Stumme Tränen von AnaO (Darfst du mich denn lieben, Inuyasha?!) ================================================================================ Kapitel 10: Mein Leben für deines --------------------------------- „Saajan! Saajan! Wach auf!“ „Wie? Wo? Was? Was ist los?“ Anjaanis Schrei hatte Inuyasha aus seinen Träumen gerissen. Sofort hellwach, war er aufgesprungen und blickte erwartungsvoll zu ihr rüber. Sie stand mit besorgtem Gesichtsausdruck an der Balkontüre. „Da draußen.“ „Und was ist da?“ Er trat neben sie und spähte hinaus. „Mannomann, was ist denn da los!“, rief er verblüfft. „Was wollen all diese Leute vor dem Wohnhaus?“ „Nicht schwer zu erraten, wenn sie deinen Namen rufen“, gluckste Anjaani heiter. „Die Drillinge hatten Recht, du bist berühmt.“ Inuyasha machte nur ein ungläubiges Gesicht. „Ich wollte gerade joggen gehen, aber ich komme da garantiert nicht raus“, jammerte Anjaani. „Fällt dir denn nichts ein?“ „Pläne schmieden ist nicht meine Stärke. Ich kann dir mit meinen Fäusten einen Weg da raus bahnen.“ „Nein“, erwiderte sie vorwurfsvoll. „Du spinnst doch! Geh ins Bad und mach dich fertig, du bist wirklich keine Hilfe beim Denken.“ „Kommandier mich hier nicht rum! Ich bin nun mal eher einer der handelt. Und ich muss sowieso ins Bad.“ „Du willst doch nicht schon wieder duschen?!“ Doch er überhörte das. Sobald sie das Wasser prasseln hörte, wagte sich Anjaani hinaus. Von Inuyashas Fans würde sie sich nicht den Morgensport vermasseln lassen. Ein Blitzlichtgewitter blendete sie im ersten Moment. Dann drängte die Masse auf sie ein. Tausend Fragen, tausend Hände, tausend Stimmen. „Ich will doch nur ein wenig joggen“, schrie sie verzweifelt im Strudel der Menge. Damit löste sie nur eine noch größere Welle der Begeisterung aus. Wie oft die Sport treibe? Ob sie sich für Inuyasha fit hielt? Ob er auf sportliche Frauen stehe? Ob sie ein Paar seinen? Wie lange schon, usw. „Ich beantworte keine Fragen! Aber, falls ihr welche habt, können ihr diese auf Inuyashas Homepage stellen. Und jetzt möchte ich bitte mein Morgenprogramm durchziehen. Danke.“ Hurtig eilte sie davon. Einige hartnäckige Verfolgerinnen und einen Reporter wurde sie doch noch durch ihr Schweigen und ihre Schnelligkeit, gepaart mit Ausdauer los. Inuyasha war schließlich das Objekt der Begierde, nicht sie. Als sie nach ihren 45 Minuten zurück lief, machte sie einen kleinen Abstecher in die Bäckerei, was sich als Fehler erwies. Im Laden wurde sie vom kleinen Chihuahua Rufus schwanzwedelnd begrüßt. Die Bäckerin bekam leuchtende Augen bei Anjaanis Erscheinen und diese wusste genau, was der Grund dafür war, schließlich war sie immer etwas hochnäsig Anjaani gegenüber. Die Frau versuchte sie aber über Inuyasha auszuquetschen, während sie betont langsam die verlangte Ware zusammensuchte und einpackte. „Und ich dachte, er sei einfach nur ein gut aussehender Spinner. Aber er ist tatsächlich ein Dämon.“ Anjaani nickte nur. Die Frau kam nicht aus dem Schwärmen heraus. Es war einfach unglaublich, dass der berühmte Dämon, der die Menschen von nun an beschützt, in ihrem Laden Brot gekauft hatte! Und was er gerade mache, wie es ihm ginge, wie er so sei und, und, und. „Es tut mir sehr leid, aber ich muss wirklich weg“, entschuldigte sich Anjaani. „Inuyasha hat bestimmt Hunger und wir wollen Frühstücken, wie zwei ganz normale Menschen.“ Normale Menschen... Hui, wenn Inuyasha das gerade gehört hätte... Anjaani musste grinsen. Das hätte ihm garantiert nicht gefallen. Und das, was sie an ihrem Haus vorfand, gefiel ihr ganz und gar nicht. Die Menschenmasse versperrte ihr protestierend den Weg. Nur gegen Beantwortung einiger Fragen, würde sie durchgelassen werden. Wo war bloß die Polizei, wenn man sie brauchte? Anjaani versuchte, sich durchzuzwängen, aber es war unmöglich. Lauter zerrende Hände, zurückdrückende Schultern und fordernde Stimmen. Da war kein Durchgang. Und die Panik machte sich in ihr breit. Sie war nämlich auch von Männern umzingelt. Als ein Reporter sie an den Schultern packte, trat ihr kalter Angstschweiß ihr auf die Stirn. „Lasst mich in Ruhe! Hilfe! Inuyasha! Hilf mir!“ Doch der Mann zog sie zu sich und rief ihr seine Fragen ins Ohr, seine Hand legte sich jedoch an ihre Brust. Völlig aufgelöst schrie sie nach Inuyasha. Ein lautes, mächtiges Knurren ließ die aufgelöste Menge verstummen. „Anjaani, was treibst du denn da unten?“ Der Ersehnte beugte sich über die Balkonbrüstung. Seine Haare waren nass, sein Oberkörper unbedeckt. Sie wusste genau, dass er nur ein Handtuch um die Hüften geschlungen hatte. Wieder ertönte das knurrende Gebrüll. Inuyasha wurde wütend. „Hey, du da! Nimm die Pfoten von ihr!