Stumme Tränen von AnaO (Darfst du mich denn lieben, Inuyasha?!) ================================================================================ Kapitel 22: Beziehungsprobleme ------------------------------ Yuichi erwachte wie immer vor seinem Wecker, nur um wieder einzuschlafen, das Klingeln zu überhören und dann zu verschlafen. Doch seit einigen Tagen war es anders. Seit die Alpträume aufgehört hatten. Seit Ruhe in sein Herz eingekehrt war. Seit sie bei ihm war. Zärtlich strich er ihr das kastanienbraune Haar aus dem Gesicht, das sich in seine linke Hand schmiegte. Sie schlief am liebsten mit seiner Hand an ihrem Gesicht ein. Weil sie seine Hände liebte, groß, rau, männlich. Und er liebte ihre Wange in seiner Handfläche. Ihre Beine waren mit seinen verkeilt, ein Arm um seinen Hals geschlungen. Er sah sie an, völlig von ihrer Schönheit eingenommen, von ihrer Wärme und schloss einen Moment genüsslich die Augen. Zärtlichkeit durchflutete ihn wie eine sanfte, warme Brandung. Allein ihre Nähe gab ihm mehr Glück, als er je zu träumen gewagt hatte. Vor unendlich vielen Jahren hatte er sein Herz verloren und sie hatte es ihm wieder gebracht. Er genoss die wenigen Minuten die ihm blieben, bis sie aufstehen mussten. Ihr Nachthemd war ihr im Schlaf über die Hüfte gerutscht und bauschte sich an ihrem- er legte die Hand drauf- flachen, wunderschönen Bauch. Er fuhr über die seidenzarte Haut ihrer Taille hinauf zu ihren vollen, prallen Brüsten. Yuki seufzte leise im Schlaf. Er kannte keine Frau, deren Körper so empfindlich im schlafenden Zustand reagierte. Aber Yukis Körper war stets vor ihrem Verstand wach und das genoss er in vollen Zügen. Seine raue Hand erkundete ihren zarten, lockenden Körper, die Haut, so weich, dass seine Fingerspitzen vor Wonne kribbelten. Er könnte ewig so weitermachen, würde nicht ein bestimmtes Körperteil und ihr süßes, hauchfeines Stöhnen reagieren. Begierde lenkte nun seine Berührung. Yukis Atem wurde schneller, ihr Seufzen lauter und sie öffnete die Augen, als er die sensible Haut an der Innenseite ihrer Schenkel liebkoste. Noch schlaftrunken, war ihr gar nicht wirklich bewusst, was er da tat, doch ihr Körper drängte sich verlangend an seinen. Ihre weichen Rundungen an seine harten Muskeln. „Oh, Himmel!“, entfuhr es ihr. Ihre Stimme war die reine Sünde und brachte sein wallendes Blut fast zum überkochen. „Yuichi, stopp!“ Schwungvoll setzte sie sich auf ihn, die Augen blitzend, die Lippen bebend vor Verlangen. „Nein“, hauchte sie atemlos. „Nicht jetzt.“ Unbewusst rieb ihr Schoß gegen seine schmerzhaft pochende Männlichkeit. Das gab ihm den Rest. Blitzschnell, rollte er sie herum, hielt ihren Körper unter seinem gefangen und eroberte ihren Mund erbarmungslos. Sein lustvolles Keuchen mischte sich mit ihrem. „Gott, Yuichi!“ Ihres Verstandes beraubt, die Sinne betäubt, bäumte sie sich ihm entgegen. Sie versuchte sich zu wehren, zwecklos gegen seine Stärke. Heiße Begierde loderte in seinen blauen Kristallaugen. „Zu spät“, knurrte er und zerriss mit einem Ruck ihr Nachthemd. Oh Gott, sie wollte ihn, und wie! Nein, noch nicht! Nicht jetzt! Himmel, nicht ihr Hals! Nur nicht- Heiß legten sich seine verlangenden Lippen auf ihren Hals, an die wild pulsierende Ader. „Oh!“ Sie riss die Augen auf. „Ja, Inuyasha!“ Yuichi ließ schlagartig von ihr ab, als hätte er sich verbrannt. Seine Lust war mit diesem Wort im Keim erstickt worden. Er stütze sich auf seine Handflächen und blickte herab auf ihr gerötetes Gesicht, die geschwollenen Lippen, die verschleierten Augen… und das fiese Lächeln. „Das war gemein“, beschwerte er sich. „Nein“, verbesserte sie. „Was du tust, ist gemein. Meine Wehrlosigkeit auszunutzen, du Lustmolch!“ Sie schob ihn von sich, stand wankend auf, die Fetzen ihres Nachthemdes als einziger Schutz vor seinen glühenden Augen. Ihr ganzer Körper kribbelte von seinen Küssen und Berührungen, ihre Knie waren weich wie Butter. Am liebsten hätte sie sich auf ihn gestürzt. Aber es war zu früh. Sie spürte, dass der richtige Zeitpunkt nicht gekommen war. Ihre Schwestern hatten solche Luxus-Probleme nicht. Neidisch dachte sie an Yami, die einen genauso wundervollen Mann an ihrer Seite hatte, aber ihn ohne Einschränkungen genießen konnte. Okay, ganz so perfekt war es bei Yami nicht. Aryan war fast pausenlos unterwegs. Selten hatten sie eine komplette Nacht zusammen verbracht. Aber Yami durfte, was Yuki verwehrt blieb. Seufzend drehte sie das Wasser in der Dusche auf. „Du hast doch gestern Abend geduscht“, wunderte er sich. Ein Glück, dass die Duschkabine undurchsichtig war… „Ich muss mich waschen. Dank dir bin ich feuchter als London im Herbst! Und spar dir das Grinsen!“ Yami erwachte vom Weckerklingeln und schlug träge nach dem Störenfried. Nie hatte ihr Morgen so schön begonnen wie in Aryans Armen. Ihr Leben war der Himmel mit dem schönsten und stärksten Mann der Welt an ihrer Seite, den sie über alles liebte. Von dem sie sich jetzt leider lösen musste, weil sie auch ein Leben außerhalb dieser Wohnung hatte. Sie bettete den Kopf auf seiner nackten Brust, lauschte seinem kräftigen Herzschlag, spürte, was für unerschöpfliche Kraft und Energie unter seiner Haut floss. Seine Arme schlangen sich fester um sie. Wann war er eigentlich wieder zu ihr gekommen? Sie war ohne ihn eingeschlafen, wie so oft… Aber immerhin neben ihm aufgewacht. „Hast du den Wecker nicht gehört, Schlafmütze?“, gähnte sie und löste ihre Beine, die sich um seine geschlungen hatten. Aryan reagierte nicht. Sie musste lachen. Jeden Morgen dasselbe, wenn er noch nicht unterwegs war. Er regte sich erst, wenn sie ihn mit einem Kuss weckte, obwohl er längst wach war. Ach, wie sie diesen Mann liebte, ihren Traummann, ihren Traum! Erst ihr zärtlicher Kuss öffnete seine Augen, klar wie zwei geschliffene Smaragde, von diesem atemberaubenden, wilden Grün mit einem Hauch Braun um die Pupille. „Guten Morgen, mein Glück.“ Seine gedachten Worte drangen mit der Magie seiner Augen in ihr Herz. „Wie hast du geschlafen, Prinzessin?“ „Traumhaft! Wie immer, wenn du mich zuvor so durchnimmst.“ Er lachte laut auf. „Seit ich dich kenne, ist mein Leben schöner, als ich es mir je vorstellen konnte. Du gibst mir alles, was mir gefehlt hat. Habe ich dir je gedankt?“ „Jeden Morgen“, kicherte sie und versank dann in seinen Armen, an seinen brennenden Lippen. „Bin ich glücklich zwischen all diesen verliebt gurrenden Täubchen“, spottete Yoko genervt beim Frühstück. „Es ist so schön, der einzige einsame, ungeliebte Mensch zu sein.“ „Wer ist hier ein gurrendes Täubchen?“, beschwerte sich Inuyasha. „Tu nicht so, mein süßes Vögelchen“, säuselte Yuichi und zwinkerte ihm anzüglich zu. „Kann man dich irgendwie abstellen?“, grollte er. „Also ich spüre das Knistern“, bestätigte Yuki. „Ich auch“, nicke Anjaani. „Du hast recht, Chi-chan, es knistert gewaltig zwischen euch.“ Inuyasha sah sie sprachlos an. „Allerdings ist es Inuyashas Wut. Hör jetzt bitte auf.“ „Mich beschützt Aryan“, brüstete er sich. „Ich beschütze nur unschuldige Personen, keine lebensmüden“, lächelte Aryan. „Warum müsst ihr immer zusammen halten?“, jammerte der Japaner. „Ich fühle mich ausgeschlossen!“ „Weil du ein Weichei bist“, grinste ihn Inuyasha böse an. „Und nicht halb so Mann wie wir.“ „Nee-chan? Ist das wahr?“ Er sah Anjaani, die ihm gerade Tee einschenkte, so tieftraurig an, dass sie voll Mitleid die Arme um seinen Kopf schlang und ihn fest an die Brust drückte. „Nein, du bist mein wundervoller Chi-chan!“ Das fiese Lächeln, das er Inuyasha zuwarf, während er sich an sie kuschelte, sah sie nicht. „Hör damit auf, du Kröte“, zischte der Halbdämon. „Hey, blauer Zwerg, pfeif deinen Freund zurück!“ „Würde ich, aber mich regt es nicht so auf wie dich, Inuyasha.“ Yuki wirkte völlig ruhig, es war nicht ihre Art, eifersüchtig zu sein. Doch jedes Mal wenn Yuichi Anjaani umarmte, brodelte es bitter in ihr hoch. Und nach dem, was bei Aufwachen passiert war, vibrierten ihre überreizten Nerven. Sie wusste, es war unschuldig, doch sie ertrug es nicht. Anjaani wäre immerhin die einzige, die ihr Yuichi wegnehmen könnte. Das würde sie nie tun, aber wie lange könnte Yuichi ihr widerstehen? „Dich stört es nicht, dass dein Freund an einer anderen rumfummelt?“, warf ihr Inuyasha gerade vor. „Nicht an irgendeiner Frau, sondern an ihr!