Kleine Elfe von Maza_e_Keqe ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Du bist wirklich ein kleiner Tollpatsch“ seufzte Maho während sie die Scherben vom Boden aufsammelte. Jera ging in die Hocke um ihrer Mutter zu helfen, doch diese schob die junge Elfe sanft zur Seite. „Kleines, schone deine zarten Hände. Ungeschickt wie du bist, verletzt du dich noch.“ „Was redest du von Ungeschick, Weib“ donnerte eine Stimme hinter ihnen. „Ein Nichtsnutz ist sie!“ Bei diesen Worten zuckte Jera zusammen. In den Augen ihres Vaters war sie also zu nichts zu gebrauchen. „Verschwende deine wertvolle Zeit nicht länger mit diesem Trampel. Aus ihr wird nie eine Wetterelfe“ rief Kreis seiner Frau im Gehen zu. Jera war den Tränen nahe, doch Maho legte ihr den Arm um die Schultern und drückte sie an sich. „Wir haben dein Talent eben einfach noch nicht wecken können.“ Jera nickte ergeben. Als Mitglied dieser namhaften Familie war ihr eine Fähigkeit zur Beschwörung des Wetters angeboren. Seit ihrem 100sten Lebensjahr wurde sie regelmäßig geprüft. Ebenso regelmäßig endeten die Prüfungen in mittleren Katastrophen. Nachdem sie bei der Sonnenscheinprüfung ihr Elternhaus in Brand gesteckt hatte, fanden die Tests nur noch im Freien statt. Nach der Erntezeitprüfung mussten alle Dorfbewohner einen Monat lang Blumenkohl essen. Inzwischen gedieh auch wieder Knoblauch und in einem weiteren Monat würden sich auch die anderen Gemüsepflanzen von Jeras Beschwörung erholt haben. Auf die Windprüfung konnte sie nun auch verzichten. Dabei wollte sie nur den Schmetterling aus dem Zimmer befördern, der sich in ihre Blumengardine verliebt zu haben schien. Leider hielt keines der Fenster ihrer Windböe Stand. Jera stand im Garten und sah nachdenklich nach oben. Die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel und ließ Jeras blondes Haar wie Gold glänzen. Ihre zarten Flügel schimmerten in allen Farben des Regenbogens. Sogar meine Schwester scheint mich zu verspotten. Dass sie ausgerechnet jetzt so viel Sonnenschein beschwört, ist doch die reine Schikane. Dass das strahlende Wetter für ein junges Brautpaar bestimmt war, konnte Jera nicht ahnen. Trotzig fluchend brach sie in Richtung der Berge auf. Spaziergänge in ihr unbekannte Gegenden reinigten die Gedanken und bei ihrer Rückkehr wäre Jera bereit für die nächste Übungsstunde mit ihrer Mutter. Vor dem Fliegen bemühte sie sich so oft es ging zu drücken, denn die Landeversuche sorgten stets für Erheiterung unter den Zuschauern. Jera probierte das lieber für sich allein. Doch auch diesmal war kein Talent zu erkennen. Jera landete zwar auf ihren Füßen, rutschte aber aus, schlitterte einen Hang hinunter und fand sich schließlich in einem unterirdischen See wieder. Das durch einen Felsspalte fallende Tageslicht ließ Schatten durch die kleine Höhle tanzen. Jera seufzte, als sie den Riss in ihrem Kleid bemerkte. Zur positiven Stimmung zu Hause wird die zusätzliche Näharbeit sicher nicht beitragen. Über sich an der Decke entdeckte die Elfe seltsame Ausbuchtungen, an denen Wassertropfen nach unten liefen und mit melodischen Klängen in den See fielen. Elfen haben ein äußerst empfindsames Gehör und Jera lauschte dem leisen Gesang der Tropfen und Wellen hingebungsvoll. Sie wiegte ihren zierlichen Körper im Takt. Das Wasser schmiegte sich an ihre Beine, säuselte kurze Verse, die sich in Jeras Kopf fest setzten. Ihre Bewegungen wurden geschmeidiger, folgten der Melodie des Sees. Erst als sie das Rauschen in ihren Ohren hörte, öffnete Jera die Augen. Das Wasser folgte ihren Händen, umspülte ihre Arme und legte sich wie ein Mantel um ihre Schultern. Erschrocken zuckte die Elfe zusammen. In diesem Moment löste sich die Spannung, welche das kühle Nass vorher gebannt hatte. Jera triefte von oben bis unten. Ihr Haar, die zarten Flügel, das dünne Kleidchen hingen an ihrem Körper herunter. Doch sie lächelte. Glücklich. Erleichtert. Stolz. *** Das junge Brautpaar konnte sich gerade noch unter einem Blätterdach in Sicherheit bringen, als der Wolkenbruch los ging. Voller Selbstbewusstsein flog Jera nach Hause zurück. Sie konnte nur noch an ihr Erlebnis in der Tropfsteinhöhle denken und stellte sich das Gesicht ihrer Mutter vor, wenn sie ihr davon berichten würde. Sie merkte gar nicht, wie mühelos ihr Heimflug verlief. Sogar die Landung war weich und sicher. Jeras ganze Familie hatte sich um den Tisch versammelt und schaute fassungslos nach draußen in den strömenden Regen. „Du bist doch so eine gute Wetterelfe, wie konnte dir so etwas passieren?“ „Mutter, verzeih mir, ich kann mir selbst nicht erklären, warum meine Sonnenbeschwörung nicht mehr wirkt.“ „Ich kann“ kam es von der Tür. Erstaunte Blicke fixierten Jeras vollkommen durchnässte Erscheinung. „Das ist meine Beschwörung.“ ~Ende~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)