Stumme Tränen von AnaO (Darfst du mich denn lieben, Inuyasha?!) ================================================================================ Kapitel 31: entfesselte Gefühle ------------------------------- "Wo ist denn Zuma?", fragte Yoko erwartungsvoll in die Runde. "Er ist noch nicht aufgetaucht", erwiderte Yuki gähnend. "Ich habe damit nichts zu tun", schreckte Yuichi von ihrer Schulter auf. "Yoko-Neko, er kommt doch heute auch nicht. Er arbeitet ja nicht einmal in der Tanzschule." "Woher weißt du das denn?" Yuichi lehnte sich wieder dösend an Yuki. "Weil ich mich heute zum Mittagessen mit ihm treffe, wegen den Gemälden, die ich ihm male. Das weißt du doch, Kätzchen. Warum sollte er hier sein?" Ja, warum sollte er? Aber sie hatte so gehofft, ihn früher zu sehen. Hatte so gehofft, dass er vor Sehnsucht genauso verging wie sie. Aber immerhin würde er sie später abholen. Doch sie musste ihn sofort sehen! "Er wollte mich heute Abend abholen, aber ich brauche ihn jetzt. Ich will die Choreographie mit dir früher drehen." Yuki setzte den erwarteten abwehrenden Gesichtsausdruck auf. "Und ich will nicht, dass du meine Zeitpläne durcheinanderbringst. Montag war für meine Choreographie eingeplant." "Montag ist zu spät." "Ich bekomme das hin. Zuma reizt mich ungefähr so viel wie ein schlammbedeckter Kieselstein." Sie begann Yuichis wirre Locken zu kraulen. Er brummte wohlig. "Obwohl er so attraktiv ist?" "In deinen Augen vielleicht. Ich hasse es, mit ihm zu tanzen. Er ist immer so grob und ich muss mich fügen." "Ich dachte, dir mache Unterwerfung nichts mehr aus." Yuki sah sie stechend an. "Nur bei Yuichi. Von deinem Tanzkasper mag ich es nicht, angefasst zu werden, geschweige denn bevormundet!" "Yuki, die Zeit rennt. Dein wievielter Tag ist heute?" Yuki wurde plötzlich nervös. "Mein 25ster. Du hast recht, das Risiko ist zu hoch. Selbst bei diesem Idioten. Einverstanden, ich rufe ihn an." Yuichi verstand nur Bahnhof, wie so oft, wenn die Schwestern so geheimnisvoll sprachen. Es war ihm auch egal. Er war müde und Yuki so herrlich anschmiegsam. "Du hast dich als Double angeboten. Und diesen Tanz kriegt Naoko nun mal nicht hin." "Ich habe mich nur angeboten, weil du zu geizig warst!" "Als ob Zuma gerne mit dir arbeitet. Aber er gibt sich professionell und erledigt seinen Job vorbildlich." "Ne, Yoko, du irrst dich. Er ist nicht unzufrieden, mich im Arm halten zu müssen. Ganz und gar nicht." "Was soll das jetzt bedeuten?", horchte Yuichi auf, seine Müdigkeit war verschwunden. Yuki grinste. "Ich rufe ihn an." "Schönheit." Doch Yuki hatte sich schon mit dem Handy am Ohr abgewandt. Und sie zuckte plötzlich zusammen." "Guten Morgen, Zuma", flötete sie überschwänglich. "Deine Laune ist ja mal wieder blendend!" Yoko runzelte die Stirn. Was war denn jetzt los? "Ich bin nicht Yoko, du musst mich nicht so anfauchen. Ist gut jetzt, beruhige dich. Ich komme gleich auf den Punkt. Hast du Zeit? Könntest du herkommen? Yoko möchte unsere Choreographie vorschieben. Wir sollen früher proben." Zuma brüllte so laut ins Telefon, dass Yoko ihn problemlos verstand. "Yoko möchte? Ach, wirklich?! Es ist mir scheißegal, was Yoko möchte! Ich bin nicht ihr Hampelmann!" Yuki blieb unbeeindruckt. "Hast du mir nicht zugehört? Ich habe extra gefragt, ob du Zeit hättest!" "NEIN!" "Das war laut und deutlich", spottete Yuki. "Unprofessioneller, unzuverlässiger Sack!" Sie legte auf und lächelte Yoko erschöpft an. "Ich glaube, er kommt nicht." "Was war denn los?", war Yoko ratlos. "Er ist sauer auf dich", vermutete Yuichi. "Aber ich habe nichts getan. Gestern war er noch so freundlich und bereit für einen Neuanfang. Ich verstehe das wirklich nicht." "Den Arsch solltest du absägen", schnaubte Yuki. "Ich will aber nur ihn. Liebe, das verstehst du nicht." Yuki hob die Brauen. "Nein, tut mir leid, ich habe keine Gefühle. Such dir einen der ihm ähnelt, nur viel netter ist." Yoko rieb sich die Oberlippe, ihre gelbbraunen Augen flogen zu Yuichi. "Ihn habe ich nicht gemeint", stellte Yuki augenblicklich klar. "Er ähnelt ihm", lächelte Yoko. "Nur von den Gesichtszügen her!" "Genau das hast du doch angesprochen. Und er ist viel netter." "Redet nicht über mich, als wäre ich nicht hier!" Die Schwestern ignorierten ihn. "Die beiden sind nicht vergleichbar", regte Yuki sich auf. Sie hasste Vergleiche zwischen Yuichi und irgendeinem Mann. Weil es kein Grund zu vergleichen gab. Ihr Freund war einsame Spitze. "Sie kommen beide nach ihrem Vater, aber mehr haben er und Zuma nicht gemeinsam! Yuichi ist einzigartig! Und ich warne dich nur ein Mal. Versuche nicht, Zuma in Yuichi zu finden. Fass ihn an und du wirst es bitter bereuen. Ich habe nicht mein ganzes beschissenes Leben gewartet, um ihn an dich zu verlieren!" "Das war klar und deutlich", lächelte Yoko. "Du bist genau die kämpferische Julia, die ich bei Naoko sehen möchte." Yuki seufzte und lehnte sich an Yuichis Brust. Oh, war sie müde! "Kannst du auch mal an was anderes, als an diesen Film denken?" "Wieso spielst du nicht die Julia? Du wärst perfekt." "Pas vrai?", begeisterte sich Yuichi. "Ich bin dafür!" "Das glaube ich dir sofort", grummelte Yuki. Er riss sie auf die Beine. "Wir drehen am besten die Hochzeitsnacht neu, die ist am wichtigsten. Komm, wir proben in der Garderobe!" "Wärst du nur immer so pflichtbewusst", flehte Yoko. "Aber irgendwie hast du recht." "Wie bitte?!" Yuki versuchte Yuichi von sich zu drücken. "Hört mit dem Blödsinn auf! Karina, ich reiße mir für dich genug den Arsch auf. Mal davon abgesehen, dass dieser Film fertig werden muss." "Ich habe dich gebeten, Julia zu spielen. Du wolltest lieber meine Assistentin sein." "Wenn Yuichi von Anfang an den Romeo gemimt hätte, wäre ich Julia gewesen." "Wirklich?" Er strahlte sie an und er hatte so atemberaubend schöne Augen. "Wirklich. Du hast mir zu viel Spaß mit Naoko." Endlich schaffte sie es, sich von ihm zu lösen. "Lasst den Unsinn und geht an die Arbeit. Liebling, in deiner Tasche ist eine Flasche Grüntee, damit du wacher wirst. Ich bin bei Inuyasha, solange dieser Hampelmann hier nicht aufkreuzt!" "Ist sie eifersüchtig?", sah ihr Yuichi mit schimmernden Augen hinterher. Er hatte wirklich schöne Augen. Andere als Zuma, aber genauso schöne. "Was denkst du, Kätzchen?" "Dass Yuki so unbeschreibliches Glück mit dir hat", seufzte sie. "Ich würde alles geben für einen Partner wie dich." "Ja klar", rollte er die Augen. "Wie war das gewesen? Ein Gesicht wie meins." "Yuichi", lächelte sie sanft. "Ist dir bewusst, wie toll du bist? Ich rede nicht von deiner Optik und du Angeber weißt genau, wie gut du aussiehst." Er wurde ernst. "Ich verdiene mein Geld mit meinem Aussehen. Mehr habe ich nicht zu bieten." "Du willst dich jetzt in meinen Komplimenten suhlen", lachte sie. "Aber du weißt wirklich nicht, wie besonders zu bist… Hör jetzt endlich mit den Gegähne auf! Du machst mich kirre! Du bist selbstlos. Du brauchst keine Komplexe zu haben. Denn du bist zuverlässig, ehrlich, fröhlich, lustig, verbreitest Freude. Ich habe keine Zeit, die Liste weiterzuführen." "Mir gefällt das", schmunzelte er. "Warum ist nicht jeder wie du?" "Weil es mich nur einmal gibt. Genau wie dich." Ihre Augen begannen zu funkeln. "Genau das meine ich. Du bist einmalig. Ich bin so froh, dich zu haben. Du gibst mir nicht das Gefühl, schlechter zu sein als Yuki oder Yami." "Jetzt willst du dich in meinen Komplimenten suhlen." Yoko lachte und er ergriff ihre Hand. "Zuma wird erkennen, wie toll du bist. Ich habe ihm schon gesagt, dass er nie eine Bessere als dich finden wird. Aber mich wirst du immer haben." "Danke. Und jetzt arbeiten wir weiter", erhob Yoko sich. "Sonst denkt Yuki wirklich, dass ich mich an dich ranmache. Und dann bin ich erledigt." "Seit wann machst du dich denn an Yuichi ran?", erschien Yami. "Er ist nun mal toll. Glauben will er es nur nicht." Yami verdrehte die Augen. "Eingebildet wie ein Pfau, plagt sich aber mit Komplexen. Wenn Aryan nicht wäre, wäre ich so neidisch auf Yukis Glück." "Wow. Eine Beleidigung und ein Kompliment im selben Satz. Das bekommt nur mein Küken hin." Yami strahlte ihn an. "Ich liebe es, wenn du so lachst. Warum steht ihr hier eigentlich tatenlos rum? Sollte Yuki nicht mit Zuma proben?" "Er weigert sich zu kommen", seufzte Yoko. "Ich habe keine Ahnung, warum er schlecht gelaunt ist." "Soll ich das erledigen?" "Ich bin mir nicht sicher, ob du ihn nicht noch wütender machst." Yami runzelte die Stirn. "Die Szene sollte aber so schnell wie möglich abgedreht sein. Yuki wird bald nicht zu gebrauchen sein. Wir müssen das so schnell es geht erledigen." "Ich weiß", jammerte Yoko. "Ich befürchte sogar, dass es schon morgen losgehen könnte und du bist die Woche drauf weg." "Ja, mein Urlaub mit Aryan…" "Was geht morgen los? Warum wird Yuki nicht zu gebrauchen sein?" Beide blickten ihn gleichzeitig an, beide mit demselben Gesichtsausdruck: Mitleid. "Yuki ist im 26. Tag ihres Zyklus." Er gähnte nur. "Als ob ihm das etwas sagt", tadelte Yami. "Yukis Zyklus dauert 28 Tage. In drei Tagen bekommt sie ihre Blutung." "Das hoffe ich doch, sonst bringt sie mich um." Die Schwestern tauschten einen genervten Blick. "Sie steht direkt vor ihrer PMS!" "Oh." Yoko rieb sich die Stirn. "Yuki sperrt sich während ihrer PMS immer Daheim ein. Ich will sie so wirklich nicht auf Zuma oder irgendeinen anderes männliches Individuum loslassen." Sie deutete den Ausdruck in Yuichis Gesicht korrekt. "Ich weiß, dass sie dich niemals betrügen würde, aber sie ist unzurechnungsfähig während ihrer PMS. Komplett ihren Hormonen ausgesetzt. Sie kann nicht kontrollieren, was sie tut. Egal, was sie anstellt, sie würde es in ihren normalen Geisteszustand niemals tun." "Dann haben wir keine Wahl." Yuichi zückte sein Handy. "Onee-chan, ich brauche deine Hilfe." Die Schwestern neigten neugierig den Kopf. "Hat Yuki schon ihre PMS", sorgte sich Anjaani. "Nein, das kann nicht sein, du klingst viel zu munter." Yami und Yoko kicherten. "Nein, mir geht es gut. Aber wir müssen eine Szene erledigen, bevor Yuki ausfällt." "Und du ausfällst", ergänzte Anjaani. "Wieso ich?" Darauf ging sie nicht ein. "Lass mich raten. Ihr braucht Zuma, er weigert sich aber." "Du bist gut im Raten, Onee-chan." "Er ist in seinem Büro, obwohl er heute nicht arbeitet und er hat richtig üble Laune. Aber ich kümmre mich darum. In 15 Minuten ist er bei euch." "Arigatou gozeimasu! Ich wusste, auf dich ist verlass." "Und Yuichi…" Ihre Stimme klang plötzlich unsicher. "Ja, ich hör zu." "Hör auf mich, wenn ich dir sage, dass, was auch immer Yuki während ihrer PMS anstellt, es rein gar nichts mit dir oder ihren Gefühlen für dich zu tun hat. Bitte nimm ihr nichts übel." Yuichi starrte sein Telefon und dann die Drillinge an. "Also so langsam bekomme ich Angst." Anjaani sammelte sich, bevor sie in Zumas Büro trat. Wie sollte sie ihn überreden, Yoko zu helfen? Ihre gewohnte Art funktionierte nicht. Weil er sich ihr überlegen fühlte und es problemlos schaffte, sie einzuschüchtern. Zuma konnte Yoko für gewöhnlich aber keine Bitte ausschlagen. Woran lag das? An ihrem Selbstbewusstsein? Daran, dass sie sich ihrer Weiblichkeit bewusst war und damit umzugehen wusste? Anjaani war schön, zumindest wenn sie den anderen Glauben schenken konnte. Inuyasha hatte gesagt, er müsse jedes Mal um seinen Verstand fürchten, wenn sie bei ihm war. Gut, dann würde sie mal Zuma um den Verstand bringen. Anjaani straffte die Schultern. "Seit wann klopfst du denn ni-", begann Zuma, brach aber mitten im Satz ab. Anjaani stand in der Tür gelehnt, strahlte eine Kühnheit aus, die ihm bisher völlig fremd gewesen war. Ihre Augen blitzten auffordernd. "Ich möchte etwas mit dir bereden", sagte sie samtig, doch fest. Sie, wie sie da in ihrer puren Weiblichkeit dastand, war eine einzige Aufforderung. Sein Hals war plötzlich ganz trocken. Er räusperte sich. "Um was geht es?" "Um dich", raunte sie, senkte leicht die dichten Wimpern. "Ich bin enttäuscht von dir." "Was? Wieso?" War das Anjaani? Sie glitt in den Raum, verführerisch, stark und so unwiderstehlich. Ihm drohte jetzt schon der Verstand zu schwinden. "Ich habe mehr von dir erwartet." Er blickte zu ihr auf, sie starrte auf ihn herab. "Wenn es um Yoko geht…" "Das tut es tatsächlich." Wut packte ihn. "Hör zu, Aurora, halte dich da raus. Ich lasse nicht mit mir spielen! Ich springe nicht, sobald Yoko pfeift!" "Schlappschwanz." Die Kinnlade fiel ihm herunter. "Wie bitte?!" Überheblich sah sie zu ihm hinab. Sein Blut begann zu brodeln. Die Augen unter den dichten Wimpern schien golden zu glühen. "Du weißt, dass Yoko dich braucht und ohne dich nicht zurecht kommt. Weil nur du solch eine geniale Choreographie hinbekommst. Statt ihr zu zeigen, wer der Boss ist, verkriechst du dich wie ein Wurm und spielst das trotzige Kleinkind. Schwache Leistung, Zuma. Ich habe mehr von dir erwartet." "Ich verkrieche mich nicht", raunte er, die Augen funkelten silbern. Sie ergriff seine Hand und zog ihn aus seinem Stuhl. Ihre Hände legten sich auf seine Brust. Sein Verstand wurde noch nebeliger. "Dann geh jetzt und bringe Yuki ihre Choreo bei. Sei ein Mann." "Ich bin ein Mann." "Beweise es." "Das tue ich. Dir und ganz besonders Yoko!" Er stürmte aus seinem Büro, Anjaani blickte ihm nach. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Es klappte tatsächlich! Ob es bei Inuyasha auch so leicht war? "Inuyasha, du machst es mir zu leicht!" "Soll ich dich verprügeln, oder was?", motzte dieser Yuki an. "Du machst nicht richtig. Du bist nur halbherzig bei der Sache!" Inuyasha duckte sich vor ihrer Faust. Ihren Tritt fing er ab. "Warum bist du heute so eine Memme?" Er wich ihrem Fausthagel aus. "Du bringst mich nur um, wenn ich es dir sage." Der Schlag in den Magen war ein Volltreffer. "Au! Du hältst dich nicht an die Choreo! Hey! Nicht meine Haare!" "Und du bist ein Schlappschwanz!" "Ein was?!" Er packte ihre schmale Taille, hob sie federleicht in die Lüfte. "Hey, lass den Scheiß!" "Nenn mich noch mal so und ich schmeiße dich hoch." Er wusste um ihre panische Höhenangst. Yuki blickte plötzlich an ihm vorbei. "Liebling!", rief sie erleichtert. Inuyasha ließ sie hastig runter. Doch kein Yuichi weit und breit. Dafür war er jetzt aber ungeschützt und Yuki, hinterhältig und skrupellos, nutzte seine Unachtsamkeit. Sie nagelte ihn am Boden fest. Er stöhnte leise vor Überraschung und Schmerz. "Verloren", flüsterte sie. Er sah zu ihr hoch. Der Jäger in ihm drohte zu erwachen. Was er bei Anjaani nicht im Zaum halten konnte, klappte bei Yuki zum Glück gut. Würde er Anjaani nicht begehren, wären seine Sinne nicht alle auf sie fixiert, hätte Yuki jetzt ein Problem… "Genau sowas habe ich verhindern wollen", knurrte er zu ihr hoch. "Du hast bald deine PMS, Nervenzwerg." Sie war überrascht und hockte sich auf seinen Bauch. "Woher weißt du das?" "Ich rieche die Veränderung deiner Hormone", meinte er etwas beschämt. "Du riechst genauso, als wärst du fruchtbar." Sie unterdrückte mühsam ein Gähnen. "Sag mal, wie habt ihr zu deiner Zeit eigentlich verhütet?" "Ist das dein Ernst?! Du sprichst mit mir über Verhütung, während du auf mir sitzt?! Geh jetzt runter! Yamada sollte uns so nicht erwischen." "Wovor hast du mehr Angst?", lächelte sie sinnlich. "Vor Yuichi oder mir während meiner PMS?" Er schubste sie von sich runter. "Vor dir, du Monster! Sowas wie dich habe ich noch nie erlebt." "Es ist erst so, seit Raj mir die Unschuld genommen hat", seufzte sie leise. Er starrte sie überrascht an. "Das war davor nicht so." "Also ist es was psychisches?" "Vermutlich. Ich glaube eine Abwehrreaktion." "Dein Kopf versucht diese Demütigung zu verarbeiten, zu vergessen. Nicht jede Frau reagiert gleich auf eine Vergewaltigung." "Mich hat immer gestört, dass mein Kopf nicht darüber hinweg kam", knurrte Yuki. "Das liegt daran, dass du Yamada liebst und das Gefühl hattest, ihn betrogen zu haben. Hat er dir denn nicht geholfen?" "Doch", strahle sie ihn an. "Ich habe es überwunden. Du hattest vollkommen recht." "Die Erfüllung?" "Ja", hauchte sie glücklich. "Das freut mich", meinte er sanft. "Dass Rajs Spuren wenigstens von dir verschwunden sind." "Rajs Spuren?" Yuichi betrat gerade den Trainingsraum, zog Yuki sofort an sich. "Du hast mich von ihm erlöst", erklärte Yuki und schlang die Arme um ihn. Er war so gemütlich. Einfach nur die Augen zumachen und sich von seinem Duft… "Was wollte ich jetzt?" Yuichi hatte Mühe, die Augen wieder zu öffnen. Einfach nur an sie schmiegen und einschlafen… "Ah ja, Yoko braucht Inuyasha." "Und dann schickt sie dich? Ihren Hauptdarsteller, obwohl sie genug Assistenten hat?" Yuichi zögerte zu lange. "Der eifersüchtige Kerl wollte schauen, was wir beide hier treiben!", lachte Yuki. "Gut, dass der nicht zwei Minuten früher gekommen ist", murmelte Inuyasha. "Was?! Warum?" "Der rote Zwerg braucht mich", grinste Inuyasha und war verschwunden. Er erschnupperte Yokos Fährte in ihrem Büro. "Hey, Nervensäge, was ist los?" Sie sah auf, ein bittender Ausdruck in dem sonst so überlegenen, stolzen Gesicht. "Ich brauche deine Hilfe. Ich benötige den Verführer." Er hob sofort abwehrend die Hände. "Stopp! Vergiss es! Ich werde nicht mit dir-" "Was denkst du denn von mir?!", fauchte sie. "Ich brauche deinen Erfahrungsschatz, du Hohlbirne! Ich habe ein Problem mit einer Szene. Sie stimmt einfach nicht. Der Text ist zu platt, er hat keinen Zauber." Sie hielt ihm das Drehbuch hin. "Romeo muss etwas sagen, dass in einem Satz seine Gefühle ausdrückt, ohne zu lang zu sein, zu abgedroschen. Ein einziger Satz, der jede Frau schwach machen würde." Er studierte den Text. "Ich verstehe dein Problem. Von dem Gesülze wird einem übel!" Sie holte Luft. "Willst du meine Hilfe oder nicht?" "Sag, wie hast du Frauen verzaubert? Mal angesehen von deiner legendären Einfühlsamkeit und deinem unnachahmlichen Charme." "Den Mist tue mich mir nicht an!" "Bitte, Inuyasha, ich brauche deine Hilfe. Ich will kein seitenlanges Gesülze. Ein Satz nur, der alles sagt und völlig verzaubert." "Wehe, du erzählst es Anjaani!" "Ich schwöre es." "Der Satz macht nur die Hälfte aus. Wichtig ist die Stimmlage und der Gesichtsausdruck." "Bitte, Meister. Sag mir, was ich hinschreiben soll." "Warum tue ich mir das an?", stöhnte er leise. "Weil du Aani keine Bitte abschlagen kannst. Und weil ich ihr petze, wenn du mir nicht hilfst." Inuyasha knurrte. "Du bist die Pest." "Ich weiß was ich will und wie ich es bekomme. Diese Welt ist nichts für Schwache." Inuyasha sah sie an, überrascht. "Du bist eine der stärksten Frauen, denen ich je begegnet bin." "Was?", blinzelte sie. Er rückte näher. Das leuchtende Mondweiß seiner Haare verstärkte die gleißende Glut seiner Augen. Oh, und wie er duftete! Auch Yoko ließ Inuyashas sinnliche, animalische Aura nicht unberührt. "Du bist sehr stark…" Sein weiches, tiefes Raunen war eine Stimmlage, die augenblicklich jede weibliche Libido in Flammen aufgehen ließ. "Stark, schlau… schön." Hitze schoss ihr in die Wangen. Ihre Knie wurden weich. "Wunderschön", flüsterte sein sinnlicher Mund. Der muskulöse Körper so nah, sein Duft. Die glimmenden Augen… sanft… voll Verehrung… voll Liebe. "Sehe ich dich an…" Er strich ehrfurchtsvoll über ihr Gesicht. "Ich fühle mich dem Himmel nah." Ihr Herz setzte aus. "Oh, Inuyasha!" Sie warf sich an seinen Hals. Das war er, das war der Satz! "Gern geschehen", flüsterte er lachend. "Ich will euch ja nicht stören…" Eine eiskalte Stimme sprach von der Tür. Erschrocken wand sich Yoko in Inuyashas Armen zu Zuma um. Seine Augen blitzten Silbern, kalte Wut im schönen Gesicht. Bewusst, in welcher Situation er sie erwischt hatte, befreite sie sich vom Hanyou. "Ich dachte, es interessiere dich vielleicht, Yoko, dass ich hier bin." "Akira, ich…" "Offensichtlich nicht." "Warte", rief sie, als er sich abwandte. "Nein. Dir viel Spaß weiterhin." "Einen Moment!", donnerte jetzt Inuyashas Bariton-Stimme. "Es ist nicht so, wie es scheint!" "Es ist seltsamerweise nie so wie es scheint. Man landet auch rein zufällig in den Armen eines Dämons, der sich vor weiblichen Verehrerinnen kaum retten kann." "Das war eine Umarmung aus Dankbarkeit! Hätte ich das gewusst, hätte ich die Nervensäge abgewehrt. Ich habe ihr bei dem Text geholfen. Sie wollte einen bestimmten Satz. Mehr nicht. Ich würde diese widerliche Pestbeule nie freiwillig anfassen! Pfui, Teufel! Du hast keinen Grund, dich aufzuregen, du willst sie ja selber auch nicht!" Und erst jetzt begriff er seine harten Worte, als er in Yokos erschrockenes Gesicht starrte. Erschrocken und zutiefst verletzt. "Yoko", hob Inuyasha an. "Ist gut. Das ist nichts, was ich nicht längst weiß. Zuma, Yuki wartet auf dich." Sie stürmte aus dem Büro und schwer seufzend folge Inuyasha ihr. Dann stöhnte er auf, als Yuichi um die Ecke bot. "Akira Zuma? Bist das wirklich du?" Zuma verdrehte die Augen. "Aurora bat mich, herzukommen." "Und du hörst auch immer brav auf sie?" "Nein." Zuma schüttelte den Kopf. "Mit ihr stimmt etwas nicht." "Mit Onee-chan? Heute Morgen war sie noch normal." "Sie war ganz anders. So fordernd, selbstbewusst. Sie hat mich doch tatsächlich einen Schlappschwanz genannt." Inuyasha fiel die Kinnlade herunter. Er hatte nicht gedacht, dass sie das Wort Schwanz überhaupt in den Mund nehmen würde. "Benutzt Nee-chan das Wort Schwanz überhaupt?", interessierte sich Yuichi. "Kommt auf den Kontext an", erwiderte Inuyasha immer noch verblüfft. "Aber Schlappschwanz? Fordernd? Anjaani?" "Wenn du es genau wissen willst", sprach Zuma ihn kalt an. "Sie hat ihre Ausstrahlung bewusst eingesetzt, um zu bekommen, was sie wollte. So habe ich sie nie erlebt." Zuma wandte sich um und verschwand. Inuyasha glaubte es nicht. "Anjaani…?" "Ist sie so, wenn sie angetrunken ist?" "Verdammt, ja! Aber ich glaube nicht, dass sie…" "Bestimmt nicht. Ich habe sie gebeten, Zuma herzuschicken, weil er sich geweigert hat herzukommen. Sie muss auf eine andere Taktik gesetzt haben." "Sie muss ihre Weiblichkeit eingesetzt haben…" "Und sie hat bekommen, was sie wollte", grinste der Japaner. "Bin gespannt, ob sie das jetzt auch bei dir versuchen wird." Inuyasha blieb ruckartig stehen. "Oh nein…" "Yuichi", erwartete Yoko ihn an der Szene. "Kommst du jetzt bitte vor die Kamera? Was ist mit dem Arschloch los?" "Er freut sich auf heute Abend. Nee-chan hat erkannt, dass sie eine Frau ist." Yoko runzelte sie Stirn, ging aber nicht weiterhin darauf ein. Sie hatte andere Prioritäten. Sie musste die Szene fertig drehen und dann dringend mit Zuma reden. Sie hatte nicht mal Cut geschrien, war sie doch schon fast abgehauen. "Was ist passiert? Wohin so eilig?" Yuichi blockierte den Weg. "Ich halte es nicht aus. Ich muss mit Zuma reden." "Ich glaube, dass solltest du an einem ruhigen Ort zu einer anderen Zeit tun. Aber offensichtlich ist er wütend auf dich." "Was ist nur los?", seufzte sie verzweifelt. "Ich muss mit ihm reden. Ohne dich!", stieß sie Yuichi zurück. "Du wirst nur eifersüchtig, wenn du Yuki mit ihm siehst." Er verschränkte die Arme vor der Brust. "Das war ein Eigentor, Kätzchen." Doch harmonisch schien es zwischen Yuki und Zuma nicht zuzugehen. Die Tür zum Proberaum war geschlossen und doch schallten zwei streitende Stimmen laut und deutlich durch die Wand. Leider auf spanisch. "Ich glaube es geht langsam los", flüsterte Yoko. "Yukis PMS." Yuichi sah sie erschrocken an. "Sie erträgt Berührungen dann kaum. Zuma darf sie kaum anfassen." "Yuki, was ist los mit dir", verzweifelte Zuma, als sie ein Gähnen abschüttelte. Yoko öffnete leise die Türe. Die beiden standen sich herausfordernd gegenüber. Zuma riss Yuki an sich. "Los, noch einmal!" Er hob sie ohne Vorwarnung hoch. Federleicht. Sie stützte sich an seinen Schultern, riss die Beine senkrecht in die Luft. Vollführte einen Spagat, bevor sie sich mit Schwung herunterließ, die Beine um Zumas Hüfte schlang, den Oberkörper fallen ließ. "Ich schaff' s nicht", ächzte Yuki. Zuma riss sie sofort hoch. Yuichi gefiel der Anblick aber überhaupt nicht. Yuki in Zumas Armen, die Beine fest um ihn geschlungen. "Was ist denn los, Häschen?" Yoko betrat den Raum und registrierte sofort, dass Zumas Augen noch kälter wurden. "Sie bekommt die einfachsten Figuren nicht mehr hin." Aber er sah dabei den blauen Drilling vorwurfsvoll an. "Das merke ich auch. Warum bist du heute so ungelenkig?" "Müde", korrigierte sie. "Ich bin müde. Der da hat mich fast die ganze Nacht wach gehalten." Yoko funkelte Yuichi an, der gerade versuchte ein Gähnen zu verstecken. "Sie hat mich geweckt", wehrte er ab. "Sie hat angefangen." "Yuichi, ich brauche euch beide arbeitsfähig!" "Kätzchen, hier kannst du mir vorschreiben, wie ich Sex haben soll, aber Daheim nicht. Da ist Yuki der Boss." "Wenn euer Liebesleben sich auf den Film auswirkt, hast du ein Problem mit mir!" "Was willst du tun?", lächelte er. "Es mir verbieten?" "Dich kastrieren, wenn es sein muss!" Seine Augen funkelten königsblau. "Eifersüchtig." "Was?" Sie zuckte vor ihm zurück. "Du bist eifersüchtig." "Worauf denn bitte schön?!" Yokos Stimme wurde immer höher. "Wie lange hat dich schon niemand mehr angefasst?" Yoko ballte die Fäuste, rasende Wut in ihrem Gesicht. Yuki verpasste ihrem Freund einen Klaps auf den Hinterkopf. "Halt die Klappe, oder letzte Nacht wird wirklich deine letzte gewesen sein." "Ich kann doch nichts für eine untervögelte Chef-" Yokos Knie traf seinen Magen. Er sackte stöhnend zusammen. Sie wollte sich auf ihn stürzen, doch Yuki stieß sie weg. "Halt sie fest!", rief sie Zuma zu. Der reagierte automatisch und ergriff Yokos Schultern. "Er muss mich nicht vor ihr schützen", japste Yuichi, kreidebleich im Gesicht. "Verdammt, Yuichi, sie bringt dich