“ Wütend ließ sie ihr Besteck fallen und stand auf, sah ihn an mit vor Zorn funkelnden Augen. Der Hanyou schreckte zurück. „Ich weiß ganz genau, dass ich neben Aani wie eine Sumpfkröte aussehe, das musst du mir nicht sagen! Und wenn er sie anfasst, ist es deine eigene Schuld! Wenn es dich so sehr stört, dann sorge halt dafür, dass Aani lieber dich umarmt als ihn! Tu was dagegen, anstatt nur dein Riesenmaul aufzureißen. Mir steht das bis hierher! “ Fauchend stürmte sie ins Badezimmer und knallte die Türe hinter sich zu. „Nein“, mahnte Yami, als Yuichi Anstalten machte, ihr hinterher zu gehen. „Yuki musst du in Ruhe lassen, bis sie sich beruhigt hat. Dann erst kannst du mit ihr reden.“ „Aber was ist los mit ihr? Sie neigt doch gar nicht zu Eifersucht. Yoko ist doch die dramatische Zicke.“ „Weil sie dich liebt“, antwortete Anjaani schlicht, Yoko einen beruhigendes Lächeln zuwerfend. „Zeig ihr, wie wichtig sie dir ist.“ Yuichi senkte den Blick und überlegte. Yoko und Yami sahen sich nickend an, dann sagten sie gleichzeitig: „Zeige allen, dass du sie liebst. Jeder soll wissen, dass sie zu dir gehört.“ „Ist das nicht zu romantisch? Sie findet Romantik doch lächerlich!“ „Vertrau uns!“, beharrten die Schwestern. „Häschen ich brauche deine Hilfe!“, rief Anjaani plötzlich. „Zeichnest du mir bitte was?“ „Ich wollte dich schon immer nackt zeichnen“, flötete Yuki und setzte sich, mit der Hand in ihrem Ausschnitt suchend, an ihren Platz zurück. „Los, ausziehen!“ Yuichis Blick folgte ihrer Hand. „Ich hatte vor einiger Zeit einen Traum“, begann Anjaani unbeirrt. Yukis Augen leuchteten. „Einen erotischen Traum? Mit mir?“ „Nein“, knurrte Anjaani leise. „Mit mir?“, fragte Yuichi. „Nein“, knurrte Anjaani lauter. Beide sahen enttäuscht drein. „Willst du mir jetzt helfen oder nicht?“ Yuki zog ihren Bleistift aus dem BH und nickte. „Als ich das letzte mal am Ort war, an dem keine Tränen existieren, da…“ „Das war doch als-“ „Ich weiß, wann das war“, seufzte Anjaani ungeduldig. Sie wollte nicht an ihren Verlust erinnert werden. „In der Zeit hatte ich jedenfalls einen Traum. Ich war auf einem Ball und trug ein traumhaftes Kleid.“ „Träumst du auch mal von etwas anderem, als von rauschenden Bällen?“, wollte Yami wissen. „Selten. Du warst auch da mit Aryan.“ „Uh, war er nackt?“, begeisterte sich Yuki. „Nein, natürlich nicht! Er hatte genau wie Inuyasha-“ „Inuyasha?“, riefen die Drillinge gleichzeitig. „Also doch ein erotischer Traum!“ Anjaani wurden knallrot und sprang auf. „Nein!“, kreischte sie schon fast. „Er hat mit mir getanzt! Er trug einen Anzug, hatte kurze Haare. Der Mond schien und die Musik war ein Traum! Es war so wunderschön und romantisch. Wir haben uns völlig in diesem Zauber verloren.“ Ihre Augen hatten einen verträumten Ausdruck angenommen, glommen golden. Inuyasha wusste, wie viel es ihr bedeutete, mit ihm zu tanzen. „Und ihr habt nur getanzt?“ Yoko klang nicht überzeugt. „Nur getanzt“, kam die zu hektische Bestätigung. „Nee-chan, du lügst“, grinste Yuichi. Panisch schüttelte sie den Kopf. „Es war ein unschuldiger Traum!“ „Inuyasha? Unschuldig?“ „Was wollt ihr damit sagen?“, beschwerte sich der Dämon. „War es schön schmutzig?“ Anjaani war den Tränen nahe. „Es war romantisch. Warum müsst ihr immer alles verderben?“ „Sex ist romantisch“, widersprach Yami. „Nein, ist es nicht!“, knurrte Anjaani. „Sex basiert auf Liebe!“, war Yoko überzeugt. „Auch für Zuma?“, warf Yuki spitz ein. Yoko klappte zornig den Mund zu. „Ihr zwei seid völlig verblendet“, ereiferte sich Yuki. „Sex ist nichts anderes als die Befriedigung der fleischlichen Gelüste. Mit Gefühlen, oder gar Liebe hat das rein gar nichts zu tun!“ Yuichi starrte sie erstaunt an. Der Bissen, den er sich in den Mund schieben wollte, fiel ihm von der Gabel. „Du selber bist nichts anderes als ein Mittel zur Triebbefriedigung. Du wirst nur benutzt, etwas wert bist du nicht! Sex ist schmutzig und unehrenhaft. Mit ehrlicher, reiner Liebe hat es nichts zu tun! Dir wird ein Stempel aufgedrückt. Und auf diesem Stempel steht „Ventil“. Was hat das schon mit Gefühlen zu tun? Im Moment mag es schön sein, doch danach fühlst du dich benutzt. Mehr nicht! Und es wird nie anders sein, egal mit wem und wie oft du es machst!“ Stille war eingetreten und in dem Moment war allen klar: Raj hatte eine größere Narbe hinterlassen, als bisher vermutet. Yuichi legte den Arm um ihre Schulter und spürte ihr Beben. Der Kerl, der ihr die Unschuld genommen hatte, musste ihr sehr wehgetan haben. Jetzt kannte er den Grund, warum sie nicht mit ihm schlief. Sie wollte, dass es aus Liebe geschah und nicht aus Lust. Er drückte einen Kuss auf ihren Scheitel. „Yuki…“, fing er an, doch für sie war das Thema beendet. „Ich will wissen, was ich dir zeichnen soll, Aani. Den Hanyou mit kurzen Haaren?“ „Nein.“ Anjaani atmete erleichtert durch. „Ich trug eine schlichte Goldkette, viele winzige Mondsteine bilden eine Sonne. Es symbolisiert meinen Namen, wer ich wirklich bin. Ich habe noch nie etwas so schönes gesehen. Es gehörte zu mir, war wie ein Teil von mir. Etwas, das mich ewig an Inuyasha erinnern würde.“ Der letzte Satz war ihr anscheinend unbewusst entschlüpft, denn sie fuhr fort, die Mondsteinsonne genau zu beschreiben, während Yukis Hand über das Papier flog. Heimlich betrachtete Inuyasha das kleine Kunstwerk. Wie der blaue Drilling es schaffte, mit einem einfachen Bleistift das Schimmern der Steine so lebendig einzufangen, war ihm ein Rätsel. Und er erkannte sofort: Das war Anjaanis Schmuckstück. Sie würde es nie besitzen, weil sie dafür ihr Geld nicht ausgeben würde. Sie selbst gönnte sich selten etwas, dafür erfüllte sie ihm jeden Wünsch. Doch sie freute sich über das bisschen Papier so sehr, als würde sie die Kette in der Hand halten. Dass Anjaani so glücklich war, hob auch Yukis Laune beträchtlich. Inuyasha hatte einen Plan gefasst: Sie würde diese Kette bekommen, dazu brauchte er die Zeichnung. Er musste sie ihr entwenden, kopieren und ihr zurückgeben, ohne dass sie irgendetwas bemerkte. Um ihr das Blatt zu stehlen, brauchte er Körperkontakt. „Inuyasha?“ Er zuckte zusammen, wandte sich dem roten Drilling zu. Alle anderen waren im Wohnzimmer. „Lass Aani in Ruhe.“ „Was?“ Hatte er etwa laut gedacht? In ihren Augen glomm der Vorwurf. „Ich kenne diesen Blick. So schaust du, wenn du überlegst, wie du an deine Beute herankommst.“ „Was redest du für einen Mist?!“ Er hasste es, wenn man ihn durchschaute. Sie beugte sich näher zu ihm, ihr Blick düster. „Ich durchschaue dich, Dämon. In einem Punkt seid ihr Männer alle gleich. Ich weiß, was du kannst. Ich weiß, wie erfahren du bist und ich weiß auch, dass der Mann in dir befriedigt werden muss. Aber lass Aani in Ruhe. Du wirst ihr nur wehtun.“ Seine Stimme war ein einziges zorniges Zischen. „Jetzt hast du völlig den Verstand verloren! Denkst du wirklich, ich bediene mich an ihr, wie es mir passt und schere mich einen Dreck um ihre Gefühle? Glaubst du wirklich, ich würde sie verletzen?“ „Ja“, sagte sie und richtete sich auf. „Denn das hast du schon oft genug getan.“ Er presste die Lippen zusammen. „Ich kann Aani nichts vorwerfen“, seufzte die genervt. „Ich bin an genauso einen herzlosen Egoisten geraten.“ Die Mädchen halfen Anjaani mit dem Geschirr, während die Männer den Esstisch aufräumten. Anjaani stimmte ein sehnsüchtiges Lied an, was bedeutete, dass auch Yami nicht lange still sein würde. Im Chor singend räumten sie die Küche auf. Yamis Engelsstimme ging so zu Herzen, dass sie sogar Yokos düstere Stimmung vertrieb. Und Yami selbst verlor sich in der Melodie, die den ganzen Raum verzauberte. Allein Anjaani war schöner als Yamis Gesang und doch lauschte Inuyasha voll Verzückung. Der Drilling hatte eine übermenschlich schöne Stimme, die einem die Seele rauben konnte. Sie hatte eine mächtige Waffe, eine sehr mächtige Waffe. „Woran denkst du“, riss ihn Aryan aus seiner Trance. „Nicht dasselbe wie du“, versicherte er und Aryan musste lachen. „Willst du wissen, was ich denke?“, fragte Yuichi unschuldig. „Nein.“ Aryan war ehrlich. „Ich habe noch nie eine so schöne Stimme gehört. Wenn Yuki sich vor Lust windet, klingt wie fast genau wie Yami. Himmel, wie muss sich dann Yamis lustvolle Stimme anhören?