Niemand von Toozmar ================================================================================ Kapitel 5: Zufall oder Schicksal? --------------------------------- Vielleicht ist es ja wirklich bescheuert so etwas zu denken, aber ich würde gerne die Zeit zurück drehen. Nicht unbedingt um etwas anders zu machen, sondern eher um die Zeit bewusst zu genießen. Ich würde so gerne aufwachen und wieder 16 sein. Einfach die ganzen schönen Tage, Stunden, Momente erleben, jeden noch so kleinen Eindruck in mich aufsaugen. So gut wie es nur geht die Erinnerugen fest einspeichern. Denn ich weiß, eines Tages werde ich die Zeit vermissen. Werde an diese schönen Momente denken und traurig sein. Ich werde an all das denken was ich verpasst habe, an all das was noch hätte passieren können. Genau diese Gedanken lassen mich traurig werden, lassen den Wunsch in mir größer werden. Die Erkenntnis das dies nie passieren wird trifft mich mit jedem Mal härter und doch bleibt dieses Verlangen. Egal was für ein Leben ich führe, wie glücklich ich auch sein mag, niemals wird es auch nur im Entferntesten an die Vergangenheit ran kommen. Vielleicht war damals nicht wirklich alles perfekt, immerhin hat jeder so seine Macken, aber in meinen Gedanken ist es perfekt. Alles war damals einfach perfekt, jeder noch so kleiner Fehler schien gewollt. Ich würde dich gerne anrufen, mit dir darüber reden, herausfinden ob du denn auch manchmal so denkst. Wir könnten wieder zusammen kommen, zusammen leben, endlich nicht mehr alleine sein. Wir könnten zusammen glücklich werden so wie damals, ja genauso glücklich. Lächerlich, ja wirklich naiv. Ich sollte es doch besser wissen. Ich sollte wissen, dass die Wünsche ewig unerfüllt bleiben, dass wenn ich nicht aufhöre darauf zu hoffen ich für immer so leiden werde. Doch ich schaff es nicht. Ich schaffe es einfach nicht diesen Wunsch aus meinem Kopf zu streichen. Es klingt idiotisch und wahrscheinlich ist es das auch, aber all die Gedanken, die Hoffnungen, so grausam sie auch sein mögen, sie geben mir Kraft. Kraft die ich brauche um nicht jeden Tag in Depressionen zu verfallen. Nur manchmal verlässt mich die Kraft und dann leide ich, weine ich, versteh nicht warum ich so hilflos bin. Ich hatte vorgehabt diese Gedanken auf ewig für mich zu behalten, alleine damit fertig zu werden. Ich kann es nicht. Ich will endlich das du all das hier erfährst, dass du darüber nachdenkst und mir ehrlich antwortest. Wirklich ehrlich, auch wenn es mich verletzt. Ich kann nur noch hoffen, dass du mich nicht für bescheuert hällst und darauf das du mir antwortest. Xxx Jan Zufall oder Schicksal? Wahrscheinlich beides, dachte Jan als er den Brief in den Händen hielt. Damals hatte er sich nicht getraut ihn wirklich abzuschicken. Die Briefmarke wartete seit knapp 3 Jahren auf den Poststempel der ihre Reise zum Empfänger in Auftrag geben sollte. Ob er es sich heute trauen würde? Unwahrscheinlich. Hat sich doch bis heute so viel verändert. Die Gefühle sind gleich geblieben, nur etwas schwächer geworden, nicht mehr alltäglich spürbar. Aber der Kontakt den er sich damals so gewünscht hat, spielt heute fast keine Rolle mehr. Eher versucht er sich zu erinnern, wann er das letzte Mal Dirk gesehen hatte. Er kann es nicht sagen, nur vermuten. Es ist einfach alles zu lange her. Wahrscheinlich würde der Brief wirklich für immer hier liegen bleiben. Es sei denn, dass er wirklich mal Mut aufbringen würde. Der Griff um das dünne Papier wird stärker, die langen Finger falten den Brief wieder sorgfältig zusammen, stecken ihn in den Umschlag. Es ist doch einen Versuch wert, zumindest dieser letzte Versuch soll ihm gegönnt sein. Bis zum nächsten Briefkasten ist es nicht weit, ein schöner Spaziergang. Schon von weitem sticht ihm der gelbe Kasten ins Auge. Noch eine kleine Handbewegung und der Brief ist verschwunden, endlich auf seiner vorherbestimmten Reise, wobei sich Jan sicher ist, dass die Adresse sowieso nicht mehr stimmt und der Brief in einer knappen Woche wieder bei ihm landen wird. Er dreht sich um, will nach Hause. Ein kurzer Blick noch auf die Schlagzeilen der Zeitungen in den klapprigen Boxen, die irgendwie an fast jeder Ecke stehen. "Ex-Arzt in Behandlung! Der Absturz des Bela B.!" Er schluckt, er fühlt sich schlecht und er fragt sich Zufall oder Schicksal? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)