um", schnaubte Yuki. "Yoko ist meisterhaft im Bodenkampf, mir sogar überlegen. Du bist erledigt, sobald sie dich auf dem Boden hat. Und genau das hat sie gerade vorgehabt. Also halt jetzt deine Klappe. Und du beruhige dich!" "Ich hätte da mal eine Frage", wandte sich Zuma an den roten Drilling. Yoko bebte vor Zorn, doch ihr Gesicht glättete sich, als sie ihn ansah. "Warum darfst du ihn verprügeln, aber ich nie?" "Bitte!", grollte sie. "Nur zu, bediene dich." "Jetzt reicht es", verlangte Yuki mit der gleichen wütenden Stimme. "Finger weg von Yuichi. Das gibt bestimmt blaue Flecken. Ist das zu fassen! Wir müssen immer noch eine Szene unbekleidet drehen!" "Merci, dass du dich so um mich sorgst", stöhnte Yuichi. "Du bist selber Schuld, wenn du meine untervögelte Schwester reizt." "Lisa, provozier mich nicht. Ich bin heute fitter als du." Yuki stellte sich ihr entgegen. "Blödsinn! Du kannst nichts, was ich nicht auch kann." "Doch deine Choreographie." "Beweise es!" "Ich habe es nicht nötig. Trainier bitte weiter, ich will die Szenen mit dem Double im Kasten haben." "Prinzesschen." Niemand reagierte schnell genug, auch nicht Yuki. Und niemand sah so richtig, wie Yoko ihrer älteren Schwester den Boden unter den Füßen nahm, sie unter sich begrub. Den Brüdern stockte hörbar der Atem. Yuki war nicht blöd, ehe Yoko reagieren könnte, griff sie nach ihrer geliebten Diamantkette, die ihr aus dem Ausschnitt gerutscht war. "Nein!", schrie Yoko. Yuki nutzte die Schwäche aus. Sie legte ihre Beine in Yokos Magen, presste sie hoch. Yoko griff nach Yukis Füßen, stemmte sich in einen perfekten Handstand. Yuki drückte die Beine mit einem Ruck durch, um Yoko von sich zu schleudern. Diese stieß sich ab und mit dem doppelten Schwung vollführte sie einen Salto in der Luft und landete in perfekter Eleganz auf den Füßen, geschmeidig wie eine Katze. Mit Schwung sprang Yuki neben sie. Die Brüder standen sprachlos daneben. "Von wegen fitter als ich", warf Yuki ihrer jüngeren Schwester vor. "Du hast mir die Kette vom Hals reißen wollen", war diese entsetzt. "Das war unfair." "Ich habe deine Schwachstelle ausgenutzt", war Yuki unberührt. "Was du auch hättest machen können, aber ich war schneller, Prinze-" "Stopp!", mischte sich Yuichi endlich ein und riss Yuki an sich. "Hier wird niemand niemanden mehr reizen! Irgendwann werde ich es nicht überleben, wenn ich dazwischen gehe." Er rieb sich demonstrativ den Magen und sah beide Schwestern rügend an. "Das Wort Prinzesschen ist ab jetzt verboten, verstanden?" "Verstanden", erwiderten beide brav. "Könnte ich jetzt bitte weiter arbeiten?", meldete sich Zuma. Yoko sah ihn an, die Augen flehend. "Ich muss mit dir reden." "Worüber?", verschränkte er die Arme vor der Brust. "Das weißt du genau." "Es gibt nichts zu reden. Kannst du mich jetzt bitte meine Arbeit machen lassen?" "Akira, bitte. Ich-" "Wenn das alles war, Yoko." Er zog Yuki aus Yuichis Armen. "Schließ die Tür." "Ich muss mich mit einem der Geldgeber treffen", gab Yoko klein bei. "Ich bin kurz weg. Yuichi, übe bitte mit Inuyasha die Kampfszene. Und danach muss ich reden, Zuma." "Weißt du, was mir aufgefallen ist?" Desinteressiert klang seine Stimme. Er konzentrierte sich auf Yukis Übungen. "Du redest hier am meisten. Wie wäre es, wenn du mal arbeiten würdest?" "Was ist denn mit dem roten Zwerg los?", wollte Inuyasha von Yuichi wissen. "Wieso? Die ist doch immer wegen irgendwas beleidigt." Inuyasha ließ das Schwert sinken. "Yamada." "Sorgst du dich etwa um sie? Oh, wie süß! Der kleine Saajan-!" "Yamada!" "Schon gut! Sie wollte mit Zuma neu beginnen. Er war einverstanden und hat ihr Hoffnungen gemacht. Aber heute ist er wie ausgewechselt, meidet sie und ist offensichtlich wütend auf sie." "Warum?" "Tja, das ist die Frage." "Was hat der Kerl nur für ein Problem? Der liebt den Nervenzwerg offensichtlich. Warum macht er es sich so schwer?" "Onee-chan", sagte Yuichi und Inuyasha sah ihn mit großen Augen an. "Nee-chan meint, erst wenn er seine Rache an ihr hatte, wäre er frei Yoko zu lieben." "Und wie soll diese Rache aussehen?" Yuichis Augen wurden ernst. "Wie würdest du dich an Aurora rächen? So unschuldig wie sie ist?" Inuyasha wurde übel. "Indem ich ihr diese Unschuld nehme." "Sei froh, dass sie dich liebt. Wer weiß, was Zuma sonst längst mit ihr angestellt hätte." Inuyasha ließ sich nicht provozieren, er ging in die Offensive. "Dasselbe, was er gerade mit deiner Freundin anstellt?" Volltreffer! "Halt, Plagegeist! Hier geblieben!" "Ich hol mir nur meinen Tee", war Yuichi schon zu Tür hinaus. "Sie sind nicht einmal da! Sie sind doch zusammen Mittagessen wegen den Gemälden!" "Ich schau nur nach, ob sie zurück sind." Er rannte fast in jemanden hinein. Yoko sah zu ihm hoch, kämpfte mit den Tränen. Und sofort drückte Yuichi sie an sich, sie schmiegte das Gesicht an seine Brust "Er hat mich aus dem Raum geworfen, weil ich ihn störe", murmelte sie leise. "Was habe ich nur falsch gemacht?" "Sieh es positiv. Jetzt wissen wir wenigstens, dass er nicht schwanger ist." "Was?!" "Na, ganz offensichtlich hat er seine Tage." Sie konnte ihr Kichern nicht unterdrücken. "Du bist unmöglich. Und das liebe ich." Inuyasha trat zu ihnen, das Gesicht ernst. "Er ist wütend auf dich." "Aber warum?", verzweifelte sie. "Ich verstehe es nicht!" "Hat er dich gestern vielleicht irgendwo gesehen?", vermutete der Hundedämon. "Vielleicht mit Romeo?" "Unmöglich", schüttete sie den Kopf. "Ich bin Romeo seit…" Sie sah kurz zu Yuichi. "Seit der Wahrheit bin ich ihm nicht mehr begegnet. Und er weiß auch, dass das Gezeigte mich erschüttert hat. Das hat aber mit Zuma nichts zu tun. Am Abend noch einigten wir uns auf einen Neubeginn und jetzt... Was ist bloß los?" "Warum siehst du mich an?", wehrte Yuichi ab. "Ich bin nicht er und ich kenne ihn auch nicht so gut wie du." "Nein, wenn du es wissen willst, frag den blauen Zwerg. Sie ist ihm vom Charakter viel ähnlicher als Yamada. Deswegen arbeiten sie auch so gut zusammen." "Das war jetzt nicht nötig", beschwerte sich Yuichi. "Yuki sagt, er sei verwirrt." "Das liegt in der Natur des Mannes." "Nein, er sei verwirrt, weil ich Dinge in ihm hervorrufe, die er anscheinend nicht wolle. Ich stelle sein Weltbild auf den Kopf." "Der Jäger wird gezähmt", sinnierte Inuyasha. "Da könnte was dran sein." "Zuma will sich absolut nicht binden. Aber du bringst ihn dazu all die Dinge zu wollen, denen er sonst abschwört. Treue zum Beispiel. Frag Inuyasha, ihm passiert gerade dasselbe mit Nee-chan." "Das war wirklich nicht nötig", knurrte Inuyasha. Aber es war die Wahrheit und deshalb verstand der Dämon Zumas Verhalten auch so gut. "Zeig ihm, dass du für ihn die richtige bist und nicht Anjaani", lenkte er ein. "Nicht jetzt!", packte er ihren Ellenbogen. "Du überrollst ihn, lass ihm Zeit. Er kommt von selber, wenn er soweit ist. Aber dann gibst du ihm keine Chance, die Flucht zu ergreifen." "Du solltest wirklich Kurse geben." "Das ist die Theorie", seufzte er. "Die Praxis ist um einiges komplizierter." "Bist du jetzt zufrieden?", keuchte Yuki. Zuma wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Bin ich. Gut gemacht. Die Theorie ist immer leichter als die Praxis. Du lernst schnell." Yuki sah ihn an, ehrliche Freude in den strahlend warmen Augen. "Du bist wirklich ein guter Lehrer, so ungern ich das zugebe." Zuma lachte leise. "Und du bist eine gute Schülerin. "Geh duschen und ich sage Yoko Bescheid, dass wir für den Dreh bereit sind." Yoko war ihm aber einen Schritt voraus. Das Set war bereit, sie drehten schon die Szenen, bevor das Double einspringen musste. Yoko wandte sich vom Geschehen vor der Kamera ab. Sie blinzelte kurz, als sie ihn sah. Die hellen Haare zerzaust, das schwarze ärmellose Muskelshirt mehr betonend, als verdeckend und die muskulöse Brust glänzend vor Schweiß. "Wo ist Yuki?" Ihre Stimme klang neutral, aber er sah in ihren Augen, dass seine Erscheinung sie aufwühlte. "Sie duscht gerade." "Yoko-Neko, irgendwas stimmt nicht mit deinen Assist-" Yuichi brach mitten im Wort ab und grinste seinen Bruder an. "Ach deswegen! Aki-chan, du lenkst die weiblichen Arbeitskräfte ab." Sämtliche Frauen starrten Zuma an. "Bedeck deine Hühnerbrust. Wir müssen arbeiten." Zuma lächelte böse. "Hühnerbrust? Seltsam, deine Freundin schien da ganz anderer Ansicht zu sein." Und quasi sofort verdunkelte sich Yuichis Gesicht. "Wo ist sie?", fragte er ernst. "Unter der Dusche. Ich habe die Arme ganz erschöpft…" "Zumalein", fiel ihm Yoko besorgt ins Wort. "Reize ihn bitte nicht. Du wirst es bereuen." "Ich habe keine Angst vor dem Großmaul." "Gut", raunte Yuichi, das sonst unschuldige Gesicht finster und bedrohlich. "Du hast es drauf ankommen lassen." "Schluss jetzt", zischte Yoko. "Zuma, kennst du den blauen Schmerz? Le mal bleu?" "Der berüchtigste Kämpfer im japanischen Untergrund? Wer kennt den nicht?" "Darf ich ihn dir vorstellen?" "Das ist nicht wahr", rief er ungläubig aus und senkte die Stimme, da die Kamera immer noch lief. "Das glaube ich nicht. Dieses Weichei?" Yuichi lächelte dunkel, die blauen Augen glühten unheilvoll. "Weichei? So viele haben diesen Fehler gemacht und das geglaubt. Ich habe sie alle eines besseren belehrt." Jetzt stand Zuma die Unsicherheit ins Gesicht geschrieben. "Aber es heißt, le mal bleu sei tot." "Nein, sagen wir mal so, er schläft friedlich." Yuichi lächelte überlegen. "Aber er kann jeder Zeit aufgeweckt werden." "Yuichi, lass den Blödsinn", bat Yoko. "Ich mag es nicht, wenn du so bist. Du machst mir Angst." Zuma konnte es nicht glauben. Sein dämlicher kleiner Brüder? Sein alberner Suppenkasper von Bruder mit dem unschuldigen Gesicht eines Engels war einer der gefürchtetsten Straßenkämpfer Japans? Instinktiv fiel sein Blick auf Yuichis Hände. Sehnig, grob, definitiv Hände, die schwere Arbeit gewohnt waren. Und jetzt, wo er genauer hinsah, auch voller Narben. Sein nervtötender, kindischer Bruder war der Wolf im Schafspelz! "Ich weiß nichts über dich", erkannte Zuma. Rein gar nichts über Yuichis Vergangenheit. "Weil es dich nicht interessiert hat", meinte Yuichi ernst. "Du hast in mir nur den Bastard deines Vaters gesehen. Jemand, der dein Leben zerstört hat. Wie es mir ging, als eheloses Kind, das kümmerte dich nicht. Ich platze in deine Familie hinein. Aber wo ist meine Familie geblieben? Meine Mutter? Mein Vater, der die Stärke hatte, einen Bastard als Sohn zu lieben? Meine große Schwester, die am goldenen Schuss gestorben ist? Was mich in die finsteren Abgründe der Unterwelt getrieben hat? Alles egal. Ich bin nur jemand, der egoistisch in dein Leben geplatzt ist. Rücksichtslos eine Familie sucht, die ich in dir und deinem Vater wiederfinden wollte." Zuma war sprachlos. Und plötzlich sah er seinen Bruder anders. Zumas Familie war zerrissen worden, doch ihm war der Vater geblieben. Yuichi hatte alles verloren und ein wenig Wärme bei seinem Erzeuger gesucht. Ein kleiner Funke in der düsteren, brutalen Welt des Vollweisen. Yuichi war kein Schuldiger, sondern ein Opfer. Ein größeres Opfer als er selbst es war. "Entschuldige", sagte Zuma nur und sah in das Gesicht seines Bruders. "Es ist nur. Du bist so sorglos, so…" "Glücklich? Weil ich mein Glück gefunden habe. Und Yuki werde ich nicht verlieren. An nichts und niemanden." "Wenn sie hier endlich auftaucht", schnaubte Yoko. "Sie muss sich ja auch noch umziehen", meinte Zuma noch mitgenommen von Yuichis Vergangenheit. "Kann sie ihre Choreo?" "Wäre ich so erledigt, wenn sie es nicht könnte", erwiderte er kühl und wandte sich ab. "Cut!", schrie Yoko plötzlich. "Naoko, hinter die Kamera. Du bist fertig. Yuki, bist du bereit?" "Bin ich", rief Yuki. "Ach deswegen sind die Weiber so aus dem Häuschen", lachte sie und sah Zuma an. "Wieso rennst du hier so rum?" Sie tupfte ihm mit einem Handtuch den Schweiß von der Brust. "Ich bin genauso angezogen, wie vorhin auch", bemerkte er. "Ja, aber mich interessiert auch nicht, wie du rumläufst", betonte sie und legte ihm das Handtuch um die breiten Schultern. Wie sie ihm ohne nervös zu werden, so nahe kommen konnte, war für Yoko ein Rätsel. Besonders, weil er so göttlich duftete, wenn er verschwitzt war. "Du siehst toll aus", bemerkte Yoko. Yuki drehte sich um die eigene Achse. "Mein erstes Mal in Rosa. Wie wirke ich?" "Mädchenhaft. Das bist nicht du", meinte Zuma. "Süß und unschuldig, wie Yoko siehst du aus. Passt gar nicht zu dir", stimmte Yuichi seinem Halbbruder zu. "Schwarze Spitze, das ist besser." "Ich wusste, dass du das sagen wirst. Warte ab, es wird dir gefallen, wenn es nachher dreckig und zerrissen ist. Auf, lasst uns drehen!" "Moment, du bist nicht fertig", hielt sie Zuma zurück. "Du siehst nicht aus wie Julia." "Wie bitte?" "Frag deinen Freund. Dem wird das sofort aufgefallen sein." "Deine Brüste sind zu groß. Julia hat kleinere. Warum fällt dir das eigentlich auf", wandte