“ „Tja, das weiß nur ich“, lächelte Aryan. Inuyasha legte ihm die Hand auf die Schulter und sah ihn eindringlich an. „Sie wäre perfekt für das Alpha90-Projekt.“ Aryans Lachen verschwand schlagartig. „Nein.“ Und damit war es erledigt. „Aryan…“ „Nicht hier!“, entschied Aryan. „Nicht vor ihnen.“ „Was sollen wir denn sonst machen? Wir brauchen schnell einen weiblichen Köder.“ „Wir verkleiden dich!“ Inuyasha starrte ihn angeekelt an. „Nur über meine Leiche. Außerdem, wie willst du mich weiblich bekommen? Selbst der Hänfling da“, zeigte er auf Yuichi, „ist zu männlich dafür. Wir brauchen eine echte Frau. Eine zierliche Schönheit. Und du weißt das ganz genau. Uns läuft die Zeit davon.“ „Aber nicht Yami“, blieb Aryan steinhart. Die Frauen waren verstummt. Es ging um eine Mission. Endlich mal ein Blick in Aryans Machenschaften. „Ihr wird doch nichts passieren!“ „Dann nehmen wir Aurora, wenn es so ungefährlich ist.“ Er sah zu Anjaani. „Nein“, donnerte jetzt der Dämon und stellte sich vor sie. „Anjaani ist viel zu schön. Wir brauchen eine, die die Dämonen verrückt macht, aber ihnen nicht völlig den Verstand raubt.“ Anjaani hinter seinem Rücken errötete. „Nimm eine der Nervensägen.“ „Warum streitet ihr um uns?“, mischte sich nun Yami ein. „Super gemacht“, warf Aryan Inuyasha vor. „Wir haben ein Problem, das der Chef nicht auf meine Art lösen will.“ Inuyasha verdrehte die Augen. „Stürmen und losmorden ist nicht immer die beste Lösung“, brummte Aryan. „Aber für deine Art brauchen wir einen weiblichen Köder. Und der grüne Nervenzwerg ist ideal.“ „Ach, ja?“, zischte Yoko. „Und warum wir zwei nicht?“ „Weil sie ihre Stimme einsetzen kann, ihr nicht! Und sie kann ihre Stimme verstellen. Jeden X-Beliebigen kann sie imitieren, Frauen wie Männer.“ „Das ist kein Argument“, stand Aryan ihnen bei. „Die beide sind genauso stark und verführerisch. Sie stehen Yami in nichts nach.“ „Ach, ja?“ Yami starrte ihn empört an. „Ich mach’s! Was soll ich tun?“ „Nein.“ Aryan schüttelte den Kopf. „Jede, außer dir.“ „Du kannst es mir nicht verbieten. Inuyasha, ich geh mit dir.“ Aryan seufzte. „Yoko oder Yuki. Mir ist das egal, aber du nicht. Du bist ungeeignet.“ „Ich bin genauso gut wie die zwei“, brauste Yami auf. „In dem Fall nicht.“ „Weißt du was, Herr Gen-“ Yoko unterbrach ihre Schwester. „Warum würdest du uns den Wölfen zum Fraß vorwerfen, aber Yami nicht?“ Alle Drei sahen Aryan wütend an. „Weißt du warum“, grollte Yami und räusperte sich, um mit Aryans Stimme weiter zu sprechen: „Wir brauchen ein schöne Frau, eine die Männer verführen kann und nicht so ein verstocktes, verstaubtes Wiesel wie Yami.“ „Wiesel?“ Aryan musste lachen. „Mir ist grad nichts Besseres eingefallen. Jetzt sag, warum ich nicht?“ Aryan ließ die Schultern hängen. „Wir brauchen einen weiblichen Köder, der das Interesse des Alpha-Dämons weckt. Du bist verführerisch, Prinzessin, aber deine Gefühle für mich hindern dich daran, einem anderen Mann nahe kommen. Was war damals mit Yuichi?“ „Oh.“ Yamis Zornesfalten glätteten sich. „Wie nahe sollten wir dem denn kommen?“ „Nicht so nahe“, versicherte Inuyasha. „Also wo ist das Problem? Du weißt, ich wäre perfekt für den Job.“ „Ich weiß aber nicht, ob ich mich beherrschen kann, wenn er dir nahe kommt“, knirschte Aryan. „Ich wäre die größte Gefährdung für diese Mission.“ Yamis Gesicht wurde weich. „Sag das doch gleich, Sanam.“ „Und wie kommst du drauf, dass ich das könnte“, schnaubte Yuki. „Glaubst du, meine Gefühle für Yuichi sind so schwach, dass ich mich problemlos mit einem anderen Kerl einlassen könnte? Niemals.“ „Dann wäre das geklärt. Es hängt von dir ab, Yoko.“ Yoko verschränkte die Arme vor der Brust. „Wieso ich? Habt ihr keine Agentinnen, die das machen können?“ „Nein.“ Aryan sah sie an und seine Juwelenaugen schienen in ihre Seele dringen zu können. „Tatsache ist, dass wir einen weiblichen Spion brauchen, der wunderschön ist. Und zwar so schön, dass der Alpha sofort von ihr eingenommen ist. Sie muss unwiderstehlich sein und doch stark. Sie darf sich nicht einschüchtern lassen und muss sich wehren können. Sie muss dem Alpha den Kopf verdrehen, ohne dass er sie unterwirft. Sie muss ihn um den Finger wickeln können, ihn gehörig machen. Mir fallen dabei nur ihr Drei ein. Aber Yuki will nicht und Yami wäre nicht überzeugend genug.“ „Wunderschön und unwiderstehlich?“ Yoko war geschmeichelt. „Was machst du, wenn ich nicht will?“ „Du wirst zustimmen“, schmunzelte Aryan. „Was macht dich da so sicher? Wer ist dieser lächerliche Wicht, den ich umgarnen soll?“ „Der Prinz der Vampire.“ In den Gesichtern der Drillinge veränderte sich etwas und ihre Augen leuchteten auf. „Ich will’s doch machen!“ Yuki war Feuer und Flamme. „Ich hab’s mir anders überlegt, ich will den Job!“ „Ey“, entrüstete sich Yuichi. „Wie war das noch mit deinen Gefühlen für mich?“ „Was bitte ist so erotisch an einem Vampir?“ Anjaani schüttelte es. „Frag nicht mich“, lachte Aryan. „Frag die Drei.“ „Vampire sind geil“, kam es einstimmig. „Erotisch, dunkel, geheimnisvoll und stark.“ „Und der Biss“, ergänzte Yuki. „Ein Vampirbiss hatte schon immer etwas Erotisches gehabt.“ Anjaani erschauderte es und ihre Hand fuhr an die Stelle, die Inu-chans Zähne durchbohrt hatten. Sie blickte auf Inuyashas Fangzähne und schüttelte den Kopf. Reue füllte Inuyashas Augen. „Vampire haben keine Kraft im Kiefer wie ich“, murmelte er. „Ein Vampirbiss kann keine Knochen bersten lassen.“ „Und Vampirzähne sind kürzer“, beruhigte der General. „Ein Biss ist nicht tödlich. Nicht direkt. Und verwandeln wird dich ein Biss auch nicht. Also wärst du nicht in Gefahr.“ „Anjaani macht das nicht!“, betonte Inuyasha noch einmal. „Sie ist völlig ungeeignet.“ „Weil ich zu unattraktiv bin?“ „Weil du zu unschuldig bist“, knurrte er sie an. „Außerdem zeigt er sich dir als deine größte Schwäche, also -“ Er brach abrupt ab. „Du?“, fauchte sie. „Wolltest du das sagen? Und du meinst, ich könnte ihm dann nicht widerstehen, weil ich den Unterschied nicht bemerken würde?“ Ihre Stimme wurde lauter. „Ich habe selbst bei Inu-chan bemerkt, dass er nicht du war. Und er war ein Teil von dir!“ „Willst du das überhaupt?“, schrie er zurück. „Natürlich nicht! Aber es geht ums Prinzip!“- „Es ist jetzt genug“, entschied Aryan. „Ihr wisst mehr, als ihr solltet, aber das Thema ist jetzt tabu.“ Dann wandte er sich an die Drillinge. „Ihr Drei solltet vorsichtshalber dieselbe Kleidung anziehen, denn er trifft heute ein. Die Gefahr ist groß, dass er an den falschen Drilling gerät. Also, Yoko, möchtest du? Sonst muss ihn Inuyasha bezirzen.“ Der Hanyou knurrte ihn zornig an. Yokos Wangen glühten in Begeisterung über diese Herausforderung. Zweifel hatte sie dennoch. „Ich würde Inuyasha nur zu gerne bei dieser Mission sehen.“ Inuyashas Glutaugen verengten sich zu Schlitzen. „Sehr witzig! Wir brauchen eine Frau, weil er kommt, um sich eine Braut für die Ewigkeit auszusuchen.“ „Braut? Ich bin dabei!“ Mehr Gründe brauchte sie nicht. „Und er sieht aus, wie der Mann, den ich liebe?“ „Genau, aber den Charakter kann er nicht imitieren. Also weißt, du woran du bist, wenn dir plötzlich Zuma gegenüber steht und sich ungewöhnlich benimmt.“ „Du meinst freundlich?“ In düsteren Gedanken gefangen, schlenderte Yoko mit ihren Schwestern durch die Stadt. Sie konnte sich Zeit lassen auf dem Weg zum DSE-Hauptquartier, Yami hatte es auch nicht eilig und Yuki brauchte jetzt sofort einen neuen BH. Der Bügel stach heraus und kratzte ihr die Haut wund. Hatte die Probleme! Die wünschte sie sich. Wo sollte das mit Zuma enden? Sie waren füreinander geboren, das war eine Tatsache. Aber wieso erkannte er es nicht? Sie war anders als alle Frauen, die er kannte. Sie war viel mehr, sie war seine engste Vertraute, seine beste Freundin. Sie verstanden sich nicht nur im Bett, sie passten in jeglicher Hinsicht perfekt zusammen. Dort, wo sie nicht einig waren, ergänzten sie sich. Lag es wirklich nur an Aani? An ihrer Schönheit, die ihn blendete? Oder an dem Hass, der ihn vergiftete? Sie wüsste zu gerne, warum er der Inderin grollte, aber das war diese eine einzige Sache, die er vor ihr verschloss. Tatsache war, dass sie um ihn kämpfen musste, denn sie war dennoch seine einzige Frau. Sie hatte Hoffnung und sie würde um ihn- Sie stieß gegen ein hartes Hindernis und wurde abrupt aus ihren Gedanken gerissen. „Yoko-Neko! Alles ok?