Fleeting Memories von Mebell (Flüchtige Erinnerungen) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Das Porzellan zerschellte an der Wand direkt neben Belas Hand. Bela blieb stumm. Ein Splitter bohrte sich in seinen rechten Daumen und ein kleiner Bluttropfen quoll aus der Wunde. Bela blieb stumm. Farin wirkte fast wie ein Tier, schien langsam seine Kontrolle wieder zu gewinnen. Starrte entsetzt auf seine leere Hand und den Schlagzeuger, der immer noch an der Wand lehnte. „Was...?“ Bela blieb stumm. „Ich wollte das nicht, ich weiß doch selber nicht, was mit mir los ist seit einiger Zeit.“ Er starrte auf seinen Daumen und sah Farin lange an. Ein letztes Mal hob Bela seine Stimme: „Irgendetwas zerfrisst dich psychisch, tötet dich langsam. Mach etwas dagegen, bevor es zu spät ist. Wer gewinnt – Du oder dieses Fremde in dir?“ Ohne ein weiteres Wort zu verschwenden verließ er die Wohnung. Der Blonde blickte die Scherben an und sah sofort diesen einen Splitter, zitternd hob er ihn auf. Blutrot schimmerte die Spitze des ansonsten makellos weißem Überrest. All die Wut verwandelte sich in ein tiefes, schwarzes Meer. Erschöpft sank Farin die Wand hinab und schloss seine Hand fest um dieses winzige Stück Porzellan, dieses Stück Vertrautheit. Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- 188 Wörter sind doch ein bisschen wenig, daher hier das erste Kapitel zum Eindrücke sammeln :D Danke an meine Betaqueen, die mit ihrer unendlichen Geduld das Kapitel bereichert hat. Viel Spaß! ~~~ 11 Monate später Zaghaft klopfte Bela an die Haustür und starrte angespannt auf den Boden. Er war sich bewusst, dass sein zaghaftes, fast geräuschloses Klopfen niemals die Ohren des Hausbesitzers erreichen würde, doch er traute sich nicht einmal die Klingel zu betätigen. Irgendwann ließ er seine Hand sinken und bewegte sie langsam Richtung Türklingel. Der Schlagzeuger streckte seinen Zeigefinger aus und drückte für wenige Sekunden auf die Klingel. Er zuckte wie elektrisiert zurück und hörte das laute Schellen der Türglocke in seinen Ohren nachhallen. In Gedanken klammerte er sich daran, dass ihm die Tür eh nicht geöffnet wurde oder niemand zu Hause war. Nach einigen Minuten, die Bela wie Stunden vorkamen, wollte er sich gerade erleichtert umdrehen und schleunigst zu seinem Auto laufen, als die Tür auf schwang. Völlig perplex starrte Bela auf seinen Gegenüber und erstarrte in seiner Bewegung. Langsam blickte er auf und musterte Farin eingehend. Er hatte sich innerhalb der elf Monate verändert, aber auf positive Art und Weise. In seiner äußeren Erscheinung wirkte er ganz anders als bei ihrem letzten Zusammentreffen, obwohl sich eigentlich nichts verändert hatte: Ein typisch schwarzes T-Shirt, eine ausgebleichte Jeans und hochgegelte, frischblondierte Haare. Trotzdem schien er wie ausgewechselt: Die grün-braunen Augen strahlten, die muskulösen Oberarme zeigten einen Anflug von Sonnenbräune und er war völlig gelassen. Erst jetzt bemerkte der Schlagzeuger das Wesentliche an seiner Erscheinung: Über seiner Schulter hing eine Gitarre. Ein Sonnenstrahl traf sie und ließ den blank polierten, silbernen Totenkopf kurz aufblitzen. Es war seine Cyan, mit der er unzählige Konzerte gespielt hatte. Zum ersten Mal sah er jetzt direkt in Farins Augen. Sein Blick war undefinierbar, schien zwischen überrascht und wütend zu schwanken. Es dauerte nicht lange, bis Bela den Blick senkte. „Habe dich gerade nicht gehört, entschuldige.“ Die ersten Worte wirkten mehr als fremd auf den Schlagzeuger. Diese vertraute Stimme nach langer Zeit wieder zu hören war merkwürdig. Bela blinzelte kurz, weil ihn die Sonne blendete. Er wollte die undurchdringliche Stille durchbrechen, irgendetwas belangloses sagen. Doch ihm kam kein Wort über die Lippen, zu groß war die Angst etwas falsches auszusprechen. Er war mehr als froh, als der Blonde die Initiative ergriff: Er trat ein Stück zur Seite und machte eine einladende Handbewegung. Erneut zaghaft trat Bela ein und sah sich um: Es hatte sich auch hier nichts verändert, deshalb lief er durch den Flur, hing seine Jacke an die Garderobe und ging zielstrebig ins Wohnzimmer. Unschlüssig stand er in der Mitte des Raumes und verschränkte die Finger. Der Schlagzeuger zuckte zusammen, da Farin plötzlich hinter ihn getreten war. „Was willst du?“ Was wollte er hier? Das wusste Bela selber nicht. Er wusste nicht, warum er Elf Monate lang kein einziges Lebenszeichen von sich gegeben hatte und jetzt einfach wieder vor der Tür stand. Warum hatte er nicht einfach weiterhin seinen ehemals besten Freund ignoriert und sein Leben einfach weitergelebt, ohne dass sich ihre Wege je wieder kreuzten? Verunsichert sah der Kleinere auf und wollte weiter über seine Antwort nachdenken, als der Blonde ihn abrupt aus seinen Gedanken riss: „Meinst du, alles ist jetzt wieder wie früher, nur ohne die Band? Meinst du ehrlich, dass du nach fast einem Jahr ohne irgendwelchen Kontakt einfach so locker flockig vor meiner Tür stehen kannst?“ In seiner Stimme schwang beißende Ironie mit. Der Schlagzeuger seufzte: „So naiv bin ich nun auch nicht. Es gibt Tage, da steht man auf und weiß, dass man etwas bestimmtes einfach tun muss. Ich kann es nicht erklären. Heute war so ein Tag. Weißt du eigentlich, dass mir viel an dir liegt?“ Zufrieden stellte er fest, dass seine Worte Farin zum Nachdenken anregten. Sie standen sich einfach nur lauernd Gegenüber, verfolgten jede Bewegung des Anderen und warteten auf eine Reaktion. „Ich habe nichts davon gemerkt, wie viel dir an mir liegt. Wahre Freunde erkennt man in der Not.“, durchbrach nach einer Weile Farin die unsichtbare Mauer. Damit hatte er Belas wunden Punkt erfolgreich getroffen: Als der Blonde völlig ausgebrannt und am Ende war, hatte er ihn einfach verlassen und alleine stehen lassen. Der Schlagzeuger war sich dessen bewusst und konterte daher lieber mit einem direkten persönlichen Angriff. Falls einem die Argumente ausgingen, war das immer noch der beste Weg. „Fand ich auch wirklich reizend, dass du mit Tellern um dich geschmissen hast. Hätte ich die ganze Zeit händchenhaltend bei dir sein sollen? Das konntest nur du alleine für dich schaffen, ich habe dich ganz bewusst im Stich gelassen. Hast du es überhaupt geschafft?“, zischte Bela bissig mit stetig steigernder Lautstärke. Als er heute morgen aufgewacht war, hatte er sich eine Aussprache erhofft. Doch das Ganze glich mehr einem Wortgefecht, in dem es nur darum ging den Gegenüber mundtot zu machen. Gerade als der Blonde irgendetwas erwidern wollte, sprach der Ältere seine Gedanken einfach aus: „Weißt du, ich habe mir eine Aussprache erhofft. Keinen sinnlosen Streit“ Sollte es einen Gewinner in diesem Duell gegeben haben, dann war es Bela. Die ersten wirklich ehrlichen Worte trafen ganz genau ins Schwarze. Langsam sank Farin auf das kleine Sofa und bedeutet dem Kleineren sich auch endlich zu setzen. „Es ist viel passiert...“, Farins Stimme klang so anders, rau und müde. „An dem Tag... Da wurde mir einiges klar. Ich habe gemerkt, dass vieles einfach komplett schief gelaufen ist. Ich war sogar beim Seelenklempner.“, leise lachte er auf. Überrascht hob der Schlagzeuger eine Augenbraue: Farin nahm so gut wie nie fremde Hilfe an. In seinem Kopf war die Vorstellung von dem Gitarristen beim Psychologen sehr grotesk. „Hat aber eh nichts gebracht, am Ende hat mir nur eins geholfen “, er sah mit zärtlichem Gesichtsausdruck zur Wand. Bela drehte sich um und folgte dem Blick des Blonden: An der Wand lehnte die Cyan. „Musik...“, murmelte der Kleinere leise. „Was sonst? In zwei Wochen erscheint das neue Album mit dem Racing Team, bald geht es endlich wieder auf Tour.“, seufzte Farin verträumt. Das hatte Bela schon immer fasziniert: Jans bedingungslose Leidenschaft zur Musik. Ohne Musik würde der Blonde sterben seiner Meinung nach. So absurd es klang. „Und du?“ Der Schlagzeuger seufzte erneut: Und er? Er hatte nichts getan, hatte sich die meiste Zeit doch nur faul in seiner Wohnung verkrochen. Er war einfach kein Arbeitstier wie Farin. „Nichts besonderes.“, sagte er daher nur knapp. Dieses Mal zog der Blonde eine Augenbraue nach oben, sagte aber nichts. Farin betrachtete eine Weile eingehend seine Finger und sagte leise: „Wie soll es jetzt weitergehen?“ Dem Älteren verschlug es wie so oft heute die Sprache. Konnte etwas weitergehen, das nie begonnen hatte? Wenn es noch so etwas wie Vertrauen gab, dann war dies dünner als ein fein geflochtenes Drahtseil. Belas Ansicht nach war das Seil aber schon lange in der Mitte zerrissen. Und auf Vertrauen basierte schließlich eine Freundschaft. Vielleicht war der Schlagzeuger doch naiv gewesen: Einfach wieder in Farins Leben aufzutauchen und somit beide wieder vor neue Probleme zu stellen, war keine brillante Idee gewesen. Wie ein lästiger Parasit kam er sich jetzt vor. „Jan, ich habe es dir gerade doch gesagt,verdammt: Ich kann dich nicht einfach wortlos aus meinem Leben streichen. Du gehörst halt dazu. Aktuell kann ich nicht mir dir, aber auch nicht ohne dich Leben.