Einige Minuten später galoppierten sie gemeinsam vom Hof. „Was hast du vor, Oscar? Was ist geschehen?“, fragte André sie nach einer Weile. Mit knappen Worten berichtete sie von dem Vorfall im Salon. „Wir müssen ihn warnen.“ „Aber warum, Oscar?“, fragte André nach, ohne das er es böse meinte. „Er ist mir ein lieber Freund, vielleicht auch etwas wie ein Bruder. Ich will nur, dass er glücklich sein kann. Er würde nicht anders handeln. Bitte, André.“ Nur zögernd nickte er leicht. „Wie du willst, Oscar.“ „Ich danke dir.“ Mit diesen Worten ritten sie noch schneller und klapperten alle Orte ab, an denen Oscar die Zeit mit Victor verbracht hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)