“, sorgte sich Yami. „Hallo!“, keifte Kagome am Boden liegend. „Ich bin diejenige, die überrannt wurde!“ „Kein großer Verlust“, bemerkte Yuki. „Geht mir aus dem Weg“, grollte ihre ältere Schwester. „Ich hab’s eilig!“ „Was wolltest du denn in einer Reizwäsche-Boutique?“ „Shoppen“, antwortete sie, genervt, dass sie sich mit ihren jüngeren Schwestern abgeben musste. „Ich habe einen Mann kennen gelernt.“ Plötzlichen interessierten sich die Drei für ihr Privatleben. „Was für ein Mann?“ „Ich kenne ihn nicht gut genug, aber er ist der Wahnsinn. Eine Nacht haben wir zusammen verbracht und er… ach, er ist der Wahnsinn! Er richtig heißer Tänzer!“ Yokos Grinsen schwand und sie runzelte die Stirn. „Kennst du seinen Namen?“ „Nein, ich weiß nichts“, bemerkte Kagome etwas pikiert. „Wir haben nicht viel geredet. Aber er ist wirklich gutaussehend, groß, durchtrainiert, blonde Haare, große Hände und diese Augen!“ Yoko war leichenblass geworden. „Silbern?“ „Genau! Woher weißt du das?“ Der rote Drilling war erstarrt und zu jeder Reaktion unfähig. „Woher sie das weiß?“, regte Yami sich auf. „Das ist ihr Freund! Du Schlampe vögelst ihren Kerl!“ „Viel kann ihm an dir nicht liegen, wenn er mich vorzieht.“ Die Drei starrten ihr fassungslos ins glückliche Gesicht. „Lass die Finger von ihm.“ In Yokos Stimme sammelte sich die Wut. „Tja, das ist dann wohl seine Entscheidung“, grinste sie fies und schulterte ihre Einkaufstüte. „Eines lass dir sagen, Yoko: An dich ist dieses Prachtexemplar verschwendet. Aber ich grüße ihn schön von dir.“ „Kätzchen, warum lässt du sie gehen?“ Yokos Gesichtsausdruck war nicht zu deuten, doch er bedeute nichts Gutes. „Ich wünsche sie ihm. Er wird schon sehen, was er davon hat. Ich habe jetzt andere Prioritäten.“ Und ein teuflisches Lächeln entfachte das Feuer in ihren Augen. „Komm nur zu mir, kleiner Vampir.“ „Dein Cousin hat Yoko betrogen“, grollte Yuki in ihr Handy. „Sie sind kein Paar“, erinnerte sie Yuichi. „Das kannst du ihm nicht vorwerfen. Er ist alt genug, um zu wissen, was er tut.“ „Mit ihrer Schwester!“ „Was? Mit welcher?“ „Kagome.“ Yuichi fiel ein Stein vom Herzen. „Bist du gerade erleichtert?“ Ihre Stimme war gefährlich. „Yuichi… Warte. Der hier ist zu klein. Ich brauche 75C, nicht B. Danke… Jetzt hör mir mal zu-“ „75C? Was treibst du gerade?“ „Ich probiere Unterwäsche an. Ich hab nach der Arbeit meinen BH weggeworfen und brauche schnell einen neuen.“ „In welchem Geschäft?“ „In der Reizwäsche-Boutique direkt neben meinem Arbeitsplatz,… Moment, Schatz... Der Schwarze ist wunderschön! Gibt es passende Strapse dazu?“ „Wehe, du rennst weg!“ Und dann hörte sie nur noch das Tuten in der Leitung. Bei dem Wort Reizwäsche hatte sein Gehirn ausgesetzt und Strapse hatte ihm den Rest gegeben. „Fifi, ich mach Feierabend!“ Ehe Yuichis Manager reagieren konnte, war er weg. Yuki schüttelte nur den Kopf. Der Kerl war unmöglich. „Vergiss es, Lustmolch, ich geh Aani abholen“, schrieb sie ihm eine Nachricht. Dann hatte sie auch die Chance Zuma ihre Meinung zu geigen. Sie blickte hinauf zum Himmel. Er war dunkel verhangen, wahrscheinlich würde es jeden Moment regnen. Sommerregen war etwas Wunderschönes. Kaum hatte sie zu Ende gedacht, trafen die ersten kühlen Tropfen ihre warme Haut. Und schnell wurde ein heftiger Regenguss daraus, der ihr Haar und ihre Kleidung durchnässte. Und sie trug keinen BH. Der am Körper klebende Stoff verhüllte harte Brustwarzen nicht und eine Jacke hatte sie vergessen. Sie war ein Leckerbissen für jeden notgeilen Wüstling, der hinter dem nächsten Busch lauerte. Aber anders als sonst, würde sie sich dieses Mal wehren müssen. Gerade der Park war voll von denen und sie war zu allem bereit, der Körper angespannt, die Sinne geschärft. Aber hier war es um die Zeit überraschend leer und der Nebel war so dicht… Neben? Im August? Woher kam dieser dicke, weiche, unangenehm kühle Nebel? Und müsste sie nicht längst wieder auf der Straße sein? Hatte sie sich verlaufen? Der Park war nicht so groß. Irrte sie, oder rief jemand ihren Namen? Da! Klar und deutlich! Das war doch Yuichis Stimme. Ihr Herz machte automatisch einen Freudenhüpfer. Sie folgte dem Klang seiner Stimme, tiefer in den Nebel hinein. Dieser Klang hatte schon fast eine narkotische Wirkung, wie weiche Watte legte sie sich um ihren Verstand. Sehnsucht erwachte in ihr, verzehrend, bannend, unentrinnbar. Wie hypnotisiert war ihr nicht bewusst, dass sie gelockt wurde. Lauter wurde der sinnliche Ruf, bis sie die Nähe spürte. Aus Schatten und Nebel trat eine Gestalt, groß, männlich, schön. Augen wie leuchtende Saphire, wirres, schwarzes Haar, das düstere Grinsen des Teufels. Gott, war er unwiderstehlich! „Yu-Yuichi…“ Ihre Stimme war wie belegt, ihr Kopf völlig benebelt. Was war los? Spielte ihr Kreislauf verrückt? Ihre Zunge gehorchte ihr nicht mehr, ebenso wenig ihre Beine, die sich quasi automatisch auf ihn zubewegten. „Komm zu mir, meine Schöne.“ Es war keine Bitte, es war wie ein Fluch. Und sie war die Verfluchte. Sein Blick glitt an ihr entlang, seine Pupillen weiteten sich. Irgendwas stimmte mit seinen blauen Augen nicht. Yuichi erstarrte, als er Yuki mit einem anderen Mann sah … Mit ihm! Das war seine Gestalt. Verflucht, der Vampir! Was tat er da mit ihr? Hinter ihm raschelte es und Yoko und Aryan traten aus dem Gebüsch. Aryans Schutzbarriere hüllte ihn ein. „Beruhige dich“, bat Aryan. „Du kannst nichts machen. Bitte, Yoko, zieh den BH aus.“ „Was?!“ „Yuki trägt keinen und er hat es bemerkt.“ „Tu was, oder ich tu es!“, beschwerte sich Yuichi. „Er manipuliert sie!“ „Keine Sorge, wenn sie auch nur halb so stark ist wie Yami, hat er keine Chance. Ich warte nur auf den richtigen Moment, um den Köder auszutauschen.“ „Komm zu mir“, flüsterte Yuichi wieder. Wie von einem Sog getrieben glitt Yuki in seine Arme. „I-Ich…“ „Ich will nicht.“ Warum konnte sie es nicht aussprechen? Ihr Herz wehrte sich, doch ihr Körper gehorchte nicht. Er schrie regelrecht nach ihr. Schmerzhaft war das Verlangen nach ihm. Fest drückte er sie an sich, an seine warme Haut, an seinen starken Körper. Es war falsch, warum war es so falsch? Die Hitze in ihrem Kopf wurde fast unerträglich. Dieses Fieber raubte ihr den Willen. Den Willen zu widerstehen. „Sieh mich an.“ Nein! Sie stemmte die Arme gegen seine Brust, doch sie hatte kaum Kraft. „Sieh mich an“, wiederholte er fest. „N-nein…“ Das wäre ihr Untergang. „Einen Kuss möchte ich nur, Schönheit.“ Schönheit? Leise drang der Protest ihres Herzens durch das Fieber durch. Das hier war nicht Yuichi. Dieses Wort klang aus seinem Mund ganz anders. „W-wer bist du?“ Sie spürte, wie ihre Kraft zurück kehrte und sie schaffte es, ihn von sich zu stoßen. „Lass deine Finger von mir!“ Sie zitterte. Er lächelte nur düster, ließ den Blick an ihr heruntergleiten und verweilte kurz an ihren Brüsten. „Niemals. Ich will dich, Schönheit mit dem starken Herzen.“ Langsam wich sie ihm aus, doch er schritt auf sie zu, drohend, gefährlich. Das war niemals Yuichi! Sie schrie auf, als er nach ihr griff, übermenschlich schnell. „Nimm die Hände von mir!“ „Oh, ein kleines Wildkätzchen“, raunte er in ihr Ohr. „Sieh mich an.“ „Nein!“ Seine Stimme wurde lockend, bannend, unwiderstehlich. Die Hitze nahm wieder von ihr Besitz, mächtiger als zuvor. „Sieh mir in die Augen.“ Täte sie das, wäre sie verloren. „Ich will nicht!“ Diese Frau ließ sich nicht beherrschen. Seine Geduld war am Ende. „Sieh mir in die Augen! Sofort!“ „Niemals!“, schrie sie ihn an. Er packte eisern ihr Kinn und hob ihren Kopf an. Sie schaffte es nicht rechtzeitig die Augen zu schließen. Verdammt! Yuichis wunderschönes, ungeduldiges Gesicht, die goldenen, wirren Locken und diese Augen, die unnatürlich hell leuchteten. „Ich will dich, um jeden Preis.“ Sie konnte nicht mehr antworten, von seinem Zauber überwältigt. „Du bist mein“, flüsterte er und tauchte in ihre Augen. „Du gehörst mir. Und du tust was ich sage.“ Sie wehrte sich nicht mehr, als er sie wieder an sich heranzog. Alles andere war vergessen. Yuki war versunken in seinen Augen, verloren in diesem dunklen, uralten Bann. Das Hier und Jetzt schien ihr weit. „Küss mich, Schönheit.