Yuichi sich an seinen Bruder. Zuma zuckte leicht zusammen, war sein Respekt vor seinem kleinen Bruder nun deutlich größer. "Eine objektive Sicht auf die Details. Ihr Körperbau muss mit Nadines übereinstimmen." "Wir müssen sie verkleinern", entschied Yoko. "Gute Idee", spottete Yuki. "Und wo soll ich mit denen hin?" "Wir binden sie so ab, dass sie wie ein natürliches B-Körbchen aussehen." "Karina, mir schmerzen die Brüste", klagte Yuki auf deutsch. "Ich stehe kurz vor meiner PMS, die Dinger sind extrem druckempfindlich." "Tut mir leid", entschuldigte sich Yoko. "Da musst du durch. Ich helfe dir. Ich mache das ständig." "Dir die Brüste abbinden?", warf Tybald unüberlegt ein. "Du kennst doch einen der Produzenten, Herrn Gyoshi?" "Der perverse alte Sack", warfen zwei Lichtassistenten gleichzeitig ein und Yoko lachte engelsrein. Zuma liebte dieses Lachen. "Leider ja. Das muss ich machen, wenn ich mich mit ihm treffe. Zu meiner eigenen Sicherheit und damit er sich auf die Arbeit konzentrieren kann." Die Brüder sahen sich an. "Hast du das gewusst?", fragte Zuma Yuichi, während Yoko sich um Yuki kümmerte. "Dass sie sich vor dem Drecksack hüten muss? Du etwa?" "Nein." "Ich auch nicht. Yoko kämpft immer alleine an der Front. Aber jetzt weiß ich Bescheid. Einer mehr auf meiner Liste." "Immerhin können sie sich verteidigen." "Gott sei Dank", murmelte Yuichi ernst. "Sonst lägen alle Drei längst vergewaltigt und tot in einer Ecke." "Mal den Teufel nicht an die Wand." "Wirklich? Weißt du, was Yuki erst vor kurzem passiert ist? Dass sie fast von ihrem Chef in der Kampfsportschule vergewaltigt und zerstückelt wurde?" Zuma wurde sichtlich bleich. "Ist das dein ernst?" "Über sowas scherze ich nicht. Und der war nur ein Mensch. Yoko hat einen Vampir an der Backe kleben." Zumas Augen wurden groß. "Sie hat Romeo abserviert", flüsterte Yuichi. "Ich mache mir Sorgen um sie, weil er das nicht sonderlich gut aufnimmt. Deshalb ist auch Inuyasha immer in ihrer Nähe." "Hey, ihr Tratschtanten!", ließ Yokos Stimme sie auseinanderzucken. "Yuichi, du musst dich bereit halten. Zuma, ich brauche dich an meiner Seite." Der Choreograph trat zu ihr, sie saß nie, immer stand sie. Und sie blickte zu ihm hoch, Stolz in den Augen. "Bin gespannt, was du geleistet hast." Zuma jedoch konnte sich nicht auf die Geschehnisse vor der Kamera konzentrieren, so sehr er es auch versuchte. Er lief zwar um die Szene rum, beobachtete, korrigierte, wenn nötig, aber seine Gedanken waren bei Yoko. Diese blutjunge und so unabhängige, starke Frau. Sie war nicht zu erschüttern. Egal, wie sehr er sie verletzte, sie hielt zu ihm. Sie würde ihr Kind nicht im Stich lassen… Halt, Moment! Wohin gingen seine Gedanken? Warum verglich er Yoko mit seiner Mutter? Sie war nicht besser als jede andere Frau. Sie war anders, aber nicht besser. Schlau war sie und ausgesprochen schön. Eine Kämpfernatur, unerschütterlich und gerissen. Sie spielte mit ihm. Sie wusste, wie sie ihn in ihr Netz locken konnte. Aber er ließ sich nicht auf ihr Spielchen ein. Obwohl die Verlockung groß war. Seine Augen waren gefangen von ihrem Anblick. Ihr schönes, konzentriertes Gesicht. Die vor Begeisterung funkelnden Augen. Sie war gebannt von der Szene, eingenommen von der Spannung. Und immer, wenn sie etwas zu spannend fand, zog sie die Unterlippe zwischen ihre Zähne. So wie jetzt. Diese volle, saftige Lippe. Wie er es liebte, sie zwischen seine Zähne zu ziehen. Und vor allem liebte er es, wie sie darauf reagierte. Diese Wildheit, die ungezügelte Lust, die nur Yoko besaß. Wenn sie sich fallen ließ, sich ganz ihrem Verlangen hingab. Wenn sie sich ineinander verloren… beide ihrer Sinne nicht mehr mächtig. Wenn sie ihn biss. Ihre Zähne sich in seine Schulter gruben. Kurz vor dem Gipfel, wenn Yoko es nicht mehr aushielt. Wenn sie sich kurz vor der Explosion aufbäumte, hemmungslos ihre Zähne in seine Haut schlug und dann in der Hitze zerbarst. Es machte ihn wahnsinnig. Der letzte Bissabdruck war lange schon verheilt, doch er glaubte, ihn immer noch zu spüren. Ohne sich darüber bewusst zu sein, rieb er sich den Nacken. "Was ist los?", wunderte sich Yuki, gerade mit ihrem Take fertig. "Hast du Nackenschmerzen?" "Ich…" Er ließ sofort die Hand fallen. "Ich bin solch ein Gewicht wie deines nicht gewohnt." "Verstand wiegt schwer", lächelte sie schlagfertig. "Deswegen wundere ich mich ja auch nicht über dein geringes Körpergewicht." Zuma presste die Zähne zusammen und wandte den Blick ab, sah direkt in Yuichis grinsendes Gesicht. "Was?", wurde dieser angefaucht. Seine weißen Zähne blitzten, die königsblauen Augen funkelten schelmisch. Wortlos schob er den Ausschnitt seines Shirts beiseite, enthüllte seine Schulter. Rosafarbene Abdrücke zierten seine Haut. Bisse. Leidenschaftliche Bisse. Yuichis Lächeln sagte alles. "Man vermisst es erst, wenn man es verloren hat, nicht wahr?" Zuma wirbelte auf den Absatz herum und stürmte davon. "Was war denn jetzt los? Yuichi, was hast du jetzt wieder angestellt?" "Nichts", zuckte er unschuldig die Schultern. "Yoko und du seid euch anscheinend sehr ähnlich." Zuma schäumte vor Wut. Auch die eiskalte Dusche konnte sein Gemüt nicht beruhigen. Er ließ sich von Yoko dermaßen um den Verstand bringen, dass er es selbst nicht einmal merkte. Schluss jetzt! Er würde sich von dieser manipulativen Schlange nicht mehr zum Deppen machen lassen! Er hatte die Nase gestrichen voll! Noch mit feuchten Haaren zog er sich an, packte seine Tasche und stürmte Richtung seines Porsches. "Akira!" Er machte sich nicht mal die Mühe, sich nach ihr umzudrehen, geschweige denn, seine Geschwindigkeit zu drosseln. "Zuma, wo willst du hin?" Sie begann zu rennen, um aufzuholen. "Ich bin hier fertig" sagte er nur. "Aber, was…? Was ist mit uns?" "Was soll mit uns sein?" Er war an seinem Wagen angekommen und stieg ein. Yoko blieb ratlos neben der Türe stehen. "Ich dachte, du und ich… Wir…" Zum ersten Mal erlebte er, dass sie mit den Worten rang. "Wir wollten doch von vorne beginnen." "Ich habe es mir anders überlegt", sagte er und warf ihr einen eisigen Blick zu. Sie war total verdattert. "A- aber warum?" "Ich brauche keinen Grund. Und du musst nicht so geschockt tun. Du hast genug Verehrer, die freiwillig nach deiner Pfeife tanzen." "Was soll das denn so plötzlich?", ließ sie sich nicht beirren. "Was ist passiert, dass du so plötzlich deine Meinung änderst?" "Ich lasse nicht zu, dass solch eine falsche Schlange mit mir spielt." Sie war kurz sprachlos und er startete den Wagen. Yoko zuckte zusammen, als der Motor aufheulte. "Nein!", schrie sie zornig und stellte sich ihm in den Weg. "Du haust jetzt nicht ab!" "Aus dem Weg, Higurashi!" "Erst, wenn wir geredet haben. Ich will eine vernünftige Erklärung." "Ich bin fertig mit dir. Geh mir aus dem Weg." "Eher wirst du mich überfahren müssen." Er sah sie an, Hass in den Augen. Kalter, stechender Hass. "Keine so schlechte Idee", überlegte er mit kalter Stimme. "Dann wäre ich diese Last los." Es traf sie wie ein Faustschlag in den Magen. Sie taumelte zurück, ihr Körper schien plötzlich Tonnen zu wiegen. Und sie hörte, wie sein Auto davonbrauste. Tränen verschleierten ihr Sichtfeld. Schluchzer begannen sie zu schütteln. Eine Last. Sie war nichts weiter als eine Last für den Mann, den sie liebte. Ihr Herz stach. Wie oft konnte es brechen, bevor es aufhörte zu schlagen? Sie hörte Schritte hinter sich im Kies. Nein, sie wollte von niemanden so gesehen werden! Weinend und am Boden zerstört. Doch jemand stand hinter ihr, feste, warme Finger legten sich sacht auf ihre Schultern. Ihr Bruder war immer bei ihr. Bei ihm konnte sie schwach sein. Sie wirbelte schluchzend herum, vergrub das Gesicht an seiner Brust. Starke Arme schlangen sich schützend um ihre Schultern. Tröstende Hände streichelten ihren Rücken. So fest, so sicher, so geborgen. Aber… das war nicht Yuichis Duft… rauchig, zuckersüß. Nach süßem Feuer! Sie hob das Gesicht und blickte in glühende Augen aus Bernstein. Inuyasha. Sie starrte ihn an und er… Er wischte ihr liebevoll die Tränen von den Wangen. Kein Dämon, kein Raubtier, kein Verführer… ihr Bruder. Ihr großer Bruder, der nicht Zumas Ebenbild war. "Hat er dir weh getan, Kleines?" "Kein Kratzer", hauchte sie schwach. "Es gibt nicht nur körperliche Schmerzen." Er zog sie fester an sich. So warm, so sicher. Er war wie eine Festung. Nun verstand sie, warum sich Anjaani selbst in allergrößter Todesgefahr sicher bei ihm fühlte. Und auch Yoko hatte das Gefühl, würde um sie herum die Welt einstürzen, in Inuyashas Armen könne ihr nix geschehen. "Was machst du?", erschrak sie, als er sie hochhob. "Dich an einen sicheren Ort bringen, bis du dich beruhigt hast", murmelte er mit seiner samtenen Stimme und sprang mühelos auf das Dach des Gebäudes. "Du willst doch nicht, dass irgendjemand seine Chefin so sieht." Ihre Augen waren zu verquollen von Tränen, als dass sie lächeln konnte. Anjaani hatte recht. Er war tatsächlich rücksichtsvoll und einfühlsam. Als er sie losließ, gaben ihre zitternden Knie nach. Unglaublich, wie sehr einen ein paar Tränen schwächen konnten. Sie kauerte zusammen und vergrub das Gesicht zwischen ihren Knien. Er saß neben ihr und legte ihr wortlos den Arm um die Schulter. "Was ist passiert, Kätzchen?", fragte er, als sie wieder in der Lage war zu reden. "Widerliche Pestbeule meint das Hündchen wohl." Ihr Zynismus war ein gutes Zeichen. "Ich bin nicht derjenige, wegen dem du weinst." "Ich wollte mich nur aussprechen", begann sie stockend. "Nur wissen, warum er es sich anders überlegt hat." "Weißt du es jetzt?" "Er hat mit dem Gedanken gespielt, mich zu überfahren. Dann wäre er seine Last los." "Und ich dachte, ich sei unsensibel", schnaubte Inuyasha. "Ich sei nur eine falsche Schlange, die mit ihm spiele." "Weil er uns in einer Umarmung erwischt hat?" "Er hat mit meiner Schwester geschlafen!" "Hat er gewusst, dass sie deine Schwester ist?" Er zuckte zusammen, weil sie losbrüllte. "Das ist doch völlig egal! Was macht das für einen Unterschied?! Er schläft mit meiner Schwester und wirft mir Falschheit vor! Ich habe Romeo nicht einmal geküsst!" "Nicht einmal ein Kuss und trotzdem ist er so besessen von dir? Du bist wirklich gut." "Sag das Zuma." "Nein, du musst ihn davon überzeugen." Sie kuschelte sich an ihn. Es war so selbstverständlich. "Inuyasha, er arbeitet mit Aani zusammen." "Das ist das große Problem. Anjaani ist aber viel zu unschuldig, sie legt es nicht darauf an, ihn zu verführen. Du wirst das tun." Sie schüttelte entschieden den Kopf. "Ich will eine Beziehung, keine Affäre." "Ich meine damit, dass es Zeit wird in die Offensive zu gehen. Mach mit ihm, was du mit Romeo gemacht hast." Ihre braungelben Augen weiteten sich, seine schienen glühende Funken zu sprühen. "Zeig ihm deutlich, was er verpasst, ohne dich an ihn ranzuschmeißen. Bring ihn um den Verstand, sodass er nicht einmal an Anjaani denken kann, selbst wenn sie in seiner Nähe ist." Endlich stahl sich ein Lächeln auf Yokos Gesicht. "Du bist ein Genie!" "Ich weiß", grinste er zurück. "Frauen zu verführen ist nicht schwer, Männer zu verführen ein Wimpernschlag. Und du dürftest gar kein Problem damit haben. Setz deine Reize ein, Körper, Augen, Stimme. Du hast genug Auswahl." "Aber ich bin nicht so schön wie Aani." Das war niemand. "Aber dein Glück ist, dass Anjaani nicht bewusst mit ihren Reizen umgeht." "Bis jetzt." Er schluckte hörbar, Nervosität schlich sich in seine Gesichtszüge. "Ist das der Grund, warum du noch nicht daheim bist?" Er schauderte leicht. "Aani ist in der Tanzschule, wo… wo…" Sie begann zu stocken, ihre Augen füllten sich mit Entsetzen. "Wo Zuma gerade hinfährt!" Sie sprang auf und zog ihn auf die Beine. "Was will er denn dort?" "Er fährt zu ihr. Er ist wütend und wird sich abreagieren wollen. Und Aani, sie wird ihm garantiert die Stirn bieten. Los!" Ohne weitere Worte warf Inuyasha sie auf seinen Rücken und sprang vom Dach. "Zuma? Was machst du hier?" Anjaani trat gerade aus dem Proberaum, kaum bekleidet, als er in die Schule stürmte, wütender denn je. Und ihr Anblick machte ihn rasend. Gab es eine Frau, die Männer nicht verrückt machen wollte?! "Verschwinde, Aurora!" Sie folgte ihm durch den riesigen, verlassenen Tanzsaal. "Was ist denn los?" "Lass mich in Ruhe!" "Erst, wenn du mir gesagt hast, was los ist!" "Zieh Leine, oder du bereust es!" Sie packte seinen Arm. "So behandelst du deine Partnerin nicht." Er wirbelte herum. "Willst du wissen, wie ich meine Partnerin behandle?" Ehe sie es verhindern konnte, packte er ihre Oberarme, presste sie gegen die Wand. Sein Körper fest an ihrem, das Knie zwischen ihren Beinen. "Soll ich dich so behandeln? Gefällt dir das besser?" Seine brennender Atem streichelte ihren Hals, die überempfindliche Haut. Sie keuchte auf. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, Hitze floss durch ihre Adern. Er hob den Blick, seine Lippen Millimeter von ihrem Gesicht entfernt. Die Augen ein einziger silberner Funkenregen. Sie hatte keine Chance sich zu wehren. "Ist es das, was du willst?" Seine heißen Lippen senkten sich auf ihre pochende Halsschlagader. Seine Zähne schabten über die zarte Haut, ließen Blitze durch ihren Körper jagen. Sie erschauderte bei seiner Berührung, das Schlüsselbein hinab, tiefer… "Ich gebe dir, was du willst." "Nein", rief sie schrill, doch er riss sie fest an sich, blickte tief in ihre Augen. Goldene Augen. "Finger weg von Anjaani!" Plötzlich stand Inuyasha neben ihr. Er packte Zuma am Kragen und hob ihn hoch, als wäre er leicht wie eine Feder und warf ihn zu Boden. "Ich bring dich um!", grollte er, Mordlust in den Augen. Er holte aus. Zuma hatte nur noch Zeit die Augen zu schließen. Es war vorbei. "Nein!", schrie Yokos Stimme und barst in einem Schmerzensschrei. Inuyasha brüllte erschrocken auf. Zuma riss die Augen auf, starrte auf Yokos Rücken. Irgendwie hatte sie es geschafft, sich vor ihn zu werfen. Im allerletzten Moment. Er war sicher gewesen, jetzt sterben zu müssen. "Was soll der Scheiß, Nervenzwerg!" Inuyasha tobte vor Wut und ballte seine blutige Hand zur Faust. Blutig?! "Verdammt noch mal, hast du sie nicht mehr alle?! Ich hätte dich umbringen können!" Yoko breitete schützend die Arme aus und dann bemerkte Zuma es, das Blut, das neben ihn auf den Boden tropfte. Inuyasha hatte Yoko verletzt. "Lass ihn in Ruhe", verlangte Yoko ruhig, aber sehr schwer atmend. Kaum zu ertragender Schmerz lag in ihrer Stimme. "Er grapscht Anjaani an und dir macht das nix aus?! Geh mir aus dem Weg!" "Nur über meine Leiche." "Du würdest dich für diesen Drecksack opfern?!" Yoko funkelte ihn an. Und langsam beruhigte sich Inuyashas Atem, seine Zornesfalten glätteten sich. Die Blutlache auf dem Boden wuchs zu einer beachtlichen Größe heran. Zuma jedoch war immer noch wie erstarrt. Sie hatte ihm das Leben gerettet, der Dämon hätte ihn zerfetzt. "Kätzchen", war Inuyashas Stimme plötzlich sanft, doch ein leichtes Knurren blieb in seiner Kehle. "Es tut mir leid." "Was? Dass du Zuma töten wolltest?" "Nein, dass ich dich verletzt habe." "Die paar Kratzer." Doch das Zittern ihres Körpers wurde noch stärker. Sie schien Mühe zu haben, sich auf den Beinen zu halten. "Yoko", trat Anjaani zu ihr und wurde schlagartig bleich, als sie die Wunde sah, die Zuma verborgen blieb. "Heiliger Himmel! Ist das…?" Ihr wurde übel. "Knochen, Aani. Die Wunde ist etwas tief." "Verdammt, Inuyasha! Du hättest ihr den Kopf absäbeln können!" Inuyasha wandte beschämt den Blick ab. "Ich tu mein bestes, Yoko-Neko, aber diese Verletzung ist heftig." "Stopp wenigstens die Blutung. Ich rufe Aryan her", verlangte Inuyasha. Anjaani schwankte. "Ich kann nicht mehr", hauchte sie angestrengt, außer Atem. Inuyasha hob sie auf seine Arme, sie war kaum bei Bewusstsein. "Entschuldige… Yoko…" "Wenigstens blutet es nicht mehr. Ihr zwei geht jetzt Heim", befahl Yoko. "Und Inuyasha, in Zukunft kommst du nicht mehr her. Sonst überlebt es einer von uns beiden nicht." Die Tür schlug hinter dem Dämon zu und Yoko schwankte plötzlich, ging in die Knie, schluchzend vor Schmerzen. "Kätzchen!" Zuma stürzte zu ihr. Sie war leichenblass, ihre Lippen zitterten, ihr ganzer Körper schüttelte sich vor Qualen. Riesige, tiefe Risse zogen sich quer von ihrem Hals bis zum Ansatz ihrer Brust. Schneeweiße Rippen schimmerten durch das rote Fleisch. Heiliger Himmel! Übelkeit bemächtigte sich seiner. "Lass mich los", fauchte sie und sein Schock wandelte sich in Wut. "Verdammte Scheiße! Was sollte denn dieser Blödsinn! Hast du den Verstand verloren?!" "Herz", wimmerte sie. "Nicht Verstand." "Tu das nie wieder! Hast du mich verstanden?!" Ihre Augen wurde kalt. Sie riss sich aus seinen Armen. "Verdammt, ich habe verhindert, dass dein Kopf hier durch den Saal rollt. Ein einfaches Danke würde genügen, du undankbarer Arsch!" "Ich habe dich nicht darum gebeten!" "Entschuldige, dass ich meinen Hals für dich hingehalten habe! Entschuldige, dass ich so eine falsche Schlange bin, die nur mit dir spielt! Das hast du nicht verdient!" "Yoko!" Plötzlich stand der General im Raum. "Alles in Ordnung?" "Onii-san! Hilf mir!" Aryan zog sie sanft an sich, wischte ihr die Tränen von den bleichen Wangen. "Ich bin hier. Inuyasha hat mir gesagt, was er getan hat. Du lieber Himmel, das sieht furchtbar aus", inspizierte Aryan ihre Verletzung. "Und es tut weh." "Mach schnell, ich ertrage es nicht mehr." "Gleich ist es vorbei." Ihre Haut verheilte unter Aryans golden glühenden Händen und Yoko sackte erschöpft zusammen. "Du hast Glück gehabt. Normalerweise überlebt niemand Inuyashas Klauen. Geht es dir gut?", war die Frage an den Japaner gerichtet. Dieser nickte nur. "Darf ich fragen, was das ganze hier sollte?" "Nein", antwortete Yoko. "Bring mich bitte ans Set." Aryan legte den Arm um ihre Schulter. "Und war es das wert?" Yoko atmete zitternd aus, schmiegte sich an den General. "Das ist es immer wert, sein Leben für ein wertvolleres zu geben." Und ohne Zuma noch einen letzten Blick zuzuwerfen, war sie weg. Er blieb mit gemischten Gefühlen zurück. Entsetzen, Demütigung, Wut und heillose Verwirrung. Währenddessen jagte ein junger Dämon über die Dächer Tokios wie ein roter Blitz. Das lange, schneeweiße Haar flatterte wie eine Flagge im Wind. In seinen Armen hielt er eine bewusstlose Frau. So schien es zumindest. "Inuyasha, halt da unten kurz an. Ich brauche dringend Pilze." Der Hundedämon starrte sie an. "Ich dachte, du bist bewusstlos!" "Warum sollte ich bewusstlos sein", starrte Anjaani verwirrt zurück. Sie sprang aus seinem sicheren Griff, als er vor dem Supermarkt landete, putzmunter und fröhlich. Er war völlig verdattert. "Aber die Heilung… Ich dachte, das hätte dich überanstrengt." "Natürlich nicht. Yoko hat mir zu verstehen gegeben, dass sie das nicht wollte. Zuma sollte sehen, was sie bereit war für ihn zu opfern." Inuyasha war zu perplex, um sich an all den Blicken zu stören, die Anjaani in ihrem knappen schwarzen Kleid galten. "Das war alles ein Scherz?" Jetzt wurde ihr Blick ernst. "Dass du ihr den Brustkorb aufgeschlitzt hast war kein Scherz." "Sie hat sich vor meine Krallen geworfen!" Anjaani stemmte die Arme in die Hüfte, verärgert, mit golden blitzenden Augen. Oh nein… "Du hast Zuma töten wollen!" "Und du weißt ganz genau warum!" "Ich habe mich nicht gewehrt", flüsterte sie, doch für ihn laut und deutlich hörbar. Völlig überrumpelt konnte er nicht reagieren. Das nutzte sie aus und lief mit den Pilzen zur Kasse. Unterwegs an der frischen Luft, bekam er den Mund wieder auf. "Und warum hast du dich nicht gewehrt?" Keine Wut, kein Vorwurf. Er war nur neugierig. Sie seufzte und mied seinen Blick. "Kannst du dir das nicht denken? Zuma ist mir vertraut, ich bin seine Nähe gewohnt. Und es war… schön. Nicht annähernd so schön wie bei dir", setzte sie sofort nach. "Aber es fehlt mir. Nähe. Jemandem nah sein. Geborgen. Vertraut. Sicher." Ihre sorglose Stimmung war gekippt. Jetzt war sie deprimiert. "Ich schäme mich, dass ich das will. Einfach nur eine Berührung. Eine Hand, die meine hält. Mehr nicht." Automatisch glitt sein Blick zu ihrer Hand, doch sie hatte den Einkauf fest umschlungen. "Ich wünsche mir die Nähe eines Mannes." Er starrte sie an. "Aber keiner kann mir nah sein, ohne dass er mehr will. Warum ist das so?" "Weil ein Mann sich nicht mit weniger zufrieden geben kann", gab er bedauernd zu. "Es sei denn, es ist dein Bruder oder Vater." "Ich habe zwei Brüder." "Aber die Nervensägen haben ein Problem damit, wenn du ihnen nahe kommst." "Erkennst du das Dilemma?" Das tat er. "Und ich?", fragte er leise. "Wenn ich dir nahe bin?" Sie sah ihn an und ihre Augen vergoldeten sich augenblicklich. Das war klarer als jedes Wort. Wenn er ihr nahe war, drohte sie den Verstand zu verlieren. Es war zu riskant. Es passierte zu schnell und zu häufig, dass sie mehr wollte, als nur seine Nähe. Das Handy riss sie aus ihrer Melancholie. "Oh nein", murmelte sie. Yuichi rief an. "Er wird toben, weil du Yoko verletzt hast." Sie nahm den Anruf an und hielt das Telefon sicherheitshalber etwas weg vom Ohr. "Ist Inuyasha bei dir?!" "Chi-chan, beruhige dich." "Ich beruhige mich, wenn ich ihn eigenhändig in der Luft zerrissen habe!" Anjaani atmete tief durch und sah den Dämon vorwurfsvoll an. "Ich habe keine Angst vor ihm", betonte Inuyasha. "Das werde ich ändern!", tobte es aus dem Handy. "Neumond ist Morgen. Wenn ich dich in die Finger kriege, wirst du nie wieder in der Lage sein, eines meiner Mädchen auch nur anzusehen!" "Chi-chan, es ist alles in Ordnung. Es ist nichts passiert." "NICHTS PASSIERT?!" Sie hatte Yuichi noch nie so brüllen hören. "Dass Yoko blutüberströmt und mit zerfetzter Kleidung von Aryan hergebracht wurde, ist nichts?! Ich habe die Narben gesehen, Aurora", fuhr er ruhiger fort, doch nicht minder zornig. "Obwohl Aryan sie geheilt hat, sind feine Narben geblieben." "Es war eine große Verletzung", gab Anjaani zu. "Man sah die Rippen." Einen Atemzug lang herrschte Stille. "Und warum verteidigst du ihn", flüsterte Yuichi dann bedrohlich. "Ich verteidige ihn nicht. Seine Krallen sind nun mal gefährlich…" "Seine Krallen haben nichts in Yokos Nähe zu suchen! Lass mich raten? Zuma hat sich an dich rangemacht. Das ist kein Grund, ihn umzubringen, geschweige denn meine Schwester zu zerstückeln!" "Yuichi, jetzt ist doch alles in Ordnung, ich bitte dich…" "Bitte so viel zu willst. Er ist erledigt, wenn er mir unter die Augen kommt!" Anjaani starrte seufzend ihr Mobiltelefon an. "Ich glaube, wir müssen dich verstecken", sagte sie dann zu Inuyasha. "Was?!" "Mit Yuichi ist nicht zu spaßen, wenn es um seine Liebsten geht. Du hast keine Ahnung, wie er ist, wenn er wirklich wütend ist. Und in wenigen Stunden bist du menschlich. Meide ihn, bis er sich beruhigt hat." "Aber, wegen dem bisschen…" "Inuyasha", zischte sie ihn wütend an. "Du hättest fast Yoko getötet! Das ist keine Kleinigkeit! Sie hätte auch weniger Glück haben können und ihr Kopf wäre abgetrennt. Das kann nicht einmal Aryan heilen. Du hast riesigen Mist gebaut. Und ich verlange, dass das nie wieder passiert." "Versprochen", sagte er kleinlaut. "Egal, was Zuma anstellt", betonte sie ernst. "Egal, was er mir antut, wie nah er mir kommt, das rechtfertigt keinen Mord." "Nein, tut es nicht", erschien plötzlich Aryan hinter ihnen. Sein Gesicht war so ernst wie Anjaanis. Er hatte exakt den gleichen Ausdruck in den smaragdgrünen Augen. "Yuichi tobt wie ein wilder Stier. Und das zurecht." "Ich… ich war so wütend…", versuchte Inuyasha sich zu erklären. "Das ist keine Entschuldigung", blieb Aryan hart. "Du bist außer Kontrolle geraten! Und das kannst du nicht einmal mit Tessaigas Fehlen entschuldigen. Das kannst du gar nicht entschuldigen. Fasse nie wieder eine der Drillinge an!" "Nie wieder", schwor er geknickt. "Aber-" "Aber?" Aryan baute sich wütend vor ihm auf. "Inuyasha, das war dein erster und letzter Fehler. Ich warne dich nur dieses eine Mal. Was, wenn du Yoko getötet hättest?" "Ich…" Quälende Schuld in den Bernsteinaugen. "Was, wenn du nicht sie erwischt hättest, sondern Aurora?" Inuyasha zuckte zusammen, voller Entsetzen sah er Anjaani an. Oh Gott! Was, wenn er…? Erschüttert starrte er seine Klauen an. Plötzlich ekelte er sich vor diesen Dingern. "Daran denkst du das nächste Mal vorher", entschied Aryan sanfter. "Inuyasha, du arbeitest heute nicht mehr. Deine Klauen haben jetzt Pause. Wenn was ist, rufst du mich." "Aryan, ich habe es doch eingesehen!" "Du hast mich gehört. Jetzt hast du genug Zeit, an deinem Gewissen zu arbeiten. Fang gleich an, bevor Yuichi dich in die Mangel nimmt." Inuyasha ballte die Fäuste. "Und du verbietest mir, mich zu wehren?!" "Ganz genau", lächelte Aryan. "Hoffe mal, dass du nicht menschlich wirst, bevor er sich beruhigt hat." "Was meinst du, wann beruhigt er sich?", flüsterte Yoko hinter der Kamera. "Mir gefällt er so", schwärmte Yuki. Sie betrachtete ihren Freund in der Kampfszene gegen Tybald. Yoko hatte Yuichis rasende Wut ausgenutzt und er konnte sich jetzt in der Szene abreagieren. Er wirkte wahnsinnig authentisch. Man musste nur aufpassen, dass er seinen Drehpartnern nicht tatsächlich weh tat. Seit die Regisseurin zurück war, war der Hauptdarsteller ausgerastet. Aryan und die Drillinge hatten ihn bändigen müssen. "Ich finde ihn unheimlich so." "Du hättest dich auch umziehen können, dann hätte er gar nicht mitgekriegt, was dir passiert ist. Er ist empfindlich, wenn uns jemand weh tut. Und zu Inuyashas Pech ist bald Neumond. Yuichi wird sich nicht beruhigt haben, bis er Inuyasha nicht ein bisschen weh getan hat." Yuki seufzte und genoss den Anblick des Romeos in vollen Zügen. Yoko war das nicht geheuer. Sie hatte