“ Ehe irgendjemand reagieren konnte, sprang er über das Geländer und landete direkt vor ihr. Vor Schreck war die Meute auseinander gesprungen. Blitzschnell hob er Anjaani auf seinen Rücken und sprang die Hauswand hoch, ein Balkongeländer nach dem anderen. Es war so schnell geschehen, dass kein Fotograf rechtzeitig Bilder knipsen konnte. Im sicheren Wohnzimmer ließ er sie herunter und schloss die Balkontüre, um die hysterisch schreienden Stimmen abzuwürgen. „Was hast du dir denn dabei gedacht?“, warf er ihr vor. „Ich brauche morgens Sport“, verteidigte sie sich hitzig, mied aber seinen halbnackten Anblick. „Außerdem hab ich gedacht, dass sie mich in Ruhe lassen.“ „Tun sie aber nicht, wie du siehst.“ Sie warf ihm eine trotzigen Blick zu. „Das einzige, was ich sehe, ist- aaah!“ Sie fuchtelte kreischend mit den Armen. „Dein Handtuch!!! Halt es feeest!“ „Schrei doch nicht so, argh!“ In dem Moment löste sich der Knoten. Inuyasha fing es hastig auf und hetzte mit knallrotem Gesicht ins Bad. Anjaani hatte die Hände vor die Augen geschlagen. „Das erste, was ich ihm kaufe, wird ein Bademantel sein“, schwor sie sich und presste die Hand gegen ihre pochende Brust. Inuyasha, in voller Montur, hatte gerade das Frühstücksgeschirr abgespült, als sie aus der Dusche trat. Anjaani beäugte kritisch sein Schwert, das er sich in ihrem Zimmer umschnallte. „Was?“, motzte er. „Ich dachte, ich muss nichts mehr verstecken.“ Sie zuckte resignierend mit den Schultern. „Wenn du meinst, dass das Ding dir nützlicher sein wird, als deine Krallen.“ „Er wird sehr nützlich sein, wenn ein Youkai auftaucht, der nicht so leicht mit den Klauen zu besiegen ist. Tessaiga ist kein gewöhnliches Schwert.“ Er drehte ihr den Rücken zu, den Anblick ihres Körpers, nur mit einem Handtuch bedeckt, nicht mehr ertragend. „Zieh dich an, dann kletter auf meinen Rücken. So kann ich den Irren da draußen einfach davonrennen. Was schaust du denn so komisch?“ „Tessaiga?“, wiederholte sie verwundert. „Tessaiga verwandelt sich im Kampf und ist ziemlich mächtig. Ist das nicht toll?“ „Seit wann weißt du das?“ „Ich habe mich gestern daran erinnert. Und in der Nacht bei einer Dämonenjagd angewendet. Jetzt zieh dir endlich was an!“ Wenn er nur dran dachte, dass sie komplett nackt drunter war... Sie blieb starr stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Warum hast du mir das nicht gesagt?“ „Wann hätte ich dir das denn sagen sollen? Und wieso muss ich dir denn überhaupt alles sagen?“ „Also schweigst du, bis du alles weißt und hältst alles vor mir geheim“, zischte Anjaani sauer. „Solange, bis dein Gedächtnis vollkommen wiederhergestellt ist und du plötzlich zu mir sagst, dass du jetzt wieder verschwindest!“ „Das würde ich niemals tun“, rief er verärgert. „Dann sag mir sowas bitte. Ich will nicht nichtsahnend sein und plötzlich bist du weg. Ich will mich auch drauf vorbereiten können. Mehr verlange ich nicht.“ „Gut, wenn es dich beruhigt. Kannst du dich jetzt bitte anziehen?“ „Woher hast du Tessaiga?“ „Das weiß ich nicht, aber du wirst die erste sein, die es erfährt.“ „Versprochen?“ „Versprochen.“ „Gut, und jetzt verschwinde bitte. Ich will mich nicht vor deinen Augen anziehen.“ „Keinen Sari“, befahl er hinter der Tür. „Ich habe keine Lust, ewig zu warten.“ „Zu spät. Ich bin ziemlich schnell im Sari binden und versprich mir auch, dass du nicht so hoch springst“, bat sie, als sie auf seinen Rücken kletterte und die Beine fest um seinen Bauch schlang. „Das kann ich dir nicht versprechen“, lachte er und sprang vom Balkon runter, der tobenden Menschenmenge entgegen. Anjaani vergrub das Gesicht an seinem Nacken. „Hey, du kleiner Angst... hase...“ Inuyashas Stimme überschlug sich kurz, als ihr heißer Atem seinen Nacken qualvoll süß liebkoste und Schauer über seinen ganzen Körper jagte. Er schloss kurz die Augen und schluckte. Da hob Anjaani zum Glück wieder den Kopf und der Wirbel in seinem Kopf verschwand. „Wovor hast du eigentlich so große Angst?“, fragte er grober als gewollt. „Mir ist das nicht geheuer“, murmelte sie reuevoll. „Das hat mit dir nichts zu tun, Saajan.“ „Könntest du dich trotzdem bitte nicht so an mich klammern, deine Beine stören. Ich halte dich ja fest.“ „Oh, tut mir leid.“ Sie löste ihre Beine und schon drückte ihr Körper nicht mehr so schwer gegen seinen. Der Druck ihrer Brüste an seinem Rücken ließ nach und Inuyasha atmete erleichtert aus. Für einen Moment waren Bilder durch sein inneres Auge gezogen. Bilder, die von der Nähe ihres Körpers und ihrem betörenden Atem ausgelöst worden waren. Hätte ihr brennender Atem weiterhin seinen Nacken gestreichelt, hätte er sich vergessen. Er wäre dort unten an den hohen Büschen stehen geblieben, hätte sie ins Gras gedrückt und... Ihre großen Augen, die zu ihm aufsehen, der schnelle Atem, die bebende Brust an seiner, die roten Lippen, die nach einen Kuss flehen. Alles würde er ihr geben, was sie sich ersehnte... Als sie den Kopf gehoben hatte, war der Zauber der Sehnsucht verflogen und Inuyasha hasste sich für den Moment, in dem er seinen Gedanken erlaubt hatte, seinen Verstand zu kontrollieren. „Jetzt sag-“ Er musste sich kurz räuspern, weil seine Stimme ganz rau geworden war. „Jetzt sag mal, wo wir überhaupt hin wollen.