“ Sie war wehrlos. Und er stahl ihr den verlangten Kuss. Heißer Zorn fuhr Yuichi in die Glieder. Und er verlor die Beherrschung. Wie ein Schlag traf sie die Abscheu, als ihr Herz gegen seine Magie gewann. Mit einem angewiderten Aufschrei, biss sie ihm kräftig in die Unterlippe und rammte ihr Knie in seine Weichteile. Fluchend ließ er sie los und sie schickte ihn mit einem geschickten Griff und Wurf zu Boden. Flucht war ihr erster Reflex. Als sie plötzlich Wärme umhüllte, wusste sie, sie befand sich innerhalb einer Schutzbarriere. Nein, nicht noch ein Zauber! „Wir sind es“, hörte sie Aryan, als sie losrennen wollte. Er trat mit Yoko an seiner Seite zu ihr. Und Yuichi. Ein fuchsteufelswilder Yuichi, den Aryan in Zaum halten musste. „Mann, lass mich los, ich bring ihn um!“ „Geht es dir gut?“, fragte ihre Schwester. Yuki versuchte, den verwirrenden Zauber von sich zu schütteln. „Das geht vorbei“, beruhigte sie Aryan und dann musste alles schnell gehen. „Yoko, gib ihr deine Jacke. Yuichi, verschwinde mit ihr.“ Yuichi ergriff Yuki und gemeinsam rannten sie fort. Hand in Hand durch den strömenden Regen. Die kalten Regentropfen vertrieben die Hitze der Vampirmagie. Erst jetzt wurde ihr so langsam bewusst, was passiert war. Der Vampir war erschienen in der Gestalt ihrer größten Schwäche. Er hat sie beeinflusst und sie… sie hatte ihm widerstehen können. Als sie über ihre wackeligen Knie stolperte, hielt Yuichi an und riss sie an sich. Schwer atmend schlang sie die Arme um seinen Hals. Jetzt spürte er die Aufruhr in ihr. Yuki erschauderte vor Wonne. Das hier war der echte Yuichi. Was waren das für Welten! Sie verkroch sich in seiner schützenden Umarmung, sog regelrecht seine Stärke in sich auf. Ihre eiskalte Haut erwärmte sich unter seinen Berührungen. Sehnsüchtig seufzte sie seinen Namen. Immer und immer wieder. Der Klang drang ihm unter die Haut. Er wollte sich lösen, um sie anzusehen, aber sie klammerte sich an ihm fest. „Was ist los? Geht es dir gut?“ „Ja, ich will nur kurz deine Nähe genießen. Bitte lass mich nicht los. Halt mich fest.“ Sie hob den Blick und in seine Augen trat ein harter Ausdruck. Zärtlich wischten seine Finger frisches Blut von ihrer Lippe. Gott, wie sie seine Berührung liebte! „Das ist sein Blut“, murmelte die beschwichtigend. „Ich habe ihn gebissen. Ich hätte nie gedacht, wie abstoßend das sein kann. Jemand anderen als dich zu küssen.“ „Hast du ihn sofort durchschaut?“ „Augenblicklich. Obwohl dieser Zauber sehr stark war. Es war ganz seltsam. Dein Gesicht und doch war es fremd. Etwas fehlte, etwas was ich an dir so liebe.“ „Ja?“ Er unterdrückte seine Freude über ihre ehrlichen Worte. War sie doch sonst so sparsam mit ihnen. „Deine Wärme. Ich hätte nie gedacht dass es mich so anwidert, wenn mich jemand anderes berührt. Was hast du mit mir gemacht?“ Er lachte leise. „Schönheit, du bist mein.“ Sie erschauderte und krallte die Finger in seine Haare, zog ihn an ihre verlangenden Lippen. „So hat er mich auch genannt… Schönheit. Und nur aus deinem Mund bringt es mein Herz zum Rasen.“ „Mein Herz“, korrigierte er leise. „Für immer meins.“ „Für immer“, hauchte sie und gab ihm den Kuss, der ihn ins Paradies beförderte. Ineinander verschlungen, die Lippen verschmolzen, für einander brennend im kühlen Sommerregen, spürten sie dieses Eine deutlich: Ihre Herzen schlugen im selben Takt. Schnell hatte der falsche Yuichi Yoko eingeholt. Verwunderung sah sie in den blauen Augen. Blut tropfte von seiner Lippe. Sie gab die Flucht auf und stellte sich ihm entgegen, stolz und erhaben. Er hatte den „Tausch“ nicht bemerkt. „Überrascht, dass dein Zauber nicht wirkt?“, lächelte sie milde. „Das nützt bei mir nicht, Dämon. Yuichi? Wirklich? Mehr hast du nicht zu bieten? Ich bin nicht so schwach, um darauf hereinzufallen.“ „Du bist stark, Senorita. Schlau und wunderschön.“ Sein Akzent überrollte sie wie eine warme Brandung. Dios mío, ein Spanier! „Ich werde alles tun, um dich zu bekommen.“ Die Gesichtszüge blieben gleich, doch die blauen Augen versilberten sich und die schwarzen Strähnen wurden blond. Der Anblick löste Schmerz aus. „Nein, das ist nicht Zuma! Na, warte, Dämon! Nicht mit mir!“ „Nettes Spielchen.“ Yoko blieb ungerührt und trat dicht an ihn heran. Ihr Atem streifte seine Lippen. Er schluckte hörbar. „Du bist nicht Manns genug, mich als der zu gewinnen, der du wirklich bist. Ich gebe mich keiner Illusion hin. Und du…“ Ihre Zungenspitze leckte den Blutstropfen auf. „Du hast schon verloren.“ Ihre prickelnde Hitze entwich, als sie sich umdrehte und geschmeidig wie eine Katze davonschritt. Nur ihr köstlicher Duft blieb. „Herausforderung angenommen.“ Dann verschwand er im Schatten. Das Klingeln von Yukis Handy hielt gegen den prasselnden Regen. Etwas außer Atem meldete sie sich. „Geht es dir gut?“, erkundigte sich Aryan. „Mir ist nichts passiert, aber mir ist schwindelig.“ „Das vergeht. Ein Vampir ist ein Meister darin, den Verstand zu überwältigen. Aber gegen dich kam er nicht an.“ Yuki grinste zufrieden. „Yuichi?“ „Ja?“ Er beugte sich näher zum Telefon. „Geht so schnell wie möglich Heim.“ „Wir wollen noch Nee-chan abholen.“ „Tut das, aber lass Yuki nicht mehr alleine. Es kann sein, dass der Zauber sie noch schwächt. Berichte mir von allen Nebenwirkungen.“ „Aye aye, General!“ „Mir geht es gut.“ Doch war sie noch etwas wackelig auf den Beinen. „Frierst du, Liebes?“ Yuichi drückte sie näher an sich. „Nein“, lachte sie. „Du machst mich heiß genug.“ Sie standen vor Zumas Tanzschule. „Dieses billige Yuichi-Imitat hat mich in Fahrt gebracht. Jetzt werden wir deinem Cousin mal einheizen.“ Sie öffnete noch während dem Anklopfen die Tür. „Wir holen Aani ab, oder dürfen wir das ohne deine Erlaubnis nicht?“ „Was zu Teufel willst du hier?“, grollte Zuma genervt. Yuki hob abwehrend die Hände. „Ich sagte doch, Aani…“ „Nicht du, Kätzchen, ich rede mit dem Plagegeist.“ Yuichi sah seine Freundin verwundert an. Kätzchen? Hielt er sie tatsächlich für Yoko, weil sie deren rote Jacke trug? Und die nassen Haare wirkten dunkler als sonst. Stimmt, auf den ersten Blick könnte das auch Yoko sein. Er sah Yuki an, dass sie ein fieses Grinsen nur schwer unterdrückte und setzte den für Yoko so typischen überlegenen Gesichtsausdruck auf. „Aani ist der Grund für mein Erscheinen“, ahmte sie den süßlich-giftigen Tonfall ihrer Schwester perfekt nach. „Und der Grund für mein Erscheinen bist du, mein süßer Aki-chan“, zwitscherte Yuichi. Seinen Nerven zuliebe ging Zuma nicht auf seinen Cousin ein. Sein Blick traf die durchnässte Yuki, ein Anblick verboten wie die Sünde und seine Augen begannen zu glühen, als er die Tüte mit Reizwäsche in ihrer Hand sah. „Im ernst, Yoko, ich habe zufällig gerade Zeit für dich. Komm zu mir und wärm dich. Und du, verschwinde!“ „Du glaubst tatsächlich, ich sei deinetwegen hier, Zumalein? Das einzige, was deine Arroganz übertrifft, ist dein Hochmut. Den Grund für beides sehe ich allerdings nicht. Was macht dich besser als andere Männer?“ Zuma tappte in die Falle und lachte amüsiert auf. „Du bist immer noch sauer… wegen was auch immer.“ „Wegen was auch immer?“ Jetzt wurde Yuki sichtlich wütend. „Wie geht es der Schlampe, die du neulich beglückt hast, nachdem wir uns das letzte Mal gesehen haben?“ Zuma war kurz vor den Kopf gestoßen. „Woher weißt du das?“ „Das ist unwichtig, ich bin nämlich fertig mit dir.“ „Was soll das jetzt heißen?“ Irgendetwas war anders als sonst. Er wusste nur nicht was. „Soll ich es dir buchstabieren? Du interessierst mich nicht mehr. Es gibt bessere. Also, leb wohl.“ Sie hatte ihm nicht einmal den Rücken zugekehrt… „Kätzchen!“ Sie erstarrte. „Sei ehrlich und nenne mir einen, der besser ist als ich.“ „Ich kann dir sogar den besten nennen.“ Ein liebliches Lächeln traf Yuichi. „Dieser Clown“, prustete Zuma los. „Komm, Kätzchen, mach dich nicht lächerlich!“ „Du langweilst mich jetzt schon“, kommentierte sie müde. „Gehen wir, Yui-kun.“ Yuichi legte den Arm um ihre Schulter und zog sie an sich, eng an sein Herz und ihr wurde heiß, ihre Wangen röteten sich. Und ihr stockte der Atem, als seine funkelnden Saphiraugen tief in ihre drangen. Zuma riss entsetzt die Augen auf, als er Yukis Reaktion sah. Die Erregung, die Hitze, die Leidenschaft, es war so deutlich zu spüren, dass ihn rasender Zorn packte. Das hier war eindeutig nicht gespielt! Dieser Wicht wird ihm nicht die Frau wegnehmen! Niemals! „Ist das deine Rache?