“, wenige Sekunden später runzelte Bela die Stirn, weil seine Aussage ein einziger Widerspruch in sich war. „Ich würde dich niemals wortlos aus meinem Leben streichen“ Der Schlagzeuger biss sich auf die Unterlippe: Der Blonde war ein Meister der Rhetorik. Auch in dieser kurzen Aussage war mehr enthalten, als man auf Anhieb bemerkte. Er wollte ihn nicht wortlos aus seinem Leben streichen, aber er hatte mit keinem Wort erwähnt, dass er den Schlagzeuger nie aus seinem Leben streichen würde. Vielleicht setzte er Bela nach dieser Aussprache einfach vor die Tür und sagte Lebewohl. Der Magen des Kleineren verkrampfte sich, als er darüber nachdachte. Er bemerkte, dass ihm mehr an seinem Freund lag, als er gedacht hatte. Entweder griff er jetzt ein,oder es war für immer zu spät. „Jan, verdammt. Ich will eine zweite Chance, wahrscheinlich hatte ich zwar schon zu viele, aber ich will dich nicht für immer verlieren. Keine Ahnung, ob du mir je wieder vertrauen kannst. Vielleicht bin ich nur noch ein beschissener Fleck in deinem Gedächtnis.“ Belas Worte waren klar und ehrlich. „Du hattest genug.“ Diese drei Wörter zerfetzten innerhalb von einem Bruchteil einer Sekunde die Illusion von einem Neuanfang. Unfähig irgendetwas zu sagen oder zu tun saß der Schlagzeuger nur da und zählte in Gedanken die Sekunden, die verstrichen. „Trotzdem bekommst du sie. Wahrscheinlich bin ich auch zu großherzig und naiv für diese Welt.“ Der Blonde stand auf und setzte sich neben den Älteren. Tief sah er in die grünen Augen, als suchte er etwas ganz bestimmtes. Stumm hielt er dem musternden Blick stand, bis ihn Farin plötzlich umarmte. Er verharrte einige Sekunden und flüsterte einen einzigen Satz: „Wir beginnen wieder bei Null.“ Bela hätte gerne ein gutes Gefühl gehabt, doch er war nicht mal wirklich glücklich. Die Umarmung fühlte sich kalt und fremd an, ohne Vertrauen oder ehrliche Zuneigung. Für den Moment sperrte er die düsteren Gedanken in die hinteren Ecken seines Bewusstseins und nickte nur. Vorsichtig löste er die Umarmung und sah aus dem Fenster. Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Ich bin wieder daaaaha. Oder so. Mein Kreatief wird gerade mit allen Mitteln der Kunst verscheucht, also hier das Erste Ergebniss *g* Ähm.. Ja ich mag Katzen *lach* Viel Spaß! ~~~ Draußen dämmerte es langsam und ein feiner Nieselregen benetzte die Umgebung. Gedankenversunken starrte Bela auf die kleine Straße, beobachtete eine rötlich-gestreifte Katze, die schnell über die Fahrbahn huschte und sich dann ihre nassen Vorderpfoten leckte. Das Tier war ausgesprochen hübsch und hatte eine interessante Fellzeichnung. „Seit wann bist du so ein Katzenliebhaber?“, wurde er von Farin aus seinen Gedanken gerissen. Er wandte sich schnell von der Straße ab und sah wieder den Blonden an. „Katzen sind irgendwie faszinierend. So verschlossen, geheimnisvoll, haben ihre ganz eigene Persönlichkeit und man weiß nie, was sie als nächstes tun“, philosophierte der Schlagzeuger vor sich hin. „Also so wie du“, grinste Farin. Er musste lächeln: In gewisser Weise hatte Farin Recht. Der Ältere antwortete: „Wenn ich wieder geboren werde, bin ich ein fetter schwarzer Kater, der nichts tut außer essen und schlafen.“ „Du bist zwar kein fetter schwarzer Kater, aber der Rest stimmt doch. Essen und Schlafen.“, Farin grinste und amüsierte sich am verdutzen Blick Belas. „Jan... Du...“, auch der Schlagzeuger grinste, wusste aber nicht so recht, was er antworten sollte. Er war verwirrt, da die Stimmung von unterkühlt plötzlich komplett umgeschlagen war: Es wirkte auf ihn alles so vertraut, genau wie früher. Und das nur wegen einer kleinen Katze, die sich die Pfoten putzte. Bela musste kurz auflachen, die Situation war so absurd und bizarr. „Jetzt fällt dir wieder nix ein, was Felse?“ Der Blonde grinste weiter und bemerkte überrascht, dass er unterbewusst Belas alten Spitznamen benutzt hatte. Auch der Angesprochene hob ebenso überrascht eine Augenbraue und schmunzelte. „Ähm...Wo waren wir? Genau, du bist halt verdammt faul.“ „Nimm das sofort zurück.“ „Nö, ist ja schließlich die Wahrheit. Wer hat früher immer am meisten in der Band geackert?“, stichelte er ihn weiter. Der Schlagzeuger wusste nicht warum, doch er stand spontan auf und schnappte sich die Handgelenke des Blonden, um sich spielerisch mit ihm zu rangeln. Nach einigen Sekunden sah ihn der Gitarrist entgeistert an und starrte auf die beiden Hände, die ihn fest im Griff hatten. Ein breites Grinsen huschte über Farins Lippen und ruckartig riss er sich los. Bela wusste sofort dies zu unterbinden und schmiss sich einfach mit seinem vollen Körpergewicht auf den Größeren und krallte sich erneut dessen Handgelenke. Der Unterliegende keuchte überrascht auf und hatte nun endgültig keine Bewegungsfreiheit mehr, der Ältere drückte unerbittlich seine Hände in das Polster und näherte sich jetzt seinem Gesicht bis auf wenige Zentimeter. Für einige Sekunden musste er die Augen schließen, die Nähe und der vertraute Geruch seines Freundes waren so ungewohnt, aber doch so ersehnt. „Wer hat gewonnen?“, flüsterte Bela. „Fett bist du trotzdem. Wie ich gerade merke.“ Gespielt beleidigt drehte der Schlagzeuger seinen Kopf zur Seite, ließ Farin aber für keine Sekunde los. „Felse, du bist so bescheuert“, lachte der Gitarrist. Farin startete wieder einen Ausbruchsversuch aus dem Klammergriff und der Kleinere wehrte jegliche Versuche voller Elan ab. Plötzlich sah er eine ganze Weile auf seine Hände, die die des Blonden fest umfassten, die leichten Schweißtropfen auf Farins Stirn und das so typische Grinsen. Genau wie vor wenigen Minuten überkam ihn die Situation erneut, ein ungeheurer Flashback. Langsam löste er seine Finger und stieg bedächtig von seinem Opfer. Dieses hatte mit allem, nur nicht damit gerechnet und sah ihn fragend an: „Jetzt gibt er auf, wo es gerade spannend wurde!“ „Farin...Jan...Ich...“ Bela schaffte es nicht mal die passende Anrede für den Blonden zu finden und stand jetzt selber leicht verschwitzt vor ihm. „Sorry, es überkam mich vorhin so. Ich geh jetzt besser, ist eh schon viel zu spät.“ Der Schlagzeuger musste die emotionale Welle erst einmal verarbeiten und das konnte er sicherlich nicht in Farins Nähe. Manchmal könnte er sich selber für seine Spontanaktionen ohrfeigen. Er wusste nicht, warum plötzlich alles so über ihn hereingebrochen war. Nein, nicht nur über ihn. Auch der Blonde hatte sich innerhalb von Sekunden zu der Person verwandelt, die er Jan nannte und sein bester Freund war. „Dirk?“, sagte Farin leise zu seinem Gegenüber, der sich während seiner wirren Gedankengänge hastig seinen Mantel anzog. Er erstarrte in seiner Bewegung: Zum ersten Mal seit ihrem kompletten Gespräch hatte der Gitarrist ihn mit seinem bürgerlichen Namen angesprochen. „Jan?“ „Kommst du... morgen so um 18 Uhr zu mir ins Studio? Da sind die Proben mit dem Racing Team ungefähr vorbei und ich will dir noch ein bisschen was zeigen, falls du Lust hast“, druckste er herum. Bela bemerkte sofort, dass der Blonde Angst hatte. Angst, dass der Kontakt wieder einfach so abbrach. Der leise mitschwingende, ängstliche Unterton blieb ihm schließlich nicht verborgen. Einerseits verwirrte es ihn ungemein, andererseits war der Schlagzeuger unsagbar froh: Farin lag etwas an dieser Freundschaft, so wirr und durcheinander die Situation auch war. Trotzdem wollte schon wieder kein Laut über seine Lippen gleiten. Nervös fixierte ihn sein Gegenüber und wartet auf eine Antwort. „Klar“, kam es dann ganz trocken. Dieses kleine Wort hatte ihn unglaubliche Überwindung gekostet. Eigentlich war da viel mehr, was er ihm sagen wollte. Alles was er gedacht hatte, alles was ihn im Moment so verwirrte. Doch der Ältere war schlichtweg zu feige und nickte nur noch einmal um endlich das Haus zu verlassen und mit seinem inneren Chaos alleine zu sein. Jedoch wurde auch dieser Plan von dem Blonden vereitelt: Er spürte die warme Hand auf seiner Schulter, die ihn sanft ein letztes Mal umdrehte. Kurz und flüchtig wurde er umarmt, doch im Gegensatz zu vorhin ging selbst in diesen Sekundenbruchteilen viel mehr in Bela vor. Auch Farin merkte man an, wie sehr er die flüchtige Geste genoss. „Bis morgen“, sagte er nur noch leise und schloss eilig die Tür. Die kalte Abendluft wirkte beruhigend und strahlte etwas friedliches aus. Er fühlte sich fast, als hätte er Drogen zu sich genommen. Der Schlagzeuger war verwirrt und musste sein ganzes Gefühlschaos weiter verdauen. Wie zur Hölle war er nur wieder so von einem Extrem ins Nächste gerutscht? Erst diese Emotionale Kälte, dann dieses Gefühlschaos und die ganzen verdammten Erinnerungen. Bela musste sich eingestehen, wie sehr er an Farin hing. Aber das beruhte sicherlich auf Gegenseitigkeit. Fast an seinem Auto angekommen hörte er ein penetrantes Maunzen und drehte sich daher um. In einem Vorgarten hockte die rötlich-gestreifte Katze. Er warf ihr einen bösen Blick zu: „Alles deine Schuld.