“ „Tokio, Innenstadt“, nuschelte sie an seiner rechten Schulter. „Ins große Einkaufszentrum, wo wir letzten Samstag waren.“ „Was hast du eigentlich mit den Klamotten des Verräters vor“, fragte er so nebenher. „Verkaufen“, kicherte sie. „Deine Fans werden sich darum reißen!“ „Warum sollten sie das wollen?“, wunderte er sich. Mit einem plötzlichen Quieken grapschte sie nach seinen Ohren. Diese hatten gerade gezuckt. Inuyasha unterdrückte ein wütendes Knurren, während sie strahlend seine Ohren streichelte. „Lass meine Ohren los! Du hast dich doch grade noch vor lauter Panik an mich geklammert! Und jetzt baumelst du so frei in der Luft.“ „Jetzt kannst du dich nicht wehren, Saajan, das muss ich ausnutzen!“ „Anjaani, schau!“, rief er plötzlich warnend aus. Diese folgte seinem Blick auf die Menschenmasse, die sich unter ihm versammelt hatte und ihm folgte. „Tu einfach, was ich dir sage“, murmelte sie. „Das kriegen wir schon hin.“ Der liebevolle Ton ihrer Stimme entlockte seinem angespannten Gesicht ein kleines Lächeln. Sie war bei ihm, ohne sie wäre er verloren. Kaum war er vor dem Kaufhaus stehen geblieben, scharrte sich eine ganze Masse von Menschen jeden Alters um ihn und bestürmte ihn mit Fragen. „Warte noch“, murmelte Anjaani leise, die er wegen seines guten Gehörs verstehen konnte. Langsam schob sie sich vor ihn und breitete die Arme aus. „Ich habe etwas zu sagen“, schrie sie plötzlich, sodass Inuyasha zusammenzuckte. Doch dies half nichts, nun wurde auch sie bedrängt. All die greifenden Hände und fordernden Stimmen lösten Panik in ihr aus. „Du darfst“, sagte sie mit leicht zitternder Stimme. „So es reicht!“, grollte Inuyasha und seiner Stimme schwang ein wildes Gebrüll mit, das jeden verstummen ließ. „Rückt uns nicht so auf die Pelle!“ Er zuckte seine Klauen, entblößte die Zähne, erschrocken wich die Meute weg. Plötzlich war es totenstill. Inuyasha blickte sich mit zornesblitzenden Augen um, er schien zum Angriff bereit. Niemand wagte, sich zu rühren, außer Anjaani, die freundlich das Wort ergriff. „Hört uns zu. Wir wollen nur einkaufen, mehr nicht und bitten euch um Verständnis. Es will doch niemand, dass Inuyasha die Geduld verliert, oder?“ „Er würde doch nicht...“, wagte ein Reporter zaghaft. „Da wär ich mir nicht so sicher“, knurrte Inuyasha, dessen Blick den Mann in sich zusammensinken ließ. „Inuyasha ist hier Dämonenjäger“, ergriff Anjaani wieder das Wort. „Und er soll seine Tätigkeit ungehindert ausführen können. Störungen wie diese hier, sind strafbar.“ Ob es Zufall war, oder ein Geschenk des Himmels, wusste Anjaani nicht, aber genau in diesem Moment tauchten drei Polizeiwagen auf. Mit der Polizei an ihrer Seite, wagte sich keiner mehr so richtig in ihre Nähe, Inuyasha stand unter ihrem Schutz. „Alles weitere kann man auf Inuyashas Homepage erfahren“, erklärte ein Polizist schlussendlich. „Wir sind gerade dabei, sie zu erstellen. Niemand darf ohne Inuyashas Erlaubnis in seine Nähe. Sollte sich ihm jemand gegen seinen Willen nähern, ist er oder sie für seine Sicherheit selber verantwortlich.“ Dieses Argument wirkte und Anjaani atmete erleichtert auf, als die Menschenmasse sich langsam auflöste. „Vielen Dank, die Herren Polizisten!“, rief sie erleichtert. „Wir wissen nicht, was wir ohne Sie getan hätten.“ „Keine Sorge, Fräulein Arora“, lächelte einer der Männer leicht errötend. „Die Polizei stärkt dem Dämonensondereinsatz den Rücken. Schon bald werden Sie beide Ihre Ruhe haben, denn die Nachricht wird sich wie ein Lauffeuer verbreiten.“ „Puh“, seufzte Inuyasha. „Da hatten wir aber Glück!“ „Stimmt, jetzt können wir in Frieden einkaufen, noch dazu bist du jetzt wirklich der gefährliche Dämon, der du sein wolltest und bald zeige ich dir, wie du mit deiner Homepage umgehen kannst.“ „Das Ding auf deinem... wie heißt das... Laptop?“, meinte er kopfkratzend. „Muss ich da alle Fragen von den Leuten beantworten? Hilfst du mir dabei?“ „Natürlich“, lächelte sie. „Wir schaffen das schon zusammen, Saajan.“ Sanft lächelnd betrachtete er sie, während sie durch Regale wuselte und sich sämtliche Kleidungsstücke auflud. Bald war sie hinter dem Klamottenberg kaum noch zu sehen. „Du könntest mir auch mal helfen!“, beschwerte sie sich. „Reicht es nicht, dass ich das alles überhaupt anprobieren muss?“ „Nein! Schlepp das rüber in die Umkleidekabine!“ „Warum ist das so viel?