“, knurrte er. „Du machst dich doch nur lächerlich!“ Yuki atmete tief durch, wie Yoko es jedes Mal tat, wenn sie auf eine, ihrer Meinung nach, stumpfsinnige Aussage antworten musste. „Aus Eifersucht lässt du dir Hörner aufsetzten, Akira. Sieh den Tatsachen ins Auge, dass Yuichi meine Sinne mehr berauscht, als du es je vermocht hast. Dass-“ „Spar dir die Ode!“ Seine Wut wuchs sichtbar. Er sprang auf, stellte sich ihr gegenüber, so nah, dass er ihre Körperwärme spürte. Yuichis Muskeln spannten sich an, denn Zuma war ihr viel zu nah. So nah, dass er ihre Haut durch den dünnen Stoff ihres Kleides spürte. Verlangen loderte in den silbergrauen Augen auf. Er wollte eingreifen, doch das selbstsichere Grinsen seiner Freundin hielt ihn davon ab. Außerdem war es lustig, den kühlen, unnahbaren Zuma dermaßen aus der Fassung zu bringen. Und er brodelte wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch. Yuki konnte verstehen, warum Yoko verrückt nach ihm war. Seine Augen funkelten hell vor Zorn, wie flüssiges Silber. „Was kann er dir mehr zu bieten?“ Seine Stimme hatte sich zu einem bedrohlich erotischen Flüstern gesenkt. „Diese billige Kopie von mir.“ Yuki lachte auf, fröhlich, engelsgleich. Ihre Augen blitzten amüsiert. „Billige Kopie? Ich würde sagen: verbesserte Version.“ „Du willst mir ernsthaft klar machen, Yoko, dass dieser Versager, mit der Reife eines Sechsjährigen, mehr Mann ist als ich?! Dieser Waschlappen, der mehr Glück im Leben hat als Verstand!“ Yukis Lächeln gefror. Das ging zu weit. Niemand beleidigte den Mann, den sie liebte! Niemand! Jetzt ballte sie die Fäuste und stieß sie ihm vor die Brust, sodass er zurücktaumelte. „Wie kannst du es wagen?!“, zischte sie. „Einen so liebenswürdigen Menschen zu beleidigen?“ „Ist gut, Süße“, versuchte Yuichi zu beschwichtigen, doch sie schüttelte ihn ab. „Nein, verdammt noch mal, nichts ist gut!“ Dann sah sie Zuma an. „Was fällt dir ein? Gerade du, so rücksichtslos und kaltherzig wie du bist! Du hältst dich ernsthaft für was Besseres? Das ich nicht lache! Du bist nicht einmal halb der Mann, der er ist! Er ist zärtlich, er kümmert sich um mich, ich bin ihm wichtig und er vögelt nicht mit meiner Schwester hinter meinem Rücken rum. Und vor allem: Er liebt mich so, wie ich ihn.“ „Liebe?“, entfuhr es Zuma ungewollt. „Ja, Liebe!“ Yuki warf stolz den Kopf zurück. „Es wundert mich, dass du dieses Wort überhaupt kennst!“ Sie schmiegte sich selig in Yuichi Arme. Es war so innig und vertraut, dass Zuma nur noch Rot sah. „Hör endlich mit den Spielchen auf, Yoko! Ich glaube dir das nicht.“ „Du hast verloren, Zuma“, sagte Yuichi ernst. „Sie hat sich für den entschieden, der sie glücklich macht.“ Er gab ihr einen Kuss, so intensiv, dass ihr alle Sinne schwanden. Das konnte nicht sein! Das war nicht gespielt! Sie wurde eindeutig schwach in den Armen dieses Armleuchters. Sie liebte ihn! Er sah es, er spürte es und doch wollte er es nicht glauben. Niemand nahm sie ihm weg! Blind vor Raserei, riss er seinen Cousin von ihr weg, holte aus… „Zuma, nein!“ Anjaani hielt ihn zurück, entsetzt und erschrocken. „Yuki! Yuichi! Was habt ihr gemacht?!“ Zumas Augen wurden riesig. Yuki? Die beiden brachen in Gelächter aus. Zuma hatte das Gefühl, mit Eiswasser übergossen zu werden. „Oh, Mann, Aani, es war gerade so lustig“, kicherte Yuki. „Wie hast du mich erkannt?“ „Geb dir keine Mühe.“ Verärgert verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Mich habt ihr noch nie täuschen können. Ihr solltet jetzt schleunigst das Weite suchen.“ Alle sahen Zuma an, dessen Blick sogar Inuyasha in die Flucht geschlagen hätte. Das war nicht Yoko, er hatte sich zum Affen machen lassen! So gedemütigt hatte ihn noch niemand. Nun sah er es selber, Yukis nasses Haar war nicht schwarz, es schimmerte Braun. Wie perfekt sie sich für Yoko ausgegeben hatte. Und er? Und er?! Rasend vor Zorn explodierte er. „Was willst du?“, brüllte Zuma in sein Telefon. „Wer von euch auch immer du bist, verfluchter Drilling!“ „Bist du etwa immer noch sauer?“, bemerkte Yoko unnötigerweise. „Sauer?“, knurrte er düster. „Beweg deinen Arsch hierher und ich zeige dir, wie sauer ich bin!“ „Mach mich nicht für deren Unsinn verantwortlich. Es ist nicht meine Schuld, dass du mich nicht von meinen Schwestern unterscheiden kannst.“ „Ich rate dir, mich nicht noch mehr zu reizen.“ „Das schwebt mir nicht vor. Yuichi heult immer noch vor Schmerz.“ Dann wurde ihre Stimme weich und zärtlich. „Ich wollte dir nur etwas sagen.“ Abwartendes Schweigen. „Ich finde es so niedlich, wie eifersüchtig du wegen mir bist. Danke, Liebling!“ Lautes Tuten war die Antwort. Er hatte aufgelegt. Yoko lächelte. „Das war ja fast noch fieser als das, was wir angestellt haben“, kommentierte Yuichi. „Ich wollte ihm nur die Tatsachen vor Augen führen. Und dank euch habe ich wieder einen Hoffnungsschimmer. Also, ich geh Heim.“ „Hat Aryan nicht gesagt, du sollst nachts nicht alleine vor die Tür?“, wunderte sich Yami. „Ein Dämonenjäger begleitet mich. Ich schwebe davon, von meiner Hoffnung Flügel tragend…“, zwitscherte sie und verabschiedete sich glücklich vor sich her reimend. „Hoffentlich ist das die blauen Flecken wert“, rief er ihr noch hinterher. „Hör endlich auf zu jammern, du Memme“, beschwerte sich Inuyasha. „Hey, das war ein Koloss von einem Sicherheitsmann. Neben dem siehst du aus wie ein Welpe.“ „Zuma hat dich raus geworfen“, bemerkte Yuki trocken. „Und der ist nur die Hälfte von Inuyasha“, sagte Anjaani ernst. „Inuyasha hättest du nicht überlebt.“ Ein Lächeln, das ihre Augen schlagartig vergoldete und ihr Blut in Aufruhr brachte, war ihr Dank. „Hör mir zu, Chi-chan“, wandte sie sich ihm nach einem tiefen Ein- und Ausatmen wieder zu, Besorgnis in den dunklen Augen. „Komm nicht einmal auf die Idee, etwas Ähnliches bei Inuyasha zu versuchen.“ Yuichi fühlte sich ertappt. „Ich wollte doch gar nicht…“ „Doch ich sehe es dir an. Schlag dir das aus dem Kopf. Das ist nicht lustig.“ „Das sagst du jetzt nur-“ „Nein“, unterbrach sie ihn todernst. „Niemand auf der Welt ist so gefährlich wie Inuyasha.“ Der Hanyou sah sie überrascht an. „Reize ihn nicht bis aufs Blut, es kann sein, dass du es nicht überlebst. Wenn du Pech hast, tust du es doch. Und niemand wird dir helfen können. Nicht einmal Aryan.“ „Niemand außer Aryan“, verbesserte Yami sofort. Der Zweifel lag deutlich in Anjaanis Augen. „Aryans Gewissen ist ausgeprägter und das macht ihn weit ungefährlicher. Ich weiß um beider Kraft und Inuyashas würde ich mehr fürchten. Hast du gehört, Yuichi?“ Yuichi schmollte. „Sag mir doch gleich, dass ich ein Schwächling bin!“ „Das bist du nicht. Aber niemand ist Inuyasha gewachsen.“ Yami nickte zustimmend. „Besonders wenn er seine Menschlichkeit verliert. Und Aryan ist dennoch besser!“ Mit den Worten verabschiedete sie sich. Weit hatte sie es nicht und es war schon spät. Yuichi zog beleidigt die Schultern ein. „Komm Heim, Liebling“, forderte ihn Yuki auf und zog ihn mit sich. „Ich werde mich um deine Wehwehchen kümmern.“ Liebling? Doch als er sie ansah, setzten sich seine Beine automatisch in Bewegung. Ihrem alles sagenden Blick wäre er bis in die Hölle gefolgt. Anjaani wandte sich gerade von der Tür ab, als sie zusammenschrak. Inuyasha stand direkt hinter ihr, groß, stark und…. er lächelte! Ihre Knie fingen an zu zitternd. Himmelherrgott! Wer konnte sich dieser Ausstrahlung widersetzen?! Er beugte sich zu ihr runter, ihr Herz blieb stehen, ihr Atem stockte. Sein Gesicht, diese Augen, nur Zentimeter über ihren. Seine Hände legten sich sanft auf ihre Schultern. Ihre Beine gaben nach, zum Glück stützte sie die Tür in ihrem Rücken. Er hatte so gut wie nichts getan und sie war ihm ausgeliefert. „Atme“, erinnerte er sie leise. „Es ist nur…“, hauchte sie. „Nichts macht mich so glücklich, wie dein Lächeln.“ „Hast du das ernst gemeint?“ „Kya?“ „Was du dem Plagegeist gesagt hast“, lachte er sanft. Du meine Güte! „Das weißt du.“ Mühsam konzentrierte sie sich aufs Sprechen. „Das war die reine Wahrheit. In meinen Augen ist niemand mit dir vergleichbar, in keinster Weise.“ „Danke.