“ Das Tier miaute laut und drehte ihm demonstrativ den Rücken zu. Wenige Sekunden später war sie wieder davongehuscht. „Jaja,verpiss dich ruhig.“ Seufzend entriegelte Bela sein Auto: Jetzt beschimpfte er schon Katzen. Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Blockade durchbrochen! Und mal ein bisschen mit der Perspektive gespielt, lest selbst :) Viel Spaß! ~~~ Nachdem Bela dezent einige schon gelbe Ampeln ignorierte, erreichte er seine Wohnung und schloss leise seufzend auf. Er erkannte alle Konturen zwar nur noch schemenhaft, trotzdem ließ der Schlagzeuger das Licht aus und warf seine Jacke achtlos in die Ecke, in der er die Garderobe vermutete. Kurz fuhr er sich durch die vom Regen leicht feuchten Haare und schlurfte ins Wohnzimmer, um es sich auf der Couch bequem zu machen. Jedoch hatte Bela nicht seinen Hang zum Chaos bedacht: Das Sofa war voll mit Zeitschriften, Cds, losen Blättern und anderem Krimskrams. Seufzend versuchte er mit seiner bewährten Methode Platz zu schaffen: Schnell baute er Türmchen aus dem Angesammelten, ließ es aber lieber bleiben, bevor der erste Turm komplett einstürzte. Stattdessen begab er sich in sein Schlafzimmer und schmiss sich auf sein Bett. Immer noch kreisten seine Gedanken nur um diese eine Person. Ihm war nicht wohl bei dem Gedanken, ihn morgen schon wieder sehen zu müssen. Müssen.. Am liebsten hätte er feige wieder den Kontakt abgebrochen, doch der Schlagzeuger wusste nicht mal wieso. Es war doch da gewesen, dieses zarte Stück Vertrautheit. Ihre kleine Spaßprügelei hatte etwas Befreiendes. Bela schloss die Augen, dachte, dass eh nur Farin in seinem Kopf kreiste. Doch nach wenigen Minuten war er unterbewusst eingeschlafen, erschöpft von dem Tag und den Ereignissen. Für verworrene Gedankengänge hatte sein Körper wohl nichts mehr übrig. Farin sank ebenso erschöpft in das Polster seines Sofas. Er betrachtete seine Hand und fühlte dort noch immer die Hände des Schlagzeugers, die sanften Druck ausübten. Bela hatte ihn verwirrt, ihn nachdenklich gemacht, ob er nicht einfach zu dem Älteren hätte gehen sollen. Doch innerlich brodelte er vor Freude, seinen Freund wieder zu haben. Hatte er ihn überhaupt wieder gewonnen? Der Blonde schloss die Augen für einige Sekunden. Es war ihm egal, wie es weiterging. Hauptsache mit Bela. Er brauchte ihn, er war ein Stück seines Lebens, vielleicht sogar ein Teil seiner Seele. Völlig verspannt wachte Bela wieder auf. Ächzend warf er einen Blick auf den Wecker: Halb Vier in der Früh. Er seufzte, jetzt war er hellwach und es würden noch viele Stunden verstreichen bis zu ihrem Treffen. Der Schlagzeuger wälzte sich schwerfällig aus dem Bett und genoss erstmal eine lauwarme bis kalte Dusche. Danach suchte er sich neue Klamotten und setzte sich in die Küche. Mittlerweile war es halb fünf, gerade einmal eine Stunde war vergangen. Spontan schlug er mit der Faust auf den alten Eichentisch und fluchte ein leises: „Verdammt!“ Gestern hatte Bela sich noch vor einem Wiedersehen regelrecht gefürchtete, es als hässliche Pflicht angesehen, doch jetzt gierte er nach dem Blonden. Er verstand sich selber nicht mehr, seufzte erneut. Irgendwann ließ er seinen Kopf auf die Tischplatte sinken und nickte schon wieder ein. Bela litt unter akutem Schlafmangel, viele Nächte hatte er wenig bis gar nicht geschlafen. Sein Biorhythmus war ein menschliches Wunder und rächte sich jetzt heimtückisch. Völlig ausgelaugt wachte er mit schmerzendem Nacken um Acht wieder auf, durch das durchdringende Piepsen seines Handys. Murrend tastete auf der dem Tisch nach dem Gerät und las mit einem Auge die SMS: „Ach ja, wir sind in unserm anderen Proberaum, da gerade renoviert wird. Ich werde mich jetzt auf den Weg machen, Arbeit ruft! J.“ Entnervt ließ Bela den Kopf wieder auf die Tischplatte fallen: Der andere Proberaum war ein hässlicher alter Bunker am Ende der Stadt. Hatte er wirklich „Arbeit ruft!“ gelesen? Er musste schmunzeln, Farin war einfach ein unglaubliches Arbeitstier. Obwohl ihm jeder Muskel weh tat, frühstückte er kurz und erledigte alle liegengebliebenen Arbeiten, von Aufräumen bis Briefe zur Post bringen. Der Schlagzeuger wollte Ablenkung und bekam diese auch im vollen Maß. Überrascht stellte er so fest, dass es schon halb fünf war und endlich auch alles erledigt. Jetzt musste Bela auch schnell los, der Proberaum lag völlig abgelegen und gut anderthalb Autostunden entfernt. Er schnappte sich seine Autoschlüssel und machte sich auf den Weg. Um kurz nach Sechs erreichte er endlich die Proberäume. Schon aus der Ferne erkannte er den Gitarristen, der auf ihn wartete. Grinsend ging Farin auf Bela zu, ein plötzliches Hochgefühl machte sich in ihm breit. Er wusste nicht wieso, hinterfragte seine Gefühle aber einfach nicht weiter und drückte den Kleineren. Stöhnend wand sich dieser aus der kräftigen Umarmung. „Du willst mich umbringen...“ „Ja, auch schön dich zu sehen Bela.“, erwiderte der Blonde mit leichter Ironie. Bela sah hinter Farin auf die schwere Tür und seufzte: „Das ist also euer entzückender Proberaum?“ „Mecker nicht, immer noch besser als nix. Gehen wir rein?“ Statt zu Antworten zog der Ältere die schwere Tür auf und ließ dem Gitarristen den Vortritt. Farin verweilte jedoch einige Zeit an Ort und Stelle. Er fragte sich, wieso er jetzt genau in diesem Augenblick so glücklich war. Die Antwort hatte vier Buchstaben, fing mit „B“ an und endete mit „ela“. Ungeduldig trommelte dieser mit seinen Fingern auf der Türe herum und holte so Farin aus seinen Gedanken. Schnell durchquerte er den Eingang und hörte, wie die Tür scheppernd ins Schloss fiel. Bela musterte die Umgebung und stellte fest: Sie war wirklich hässlich. Ein langer Gang mit vielen Türen an jeder Seite führte in das Herz der Räumlichkeiten. Grelles Neonlicht beleuchtet den hässlichen Betonboden und die alten Stahltüren. Der Putz bröckelte, doch wirkte alles relativ gepflegt und sauber. Keine Spinnen die in den Ecken lungerten oder ähnliches. Immerhin. Ein kühler Luftzug strich durch das alte Gemäuer, merkwürdige Gerüche lagen in der Luft. Der Schlagzeuger wollte nicht wissen, wo diese ihren Ursprung hatten. Er rechnete schon an der nächsten Ecke mit Leichen oder wenigstens einem irren Serienkiller. Stattdessen stieß Farin eine Tür zu ihrer Rechten auf und als er die Einrichtung des kleinen Raumes sah, musste der Schlagzeuger lauthals loslachen. In dem kargen Raum befanden sich nur ein kleiner Beistelltisch und eine weiße Plastikbank, wie sie oft in Gärten standen. Der Blonde lachte auch kurz auf : „Sorry. Ist halt alles provisorisch. Setz dich.“ „Das Ding hält mich eh nie aus“ Vorsichtig ließ er sich auf der Bank nieder, die glücklicherweise nicht mal knackte. Farin nahm zwei Gläser von dem Beistelltisch und holte eine Wasserflasche aus einem Kasten, der in der hintersten Ecke des Raumes verstaut war. Er füllte die Gläser und reichte seinem Gegenüber das erste Wasserglas, danach setzte er sich auch auf die Bank. „Farin, was zur Hölle... Lass das, gleich bricht sie ein.“ Mit „sie“ war die weiße Plastikbank gemeint, die bedrohlich knarrte, als der 1,94 Hüne sich auch noch auf ihr niederließ. „Ach, das ist deutsche Qualitätsarbeit.“ „Bestimmt, ich erinner dich dran, wenn wir auf dem Boden liegen.“ Farin lachte und erwiderte: „Mach du dich jetzt nicht so fett hier.“ Tatsächlich bot die Bank nicht wirklich für zwei ausgewachsene Männer Platz, was dem Blonden aber herzlich egal war. Er quetschte sich einfach neben Bela und ignorierte das Gemecker. Der Schlagzeuger beobachtete,wie Farin ein paar große Schlucke aus seinem Glas nahm. Einige Tropfen verirrten sich und rannen die Mundwinkel des Gitarristen hinunter. Bela verfolgte jeden mit seinem Blick und sah fasziniert auf seinen Freund. „Was guckst du so?“ „Äh,nichts, ich war irgendwie abgelenkt.“ Hastig stellte er sein noch volles Glas auf den Tisch, das Wasser schwappte über und er wischte sich seine nasse Hand an seinem Hemd trocken. Der Ältere zuckte erschrocken zusammen, als er einen Blick nach links warf. Er hatte seine andere Hand auf seinem Oberschenkel abgelegt. Farin auch. Die warme Hand ruhte bewegungslos auf seiner, übte keinen Druck aus. „Was...?