ihren großen Bruder nie so dermaßen zornig gesehen. Selbst Yami war von ihm eingeschüchtert gewesen. Und dabei hatte Yoko nur einen egoistischen Gedanken. Hoffentlich hatte Zuma endlich erkannt, dass er ihr wichtig war. "Ganz im Ernst, was findest du so toll daran?", zeigte sich Yami wenig begeistert. "Wütend ist er absolut gruselig. Wenn Aryan so drauf wäre, hätte ich sofort das Weite gesucht." "Ich mag das Rohe und Brutale", gestand Yuki und ihre Schwestern sahen sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Aber eigentlich nur an Yuichi. Ich finde das so unglaublich sexy." "Vorausgesetzt er ist nicht auf dich wütend", fügte Yami hinzu. "Oder wegen mir." "Ich will nicht wissen, was passiert wäre, wenn du unter Inuyashas Klauen geraten wärst." "Ich kann es dir sagen", knurrte Yuichi leise. Seine Augen blitzten eisig blau. "Aber davon hättest du dann nächtelang Alpträume." "Yuichi!", zischte Yoko empört. "Vor die Kamera mit dir!" "Arbeite, statt zu quasseln, dann würdest du auch mitbekommen, dass Yuki mit mir vor die Kamera muss." Er streckte die Hand nach ihr aus. Doch Yuki zuckte vor ihm zurück und schüttelte leicht den Kopf. Sie wollte ihm jetzt nicht nah sein. Das Wissen darüber nahm seinen Augen etwas ihrer Kälte. "Yoko, ich will jetzt wirklich nicht…" Yuichi packte ihr Handgelenk und zog sie mit sich. Die Berührung war wie ein elektrischer Schlag und ihr gesamter Körper stand unter Strom. Er sah sie an. Seine Augen waren immer noch hell; das waren sie immer, wenn er wütend war. Doch jetzt funkelte noch etwas anderes drin. Lust. Yukis Herzschlag blieb stehen. Yuichi wusste ganz genau, wie sie auf ihn reagierte, wenn er solche Laune hatte. Ein Glück, hatte sie keinen Text, sie war ja nur das Double. Doch seine Nähe, seine Berührung und oh Gott, sein Duft… Ein himmelweiter Unterschied diese Choreo mit ihm zu machen, statt mit Zuma. Egal, wo er seine Hände hinlegte, es jagte Schauer über ihren Körper. "Ein Glück, hast du keinen Text", raunte er ihr zu, bevor er sie in die nächste Figur hochhob. Und er selber brannte unerträglich heiß. Die Wut schürte seine Lust. Die Wut und Yuki so zu berühren. Und besonders die Tatsache, wie wahnsinnig er sie gerade machte. Und nur er wusste, dass sie gerade vor unerträglichem Verlangen verging. Das verstärkte die Leidenschaft in dieser Szene enorm. Das und die Tatsache, dass er gegen Tybald um sie kämpfte. Die Leidenschaft war packend, dramatisch, Yoko war hellauf begeistert. Es war ein ganz anderer Romeo, der hier um seine Julia kämpfte, als noch vor wenigen Stunden mit Naoko gedreht wurde. "Yoko", flüsterte Yamis Stimme. "Yuichi ist zu arg bei der Sache. Wenn das so weiter geht, ist Tybald wirklich Geschichte." "Ich brauche es auch authentisch. Keine Sorge, Yuki hält ihn in Schach." "Yuki? Die ist doch gerade blind vor Geilheit. Karina, tu jetzt was!" "Cut!", schrie Yoko. Romeo blickte auf, mitten aus dem Geschehen herausgerissen. Tybald lag getötet unter ihm. "Ey, ich bin gerade mitten drin", motzte Yuichi. "Die Tötung haben wir schon abgedreht. Da brauchen wir kein Double." "Hast du gehört?", ächzte der Erdolchte. "Geh jetzt bitte runter von mir." "Tote beschweren sich nicht", knurrte Yuichi. "Wie oft willst du mich eigentlich noch umbringen?" "Liebling." Yuki zog ihn hoch. "Yoko möchte die eine Szene noch einmal drehen." "Welche?", flüsterte er. Gänsehaut zog über ihre Arme, ihre Pupillen waren unnatürlich geweitet. Doch ihre Stimme verriet nichts von dem Feuer, das in ihr brannte. "Die Kussszene." Die Szene, bevor Tybald sich einmischt und Mercutio tötet, die erotische… Yuichi sah Yoko herausfordernd an. "Die haben wir abgedreht mit Naoko." "Ich möchte aber sehen, wie sie mit Yuki wirkt", winkte Yoko ab und der Sadismus schimmerte in ihren Augen. "Yoko, dieses Brustband macht mich fertig", widersprach Yuki. "Und Yuichi ist auch müde. Du hast die Szene doch schon." "Aber nicht vollständig." "Weil ich ihn nicht küssen muss", wurde jetzt Yuki sauer. "Lass es für heute gut sein. Ich will zum Abendessen und Inuyasha ausweiden." "Konzentriert deine Wut auf die Szene", ließ Yoko nicht nach. "Du willst mich fertig machen", zischte Yuki ihr auf französisch zu. "Mir geht es nur um Yuichis Laune", verteidigte sich Yoko. "Dann kann er die Szene ja mit Naoko wiederholen." "Fein!" Sie packte ihren Romeo am Kragen. "Geben wir ihr, was sie will." Seine Augen verdunkelten sich etwas. "Bist du bereit", hauchte er, Wut in den Augen. Wut und glühendes Verlangen. Sie starrte ihn an und er bemerkte die pochende Ader an ihrem lockenden Hals. "Yuki", rief Yoko noch, bevor die Kamera lief. "Übertreib nicht. Julia ist unschuldig." Das überhörte Yuki. Die Musik setzte ein, die leidenschaftliche, dramatische Melodie. Ein wilder Rhythmus, der zwei Körper wild vereinte. Es loderte auf und dann brannte es. Yuki und Yuichi mitten drin im Inferno. Seine Hände, die sie packten, sie an seinen stahlharten Körper pressten, ihre festen Schenkel, die sich um seine Hüfte schlangen. Das Reiben von Haut an Haut. Die rasselnden Atem, die rasenden Herzschläge. Romeos Zorn, seine Leidenschaft und die glühenden Augen. "Makellose Haut", knurrte er leise. "Wenn ich auch nur einen kleinen Kratzer an dir sehe, ist er tot." Sie wirbelte weg, doch er erwischte ihren Arm, riss sie zurück. Seine Hand, die ihren Kopf packte. Ihre Brust, die an seiner bebte und dann diese Lippen, die ihre erbarmungslos in Besitz nahmen, bevor Tybald sie auseinanderreißen würde… "Cut!", schrie jemand. Das Blut rauschte so laut in ihren Ohren, es war ihnen auch völlig egal. "CUT!", dröhnte Yokos Stimme. "Was ist?!", knurrte Yuichi sie an. "Das war's, du bist fertig." "Bin ich nicht!" "Mit der Szene schon. Wäre schön, wenn du dich etwas beruhigen würdest. Ich brauche dich noch für eine ruhigere Szene." "Ich kann mich nicht beruhigen! Die drehen wir morgen." "Yoko", meldete sich Yuki. Ihr Atem ging schwer, sie wirkte erschöpft. "Yuichis Tattoo ist zu sehen. Ich muss es kaschieren." Yoko seufzte. "10 Minuten." Yuki packte Yuichis Hand und zerrte ihn hinter sich her, geradewegs an der Maske vorbei. "Das ist der Weg zu meiner Garderobe." Er hatte Mühe die Erregung in seiner Stimme zu zügeln. "Ich weiß", erwiderte sie knapp. Er glaubte sich verhört zu haben. Doch sie zerrte ihn regelrecht in seine Kabine. Mit einem leisen Klick war die Tür zugesperrt. Sie presste sich gegen die Tür, die Augen geschlossen, ihr Brustkorb hob und senkte sich ruckartig. "Nimm mir die Bandage ab", bat sie leise. "Meine Brüste schmerzen von dem Druck." Langsam, quälend langsam, streifte er ihr die mittlerweile zerrissenen rosa Stoffe von den Schultern. Jede Berührung seiner Finger war wie ein Schlag und erhöhte ihren Puls. Ihr wurde immer schwindeliger. "Yuichi…" Sie konnte kaum atmen. "Hör auf, meine Schwäche zu genießen." "Ich genieße nur, was mein ist!" Er packte ihr Gesicht, grob, die Augen brutal und voller Lust. Und etwas in ihr brach zusammen. Ihr Verstand verbrannte in der Explosion, die er auslöste. Sie stürzte sich auf ihn, wahnsinnig vor Verlangen. Und seine Wut barst in Lust. Sie fielen übereinander her wie Tiere. Es war wie ein Sturm der alles mitriss. "Yuichi!", keuchte sie an seinen Lippen. "Kein Vorspiel! Bitte!" "Dieu, Yuki!" Er verlor den Verstand. Verbrannte mit ihr. Die Lust riss sie mit, heftig, erschütternd, gnadenlos. Wild, zügellos und ohne jegliches Erbarmen. Anjaani erschrak, als die Tür aufging und sprang automatisch vor Inuyasha. Yuichi aber schien bester Laune, eine selige Yuki im Arm, während Yoko äußerst miesepetrig wirkte. "Süß, Nee-chan. Jetzt hab ich keine Chance." Lachend packte er sie an der Taille und hob sie aus dem Weg. Nun stand nix mehr zwischen ihm und dem Mensch gewordenen Halbdämon. Doch er gab Anjaani einen Kuss auf die Stirn und setzte sich auf seinen Platz, zog Yuki auf den Stuhl neben sich. "Chi-chan, alles okay?" "Täusch dich nicht, ich bin sauer. Onee-chan, wie das hier duftet!" Inuyasha war aber immer noch auf der Hut. Er wandte sich dem roten Drilling zu seiner Linken zu. "Kätzchen", sagte er. "Wie geht es dir?" "Weswegen?", erwiderte sie patzig. "Wegen dem kleinen Kratzer?" "Was ist los?" Anjaani tischte auf. "Warum bist du so wütend, Yoko-Neko?" Aryan erschien im selben Moment. "Yami muss länger arbeiten", sagte er und stutzte dann. "Inuyasha lebt noch und Yuichi ist bester Laune?" "Aber Yoko nicht." "10 Minuten", grollte diese Yuki an. "Ich habe dir 10 Minuten gegeben, um sein Tattoo zu kaschieren und ihr habt fast eine Stunde gebraucht!" "Es hat eine Weile gedauert, bis wir wieder soweit erholt waren, dass wir laufen konnten", zuckte Yuki unschuldig die Achseln. Anjaani runzelte die Stirn. "Ich bin mir nicht sicher, ob ich wissen will, worum es hier geht." "Ich hab mich abreagieren können", erklärte der Japaner. "In der Garderobe." Er beugte sich zu Inuyasha. Dieser zuckte leicht zusammen. "Danke meiner Freundin", lächelte Yuichi düster. "Sonst wärst du jetzt nicht mehr am Leben." Inuyashas dunkle Augen blitzten. "Danke mir. Sonst hättest du nicht bekommen, was du immer wolltest." "Eigentlich hatte ich es mir anders vorgestellt. Ich hatte sie verführen wollen, nicht umgekehrt." Yuki legte ihr Besteck ab. "Ist das eine Beschwerde?" "Dieu! Nein! Auf gar keinen Fall! Ich liebe das, diese Bestie in dir." Sie lachte leise. "Meine PMS beginnt langsam, die Bestie ist gerade noch im Halbschlaf. Und außerdem machst du mich wahnsinnig, wenn du wütend bist." "Warum?" Er sah sie so unschuldig an. "Weil ich dir vertraue, keine Ahnung. Schau nicht so süß, das macht mich an." "Irgendwie mache ich dich immer an." Sie lächelte. "Richtig erkannt." Er zog sie auf seinen Schoß und sie schlang die Arme um seinen Hals. "Nicht in meiner Wohnung", beschwerte sich Anjaani. "Entschuldige, Schätzchen. Meine Hormone." "Jaja, deine Hormone. Chi-chan, ich hätte schwören können, dass du ausrastest." "Bin ich auch." "Aber jetzt wirkst du wie die Glückseligkeit in Person." "Ich wurde abgelenkt", antwortete er grinsend. "Muss mich von einem Angriff erholen." "Ein Angriff?" "Mich hat ein wildes Raubhäschen angegriffen." "Du wirkst auch völlig ausgelaugt." Anjaani strich ihm durch die Haare, was er so liebte und als sie die Hand an seine Schulter legte, stutzte sie. "Was…? Was ist das?" Mit einem Rück riss sie ihm das T-Shirt über den Kopf. "Oh, du meine Güte! Was ist mit dir passiert?!" "Nee-chan, wenn du mir die Kleider vom Leib reißen willst…" "Yuichi! Was sind das für Verletzungen?" Anjaani war von Grund auf erschüttert. Yuichis Schultern, Brust und Rücken zierten lauter rosa Kratzer, Bisse und Abdrücke. "Ich hab doch gesagt, mich hat ein Raubhäschen angegriffen", lächelte er. "Warst du tollwütig, oder was?", warf die entsetzte Anjaani Yuki vor. "So in etwa", meinte Yuki ungerührt. "Mich macht er an, wenn er so wütend ist." "Beruhige dich, Nee-chan. Mich stört das nicht. Ganz im Gegenteil." "Das ist doch nicht normal!", schrie sie. "Das sind Verletzungen!" "Das geht wieder weg, Aurora", versuchte Aryan zu schlichten. "Das tut zur Hölle nochmal weh!" Aryan war der einzige, der sich von ihr nicht eingeschüchtert zeigte. Er hatte sogar den Mut, nach ihrer bebenden Faust zu greifen. "Nein, Kleines, das hat nichts mit den Verletzungen zu tun, die dir Raj zugefügt hat." Er überlegte kurz. "Wie soll ich ihr das sagen?" Yoko übernahm das für ihn. "Im Lustrausch ist man nicht so schmerzempfindlich. Viele Menschen mögen es dann sogar, wenn es etwas grober wird." Anjaani starrte sie mit ihren dunklen Augen ungläubig an. "Es stimmt", nickte Aryan. "Aber du kannst es nicht nachvollziehen, wenn du es nicht erlebst." "Das ist abartig", flüsterte sie. "Nein. Nicht wenn du diese Person liebst, ihr vertraust. Und dich quasi in der Leidenschaft verlierst." "Du hast das auch!", erschrak sie. Aryan lachte. "Mehr als du zählen kannst. Aurora, es ist schön. Es ist normal." Anjaani setzte sich hin und schloss die Augen. "Ich bin diejenige, die nicht normal ist. Es tut mir leid. Aber ich hatte ein Mal S-Sex. Und diese Verletzungen hätten mich fast umgebracht. Dass der andere sich nicht beherrschen kann, das habe ich nun mal nicht als schön erlebt." "Solche Gewaltaktionen hinterlassen nun einmal Spuren, Aurora. Du verarbeitest dein Trauma bemerkenswert gut." Sie sah ihn skeptisch an. Inuyasha nickte zustimmend. "Frauen, die so was erlebt haben, sind seelisch am Ende. Im besten Fall können sie nur sehr schwer wieder Nähe aufbauen. Aber du bist sehr stark." "Ich?", blieb sie skeptisch. "Yuki ist viel stärker. Sie wurde auch brutal vergewaltigt…" "Und spurlos ging es nicht an mir vorbei", sagte Yuki ernst. "Ich bin nicht stärker, ich habe es nur anders verarbeitet. Bevor Yuichi nicht kam, habe ich Berührungen kaum ertragen. Dass ich während meiner PMS so durchdrehe, ist nichts weiter als eine