“ Und zärtlich küsste er ihre Wange. Unbemerkt entwendete er ihr Yukis Skizze. Als er sie ansah, mit diesem glühenden Blick, war sie verloren. Ohne Zögern hätte sie ihm alles gegeben. Alles! „Du bist diejenige, der ich am meisten vertraue“, flüsterte er. Gänsehaut lief ihren Rücken hinab. „Mehr als Aryan. In manchen Dingen würde ich dir mehr vertrauen als mir selber.“ Seine Worte trafen ihr Herz wie ein Pfeil. Ihre Arme schlangen sich um seinen Nacken, sie zog ihn dichter an sich, Wange an Wange. Sie spürte seinen rasenden Herzschlag, im gleichen Takt wie ihres. „Du weißt, was du da tust“, raunte er in ihre duftenden Locken. „Nein“, seufzte sie. „Aber du weißt es genau. Du weißt ganz genau, was du da mit mir machst. Für mich ist es zu spät.“ Ihre Augen leuchteten und funkelten in purem Gold. „Aber du kannst entscheiden, ob jetzt Schluss ist oder nicht.“ Er schluckte. Nein, sein Verstand war schon längst erloschen. Er wollte sie, dass es schmerzte. Es gab kein Zurück mehr. Wortlos drückte er sie an sich, die andere Hand hob ihr Gesicht an. Völlig verzaubert schloss sie die Augen. Es traf ihn schmerzhaft wie ein Blitz, ließ ihn zusammenzucken. Eine Erinnerung, ein Bild. Sofort war sein Kopf wieder klar. Er vergrub das Gesicht in den Händen, bemerkte nicht, wie er zum Sofa geführt wurde, bis langsam ihre Stimme zu ihm durchdrang. „Eine Erinnerung“, murmelte sie. „Halte sie fest, Saajan. Was ist es?“ „Kagome“, krächzte er. „Ihr Gesicht.“ „Beschreibe es mir.“ Er sah sie gequält an. „Sieh selber nach.“ Doch sie schüttelte entschieden den Kopf. „Ich kann nicht, bitte versteh das. Erzähl mir, was du siehst.“ „Sie ist schlank, kleiner als du. Ihre Haut ist zart, sehr hell. Sie trägt ein Priesterinnengewand. Sie ist eine Miko. Sie ist schön, aber nicht so schön wie du.“ Er murmelte wie im Fieberwahn vor sich hin. „Ihr Haar ist pechschwarz, glatt und lang. Sie ist Japanerin. Sie hat fast die gleichen braunen Augen wie du. Und sie trägt einen goldenen Ring.“ Jetzt sah er sie wieder an. „Am Ringfinger.“ Anjaani war bleich geworden. „An welchem?“ Sie betete, er möge rechts sagen. „Am linken.“ Ihr Atem ging stockend, ihre Hände zitterten leicht. Sie senkte den Blick. „Hier in Japan trägt man den Ehering links. Es bedeutet, dass sie verheiratet ist“, antwortete sie ehrlich und sprach dann aus, was ihr schier das Herz brach. „Vielleicht sogar mit dir.“ „Also langsam wird das echt nervig“, beschwerte sich Yami grummelnd, während sie Anjaani den Rücken streichelte. „Jedes Mal, wenn es bei euch richtig heiß wird, versaut er es. Das ist doch nicht normal!“ „Ich ertrage es nicht mehr“, jammerte Anjaani müde. „Dieser Moment war schöner als alles, was ich mir erträumen konnte. Es war so, ach… und dann.“ Sie rieb sich die Augen, gerötet vor Erschöpfung und Enttäuschung. „Und ich habe dich beneidet“, schnaubte Yoko. „Dabei geht’s mir mit Zuma besser, als dir mit Inuyasha.“ „Ich könnt euch nicht einmal vorstellen, wie er war“, seufzte Anjaani. „Wie er mich angesehen hat, diese sanften Berührungen, diese zärtliche Stimme. Er hatte mich komplett in der Hand.“ „Wir verstehen dich“, nickte Yuki. „Er war so unwiderstehlich, deine Klamotten haben sich quasi von selbst aufgelöst.“ „In der Art“, gab Anjaani geknickt zu. „Das kenne ich nur zu gut. Geht mir mit Yuichi auch so.“ Yuichi riss die Augenbrauen hoch. „Ja? Das wäre mir neu!“ „Aber Chi-chan stößt dich nicht von sich!“ „Nein, ich würde zustoßen“, murmelte Yuichi und die Drillinge unterdrückten mit Mühe ein Kichern. Anjaani beachtete dies nicht. „Ich wollte einfach nur umarmt werden, seine Lippen spüren, was kommen würde war mir gleich. Und dann? Warum passiert das immer? Sind wir nicht füreinander gemacht?“ Die Drillinge wussten keine Antwort. Yoko sah sie intensiv an. „Ich bin fest davon überzeugt, dass ihr füreinander geschaffen seid…“ „Und doch ist da etwas, was uns voneinander fern halten will.“ „Ich weiß, was es ist“, mischte sich Yuichi produktiv in das Frauengespräch ein. „Zuerst einmal will ich wissen, wer jetzt bei mir schläft, wer nicht?“ „Aryan ist die ganze Nacht weg und ich soll bleiben wo ich bin“, erklärte Yami. „Dasselbe gilt für mich“, gähnte Yoko. „Ich will nicht heim, Chi-chan.“ „Und ich-“ „Du bleibst hier!“ Er schnappte sich Yuki und zog sie auf seinen Schoß. Dann sah er Anjaani an. „Also, Inuyasha ist das Problem“, diagnostizierte Yuichi. „Er will dich, doch sein bescheuerter Kopf ist seinem Schwanz im Weg.“ Anjaani war zu müde, um sich über seine Ausdrucksweise zu beschweren. „Erklär es mir genauer“, bat sie nur. „Er begehrt dich mehr, als ihm gut tut. Aber weil er nicht weiß, ob er dich begehren darf, muss er sich zurückhalten. Nur dein Zauber auf ihn ist so groß, dass er sichtlich Mühe hat, dir zu widerstehen.“ „Das ist vorbei. Kagome hat…“ Dann brach ihre Stimme und bittere Tränen rannen zwischen ihren Fingern hindurch. „Sie trägt einen Ehering! Inuyasha ist verheiratet! Er hat eine Frau!“ „Nein“, widersprach Yoko heftig. „Sie ist nicht seine Frau. Inuyasha ist nicht verheiratet!“ „Das darf einfach nicht sein!“ Anjaani hob den Kopf, tausend Fragen in den Augen. „Jedenfalls glaube ich das!“ „Was weißt du?“ Ihr Blick wurde durchdringend. „Was sollte ich wissen? Aani, hörst du dich reden?“ Yoko war über die Anschuldigung in Anjaanis Augen entsetzt. „Du weißt mehr über ihn, als du zugeben willst!“ „Aani, was ist los?“, wunderte sich Yami. „Warum beschuldigst du Yoko?“ „Ich…“ Anjaani ließ die Schultern hängen. „Meine Gefühle spielen völlig verrückt. Es tut mir leid.“ „Hör zu, ich erkläre dir genau, warum ich nicht glaube, dass er mit ihr verheiratet ist.“ Jetzt hatte Yoko ein aufmerksames Publikum. „Zum einen, weil es gegen seine Natur wäre. Hundedämonen binden sich nicht, sie vermehren sich nur. Gerade ein so starkes Exemplar, wie er, darf sich nicht an eine einzige Frau binden, er muss seine guten Gene so oft es geht weitergeben. Außerdem ist er ein Hanyou.“ Anjaani lauschte ihr gebannt. „Hat er dir nicht selber einmal gesagt, er wird von den Dämonen nicht als vollwertig akzeptiert? Hat er selber dir nicht einmal gesagt, dass er weder Mensch noch Dämon ist? Das klingt für mich nicht nach einer gesellschaftlich akzeptierten Person mit großem sozialen Umfeld.“ „Da ist was dran“, bestätigte Yuki. „Ich bin aber noch nicht fertig“, lächelte Yoko. „Aani, du bist doch so sensibel. Was fühlt er, wenn er an sie denkt? Sehnsucht? Liebe? Verlangen?“ „Bedauern“, antwortete Anjaani sofort. „Wehmut und Ablehnung.“ „Und warum hörst du nicht auf dein Gefühl? Fassen wir alles zusammen, kommen wir zu dem Ergebnis, dass er sie wollte, aber sie einen anderen gewählt hat.“ „Bist du dir zu hundert Prozent sicher?“ Yoko stöhnte frustriert auf. „Aani, mach die Augen aus! Ein todsicheres Indiz spricht gegen eine Ehe. Er selber trägt keinen Ring.“ Alle waren zu erschöpft, um lange miteinander zu diskutieren. Anjaani, an Yuki gekuschelt, schlief schnell ein. Auch die anderen beiden waren todmüde. Yoko war es gewohnt, alleine zu schlafen und obwohl Yami Aryan fehlte, siegte irgendwann die Müdigkeit. Yuki konnte sie verstehen. Sie selber fand keine Ruhe, so erschöpft sie auch war. Zu viel war heute passiert. Und Yuichi schenkte ihr als einziger Trost. Oft schon war sie an Anjaani geschmust eingeschlafen. Es war ihr jedes Mal wie das Paradies vorgekommen, doch diesmal war es anders. Es war falsch. Ihr fehlte Yuichis Körper, seine Wärme, sein Atem, sein Herzschlag. Sein starker Männerkörper war mir Anjaanis zierlicher Gestalt nicht zu vergleichen. Sie wollte seine steinharten Muskeln, seine kräftigen Arme, seine feste Brust. Nicht Anjaanis weiche Rundungen, die prallen Brüste, die zarten Hände. Sie wollte seinen Atem in ihrem Haar und seine raue Hand an ihrer Wange. Sie konnte ohne Yuichis Nähe nicht schlafen. „Geh zu ihm“, flüsterte Anjaani in der Stille. Yuki zuckte zusammen. „Häschen, du musst nicht hier bei uns sein. Dein Platz ist an seiner Seite. Gute Nacht.“ Erleichtert schlich sie in sein Zimmer und kroch zu ihm unter die Decke. Augenblicklich drehte er sich zu ihr und zog sie an seinen warmen Körper und sie bettete ihren Kopf auf seiner Schulter. Entspannt atmete sie durch. Jetzt fühlte sie sich wohl. Hier gehörte sie hin. Seine Hände fuhren über ihre kalte Haut. Er war immer warm. Und sie dürstete es nach seiner Wärme. In dem Punkt war sie ganz Frau. „Endlich. Ich habe gehofft, du kommst“, murmelte er in ihr Haar. „Ach so?