“, weiter kam Bela nicht, der Blonde schüttelte nur lächelnd seinen Kopf und so verstummte der Schlagzeuger. Er wusste nicht, wieso er sich so nach der Nähe des Kleineren sehnte. Jetzt, wo er seine Hand sanft auf Belas abgelegt hatte, fühlte Farin sich merkwürdig zufrieden. Die Körperwärme und die weiche Haut unter seinen Fingern zu spüren war ungemein beruhigend. Natürlich bemerkte er, wie sehr sein Gegenüber mit der Situation überfordert war. Das war ihm in diesem Moment egal, sein Verlangen nach Nähe nahm nun mal keine Rücksicht. Schockiert registrierte Bela, wie sein Puls raste und ihm zusehends wärmer wurde. Er stand völlig unter Strom, war komplett überfordert. Doch er wollte seine Hand nicht von Farins reißen, wollte weiter diesen Adrenalinkick genießen. Wahrscheinlich war das alles ein großer Fehler, doch das war ihm Moment egal, die Zeit schien still zu stehen. Es gab kein Gestern und kein Morgen. Es gab nur Farin und ihn. Während seine Gedanken sich im Kopf überschlugen, hatte er sich unbewusst immer mehr dem Blonden genähert. Er war nur noch wenige Zentimeter von seiner Schulter entfernt. Ohne weiter nachzudenken, legte er seinen Kopf auf die kräftige Schulter. Jetzt war es Farin, der mit der Situation überfordert war. Bela erwiderte seine Zuneigung, er spürte den Atem seines Gegenüber, der nur noch stoßweise ging. Verdammt, was ging hier vor? Sie hatten nur wenige Sätze gewechselt und schon klebten ihre Körper aneinander. „Unglaublich romantisch hier, nicht?“, zerschnitt Belas Stimme die bizarre Situation. Er wand seinen Kopf und sah den Jüngeren an. „Hm“, mehr brachte dieser nicht hervor. Selbst das kalte und hässliche Neonlicht entstellte Farin nicht. Seine Gesichtszüge waren so ebenmäßig, so perfekt. Die leicht rauen Lippen, die strahlenden Augen und der zarte Schweißfilm auf seiner Haut lähmten Belas Verstand. Irgendwo ganz hinten in seinen Gedanken wurde ihm gesagt, dass vor ihm ein Mann saß. Der Schlagzeuger ignorierte diese Erinnerung. „Weißt du, dass es gerade nichts schöneres gibt, als hier neben dir zu sitzen?“, brachte der Blonde endlich hervor. Er sprach aus, was ihm durch den Kopf ging. Sein Gegenüber fand keine passenden Worte, starrte ihn einfach weiter an. Ihre Gesichter waren sich so nah wie nie. Erneut schlug ihm Belas Atem entgegen, der eine ganz eigene, atemraubende Duftnote besaß. Dieser Duft war so seltsam vertraut, benebelte seine Sinne. Sie kamen sich noch näher, er konnte jede einzelne Unebenheit in den Lippen des Schlagzeugers erkennen. Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Jaja, die bösen Cliffhänger *g* Weiter gehts, ich wünsche viel Vergnügen. Danke an alle Kommentarschreiber/innen :D ~~~ In wenigen Sekunden würde Farin die rauen, aber doch sanft wirkenden Lippen auf seinen spüren, gefangen in einem atemlosen Kuss. Die Vorstellung raste durch seine Gedanken, lähmte den Blonden wie ein schleichendes Gift. Sein Verstand wurde von der Lust langsam aber sicher verschleiert, er würde gleich den letzten Schritt gehen. Irgendwo in diesem undurchdringlichen Vorhang war aber doch das rettende Loch, Farins Gedanken wurden berechnend und präzise. Doch sein Herz schrie, brüllte den Verstand regelrecht in den Boden und setzte sich mit aller Macht in dem Kampf durch. Es waren nur wenige Millimeter, doch seine Lippen näherten sich unaufhaltsam wie in Zeitlupe. Bela schluckte, ihm war egal, was jetzt passierte. Sein Verstand war ein verkümmertes mickriges Wesen, das mit einem kurzen Schrei in die Flucht getrieben worden war. Die leicht rissigen, rauen Lippen seines Gegenüber lauerten weiterhin, tasteten sich noch ein wenig näher an ihn heran. Wahrscheinlich vergingen doch nur Sekunden, aber in den Gedanken stand die Zeit still. Er würde jetzt den entscheidenden Impuls geben, es war nur eine winzige Bewegung. Doch ging es dem Schlagzeuger im Endeffekt nicht anders als dem Gitarristen, gelähmt und geblendet durch den Moment. Er würde handeln, diesen Augenblick ausnutzen und alles andere außer dem Blonden ausblenden. Sein Verstand war endgültig kläglich gestorben, mit einer einzigen fließenden Bewegung bewegte Bela sich nach vorne um endlich die ersehnten Lippen zu spüren. Doch das Wörtchen „würde“ stand immer noch im Raum und holte Beide in die kalte Realität zurück. Während Belas impulsiver Initiative hatte Farin seinen Kopf ruckartig gewendet und starrte nun auf die leicht schäbige Wand. Vorbei war der Augenblick, der wie die Ewigkeit wirkte, der Kampf zwischen Herz und Verstand. In dem Kopf des Blonden lebte dieser weiterhin, immer wieder sah er die gleiche Szene, wie in einer Endlosschleife, über die er keine Kontrolle hatte. Er schloss kurz die Augen, hörte seinen eigenen fast keuchenden Atem. Plötzlich spürte Farin erneut eine sanfte, zaghafte Berührung auf seiner mittlerweile schon leicht schwitzenden Haut. Er musste eingreifen, da er gerade die Kontrolle über sich selber und die Situation verlor. Der Reiz, etwas dummes zu tun, war kaum mehr zu unterbinden, es gab nur diese Momentaufnahme, die alles einnehmende Gegenwart. Konsequenzen existierten nicht in ihrem Denken, doch Farin kämpfte gegen sich selber, spürte wie die Hand sich fest um seine schloss und mit dieser Geste jeden klaren Gedanken zu erwürgen schien. Eine einzige, bestimmte Handbewegung ließ die Momentaufnahme zerbrechen: Der Blonde schob Belas Hand von seiner und sah ihn durchdringend an. Der Ältere hatte nicht mehr nachgedacht, die verstrichene Zeit war wie in einer Trance an ihm vorübergehuscht. Als er nicht mehr die warme Haut unter sich spürte, erwachte er und fiel hart auf den Boden der Wirklichkeit. „Scheiße, Bela hör auf!“ „Verdammt, ich habe nichts gemacht.“ Der fast abfällige Blick auf seine Hand entging ihm nicht und er verstummte sofort. An ihm vorbei bohrten sich jetzt die Blicke des Gitarristen in die Wand, während er leise sagte: „Wir hätten uns fast geküsst.“ Farin Urlaub war ein Freund der klaren Worte, zum Leidwesen von Bela beschönigte er nichts. Genau wie jetzt. Sein kühles, rationales Denken verlor er eigentlich nie, handelte immer mit Berechnung und wählte stets die vernünftigste Möglichkeit. Bela bewunderte ihn so sehr dafür, er selber war das komplette Gegenteil dieser Person, voreilig und immer mehr von seinem Bauchgefühl eingenommen. Manchmal hatte er sich gefragt ob sie den jeweils anderen nicht widerspiegeln – spiegelverkehrt. Auf die Aussage seines Gegenüber ging er einfach nicht ein, was hätte er auch antworten sollen. „Warum?“, bohrte Farin rücksichtslos nach. Weiterhin blieb der Schlagzeuger stumm, biss sich auf seine Unterlippe und starrte auf seine Hände. „Antworte.“ „Vielleicht ist da was anderes als Freundschaft.“, kam danach unvermittelt die Antwort des Älteren. Damit hatte der Blonde nicht gerechnet und musste hörbar einatmen: „Du liebst mich.“ Es war keine Frage, sondern eine Erkenntnis. „Nein... Ich weiß es doch selber nicht mehr!“, sagte er leise, aber bestimmt. Bela griff nach der Hand des Gitarristen, ließ keinen Widerstand zu und näherte sich erneut seinem Gesicht bis auf wenige Zentimeter. Er war darauf aus, Farin zu quälen, ihm seiner Selbstbeherrschung zu entziehen und seine Fassade kippen zu lassen. Langsam baute sich ein Machtkampf auf, das alte Konkurrenzgehabe. „Fass mich nicht an“ Kühl und immer noch gefasst kam die Antwort auf sein Spiel. Er überging den drohenden Unterton und antwortet eben so kühl: „Wie siehts bei dir aus?“ „Womit?“ Kurz lachte Bela auf : „Hör auf, vom Thema abzulenken.“ „Ich bin nicht schwul.“ Er betonte das letzte Wort übertrieben. Der Schlagzeuger krallte sich fester in das Handgelenk seines Opfers und näherte sich ihm erneut. Er fragte sich, warum er gerade so berechnend und präzise war. „Hör jetzt auf mit dem triebgesteuerten Scheiß!“, zischte Farin. „Nö.“ „Was denkst du dir dabei? Mich für einige Monate vergessen und dann über mich herfallen.“, damit hatte er den entscheidenden Schlag unter die Gürtellinie gesetzt. Ein Volltreffer ins Schwarze. „Wärst du nur nie vor meiner Tür aufgetaucht...“ Unbemerkt ballte der Ältere die Hand zur Faust, die Wut staute sich bedrohlich in ihm auf. Die Worte des Blonden hatten gesessen und getroffen, ihn verletzt. „Weißt du, wie viel Überwindung mich das alles gekostet hat?“, sagte er leise und noch völlig gelassen. „Ich scheiß auf deine Überwindung.“, kam prompt der Gegenschlag des Gitarristen. Farin hatte die Kontrolle verloren, die Argumente waren ihm ausgegangen und jetzt wurde er persönlich. Mit Erfolg. Ein wahrlich schäbiger Erfolg, wie er sehr gut wusste. Doch sein Schweinehund genoss den Machtkampf, das Gefühl des überlegen sein. Die schwitzigen Hände seines Gegenüber sowie seinen heißen Atem spürte er immer noch. Bela lächelte nur kalt zur Antwort und machte ihn damit rasend. Warum funktionierte er nicht wie immer? Warum verlor er jetzt nicht die Kontrolle? Warum zur Hölle rastete er nicht aus? So viel konnte sich in elf Monaten nicht verändert haben. Ein Blick auf seine andere Hand zeigte ihm, dass diese zur Faust geballt war. „Schlag mich ruhig.