“, murrte er. „Hast du dich mal umgeschaut“, lächelte sie, endlich von ihrer Last befreit. „Du bist viel größer als der Durchschnitts-Japaner. Ich bin mir nicht sicher, ob dir das passt.“ Sie bemerkten nicht, dass sie heimlich von der Kassiererin beobachtet wurden. „Ist er das?“, erkundigte sich ihr Chef unfreundlich wie immer. Innerlich seufzte die Frau genervt. Er konnte so blöde Fragen stellen. „Ich glaube schon“, erwiderte sie beherrscht. „Ich kenne nicht viele mit solch unverwechselbarem Aussehen. Und diese Stimme würde ich jederzeit wiedererkennen“, fügte sie noch hinzu, als ein wütendes Knurren durch den Laden hallte. Inuyasha war jetzt schon genervt. Er wollte das alles gar nicht an- und wieder ausziehen. Anjaani gab nach, bevor es noch zum Streit kam. „Welches war das, was dir so gut stand?“, versuchte sie sich zu erinnern. „Das weiß ich nicht!“, fauchte er. „Das Blaue da, vermute ich“, beantwortete sie ihre eigene Frage. „Weißt du was, Saajan, wir kaufen alle Hemden, die vom Schnitt her ähnlich sind und dann gehen wir was trinken.“ „Gott, sei Dank!“, murrte er. „Lass uns gehen.“ „Moment!“ Ihre flache Hand stieß gegen seine Brust. Mit stechenden Augen sah sie ihn an und bugsierte ihn zurück in die Kabine. „Rein da und zieh dich aus!“ Schlagartig wurde er rot. „W-wie bitte?!“ „Du musst deine eigenen Klamotten anziehen“, lächelte sie und zog den Vorhang zu. „Mit diesen hier raus zu marschieren wäre Diebstahl.“ Ärgerlich schüttelte er den Kopf. Was hatte er nur bloß für Gedanken? Für einen Moment hatte er doch tatsächlich gedacht... Wie kam er bloß auf den Gedanken, Anjaani würde ihn verführen wollen? Sie hatte ihn in die Kabine gedrängt und verlangt, dass er sich auszieht, da würde doch jeder denken... Er war so ein Idiot! Warum spielte sein Verstand so verrückt? „Du da, Mädchen“, ertönte eine barsche, männliche Stimme. „Ist dort drin der große Inuyasha?“ „Ja, da ist Inuyasha drin“, antwortete Anjaani dem unhöflichen Mann freundlich. „Dann stehst du im Weg. Lass mich vorbei!“ „Das geht nicht. Er zieht sich gerade um“, widersprach Anjaani freundlich. „Hör zu, Fräulein. Ich bin hier der Geschäftsführer und lasse mir nicht von irgendeinem Püppchen vorschreiben, was ich zu tun habe. Also geh aus dem Weg!“ Neugierig spähte der Verlangte hinaus. Der ältere Herr, der sich so drohend vor Anjaani aufgebaut hatte, zuckte unter dem Blick der Glutaugen zusammen. „Was willst du?“, fragte er wütend. Augenblicklich warf der Mann sich vor ihm auf die Knie. „Bitte, mächtiger Dämonenjäger, mein Sohn...“ „Was ist mit ihm?“ „Er ist so seltsam, er-“ „Sie glauben, ihr Sohn sei von einem Dämon besessen“, unterbrach ihn Anjaani. „Ja!“, rief er, sah dabei aber Inuyasha an. „Und wir sollen da etwas unternehmen?“ Inuyasha starrte Anjaani verwundert an. Ihre Stimme war so kühl, das kannte er von ihr gar nicht. „Ich bitte Sie darum, ehrenwerter Inuyasha-sama!“ „Wir haben keine Zeit“, entgegnete Anjaani knapp. „Wir müssen einkaufen. Rufen die den DSE.“ „Ich habe keine Zeit, den Dämonensondereinsatz zu rufen! Bitte, Inuyasha-sama! Ich werde Sie dafür entschädigen.“ Inuyasha schaute Anjaani fragend an. Wieso benahm sie sich so hochmütig? Der Mann war verzweifelt und bettelte... und das ließ sie kalt? Er dachte, er sei der herzlosere von beiden. „Wenn Inuyasha nicht über den DSE engagiert wird, verdienen wir nichts dabei“, erklärte Anjaani. „Ich rede nicht mit dir, Miststück!“, fauchte er. „Hüte deine Zunge, nur weil du schön bist. Ich hasse schöne Frauen. Ich-“ „Du hältst deine aufgeblasene, hässliche Fresse!“, brüllte Inuyasha zornig. „Wag es noch einmal so mit ihr zu reden und ich reiße dir deine schändliche Zunge heraus!“ Der Ladenbesitzer hatte sich ängstlich zusammengerollt. „Beruhige dich, Saajan“, bat Anjaani ihn sanft. „Wir helfen Ihrem Sohn, aber dafür wollen wir die Ware kostenlos bekommen.“ „Bitte, ich gebe Ihnen was Sie wollen, Inuyasha-sama. Ich schenke Ihnen alle Kleidung, die Sie wollen, nur helfen Sie meinem Sohn, bitte!“ Plötzlich stahl sich ein strahlendes Lächeln auf Anjaanis schönes Gesicht und sie nickte. „Was soll denn dieses Theater?“, raunte Inuyasha ihr zu, als sie dem Ladenbesitzer folgten. „Ich weiß, er hat sich dir gegenüber unverzeihlich verhalten. Aber dass du dich deswegen weigerst, ihm zu helfen... Das sieht dir nicht ähnlich. Du liebst doch Kinder!“ „Natürlich hätte ich ihm geholfen. Aber ich musste es versuchen. Jetzt müssen wir schließlich nichts bezahlen.“ Seufzend schüttelte er den Kopf. „Saajan, spürst du das?“, fragte sie plötzlich und griff nach seinem Arm, drängte sich näher an ihn. „Das ist eine böse Dämonenaura. Du spürst sie?“, fragte er überrascht. „Böse Energie“, nickte sie. „Hier ist der Dämon“, meinte sie überzeugt, als sie vor einer Tür stehen blieben. „Bitte gehen Sie jetzt zurück nach unten“, bat sie den Ladenbesitzer. „Wir machen das schon.