“ Sie schmiegte die Nase an seine Halsbeuge. „Hai, ich schlafe besser, wenn du bei mir bist.“ „Ich gehöre an deine Seite“, nuschelte sie, von seinem Herzschlag schon halb in den Schlaf gesungen. „Wie alt warst du, als du deine Unschuld verloren hast?“ „Hm?“ Er wiederholte seine Worte lauter und klarer. Jetzt hatte sie ihn deutlich verstanden. Er spürte die plötzliche Anspannung ihres geschmeidigen Körpers. „Wie lange brennt dir diese Frage auf der Zunge?“, wich sie einer direkten Antwort aus. „Seit du deine Ansichten über Sex heute Morgen zum Ausdruck gebracht hast.“ In ihr tobte ein kleiner innerer Kampf. Yuichi hob den Kopf, um sie anzusehen. Im halbdunkeln des Schlafzimmers konnte er gerade noch erkennen, dass sie die Augen geschlossen hatte. Vertraute sie ihm so wenig, dass sie ihm nicht ihre dunkle Seite offenbaren konnte? „Ich was 16“, sagte sie leise. Einige Atemzüge vergingen und Yuichi gab enttäuscht die Hoffnung auf, als sie sich fester an ihn presste und sagte: „Ich war zu jung. Ich hatte mich für dich aufheben wollen. So wie Yami für Aryan.“ „Mich stört das nicht.“ Als sie den Kopf hob, fügte er schnell hinzu. „Es wäre schön gewesen, wenn ich dein Erster wäre, aber es ist mir nicht wichtig. Wichtiger ist mir, dass ich dein Letzter bin und Einziger.“ „Das bist du“, versprach sie und dann spürte er die süße Hitze ihrer rosenzarten Lippen. Bevor sie seinen Verstand überwältigte, bemerkte er, dass sie ihn ablenken wollte. „Du lenkst mich ab, Schönheit.“ „Du merkst wohl alles.“ Er sah sie an, mit schelmisch glitzernden, dunklen Augen. Was gäbe sie jetzt dafür, dieses himmlische Blau zu sehen. „Ich wollte meine Unschuld nicht hergeben. Ich hätte es niemals freiwillig gemacht.“ Er spürte, wie sich Eisklumpen in seinem Magen bildeten. „Du wurdest gezwungen?!“ Heiße Wut sammelte sich in seiner Brust. „Nein“, widersprach sie. „Ich wurde nicht vergewaltigt. Aber er hat mich betrunken gemacht und meine Verzweiflung ausgenutzt.“ „Verzweiflung?“ Jetzt hatte sie sich verplappert, also konnte sie die Wahrheit sagen. „Ich war unsterblich in dich verliebt. So eine völlig überdrehte Teenager-Schwärmerei. Noch dazu hatte ich gerade Probleme mit meinen Eltern. Dann sah ich dich im Fernsehen. Und mein Maß war überschritten.“ Yuichi überlegte kurz. Fernsehen… vor vier Jahren. Oh! An seiner Seite war- wie hieß sie noch mal?- gewesen. Hübsch, sehr hübsch… aber nicht mit Yuki zu vergleichen. „Sie war traumhaft“, erinnerte sich Yuki zurück, mit schneidender Bitterkeit in der Stimme. „Kein Vergleich zu dem Kind, das ich war.“ Yuichi hielt klugerweise den Mund. In solchen Situationen verstanden Frauen es meisterhaft, einem die Worte herum zu drehen. „Du warst für mich unerreichbar und all meine Träume waren auf einem Schlag zerplatzt. Er hat das ausgenutzt und in meinem Suff war mir nicht bewusst, was ich tat und vor allem mit wem. Ich fühlte mich missbraucht und benutzt und es lastet wie ein schwarzer Fleck auf meiner Seele. Ich versuchte ihn zu übermalen, doch das Schwarz ist zu dunkel, zu deckend und zu präsent. Ich bin immer die zweite Wahl und werde es bleiben.“ Er verstand nicht, was sie jetzt damit meinte, aber er wollte sie trösten. „Ich habe immer nur dich gewollt.“ Das war ein Fehler gewesen. Sie richtete sich ruckartig auf. Er konnte den Zorn nicht sehen, aber deutlich fühlen. „Ach, ja?“, schrie sie schon fast. „Wie schnell hast du dich von Yami verzaubern lassen, nach nur einem Kuss? Wie schnell hatte sie dich in den Hand?“ „Hey, du weckst die-“ „Das ist mir scheißegal! Du warst immer nur scharf auf sie!“ Ihre Faust traf seine Schulter. „Aua!“ „Du wolltest Yami. Genau wie alle anderen. Ich bin völlig egal!“ „Hey!“ Er packte ihre Handgelenke, um ihrem schmerzhaften Fausthagel zu stoppen. „Hör mir zu!“ Sie wehrte sich. „Lass los!“ So sehr sie zog und zerrte, er war stärker. Doch sie war in Rage. „Yuki, hör mir zu!“ „Nein!“ Er drückte sie nieder, mit ernüchternder Leichtigkeit. Sie bäumte sich auf, versuchte ihm zu entkommen, aber genauso gut hätte sie eine Pyramide mit bloßen Händen durch die Wüste schieben können. Sie verfluchte die überlegene männliche Muskelkraft. Sein Körper legte sich hart auf ihren, stark, unentrinnbar. Sie knurrte ihn wütend an. „Runter von mir!“ Seine Lippen verschlossen ihre. Zart und doch unnachgiebig. Ihre Arme wurden zu Wachs, ihr Kopf vernebelte sich und alles, was sie wahr nahm, war sein muskulöser Körper, sein berauschender Duft und das Inferno seiner Lippen, das sie überwältigte. Und ihr wütendes Keuchen wurde lustvoll. „Alle Männer sind gleich“, murmelte Anjaani in ihre Decke hinein. „Weil alle Männer das machen, um zu gewinnen?“, lachte Yoko. „Inuyasha ist besonders gut darin, nicht wahr?“ „Was kichert ihr so?“ „Weil wir ganz genau wissen, wie knallrot dein Gesicht gerade ist.“ Dann wurde ihre Stimme belehrend. „Schlaue Männer nutzen im richtigen Moment ihre körperliche Dominanz, wenn der überlegene weibliche Verstand sie zu überwältigen droht. Die meisten Frauen lieben es zu unterliegen.“ Yami lachte engelsgleich. „Sei nicht so entsetzt. Selbst Aryan hat erkannt, wie aufregend etwas Überlegenheit sein kann.“ „Es ist aufregend deinen Willen zu unterdrücken?! Das ist Gewalt gegen dich!“ „Genau das hatte er auch gesagt. Beunruhigenderweise wortgleich. Aber er hat schnell seine Meinung geändert.“ „Gib zu, dich macht es doch so an, wenn Inuyasha dich überwältigt und du dich nicht wehren kannst. Weil du ihm vertraust. Hach, wie ich Yuki gerade beneide.“ „Ich auch“, dachte Anjaani traurig. Yuichi schnappte nach Luft. Ebenfalls nach Atem ringend lag sie unter ihm, weich und willig. Alles in ihm schrie nach ihr. Wären da nicht die drei Frauen in seinem Gästezimmer. Verflucht noch eins! „Höre mir jetzt gut zu, bevor ich dich dazu bringe die ganze Nachbarschaft mit deinen süßen Schreien zu wecken.“ Sie sah ihn nur an, zu gerne wollte sie, dass er diese Drohung war machte. Doch sie rührte sich keinen Millimeter. Kein Lufthauch passte zwischen sie und die Reibung seines Körpers an ihrem machte sie wahnsinnig. Seine harte Männlichkeit gegen ihre weiche Weiblichkeit. Er musste kurz seine Gedanken sortieren. „Ich weiß nicht einmal mehr wie sie hieß, wegen der du quasi deine Jungfräulichkeit aufgegeben hast. Aber ist dir an ihr nichts aufgefallen?“ Mizu runzelte die Stirn. „Sie war Deutsche. Um ehrlich zu sein Deutsch-Japanerin.“ „Sie hatte eine ähnliche Haarfarbe wie ich.“ Yuki begriff langsam. „Gefärbt natürlich. Nur ihre Augen waren dunkel. Ich habe einfach keine finden können, die so helle Augen hat wie du. Unbewusst habe ich dich schon immer gesucht. Alle Frauen in meinem Leben waren nur billige Kopien von dir, das habe ich begriffen, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Ohne es wirklich zu bemerken habe ich immer nach dir gesucht. Als ich Yami sah, schienen sich alle meine Träume zu erfüllen. Ich hatte gehofft, sie wäre du. Soll ich dir etwas über diesen Kuss sagen?“ „Nein“, fauchte sie leise. „Er hat mich genug schlaflose Nächte gekostet.“ „Mich auch.“ „Wa-?“ Ihr Aufschrei wurde von seinem Mund erstickt. „Du warst mir nah, ich spürte es. Und Aryan bestätigte es mir. Aber er sagte, ich müsse mich gedulden und dann würden alle meine Träume in Erfüllung gehen. Die Tage kamen mir wie Jahre vor.“ „Und der Kuss? Lass meine Hände los.“ „Damit du mir die Augen auskratzt? Mmh, der Kuss… So einen Kuss hatte ich vorher noch nie erlebt. Er hatte alles in mir berührt, bis aus eines. Keine Berührung hatte je mein Herz berührt. Erst du hast mich Liebe spüren lassen. Ich habe Sex bisher genauso erlebt wie du. Aber nur, weil mein Herz verschlossen gewesen war.“ Sie schlang die Arme um ihn. „Es hat sich erst für mich geöffnet?“ „Ich liebe dich, Yuki. Quasi ab dem ersten Blick in deine Augen und seit dem jeden Tag mehr. Für immer.“ „Ja, für immer.“ Und sie besiegelten dieses Versprechen mit einem Kuss. Dieses Versprechen der süßen Ewigkeit. Yoko stand auf dem Balkon, den Blick in den Sternen verloren. Eine einzige Träne tropfte ihre Wange hinab. Einsam, unbemerkt, von der Dunkelheit verborgen. „Für immer…“ Der Wind trug ihr Flüstern fort zu dem Wesen, das sie aus der Finsternis betrachtete, mit reisender Sehnsucht in den Augen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)