“ „Jan, was du hier abziehst ist so armselig. Zu feige um mit Gefühlen umgehen zu können.“ Mit diesen Worten löste er den festen Griff um die Hand des Gitarristen und stand auf. Überrascht blinzelte Farin kurz, aufgrund der fehlenden Präsenz vor ihm. Bela war gerade eben durch den Spiegel getreten und hatte die Seiten gewechselt, der Sieger stand fest. Ohne ein weiteres Wort zu verschwenden stand er auf und verschwand mit zügigen Schritten aus dem Raum. Scheppernd fiel die Tür wieder ins Schloss und der Blonde zuckte merklich zusammen. Der Stolz und sein Hochmut waren verschwunden und hinterließen gähnende Leere. Es war doch so klar gewesen, dass er sich jetzt regelrecht schämte. Seinen Freund verärgert und verletzt zu haben war nichts, worauf man stolz sein konnte. Der Gitarrist musste sich schmerzlich eingestehen, dass die Chemie zwischen ihnen nicht mehr stimme. Sie schlitterten von einem Extrem ins Nächste, vom Regen in die Traufe, landeten in den absurdesten Situationen. Farin hatte zu einfach gedacht, hatte sich bei diesem knappen Jahr rein gar nichts gedacht. Dabei war alles anders. Und die Vergangenheit holte sie gerade mit großen Schritten ein, warf lange Schatten auf ihren Weg. Seufzend lehnte er sich zurück und betrachtete die Betondecke. Der Schlagzeuger hatte nicht wirklich mitbekommen, wie er in sein Auto gestiegen war und sich auf den Heimweg gemacht hatte. Erst jetzt, als er den Schlüssel ins Schloss steckte, kehrte er wieder gedanklich zurück. Er fragte sich, ob er richtig gehandelt hatte. Er fragte sich, ob ihre Freundschaft eine Chance hatte. Er fragte sich, ob da mehr als Freundschaft war. Er fragte sich zu viel. Jan war es einfach nicht mehr wert, so weh diese Erkenntnis tat. Ihr tollkühner Plan, die Vergangenheit ruhen zu lassen, war völlig daneben gegangen. Ziellos streifte Bela durch seine Wohnung, zog nicht mal seine Jacke aus. Er wusste nichts sinnvolles mit sich anzufangen und irgendwann hielt er unbewusst ein gerahmtes Foto in der Hand. Man musste nicht lange überlegen, was dieses Foto zeigte. Farin und ihn, auf einem Konzert, was lange zurückliegen musste, da sie beide erstaunlich jung wirkten. Er hielt seine Sticks triumphierend in die Höhe, während der Gitarrist grinsend einen Arm um ihn gelegt hatte. Da war sie wieder, die Vergangenheit. Eine flüchtige Erinnerung in seinen Gedanken, mehr nicht. Unbändige Wut stieg ihn dem Älteren auf, er wusste nicht wieso. Sie richtete sich nicht gegen Jan oder ihn selber, sondern gegen das Vergangene, was ihn so verfolgte. Ein leises Klirren, ein Faustschlag und der Rahmen zersprang in seine Einzelteile. Einer der vielen Splitter bohrte sich in seine Hand und ein kleiner Bluttropfen fiel auf den Rest des Glases. Genau wie damals. Er erinnerte sich daran, als wäre es gestern gewesen, wusste noch von dem hilflosen Ausdruck in Farins Gesicht und dem scharfen Schmerz, der ihn durchzog. Nicht körperlich, sondern seelisch. Da waren sie schon wieder, die gewesenen Tage, die Bela auf Schritt und Tritt verfolgten. Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Hat eine Weile gedauert und einiges an Recherche benötigt. Nach dem Ausfragen einiger Fluglinien Seiten, Wikipedia und meiner absoluten Betaqueen war ich schlauer (An der Stelle nochmal ein großes Danke, auch für deine Spanischkentnisse, die ich nicht besitze *hust* Deshalb widme ich dir das ganze hier auch. Und wer ihre FF "Porzellan" nicht gelesen hat, verpasst eine der besten die ärzte FFs auf ganz Mexx.) Da sag einer, FF Schreiben bildet nicht. Ich schweife in sinnloses ab, also viel Spaß hier mit & ich hoffe es gefällt :D ~~~ Mit einigen gemurmelten Flüchen sammelte Bela die Scherben auf und warf sie achtlos in den Mülleimer. Das Foto verstaute er , nachdem er einen letzten fast sehnsüchtigen Blick darauf geworfen hatte, in der untersten Schublade seines Nachtschranks. Dem Schlagzeuger war gerade einfach alles egal, ihn interessierte seine Umwelt rein gar nicht. Er hatte in den Modus des Egoschweins geschaltet, was wohl besser war. Mürrisch wühlte Bela in der Küche auf der Suche nach irgendwelchen Spirituosen in den Schränken und entschied sich schlussendlich doch nur für eine Flasche Bier, mit der er sich aufs Sofa setzte. In sich gekehrt nippte er ab und daran, ließ keine Gedanken an Farin zu und nickte nach einer Weile ein. Ein lautes, durchdringendes und extrem nervtötendes Handygedudel weckte den Schlagzeuger unsanft. Er musste demnächst unbedingt seinen Klingelton ändern oder sein Handy generell auf Vibration stellen, dachte er missgelaunt. Einen Gedanken jetzt an sein Handy zu gehen verschwendete er natürlich nicht, wer auch immer ihn erreichen wollte. Selbst zu einem Blick auf das Display ließ er sich nicht hinab, Bela lehnte sich zurück und schloss einfach wieder die Augen. Der Anrufer oder die Anruferin hatte eine unglaubliche Ausdauer, nach schier endlosen Minuten verstummte das Gerät endlich, nur um nach kurzer Zeit erneut zu klingeln. Stöhnend legte er seinen Kopf in den Nacken und ignorierte die nervtötende Melodie weiterhin. Wozu gab es eine Mailbox? Jedoch schien man ihn unbedingt persönlich sprechen zu wollen, trotzdem unternahm der Ältere wieder nichts. Beim dritten Versuch schnappte Bela sich ziemlich angepisst sein Handy, wies den Anruf ab und bemerkte, dass doch eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen war: „Dirk, du bewegst dich jetzt sofort zu deinem Telefon und hörst mir zu, verdammte Scheiße. Es ist wichtig!", donnerte ihm Farins Stimme entgegen. Stirnrunzelnd betrachtete der Schlagzeuger sein Handy, der Blonde war selten so aufgebracht und emotionsgeladen. Was auch immer passiert war, es war nichts Gutes. Farin war kurz davor sein Telefon an die Wand zu pfeffern, Bela konnte wirklich ein verdammter Egoist sein. Abgelehnt, er hatte seinen Anruf einfach abgelehnt. Dieser Arsch. Irgendwo konnte der Gitarrist ihn doch verstehen, nach dem heutigen Tag und den Vorfällen. Er konnte schließlich nicht wissen, wie wichtig dieser Anruf war. Hoffentlich brachte seine Mailbox ihn darauf. Es war zwar hoffnungslos, doch er wählte wieder hastig die Nummer des Schlagzeugers. Nach drei Sekunden hörte er die vertraute Stimme, die ein gebrummtes „Ja?“ von sich gab. Ohne Rücksicht holte Farin kurz Luft und redete seinen Freund in Grund und Boden, wertvolle Zeit ging sonst verloren: „Rod. Er sitzt in Kolumbien fest, ohne Geld, Flugtickets, Ausweise oder sonst was. Alles von so einer dreckigen Straßenbande geklaut worden. Er klang echt fertig, als er mich vom Flughafen aus angerufen hat, die unfähige Polizei dort hatte ihm einen Anruf gegeben. Wir müssen ihn da rausholen.“ Bela unterbrach den Redefluss: „Ich hab ihn länger als du nicht gesehen.“ „Weißt du, wie scheißegal ihm das ist? Er sprach dauernd von 'ihr'. Wen könnte er wohl gemeint haben?“ „Du willst doch jetzt nicht Hals über Kopf dahinfliegen?“ „Flug geht um zwei Uhr früh.“ „Jan, du reagierst gerade ein bisschen über. Die Behörden werden das schon machen. Wieso zur Hölle ist er eigentlich in Kolumbien?“ „Verwandtschaft“ , kam die knappe Antwort. „Kommt die nicht immer noch aus Chile?“ „Das ist sowas von egal. Wenn du nicht mit willst, mach ich mich alleine auf den Weg“ Der Gitarrist seufzte. Er wusste nicht, wieso er solche Heldentaten von Bela erwartete. Für ihn war das alles selbstverständlich, einem Freund in der Not zu helfen. Aber er hatte auch den Kontakt und die Freundschaft zu Rod gepflegt, im Gegensatz zu Bela. Nach einer längeren Pause hörte er ein leise gemurmeltes : „Bis gleich, wir treffen uns vorne bei den Taxiständen.