“ Der Mann verkrümelte sich schneller, als sie schauen konnten. „Was heißt eigentlich „wir“?“, fragte Inuyasha skeptisch. „Du gehst gefälligst auch runter!“ Noch ehe sie protestieren konnte, ertönte ein wütender Schrei und eine gewaltige Energiemasse riss die Türe auf. Im letzten Moment packte Inuyasha Anjaani und riss sie weg. Fluchend rollte er mit ihr über den Boden, presste sie fest an sich. „Geht es dir gut, Anjaani?“ Sie stöhnte gequält unter ihm. „Du bist manchmal echt so grob, mein Kopf, aua!“ „Dir hätte mehr weh tun können, als nur dein Kopf“, drohte er. „Du kommst echt immer in Gefahr!“ „Geh bitte von mir runter“, flüsterte sie beschämt. Errötend richtete er sich auf und zog sie mit. Schwankend starrte sie in das Kinderzimmer. Der kleine Junge fauchte sie bösartig an, mit rotglühenden Augen. Anjaani ließ der Anblick schauern und sie rückte hinter Inuyasha. In diese furchterregenden Augen konnte sie nicht schauen. Inuyasha jedoch warf sich in die Brust und zückte herausfordernd grinsend die Krallen. „Das wird nicht lange dauern. Mach dein Testament, Dämon!“ Er stürmte vor, doch Anjaani zog ihn zurück. „Spinnst du!“, schrie sie. „Das ist ein Mensch. Du kannst ihn nicht töten!“ „Hast du eine bessere Idee“, beschwerte er sich. „Wir müssen es irgendwie hinkriegen, dass dieser Dämon den Kleinen verlässt. Und es ist übrigens eine Dämonin!“ „Toller Plan! Wie soll das bitte gehen? Du-“ „Haltet endlich die Klappe!“ Brüllend hechtete die Dämonin auf Inuyasha zu. Dieser reagierte zu langsam. „Nein, Saajan!!!“ Dann sah er nur noch schwarzes Haar und Anjaanis Körper prallte so heftig gegen seinen, dass er an die Wand des Flurs krachte. Keine Sekunde später registrierte er, was passiert war. Anjaani hatte sich vor ihn geworfen. Die Attacke der Dämonin hatte sie voll erwischt. Panik und eiskalte Angst klammerten sich um sein Herz. „Anjaani! Anjaani!“ „Schüttel mich doch nicht so“, hauchte sie leise und öffnete die Augen. „Mir geht’s doch gut...“ „Mach so etwas niemals wieder, hörst du!“, schrie er wütend. „Nie wieder!“ „Och, wie rührend“, gackerte die Dämonenfrau, mit eindeutig weiblicher, aber dadurch nicht minder furchteinflößender Stimme. „Liebesszenen sind was für so verweichlichte Hanyous wie dich.“ „Du musst gerade was sagen“, krächzte Anjaani mit schmerzverzerrtem Gesicht. „Wer versteckt sich denn hinter...“ Sie keuchte kurz und pressen das Gesicht gegen Inuyashas Arm. „...hinter einem kleinen Kind? Du traust dich nicht, uns entgegenzutreten. Einer Frau und einem Hanyou.“ „Du wagst es, mir so eine Schwäche zu unterstellen, Menschenweib?!“ „Pff, sie hat Recht“, höhnte Inuyasha, Anjaani sicher im Arm haltend. „Bist nicht Youkai genug, dich mir zu stellen, du feige Ratte!“ „Ich zeige dir, wer hier FEIGE ist!!!“ Die Dämonin entwich aus dem Kind, das kraftlos und unbeachtet zusammensackte. „Verschwinde so schnell du kannst“, befahl Inuyasha Anjaani, bevor er der Gegnerin entgegentrat. Doch diese dachte nicht daran. Während die zwei Dämonen den Kampf begannen, kroch sie langsam auf den kleinen Jungen zu. Sie wollte jetzt ja keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Der Kleine war leichenblass, geschwächt und atmete unregelmäßig. Die Dämonin hatte dem armen Kind zu arg zugesetzt. Eine gewaltige Welle der Wut erfasste Anjaani. Dieser geballte Ladung Energie ließ sie in den Körper des Jungen fließen. Noch nie hatte sie sowas direkt getan, aber Anjaani empfand so viel Wut und Zärtlichkeit, dass diese Gefühle ihr genügend Kraft gaben, ihre Energie zu übertragen. Der Junge öffnete die Augen und blickte Anjaani verstört an. „Lauf weg“, drängte Anjaani ihn. „Lauf sofort runter zu deinem Vater. Geh!“ Hastig rannte der Kleine davon. „Was soll das, du Schlampe“, kreischte die Dämonin ihr zu. Diese furchtbaren roten Augen schienen Funken zu sprühen, doch Anjaani empfand keine Angst mehr. Ruckartig richtete sie sich auf, ihr Haar flog wild durch die Luft. „Schlampe?“, wiederholte sie das Wort dumpf. „Bist du taub, du billige, dreckige Schlampe?!“ Heißer Zorn durchflutete sie, als sie sich blind auf die Dämonin stürzte. „ICH BIN KEINE SCHLAMPE!!!“ Dann geschah alles schnell. Die Youkai, die unter ihr zu Boden stürzte, Inuyashas Schreie, eine gewaltige Kraft, der Schmerz, als sie auf den Boden geschleudert wurde, dieses grausame Knacken ihrer Knochen, die plötzliche Dunkelheit. Und ein wildes Knurren: „SANKONTESSOU!!!“ Völlig außer sich, rannte Inuyasha zu Anjaani rüber. Vorsichtig drehte er sie auf den Rücken und nahm sie in seine Arme. Sie war bewusstlos und blutete an einer Platzwunde an der Stirn, doch sie lebte. „Anjaani“, sprach er eindringlich. „Anjaani, hörst du mich? Bitte, wach auf!