Traumabewältigung." Anjaani sah sie an. Alle sahen Yuki an. "Und trotzdem hast du so ein blindes Vertrauen in Yuichi. Du hast keine Angst, dass er dir wehtun könnte…" "Aani, das sind keine Schmerzen. Und warum sollte er mir weh tun? Er liebt mich. Es ist, wie du gesagt hast: blindes Vertrauen. Das kennst du. Der da", deutete sie auf Inuyasha, der unschuldig aufsah. "Du hast oft genug erlebt, wie gefährlich er ist, sogar am eigenen Leib. Und dennoch fürchtest du dich weder vor seinen Krallen, noch vor diesen Zähnen. Du magst es sogar-" "Schluss!", rief Anjaani plötzlich wütend. "Aani, ich wollte nur-" "Ich will es aber nicht hören!" Yuki hatte eine Grenze überschritten. Zornig sprang Anjaani auf. "Hör sofort auf! Das Thema ist beendet! Kein weiteres Wort mehr! Yuichi, zieh dich wieder an!" "Du hast mich doch ausgezogen..." Sie warf ihm das Shirt gegen den Kopf. "Zieh dich an und esst jetzt! Sofort!" Alle zuckten unter ihrem zornigen Blick zusammen. Das Essen verlief schweigend. Bis Anjaani seufzte. "Es tut mir leid." Die Gruppe sah sie an. "Ich bin erst am Anfang", erklärte sie mit Blick auf ihren Teller. "Dieses ganze gröbere und unkontrollierte, das ist eine höhere Stufe." "Und du hattest nicht einmal das vorsichtige und zärtliche", begriff Yuichi. "Du musst erst einmal normale Berührungen bekommen, überhaupt Zärtlichkeit und Nähe, bevor du zum nächsten Schritt kommst." "Danke, dass du das verstehst. Und danke, dass du mir Inuyasha heil gelassen hast." "Nur dieses eine Mal", versicherte Yuichi düster. Inuyasha wandte den Kopf ab. "Es tut mir wirklich leid", sagte er und hob seine Hand. Gewöhnlich, ungefährlich, ohne Krallen. "Ich gewöhne mir an, dass meine Krallen stumpf werden, wenn eine der Drillinge mich berührt. Wie bei Anjaani. Versprochen." "Danke, Saajan." Anjaani nahm seine Hand und schmiegte sich an seinen Arm. Sein Gesicht entspannte sich sofort, wenn sie ihn so ansah. "Bitte versprich mir, nie wieder zu versuchen, meinen Arbeitgeber umzubringen. Bitte." "Das ist ein blödes Versprechen." Er schmollte. Es war unfassbar für Yoko. Wie konnte diese reißende Bestie plötzlich so harmlos sein? Sie wusste, wäre Anjaani nicht da gewesen, hätte sie Inuyashas Klauen nicht überlebt. Doch so süß, wie er Anjaani gerade ansah… "Nein, das ist mir ernst." Automatisch griff Anjaanis Hand an die Stelle, wo für gewöhnlich seine Ohren waren und kraulte sein schwarzes Haar. Inuyasha war im siebten Himmel. Wie hätte er je auch nur daran denken können, zu widersprechen, wenn sie ihn so ansah? Alles würde er tun, solange sie ihm den Kopf kraulte. Was gäbe er jetzt dafür, dass er seine Hundeohren hätte! Anjaani vergrub die Hand zärtlich in seinem Haar und lehnte die Stirn an seine Wange. Sie schienen die restlichen Anwesenden vergessen zu haben. "Versprich es mir, Saajan." "Warum?", maulte Inuyasha. "Dann habe ich keine Arbeit mehr und du musst dich von Karotten ernähren." Er zuckte erschrocken zusammen. "Was?! Okay, okay! Ich verspreche es!" "Du könntest statt Tänzerin auch als Dompteuse arbeiten", lächelte Yuki. Inuyasha sah sie stechend an. Ein Knurren schwoll in seiner Kehle an. "Ganz im Ernst", lachte Aryan. "Ich habe auch überlegt, sie als Dämonen-Zähmerin einzustellen." "Mach dich nicht über mich lustig!" "Inuyasha stellt seinen Willen hinter meinen", verteidigte ihn Anjaani. "Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Außerdem", zeigte sie auf ihre Brüder. "Wann habt ihr je widersprochen, wenn Yami oder Yuki euch um etwas gebeten haben?" Aryan seufzte. "Bei Yami endet mein freier Wille", gab er zu. "Wo bleibt sie eigentlich so lange?", wunderte sich Yuichi. "Sie muss wegen Yoko Überstunden machen", erklärte Yuki. "Wenn sie denn arbeiten würde", murrte Yoko angesäuert. "Ich brauche Julias Sterbemelodie dringend. Und sie? Sie ist zu glücklich, um das zu komponieren!" "Aber echt", stimmte Yuki in ihren Tonfall ein. "Glücklich sein! Wie kann sie nur?" Yokos Blick verdüsterte sich. "Darf ich dich daran erinnern, wie du die letzten 5 Jahre drauf gewesen bist?" Yuichi horchte auf. "Oh, woran mag das gelegen haben?" Yuki tat, als würde sie nachdenken. "Ah ja, es fällt mir wieder ein! Ich bin mein komplettes Leben lang unglücklich verliebt gewesen. Mein Bruder ist an meinem Geburtstag umgekommen und zu allem Überfluss hat man mir brutal die Unschuld genommen. Na, wenn das nicht Gründe zur Freude sind!" Die Schwestern starrten sich an. "Tut mir leid für deine Durststrecke. Dafür kann ich nichts und Yami auch nichts. Du bist die einzige, die etwas daran ändern kann." Yoko senkte den Blick. "Ich habe es doch versucht. Er will nicht einmal mit mir reden." "Du und deine Worte", verlor Yuki die Nerven. "Es wird Zeit für Taten! Pack ihn dir, verdreh ihm den Kopf, dass er an gar nichts anderes mehr denken kann, als an dich. Er ist total versessen auf dich. Ich merke wie er mich ansieht, wenn er dich in mir erkennt. Würde ich mich wie du benehmen, hätte er ein Problem." "Ach, echt?", hob Yuichi die Brauen. "Ja", lächelte sie ihn an. "Ein Problem mit dir." "Das hat er so oder so. Wegen ihm ist Yoko fast drauf gegangen. Das büßt er mir bitter." "Bitte nicht", mischte sich jetzt Aryan ein. "Ich bin bald eine komplette Woche weg. Ich habe keine Ruhe, wenn ich befürchten muss, dass ihr euch nicht benehmt." "Das ist nicht dein Problem", winkte Yuichi ab. "Aber deines, wenn du Yami ihren Urlaub vermasselst." Yuichi wurde sichtlich bleich und Inuyasha schüttelte den Kopf. "Ich bin hier der Dämon, aber die grüne Nervensäge ist definitiv am gefährlichsten." "Momentan nicht", sagte Anjaani. "Ihr geht es nicht gut." Aryan sah sie an und sie nahm die Hand des Generals. "Sie kämpft immer alleine an der Front. Aber auch ihr wird es mal zu viel. Aryan-nii, ich habe das Gefühl, sie braucht dich jetzt." Und weg war Aryan. Yoko starrte ihm verzweifelt hinterher. Er würde den Abend mit seiner Liebsten verbringen. Inuyasha bot ebenfalls keinen Schutz. Was blieb ihr noch für eine Wahl? "Yui-nii-san?" Yuichi drehte sich mit blau schimmernden Augen zu ihr um. Yokos Hand schlüpfte in seine. Sie sah ihn an mit ihren runden, unschuldigen Augen. "Ich wollte dich fragen, ob… Naja, Inuyasha ist jetzt menschlich und ich will nicht alleine in meiner Wohnung sein. Darf ich bei dir übernachten?" Er drückte sie brüderlich an sich. Sie hatte zwar dasselbe Gesicht und die gleiche Stimme, wie Yuki, aber sie war nicht Yuki. Sondern seine kleine Schwester. "Natürlich darfst du das. Ich beschütze dich vor Romeo." "Danke, Yui-chan. Hast du ein Nachthemd?" "Non, Yukis sind alle kaputt. Du kriegst was von mir." Er führte die Schwestern hinaus. "Aha, ihr gibst du was! Warum darf ich eigentlich nie was von dir anziehen?" "Weil ich dich nackt am liebsten habe", hörte Anjaani noch, bevor sie die Tür schloss. Und bekam einen Herzstillstand, als sie sich umdrehte und Inuyasha direkt hinter ihr stand. Das lautlose Anschleichen hatte wohl nichts mit seinem Dämonenblut zu tun. "Inuyasha! Lass das!" Doch in Inuyashas Gesicht hatten sich Schatten geschlichen. "Mein Handy…" Seine Augen waren dunkel, fast schwarz. "Aryan muss in den Dienst. Ein dringender Notfall." "Er hat andere Dämonenjäger, du bist nicht der einzige", lächelte sie und strich ihm durch die schwarzen Strähnen. "Aber du bist sein wertvollster Kämpfer. Fühl dich bitte nicht nutzlos." "Ich kann nichts machen", gab er zu. "Was bin ich wert, so schwach?" Er warf das wertlose Tessaiga gegen das Sofa. "Warum solltest du mit deinen Kräften wertvoller sein? Du bist immer noch Inuyasha. Das schönste auf der Welt." Und etwas in seinem Gesicht veränderte sich. Es ließ ihre Augen schlagartig golden werden und ihren Atem stocken, bevor er zu Rauschen begann. Nein, für Anjaani hatte er ich nicht verändert. "Lass uns raus gehen", bat sie atemlos. "Ich würde mir gerne die Sterne anschauen." "In den Park? Da würde ich auch gerne hin", gab er zu. Sie würde alles für ihn tun, doch was tat er für sie? Er war eindeutig nicht gut genug für sie. Warum liebte sie ihn? Sie hatte als Kind solche Erwartungen in ihn gehabt. Hatte er eine davon erfüllt? Und dennoch liebte sie ihn. Ohne Bedingungen. Gott, er war ihrer so unwürdig! "Woher kommen diese Schuldgefühle, Saajan?" Sie sah ihn an mit ihren tiefen, alles durchdringenden, warmen Augen. Und menschlich war er ihrem natürlichen Zauber noch hilfloser ausgeliefert. "Ich wünschte, ich könnte der sein, den du dir wünschst", sagte er, bevor er es verhindern konnte. Anjaani runzelte verwirrt die Stirn. "Du bist, was ich mir wünsche." Gut, sie hatte es falsch verstanden. Sie bezog seine Aussage auf seine Dämonenkräfte. "Saajan, niemand zwingt dich, meine Gefühle zu erwidern. Und ich erwarte es nicht, das würde ich niemals. Ich bin einfach nur glücklich, dass du bei mir bist." Okay, sie hatte es nicht falsch verstanden. "Saajan, willst du wirklich noch raus?", wechselte sie das Thema. "Du bist total erschöpft." Er wollte etwas mit ihr unternehmen. "Nur eine Stunde", verlangte er. "Ich will es genießen, gerade keine Verpflichtung zu haben. Lass uns irgendwo hingehen, wo es still ist. Menschliche Ohren sind ein Segen." "Ich frage mich wirklich, wie du das aushältst. Mich hat dein Gehört verrückt gemacht." Sie packte einige Sachen in ihren Rucksack und schloss die Haustüre. "Was für eine Abwechslung, mal das Treppenhaus zu nehmen!" "Was hast du eingepackt, Anjaani?" "Jetzt hättest du wohl gerne deine Dämonensinne?" "Kekse", riet er, konnte aber nichts erschnuppern. Er nahm ihr den Rucksack ab. "Lass ihn mir, Saajan, so kann ich doch nicht auf deinen Rücken- oh ups!" Er sah sie vorwurfsvoll an und sie reichte ihm den Rucksack. "Tut mir leid, du bist nun mal so selten menschlich. Ich-" Ihre Worte gingen in anzüglichen Bemerkungen einer Gruppe junger Männer unter. Sie hätte einen Sari anziehen sollen! Aber in Shorts hatte sie so viel Bewegungsfreiheit. Doch plötzlich bemerkte sie all die Blicke, die ihr galten und sie fühlte sich so ausgeliefert. "Warum immer ich? Was ist so besonders an mir?" Weil sie das schönste Lebewesen dieses Planeten war. Doch Inuyasha sagte nichts. Sein Blick fiel auf ihre Hand. Würde es sie stören, wenn er sie hielt? Sie hatte doch zugegeben, wie sehr sie sich das wünschte. Aryan hatte ständig den Arm um sie gelegt und darauf bildete sie sich auch nichts ein. "Inuyasha?" Er schreckte auf. "Dir schauen viel mehr Menschen nach, als mir", bemerkte sie. "Da! Die Frau ist völlig hingerissen. Ich kann sie verstehen. Inuyasha, sie ist wunderschön!" "Interessiert mich nicht." "Doch nicht wegen mir? Du darfst doch schauen, Saajan. Oder ist sie nicht dein Typ? Hast du einen bevorzugten Typ?" Jetzt ja. "Nein", sagte er. "Hast du denn ein Beuteschema?" Sie lachte. "Wirklich? Das fragst du noch?" "Hat dir denn nie ein Typ gefallen? Wenigstens kurz deine Aufmerksamkeit erregt?" "Da klingt so oberflächlich…" "Der erste Eindruck ist oberflächlich." "Mir gefallen sonnenfarbene Augen. Genau wie deine. Aber diese da, diese dunkeln Augen, die finde ich genauso schön. Du bist generell besonders." Sie strahlte ihn an. "Weißt du, wie gut du mit kurzen Haaren aussehen würdest? Ich habe so oft davon geträumt…" Ihr Atem versagte kurz, weil er ihre Hand ergriffen hatte. Sanft und fest verschränkten sich seine Finger mit ihren. Sie blickte auf ihre Hände, wie um sich zu vergewissern, das dies wirklich geschah, dann sah sie zu ihm hoch mit ihren unschuldigen, goldenen Augen, Überraschung und Freude im Gesicht. Es fühlte sich wirklich schön an, einfach nur richtig. "Wovon hast du oft geträumt?", wollte er ungerührt wissen. Sie musste kurz überlegen. Er spürte, wie seine Berührung sie aufwühlte. Ihm erging es nicht anders. Ihre Handfläche an seiner war wie mit elektrischer Energie geladen. "Ich träume oft von dir", lächelte sie. "Eigentlich fast ausschließlich. So alltägliche Dinge. Wie wir Geschirr spülen, gemeinsam kochen, oder spazieren gehen. Hand in Hand. Es ist wirklich schön. So viel schöner als bei Aryan oder Jérémy", flüsterte sie. "Aber du siehst anders aus. Du hast kurze Haare." "Seltsam. Genau wie Raj", bemerkte er kühl. "Nein, doch nicht so kurz!", rief sie aus. "Eher wie Aryan, nur weiß. Und sie kräuseln sich bei dir im Nacken." "Das wird nie passieren", betonte er. "Ich speichere Energie in meinen Haaren, das habe ich dir schon einmal erklärt." "Das war ja auch nur ein Traum", lachte Anjaani. "Träume erfüllen sich nicht immer. Aber manchmal. Danke." Stumm genoss sie das Händchenhalten. Der Himmel war pechschwarz, sternenklar. An Neumond fror Anjaani nicht wie üblich. Sie setzten sich auf den Steg am See, ließen die bloßen Füße im Wasser baumeln. Unter ihren das sanft plätschernde Nass, über ihnen das endlose Sternenmeer. Es war wie in einem Traum. Sonst empfand Anjaani die Dunkelheit nicht als solch eine Wonne. Aber