“ Lustlos warf der Schlagzeuger sein Handy aus Sofa und seufzte. Hätte er vernünftig entschieden, wäre er einfach in Deutschland geblieben, anstatt mit Farin in einem fremden Land Rod zu retten. Bela wusste genau, was seinen Egoismus in Luft aufgelöst hatte: „Ihr“. Rod sprach laut dem Blonden dauernd von ihnen Beiden. Er überlegte, wie lange die letzte Begegnung mit dem Chilenen her war und musste feststellen, dass sie sicherlich länger als ein Jahr zurücklag. Er hatte die Freundschaft eingehen lassen und sich nicht weiter darum gekümmert. Manchmal hatte Bela darüber nachgedacht, wie dumm er war. Sie hatte doch nicht nur diese verdammte Band verbunden, sie hatte viel mehr verbunden. Vor allem zwischen Farin und ihm, das war schon immer etwas ganz anderes, etwas besonderes. Vielleicht sogar eine Seelenverwandtschaft. Trotzdem stand er jetzt irgendwo zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, überfordert mit den Möglichkeiten. Still beschloss er für sich, jetzt ihr Anliegen in Kolumbien in den Vordergrund zu stellen und sein emotionales Chaos für den Moment weit Weg zu verbannen. Der Schlagzeuger griff nach seinem alten Trolley und warf achtlos einige Sachen hinein, ihr Aufenthalt würde ohnehin kurz werden. Ihm graute jetzt schon vor dem langen Flug, allein mit dem Gitarristen. Gedanklich ermahnte Bela sich erneut, an seinen Beschluss erinnernd. Farin stand unter dem schummrigen Licht einer Straßenlaterne und starrte in den leichten Regen der wieder einmal eingesetzt hatte. Seine alte, kleine und völlig abgewetzte Reisetasche hing locker über seiner Schulter, sie war eh nicht schwer. Seiner Meinung nach brauchte man für eine Reise eigentlich überhaupt nichts, außer ein Oneway Ticket zum Ort seiner Wahl. In der Ferne hörte er jetzt das unbeständige Klackern von den Rädchen eines Trolleys und der Blonde sah durch den feinen Regenschleier eine mit hängenden Schultern gehende Person. Unverkennbar Belas Gang, wenn er demotiviert und lustlos war. Seufzend ging er auf den Schlagzeuger zu, wenn dieser seine Launen hatte, war er einfach unerträglich. Trotzdem musste Farin kurz grinsen, sein Freund benahm sich manchmal wirklich wie eine Zicke. Er hatte eindeutig weibliche Züge an sich. „Was grinst du hier mitten in der Nacht vor dich hin?“, wurde der Gitarrist in missgelauntem Tonfall begrüßt. Genau das meinte er mit seinen Anwandlungen und Launen. „Hallo Dirk“ , sagte Farin überspitzt, um den Älteren auf seine fehlende Begrüßung hinzuweisen. Resigniert seufzte Bela leise, der Flug nach Kolumbien war lang und seines Erachtens kompliziert. Sie mussten erst ungefähr anderthalbstunden nach Frankreich fliegen, wo sie in die Maschine in die Kolumbianische Hauptstadt Bogotá umsteigen konnten. Insgesamt erwarteten ihn vierzehn Stunden Flug. All das hatte der Blonde ihm noch eben auf dem Weg zum Check-In locker nebenbei erzählt. Er traf wirklich immer die falsche Entscheidung, dachte der Schlagzeuger. Vierzehn Stunden mit Farin lagen vor ihm und schon jetzt war die Stimmung merkwürdig gedrückt, vergleichbar mit der schwülen Schwere der Luft vor einem Gewitter. Der Gitarrist kramte in seinen unzähligen Jackentaschen und fischte nach einer Weile einen Umschlag heraus. Kurz überprüfte er den Inhalt und drückt Bela einige Papiere in die Hand. Dieser starrte völlig entgeistert auf das sehr unscheinbar wirkende Flugticket in seiner Hand und schloss für einige Sekunden die Augen: „Ich habe mir diese Zahl nur eingebildet...“ , murmelte er leise zu sich selber. Natürlich hatte er sich diese Ziffern nicht eingebildet : 1.722,38 Euro. „Was ist los?“ , fragte der Blonde und hob eine Augenbraue. Zur Antwort wedelte der Ältere nur mit den verschiedenen Papieren und tippte auf die Zahl. „Als wenn es einen Flug nach Kolumbien für nen Appel und nen Ei gibt. Wozu gab es da nochmal diese Band? Haben wir da nicht ein bisschen Geld verdient? Vielleicht können wir auch gegen Naturalien tauschen? Hm.“, bekam er prompt die erwartet bissige Antwort. Kopfschüttelnd wendete sich der Schlagzeuger jetzt der aufgesetzt lächelnden Dame am Check-In zu und sagte einfach gar nichts mehr. Es war besser so. Stumm checkten sie ein und machten sich auf den Weg zum Gate. Der Blonde sah auf den vor ihm her stapfenden Kleineren und musste wieder kurz grinsen. Bela liebte es, aus wirklich allem ein Problem zu machen. Noch lieber war er dann beleidigt. Farin wusste, dass er selber ein kleiner Trotzkopf war, doch der Schlagzeuger übertraf ihn desöfteren um Längen. So wie jetzt, wo er stur geradeaus Richtung Gate lief und ab und an leise brummelte. Erst als sie in der Luft waren, beschloss er reinen Tisch zu machen. Mit dem trotzigen, wortkargen und beleidigten Bela war die Reise alles andere als angenehm. „Bela?“ „Mhm“ , kam die lustlos gemurmelte Antwort aus den tiefen des Sitzpolsters. „So geht das nicht. Wir kümmern uns jetzt um Rod und lassen den ganzen anderen Scheiß mal außen vor.“ Ruckartig fuhr er aus seinem Sitz hoch und sah seinen Gegenüber an. Verdammt, genau das hatte er sich doch selber versprochen und innerhalb von Minuten vergessen. Der Schlagzeuger seufzte nur noch einmal und nickte schnell. Wieder einmal war er über Farins vernünftige Denkweise froh. Der ganze andere Scheiß. Kurz huschte die Szene im Proberaum an seinem inneren Auge vorbei und er drehte sich rasch weg. „Tschüss anderer Scheiß. Ich kann dich gerade nicht gebrauchen“ , dachte er sich im Stillen. Nachdem sie in Frankreich gelandet waren und mit halbstündiger Verspätung endlich im Flieger nach Kolumbien saßen, bereute der Schlagzeuger seine spontane Entscheidung nicht mehr. Jetzt, nach dem wirklich kurzen Gespräch zwischen dem Blonden und ihm war die Stimmung entspannt, wie die frische Luft nach einem Gewitter. Obwohl es nicht mal ein Gewitter gegeben hatte. Ihr Flug verlief wesentlich stressfreier als Bela gedacht hatte, es gab keine größeren Zwischenfälle, außer dass er sich mit einer Stewardess anlegte, weil er die Verpflegung für eine Zumutung hielt. Er hatte eindeutig Recht, nur sagte natürlich niemand etwas. Während der Auseinandersetzung grinste Farin die ganze Zeit neben ihm nur dümmlich und musste sein lautes Lachen unterdrücken. Ergebnislos und wütend dampfte die Stewardess ab und der Schlagzeuger schüttelte nur den Kopf: „Immer diese unfähigen Mitarbeiter!“ Bela lachte leise und dachte, dass diese Reise doch schöner als gedacht werden würde. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatten sie die holprige Landung hinter sich, stiegen erschöpft aus dem Flieger und checkten aus. Belas während dem Flug zwischenzeitlich rapide gestiegene Laune verschlechterte sich erneut, als sie aus den Türen des Flughafens traten und Bogotá erblickten. Die Stadt war kurz zu beschreiben mit den Worten: Laut, groß und anders. Hochhäuser reckten sich zwischen kleineren Häusern gen Himmel, Menschen hetzten umher, redeten in schnellem, lautem spanisch miteinander und in der Ferne sah man die beeindruckende Kulisse der Anden. Die Ausmaße der Stadt schienen endlos, doch Farin zückte nur kurz einen Stadtplan und lief gezielt los. Der Schlagzeuger beeilte sich ihm zu folgen. „Wir gehen jetzt erst zum Hotel, ist nicht weit“ , meinte er nur und verschwand in der Menge. Jedoch blieb er kurze Zeit später stehen und betrachtete einen kleinen Markt, wo verschiedenste Waren lautstark feilgeboten wurden. In seinem Blick sah man fast kindliche Neugier und pure Faszination. Lächelnd beobachtete er die einheimische Bevölkerung, lauschte den Gesprächsfetzen und genoss all die neuen und fremden Eindrücke. Farin Urlaub in seinem Element. Der Schlagzeuger wusste die Faszination nicht Recht zu teilen, für ihn war diese Stadt einfach zu groß und anders. Er verstand im Gegensatz zu dem Blonden kein Wort und beobachtete skeptisch die Händler. Diese hatten sie mittlerweile auch bemerkt und sahen ebenso skeptisch zurück. Personen wie Jan fielen in so einer Stadt nun mal eindeutig als nicht einheimisch auf. Immer noch lächelnd ging der Gitarrist auf einen besonders finster dreinblickenden Händler zu und begrüßte ihn in seiner Landesprache: „Hola tío,qué tal te va?“* Sofort lächelte der Mann, als er die Spanischkenntnisse seines Gegenüber bemerkte und antwortete in fröhlichem Tonfall: „A mi no me va mal a todo, señor. Gracias. Qué os pongo“? Er kaufte eine Mandarine und nickte dem Händler noch einmal freundlich zu, bevor er zum verdutzt schauenden Bela zurückkehrte. „Mit Freundlichkeit und Sprachkenntnissen kann man ihnen die Angst vor dem Fremden nehmen“, meinte er nur grinsend. Auch der Ältere musste jetzt lächeln und sagte leise: „Fremdheit hat schon irgendwie was faszinierendes“ Grinsend schälte der Blonde seine Mandarine und merkte, dass auch Bela anfing, seine Faszination zu teilen. --- *Freie Übersetzung des Dialoges zwischen Farin und dem spanischen Händler: "Hallo Kumpel, wie geht's so?" "Mir? Mir geht's gar nicht schlecht, im Gegenteil, (junger) Mann, danke. Was darf's sein?" Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- Tatsächlich gibt es mich und die FF noch :D War einfach viel los, Konzerte und so ein Kram. Hier endlich wieder ein Kapitel - Das wars jetzt auch mit dem blöden Gelaber *g* Viel Spaß! Anmerkung: Es ist so gedacht,dass Rod eine Art Notunterkunft bei der Polizeit hatte - Und FU ihn halt schlicht abholt. Kriminell ist der Chilene ja nicht ;) Daher habe ich das mal so 'einfach' dargestellt. ~~~ Farin hatte seine eigene Definition von 'nicht weit' – Bela hastete ihm schon eine gute halbe Stunde durch die Millionenmetropole hinterher und japste mittlerweile nach Luft. „Jan, du willst mich umbringen“, nach Luft schnappend stützte der Schlagzeuger sich auf seinem Koffer auf und verweilte einfach an Ort und Stelle. Er musterte seine Umgebung genau, der Lärm der Hauptstraße dröhnte in seinen Ohren, so viele verschiedene Wortfetzen einer ihm gänzlich unbekannten Sprache drangen ihm ans Ohr, nur ab und an schnappte er einen Brocken Englisch auf. Das Einzige, was der Ältere sich gerade wünschte, war Ruhe. „Wir sind doch schon da“, rief Farin ihm zu, der schon vorm Eingang ihres Hotels stand. 