“ Noch nie hatte er es sich so sehr wie jetzt gewünscht, ihre braunen Augen zu sehen, doch sie blieben geschlossen. Sie wachte nicht auf. „Nanu“, wunderte Yuki sich, als ihr Handy klingelte. „Warum ruft Aani an? Hallo, mein Herz“, meldete sie sich. „Anjaani ist bewusstlos“, keuchte Inuyashas panische Stimme. „Hilf mir, was soll ich tun? Was soll ich tun?!“ Yami riss Yuki das Handy aus der Hand. „Bring sie sofort ins Kokoro- Krankenhaus! Sofort! Wir sind gleich da!“ Einen grausamen Moment voller Angst starrten sie sich atemlos an, dann rannten sie los, als würde ihr Leben davon abhängen. Als Anjaani wach wurde, war ihr sofort klar, wo sie sich befand. Der Geruch, die unvergleichlichen Krankenhausgeräusche, was war passiert? Das erste was sie sah, waren die Goldaugen, hell und klar wie flüssiger Bernstein. Für einige Momente der Glückseligkeit strömte Erleichterung über sein Gesicht, dann gewann der Zorn die Überhand. „Was sollte das“, knurrte er wütend. „Inuyasha“, mahnte Yami ihn. „Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt.“ „Was ist passiert?“, fragte Anjaani. Genau in dem Moment kam ihr Arzt Dr. Takeda herein, groß, jung und gutaussehend. Die Drillinge waren sofort an seiner Seite. Der Arzt erklärte ihr genau was passiert war. Rapider Energieverlust und drei gebrochene Rippen. „Allerdings“, fügte er leicht überrascht hinzu, „hast du wieder Kraft, Aani-chan. Ich wundere mich immer wieder, wie schnell du dich erholen kannst.“ Nach einigen kleinen Untersuchungen, und dutzenden ungeduldigen Geräuschen von Inuyasha, durfte sie das Krankenhaus verlassen. Dr. Takeda wusste nur schmerzlich genau, welche schlimmen Erinnerungen Anjaani mit diesem Krankenhaus verband. Deshalb wusste er auch, dass sie Daheim schneller gesund werden würde. Sie war ihm so unendlich dankbar dafür. „Hast du Schmerzen“, fragte Inuyasha leise, der misstrauisch Anjaanis zaghaften Gehversuche beobachtete. „In der Brust“, gab sie zu. „Aber ich will von hier weg.“ Die Drillinge, die plötzlich einen schon fast trauernden Gesichtsausdruck hatten, kamen ihr stützend zur Seite. Er schlurfte den langsamen Mädchen hinterher, bis sie das Krankenhaus verlassen hatten, dann platzte ihm der Kragen. „Komm, ich trage dich“, bot er sich an. „Das geht schneller, ihr kriecht ja langsamer als eine Schnecke.“ „Aber sei ja vorsichtig“, mahnten die Drillinge. Als wäre Anjaani so zerbrechlich wie Glas, hob er sie auf seinen Rücken. Der Brustkorb tat ihr so weh, dass sie nicht protestieren konnte. Sie wollte nur eines: weg von hier. Weg von diesem Ort, wo Krankheit, Kummer und Tod herrschten. Und der Geruch war nicht auszuhalten. Inuyasha hasste das Krankenhaus besonders. Vorallem der junge Arzt war seiner Meinung nach zu liebevoll. „Er ist verheiratet“, bemerkte Yoko und schüttelte vorwurfsvoll die glänzenden, schwarzen Haare. „Er ist der einzige Arzt, dem Aani vertraut. Außerdem ist es seine Aufgabe sich um Patienten zu kümmern, schließlich ist sie verletzt.“ „Es hätte auch schlimmer sein können“, murrte Inuyasha. Fassungslos bauten sich die drei Schwestern vor ihm auf. „Es hätte schlimmer sein können?!“, wiederholten sie unisono. „Es hätte gar nicht erst passieren sollen! Du hättest besser auf sie aufpassen sollen! Dies hätte niemals geschehen dürfen!“ „Hey, beruhigt euch bitte“, meinte Anjaani an Inuyashas Schulter. „Es ist nicht seine Schuld.“ „Genau, es war deine Schuld! Was hast du dir eigentlich dabei gedacht“, platzte es wütend aus ihm heraus. „Der Kleine“, meinte sie nur. „Ich will kein Kind sterben sehen... nicht nochmal.“ „Du hättest sterben können!“ In seiner Wut, überhörte er ihre letzten Worte. Auch bemerkte er diese kleine Träne nicht. „Sie hatte mich „Schlampe“ genannt“, verteidigte sie sich. „Es ist einfach über mich gekommen.“ „Was ist über dich gekommen?“, wunderte sich Yoko. „Wie eine Furie hat sie sich auf die Youkai gestürzt“, schnaubte Inuyasha. „Jemand hat dich „Schlampe“ genannt und es überlebt?“ Die Drillinge waren fassungslos. „Wie hat jemand diese unverzeihliche Todsünde überlebt?“ „Hey, sie hat einen Dämon angegriffen“, erinnerte Inuyasha. „Zwei Frauen wälzen sich kreischend und wütend auf dem Boden, du Glücklicher! Und, war die Dämonin sexy?“ „Also, ich weiß nicht, wie du dir eine Dämonin vorstellst, Häschen“, entgegnete Anjaani kühl. „So wie den da“, meinte Yuki. „Nur eben weiblich.“ „Hey, red nicht so abwertend von mir!“ „Du hältst die Klappe, Köter“, zischte Yami und durchbohrte ihn mit ihren Blicken. „Wegen dir ist unser Schatz verletzt. Und mit gebrochenen Rippen kann sie keinen Tanzunterricht geben.“ „A-aber ich-“ „Wir müssen dir noch Schuhe kaufen, Saajan“, fiel Anjaani plötzlich unerwartet ein. Es war ein lächerlicher Versuch, das Thema zu wechseln. „Nix da!“, schimpfte er. „Wir gehen jetzt nach Hause und du ruhst dich aus. Das ist mein letztes Wort!