in seiner Nähre war ihr Angst fremd. Sie rückte näher zu ihm, ohne ihn zu berühren. Das war auch nicht nötig. Seine Haut strahlte so eine intensive Wärme ab, dass sie genug abbekam. Und Inuyasha? Der war völlig entspannt. So in freier Wildbahn, ausgeliefert und schutzlos ohne seine Klauen, Ohren und Geruchssinn. Aber bei ihr fühlte er sich einfach wohl. Und er war sich sicher, sie würde Gefahr rechtzeitig spüren. So sehr vertraute er ihr. Und sie? Hasste sie nicht solch dunklen Nächte? "Geht es dir gut?", fragte er. Sie sah ihn an, sichtlich erleichtert, dass seine Augen nicht glühten. "Ich habe keine Angst im Dunkeln, wenn du bei mir bist." "Obwohl ich dich nicht beschützen kann?" "Was hat das damit zu tun? Es macht für mich keinen Unterschied, ob du ein Dämon oder ein Mensch bist. Ich fühle mich einfach immer wohl bei dir." Er hörte in ihrer Stimme, dass sie lächelte, ihr Gesicht sah er leider kaum. "Außerdem bist du immer noch um einiges stärker als ich. Und mir gefällt die Tatsache irgendwie, dass du mir gerade nicht himmelhoch überlegen bist." Er lachte leise. Wann war er ihr je überlegen gewesen? Sie hatte ihn doch vom ersten Moment an in der Hand gehabt. Und sie hatte die Macht über ihn. Ein Blick allein zähmte ihn. Wenn er doch nur ihr Gesicht sehen könnte. "Ich mache Licht, Saajan", sagte sie plötzlich. Sie hielt die geöffnete Handfläche flach gen Himmel. "Wie? Du machst Licht? Wovon re… dest… du..?" Ihre Handfläche begann in diesem bekannten, warmen, goldenen Licht zu glühen. Sie ballte die Faust und öffnete sie langsam. Aus ihrer Hand wuchs eine Kugel, die einen bezaubernden goldenen Schein verbreitete. Sie schwebte über ihren Köpfen. "Gebündelte Energie", erklärte Anjaani. "Je nach meiner Laune strahlt es heller oder schwächer. Und wenn ich negative Energie ausstrahle, erlischt sie. Ist ein süßer kleiner Trick, den mir Aryan beigebracht hat." Er war sprachlos und blickte in ihr wunderschönes Gesicht. Ihre Augen waren so golden wie der kleine schimmernde Ball über ihnen. "Eine kleine Sonne", murmelte er. Anjaani erleuchtete jede Dunkelheit. "Oh, das ist ein viel poetischerer Ausdruck." Aber sie hatte ihre Sonne direkt neben sich sitzen. "Mit unserer kleinen Sonne können wir besser essen, Saajan." "Essen?!" Er erwachte aus seiner Starre. Das Wasser spritzte, als er die Füße aus dem Wasser riss und sich zu ihr beugte. Sie zuckte zurück, fiel nach hinten auf ihre Ellenbogen. "Saajan, lass das! Du machst mich ganz…" Er war so nah über sie gebeugt und schlagartig erfasste sie brennende Hitze. "… feucht." Ihre Stimme versagte mit ihrem Atem, als sein Duft ein Kribbeln auslöste, das ihren ganzen Körper überfiel. Er sah an ihr vorbei zum Rucksack. "Was hast du eingepackt? Kekse? Kuchen? Oh, Waffeln wären jetzt gut! Anjaani?" Als sie nicht antwortete, sah er sie an. Und als er in ihre goldenen Augen sah, bemerkte er erst wie nah er ihr war, über sie gebeugt auf allen Vieren. Instinktiv stützte er sich auf die Ellenbogen ab, um ihr näher zu sein. Es war der Verführer in ihm. Der Dämon hätte sich jetzt auf sie gestürzt, denn das Hämmern ihres Herzens und das Rasen ihres Pulses hätten ihm den Rest gegeben. Sie lag unter ihm, die Hände an seiner Brust, keine Kraft, ihn wegzudrücken, wenige Zentimeter trennten ihre Lippen. Ihr Brustkorb hob sich ruckartig, füllte sich mit Luft. "Geh bitte runter von mir", hauchte sie mit schwacher Stimme. Ihre Unterlippe bebte vor Verlangen nach… "Du kriegst ja, was du willst." Er wusste, was er jetzt wollte. Es war das selbe, wonach ihre sprühenden Augen verlangten. Er konnte sich nicht erinnern, sich je dermaßen nach einem Kuss gesehnt zu haben. Ihre Hände glitten von ihm, neben ihren Kopf. Eine Unterwerfungsgeste. Endlich schaltete dich sein Verstand ein. Der einzige Teil an ihm, der ihn daran hinderte, sie auszunutzen. "Was hast du eingepackt?" Es kostete ihn all seine Selbstbeherrschung, sich aufzusetzen. Doch die unerträgliche Hitze blieb. Sie hatte sich von ihm abgewandt, ihrem Rucksack zu. Und doch wusste er, dass sich eine Hand über ihrem rasenden Herzen zusammenkrallte. Anjaani kramte etwas fahrig im Rucksack herum. Sie verging vor Hitze, ihre Haut kribbelte, ihr Brustkorb war zu eng zum Atmen und in ihrem Bauch und den südlicheren Regionen hatte sich ein Gefühl eingeschlichen, das noch nie jemand in ihr ausgelöst hatte. Zwischen ihren Beinen schien es zu pochen. Eine seltsame Hitze brannte, ein Ziehen, süßer Schmerz. Und dieses Gefühl, dieses Vergehen, machte sie verrückt. Sie wollte ihn! Er ließ sie vergehen, ohne sie überhaupt berührt zu haben. Sie holte einige Glasboxen heraus, auf ihre ruhige Atmung konzentriert. "Apfelmus", freute er sich, als sie die erste Box öffnete. Wäre heute kein Neumond, würden seine Ohren zucken. "Waffeln! Oh, Anjaani!" Er zog sie in eine heftige Umarmung. "Du bist die beste!" Er riss die dritte Dose auf und freute sich über die Himbeeren. Wenn sein Magen regierte, war er ungefährlich. "Wegen dir werde ich noch fett", beschwerte er sich mit vollem Mund. Sie lehnte sich gegen seinen Arm, spielte mit der kleinen Sonne. "So viel wie du dich bewegst, brauchst du Energie. Erschöpft dich denn irgend etwas?" Er sah sie an, der Widerschein der kleinen Sonne glühte in seinen Augen. Einmal war er erschöpft gewesen. In einer Neumondmacht wie dieser, Monate zuvor. Anjaani hatte ihn erschöpft. Sie hatte ihn überwältigt und ihm jedes Funkens Energie beraubt. Er verbot sich, daran zurückzudenken, denn sie würde das spüren. "Ich kann gar nicht erschöpft sein, wenn du dich so um mich kümmerst", sagte er stattdessen. Sie sah ihn an, nachdenklich. "Was? Was ist los?" "Manchmal habe ich Angst", gestand sie. "Vor mir?!" "Nein, natürlich nicht! Warum sollte ich? Aber… ich frage mich oft… ob du bei mir bist, weil du es musst, oder weil du es willst." Er sah sie verdattert an. Dachte sie, er war nur bei ihr, weil er keine andere Wahl hatte? "Hundedämonen sind keine Rudeltiere", erklärte sie. "Menschen schon und ich bin zur Hälte einer." "Oh", sie geriet etwas aus dem Konzept. "Aber du könntest frei sein, ungebunden. Eine eigene riesige Wohnung mit Köchin, Frauen so viel du willst…" "Ich will das aber nicht." Vor allem wollte er keine andere Frau. "Ich bin nicht bei dir, weil ich mich verpflichtet fühle, oder weil ich sonst ein schlechtes Gewissen hätte." "Aber die Drillinge und Yuichi und… oh…" Der Ausdruck seiner braunen Augen überwältige sie. "Ich war einmal alleine gewesen", erinnerte er sie. "Ich war frei gewesen, ungebunden, wie du sagtest. Und es war nicht schön gewesen. Ich hatte dich vermisst. Anjaani, ich freue mich jeden Tag darauf nach Hause zu kommen." Sie war überwältigt. "Ich bin nur bei dir, weil ich es möchte. Weil du meine beste Freundin bist. Ich will nicht mehr alleine sein. Ich weiß nicht einmal mehr, wann das gewesen war, dass ich gegangen bin." "Der 7. April", sagte sie. "Führst du Buch?" "Nein", kicherte sie. "Es war mein Geburtstag gewesen. Deshalb weiß ich es." Ihm fiel die Waffel aus der Hand. "DEIN GEBURTSTAG?!", schrie er. "Ja. Meinen 20sten Geburtstag werde ich nie vergessen. Jetzt beruhige dich. Was hätte es geändert, wenn du das gewusst hättest?" Er war entsetzt. Er hatte ihr den schlimmsten Geburtstag bereitet, den man sich vorstellen konnte! "Saajan, es war ein Tag wie jeder andere auch." Sie griff tröstend nach seiner Schulter. "Ich war immer alleine an meinem Geburtstag. Die Drillinge machten mir den Tag schön. Doch abends war ich allein." "Dieser… dieser Verräter hat nicht mit dir gefeiert?!" "Er meinte es sei Geschenk genug, dass wir wie ein verheiratetes Paar zusammen lebten, ohne dass ich meine Pflichten als Ehefrau erfüllen müsste", sagte sie, als verstünde sich das von selbst. Inuyasha war entsetzt. Er war nicht besser als Raj. Ganz im Gegenteil. Er war schlimmer! "Saajan, du bist bei mir. Glücklicher kann ich nicht sein." Sie legte die Hand an seine Wange, zog ihn zu sich. Und intuitiv küsste er sie. Es war ein so sachter Kuss auf die Wange, dass er vorbei war, bevor sie ihn spüren konnte. Doch er änderte etwas. Sie sahen sich an, seine Augen glühten, ihre Lippen bebten. Das Prickeln erfasste sie gnadenlos. Und alles war ihr egal. Sie wollte es und sie würde es sich holen! Sie vergrub die Hände in seinem Haar und überwältigte seine Lippen. Ein Blitz schien in Funken zu explodieren. Ein raues Stöhnen entwich ihm, als sein Verstand von diesem Blitz ausgelöscht wurde. Er riss sie an sich, fest an seine Brust und Körper und Seelen verschmolzen. Inuyashas verlangender Kuss ließ ein flammendes Inferno ausbrechen, entflammte ihre Haut, ihr Blut und ließ ihr ganzes Sein auflodern. Ihre Lippen öffneten sich seinem brennenden Mund und Inuyasha verlor seine Beherrschung. Die Lust brach aus wie ein Vulkan, verheerend, alles zerstörend, alles vernichtend, bis auf die gleißende Begierde. Sie explodierte in Anjaanis ganzem Sein. Und in dem Moment zerbarst die Sonnenkugel. Inuyasha wurde von ihr fort gerissen, das Licht war so grell, das es schmerzte. Verzweifelt rieb er sich die Augen. Er konnte rein gar nichts sehen. Sein Herz schlug wie ein Presslufthammer, sein Blut rauschte laut in seinen Ohren und er sammelte seine Stimme. "Anjaani!" Sie reagierte nicht und Panik erfasste ihn. "Anjaani!" Er berührte ihre Hand. Langsam besserte sich sein Sichtfeld. Er zog sie an sich, mit dem letzten Rest an Kraft, den er besaß. Sein Körper zitterte, noch mitgenommen von der ungezügelten Lust, die zwischen ihnen ausgebrochen war. Anjaani stöhnte vor Schmerz. "Inuyasha?" Sie riss die sprühend goldenen Augen auf, doch ihre Pupillen waren zusammengezogen und winzig. "Inuyasha! Ich sehe nichts!" "Alles ist gut, die Sonne hat dich geblendet." "Ich muss zu Aryan", rief sie. "Bitte, ruf Aryan!" "Beruhige dich. Das wird bestimmt gleich wieder." Sein Blut war in Aufruhr, er schaffte es nicht, sich zu entspannen. In ihm tobte das Feuer. "Du verstehst nicht! Mit mir stimmt etwas nicht!" Hilflos und blind blickte sie um sich, ihr Körper bebte noch von den Nachwirkungen seines Kusses. "Inuyasha, mir ist plötzlich so heiß!" "Anjaani, mir auch. Das ist normal." Ihm war selber unerträglich warm. "Das ist nicht normal! Ruf Aryan! Wir reden miteinander und plötzlich fühle ich mich so!" "Was, reden?! Erinnerst du dich nicht?" "Woran?" Sie hatte Angst. "Inuyasha, mein Körper verbrennt. Mein Herz rast. Ich kriege keine Luft!" Sie rieb sich heftig über die Lippen. Ihre Lippen, die von seinem Kuss geschwollen waren. "Mein Mund brennt. Warum zieht mein Unterleib so? Was hat diese Kugel gemacht? Warum fühle ich mich so?" "Das wird bestimmt gleich wieder", seufzte er und schimpfte sich einen jämmerlichen Feigling. Er selber war innerlich ebenso in Aufruhr. "Ich weiß nur noch…" Sie errötete. "Du hast mir dieses Küsschen auf die Wange gegeben. Ich war so glücklich. Und dann ist es passiert…" "Anscheinend warst du etwas zu glücklich." Er mühte sich neutral zu klingen. "Sieh zu, dass das nicht mehr passiert." "Es tut mir so leid, Saajan. Ich mache dir nur Ärger." "Das habe ich so nicht gemeint." Sein schlechtes Gewissen schlug zu. Anjaani setzte sich in Bewegung, erschöpft und ausgelaugt. "Komm, stütz dich auf mich." "Bitte nicht, Saajan, du tust schon zu viel für mich. Und ich tue nichts für dich." Dies waren die Worte, die etwas in ihm auslösten und den letzten Rest Zweifel vernichteten. Inuyasha hatte einen Entschluss gefasst, an dem würde nichts rütteln können. Es war Zeit, ihr etwas zurückzugeben. Er war an der Reihe, ihr das Glück zurückzugeben, was er tagtäglich von ihr bekam. Und zwar so viel, dass es auch die Zeit überdauern würde, wenn er sie längst verlassen hatte. Yuki putzte sich gerade die Zähne, als ihr Handy klingelte. Yuichi richtete gerade Yokos Nachtlager, todmüde, mehr schlafend als wach. "Mach das Ding aus, s'il te plait. Heute Nacht will ich schlafen." Yoko reichte ihrer Schwester das Mobiltelefon. "Es ist Inuyasha." Yuki riss es an ihr Ohr. "Inuyasha! Was ist los? Ist mit Aani alles in Ordnung?" Sie runzelte die Stirn. "Und was ist dann los?" Ihr Körper spannte sich an. "Jetzt? Weißt du wieviel Uhr es ist? Was kann denn so wichtig sein, dass es nicht bis morgen warten kann?" "Warum ruft er Yuki an?", wunderte sich Yoko. "Das wüsste ich auch gerne. Schönheit, was ist los?" Yuki ignorierte ihn. "Inuyasha, das muss bis morgen warten. Himmel, Herrgott, ich treffe mich nicht mit dir!" Yuichi fiel fast über ein Kissen. "Inuyasha, leg dir wirklich ein Sexleben zu, du musst dringend Energie loswerden." Und ihr fiel beinahe das Handy aus der Hand. "Fast?! Was heißt fast?!" Yuki kreischte auf: "Ihr habt WAS getan?! Ernsthaft?!" Aufgeregt wuselten sie in die Küche und schlug die Türe hinter sich zu. Yoko und Yuichi blieben völlig konfus zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)