'Andino Royal' verrieten die Lettern am Eingang. Man sah schon von Außen deutlich, dass sie hier in die gehobenere Klasse Bogotás eincheckten. Sie betraten das Hotel, der Blonde kramte ihre Papiere heraus und ging zur Rezeption. Kurze Zeit später kehrte er mit einem Zimmerschlüssel zurück. Moment. Ein Zimmerschlüssel? Bela sah seinem Gegenüber erschrocken in die Augen. 'Nein, du musst sicher kein Doppelbett mit ihm teilen', hämmerte er sich in den Kopf. Ihm graute alleine bei der Vorstellung und der Schlagzeuger fragte sich, warum er damit so ein Problem hätte. Früher hatten sie sich gemeinsam in die kleinsten Betten gequetscht. Eigentlich wollte Bela weiter darüber nachdenken, wo das Problem nun genau lag, wurde aber von einer Lachattacke des Gitarristen unterbrochen: 'Felse, der Blick war Gold wert.', immer noch lachend zog er einen zweiten Schlüssel aus seiner Hosentasche und drückte ihn dem Kleineren in die Hand. Dieser brummelte nur: „Scherzkeks“ und übergab seinen Koffer einem Pagen. Der Schlagzeuger machte sich nicht einmal ansatzweise die Mühe seinen Koffer auszupacken, er schmiss sich sofort auf das Bett und schloss seine Augen. Ruhe... Wobei er immer noch gedämpft den Lärm der riesigen Stadt wahrnahm. Seufzend versuchte er die Geräusche auszublenden, wobei ihn ein lautes Klopfen störte. „Nein'“, erwiderte Bela und drehte sich auf den Bauch. Eine Sekunde später stand Farin in seinem Zimmer. „Was genau verstehst du unter 'Nein'?“ „Dirk, wir müssen los. Ich wette, Rod ist nicht auf noch eine Nacht in der Polizeistation scharf.“ „Trotzdem könnte man meine Privatsphäre respektieren. Ich hätte hier gerade... Was weiß ich machen können.“ „Soso..“ , gluckste der Blonde und brach erneut in lautes Lachen aus. Erneut seufzend haute der Schlagzeuger sein Kopf in die Kissen : „Du und deine versauten Gedankengänge.“ „Ich...habe gar nicht an gewisse Dinge gedacht.“ Sein Grinsen sprach jedoch Bände. „Los, raus aus meinem Zimmer, wir treffen uns unten“, meinte Bela und der Gitarrist erfüllte seinen Wunsch, jedoch nicht ohne im Verlassen des Hotelzimmer zu rufen: „Ich lass dir ja deine Zeit für gewisse Dinge gerne!“ Ungewollt musste der Schlagzeuger auch lachen und zog sich rasch ein frisches T-Shirt an, bevor er die Eingangshalle des Hotels aufsuchte. Farin trommelte nervös mit seinen Fingern auf den Tresen der Rezeption und sah Bela die Treppe hinunterschlurfen. „Gib mal ein bisschen Gas, das Taxi wartet schon.“ „Wow, wir fahren echt Taxi? Ich hätte ja bei dir eher an Lamas gedacht.“, meinte dieser grinsend. Der Blonde verdrehte gespielt genervt die Augen und schob den Älteren sanft, aber bestimmt nach draußen in ihr Taxi. In schnellem Spanisch gab Farin dem Fahrer ihre Zieladresse an und hielt dem Schlagzeuger die Taxitüre auf. Es dauerte nicht lange, bis der Blonde den Fahrer in ein Gespräch verwickelt hatte. Bela wollte gar nicht wissen, worüber die Beiden sich unterhielten und blendete das Spanische Kauderwelsch kurzerhand aus. Ihr Fahrer nahm keine Rücksicht auf Verluste und bretterte wie besessen durch die Stadt. Manchmal stoppte er im letzten Moment vor ahnungslosen Passanten oder anderen Autofahrern. Den Gitarristen schien das nicht im geringsten zu stören, beschwingt unterhielt er sich mit ihrem Fahrer und lachte zwischenzeitlich auf. Dem Älteren war mittlerweile speiübel und er betete, dass diese Höllenfahrt bald ein Ende hatte. „Ist da jemand leicht grünlich im Gesicht?“, wandte sich der Blonde zum Ersten Mal an seinen Mitfahrer. „Die können uns sicher bald von der Straße aufkratzen“, meinte dieser nur lakonisch. „Andere Länder, andere Sitten. Die fahren hier halt wie die gesenkten Säue – Keine Sorge, der weiß was er tut.“ Als Antwort brummelte Bela nur und drehte sich zur Seite, wurde aber gleich darauf abrupt mit dem Kopf nach vorne geschleudert. „Ah, wir sind da!“ , stellte Farin fest. Lächelnd bezahlte er und beide warfen dem Schlagzeuger noch einen belustigt-mitleidigen Blick zu. Der Blonde hielt seinem leidenden Mitfahrer erneut die Türe auf, dieser wankte zur nächsten Hausmauer und lehnte sich mit dem Rücken gegen diese. „Verdammtes Kolumbien“, fluchte Bela leise und schloss halb die Augen. „Kotz bitte in die andere Richtung,ja?“, meinte Farin, der ihm jetzt Gegenüber stand. Der Kleinere versuchte seinem Gegenüber einen bösen Blick zuzuwerfen, was aber gänzlich misslang, sein breites Grinsen verriet ihn sofort. Lachend stützte sich der Gitarrist mit den Händen über Belas Kopf ab und sah ihm in die Augen. Da war es wieder. Was 'es' war, wusste der Blonde selber nicht – Für einige Sekunden stand die Zeit still und ihre komplette Umgebung schien einzufrieren. Sie verloren sich im Blick des jeweils Anderen, hörten nur noch das leise Atmen, betäubten sich gegenseitig. Farin starrte auf die seltsam vertrauten Gesichtskonturen vor sich, reflexartig streckte er seine Hand aus und strich dem Schlagzeuger eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Er wollte irgendetwas sagen, irgendwie aus dieser Situation flüchten, Hauptsache nicht tatenlos bleiben. Ein unmögliches Unterfangen, zu sehr war er von dem Antlitz Belas gefangen. Letztendlich gab dieser auch den entscheidenden Impuls – Rasch drehte er seinen Kopf nach links und der Augenblick verpuffte in ein Nichts. Irgendwo in Farin war so etwas wie Enttäuschung, wie er mit Schrecken bemerkte. Bevor der Blonde weiter darüber nachdenken konnte, ergriff Bela wieder das Wort: „Gehst du rein? Ich... Bleib lieber draußen,weiß nicht. Außerdem ist mir immer noch schlecht.“ Er tat tatsächlich so, als wäre gerade nichts passiert. Im Grunde war auch nichts passiert. Oder etwa doch? Farin nickte nur kurz und verschwand ins Innere des Gebäudes vor ihnen. Normalerweise war der Gitarrist ein Meister darin, Dinge auszublenden und sich auf eine Sache zu konzentrieren. Genau jetzt gelang ihm dies nicht. Als er die Polizeistation betrat, drehten sich seine Gedanken immer noch um die Person draußen. Wie fremdgesteuert redete er mit dem Polizisten an der Rezeption, bekam nicht einmal wirklich mit, was er hier gerade sagte, ratterte sein Anliegen stumpf herunter. Der völlig abwesende Blick entging scheinbar allen. Erst als Rod plötzlich vor ihm stand, kehrte Farin in die Wirklichkeit zurück. „Jan?“ „Rod...“, er blinzelte seinen Gegenüber an, als wäre er nur ein Hirngespinst. Sekunden später wurde ihm allerdings klar, dass er noch nicht völlig verrückt war. Rod umarmte ihn stürmisch und sagte leise: „Du bist echt gekommen“ „Wir“, korrigierte der Blonde. „Dirk ist wirklich mitgekommen?!“ , fragte der Chilene verdutzt. „Natürlich, er wartet draußen“ Rod legte seinen Kopf in den Nacken und musterte dann lange Farin: „Ich weiß echt nicht, wie ich euch danken soll.“ Der Blonde lächelte und umarmte seinen Freund erneut. Endlich schaffte er es, die Gedanken an Bela irgendwo in die letzten Windungen seines Gehirns zu sperren. Jetzt zählte die Person vor ihm, nicht seine merkwürdigen Gedankengänge. „Macht man nunmal so unter Freunden. Komm,Bela wartet“ Bela starrte auf den Boden, warf ab und an einen Blick nach drüben. Ein seltsames Gefühl machte sich in seiner Magengrube breit, was aber nicht an ihrer Taxifahrt lag. Wie würde Rodrigo nur auf ihn reagieren? Und dann war da immer noch, oder schon wieder, Jan. Der Schlagzeuger hob seine Hand und fasste unterbewusst an die Stelle, wo ihm der Blonde gerade die Haarsträhne aus dem Gesicht gestrichen hatte. Ruckartig ließ er die Hand sinken, als er bemerkte was er da tat. Leise seufzend schloss er die Augen halb und lehnte sich wieder an die Mauer, geblendet von der grellen Sonne. „Dirk!“, der laute Ruf ließ ihn sofort hochfahren und Bela sah, wie jemand mit schnellen Schritten auf ihn zu lief. Die letzten paar Meter rannte der Chilene und warf sich förmlich an den Schlagzeuger. Dieser wurde somit unsanft an die Wand hinter ihm gepresst und japste auf. Farin blieb vorerst auf Abstand und beobachtete seine beiden Freunde, die sich gerade gegenseitig in die Arme fielen. Lächelnd lief er auf die Beiden zu: „Scheint ja alles wie früher zu sein.