“ „Wie kommst ihr eigentlich drauf, dass der Arzt verheiratet ist“, bemerkte er auf einmal, als sie die Wohnung betraten. Bis dahin hatte er kein Wort mehr gesagt. „Wir kennen ihn sehr gut. Er hat sich immer um Aani gekümmert, wenn sie im Kokoro- Krankenhaus war. Er hat ihr auch das Leben gerettet, als Rajesh sie verletzt hatte. Außerdem trägt Dr. Takeda einen Ehering“, antwortete Yuki, während sie Anjaani half, es sich auf dem Sofa so bequem wie möglich zu machen. „Er ist wahrscheinlich der einzige Mann außer dir, bei dem ich mich wohl fühle“, lächelte Anjaani. „Yami-Maus?“ „Ja, Aani-Schatz?“ Yami kam gerade mit einem Teetablett herein. „Könnt ihr bitte morgen früh wieder herkommen?“ „Wie bitte?!“, brauste Inuyasha auf. „Nein, ich will die nervigen Weiber nicht länger als nötig hier haben! Niemals!“ „Hallo? Wir hören dich.“ „Hör auf, so etwas zu sagen!“, erwiderte Anjaani leicht genervt. „Wer soll mir denn sonst den Verband wechseln? Etwa du?“ „Ja, warum nicht? Besser, als die hier zu haben.“ „Hallohooo! Wir hören dich immer noch!“ Plötzlich musste Anjaani lächeln und ihre Wangen färbten sich leicht rot. „Inuyasha... nein... sagt ihr es ihm.“ „Du bist ein kleiner Lustmolch, du!“, grinste Yuki dreckig. „Was? Wieso?“ „Ganz einfach“, lachte Yami. „Der Verband bedeckt Aanis Brust. Und drunter ist sie nackt.“ „Aber ich glaube, deswegen willst du das unbedingt selber machen.“ Schelmisch grinsend stupste Yoko ihn in die Seite. „Das hab ich nie gesagt“, rief er beschämt. „Ich hab das nie gewusst... ich- ihr seid furchtbar!!!!“ „Saajan, sie ärgern dich nur. Mir tut es leid, dass ich euch diese Aufgabe aufbrummen muss“, seufzte die Verletzte. „Wer sollte es denn sonst machen?“, brummte Inuyasha. „Dr. Takeda hatte sich angeboten, aber-“ „Nur über meine Leiche!“, rief Inuyasha. „Der fasst dich nicht nochmal an!“ „Inuyasha“, rief sie erbost. „Er ist Arzt, es ist seine Aufgabe. Meine Güte, wie würdest du dich verhalten, wenn du wüsstest, dass er mein Gynäkologe ist?“ Sie hatte es ausgesprochen, ehe sie gescheit darüber nachgedacht hatte. Errötend schlug sie sich die Hände vor den Mund. „Was ist ein Günnkologe?“, wunderte sich Inuyasha und seine Ohren zuckten neugierig. Die Drillinge brachen daraufhin in lautes Gelächter aus. „Wieso lachen die so?“, fragte er verständnislos. „Hey, hört auf damit!“ „Das ist egal, das-“ Das Klingeln des Telefons unterbrach die unangenehm berührte Inderin. Yoko, die sich kichernd meldete, verstummte schlagartig, wurde bleich und reichte Anjaani verstört das Telefon. „Der Eisklotz“, flüsterte sie. „Ja, bitte?“ „Wir haben eine kleine Planänderung, Arora“, sagte Zuma, ohne jegliche Begrüßung. Inuyasha spitzte erwartungsvoll die Ohren. „Wie meinen Sie das?“ „Am Freitag auf dem Straßenfest werden du und ich mit ein paar kleinen Tanzvorlagen Werbung für die neu anfangenden Kurse machen. Komm morgen um 8 ins Studio, dann proben wir.“ „Aber-“ „Morgen um 8, oder du bist gefeuert.“ Dann legte er auf. „Kommt nicht in Frage!“, brauste Inuyasha auf. „Du wirst da nicht hingehen!“ „Was ist los?“, erkundigten sich die Drillinge, die nicht über sein gutes Gehör verfügten. „Dieser Widerling will morgen mit ihr Tänze einstudieren“, grollte Inuyasha. „Damit sie am Freitag damit Kunden anlocken können. Du gehst da nicht hin! Du bist verletzt!“ „Aber du hast es doch gehört“, meinte Anjaani traurig. „Sonst feuert er mich.“ „Wie bitte?! So ein Arsch!“, regten sich die Schwestern auf. „Aani, los! Nimm dir unsere Energie und heile damit deine Brust!“ Anjaani schüttelte träge den Kopf. „Morgen, ja? Ich bin momentan zu schwach dafür.“ „Weißt du was“, sagte Yoko mit leuchtenden Augen. „Ich gehe morgen hin und rede ihm diese Tanzvorführung aus.“ Daraufhin erntete sie ungläubige Blicke. „Austreiben passt da wohl eher, als ausreden“, bemerkte Yami. „Das würde nichts bringen“, wehrte Anjaani ab. „Doch, mir schon“, schmollte Yoko. „Er würde sich nehmen, was er will, du hättest auch deinen Spaß, aber mir bringt das nichts“, lächelte sie. „Hä, worum geht es hier?“, bemerkte Inuyasha etwas konfus. Alle vier sahen ihn gleichzeitig verwundert an. „Hab ich was falsches gesagt?“ „Nein, nein“, wehrte Anjaani ab. „Das ist egal.“ „Ich will es aber wissen! Worum geht es hier, warum verheimlicht ihr mir alles und was ZUM TEUFEL IST EIN GÜNNKOLOGE!!!!“ Inuyasha keuchte vor Wut. Anjaani seufzte geschlagen. „Also...“ Yuki nahm sich dieser Aufgabe sichtlich genüsslich an und zwirbelte das schwarz gesträhnte Haar. „Ein Gynäkologe ist ein Frauenarzt.“ „Und das wolltet ihr mir nicht sagen?“, schmollte er. „Weißt du warum?“ Anjaani vergrub das Gesicht hinter einem Kissen. Sie wollte seine Reaktion nicht sehen. Yuki ließ sich Zeit, um den Moment auszukosten. Inuyashas Ohren zuckten neugierig. „Er untersucht Frauen. Und besonders das weibliche Geschlechtsorgan. Er fasst all die verbotenen Regionen einer Frau an.“ Entsetzt zuckte der Hanyou zurück. Sprachlos blickte er von einem Drilling zum anderen. Doch alle Drei grinsten zufrieden und weideten sich an seinem angeekelten Gesichtsausdruck. Der Schock schien tiefer zu sitzen als erwartet, denn Inuyasha blieb den ganzen Abend über still und in sich gekehrt. „Ihr hättet es ihm nicht sagen sollen“, meinte Anjaani leise, als sich die Drillinge verabschiedeten. „Er soll es tragen wie ein Mann“, brummte Yami. „Komm, Aani-Schatz, warum willst du deine Rippen nicht mit unserer Energie heilen?“ „Ich habe gerade wirklich nicht die Kraft, euch die Energie zu nehmen, glaubt mir. Sonst hätte ich euch doch gefragt. Wir machen es Morgen früh. Sonst überlebe ich das Training nicht.“ Plötzlich erstarrte Yoko zu Eis, ihr Gesicht verlor alle Farbe. „Spinne“, ächzte sie. Dann erklang ein gewaltiges Gekreische, doch im nächsten Moment waren die Drillinge verschwunden. Wie der Blitz waren sie hinausgestürmt. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Inuyasha Anjaani an, die nur die Schultern zuckte. „Die drei fürchten sich vor Spinnen“, erklärte sie unnötigerweise. Dabei war es eine kleine, dünne Spinne, kaum 2 Zentimeter groß, die träge in einer Ecke hing. Sacht nahm Anjaani sie in die Hand und setzte sie auf dem Balkon aus. „Du fürchtest dich nicht davor?“, fragte er tonlos. „Sie ist klein. Außerdem habe ich vor Tieren keine Angst. Die Drillinge haben eine krankhafte Spinnenphobie, ich habe aber vor anderen Dingen Angst.“ „Vor der Dunkelheit“, murmelte er, setzte sich vor das Sofa und zückte die Fernbedienung. „Jetzt kennst du die Geheimwaffe gegen die Drillinge“, schmunzelte Anjaani, bekam von ihm aber keine Reaktion. Eine ganze Weile schauten sie schweigend Fern. Sie auf dem Sofa liegend, er vor ihr auf dem Boden kauernd. „Du, Anjaani“, unterbrach er leise die Stille. Er klang verstört. „Ja, was ist?“ „Ach nichts...“ „Saajan, du weißt, du kannst mir alles sagen.“ „Gehst du oft zu Dr. Takeda?“ „Du meinst zu ihm als Gynäkologen?“ Sie verbot sich das Lachen, denn dieses Thema war ihm anscheinend ernst. „Hör mal, Saajan“, begann sie sanft. „Ein Gynäkologe ist sehr wichtig. Frauen erkranken häufig an Dingen, die nur so ein Frauenarzt sieht und behandeln kann. Wenn man schwanger ist, geht man auch dort hin. Er weiß was im Körper einer Frau vorgeht und kann Krankheiten erkennen und beseitigen. Dank Frauenärzten sterben weniger Frauen an bestimmten weiblichen Krankheiten. Schwangerschaften sind einfacher und sicherer.“ Sie streckte die Hand nach seinem Ohr aus und kraulte es sanft, denn er sah sie nicht an. „In deiner Zeit war es verpönt, dass Frauen an dieser Körperstelle untersucht wurden, nicht wahr? Deshalb ist es für dich schwer nachzuvollziehen.“ Ein leichtes Schulterzucken bestätigte diesen Verdacht. „Dr. Takeda ist ein Arzt“, sagte er leise. „Und an Ärzten ist nichts schändlich. Der Gedanke war mir nur fremd.“ „... dass dich jemand dort berührt...0“ Er lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen. Zufrieden kraulte sie seine Ohren. „Anjaani“, murmelt er leise. „Wegen mir bist du verletzt worden.“ Der Schmerz schwang kaum hörbar in seiner Stimme mit. „Mach dir keine Vorwürfe“, bat sie. „Ich war einfach im Weg.“ Unerwartet ergriff er ihre Hand und lehnte sein Gesicht dagegen. Anjaanis Herz begann einen Takt schneller zu schlagen. „Du hast dich vor mich geworfen, warum?“ „Ich weiß es nicht“, gestand sie ehrlich. „Es war wie ein Reflex. Ich habe gar nicht nachgedacht. Du warst in Gefahr und alles geschah so schnell.“ „Du hättest sterben können.“ „Daran habe ich nicht gedacht. Und mein Leben war mir in dem Moment egal.“ Die Drillinge hatten ihm gesagt, dass Anjaani für diejenigen, die sie liebt, alles geben würde, auch ihr Leben. Und heute hatte sie es getan. Sie hätte ihr Leben für ihn gegeben. Ohne zu zögern hatte sie sich geopfert, gedankenlos, selbstlos, ohne Rücksicht auf sich selbst. Ein furchtbares Schuldgefühl ergriff ihn. Er verdiente das nicht. Er verdiente sie nicht. Ohne etwas dafür zu verlangen, gab sie ihm alles, auch ihr Leben. Was hatte er ihr zu bieten? Nichts, er konnte ihr rein gar nichts geben. Nicht einmal sein Herz. Und deswegen verdiente er sie nicht. „Saajan“, flüsterte sie zärtlich. „Mein Leben für deines. Immer und jederzeit.“ Da richtete er seine Augen auf sie. Sie glühten wie flüssiges Gold in der Dunkelheit. Seine warme Hand umfasste sacht ihr Gesicht. Er wollte etwas sagen, aber die Worte erstarben auf seinen Lippen, auf dem Weg zu ihr. Ihr Leben für seines. Immer und jederzeit... „Anjaani...“ Hosted by Animexx e.V. 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