“, stellte er fest. Er hatte Recht. Es war sofort wieder da, auch nach einem Jahr. Was genau wieder da war, konnte wohl keiner von ihnen beschreiben. Es war einfach ein stilles Verständnis, die Geschehnisse ruhen zu lassen. Irgendwo her kam dem Gitarristen der Plan bekannt vor. Warum war es zwischen dem Bassisten und Bela nur so verdammt einfach? Es machte ihn fast wütend. Aber eigentlich war doch alles in alter Ordnung – wären da nicht diese vielen einzelnen Momente, in denen Farin alles um sich herum vergaß und für ihn nur noch der Schlagzeuger existierte. So konnte es schlicht nicht weitergehen, er musste sich Klarheit über sich selber verschaffen. Aber wie? „Jan,hör auf zu tagträumen und komm. Ich wünsche mir nur sehnlichst ein schönes Hotelbett.“ „Und die Minibar!“, lachte Bela. 'Wenigstens eine Freundschaft, die unkompliziert ist', dachte der Blonde und lief seinen Freunden hinterher. Kapitel 7: Kapitel 7 -------------------- Ich weiß, es hat ewig gedauert. Es tut mir auch verdammt Leid :D Aber manchmal kommt man einfach nicht vor und nicht zurück... Schreibblockade halt. Hier nun aber endlich das nächste längst überfällige Kapitel. Betadame wie immer, danke dafür meine Liebe! Außerdem Danke an alle, die immer noch mitverfolgen,lesen und kommentieren :) Ab jetzt wird die Tastatur wieder öfter gefoltert, versprochen. ~~~ Die Drei erreichten nach nach einer vergleichsweise wesentlich ruhigeren Taxifahrt wieder ihr Hotel. Das einzige außergewöhnliche Vorkommnis waren einige unschöne spanische Flüche zu einem Esel samt Besitzer, der den Verkehr behinderte. „Ich geh mal eben deinen Schlüssel holen“, sagte Farin Richtung Rod. „Das kann ich auch selber... Jan?“ Der Blonde war schon zur Rezeption verschwunden und somit außerhalb seiner Reichweite. Rod spürte förmlich das Grinsen im Nacken und seufzte leise: „Sprachs und verschwand. Typisch.“ „Jan halt.“ Überrascht zuckte der Chilene zusammen, da er Belas Präsenz hinter und nicht vor ihm vermutet hatte. Dieser war jedoch unbemerkt vor den Bassisten getreten und grinste: „Gott, bist du schreck.. AUA!“ Irgendetwas kleines, silbern glänzendes war ihm zielsicher direkt gegen die Schulter geflogen, dort abgeprallt und klirrend zwischen den Füßen des Älteren gelandet. Unverständliche Verwünschungen murmelnd hob er den Schlüssel auf und meinte trocken: „War wohl für dich.“ Mit diesen Worten drückte er seinem Gegenüber den Zimmerschlüssel in die Hand und drehte sich um: „Das gibt Rache, meine Freunde.“ Unschuldig lächelnd schlenderte der Gitarrist wieder auf die Beiden zu: „Kann ich doch nix für, dass du eine Niete im Fangen bist.“ Leise Lachend betrachtete Farin den gespielt beleidigten Bela. Seltsamerweise hatte sich seine nachdenkliche Laune irgendwo anders hin verabschiedet, er war gerade einfach nur glücklich, seine Freunde alle wieder beisammen zu haben. So wie früher, nur ohne Band. Glücklicherweise hatte sich an ihrem Dreiergespann scheinbar rein gar nichts verändert. „Dafür kommst du jetzt mit in die Hotelbar!“, sagte der Schlagzeuger mit einem breiten Lächeln. Normalerweise hätte der Blonde direkt verneint, er hasste Bars und Clubs. Die oft Schmierige Atmosphäre, die ebenso oft schlechte Musik,die ausgelassene Stimmung aufgrund des Alkohol und die Menschen missfielen ihm verständlicherweise. Es war nicht seine Welt. Da er aber äußert gute Laune hatte, seine Freunde nicht enttäuschen wollte und sie in eine gehobenere Klasse von Bar gehen würde, nickte er. Nun weiterhin zu dritt durchquerten sie die Lobby und begaben sich in die kleine hauseigene Bar. Leise Musik lief dezent im Hintergrund, an der Theke saßen nur vereinzelt Menschen und der Barkeeper lächelte ihnen freundlich zu – Farin war positiv überrascht und sich sicher, dass er hier mindestens ein Glas Saft bekommen würde. Während er das Ambiente musterte, hatten sich Bela und Rod schon auf zwei Hocker geschwungen und die ersten Getränke bestellt. Auch der Gitarrist bestellte sich im reinsten Spanisch ein Glas Orangensaft und zog einen Hocker zu sich und seinen Freunden. „Immer musst du mit deinem Spanisch angeben..“, feixte der Schlagzeuger spaßhaft. Gerade als er schlagfertig kontern wollte, wurde ihm sein Glas auf den Tresen gestellt. „Gracias!“ „Irgendwie bist du der einzige, der hier kein Spanisch beherrscht, mein Lieber“, klinkte Rod sich grinsend in das Gespräch ein. „Wird eh überbewertet.“ Den restlichen Abend verbrachte Farin damit, an seinem Orangensaft zu nippen und seine Freunde genau zu studieren. Er beobachte, wie der Schlagzeuger alle seine Aussagen mit immer weit ausholenden Gesten untermalte und wie Rodrigo an dem Ring seiner linken Hand spielte. Aktuell verspürte er nicht das Bedürfnis, sich in das Gespräch einzumischen und lauschte einfach den vertrauten Stimmen. Er wurde durch den sanften Stoß mit einem Ellbogen aus seinen Träumereien geholt. „Alles Okay?“, fragte ihn der Chilene mit einem leicht besorgten Unterton. In Gedanken fragte sich der Gitarrist, was Rod wohl erwidern würde, wenn er antwortete: 'Ach, ich beobachte euch Beide nur gerade' Wahrscheinlich keine gute Variante,daher nuschelte Farin unverständlich: „Ach, mir geht’s nicht so gut, Kopfschmerzen. Vielleicht vom Klima.. Oder vom Flug noch“ „Selbst hartgesottene Reisende wie du bleiben wohl nicht verschont. Willst du nicht lieber hoch und dich ein bisschen ausruhen, damit du morgen Mittag fit für den Rückflug bist?“ Wie schon öfters an diesem Abend musste der Blonde unwillkürlich grinsen und deutete auf die Gläser auf der Theke: „Müsst ihr gerade sagen, mit dem Fit-Sein. Aber wenn Onkel Rod das sagt, hat er sicher Recht.“ Mit einem leisen Quietschen schob er seinen Barhocker zurück und stand auf. „Schlaft gut.“ Bela drehte sich zu dem Gehenden um: „Jep. Schlaf gut. Bis Morgen.“ Still lächelnd verließ Farin die Bar und stieg in den Aufzug zu ihrer Etage. Er wusste selber nicht genau, warum er sich dazu entschieden hatte zu gehen. Es war ein Impuls gewesen, dem er einfach gefolgt war. Denn eigentlich war es unten ganz angenehm gewesen, den vertrauten Stimmen zu lauschen und in Gedanken zu hängen. Ein leises 'Ping' verkündete, dass der Gitarrist sein Ziel erreicht hatte. Er stieg aus, kramte nach seinem Zimmerschlüssel und schloss die Tür auf. Sein Zimmer war noch fast unberührt, die kleine Reisetasche stand einsam auf dem großen Bett. Von draußen fiel die letzte Abendsonne in das Hotelzimmer und tauchte alles in einen sanften rotorangen Schein, der eine unglaubliche Atmosphäre zauberte. Farin durchquerte das Zimmer und griff nach einem Stuhl, um ihn an das kleine Fenster zu ziehen. Als er hinaus sah, war er nun doch glücklich, der plötzlichen Eingebung von gerade gefolgt zu sein. Die Millionenstadt ließ sich von seinem Zimmer aus gut überblicken und irgendwo ganz in der Ferne sah man die unendlich Weite Landschaft und die riesige Gebirgskette der Anden. All das wurde genau wie das Hotelzimmer in das letzte Licht der Sonnenstrahlen getaucht und wirkte wie aus einer anderen Welt. Im Grunde genommen war es ja sogar so ähnlich, es war immerhin ein anderes Land. Voll von anderen Sitten,Menschen und von atemberaubender Schönheit. Wie lange er so den Sonnenuntergang und die Stadt unter ihm beobachtete,wusste er nicht. Das Einzige was er wusste war, dass ihn plötzlich ein Gefühl völliger Leichtigkeit erfasste, er fühlte sich so gut in diesem Moment. Jedoch nur einen Herzschlag später wurde diese Emotion durch ein lautes und durchdringendes Klopfen an der Türe verscheucht. Allein an dem Klopfrhythmus erkannte er, dass der Störenfried eindeutig Bela war. Kurz darauf folgte auch schon das Bestätigende: „Jan? Kann ich reinkommen?“ „Tür ist auf.“ Der Blonde lenkte seinen Blick nicht von der Kulisse, sondern sah sich weiter satt an ihr, ohne dem Gast weiter Beachtung zu schenken. Mit einem Ohr hörte er, wie ein Stuhl herangeschoben wurde und der Schlagzeuger ganz leise und fast schüchtern fragte: „Störe ich dich?“ „Ist schon okay. Setz dich.“ Die Frage war eh überflüssig, da Bela sich seinen Stuhl schon zurechtgestellt hatte. Nun bestätigt durch Farin setzte er sich leise. „Badest du gerade im Fernweh?“ „Nein, ich genieße nur.“ Milde Lächelnd sah der Ältere nun auch aus dem Fenster und brachte nur noch ein: „Wow...“ hervor. Zum Ersten Mal, seit der Schlagzeuger das Zimmer betreten hatte, wendete er seinen Blick in dessen Richtung: „Das umschreibts ganz gut.“ Jetzt war es Bela, der keinen Blick mehr für seinen Freund über hatte und einfach mit leuchtenden Augen weiter hinausstarrte. Auch Farin wand sich wieder ab und beobachtete die letzten Minuten des Wechsels zwischen Tag und Nacht. Keiner der Beiden zerstörte die Stimmung durch triviale Worte, jeder genoss die Stille auf seine Weise. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)